Zusammenfassung
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1.
Nach einer Anaerobiose von 4–12 Stunden zeigen die Larven von Tenebrio molitor energische, gut ausgeprägte Erholungsatmung; nach 16 Stunden N2 sind bereits öfters Störungen der Erholungsatmung zu beobachten, nach 24 Stunden N2 kommt gewöhnlich keine Erholungsatmung mehr zur Entwicklung. Dementsprechend erholen sich die Tiere nach 4–12 Stunden N2 fast durchweg rasch und gründlich, nach 16 Stunden langsamer und nicht immer erfolgreich, nach 24 Stunden zumeist gar nicht mehr.
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2.
Hieraus ist zu folgern, daß anaerob ein regulatorischer Mechanismus wirksam ist, der über eine verhältnismäßig große Zeitspanne hin verhängnisvolle Schädigung des Organismus verhindert.
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3.
Bestimmungen der Säurewerte nach wechselnd langer Anaerobiose (4, 8, 16 und 24 Stunden) ergaben ein ziemlich regelloses Bild. Es ist nicht möglich, für eine bestimmte Anaerobioseetappe einen sie kennzeichnenden Säurewert anzugeben; die stark wechselnden Werte der Etappen überschneiden sich erheblich. Deutliche Proportionalität der Säurewerte zur Anaerobiosedauer ist nicht feststellbar. Besonders auffallend sind Fälle, in denen der Säuregehalt anaerob vermindert worden ist, der Säurewert also negativ ist. Diese Fälle waren nach 4 Stunden N2 besonders häufig, wurden aber auch nach 8 und 16 Stunden beobachtet.
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4.
Der Glykagengehalt wird im Verlauf der Anaerobiose stets vermindert, auch dann, wenn der Säurewert nicht vermehrt, sondern herabgesetzt worden ist. Die Größe des Glykogenverbrauchs zeigt innerhalb der gleichen Anaerobioseetappe ebenfalls große Streuung, so daß Berechnung von Durchschnittswerten nicht erlaubt ist. Eindeutige Proportionalität zwischen Glykogenverbrauch und Säureerzeugung besteht nicht.
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5.
Es wird nachgewiesen, daß die offensichtlich statthabende anaerobe Säurebeseitigung nicht einer Neutralisation durch bereits vorhandene oder während der Anaerobiose auf den Plan geworfene Basen zu danken ist.
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6.
Die anaerobe Säurebeseitigung erfolgt offenbar durch eine „aktive Säureregulierung“, d. h. durch chemische Prozesse, die auf anaerob entstandene Säuren so einwirken, daß sie ihren Säurecharakter verlieren. An diesen Prozessen ist nach den vorliegenden Messungsergebnissen das Glykogen wesentlich beteiligt.
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7.
Es wird eine Analyse des anaeroben Glykogenverbrauchs versucht: Einige Messungen, in denen offenbar nur Säure produziert bzw. nur Säure beseitigt worden ist, erlauben die Berechnung, daß anaerober Verbrauch von 0,1 g Glykogen auf der einen Seite der Produktion von 2,548 ccm, auf der anderen Seite der Beseitigung von 3,9 ccm n/10 Säure entspricht, falls nur einer der beiden Prozesse abläuft. Von diesen Werten aus läßt sich errechnen, wieviel Glykogen in den einzelnen Messungen durch die tatsächlich beobachtete anaerobe Änderung des Säurespiegels in Anspruch genommen ist und wieviel „Extraglykogen“ für den Prozeß der „aktiven Säureregulierung“ zur Verfügung steht (vgl. Tabelle 10).
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8.
Auf Grund dieser Daten wird eine Berechnung der jeweiligen Gesamtproduktion an Säure während der einzelnen Anaerobioseetappen versucht. Das erhaltene Bild ist befriedigender als die direkten Messungsergebnisse (vgl. Tabelle 11).
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9.
Anaerobe Säureproduktion, die biologische Bedeutung des Säurewertes, die Auslösung der anaeroben Regulation und die Todesursache nach zu langer Anaerobiose werden im Anhang diskutiert; Erklärung des Verhaltens der Erholungsatmung nach wechselnd langer Anaerobiose durch die Ergebnisse der Stoffwechseluntersuchungen wird gegeben.
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Ausgeführt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
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Harnisch, O. Untersuchungen über Erholungsatmung und anaeroben Stoffwechsel der Larve von Tenebrio molitor. Z. Vergl. Physiol. 28, 428–456 (1941). https://doi.org/10.1007/BF00297707
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