Zusammenfassung
Die psychologischen Aspekte einer guten Führung sind seit Jahrzehnten recht gut erforscht. Beispielsweise ist bekannt, dass der Entscheidungsspielraum ein wichtiges Kriterium für Arbeitszufriedenheit und Produktivität ist (z. B. Ulich 1994). Dennoch ändert sich – trotz zahlreicher Seminare zum Führungsverhalten, welche die derzeitigen Erkenntnisse zusammenfassen – in den Organisationen hinsichtlich der Führungsqualität nur wenig. Dies zeigt sich in einer Reihe von empirischen Befunden (Zusammenfassungen z. B. in Kromm und Frank 2009). Insbesondere weist der Gesundheitsreport des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen seit 2009 mehr als 10 % der Arbeitsunfähigkeitstage von Mitarbeitern und Führungskräften über alle Berufssparten dem Aspekt schlechter Führung zu. Krankheit ist jedoch nur die Spitze des Eisberges einer ineffizienten Organisation; ungesunde Führung hat für einen Betrieb hinsichtlich Motivation, Produktivität und Qualität bereits weitaus früher Folgen. Vor diesem Hintergrund befasst sich der Artikel zunächst mit den kognitiven Gründen für ineffiziente Führung und der Verbindung von Führung und Gesundheit. Er zeigt auf Basis dieser Zusammenhänge ein kognitiv-emotionales Erklärungsmodell, warum wir als Menschen immer wieder in ungesundes Führungsverhalten verfallen.
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Warum tun wir uns so schwer im Umgang mit dem System ‚Mensch‘?
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Warum gelingt es uns offensichtlich nicht, effizientes Führen und gesundes Führen durch einfaches Lernen von Verhaltensregeln in Führungskräftetrainings umzusetzen?
Über die Erklärung, in welcher Weise Emotionen in den kognitiven Verarbeitungsmechanismus des Menschen eingebunden sind und welche Auswirkungen ein fehlender Umgang mit (positiven wie negativen) Emotionen für Mitarbeiter, Führungskräfte sowie Unternehmen im Hinblick auf Abwesenheitsstatistiken haben kann, wird ein Ansatz abgeleitet, wie sowohl auf der individuellen als auch auf der organisatorischen Ebene gesünder bzw. effizienter geführt werden kann und welche Möglichkeiten zur Prävention bzw. zum Umgang mit negativen Emotionen bestehen.
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Prof. Dr. habil. Oliver Sträter ist seit 2008 Leiter des Fachgebiets Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Kassel, Fachbereich Maschinenbau. Das Fachgebiet lehrt und forscht zur menschengerechten Gestaltung von Arbeitplätzen, Organisationen und Produkten. Schwerpunkte sind die Gestaltung technischer Systeme hinsichtlich kognitiver Eigenschaften des Menschen, menschliches Verhalten in komplexen Systemen, Arbeitsfehler und Sicherheitsbewertungen, Effizienz von Managementsystemen, gesundes Führen, Einfluss kultureller Unterschiede, Wissensmanagement zu menschlichen Leistungsparametern, Integration von arbeits- und organisationspsychologischen Aspekten in Kosten-Nutzen Analysen.
Zuvor war er bei der europäischen Flugsicherheit in Brüssel im Rahmen der Vereinheitlichung des Europäischen Luftraums für ergonomische und sicherheitstechnische Fragestellungen verantwortlich, nachdem er bei der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit zur Beurteilung menschlicher und organisationaler Faktoren in der kerntechnischen Sicherheit promovierte und gutachterlich tätig war. Er studierte Psychologie an der RWTH Aachen und promovierte und habilitierte an der TU München.
Dipl. Oec. Meike Siebert-Adzic ist seit 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fachgebiets Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Kassel, Fachbereich Maschinenbau. Ihre Schwerpunkte sind die Bereiche Personal- und Organisationsentwicklung, Führung und systemische Beratung. Im Rahmen von Forschungsprojekten beschäftigt sie sich mit der Bedeutung von Emotionen im Kontext gesunder Führung.
Vor ihrer Tätigkeit an der Universität Kassel arbeitete sie in der Automobil- und Energiebranche in den Bereichen Personalentwicklung und Managementberatung. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kassel und der University of Cardiff.
Dr. Ellen Schäfer Jahrgang 1972, Berufsausbildung zur Bürokauffrau, Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kassel, Abschluss Dipl. Oec.
Von 1999 bis 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Kassel. Mitarbeit in verschiedenen Praxisprojekten zur Personal- und Organisationsentwicklung, u. a. vierjährige Tätigkeit in einem Großunternehmen der Pharmabranche im Rahmen des Forschungsprojekts „Umsetzung innovativer Kompetenzentwicklung in der Praxis“. Promotion zum Dr. rer. pol. in 2006.
Seit 2008 freiberufliche Beratungstätigkeit, Gründung der EAO-Consulting mit Prof. Sträter und Prof. Frieling, Durchführung verschiedener Beratungsprojekte in Kooperation mit dem Fachgebiet A & O, Arbeitsschwerpunkte: Organisationsentwicklung, Mitarbeiterbefragungen, Einführung neuer Managementkonzepte alternsgerechte Arbeitsgestaltung, Personalmanagement, Personal- bzw Kompetenzentwicklung
Lehrbeauftragte an der Universität Kassel, Fachbereich Maschinenbau zu den Themen Personal- und Organisationsentwicklung, Konfliktmanagement und Teamentwicklung sowie Dozentin an der Kasseler Management School (UNIKIMS) und Koordinatorin des Studiengangs Personalmanagement.
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Sträter, O., Siebert-Adzic, M., Schäfer, E. (2012). Gesundes Führen für effiziente Organisationen der Zukunft. In: Grote, S. (eds) Die Zukunft der Führung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-31052-2_17
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