Hintergrund

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Ätiologien und daraus folgenden differenten Behandlungsstrategien werden Pneumonien üblicherweise in 3 Kategorien eingeteilt:

  • die ambulant erworbene Pneumonie („community acquired pneumonia“, CAP),

  • die im Krankenhaus erworbene nosokomiale Pneumonie („hospital acquired pneumonia“, HAP) und

  • die Pneumonie beim Immunsupprimierten.

Hierbei werden unter Immunsuppression sowohl neutropenische Patienten nach Chemotherapie als auch Patienten nach Transplantation, aber auch Patienten mit einer chronischen immunsuppressiven Therapie bei Systemerkrankungen verstanden. Der wesentliche Unterschied der Pneumonie bei Immunsupprimierten ist, dass neben bakteriellen Erregern Pilzinfektionen (v. a. Aspergillus, aber zunehmend auch andere Fadenpilze wie Mucor oder Zygomyzeten) und Virusinfektionen (z. B. Zytomegalie) eine wesentliche Rolle spielen und differenzialdiagnostisch bei der Therapie berücksichtigt werden müssen. Ob die antibiotische Therapie bakterieller Infektionen bei immunsupprimierten Patienten breiter ausgerichtet sein soll, als das bei CAP und HAP empfohlen wird, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Der Befürchtung, durch eine inadäquate Initialtherapie Morbidität und Mortalität zu erhöhen, steht dabei die Befürchtung gegenüber, durch eine zu breite Initialtherapie den Anstieg von Resistenzen gegen wesentliche Antibiotika zu beschleunigen und vermehrt Nebenwirkungen der Antibiotikatherapie zu erzeugen. Gut gemachte prospektive Studien, die eine Überlegenheit einer initialen Kombinationstherapie gegenüber einer an den aktuellen Richtlinien für CAP und HAP orientierten kalkulierten Therapie zeigen, fehlen. Nach Ansicht des Autors sind die inzwischen allgemein akzeptierten Regeln eines Antibiotic-Stewardship-Programms [1] auch auf die antibakterielle Therapie immunsupprimierter Patienten anzuwenden und die starren Therapieschemata bei dieser Patientengruppe [2] sollten abgelöst werden.

Ambulant erworbene Pneumonie

Die CAP ist nach wie vor die akute Infektionskrankheit mit der höchsten Zahl an Todesfällen weltweit. Die Global-burden-of-disease-Studie zeigte, dass im Jahr 2010 in Europa 230.000 (2,3 %) Todesfälle und 2,2 Mio. (1,5 %) behinderungsbereinigte Lebensjahre („disability-adjusted life years“, DALY) durch CAP ausgelöst wurden, CAP ist damit die fünft häufigste Todesursache in Europa [3]. In Deutschland wurden im Jahr 2014 etwas mehr als 258.000 Patienten mit CAP stationär behandelt, die Krankenhaussterblichkeit lag bei knapp 13 % [4]. Die Sterblichkeit von CAP-Patienten, die auf eine Intensivstation aufgenommen werden, ist deutlich höher; sie liegt je nach Studie zwischen 22 und 48 %.

Für Deutschland gibt es Anhaltspunkte aus der MAXSEPT-Studie des Kompetenznetzwerks Sepsis, in der Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock aufgrund von CAP eine Sterblichkeit von 34,2 % hatten [5]. In der auf dem International Symposium on Intensive Care and Emergency Medicine (ISICEM) im Jahr 2016 in Brüssel vorgestellten CIGMA-Studie [6] betrug die Sterblichkeit von Patienten (Spanien, United Kingdom, Deutschland), die aufgrund einer CAP beatmet wurden, 24 % [7]. In einer Analyse der Daten des Kompetenznetzwerks ambulant erworbene Pneumonie (CAPNETZ) wurde dabei gezeigt, dass die Sterblichkeit von Patienten, die nach Aufnahme zunächst auf Normalstation betreut werden, im Vergleich zu Patienten, die direkt auf der Intensivstation behandelt werden, deutlich höher ist [8]. Grund hierfür ist, dass die oft schnelle Verschlechterung von CAP-Patienten zu spät erkannt wird und dadurch wichtige Therapiemaßnahmen nicht rechtzeitig eingeleitet werden.

Die ambulant erworbene Pneumonie ist die 5.‑häufigste Todesursache in Europa

Alle diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen bei schwerer CAP werden in der gerade erschienen neuen S3-Leitlinie zu diesem Thema detailliert beschrieben [9]. Die wesentlichen Empfehlungen werden im Folgenden kurz zusammengefasst.

Risikostratifizierung

Das Risiko für einen schweren Verlauf einer CAP wird durch Kriterien definiert, die in Major- und Minorkriterien unterteilt werden. Alle Patienten mit >2 Minorkriterien (Infobox 1) oder mit einem Majorkriterium (invasive Beatmung oder systemische Hypotension mit Vasopressortherapie) sollen als akuter Notfall behandelt werden und bedürfen eines umgehenden intensivierten Managements auf einer Überwachungs- oder Intensivstation.

Infobox 1 Minorkriterien

Ein hohes Risiko der intensivmedizinischen Therapienotwendigkeit besteht, wenn >2 der folgenden 9 Minorkriterien vorhanden sind:

  • Schwere akute respiratorische Insuffizienz (PaO2 ≤55 mmHg bzw. ≤7 kPa bei Raumluft)

  • Atemfrequenz ≥30/min

  • Multilobäre Infiltrate in der Röntgenaufnahme des Thorax

  • Neu aufgetretene Bewusstseinsstörung

  • Systemische Hypotension mit Notwendigkeit der aggressiven Volumentherapie

  • Akutes Nierenversagen (Stickstoffanteil des Harnstoffs ≥20 mg/dl)

  • Leukopenie (Leukozyten <4000 Zellen/mm3)

  • Thrombozytopenie (Thrombozyten <100.000 Zellen/mm3)

  • Hypothermie (Körpertemperatur <36 °C)

Bei einer schweren CAP kann es zu einer raschen Verschlechterung von instabilen, nicht ausreichend behandelten Komorbiditäten kommen. Deshalb wird bei einer solchen Situation schon beim Vorliegen eines Minorkriteriums eine intensive Überwachung des Patienten empfohlen.

Bei allen Patienten mit schwerer Pneumonie muss eine Erregerdiagnostik erfolgen. Diese umfasst die Abnahme von mindestens 2 Blutkulturpärchen, einen Urinantigentest auf Legionellen und eine adäquate Sputumdiagnostik (Gramfärbung und Kultur). Letztere macht jedoch nur Sinn, wenn das Sputum innerhalb von 2–4 h in der Mikrobiologie bearbeitet werden kann. Ist dies nicht möglich, soll eine Sputumuntersuchung unterlassen werden. Molekulare, meist auf der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) basierte Untersuchungsverfahren werden nicht als Standarddiagnostik empfohlen. Lediglich während der Influenzasaison (in Deutschland von Ende Dezember bis Mitte April, die aktuelle Influenzasituation kann über [10] abgerufen werden) sollte eine „nuclear acid amplification“ (NAT) auf Influenza-A/-B durchgeführt werden.

Antibiotische Therapie

Das Erregerspektrum bei CAP hat sich über die letzten Jahrzehnte nicht verändert. Tab. 1 gibt eine Übersicht über die Erregerverteilung, die in verschiedenen Studien in Europa dokumentiert wurde.

Tab. 1 Ausgewählte Erreger (in %) bei „community acquired pneumonia“ (CAP) aus verschiedenen europäischen Studien (polymikrobielle Infektionen möglich). (Mod. nach [11])

Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) stellt sicherlich den nach wie vor wichtigsten Erreger der CAP dar, viele der ätiologisch nicht zuordenbaren Pneumonien („unbekannt“) dürften Pneumokokkenpneumonien sein. Der Erreger wird nicht detektiert, weil er in der Regel bereits nach der Gabe einer Antibiotikadosis nicht mehr nachweisbar ist und die meisten Patienten bereits vor Krankenhausaufnahme behandelt sind. Zudem sterben Pneumokokken außerhalb des Menschen schnell ab; der Nachweis aus Atemwegsmaterial verschlechtert sich mit zunehmender Transportzeit schnell. Wesentliche Resistenzen sind bei Pneumokokken nicht bekannt und wenn doch, handelt es sich um sog. Low-level-Resistenzen; eine ausreichend hohe Antibiotikagabe ist in diesen Fällen klinisch effektiv.

Gramnegative Erreger spielen, anders als bei HAP, bei CAP nur eine untergeordnete Rolle. Mit zunehmendem Alter der Patienten und ihrer höheren Komorbidität hat sich zwar ein Anstieg der Klebsiellenpneumonien gezeigt, insgesamt ist die Prävalenz jedoch weiter gering. Pseudomonas-CAP ist eine Rarität und auf spezifische Risikogruppen (strukturelle Lungenerkrankungen, v. a. Bronchiektasen, Patienten mit enteraler Ernährung über eine Magensonde [12]) beschränkt. Die Therapie dieser Patienten gleicht der im Folgenden vorgestellten Therapie bei HAP.

Streptococcus pneumoniae ist der wichtigsten Erreger der CAP

Die Rolle respiratorischer Viren bei CAP ist umstritten. Viren begünstigen bakterielle Infektionen, da Bakterien aufgrund der virusbedingte Epithelschädigung besser in die Lunge eindringen können und gleichzeitig die adaptive Immunität herabgesetzt wird; sie sind selten selbst Auslöser einer Pneumonie. Die in jedem Jahr auftretenden Fälle von akutem Lungenversagen bei Influenzaerkrankungen sind eher Ausdruck einer überschießenden Immunantwort auf den Virus und damit eines zytokin- und mediatorvermittelten Lungenschadens als eine direkte Folge der Virusinfektion. Zwar wird bei diesen Patienten auch nach der Initialphase eine Therapie mit einem Neuraminidasehemmer empfohlen, allerdings überleben die Patienten v. a. deswegen besser als früher, weil durch eine verbesserte Intensiv- und v. a. Beatmungstherapie ausreichend Zeit gewonnen wird, um die Virusinfektion mithilfe der körpereigenen Abwehr zu überwinden. Eine Übersicht über die Behandlung schwerer Virusinfektionen findet sich bei [13].

β-Laktam-Antibiotika

Zur antibiotischen Therapie der schweren CAP werden β‑Laktam-Antibiotika (Piperacillin-Tazobactam, Ceftriaxon, Cefotaxim) empfohlen. Ob die Kombinationstherapie aus einem β‑Laktam mit einem Makrolidantibiotikum eine zusätzliche Effektivität hat, ist umstritten. Zwei im letzten Jahr publizierte randomisiert kontrollierte Studien zeigten gegenüber einem β‑Laktam entweder keinen [14] oder nur bei Nachweis eines atypischen Erregers ([15], Legionellen, Mykoplasmen) einen additiven Effekt des Makrolidantibiotikums. Allerdings wurden in beide Studien zu wenige Patienten mit schwerer Pneumonie eingeschlossen, um für diese Gruppe eine abschließende Aussage treffen zu können.

Die S3-Leitlinie empfiehlt eine Kombination aus β‑Laktam und Makrolid

Die S3-Leitlinie empfiehlt daher eine Kombinationtherapie aus β‑Laktam und Makrolid, wobei bei schneller klinischer Besserung eine vorzeitige Beendigung der Makrolidtherapie nach 3 Tagen erwogen werden kann, wenn kein atypischer Erreger nachgewiesen wird. Alternativ zur β‑Laktam-/Makrolidkombinationstherapie kann eine Monotherapie mit einem respiratorischen Fluorchinolon (Moxifloxacin oder Levofloxacin) durchgeführt werden, wobei es zum Moxifloxacin keine Daten zum Einsatz bei Patienten im septischen Schock gibt und es daher in dieser Indikation nicht empfohlen wird. Für die Therapie der atypischen Infektion stehen Makrolide und respiratorische Fluorchinolone zur Verfügung, wobei bei der Legionellenpneumonie Fluorchinolone bevorzugt werden sollen. Die Kombination mit Rifampicin wird nur noch in Ausnahmefällen erwogen.

Therapiemanagement

Grundsätzlich sollte bei der schweren Pneumonie generell mindestens während der ersten 3 Tage parenteral behandelt werden. Bei schneller klinischer Besserung ist eine orale Sequenztherapie möglich. Allerdings sollte für mindesten 2 Tage eine klinische Stabilität bestehen. Die Therapiedauer bei CAP beträgt – mit Ausnahme der Legionellenpneumonie (14–21 Tage) – maximal 7 Tage. Möglicherweise kann die Therapiedauer mithilfe des Procalcitonins (PCT) gesteuert werden. Bei einem Abfall des PCT unter 80 % des Maximalwerts bzw. unter 0,5 ng/ml kann die Therapie beendet werden. Eine gerade publizierte niederländische Studie zeigt sogar einen Vorteil im Hinblick auf die Sterblichkeit, wenn man mit einem solchen PCT-gestützten Vorgehen die Therapiedauer verkürzt, ohne dass klar wird, warum die Effekte so erheblich sind [16]. Die Dosierungen der wichtigsten Antibiotika finden sie in Tab. 2.

Tab. 2 Dosierungen für Substanzen in der initialen antimikrobiellen Therapie von Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie bei normaler Nierenfunktion. (Mod. nach [9])

Nichtantibiotische Therapie

Der Tod an CAP wird im Wesentlichen durch 2 Organversagen bestimmt, die einzeln, aber auch gemeinsam auftreten können: durch die respiratorische Insuffizienz (als Ausdruck des progredienten pneumoniebedingten Lungenschadens) und den septischen Schock (als Folge der Bakteriämie).

Die Behandlung der respiratorischen Insuffizienz kann primär nicht invasiv begonnen werden, hier stehen entweder die nasale High-Flow-Sauerstofftherapie oder die nicht invasive Maskenbeatmung (NIV) zur Verfügung. In einer randomisiert kontrollierten Studie war High-Flow-NIV überlegen [17], allerdings waren die in der NIV-Gruppe gewählten Beatmungsdrücke so niedrig, dass man kaum von einer effizienten Beatmung sprechen kann. NIV war v. a. effektiv, wenn eine hyperkapnische Komponente als Ausdruck eines Versagens der Atemmuskelpumpe auftrat und die Hypoxie nicht sehr ausgeprägt war. Bei überwiegend hypoxischem Versagen kann man eine NIV-Therapie unter intensivem Monitoring einleiten. Verbessert sich die Hypoxie nicht innerhalb weniger Minuten oder treten eine metabolische Acidose oder Zeichen einer Organdysfunktion auf, ist eine Intubation unvermeidbar. Spezielle Regeln für die Beatmung bei Pneumonie gibt es nicht. Es gelten die allgemeinen Regeln der protektiven Beatmung [18]. Mit der Einführung der extrakorporalen Lungenersatzverfahren hat sich eine Therapieoption für Patienten, die sich unter protektiver Beatmung weiter verschlechtern, ergeben. In den letzten Jahren ist es zu einer schnellen Weiterentwicklung der eingesetzten „devices“ gekommen. In Deutschland sind extrakorporale Systeme inzwischen weit verbreitet, ohne dass letztlich abschließend geklärt wäre, wann, mit welchem Verfahren und mit welcher Strategie im Einzelfall zu behandeln ist [19].

Bei respiratorischer Insuffizienz ist die nichtinvasive Beatmung wirksam

Für die Therapie der schweren Sepsis sei auf die Leitlinien der Deutschen Sepsisgesellschaft verwiesen [20]. Wesentliche Unterschiede zwischen pneumogener Sepsis und anderen Sepsisformen bestehen nicht.

Die Frage, inwieweit eine Therapie mit oralen Kortikosteroiden die Inflammation und damit das Ausmaß des Lungenschadens reduziert, wird kontrovers diskutiert. Im vergangenen Jahr wurde dies in 2 randomisiert kontrollierte Studien untersucht, positive Ergebnisse wurden für die Kortikosteroidbehandlung gefunden. Allerdings haben beide Studien im Hinblick auf die Auswahl des Studienendpunkts erhebliche Schwächen. In der Schweizer Studie [21] wurde in der Kortikoidgruppe schneller eine klinische Stabilität erreicht, allerdings hatte das auf harte Endpunkte, wie die Sterblichkeit oder die Zeit des Intensiv- und Krankenhausaufenthalts, keinen Einfluss. In der vom Design besseren, weil am C‑reaktivem Protein und damit am Ausmaß der Inflammation orientierten spanischen Studie, wurde der Prozentsatz von Patienten mit spätem Therapieversagen unter Kortikosteroiden verringert [22]. Betrachtet man allerdings die Definition von spätem Therapieversagen in dieser Studie, dann fällt auf, dass die wesentliche Verbesserung in der schnelleren Normalisierung des Röntgenbilds liegt. Auch in dieser Studie wird keiner der harten Endpunkte positiv beeinflusst. Die S3-Leitlinie konnte sich daher nicht zu einer generellen Empfehlung für orale Kortikosteroide entschließen. Bei Patienten mit Exazerbation einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) oder schwerem Asthma und CAP sollten Kortikosteroide entsprechend der Empfehlungen zur Behandlung der Grundkrankheit eingesetzt werden.

Der Einsatz oraler Kortikosteroide wird kontrovers diskutiert

Wie bereits dargestellt spielt die Verschlechterung der Grundkrankheit (v. a. kardiovaskuläre Komplikationen) eine wesentliche Rolle für die Prognose der CAP. Vorbestehende kardiovaskuläre Therapien, v. a. Azetylsalizylsäure, wahrscheinlich aber auch β‑Blocker und Angiotensin-converting-enzyme(ACE)-Hemmer (wenn kein vasopressorbedürftiger Schock vorliegt) und Statine sollten deshalb im Rahmen der Pneumoniebehandlung nicht abgesetzt werden.

Therapieversagen

Die S3-Leitlinie unterscheidet zwischen primärem Therapieversagen (Verschlechterung oder nur sehr verzögerte Besserung unter Therapie) und einem sekundären Therapieversagen (erneute Verschlechterung nach anfänglicher Verbesserung). Aus Gründen der einfacheren Darstellung werden im Folgenden alle Formen des Therapieversagens zusammengefasst und die generellen Empfehlungen dargestellt.

Grundsätzlich benötigt jede antimikrobielle Therapie Zeit, um zu wirken. Auch bei einer effektiven Therapie kann es 48–72 h dauern, bevor eine klinische Stabilisierung eintritt. Bei schnell progredienter Pneumonie, spätestens aber nach 72 h ohne Therapieansprechen muss von einem Therapieversagen ausgegangen werden und eine entsprechende Diagnostik (Infobox 2) eingeleitet werden.

Infobox 2 Diagnostisches Vorgehen bei Therapieversagen. (Mod. nach [9])

  • Erneute Anamnese und klinische Untersuchung unter Einbeziehung epidemiologischer Daten

  • Überprüfung der bisherigen antimikrobiellen Substanzauswahl und -dosierung

  • Suche nach infektiösen Komplikationen (Pleuraempyem, Lungenabszess)

  • Suche nach nichtinfektiösen Komplikationen (dekompensierte Komorbidität, Lungenembolie)

  • Suche nach einem extrapulmonalen Infektionsfokus

Wesentliche Bestandteile der erweiterten Diagnostik bei Therapieversagen sind eine erneute mikrobiologische Diagnostik (gegebenenfalls Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage, BAL), der Einsatz von bildgebenden Verfahren wie die Thoraxsonographie zum Ausschluss eines Empyems, eine Computertomographie des Thorax oder eine Echokardiographie zum Ausschluss kardialer Komorbiditäten.

Das weitere diagnostische Vorgehen richtet sich nach den Ergebnissen der erweiterten Diagnostik. Grundsätzlich sollten jedoch im Hinblick auf die antibiotische Therapie folgende Dinge überprüft und möglicherweise angepasst werden:

  • Liegt eine leitliniengerechte Therapie vor?

  • Wird diese parenteral durchgeführt?

  • Wird eine Kombinationstherapie durchgeführt (die immer pneumokokkenwirksam sein muss)?

  • Wurden Risikofaktoren für multiresistente Erreger evaluiert und, wenn solche Vorliegen, wurden diese bei der Therapieauswahl berücksichtigt?

  • Wurde die Dosierung des Antibiotikums an die klinische Situation (hohes Herz-/Minutenvolumen, hohe Kreatininclearance, hohes Verteilungsvolumen, niedriges Serumalbumin) angepasst?

Im Krankenhaus erworbene Pneumonie

Prinzipiell muss man zwischen einer HAP, die erst aufgrund des schweren Verlaufs beatmungspflichtig wird, und einer sog. beatmungsassozierten Pneumonie („ventilator associated pneumonia“, VAP), bei der die Pneumonie infolge einer prolongierten Beatmung auftritt, unterscheiden. Die VAP tritt insgesamt später im Verlauf der Hospitalisierung auf und es finden sich deutlich mehr resistente Erreger als bei der primär nichtbeatmungspflichtigen VAP. Allerdings scheint die Prognose der HAP deutlich stärker von der Schwere der Erkrankung (der HAP selbst, aber auch der zugrunde liegenden Erkrankung, die den Krankenhausaufenthalt bedingt hat) abzuhängen als von dem Erreger und seiner Resistenzsituation [23].

Ende 2012 wurde die S3-Leitlinie „Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie“ veröffentlicht [24], im Jahr 2013 erschienen die wichtigsten Ergebnisse dieser Leitlinie im Deutsches Ärzteblatt International [25] und sind somit auch in englischer Sprache zugänglich. Es ist die erste Leitlinie zu dieser Thematik seit Veröffentlichung der Leitlinie der American Thoracic Society im Jahr 2005 [26]. Die wesentlichen Empfehlungen dieser Leitlinie werden im Folgenden besprochen, sofern sie von den bereits diskutierten Empfehlungen der CAP-Leitlinie wesentlich abweichen. In der Leitlinie werden insgesamt 10 Fragen zur Diagnostik (Infobox 3) und 12 Fragen zur Therapie (Infobox 4) adressiert.

Infobox 3 Fragen für die Evidenzgenerierung zur Diagnostik der nosomialen Pneumonie [24]

  • Klinische Diagnose und Differenzialdiagnose

  • Bildgebende Verfahren in der Diagnostik

  • Scores zur Diagnostik und Risikobeurteilung

  • Biomarker zur Diagnostik

  • Blutkulturen in der Diagnostik

  • Antigennachweis in der Diagnostik

  • Welche Untersuchungen aus respiratorischen Materialien?

  • Invasive oder nichtinvasive Materialgewinnung?

  • Standards zur Materialgewinnung

  • Mykologische Diagnostik

Infobox 4 Fragen für die Evidenzgenerierung zur Therapie der nosomialen Pneumonie [24]

  • Wann soll die antimikrobielle Therapie begonnen werden?

  • Kalkulierte Therapie bei Patienten ohne Risiko für multiresistente Erreger

  • Kalkulierte Therapie bei Patienten mit Risiko für multiresistente Erreger

  • Kombinationstherapie

  • Vorzeitige Beendigung der Therapie

  • Evaluation des Therapieerfolgs

  • Deeskalationstherapie

  • Therapiedauer

  • Vorgehen bei Therapieversagen

  • Beatmungsassoziierte Tracheobronchitis

  • Inhalative Antibiotikatherapie

  • Gezielte Therapie bei bestimmten Erregern

Diagnostik

Die Diagnose von Infektionen im Intensivbereich ist und bleibt schwierig. Weder die gängigen Kriterien für die Diagnose einer Sepsis (Kriterien eines „systemic inflammatory response syndrome“ plus mögliche Infektion) noch die der Pneumonie (Infiltrat im Röntgenbild plus Fieber/Hypothermie plus Leukozytose/Leukopenie) sind wirklich sensitiv. Die Diagnosestellung ist häufig außerordentlich subjektiv. Die Abnahme von Blutkulturen (Grundregeln für die Abnahme in Tab. 3) wird in praktisch jeder infektiologischen Leitlinie gefordert. Die zusätzliche Diagnostik von Atemwegsmaterial (unter Einhaltung der Regeln im Hinblick auf die Transportzeit) ist sinnvoll. Ob ein quantitativ ausgewertetes Trachealaspirat dabei ausreicht oder ob eine bronchoalveoläre Lavage bessere diagnostische Ergebnisse liefert, wird weiter kontrovers diskutiert.

Tab. 3 Grundregeln der Blutkulturdiagnostik. (Mod. nach [27])

In die Entwicklung moderner PCR-basierter Verfahren zur Verbesserung der Blutkulturdiagnostik, aber auch zur Nutzung in anderen Materialien wie beispielsweise Atemwegsmaterial wurde viel Hoffnung gesetzt. Die Diagnostikzeit sollte gegenüber der klassischen Mikrobiologie verkürzt werden und sogar mit einer Resistenzbestimmung verbunden sein. Viele Firmen investierten in solche Verfahren, eine Übersicht über die unterschiedlichen Technologien findet sich bei [28]. Insgesamt sind die bisherigen Ergebnisse mit diesen Verfahren aus mehreren Gründen enttäuschend. Zum einen hat sich die Diagnostikzeit in der klassischen Mikrobiologie deutlich verbessert, sodass für die meisten Erreger heute bereits nach 24 h ein Ergebnis vorliegt. Der Zeitgewinn durch die PCR-Verfahren war daher nur gering. Zum anderen war die Sensitivität und Spezifität der PCR im Vergleich zur klassischen Mikrobiologie nicht überzeugend. Manche Erreger wurden nie detektiert, bei anderen erwiesen sich die Verfahren als zu sensitiv und anfällig für Kontamination. Es ist allerdings eine permanente Weiterentwicklung der molekularen Diagnostik zu beobachten. Zum jetzigen Zeitpunkt können die Verfahren jedoch nicht zur Standarddiagnostik bei HAP und VAP empfohlen werden.

Die Zahl der Pilzpneumonien nimmt bei Intensivpatienten zu

Ein großes Problem stellt die zunehmende Zahl von Pilzinfektionen auch bei nichtimmunsupprimierten Intensivpatienten dar [29]. Während die häufigen Candidanachweise im Atemwegsmaterial praktisch immer Ausdruck einer Kolonisation sind und daher nie behandlungsbedürftig werden [30], kommt den Aspergillusnachweisen eine große Bedeutung zu. Die Diagnostik der Aspergillusinfektion ist schwierig. Blutkulturen werden selten positiv und die Erregerdiagnostik aus Atemwegsmaterial ist schwierig, weil es sich um eine hämatogene Infektion handelt und der Erreger bronchial nicht immer nachzuweisen ist. Die Standarddiagnostik ist die Computertomographie des Thorax mit Nachweis des hochspezifischen Halo-Zeichens. Der Serumnachweis von Galaktomannan, ein Bestandteil von Fadenpilzen, im „enzyme-linked immunosorbent assay“ (ELISA) wird seit Jahren v. a. in der Hämatologie benutzt. Dieser Test ist allerdings sehr unspezifisch. Der Nachweis von Galaktomannan in der BAL erhöht die Spezifität deutlich und sollte als Standardverfahren etabliert werden. Es muss allerdings beachtet werden, dass die Spülung gezielt in die Areale durchgeführt wird, die in der Computertomographie Aspergillusinfiltrate zeigen. Bei gehäuft positiven Galaktomannanergebnissen sollte immer in Erwägung gezogen werden, dass dies in Folge einer Verunreinigung von Antibiotika mit geringsten Mengen an Aspergillus auftreten kann. Solche Verunreinigungen sind immer einzelnen Chargen von Antibiotika zuzuordnen, am häufigsten treten sie bei Piperacillin/Tazobactam auf.

Therapie unter Berücksichtigung definierter Erreger

Das eine schnellstmöglich eingeleitete Antibiotikatherapie das Überleben von Patienten mit schweren Infektionen, v. a. bei schwerer Sepsis und septischem Schock signifikant verbessert, ist seit der Beobachtungsstudie von Kumar et al. [31] unumstritten und wurde durch eine große Studie der Surviving Sepsis Campaign bestätigt [32]. Die Krankenhaussterblichkeit dieser Patienten betrug 29,7 %. Die Wahrscheinlichkeit zu versterben erhöhte sich mit jeder Stunde der verzögerten Antibiotikatherapie deutlich. Dieser Anstieg der Sterblichkeit war bei schwerer Sepsis und septischem Schock gleich und unabhängig von der Zahl an Organversagen. Bei Patienten im Organversagen muss direkt nach Abnahme der Blutkulturen eine Antibiotikatherapie eingeleiten werden. Eine Überprüfung der Indikation zur Antibiotikatherapie ist jedoch spätestens nach 72 h zwingend erforderlich. Bei Patienten, die nicht in der schweren Sepsis und im septischen Schock sind, sollte jedoch in einem realistischen Zeitfenster (4–8 h) eine Sicherung der Infektionsdiagnose und eine erweiterte Erregerdiagnostik durchgeführt werden, um Übertherapien und inadäquate Theorien zu vermeiden.

Es sollte eine Sicherung der Infektionsdiagnose erfolgen

Die S3-Leitlinie teilt die therapeutischen Empfehlungen in solche für Patienten ohne und mit einem Risiko für multiresistente (MDR-)Erreger und gibt zudem noch spezifische Empfehlungen für definierte Erreger.

Tab. 4 stellt die Definitionen für das MDR-Risiko aus der Leitlinie der American Thoracic Society [26] der etwas geänderten Darstellung in der deutschen Leitlinie gegenüber. Insgesamt erlauben beide Definitionen eine gewisse Interpretierbarkeit, sodass viele Patienten als Risikopatienten eingeschätzt und breit antibiotisch behandelt werden, die wahrscheinlich gar kein Risiko haben. Um diese Übertherapie zu reduzieren, werden 2 Strategien in Zukunft wichtig werden: die Verkürzung der Therapiedauer, möglicherweise orientiert am PCT-Verlauf, und eine Deeskalationstherapie. Mit Ausnahme von Nonfermenterinfektionen (Pseudomonas, Acinetobacter, 10–14 Tage) kommt man auch bei HAP und VAP in der Regel mit einer 7‑Tage-Therapie aus. Wenn bis dahin kein Therapieerfolg eingetreten ist, gelten die Regeln für das Vorgehen bei Therapieversagen wie sie bereits für CAP beschrieben wurden.

Tab. 4 Risikofaktoren für multiresistente Pathogene bei „hospital acquired pneumonia“ (HAP). (Mod. nach [22, 24])

Wenn mit einer auf MDR-Pathogene ausgerichteten Therapie begonnen wurde und ein sensibles Pathogen gefunden wird, kann sofort auf eine dem mikrobiologischen Befund entsprechende gezielte Therapie gewechselt werden. Zur Illustration dieses Vorgehens seien hier 2 Beispiele aufgeführt: Wenn bei Verdacht auf methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) mit einer Linezolidtherapie begonnen wurde, sich dann jedoch ein sensibler Staphylococcus aureus zeigt, kann auf Flucloxacillin deeskaliert werden. Wurde bei Verdacht auf Erweitertes-Spektrum-β-Laktamasen(ESBL)-Bildner eine Klebsiellenpneumonie mit Carbapenem behandelt, ohne dass eine Resistenz vorliegt, kann problemlos auf ein Cephalosporin deeskaliert werden. Eine gerade publizierte spanische Arbeit belegt die Effektivität und Sicherheit einer solchen Strategie [33].

Die S3-Leitline empfiehlt für Patienten ohne MDR-Risiko den Einsatz von Cephalosporinen der Gruppe IIIA, Aminopenicillin-β-Laktamase-Inhibitor-Kombinationen, Ertapenem oder respiratorische Fluorchinolone als Monotherapie. Bei Patienten mit einem Risiko für eine MDR-Infektion werden Piperacillin/Tazobactam oder pseudomaswirksame Cephalosporine oder Carbapeneme initial in Kombination mit einem Aminoglykosid oder einem pseudomoaswirksamen Fluorchinolon als Therapie empfohlen. Ob eine Kombinationstherapie generell einen Vorteil gegenüber einer Monotherapie hat, ist umstritten. Weder eine kanadische Studie, die eine Meropenemmonotherapie mit einer Meropenem-Ciprofloxacin-Kombinationstherapie bei HAP verglich [34], noch eine deutsche Studie, die bei schwerer Sepsis und septischem Schock [35] eine Meropenemmonotherapie mit einer Meropenem-Moxifloxacin-Kombinationstherapie verglich, konnten einen Vorteil der Kombinationstherapie zeigen. Allerdings war der Anteil von MDR-Erregern in beiden Studien gering. Bei begründetem Verdacht auf MDR und schwerem Krankheitsverlauf ist nach Ansicht des Autors daher eine Kombinationstherapie gerechtfertigt, allerdings sollte bei Nachweis eines sensiblen Erregers umgehend auf eine Monotherapie deeskaliert werden.

Die MRSA-Rate liegt in Deutschland bei etwa 20 %

Im Weiteren werden die Empfehlungen für einige spezifische Erreger dargestellt. Die MRSA-Rate liegt in Deutschland bei etwa 20 % und ist insgesamt leicht rückläufig. Im Umkehrschluss meint 20 % MRSA 80 % sensible Staphylokokken. Es ist daher bei Verdacht auf Vorliegen einer Staphylokokkenpneumonie nicht gerechtfertigt, primär ein MRSA-wirksames Antibiotikum (Tab. 5) einzusetzen, wenn nicht ein deutlich erhöhtes Risiko für MRSA (Tab. 4) vorliegt. Die Standardtherapie einer sensiblen Staphylokokkeninfektion stellen Flucloxacillin oder ein staphylokokkenwirksames Cephalosporin (Cefazolin, Cefuroxim) dar. Eine 14-tägige parenterale Therapie wird bisher für die Behandlung der Staphylokokkenbakteriämie empfohlen. Ob bei leichteren Fällen auf eine orale Therapie gewechselt werden kann und ob eine kürzere Therapie möglich ist, ist gegenwärtig Gegenstand einer internationalen von Köln aus koordinierten Studie (SABATO [36]).

Tab. 5 Auswahl von zurzeit verfügbare wirksame Substanzen gegen methicillinresistenten Staphylococcus aureus

Methicillinresistenter Staphylococcus aureus

Wie Tab. 5 zeigt, stehen zur Behandlung der MRSA-Infektion eine Reihe von Antibiotika zur Verfügung. Einige sind im letzten Jahr neu hinzugekommen, weitere (z. B. die Pleuromutiline) befinden sich in klinischen Studien. Alle Substanzen haben jedoch Vor- und Nachteile, die beim Einsatz beachtet werden müssen. Eine generelle Empfehlung gibt es nicht. Die wichtigsten Indikationen werden im Folgenden diskutiert.

Glykopeptide sind zur Behandlung der MRSA-Pneumonie aufgrund der schlechten Penetration in die Lunge nur bedingt geeignet. Das im letzten Jahr zugelassene Telavancin ist zwar pharmakokinetisch günstiger als Vancomycin, aufgrund seines hohen Preises und der Einschränkung bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung ist es für den Einsatz in der Intensivmedizin aber kaum geeignet. Standardtherapie der MRSA-Pneumonie ist Linezolid, dessen Überlegenheit gegenüber Vancomycin belegt ist [37]. Daten zu Linezolid bei bakteriämischen Infektionen gibt es praktisch nicht, möglicherweise ist es bei schweren Infektionen nicht schnell genug wirksam. Bei bakteriämischer Pneumonie kann Linezolid daher mit einem systemisch gut wirksamen Antibiotikum wie Vancomycin kombiniert werden.

Standardtherapie der MRSA-Pneumonie ist Linezolid

In Abhängigkeit vom Linezolidverbrauch werden inzwischen zunehmend Linezolidresistenzen bei koagulasenegativen Staphylokokken beschrieben. Mittelbar ist auch ein Anstieg der Staphylococcus-aureus-Resistenzen zu erwarten, zumal Linezolid in diesem Jahr generisch und damit billig wird, was zum einem Mehrverbrauch v. a. der oralen Form in der Praxis führen wird. Zudem wird Linezolid vermehrt in der Langzeittherapie von panresistenten Tuberkulosen zum Einsatz kommen. Mit dem Tedizolid steht jetzt ein zweites Oxazolidinon zur Verfügung, das aufgrund seiner anderen Bindungseigenschaften an Staphylococcus aureus auch bei linezolidresistenten Staphylococcus aureus wirkt und zudem deutlich bakterizider ist als letzteres. Tedizolidstudien bei HAP laufen noch [38], sodass für diese Indikation keine Zulassung besteht.

Cephalosporine der 5. Generation (Ceftarolin, Ceftobiprol) stellen eine gute Therapiealternative bei MRSA-Infektionen dar. Aufgrund des hohen Preises haben sie sich bisher kaum in der klinischen Praxis durchgesetzt. Gewebepenetration, Bakterizidie und niedrige gut einschätzbare Nebenwirkungsrate machen sie jedoch zu einer Option.

Rifampicin und Fosfomycin können als Kombinationspartner zum Vancomycin eingesetzt werden. Die Resistenzsituation ist gut, beweisende Studien fehlen.

Tigecyclin hat in den Zulassungsstudien für Pneumonie gerade bei MRSA schlecht abgeschnitten, der Grund lag wahrscheinlich v. a. in einer Unterdosierung. Mit höheren Dosierungen ließen sich bessere Ergebnisse erzielen [39], allerdings steigen dann die Behandlungskosten erheblich. Da es gute Alternativen gibt, bleibt Tigecyclin bei MRSA eine Ausnahmeindikation.

MRSA können sensibel für Doxycyclin und Cotrimoxazol sein. Aufgrund ihrer pharmakologischen Eigenschaften verbietet sich ihr Einsatz in der Intensivtherapie, Cotrimoxazol war hier signifikant schlechter als Vancomycin [40].

Daptomycin wird in der Lunge durch Surfactant inhibiert und ist daher zur Pneumoniebehandlung nicht geeignet.

ESBL-bildende Enterobacteriaceae

Die Resistenzrate bei ESBL-bildenden Enterobacteriaceae (Klebsiellen und Escherichia coli) liegt in Deutschland inzwischen bei >20 % und nimmt weiter zu. Dennoch gilt für Deutschland, dass die Mehrzahl aller Enterbacteriacae sensibel ist. Die empfohlene Standardtherapie bei sensiblen Erregern sind Cephalosporine der 2. und 3. Generation wie Cefuroxim oder Ceftriaxon.

An ESBL-produzierende Erreger muss v. a. immer dann gedacht werden, wenn Patienten antibiotisch vorbehandelt wurden (v. a. bei Cephalosporinvortherapie). Urindauerkatheterträger haben ein zusätzliches Risiko. Die ESBL-Rate ist nicht nur in Süd- und Westeuropa hoch, in allen arabischen Ländern, im Nahen Osten, in den meisten asiatischen Ländern und in Südamerika liegt sie bei über 80 %. Die Reiseanamnese ist daher wichtig, da solche Erreger noch Wochen nach Rückkehr aus den entsprechenden Regionen persistieren können. Das hohe Risiko für alle MDR-Erreger muss v. a. auch in der aktuellen Flüchtlings-/Migrationssituation berücksichtigt werden.

Zur Identifizierung von ESBL-Infektionen ist die Reiseanamnese wichtig

Standardtherapie bei Vorliegen einer Infektion mit ESBL-produzierenden Erregern sind Carbapeneme. Piperacillin/Tazobactam kann wirksam sein. Mit Ceftolozan/Tazobactam wurde im letzten Jahr eine Substanz zugelassen, die gegen die meisten ESBL-Stämme wirksam ist, obwohl es sich um ein Cephalosporin handelt. Allerdings gibt es für diese Substanz bisher keine Studien zu HAP und VAP.

Carbapenemresistente Erreger

Der massive Überverbrauch von Carbapenemen hat die Entstehung carbapenemresistenter Erreger begünstigt. In der Therapie carbapenemresistenter Enterobacteriaceae ist es wichtig, mikrobiologisch eine mittlere Hemmkonzentration (MHK) für die Carbapeneme zu bestimmen. Bei einer MHK von 4–8 mg/l kann durch Erhöhung der Carbapenemdosis (bis zu 2 g 4‑mal täglich) und eine veränderte Applikation (prolongierte Infusionsdauer über 3–4 h) eine Effektivität erreicht werden. Bei höheren MHK ist das sehr fragwürdig.

Die mittlere Hemmkonzentration für Carbapeneme ist zu bestimmen

Aufgrund des Anstiegs der carbapenemresistenten Enterobacteriaceaeinfektionen werden eigentlich längst vergessene Antibiotika wieder therapeutisch angewendet [41]. Das hier inzwischen am meisten verabreichte Antibiotikum ist Colistin, das aufgrund seiner Nephrotoxizität im Jahr 1981 vom Markt genommen wurde, aufgrund der Resistenzproblematik aber längst wieder erhältlich ist. Colistin hat eine hervorragende Aktivität sowohl bei carbapenemaseproduzierenden Enterobacteriaceae, aber auch bei Pseudomonas, Acinetobacter und Stenotrophomonas (cave: nicht wirksam bei Burholderia-cepacia-Komplex). Die Dosierung von Colistin ist in den letzten Jahren stetig nach oben korrigiert worden. Zurzeit werden 9 Mio. Einheiten Colistin als Ladungsdosis und 9–10 Mio. Einheiten Colistin (verteilt auf 2 Dosen) als Erhaltungsdosis empfohlen.

Tigecyclin stellt eine Alternative in der Behandlung von carbapenemaseproduzierenden Enterobacteriaceae dar. Auch bei Acinetobacter wird oft eine Suszeptibilität festgestellt, allerdings gibt es eine Reihe von Berichten, die bei diesem Erreger eine Resistenzentwicklung unter Therapie zeigen. Wenn Tigecylin eingesetzt wird, sollte eher eine hohe Dosis gewählt werden [39].

Fosfomycin stellt ebenfalls eine Alternative in der Therapie dar, es sollte jedoch aufgrund der schnellen Resistenzentwicklung nur in Kombinationstherapie eingesetzt werden. Die Standarddosis ist 5 g 3‑mal täglich.

Neue β‑Laktamase-Hemmer mit Wirksamkeit gegenüber Carbapenemasen sind in Entwicklung. Die Kombination von Ceftazidim mit dem neuen β‑Laktamase-Hemmer Avibaktam ist im Notfall über die internationale Apotheke zu beziehen, auch wenn es noch keine Zulassung für Deutschland gibt. Studien zu HAP/VAP liegen für diese Substanzen nicht vor. Mit dieser Kombination werden zusätzlich zum bekannten Wirkungsspektrum von Ceftazidim auch die meisten resistenten Enterobacteriaceae erreicht, da eine große Zahl an ESBL und Metallo-β-Laktamasen, die zur Carbapenemresistenz beitragen, inhibiert werden.

Die Standardtherapie sensibler Pseudomoas aeruginosa besteht aus Piperacillin/Tazobactam oder Ceftazidim (oder Cefepim) oder einem pseudomonaswirksamen Carbapenem (Imipenem, Meropenem). Bei unklarer Sensibilität wird eine Kombination eines dieser Beta-Laktam-Antibiotika mit Aminoglykosiden oder Fluorchinolonen empfohlen. Bei nachgewiesener Resistenz ist die Orientierung am Antibiogramm sinnvoll.

Weitere Therapieoptionen

Neben dem bereits erwähnten Ceftolozan/Tazobactam wurde in Deutschland mit Ceftobiprol ein dem Ceftazidim im Hinblick auf die Pseudomonasaktivität vergleichbares Cephalosporin zugelassen. Es besteht keine Wirksamkeit gegenüber ESBL-Bildnern und carbapenemasebildenden Klebsiellen (KPC).

Ceftobiprole (3-mal 500 mg) wurde in einer im Jahr 2014 publizierten randomisierten kontrollierten Studie gegen die Kombination von Ceftazidim (3-mal 2 g) und Linezolid (2-mal 600 mg) getestet [42]. In die Studie wurden 781 Patienten eingeschlossen, davon 210 mit einer VAP. Die klinischen Heilungsraten waren 49,9 % für Ceftobiprole und 52,8 % für Ceftazidim/Linezolid. Während sich jedoch die Heilungsraten bei HAP nicht unterschieden, waren sie bei VAP mit 23,1 % vs. 36,8 % signifikant schlechter für Ceftobiprol. Eine überzeugende Erklärung für die schlechte Wirksamkeit von Ceftobiprol bei VAP fand sich nicht, zumal in der HAP-Gruppe die Patienten, die aufgrund der Pneumonie beatmet werden mussten, keinen schlechteren Outcome hatten.

Vielfach werden bei Multiresistenz inhalative Antibiotika eingesetzt

Inhalative Antibiotika werden auf vielen Intensivstationen inzwischen zur Behandlung von MDR eingesetzt. Dabei werden unterschiedliche Substanzen [43] und unterschiedliche „devices“ eingesetzt [44], wobei die meisten, wie z. B. Jet Nebulizer, für einen Einsatz bei beatmeten Patienten ungeeignet sind. Die Daten zum inhalativen Antibiotikaeinsatz sind daher sehr heterogen. Randomisiert kontrollierte Studien mit inhalativem Amikacin (Bayer AG, Deutschland) und einer Kombination aus Amikacin und Fosfomycin (Cardeas Pharma, USA) laufen zurzeit und werden etwas mehr Evidenz hinsichtlich des Einsatzes von inhalativen Antibiotika bringen.

Fazit für die Praxis

  • Die ambulant erworbene Pneumonie stellt in Europa die 5‑häufigste Todesursache dar; nach wie vor ist Streptococcus pneumoniae ihr wichtigster Erreger.

  • Therapeutisch kommen β‑Laktamase-Antibiotika bei schwerer CAP in Kombination mit Makoliden und ggf. eine Beatmung zu Einsatz. Bei Therapieversagen ist eine bronchoalveoläre Lavage diagnostisch sinnvoll.

  • Bei im Krankenhaus erworbenen Pneumonien ohne MDR-Risiko werden gemäß S3-Leitlinie Cephalosporine der Gruppe IIIA, Aminopenicillin-β-Laktamase-Inhibitor-Kombinationen, Ertapenem oder respiratorische Fluorchinolone als Monotherapie verabreicht.

  • Beim Risiko einer MDR-Infektion werden Piperacillin/Tazobactam, pseudomaswirksame Cephalosporine oder Carbapeneme initial in Kombination mit einem Aminoglykosid oder einem pseudomoaswirksamen Fluorchinolon empfohlen.

  • Standardtherapie der MRSA-Pneumonie ist Linezolid. Bei einer Infektion mit ESBL-produzierenden Erregern werden standardmäßig Carbapeneme eingesetzt. Bei Carbapenemresistenz stehen z. B. Colistin oder Tigecyclin zur Verfügung.