Es hat lange Tradition, dass Kontroverse in der Luft liegt, wenn von Zweisprachigkeit (oder Mehrsprachigkeit) die Rede ist - und wie der Beitrag von Günther List in diesem Band zeigt, entzünden sich die Debatten nicht erst beim Nachdenken über Folgen, die Leben und Handeln in mehr als einer Sprache für Individuum und Gesellschaft besitzen (könnten), sondern schon beim Begriff an sich. Einen speziellen Zungenschlag erhielten die in der Kontroverse vertretenen Standpunkte mit der historischen Vorstellung, dass ein Staat - und mit ihm: alle ihm Angehörigen - „normalerweise“ einsprachig seien. In der Epoche der Gründung und Begründung des Nationkonzepts europäischer Prägung wird die Debatte über die Sprachigkeit der Menschen und des Staatswesens im Sinne ihrer untrennbaren Verbundenheit entfacht. Die Einsprachigkeit des Ganzen oder von Territorien im Ganzen gehört zu den Kerncharakteristika der Nationen nach diesem Konzept. Der Auskunft darüber, in welcher Sprache (oder welchen Sprachen) ein Mensch lebt, wird damit ein Bedeutungszusatz einverleibt: der des Bekenntnisses zu (s)einem Staat.
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Literatur
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© 2009 VS Verlag fÜr Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH
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Gogolin, I. (2009). Streitfall Zweisprachigkeit – The Bilingualism Controversy: Les Préludes. In: Gogolin, I., Neumann, U. (eds) Streitfall Zweisprachigkeit – The Bilingualism Controversy. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91596-8_1
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