Die Jugendhilfe (mit der Referenzgröße Jugendamt) steht, historisch geredet und die Entwicklung in Deutschland als Maßstab genommen, für einen von drei zentralen Problemkomplexen neben Gesundheit (Referenz: Gesundheitsamt) sowie Wirtschaft (Referenz: Wohlfahrtsamt/Sozialraum). Zugleich gilt: Die Theorie der Jugendhilfe gehört zum Kernbestand der Sozialpädagogik, vielen ist sie sogar ihr eigentlicher Inhalt. Wenn man dabei von der Engführung des Sozialpädagogikbegriffs absieht, welchen die letztgenannte Auslegung zur Voraussetzung hat, wird dagegen auch wenig einzuwenden sein. Denn seinem Ursprung bei Paul Natorp (1854-1924) zufolge bezieht sich der Begriff ‚Sozialpädagogik‘ zwar in einem sehr weiträumigen Sinn auf Anstrengungen, die darauf zielen, Prinzipien pädagogischen Erkennens und Handelns nutzbar zu machen zur Lösung und Gestaltung von Problemen, die sich aus der sozialen Frage ergeben (vgl. Niemeyer 2005, 89 ff.). Aber wir kennen auch den Ansatz Herman Nohls (1879- 1960), will sagen: die andere, die engere Definition seiner Kollegin Gertrud Bäumer (ebd., 125 ff.), der zufolge der Begriff Sozialpädagogik nicht ein „Prinzip“ bezeichne, dem die „gesamte Pädagogik“ unterstellt sei, sondern nur einen „Ausschnitt“: „alles, was Erziehung, aber nicht Schule und nicht Familie“ (Bäumer 1929, 3).
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Niemeyer, C. (2009). Sozialpädagogik als Theorie der Jugendhilfe.. In: Mührel, E., Birgmeier, B. (eds) Theorien der Sozialpädagogik – ein Theorie-Dilemma?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91970-6_13
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