Vorbemerkungen

Die Hüftdysplasie ist durch eine unzureichende azetabuläre Überdachung des Femurkopfes gekennzeichnet, die zu einer pathologischen Druckerhöhung und einer Überlastung des lateralen Knorpel-Labrum-Komplexes führt. Dies kann eine Degeneration des Hüftgelenks und eine vorzeitige sekundäre Arthrose bedingen [4, 7, 11].

Um die adulte Hüftdysplasie zu behandeln, wurden in den vergangenen Dekaden verschiedene Techniken der Beckenosteotomien beschrieben, wie etwa die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis, die Rotationsosteotomie nach Ninomiya und die Birmingham Interlocking-Osteotomie [8, 12, 16]. Neben vielen Vorteilen sind diese Techniken jedoch auch mit verschiedenen Einschränkungen und Nachteilen assoziiert. So engt z. B. die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis den Geburtskanal ein und ist mit einer langen Rekonvaleszenz assoziiert [10, 14, 19]. Die Rotationsosteotomie nach Ninomiya ist vergleichsweise invasiv, technisch sehr anspruchsvoll und ebenfalls mit einer langen Rekonvaleszenz verbunden [12].

Die Arbeitsgruppe um Reinhold Ganz beschrieb 1988 die periazetabuläre Osteotomie (PAO) zur dreidimensionalen Korrektur des Azetabulums [3]. Zu den Vorteilen dieser Technik gehören das gute dreidimensionale Korrekturpotenzial bei hoher postoperativer Stabilität des Beckens durch Erhaltung der Kontinuität des hinteren Hüftpfannenpfeilers, welche eine schnelle Mobilisierung nach der Operation erlaubt [2, 10, 15, 19]. Außerdem wird der innere Beckendurchmesser erhalten, was eine natürliche Geburt ermöglicht [2, 10, 15, 19]. Im Vergleich mit anderen Beckenosteotomien wird für die PAO eine geringere Pseudarthroserate postuliert, die auf die erhöhte postoperative Beckenstabilität und die größeren spongiösen Kontaktflächen zurückgeführt werden könnte [19]. Diese Faktoren könnten neben der raschen Verheilung der Osteotomien eine schnelle Rekonvaleszenz nach PAO begünstigen.

Die PAO ist ein chirurgischer Eingriff, der bei zumeist jungen Erwachsenen mit symptomatischer Hüftdysplasie mit dem primären Ziel der Schmerzreduktion durchgeführt wird. Es wurden endoprothesenfreie „Überlebensraten“ von ca. 88 % nach 10 Jahren, 61 % nach 20 Jahren und 29 % nach 30 Jahren berichtet [9]. Diese Ergebnisse basieren jedoch auf einer relativ kleinen Kohorte von 63 Patienten (75 Hüften) und den initialen Erfahrungen mit dieser Technik [9]. Weitere 20- bis 30-Jahres-Überlebensraten anderer Zentren mit größeren Kohorten, die mit einer weiterentwickelten Technik der PAO behandelt wurden, stehen jedoch noch aus.

Die ursprüngliche chirurgische Technik der PAO war mit einer ausgedehnten Hautinzision und mit der Ablösung verschiedener Muskelursprünge (vollständig des M. sartorius, des M. rectus femoris und anteilig des M. obliquus internus abdominis, des M. transversus abdominis, M. tensor fasciae latae, der Mm. glutei medius und minimus) assoziiert [3]. Diese Technik wurde über die letzten Dekaden von der erstbeschreibenden Berner Arbeitsgruppe modifiziert [1]. So ermöglichen minimal-invasive Techniken (MIS-PAO) kürzere Hautschnitte und/oder günstigere Inzisionsverläufe, eine reduzierte Ablösung oder den Erhalt der Muskelansätze [13] und somit die Minimierung des Weichteiltraumas, was potenziell zu einer schnelleren postoperativen Genesung des Patienten beitragen könnte [2, 6, 17, 18].

Verglichen mit der konventionellen PAO und den bisher publizierten minimal-invasiven Techniken zeigt die hier beschriebene Technik einige Unterschiede. So wird in der hier beschriebenen Technik ein Bikini-Hautschnitt verwendet und der M. sartorius wird weder abgelöst noch gespalten. Bei der konventionellen PAO wird traditionell der modifizierte Smith-Petersen-Zugang verwendet [7]. Bestandteil der von uns modifizierten, minimal-invasiven PAO-Technik ist ein Bikini-Hautschnitt, ähnlich der Schnittführung des ilioinguinalen Zugangs, welcher parallel zu den Hautspannungslinien verläuft und daher zu günstigeren kosmetischen Ergebnissen führt. Die aktuellen in der Literatur beschriebenen MIS-PAOs verwenden eine den M. rectus femoris erhaltende Technik, wobei der Ursprung dieses Muskels an der Spina iliaca anterior inferior geschont wird [2, 18].

Während bei der Mehrzahl dieser MIS-PAOS der M. sartorius an seinem Ursprung abgelöst wird, beschrieb eine dänische Arbeitsgruppe die Spaltung des M. sartorius (transsartorialer Zugang) medial von der Spina iliaca anterior superior und im Faserverlauf nach distal für den Zugang zu den Sitzbein- und Schambeinosteotomien [17]. Der N. femoralis cutaneus lateralis (NCFL) tritt kurz vor der Spina iliaca anterior superior durch die Fascia iliaca und gleich danach unterhalb des Leistenbandes über den M. sartorius an den lateralen Oberschenkel. Damit kreuzt der transsartoriale Zugang den Verlauf des NCFL, was mit einem hohen Verletzungsrisiko assoziiert ist.

In der hier vorgestellten MIS-PAO-Technik werden sowohl der Ursprung des M. rectus femoris als auch der Ursprung des M. sartorius geschont. Der M. sartorius wird nicht gespalten, sondern in seiner muskulären Integrität erhalten und für den Zugang zu den Osteotomieebenen am Sitzbein und Schambein nach medial mobilisiert.

Somit ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand die hier beschriebene MIS-PAO eine der am wenigsten invasiven Techniken. Diese Technik wird nun im Folgenden im Detail dargestellt.

Operationsprinzip und -ziel

Minimal-invasive Durchführung einer PAO unter maximal muskelschonender Präparation, ohne Ablösung der Ansätze der Mm. sartorius und rectus femoris.

Vorteile

Potenziell bestehen im Vergleich zur konventionellen PAO folgende Vorteile:

  • kosmetisch günstigere Ergebnisse (schmale Narbe),

  • geringeres Weichteiltrauma,

  • schnellere Rekonvaleszenz/Rehabilitation nach der Operation.

Nachteile

Potenziell bestehen im Vergleich zur konventionellen PAO folgende Nachteile:

  • Gefahr der Verletzung des N. cutaneus femoris lateralis (NCFL), die zu einer entsprechenden temporären oder permanenten Dys‑/Hypoästhesie im Versorgungsgebiet führen kann,

  • schlechtere/diffizilere direkte Visualisierung des Operationssitus.

Indikationen

  • Radiologische Diagnose einer Hüftdysplasie (LCE-Winkel < 25°, Tragflächenwinkel ≥ 14°, Femurkopfextrusionsindex > 27 %)

  • Klinisch symptomatische Hüftdysplasie mit:

    • belastungsabhängigem Leistenschmerz,

    • Schmerz im Bereich des Trochanter major (aufgrund einer Überlastung der Abduktoren),

    • meist erhöhtem Bewegungsumfang (v. a. eine erhöhte Innenrotation bei 90° Hüftflexion),

    • mechanischen Symptomen wie „Klicken“ und „Schnappen“,

    • Hinken (selten).

Kontraindikationen

  • Osteoarthrose im fortgeschrittenen Stadium (Arthrosegrad ≥ 2 nach Tönnis)

  • Offene Y‑Wachstumsfuge

  • Subluxation des Hüftkopfes mit Bildung einer Sekundärpfanne

  • Nicht korrigierbare Inkongruenz zwischen Hüftkopf und Azetabulum (radiologische Funktionsaufnahmen werden hier zwingend empfohlen)

  • Ausgeprägte Osteoporose, etwa bei Patienten mit Zerebralparese

Patientenaufklärung

  • Verletzung des N. cutaneus femoris lateralis

  • Gefäß- und Nervenverletzungen (Aa./Vv./Nn. femoralis, obturatorius, ischadicus)

  • Über- oder Unterkorrektur

  • Wundheilungsstörung und Infektionen

  • Beschwerdepersistenz

  • Postoperative Adhäsionen

  • Postoperative heterotope Ossifikationen

  • Pseudarthrose des Os pubis bei größeren Korrekturen, die meist asymptomatisch sind

  • Pseudarthrose des Os ischium und Ermüdungsfraktur des unteren Schambeinastes bei intraoperativer Perforation oder postoperativer Fraktur der hinteren Säule

Operationsvorbereitungen

Präoperativ sind eine gründliche Anamnese und eine körperliche Untersuchung obligat. Die körperliche Untersuchung sollte eine sorgfältige Beurteilung des Gangbildes, der Beinlängen, der Gelenkstabilität und des Bewegungsumfangs umfassen.

Es sollten korrekte Röntgenaufnahmen angefertigt werden, um den Grad der Hüftdysplasie exakt beurteilen und die Korrektur planen zu können. Es sollten eine anterior-posteriore (a.-p.) Beckenübersicht (in korrekter Rotation und Neigung) und eine Dunn-Aufnahme der betroffenen Hüfte durchgeführt werden. Ergänzend können Funktionsaufnahmen z. B. in Abduktion und Innenrotation angefertigt werden.

Vor der Operation ist die digitale Planung obligat, um das optimale Ausmaß der Korrektur zu bestimmen und eine postoperative Über- oder Unterkorrektur zu vermeiden. In der a.-p.-Beckenübersicht sind ein postoperativer LCE-Winkel von 30°, ein positiver Tragflächenwinkel (Norm zwischen 3 und 13°), ein Femurkopfextrusionsindex ≤ 27 % (Norm von 17° und 27°) und ein antevertiertes Azetabulum die Zielwerte für die Korrektur (Abb. 1). Die azetabuläre Version kann aktuell jedoch nicht mittels der Planungssoftware geplant werden. Diese sollte jedoch präoperativ evaluiert werden, und in diesem Zusammenhang sollten präoperativ der „acetabular wall index“ und Retroversionszeichen wie „cross-over sign“, „posterior wall sign“ und der „acetabular wall index“ erhoben werden.

Abb. 1
figure 1

Präoperative Beckenübersichtsaufnahme (a) mit dargestellter präoperativer Planung (b). Geplant ist eine Korrektur des LCE-Winkels von präoperativ 18 auf 30°

Außerdem sollte, wenn möglich, eine mediale Dysplasie vermieden werden. Bei sehr kurzer azetabulärer Knorpeltragfläche muss individuell ein Kompromiss zwischen medialem und lateralem CE-Winkel sowie dem Tragflächenwinkel gefunden werden, um eine nahezu „normale“ Überdachung zu erreichen.

Außerdem sollten eine hochauflösende radiäre Magnetresonanztomographie (MRT) für die Diagnostik intraartikulärer Schäden und Asphärizitäten des Kopf-Schenkelhals-Übergangs sowie eine Rotations-MRT (Hüftgelenk-Kniegelenk) für die Erfassung der femoralen Antetorsion durchgeführt werden. Während eine Formstörung des Kopf-Schenkelhals-Übergangs intraoperativ diagnostiziert werden kann, muss eine Retrotorsion des Schenkelhalses zwingend präoperativ diagnostiziert werden, um ein postoperatives sekundäres femoroazetabuläres Impingement und eine schlechte Funktion zu vermeiden.

Instrumentarium

  • Pinzetten und Skalpell

  • Cobb-Raspatorium

  • 2 spitze und 3 stumpfe Hohmann-Hebel

  • 2 Roux-Haken

  • Spezielle gerade und gebogene Osteotome (nach Ganz, nach Lambotte; Abb. 2)

  • Oszillierende Säge

  • 2 Schanz-Schrauben mit T‑Handgriff

  • Laminaspreizer

  • 4,5-mm-Kortikalisschrauben

  • Gegebenenfalls Hochgeschwindigkeitsfräse zur Durchführung einer Schenkelhalsmodulation

Abb. 2
figure 2

Darstellung der benötigten Osteotome: links: gebogenes 30° gekrümmtes Ganz-Osteotom, Mitte: gerades Osteotom, rechts: Lambotte-Osteotom

Anästhesie und Lagerung

  • Allgemeinanästhesie, ggf. ergänzend regionale Verfahren (z. B. Transversus-abdominis-plane-Block, PDK), ggf. PDA-Pumpe zur postoperativen Analgesie

  • Rückenlagerung, wobei der kontralaterale Arm auf einer Armstütze ausgelagert und der ipsilaterale Arm an einem Armhalter über der Kopf‑/Halsregion hängend gelagert wird

Operationstechnik

(Abb. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16 und 17).

Abb. 3
figure 3

Der Patient wird in Rückenlage auf einem röntgenstrahlendurchlässigen Tisch gelagert, um intraoperative Röntgenaufnahmen zu ermöglichen. Die Abdeckung sollte Zugang sowohl zum Abdomen als auch zum proximalen Oberschenkel erlauben

Abb. 4
figure 4

Die erste Modifikation dieser MIS-PAO-Technik gegenüber der konventionellen PAO ist die Bikini-Hautschnittführung. Die Bikini-Hautschnittführung beginnt 2 cm lateral des vorderen Drittels der Crista iliaca, „biegt“ dann kaudal der Spina iliaca anterior superior (SIAS) nach medial und verläuft dann ca. 1 cm proximal der Hautfalte parallel zu dieser in Richtung Symphyse. Nach der Hautinzision und Präparation durch das Subkutangewebe wird die Faszie über dem M. tensor fasciae latae (TFL) kaudal der SIAS gespalten und in Längsrichtung der Muskelfasern nach distal erweitert. Der NFCL wird aufgesucht und im Verlauf dargestellt. Der NFCL verläuft häufig direkt im genannten Zugang und ist deswegen während der PAO für direkte oder indirekte Schäden gefährdet. Um eine intraoperative Verletzung zu vermeiden, wird der NFCL mit seinen sichtbaren Ästen, wenn möglich, nach medial mobilisiert. Weitere Modifikationen der MIS-PAO sind die Schonung des Ursprungs des M. sartorius und des M. rectus femoris. Diese Modifikationen reduzieren das Weichteiltrauma und führen potenziell zu einer schnelleren Rehabilitation. Die beschriebene Technik hat möglicherweise im Vergleich zur Ablösung des M. sartorius den Nachteil, dass das Risiko einer Schädigung des NCFL erhöht ist. Durch die Ablösung des M. sartorius wird der NCFL im „Weichteilmantel“ mit M. sartorius und M. iliopsoas nach medial mobilisiert. Wobei einschränkend zu erwähnen ist, dass dies nur für die kräftigen, günstig verlaufenden Hauptäste gilt. Dünne, nach lateral über den medialen Muskelbauch des M. tensor fasciae latae laufende Äste sind „schwierig“ und teilweise nicht zu präparieren bzw. nach medial zu mobilisieren

Abb. 5
figure 5

Im weiteren Verlauf der Operation werden 2 Fenster (ab) für die Darstellung der 4 Osteotomien und ein drittes für den Zugang zum Hüftgelenk verwendet: 1. proximales ilioinguinales Fenster für die supra- und retroazetabuläre Osteotomien (a), 2. mediales Fenster für die Sitzbein- und Schambeinosteotomien (ab), 3. laterales Fenster für den Zugang zum Hüftgelenk (ab). Das erste chirurgische ilioinguinale Fenster dient den supra- und retroazetabulären Osteotomien (a). Das Fenster wird durch das Ablösen der Abdominalmuskulatur von der anterioren Crista iliaca, das Durchtrennen des Leistenbandes an der SIAS und ein sparsames subperiostales Abschieben des M. iliacus von der Fossa iliaca bis zur Linea terminalis mittels eines Cobb-Raspatoriums etabliert. Dabei wird die Hüfte flektiert

Abb. 6
figure 6

Das zweite chirurgische Fenster dient dem Zugang zum Sitz- und Schambein. Für den Zugang zum Sitzbein werden der M. sartorius sowie der NCFL nach medial und der TFL nach lateral gehalten. Die Faszie über dem M. rectus femoris wird nun in Längsrichtung inzidiert (a). Die distale Spaltung bei kräftiger Faszie reduziert die Weichteilspannung und erleichtert die aufsteigende Sitzbeinosteotomie. Nach Dissektion der Faszie blickt man auf einstrahlende Muskelfasern des M. iliocapsularis an der Spina iliaca anterior inferior und an dem M. rectus femoris. Nun wird das Intervall zwischen diesen Muskeln an der Spina iliaca anterior inferior präpariert und nach distal erweitert. Der M. iliopsoas wird nach medial mobilisiert, und ein spitzer Hohmann-Hebel wird unter dem M. iliopsoas auf das Schambein eingebracht, um das neurovaskuläre Bündel zu medialisieren und so zu schützen. Der M. rectus femoris wird nach lateral mobilisiert und so die mediale Hüftgelenkkapsel teilweise dargestellt. Nun werden ein stumpfer Hohmann-Hebel nach kranial über das Schambein und ein weiterer Hohmann-Hebel nach kaudal um den Schenkelhals gesetzt (b)

Abb. 7
figure 7

Im nächsten Schritt wird nun das Cobb-Raspatorium strikt auf der Hüftgelenkkapsel zwischen M. iliopsoas und M. rectus femoris zum Sitzbein vorgeschoben. In dieses Intervall (a) wird ein gekrümmtes Osteotom zum Sitzbein eingeführt (b). Es ist streng darauf zu achten, dass die Hüftgelenkkapsel nicht perforiert wird, wodurch das Osteotom in das Gelenk fehlgeleitet werden könnte und folglich eine intraartikuläre Osteotomie resultieren könnte

Abb. 8
figure 8

Die inkomplette Sitzbeinosteotomie, bei welcher der dorsale Pfeiler erhalten bleibt, wird mit einem gebogenen 15-mm-Osteotom von medial nach lateral durchgeführt (1–3c). Eine radiologische Kontrolle der Osteotomien ist dabei obligat, um eine intraartikuläre Perforation auszuschließen (1–3be). Vor und während der Sitzbeinosteotomie wird wiederholt mit dem Bildwandler eine strenge a.-p.- als auch eine Faux-Profil-Projektion (ca. 60° zur Tischebene) durchgeführt, um die Richtung und Tiefe der Osteotomie in 2 Ebenen zu kontrollieren (1–3be). Die Osteotomie wird an der infrakotyloiden Fossa, die mit der Spitze des Osteotoms sehr deutlich zu ertasten ist, begonnen und steigt zur Spina ischiadica an (1–3ad). Liegt das Osteotom durch eine ungewollte Eröffnung der Kapsel intraartikulär, wird das Intervall zwischen Kapsel und Muskulatur mit einer langen gebogenen Schere erneut präpariert. Das Osteotom wird dann über die Schere eingeführt und die extraartikuläre Lage erneut geprüft. Man beginnt am medialen Sitzbein und führt das Osteotom dann auf der Kortikalis entlang nach lateral (1–3a). Zu diesem Zeitpunkt muss sich der Chirurg der anatomischen Nähe zum N. ischiadicus bewusst sein und sollte eine intraartikuläre Penetration mit dem Osteotom oder eine Durchtrennung der dorsalen Säule vermeiden. Um eine laterale Perforation des Sitzbeins und eine Schädigung des N. ischiadicus zu vermeiden, kann es hilfreich sein, das Osteotom in Richtung der kontralateralen Schulter auszurichten (1–3f). Die mediale Osteotomie sollte ca. 1 cm vor der Spina ischiadica enden (1–3ef). Lateral ist das Sitzbein deutlich schmaler und deswegen die zu osteotomierende Strecke kürzer, was unbedingt beachtet werden muss und nicht klar durch den Bildwandler referenziert werden kann (1–3ef). Nach der erfolgreichen Osteotomie sollte ohne knöchernes Hindernis das Osteotom in der Sitzbeinosteotomie von medial nach lateral zu bewegen sein. Ist dies nicht möglich, können hier Knochenbrücken die spätere Mobilisierung des Fragments erschweren. Daher sollten diese Stellen im Zweifel unbedingt erneut osteotomiert werden

Abb. 9
figure 9

Während der Osteotomie des medialen Sitzbeins wird die Hüfte gebeugt und adduziert, um dem Druck der Weichteile entgegenzuwirken und das Osteotom auf dem medialen Sitzbein zu positionieren. Die Gefahr einer Verletzung des N. ischiadicus besteht zwar potenziell während der gesamten Osteotomie des Sitzbeins, am höchsten ist sie jedoch bei der lateralen Sitzbeinosteotomie aufgrund der anatomischen Nähe zum N. ischiadicus. Bei der Flexion und Adduktion des Hüftgelenks wird der N. ischiadicus näher an das Sitzbein herangeführt. Daher wird für die Osteotomie des lateralen Sitzbeins das Hüftgelenk gestreckt und leicht abduziert, wodurch sich der N. ischiadicus entspannt und die maximale Distanz zwischen diesem und dem Sitzbein erreicht wird [5]

Abb. 10
figure 10

Nun wird der obere Schambeinast dargestellt, um den 2 stumpfe Hohmann-Hebel gesetzt werden. Das Periost wird vom Knochen gelöst, und die Hohmann-Retraktoren werden subperiostal um den Schambeinast positioniert, um die neurovaskulären Obturatorstrukturen und die Corona mortis während der Osteotomie zu schützen. Die Schambeinosteotomie wird medial der Eminentia iliopubica mit einer Inklination von ca. 45° (von anterolateral nach posteromedial) beginnend mit einer oszillierenden Säge und dann mit einem 15-mm-Osteotom durchgeführt, um eine unkontrollierte Spaltung des Schambeins zu vermeiden. Um die Gefahr der Verletzung der neurovaskulären Strukturen zu reduzieren, wird die Hüfte während der Schambeinosteotomie und der Positionierung der Retraktoren gebeugt und adduziert. So werden die femoralen neurovaskulären Strukturen medialisiert. Das Risiko einer Verletzung der Corona mortis und A./V./N. obturatorius kann reduziert werden, wenn die Schambeinosteotomie streng unter dem Schutz der stumpfen Retraktoren durchgeführt wird. Die Branchen der Retraktoren müssen hinter dem Schambein Kontakt haben, und die Osteotomie darf nicht medial oder lateral der Retraktorenbranchen erfolgen [5]

Abb. 11
figure 11

Für die supra- und retroazetabulären Osteotomien wird nun das erste ilioinguinale Fenster verwendet. Die nun folgende Osteotomie ist die supraazetabuläre Osteotomie. Dafür werden die Abduktoren sparsam mit dem Cobb-Raspatorium von der Tabula externa der Beckenschaufel abgeschoben/getunnelt und durch einen Hohmann-Hebel geschützt. Es ist darauf zu achten, dass der Hohmann-Hebel nicht zu hohen Druck auf die Abduktoren verursacht und keine Schädigung derselben bedingt

Abb. 12
figure 12

Die supraazetabuläre Osteotomie wird kaudal der SIAS und dem Ursprung des M. sartorius durchgeführt. Die Osteotomie wird dann horizontal über die Hüftpfanne bis etwa 1 cm lateral der Linea iliopectinea fortgesetzt. Wenn der Abstand zwischen SIAS und dem Pfannendach gering ist, wird die Osteotomie zunächst unter der SIAS 1 cm nach kraniomedial gerichtet und dann, wie beschrieben, horizontal fortgeführt. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Distanz zwischen knorpeligem Pfannendach und der supraazetabulären Osteotomie eine ausreichende Distanz von ca. 3 cm aufweist. Dies erleichtert die Einbringung von Schanz-Schrauben zur Mobilisierung und Reposition sowie eine stabile und adäquate Schraubenfixation

Abb. 13
figure 13

Die retroazetabuläre Osteotomie wird unter Durchleuchtungskontrolle in einem Winkel von ca. 110–120° zur supraazetabulären Osteotomie durchgeführt (a). Es muss darauf geachtet werden, dass eine Knochenbrücke von mindestens 1 cm erhalten bleibt, um die Integrität der hinteren Pfannensäule nicht zu gefährden. Dies gewährleistet die Kontinuität der hinteren Säule und bietet die für die postoperative Mobilisierung und Gewichtsbelastung erforderliche Beckenstabilität. Dieser Schritt erfolgt zwingend unter Bildwandlerkontrolle, um eine Perforation ins Foramen ischiadicum majus oder in das Hüftgelenk zu vermeiden. Deswegen wird wiederholt mit dem Bildwandler eine strenge a.p.- als auch eine Faux-Profil-Projektion (ca. 60° zur Tischebene) durchgeführt, um die Richtung der Osteotomie in 2 Ebenen zu kontrollieren und eine intraartikuläre Osteotomie auszuschließen (b). Zur Entlastung und Schonung des N. ischiadicus empfiehlt es sich, das Hüftgelenk in eine gestreckte Position zu bringen. Die blaue Linie verdeutlicht die supraazetabuläre- und die rote Linie die Sitzbeinosteotomie

Abb. 14
figure 14

Nach diesen Osteotomien sollte das Pfannenfragment vorsichtig mit einem Laminaspreizer mobilisiert werden. Häufig befinden sich zwischen Sitzbeinosteotomie und retroazetabulärer Osteotomie noch Knochenbrücken. Diese sollten mit einem gebogenen Osteotom gebrochen werden (ab), das ebenfalls unter Durchleuchtungskontrolle (Faux-Profil-Projektion ca. 60° zur Tischebene) und nach vorsichtigem Spreizen der Osteotomie platziert wird. Nachdem alle Osteotomien abgeschlossen sind, wird das Fragment mit einem Laminaspreizer und 2 Schanz-Schrauben endgültig mobilisiert. Es empfiehlt sich, eine 5‑mm-Schanz-Schraube auf Höhe der SIAS und eine weitere kranial konvergierend in das Fragment einzubringen (cd). Hierdurch kann die Mobilisierung und Reorientierung im Sinne eines Joysticks erleichtert werden. Ist das Fragment nicht frei zu medialisieren, lateralisieren und rotieren, muss nach verbliebenen Knochenbrücken gefahndet werden. Bei jungen Teenagern muss häufig das Periost ergänzend geduldig mobilisiert werden. Eventuell kann ein Meisel an der Verbindungsstelle zwischen supra- und retroazetabulärer Osteotomie als Hypomochlion eingebracht werden. Die Reposition des Azetabulums in die korrekte Position erfolgt hauptsächlich über einen Laminaspreizer, der an der Verbindungsstelle zwischen supra- und retroazetabulären Osteotomien eingebracht wird. Mit dem Laminaspreizer wird der LCE-Winkel eingestellt. Die 2 Schanz-Schrauben dienen zur Kontrolle der Anteversion und bei Bedarf auch der Flexion sowie der Extension des azetabulären Fragments. Wird durch diese Manöver keine ausreichende Überdachung erreicht, kann ein Einzinkerhaken unter das laterale, zuvor osteotomierte Schambein eingebracht werden. Durch einen Zug nach proximal kann das Fragment nach lateral rotiert und medialisiert werden. Durch eine Abduktion des Beines und additiven Druck am Oberschenkel nach kraniomedial kann das zuvor beschriebene Manöver unterstützt werden

Abb. 15
figure 15

Die Pfannenreorientierung ist der bedeutendste Schritt der Operation, eine Unter- oder Überkorrektur muss unbedingt vermieden werden. Die Reorientierung wurde präoperativ an der Beckenübersicht geplant, und diese Planung sollte intraoperativ möglichst exakt umgesetzt werden. Zur Kontrolle der Reorientierung ist deswegen eine standardisierte intraoperative Beckenübersichtsaufnahme zu empfehlen. Ist dies nicht möglich, muss der Bildwandler so eingestellt werden, dass die Projektion der präoperativen Planung möglichst entspricht (ac). Das Os coccygis sollte sich mittig der Symphyse und im gleichen Abstand wie in der präoperativen Beckenübersicht relativ zur Symphyse projizieren (ac). Die Foramina obturatoria sollten sich symmetrisch und in der präoperativen Beckenübersicht möglichst ähnlich darstellen (ac). Nun sollte das Hüftgelenk so eingestellt werden, dass der Hüftkopfmittelpunkt möglichst mittig im Bildwandlerbild liegt (df). Das Ziel der Reorientierung ist die Kombination aus LCE-Winkel von 30° (d), einem positiven Tragflächenindex (e, zwischen 3 und 13°) und einer antevertierten Pfanne. Bei einer physiologischen Anteversion des Azetabulums sollte der hintere Pfannenrand lateral des vorderen Pfannenrands und des Hüftkopfzentrums liegen (f). Das Maß für eine adäquate vordere und hintere Überdachung ist der „anterior- und posterior wall index“. So sollte der Vorderrand auf das mittlere Drittel des medialen Femurkopfradius auf einer Linie, welche parallel zur Schenkelhalsachse durch den Hüftkopfmittelpunkt zieht, kreuzen (f). In Relation dazu sollte der Hinterrand auf das mittlere Drittel des Femurkopfdurchmessers projizieren (f). Die reorientierte Pfanne wird dann vorübergehend durch 2 2,5-mm-Kirschner-Drähte gesichert, die die supraazetabuläre Osteotomie überbrücken

Abb. 16
figure 16

Um eine postoperative Einschränkung des Bewegungsumfanges oder ein sekundäres femoroazetabuläres Impingement zu vermeiden, sollte die Bewegungsfreiheit nach der Reorientierung und vor der definitiven Fixierung des Azetabulumfragments mit mindestens 120° Flexion und 30° Innenrotation überprüft werden. Bei optimaler Reorientierung der Hüftpfanne und ausreichendem Bewegungsumfang wird das Pfannenfragment mit 4,5-mm-Schrauben definitiv fixiert. In der Regel werden 3 kraniale Schrauben verwendet und sollten über die Crista iliaca lateral, mittig und medial im supraazetabulären Knochen eingebracht werden. Zur Erhöhung der Stabilität sollte die maximal mögliche Länge der Schrauben gewählt werden, die aber mindestens 5 mm kranial vor der Knorpeltragfläche oder der Fossa acetabuli enden sollten. Bei adipösen Patienten oder muskelkräftigen Männern werden 4 Schrauben verwendet. Bei sehr schmalen Becken, bei denen nur 2 kraniale Schrauben möglich sind, wird zusätzlich eine horizontale Schraube verwendet, um die Stabilität zu erhöhen. Diese beginnt dann mittig der Spina iliaca anterior inferior und zieht zum unteren ISG. Die Lage der Schrauben wird unter Durchleuchtung (ab) geprüft, um ihre korrekte Lage zu verifizieren bzw. eine intraartikuläre Fehllage auszuschließen

Abb. 17
figure 17

Wenn trotz korrekter Pfannenreorientierung eine eingeschränkte Innenrotation verbleibt, muss ein mögliches knöchernes Impingement ausgeschlossen werden. Dies wird zunächst anhand der präoperativen Bildgebung und dann nach der Gelenkeröffnung überprüft. Aktuell eröffnen die Autoren in jedem Fall das Hüftgelenk, um ein mögliches Impingement auszuschließen und ggf. die Abtragung Impingement-bedingenden Knochens am Hüftkopf-Schenkelhals-Übergang durchzuführen. Diese Offset-Korrektur des Hüftkopf-Schenkelhals-Übergangs erfolgt über einen klassischen direkten anterioren Zugang unter Verwendung des Intervalls medial des TFL und lateral der Mm. sartorius und rectus femoris (Hueter-Intervall). Über dieses Intervall werden 2 stumpfe, gekrümmte Hohmann-Retraktoren eingesetzt, je einer kranial bzw. kaudal um die Hüftkapsel. Die proximale Insertion des M. rectus femoris wird mit einem Cobb-Raspatorium stumpf unterfahren. Die Platzierung eines breiten Hohmann-Retraktors auf dem ventralen Azetabulum erfolgt nun unter der proximalen Insertion des M. rectus femoris. Es schließt sich die T‑förmige Kapsulotomie an. Der mediale Aspekt der Kapsulotomie sollte unter Sicht erfolgen, um eine versehentliche Schädigung des Labrums zu vermeiden. Es folgt die intrakapsuläre Platzierung zweier spezieller Retraktoren oberhalb bzw. unterhalb des Schenkelhalses (a). Nun kann die Abtragung des Impingement-bedingenden Knochens am Hüftkopf-Schenkelhals-Übergang mit einer Hochgeschwindigkeitsfräse durchgeführt werden, ohne das Labrum zu berühren oder zu beschädigen (b). Mobilisierung des Beines zur Darstellung des Hüftgelenks und zur Kontrolle des Impingement-freien Bewegungsumfangs. Dabei sollten mindestens eine Flexion von 120° und eine Innenrotation von 30° bei 90° Flexion erreicht werden. Abschließend erfolgt eine radiologische Kontrolle. Über diesen Zugang können intraartikuläre Schäden wie basisnahe Labrumrisse und azetabuläre Knorpelschäden nicht visualisiert werden. Der Stellenwert der Kombination der PAO mit einer Hüftarthroskopie in derselben Narkose ist noch unbekannt, angesichts der guten Ergebnisse der isolierten PAO kann eine entsprechende Empfehlung nicht ausgesprochen werden. Nun kann eine Naht der Hüftgelenkkapsel erfolgen. Beim Verschluss der Wunde sollten eine ausgiebige Spülung mittels Jet-Lavage und eine sorgfältige Blutstillung durchgeführt werden. Die Bauchmuskulatur wird mit resorbierbaren Fäden wieder an den Beckenkamm adaptiert

Besonderheiten

  • Ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Osteotomie ist das Erreichen einer adäquaten Freilegung und Darstellung durch eine ausreichend lange Hautinzision. Wenn die Autoren von einem minimal-invasiven Verfahren sprechen, meinen sie damit die Minimierung des Muskeltraumas und nicht die Minimierung der Länge der Hautinzision. Eine unterdimensionierte Hautinzision kann z. B. aufgrund eines Weichteilkonflikts die retroazetabuläre Osteotomie durch Verdrängen des Osteotoms beeinflussen und so intraartikuläre Frakturen oder eine Fraktur der hinteren Säule begünstigen.

  • Die Schambeinosteotomie sollte mit einer kleinen oszillierenden Säge begonnen und mit einem geraden Osteotom abgeschlossen werden, um eine unkontrollierte Spaltung des Schambeins zu vermeiden. Die Schambeinosteotomie sollte ebenfalls nach kaudal und medial gerichtet sein. Eine zu vertikale Ausrichtung der Schambeinosteotomie kann zu einer Lateralisierung des Pfannenfragments führen, wodurch evtl. eine Medialisierung des Schambeins eingeschränkt sein kann.

  • Die supraazetabuläre Osteotomie sollte mindestens 3 cm kranial der Hüftgelenkpfanne durchgeführt werden, um genügend Raum für die Insertion der 2 Schanz-Schauben zu schaffen und eine stabile Schraubenfixation zu ermöglichen.

  • In Fällen einer weit kaudalen Position der SIAS ist es manchmal notwendig, mit einer zusätzlichen Osteotomie direkt unterhalb der SIAS zu beginnen und diese Osteotomie 1–2 cm nach kranial hinter den Ursprung der SIAS zu verlängern, bevor die horizontale supraazetabuläre Osteotomie durchgeführt werden kann. Dadurch wird gewährleistet, dass genügend supraazetabuläre Substanz und Höhe vorhanden sind, um die 2 Schanz-Schrauben einzubringen.

  • Die retroazetabuläre Osteotomie sollte in der Mitte der hinteren Pfannensäule liegen und nicht zu nahe an der Hüftpfanne durchgeführt werden. Der Knochen direkt hinter der Hüftpfanne ist sehr dick und schwierig komplett zu osteotomieren. Wenn die retroazetabuläre Osteotomie nicht vollständig durchgeführt wird und bei der Reorientierung des Azetabulumfragments zu viel Kraft über den Laminaspreizer aufgebracht wird, besteht die Gefahr, eine intraazetabuläre Fraktur durch die Fossa acetabuli zu induzieren.

  • Im Falle von Schwierigkeiten bei der Mobilisierung des Pfannenfragments empfehlen die Autoren die Einbringung eines Lambotte-Osteotoms in die retroazetabuläre Osteotomie, um die Kraft während der Reorientierung gleichmäßig auf die gesamte hintere Säule zu verteilen. Dieses Manöver gibt dem Chirurgen eine sehr gute „Rückmeldung“ über die Beweglichkeit des Fragmentes, und bei Bedarf können die unvollständigen Osteotomien überprüft und erneut durchgeführt werden.

Postoperative Behandlung

  • Als postoperative Ossifikationsprophylaxe werden in Abhängigkeit von ggf. bestehenden Nebenerkrankungen nichtsteroidale Antirheumatika oder ein Coxib für 21 Tage verabreicht. Bis zum Erreichen der Vollbelastung sollte eine medikamentöse Thromboembolieprophylaxe durchgeführt werden.

  • Die postoperative Mobilisierung wird im 4‑Punktgang mit 15 kg Belastung der operierten Seite für 4 Wochen durchgeführt. Von der 5. bis zur 7. postoperativen Woche wird im 3‑Punktgang in die schmerzadaptierte Vollbelastung übergegangen.

  • Bei ausgeprägten Korrekturen mit großen Osteotomiespalten, wie etwa eine Korrektur einer Hüftdysplasie mit einem LCE unter 0°, wird die postoperative Mobilisierung im 4‑Punktgang mit 15 kg Belastung der operierten Seite für 6 Wochen durchgeführt. Von der 7. bis zur 8. postoperativen Woche wird im 3‑Punktgang in die schmerzadaptierte Vollbelastung übergegangen.

  • Um die Stabilität der postoperativen Fixation und die Knochenheilung zu überprüfen, sollte vor der Vollbelastung nach der 4. respektive nach der 6. postoperativen Woche eine a.-p.-Beckenübersichtsröntgenaufnahme angefertigt werden (Abb. 18a). Eine weitere a.-p.-Beckenübersichtsröntgenaufnahme kann bei Bedarf nach dem 3. bis 6. postoperativen Monat durchgeführt werden (Abb. 18b).

  • Mit Erreichen der Vollbelastung können leichte sportliche Aktivitäten mit geringer Belastung (z. B. Fahrradergometer) begonnen werden.

  • Es bestehen keine Einschränkungen bezüglich des Bewegungsumfanges. Eine physiotherapeutisch angeleitete Mobilisierung kann ab der 1. postoperativen Woche schonend begonnen werden.

Abb. 18
figure 18

a Präoperative a.-p.-Beckenübersichtsaufnahme, b a.-p.-Beckenübersichtsaufnahme am 5. postoperativen Tag

Fehler, Gefahren, Komplikationen

  • Gefahr von intraazetabulären Frakturen: Die intraoperative Durchleuchtung ist obligat, um Komplikationen bei der Durchführung einer PAO zu vermeiden. Insbesondere hat sich die Durchleuchtung als zuverlässiges diagnostisches Werkzeug zur Vermeidung von Verletzungen der hinteren Säule und intraartikulärer Osteotomien erwiesen.

  • Gefahr von Gefäß- und Nervenverletzungen: Eine adäquate Positionierung des ipsilateralen Beines ist während der Osteotomie von entscheidender Bedeutung, um die Spannung auf die neuralen Strukturen zu minimieren und Verletzungen der Nn. femoralis, ischiadicus und obturator zu vermeiden. Für die Schambeinosteotomie wird das Hüftgelenk in Flexion und Adduktion positioniert. So werden der M. iliopsoas und die neurovaskulären Strukturen medialisiert, was das Risiko für eine Verletzung des N./A./V. femoralis reduziert.

    Verletzung des N. cutaneus femoralis lateralis: Der Nerv wird in jedem Fall in seinem Verlauf und seinen Verzweigungen so weit wie möglich unter der Faszie nach proximal bis zum Leistenband und nach distal präpariert und nach medial mobilisiert. Verletzungen der lateralen und filiformen Äste sind dabei nicht immer zu vermeiden.

  • Für den lateralen Anteil der Sitzbeinosteotomie werden Hüftabduktion und -extension empfohlen, um den N. ischiadicus auf die maximale Distanz zum Sitzbein zu bringen. Des Weiteren ist die Osteotomie des Schambeins an der Gegenkortikalis vorsichtig durchzuführen, um ein forciertes Vortreiben und eine Verletzung der Corona mortis, des N. obturatorius und/oder der A. obturatoria zu vermeiden. Außerdem soll das Risiko für diese Komplikationen durch 2 subperiostal um das Schambein eingebrachte, stumpfe Retraktoren vermieden werden. Kommt es hier zu Verletzungen, kann aufgrund ungenügender Visualisierung des Gefäß-Nerven-Bündels eine radiologische Intervention notwendig werden.

Ergebnisse

In der vorliegenden Arbeit präsentieren wir die Ergebnisse der ersten 39 Patienten (36 Frauen und 3 Männer), die zwischen Januar 2016 und August 2017 vom Seniorautor operativ mittels oben genannter Technik versorgt wurden, zu einem mittleren Follow-up von 3,5 (3 bis 4,5) Jahren. Das durchschnittliche Alter zum Operationszeitpunkt betrug 23 (16 bis 42) Jahre, und der durchschnittliche Body Mass Index (BMI) lag bei 27 (18–36) kg/m2. Die durchschnittliche Operationsdauer betrug 88 (57 bis 142) Minuten. Bezüglich der radiologischen Parameter konnten der LCE-Winkel signifikant von präoperativ 16,1° (7–24°) auf postoperativ 30,5° (25–37°) (p < 0,0001) und der AC-Winkel signifikant von präoperativ 13,2° (2–25,3°) auf postoperativ 2,8° (−3–13°) (p < 0,0001) korrigiert werden.

In 20 von 39 Fällen (51,3 %) wurde eine Hypästhesie durch eine Schädigung des NCFL am lateralen Oberschenkel registriert. Neben der Verletzung des NCFL wurden keine weiteren Nervenverletzungen und keine Gefäßkomplikationen beobachtet. Bei keinem der Patienten war die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten notwendig. Es zeigten sich keine ungewünschten intra-/postoperativen Frakturen, und es kam zu keinem postoperativen Korrekturverlust. Es kam in 3 Fällen (7,7 %) zu einer Über‑/Unterkorrektur der dreidimensionalen Korrektur. In einem Fall wurde das Azetabulum überkorrigiert mit einem LCE-Winkel von 37° und einem AC-Winkel von −3°. Bei 2 Patienten wurden postoperative azetabuläre Retroversionen registriert. Bei einem dieser Patienten wurde die präoperativ vorliegende Retroversion nicht ausreichend korrigiert. Bei dem zweiten Patienten zeigte sich postoperativ bis zum letzten Follow-up eine vermehrte postoperative Beckeninklination auf der a.-p.-Beckenübersichtsaufnahme. Dadurch entstand eine funktionelle Überkorrektur der anterioren Überdachung.