Zusammenfassung
Die Versuche an überwinternden, imaginalen Kartoffelkäfern ergaben ein ganz anderes Bild als die aus der Literatur bekannten Untersuchungen von Ruhestadien mit Entwicklungshemmung.
Die Succinodehydrase zeigt eine Temperaturadaptation entsprechend Typ 3. Mit dem Erwachen (durch eine Überführung in hohe Temperaturen) steigert sich die Fermentaktivität bei konstant bleibender Versuchstemperatur erheblich, zeitlich betrachtet jedoch langsam. Dagegen treten Bewegungen der Tiere sehr leicht und schnell auf. Eine Stoffwechselsteigerung kann nach Überführung in höhere Temperatur auch bei noch im Boden ruhenden Käfern festgestellt werden. Die Fermentaktivität nimmt unabhängig von den Außenbedingungen auch mit fortschreitender Jahreszeit zu.
Die Katalaseaktivität nimmt mit dem Erwachen der Käfer ab.
Im Gegensatz zu den bisher untersuchten Diapausestadien ist an dem gedrosselten Sauerstoffverbrauch des Gewebes von überwinternden Käfern das sauerstoffübertragende Atmungsferment beteiligt. Dies wird aus der Hemmbarkeit der Atmung durch HCN geschlossen, die nachweislich nicht auf einer Ausschaltung der Katalase beruht. Auch aus anderen Versuchen (Oxydierung von Hydrochinon) kann auf Existenz und Tätigkeit des Fermentes geschlossen werden.
Der Sauerstoffverbrauch von Mischsuspensionen (1∶1) aus dem Gewebe schlafender und erwachter Käfer ist geringer als nach dem Mittelwert der Atmung der reinen Suspensionen zu erwarten ist. Dies spricht für das Vorhandensein eines hemmenden Agens bei den schlafenden Tieren, welches hitzeempfindlich und darum wohl ein Hormon ist. Dessen Produktion nimmt mit dem Erwachen langsam ab, bei anhaltend niedriger Temperatur anscheinend ebenfalls mit fortschreitender Jahreszeit.
Die Stoffwechselsteigerung mit dem Erwachen hängt wahrscheinlich nicht mit einer Änderung des Wassergehaltes der Zellen zusammen. Das „freie“ Wasser läßt sich wegen der vorhandenen Blutflüssigkeit nicht ganz exakt erfassen, das „gebundene“ Wasser nimmt sogar eindeutig zu.
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Precht, H. Über Ruhestadien erwachsener Insekten. Z. Vergl. Physiol. 35, 326–343 (1953). https://doi.org/10.1007/BF00299457
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