Die Entwöhnung von der Beatmung, genannt Weaning, ist eine große Herausforderung für Ärzte auf Intensivstationen. Ziel ist ein möglichst frühzeitiges Weaning, um die negativen Folgen einer Langzeitbeatmung, Tracheotomie und ggf. ein prolongiertes Weaning mit dem Risiko einer dauerhaften außerklinischen invasiven Beatmung zu vermeiden. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Ursachen für ein erschwertes Weaning, die Strategien zur Erreichung der genannten Ziele und das Vorgehen beim prolongierten Weaning.

Weaning bezeichnet die Entwöhnung von der Beatmungstherapie. Bei 75 % der auf Intensivstationen beatmeten Patienten gestaltet sich die Entwöhnung von der invasiven Beatmung problemlos und schnell. Hierfür ist es notwendig, die Entwöhnbarkeit und Extubationsfähigkeit eines Patienten täglich erneut zu überdenken sowie Sedierungspausen und Spontanatmungsversuche täglich durchzuführen. Insbesondere die Komorbidität Herzinsuffizienz muss hierbei als Faktor des Weaningversagens und bei der Gestaltung der Spontanatmungsphasen besonders berücksichtigt werden. Der frühzeitige Einsatz der nichtinvasiven Beatmung (NIV) stellt gerade beim hyperkapnischen Versagen eine therapeutische Alternative zur längeren invasiven Beatmung dar.

Etwa 10–15 % der Patienten benötigen mehr als 3 Versuche der Beatmungsentwöhnung [41]. Hier sind multimodale Behandlungskonzepte unter nachhaltigem Einsatz von z. B. Physiotherapie, Logopädie und intensivem Sekret- und Trachealkanülenmanagement notwendig, um eine langfristige außerklinische invasive Beatmung zu vermeiden. Auf prolongiertes Weaning spezialisierte Zentren können hier ebenso wie bei der kompetenten Überleitung in eine außerklinische Beatmung sehr erfolgreich sein.

Kategorisierung der Weaningpatienten

Eine internationale Konsensuskonferenz über alle Aspekte des Weanings, die im Jahr 2005 in Budapest stattfand und deren Ergebnisse im Jahr 2007 von Boles et al. publiziert wurden, unterteilt das Weaning in 3 Kategorien (Tab. 1; [4]).

Tab. 1 Weaningkategorien. (Adaptiert nach [4])

Patienten, die auf einer Intensivstation beatmet werden müssen, werden nach mehreren Studien [18, 22] in die Kategorie 1 (etwa 65 %), Kategorie 2 (20 %) und in Kategorie 3 (prolongiertes Weaning, 10–15 %) unterteilt.

Eine der größten Schwächen dieser aufgeführten Kategorisierung ist die Tatsache, dass Weaningversagen bzw. die weit verbreitete Realität, mittels NIV zu entwöhnen und den Patienten mit persistierender ventilatorischer Insuffizienz mit NIV zu entlassen, nicht abgebildet wurde. Patienten mit außerklinischer NIV wurden als „weaning in progress“ bezeichnet, obschon ein definitives Weaning von NIV bei chronischer Atempumpenschwäche nicht zu erreichen ist. So wurden schon im Jahr 2008 von Schönhofer et al. Ergebnisse einer Umfrage an pneumologischen Weaningzentren publiziert [39]: Von 2718 analysierten Weaningpatienten wurden 2 Drittel erfolgreich von der invasiven Beatmung entwöhnt und knapp die Hälfte erhielt im Anschluss an die Entlassung eine außerklinische nichtinvasive intermittierende Beatmungstherapie. Ein Weaningversagen mit nachfolgend außerklinischer invasiver Beatmung wurde bei 12,9 % der Patienten festgestellt. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde die Gruppe „prolongiertes Weaning“ zur besseren Charakterisierung in der aktuellen deutschen Leitlinie „Prolongiertes Weaning“ in 3 Untergruppen unterteilt, die in Tab. 2 dargestellt sind [41].

Tab. 2 Unterteilung der Kategorie „prolongiertes Weaning“

Anhand dieser differenzierten Kategorisierung ist eine Beschreibung der Patienten im prolongierten Weaning sowohl bezüglich des Outcomes als auch bezüglich ökonomischer Analysen in Zukunft besser möglich.

Ursachen des Weaningversagens

Die Liste der möglichen Ursachen eines Weaningversagens ist sehr umfangreich und unterscheidet sich in ihrer Häufigkeit je nach zugrunde liegender Weaningkategorie.

Nach Perren et al. [34] liegen verschiedene Ursachen des Weaningversagens in den einzelnen Weaningkategorien vor (Tab. 3).

Tab. 3 Ursachen des Weaningversagens in Abhängigkeit der Weaningkategorie

Einfaches und schwieriges Weaning

Relevanz von Aufwach- und Spontanatmungsversuch

Für das einfache Weaning, z. B. nach kurzzeitiger Beatmung bei kardiogenem Lungenödem, gilt nach kardialer Rekompensation das Ziel der frühen Extubation, um Komplikationen, wie z. B. eine tubusassoziierte Pneumonie oder die Entwicklung eines Delirs, möglichst zu verhindern. Unter anderen wegen mangelhafter ärztlicher Besetzung von Intensivstationen dauert die invasive Beatmung vieler intubierter Patienten länger als notwendig. So zeigten Esteban et al. in einer Beobachtungsstudie, dass 3,4 % der invasiv beatmeten Patienten versehentlich, teilweise durch den Patienten selbst, extubiert wurden, von denen nur 41 % reintubiert werden mussten. Mit anderen Worten: 59 % dieser Patienten wurden länger als notwendig invasiv beatmet [12]. Eine tägliche Pause der Sedierung als einfache Routinemaßnahme führte zu einer signifikanten Verkürzung der Beatmungszeit im Median um 2,4 Tage [25]. Die Kombination von täglicher Sedierungspause mit einem täglichen Spontanatmungsversuch zeigte vergleichbare Ergebnisse, war aber auch bezüglich der 360-Tage-Mortalität mit einer „number needed to treat“ von 7 deutlich überlegen [19]. Ein Spontanatmungsversuch über 30 min z. B. an der feuchten Nase ist für eine erfolgreiche Extubation genauso prädiktiv wie über die Dauer von 2 h [11]. Der positive Vorhersagewert dieses Tests liegt bei > 80 % [35].

Die invasive Beatmung dauert bei vielen Patienten länger als notwendig

Eine Stenosierung des Larynx nach translaryngealer Intubation ist eine mögliche Ursache für die Notwendigkeit einer Reintubation. Durch einen sog. Cuff-leak-Test, d. h. den Vergleich der exspiratorischen Volumen bei ge- und entblocktem Cuff, können aufgrund einer Differenz der Volumen von < 130 ml Hinweise auf das Vorliegen einer Schwellung des Larynx mit dem Risiko eines Postextubationstridors und damit eines Extubationsversagens gewonnen werden [32]. In einer derartigen Situation kann der Einsatz von Kortikosteroiden prophylaktisch gegen die Ausbildung eines signifikanten Larynxödems erwogen werden [13].

Automatische Weaningssysteme sind nach einer aktuellen Metaanalyse nur beim einfachen Weaning von geringem Vorteil, da eine Verkürzung der Beatmungszeit um im Mittel 30 % bei heterogenen Studienpopulationen ohne signifikante Auswirkungen auf Mortalität und Reintubationsrate erreicht wird [38].

Einfluss der nichtinvasiven Beatmung

Frühzeitige Extubation

In der aktuellen S3-Leitlinie „Nichtinvasive Beatmung als Therapie der akuten respiratorischen Insuffizienz“ [44] wird bei hyperkapnischen Patienten, besonders bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und zu erwartender prolongierter Beatmung, folgendes empfohlen: Bei NIV-Fähigkeit sollten invasiv beatmete Patienten mit COPD möglichst frühzeitig extubiert und direkt auf eine NIV umgestellt werden. Die u. a. zugrunde liegenden Studien von Ferrer et al. [14] und Nava et al. [30] zeigten, dass Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen, überwiegend COPD, nach einer kurzen Phase der invasiven Beatmung von 2–6 Tagen auch ohne erfolgreichen Spontanatmungsversuch extubiert werden können, wenn unmittelbar danach NIV durchgeführt wird. Signifikanzen konnten in den bereits erwähnten Studien für Intensiv- und Hospitalmortalität allerdings nicht gefunden werden.

Prophylaxe von Postextubationsversagen

Ein Postextubationsversagen tritt nach primär erfolgreicher Extubation bei etwa 15–20 % der Patienten auf und ist durch zunehmenden Sauerstoffbedarf, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Tachy- und Dyspnoe sowie häufige Notwendigkeit einer Reintubation gekennzeichnet. Wenn auch Studien zur Evaluation einzelner Risikofaktoren fehlen, sind häufig Komorbiditäten, Hyperkapnie zum Zeitpunkt der Extubation, höheres Lebensalter, schwere Herzinsuffizienz und eine abgeschwächte Sekretexpektoration Ursachen für eine Reintubation. In dieser Situation hat die korrekt eingesetzte NIV, insbesondere bei Risikopatienten, wie z. B. hyperkapnischen Patienten, ohne vernünftige Zweifel einen hohen Stellenwert in der unmittelbaren Phase nach Extubation. Dabei können u. a. neben der Aufenthaltsdauer auf Intensivstation auch die Reintubationsrate, nosokomiale Pneumonien und die Krankenhausmortalität dieser Patienten reduziert werden [15, 20].

Eine Therapie mit NIV nach Eintritt der respiratorischen Verschlechterung in einem gemischten Patientenkollektiv ist nicht mit einer Verbesserung, aber möglicherweise mit einer Verschlechterung der Prognose assoziiert [44]. Eine prophylaktische NIV bei entsprechender Risikokonstellation hat sich in mehreren kleineren Studien als erfolgreich bezüglich der Verringerung der Reintubationsrate erwiesen [16, 31]. Insbesondere bei hyperkapnischen Patienten, überwiegend mit COPD, konnte durch eine prophylaktische NIV für 24 h die Entstehung eines Postextubationsversagens hochsignifikant gesenkt werden. Die Odds-Ratio für ein Postextubationsversagen lag ohne NIV bei 5,32 (95 %-Konfidenzintervall 2,11–13,46; [15]). Zudem konnte in dieser hyperkapnischen Patientengruppe auch nach Eintritt eines respiratorischen Versagens in der Kontrollgruppe durch NIV in 63 % eine Reintubation verhindert werden.

Das Erkennen von Risikofaktoren für eine Reintubation ist wichtig

Auch bei der postoperativen Extubation ist das Erkennen von Risikofaktoren für eine Reintubation, wie z. B. der Rapid-shallow-breathing-Index oder die intraoperative Flüssigkeitszufuhr, gerade bei Risikopatienten, wie herzinsuffizienten oder hyperkapnischen Patienten, wichtig, um bei dieser Klientel frühzeitig eine NIV zu beginnen [17].

Beim Einsatz der NIV sind die Kenntnisse der Gründe, Risikofaktoren und potenziellen Hilfsmittel notwendig [33]. Neben einem sofortigen Versagen und einem Spätversagen der Methode steht mit 68 % ein frühes Versagen der NIV in einem Zeitraum von 1–48 h nach ihrer Implementierung im Vordergrund. Als Gründe sind im Wesentlichen einerseits ungünstige primär schon intubationspflichtige Ausgangskonstellationen seitens des Patienten, darunter Diagnosen wie z. B. hypoxämisches Lungenversagen (Pneumonie oder „acute respiratory distress syndrome“, ARDS), bei denen eine NIV nicht primär geeignet sind, aufzuführen. Andererseits ist aber auch eine unnötige Zeitverzögerung beim direkten Einsatz der NIV als ursächlich zu nennen. Im sofortigen Stadium eines NIV-Versagens (bis 1 h nach Implementierung der NIV) werden als häufige Gründe die ausgeprägte Bronchialsekretion, Intoleranz und psychomotorische Agitation sowie Patienten-Ventilator-Asynchronität genannt. Dabei sind die genannten 3 Punkte bei vorhandener Expertise in der NIV in der Regel gut beherrschbar.

Auswirkung von kardialer Komorbidität

Aufgrund der Demographie mit einer älter werdenden Bevölkerung nimmt auch das Alter der Patienten, die intensivmedizinisch behandelt und beatmet werden, zu. Eine Konsequenz daraus ist die Zunahme der Komorbiditäten. Insbesondere chronische Lungenerkrankungen und chronische Herzinsuffizienz sind aufgrund ihrer hohen Prävalenz oft bei beatmeten Patienten vorhanden. Die Reduzierung des positiven endexspiratorischen Drucks im Rahmen eines Spontanatmungsversuchs kann hier über einen erhöhten transmuralen Druck des linken Ventrikels zu einer manifesten Linksherzinsuffizienz führen [29].

Aufgrund der älter werdenden Bevölkerung nehmen Komorbiditäten zu

Die Diagnose einer durch die Spontanatmung manifesten Herzinsuffizienz wurde primär über einen Anstieg des Wedge-Drucks mittels Pulmonaliskatheter gestellt. Mittlerweile stehen neue diagnostische Methoden, wie Messung des extrakorporalen Lungenwassers oder relativer Anstieg des Brain Natriuretic Peptide (BNP) – Anstieg um mehr als 10 % zwischen Beginn und Ende der Spontanatmung ist pathologisch – zur Verfügung, ebenso die Messung des Hämoglobinwerts vor und nach Spontanatmungsversuch – hier ist ein Anstieg des Hämoglobins als Folge der Ausbildung hypoonkotischer Ödeme hinweisend auf eine kardiale Insuffizienz [8]. Bei Nachweis einer Herzinsuffizienz als Ursache des Weaningversagens können ein restriktives Flüssigkeitsmanagement sowie eine Intensivierung der kardialen Medikation die Beatmungsdauer verkürzen [29].

Im Fall einer Linksherzinsuffizienz als Ursache eines gescheiterten Spontanatmungsversuchs ist die Verwendung einer leichten Druckunterstützung zur Überwindung der zusätzlichen Widerstände durch das Schlauchsystem bzw. die Verwendung von „continuous positive airway pressure“ (CPAP) im Hinblick auf die Vermeidung einer manifesten kardialen Stauung mit resultierendem Anstieg der Atemmuskelarbeit günstiger [5].

Strategien im prolongierten Weaning

Eine ausführliche Darstellung der Strategien im prolongierten Weaning findet sich in der im Jahr 2014 publizierten S2-Leitlinie [41]. Im Folgenden werden einige wesentliche Aspekte beleuchtet.

Behandlung der Komorbiditäten

Gerade bei der immer älter werdenden Patientenklientel im prolongierten Weaning nehmen die Anzahl der Komorbiditäten und ihre Interaktionen untereinander zu, die ein erfolgreiches Weaning erschweren können. Die Liste der möglichen Komorbiditäten ist umfangreich; im Vordergrund stehen pulmonale und kardiale Vorerkrankungen neben neurologischen Erkrankungen. Hierzu gehört die auf der Intensivstation erworbene Muskelschwäche („intensive care unit acquired weakness“, ICUAW), die durch Critical-illness-Polyneuropathie (CIP) und Critical-illness-Myopathie (CIM) bzw. schwere Schluckstörungen mit rezidivierenden Aspirationen gekennzeichnet ist.

Aus den Erfahrungen der Autoren, die von WeanNet zertifizierte Weaningzentren leiten, sind hierbei die Optimierung der kardialen Therapie, eine effektive Inhalationstherapie bei obstruktiven Atemwegserkrankungen und die Punktion von großen Pleuraergüssen diejenigen Maßnahmen, die bei einem Teil der in ein Weaningzentrum verlegten Patienten eine rasche Entwöhnung von der Beatmung erlauben.

Eine detaillierte Beschreibung der Inhalationstherapie bei invasiver und auch nichtinvasiver Beatmung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen – hier wird auf die entsprechende Empfehlungen verwiesen [1, 9, 21].

Gestaltung der Spontanatmungsphasen

Spontanatmung mit erhöhtem Oberkörper senkt die Atemarbeit [3]. Das zusätzliche Entblocken der Trachealkanüle während des Spontanatmungsversuchs ist aus Sicht der Atemmechanik zusätzlich vorteilhaft [7]. Eine Überlastung der Atemmuskulatur ist kontraproduktiv und führt zu einer Kraftabnahme der Atemmuskulatur für die nächsten 24–48 Stunden [27]. Aus diesem Grund wurden klare Abbruchkriterien für einen Spontanatmungsversuch formuliert [4].

Eine Überlastung der Atemmuskulatur ist kontraproduktiv

Diese beinhalten u. a. eine Beendigung des Versuchs bei einem Anstieg der Atemfrequenz um > 50 %, bei einem Anstieg der Herzfrequenz um > 50 %, bei einem systolischen Blutdruckanstieg auf > 180 mmHg bzw. -abfall auf Werte < 90 mmHg, bei einem Rapid-shallow-breathing-Index > 105/min sowie bei einem Anstieg des Kohlendioxidpartialdrucks (pCO2) um mehr als 8 mmHg. Im Fall einer sich entwickelnden bzw. manifesten Linksherzinsuffizienz sind eine druckunterstützte Beatmung bzw. die Verwendung eines kontinuierlichen positiven Atemwegsdrucks vorteilhaft.

Sekretmanagement

Sekretansammlung in den Atemwegen stellt ein großes Problem im Weaning dar: Durch den künstlichen Atemweg ist ein normaler Hustenstoß nicht möglich und die mukoziliäre Clearance ist gestört. Rezidivierende Infekte oder zugrunde liegende chronische Lungenerkrankung sind für eine gesteigerte bronchiale Sekretbildung verantwortlich. Folgen können u. a. eine deutliche Erhöhung der Atemarbeit, eine verminderte Deposition von bronchodilatierenden Aerosolen im gewünschten Bereich der Atemwege, ein erhöhtes Risiko für Infekte und die Notwendigkeit einer Reintubation nach primär erfolgreicher Extubation sein.

Für ein effektives Sekretmanagement, das sich aus Maßnahmen zur Sekretolyse und zur Sekretentfernung aus den Atemwegen zusammensetzt, sind folgende Faktoren zwingend notwendig:

  • Kenntnis der zugrunde liegenden Erkrankung,

  • Kenntnis der Ursache der Sekretanhäufung in den Atemwegen,

  • Kenntnis der verschiedenen Techniken zur Sekretolyse und Sekretentfernung, die in Tab. 4 dargestellt sind.

Tab. 4 Maßnahmen zum Sekretmanagement im Weaning. (Adaptiert nach [41])

Bei obstruktiven Erkrankungen stehen oszillierende und medikamentöse Maßnahmen (Inhalation hochprozentiger Kochsalzlösungen) zur Sekretolyse und Techniken zur Stabilisierung der Atemwege, wie z. B. Systeme für einen positiven expiratorischen Druck (PEP) oder CPAP, im Vordergrund. Eine Abhustschwäche kommt nicht nur bei neuromuskulären Erkrankungen (z. B. Morbus Duchenne) vor, sondern kann auch passager im Rahmen einer ICUAW vorliegen und erfordert Maßnahmen zur Unterstützung des Hustenstoßes, wie manuell assistiertes Husten bzw. den Einsatz von mechanischen Insufflatoren/Exsufflatoren. Bach et al. zeigten kürzlich erneut, dass Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen unter intensivem Einsatz dieser Maßnahmen bei weitgehender Beatmungsabhängigkeit in einem sehr hohen Prozentsatz (98 %) erfolgreich auf eine NIV umgestellt werden können [2].

Physiotherapie

Patienten im prolongierten Weaning sind normalerweise bereits monatelangen auf einer Intensivstation und dementsprechend in der Regel dekonditioniert, wobei neben zu geringer Energiezufuhr, Immobilität und ICUAW auch medikamentöse Effekte (z. B. eine Kortikosteroidtherapie) mit verantwortlich sind. In einer aktuelle Metaanalyse publizierter Arbeiten wird als Prophylaxe des Muskelschwunds eine Elektrostimulation der Extremitätenmuskulatur mit nachweisbaren Effekten auf die Muskelmasse z. B. des M. quadriceps femoris beschrieben [43]. Nach Aufwachen aus der Narkose sollten aktive Verfahren zur Stärkung der Muskulatur eingesetzt werden.

Diese beinhalten z. B. die Verwendung eines Bettfahrrads und die Mobilisierung des Patienten auch unter Beatmung an die Bettkante sowie Gehübungen ebenfalls unter invasiver Beatmung. In der aktuellen Leitlinie werden als Qualitätsindikator täglich eine bis mehrere Physiotherapieeinheiten an 7 Tagen in der Woche empfohlen [41].

Zur Stärkung der Muskulatur sollten aktive Verfahren eingesetzt werden

Der Stellenwert eines spezifischen inspiratorischen Atemmuskeltrainings im prolongierten Weaning ist weiterhin unklar. Eine aktuelle Metaanalyse von Elkins et al. [10] ergab zwar Vorteile für dieses Training, jedoch waren die Bedingungen der Anwendung in den Studien unterschiedlich. Zudem befand sich die Mehrzahl der Patienten nicht im prolongierten Weaning. Eine aktuell in Schmallenberg laufende Studie wird hier weitere Evidenz bringen.

Stellenwert der nichtinvasiven Beatmung

Die NIV hat im prolongiertem Weaning einen hohen Stellenwert [15, 20]. Dabei stehen die positiven Effekte der NIV im Hinblick auf die Atemarbeit („work of breathing“, WOB), die Pathophysiologie der Atemmechanik und der lungenparenchymalen Veränderungen sowie die hämodynamische Beeinflussung im Vordergrund [23]. Besonders Patienten mit Beatmungsnotwendigkeit aufgrund einer COPD haben eine hohe Krankenhausmortalität und schlechte Langzeitprognose. Die frühzeitige adäquate Umstellung auf eine NIV in der Weaningphase verbessert die Prognose von Patienten mit chronisch-hyperkapnischem Atemversagen [40] Es wurde auch gezeigt, dass bei Patienten mit COPD nicht nur eine prolongierte invasive Beatmung erfolgreich mit NIV beendet werden kann. Es gibt auch Hinweise auf eine positive prognostischen Effekt der NIV in der Langzeitanwendung [36]. Diese positiven Effekte einer NIV nach Weaning werden durch aktuelle Daten zur Langzeittherapie bei hyperkapnischen Atemversagen bestätigt [24].

Bedeutung spezialisierter Weaningzentren

Spezielle Kenntnisse der Physiologie und Pathophysiologie des Weanings, die Expertise im Einsatz der weaningunterstützenden Maßnahmen und das Beherrschen der verschiedenen Beatmungsformen und -modi zeichnen ein Weaningexpertenteam aus, das belegbar gute Weaningergebnisse erzielt [26]. In Deutschland wurden durch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) entsprechende Weaningzentren aufgebaut, die sich einer regelmäßigen Zertifizierung unterziehen [41]. Die für die Zertifizierung geforderte Beschäftigung von Atmungstherapeuten (DGP) und eine ausreichende Stellenbesetzung im Bereich der Physiotherapie sind sicherlich für die Erfolge der deutschen Weaningzentren mit verantwortlich. Eine Publikation über die epidemiologischen Daten des prolongierten Weanings anhand der WeanNet-Datenbank ist aktuell eingereicht.

Überleitung in die außerklinische Beatmung

Weaningzentren dokumentieren eine hohe Quote an erfolgreich entwöhnten Patienten, die primär ein Weaningversagen aufwiesen. Trotzdem bleiben etwa 25–30 % der Patienten dauerhaft von einer invasiven Beatmung abhängig, die dann in außerklinischer Umgebung, wie z. B. Pflegeheim, Wohngruppen oder zu Hause, in einer 24-Stunden-Versorgung weiter behandelt werden. Besonders wichtig ist dabei die Schnittstelle zwischen stationärer Behandlung und ambulanter Versorgung. Hier haben die DGP-zertifizierten Weaningzentren im WeanNet ein strukturiertes Überleitungsmanagement entwickelt, das die Besonderheiten von Wohnort, Kostenträger und individueller Situation des Patienten berücksichtigt [37]. Es liegt primär in der Verantwortung des verlegenden Zentrums, für eine adäquate Weiterversorgung des beatmeten Patienten zu sorgen. Das Management einer Überleitung muss mindestens 2–3 Wochen vor dem geplanten Entlassungszeitpunkt beginnen und umfasst neben der rechtzeitigen Verordnung der notwendigen Hilfsmittel auch die Verantwortung für die Auswahl der außerklinischen Betreuung mit Gewährung einer adäquaten Lebensqualität des Patienten. Dazu gehört auch unbedingt eine Kontrolle der außerklinischen Beatmung im betreuenden Beatmungszentrum etwa 4–8 Wochen nach der Entlassung [6]. Bei einem erfolglosen Weaning mit außerklinischer Fortführung der Beatmung ist es ständige zentrale Aufgabe des Weaningzentrums zu prüfen, ob die eingeleitete Therapie noch mit den Zielen und Wünschen des Patienten übereinstimmt. Dabei stellt leider die Trennung von stationärem und ambulantem Sektor im deutschen System eine nicht unerhebliche Problematik in der außerklinischen ärztlichen Versorgung dar. Strukturen einer kooperativen Verzahnung wären hier dringend notwendig.

Fazit für die Praxis

  • Maßnahmen zur Vermeidung einer langfristigen Beatmung und ggf. eines Weaningversagens beinhalten eine frühzeitige Pausierung der Sedierung und tägliche Spontanatmungsversuche, um Patienten frühzeitig extubieren zu können. Die NIV ist hier v. a. bei hyperkapnischen Patienten ein erfolgreiches Therapieprinzip.

  • Prolongiertes Weaning ist meist durch eine Atempumpenschwäche unterschiedlichster Genese bedingt, wobei Komorbiditäten die Situation noch erschweren. In einem multimodalen Ansatz gelingt es in erfahrenen Weaningzentren häufig, diese Patienten doch noch erfolgreich von der Beatmung zu entwöhnen oder zumindest die Beatmungstherapie auf eine NIV umzustellen.

  • Bei erfolglosem Weaning sehen die DGP-zertifizierten Weaningzentren nicht das Ende ihrer Verantwortung an der Außentür der Einheit, sondern stellen ein professionelles Überleitmanagement in die außerklinische Beatmung zur Verfügung, das auch die Wiederaufnahme in regelmäßigen Abständen zur erneuten Beurteilung des Entwöhnungspotenzials beinhaltet.