Zusammenfassung
Das Verhältnis der deutschen Bevölkerung zu ihren Streitkräften ist seit Bestehen der Bundeswehr von großer Komplexität geprägt. Seit den Debatten über die Wiederbewaffnung Deutschlands hat sich in der Bundesrepublik eine besondere Grundhaltung zur Bundeswehr und ihren Aufgaben herausgebildet, die sich in dieser Form deutlich vom zivil-militärischen Verhältnis in anderen westlichen Staaten unterscheidet (vgl. Rattinger 1985; Bulmahn et al. 2008; Biehl/Fiebig 2011). Nachdem sich Deutschland seit 1990 zunehmend auch im Ausland militärisch engagierte und sich die Bundeswehr mit dem ISAF-Einsatz in Afghanistan in eine komplexe Counterinsurgency-Operation verwickelt sah, bei der sie erstmals auch im Gefecht gefallene Soldaten zu beklagen hatte, wurde in der öffentlichen und politischen Diskussion immer drängender über den Charakter und die Angemessenheit des Verhältnisses der Deutschen zur Bundeswehr und ihren Soldaten im Einsatz diskutiert. Hierfür bildete sich seit 2007 der vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler geprägte Begriff des „freundlichen Desinteresses“ heraus. Dieser sollte die Kombination aus zwei scheinbar gegensätzlichen Haltungen beschreiben, die die deutsche Bevölkerung ihren Streitkräften entgegenbringt. Einerseits ist das Verhältnis zur Bundeswehr von einer seit Jahren auf hohem Niveau stabilen positiven Grundeinstellung gegenüber der Institution Bundeswehr und großem Vertrauen in sie geprägt. Andererseits stagniert das Interesse der Deutschen an ihren Streitkräften wie auch ihr Wissen über sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenhänge im gleichen Zeitraum bestenfalls; auch nach eigener Aussage weiß die Bevölkerung nur sehr wenig über die Einsätze der Bundeswehr (vgl. Fiebig/Pietsch 2009). Durch fehlendes Faktenwissen könnte die potenzielle Wirkung von Medienberichterstattung auf die Einstellungen in der Bevölkerung ansteigen, was angesichts meist negativer Berichterstattung über die Bundeswehr ein zusätzlicher Anhaltspunkt für eine Erosion der Akzeptanz von Einsätzen sein kann.
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Fiebig, R. (2012). Die Deutschen und ihr Einsatz – Einstellungen der Bevölkerung zum ISAF-Einsatz. In: Seiffert, A., Langer, P., Pietsch, C. (eds) Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93400-6_12
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