Zusammenfassung
In der soziologischen Debatte über das Verhältnis von Modernisierung und ethnisch-nationaler Differenzierung ist man sich weitgehend einig, dass die Prognosen der meisten soziologischen Großtheorien sich als falsch und ethnische Zuschreibungen sich als erstaunlich stabile Deutungsressourcen sozialer Wirklichkeit und zentrale Mechanismen gesellschaftlicher Strukturbildung erwiesen haben (vgl. Esser 1988; Nassehi 1990). Entgegen der Annahme, dass kollektive Vergemeinschaftungsformen entlang ethnischer und nationaler Grenzen im Verlauf der Durchsetzung funktionaler Differenzierung an Bedeutung und Bindungskraft verlieren würden, ist es offensichtlich, dass es (immer noch) zu ethnisch-nationalen Identifikationsprozessen und blutigen Konflikten kommt (vgl. Mann 2007). Gleichzeitig gehört es aber auch zu den Grundüberzeugungen moderner Gesellschaften, dass zugeschriebene Merkmale, wie die ethnische und nationale Zugehörigkeit, keine Relevanz bei der Zuweisung sozialer Positionen mehr haben dürfen. Entsprechend sind Diskriminierungen bzw. Ausschlüsse auf der Basis ethnischer oder nationaler Differenzen in unserer Gesellschaft legitimationspflichtig.
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Müller, M. (2010). Ethnische und funktionale Differenzierung Zur Relevanz ethnisch-nationaler Zuschreibungen im Profifußball. In: Müller, M., Zifonun, D. (eds) Ethnowissen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92449-6_16
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