Zusammenfassung
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1.
Werden Bienen auf eine Figur dressiert und dieser Dressurfigur im Versuch eine gleich große schwarze oder graue Figur gegenübergestellt, so wird die Dressurfigur von der Gegenfigur solange unterschieden, als die charakteristischen Konturabstände der Dressurfigur über der Sehschärfeschwelle liegen.
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2.
Die Dressur ist aber nur dann möglich, wenn sie der spontanen Tendenz der Bienen entgegenkommt; d. h. sie gelingt nur, wenn auf die stärker gegliederte Figur dressiert wird und eine weniger gegliederte als Gegenfigur geboten wird. Versuche im umgekehrten Sinn erwiesen wich als unmöglich.
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3.
Werden den Bienen mehrere Figuren zu gleicher Zeit vorgelegt, ohne daß vorher Assoziationen zwischen Futter und Figur zustande kamen, die Bienen also spontan wählen müssen, dann zeigt sich eine Bevorzugung der Figuren entsprechend ihrem Konturreichtum.
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4.
Innerhalb einer bestimmten Gruppe von Figuren, unter denen spontan gewählt wird, besteht eine lineare Abhängigkeit zwischen Wahlanzahl und Konturlänge.
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5.
Die Größe der Konturlänge kann deshalb als Maß für den Reizwert einer Figur angenommen werden, weil sie die Häufigkeit der wechselnden Reizungen der Sehelemente charakterisiert.
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6.
Es handelt sich also bei der spontanen Wahltendenz der Bienen für konturreichere Figuren um eine Zwangsreaktion, verursacht durch die Häufigkeit der Wechsel im Erregungszustand der Rhabdome.
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7.
Auch in den Dressurversuchen läßt sich diese zwangsmäßige Wahl der Figuren entsprechend ihrem Konturreichtum nachweisen.
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Zerrahn, G. Formdressur und Formunterscheidung bei der Honigbiene. Z. f. vergl. Physiologie. 20, 117–150 (1933). https://doi.org/10.1007/BF00340755
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