Zusammenfassung
Im Konzept des „Dispositivs“ zeigt sich, dass Michel Foucaults Interesse nie nur darin lag, diskursanalytisch die Entstehung und Transformation von Wissensbzw. Aussagefeldern in ihrer inneren Architektur und Regelhaftigkeit darzustellen. Seine Fragestellungen hatten stets auch zum Ziel, die gegenseitige Beziehung zwischen den verschiedenen Aussageformationen und den eine breitere Lebenswelt bestimmenden Subjektivierungspraktiken aufzuzeigen. So umfasst und verbindet das Dispositiv der Sexualität, dessen Entstehung Foucault in „Der Wille zum Wissen“ beschreibt, diverse Spezialdiskurse und alltägliche Praxisbereiche, welche die Erfassung und Konditionierung der menschlichen Sexualität zum Ziel haben. Das Dispositiv der Sexualität zeigt sich für Foucault
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Notes
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Ich habe mir erlaubt, diese thematisch zu ordnen: 1. Subjekte in spezifischen institutionellen oder räumlichen Zusammenhängen, die bestimmte Praktiken ausüben: Hungerkünstler, Amerikaner in Paris, Ingenieure, Reporter, Stars, der Völkerbund, Bergsteigen, Boxen, Mord, Streik, Stierkampf, Tanz, Ausdauer, Feuerbestattung, Jazz, Mumien (ansehen) und Pomade (tragen). 2. Dispositive in einem eher medientheoretischen Sinne: Drahtlose Verständigung, Fernsprecher, Grammophone, Uhr. 3. Räumlichkeiten im weitesten Sinne, in denen der Aufenthalt ebenfalls mit Praktiken verbunden ist: Automobil, Bars, Dachgärten, Fahrstuhl, Eisenbahn, Fliessband, Flugzeug, Lichtspielhäuser, Ozeandampfer, Revue(bühnen), Sechstagerennen.
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Eindeutige theoretische Bezugnahmen zum Dispositivbegriff von Foucault oder Deleuze finden sich im Buch „1926“ und thematisch verwandten Texten Gumbrechts nicht, ich gehe aber mit Krameritsch davon aus, dass der Begriff des Dispositivs zumindest von Foucault inspiriert ist, wie sich auch in gewissen, noch zu besprechenden Ähnlichkeiten zeigt (vgl. Krameritsch 2007: 224).
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Hier ließe sich auch von „Kollektivsymbolen“ (vgl. Link 1984) sprechen.
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Löw macht in ihrer Soziologie des Raumes deutlich, dass auch die räumliche Nachbarschaft von Dingen, das Resultat einer Syntheseleistung ist. D.h. ein räumliches Objekt wird erst durch „Wahrnehmungs- Vorstellungs- oder Erinnerungsprozesse“ mit anderen Dingen und Räumen im Raum in Verbindung gesetzt. Durch diese Syntheseleistung werden benachbarte und sich physisch nahe Dinge, Menschen und Räume zu „Ensembles“ zusammengefügt (Löw 2001: 159).
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Der Kongress fand an der Forschungsstelle des größten Detailhandelsunternehmens der Schweiz, der Genossenschaft Migros, in Rüschlikon, statt.
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Eugster, D. (2013). Mikrodispositive: Die kurze Geschichte eines Automatenladens. In: Wengler, J., Hoffarth, B., Kumięga, Ł. (eds) Verortungen des Dispositiv-Begriffs. Theorie und Praxis der Diskursforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94260-5_4
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