Auszug
Wer die Frage nach dem Verhältnis von Sozialer Arbeit und Sozialpolitik aufwirrt, ist in der Regel an Abgrenzungen, an einer Profilierung des einen gegenüber dem anderen Bereich und damit an klaren Unterscheidungen interessiert. Allerdings: Wie Franz-Xaver Kaufmann bereits in einem frühen und grundlegenden Artikel hervorgehoben hat, sind die Begriffe Soziale Arbeit und Sozialpolitik selbst keineswegs so eindeutig, dass aus ihnen eine klare wechselseitige Verhältnisbestimmung ableitbar wäre (vgl. 1973, S. 87). Vielmehr erweist sich dieses Verhältnis als ambivalent, „wobei das Verhältnis bald als ein solches der Über- und Unterordnung, bald als ein solches der Konkurrenz, bald als ein solches der Komplementarität gesehen wird“ (1973, S. 87). Zwar lässt sich aus institutioneller Perspektive eine relativ einfache Unterscheidung zwischen beiden Bereichen markieren, in dem man sozialpolitische Institutionen von Institutionen der Sozialen Arbeit unterscheidet. Demzufolge wäre Soziale Arbeit das, was die kommunalen Jugend- und Sozialämter, ihre Einrichtungen und Dienste sowie die unterschiedlichen Säulen der freien Träger der Jugend- und Sozialhilfe betreiben, und als Sozialpolitik könnte das verstanden werden, was die Sozial- leistungsträger (Renten-, Unfall-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung) sowie die Parteien und Wirtschaftsverbände, das Parlament sowie die zuständigen Arbeits- und Sozialministerien tun. Allerdings wäre mit einer solchen vorwissenschaftlichen Unterscheidung noch nichts über wechselseitige Abhängigkeiten, funktionale Interdependenzen und mögliche Vereinnahmungen der einen durch die andere Seite ausgesagt. Darüber hinaus würde eine nähere Betrachtung zu Tage fördern, dass bestimmte Institutionen — so zum Beispiel die Wohlfahrtsverbände — zum einen als institutionelle Akteure der Sozialen Arbeit tätig sind, insofern sie soziale Dienste für bestimmte Bevölkerungsgruppen erbringen, zum anderen aber auch als sozialpolitische Interessenverbände tätig werden, in dem sie ihren verbandlichen Einfluss gegenüber der Ministerialbü- rokratie, der Legislative und der Exekutive geltend machen. Solche Lobby-Strategien können auch dazu dienen, Erfahrungen aus der praktischen sozialpädagogischen Arbeit in die Einflusssphäre der Sozialpolitik zu transformieren, und damit zum Gegenstand politischer Interessenauseinandersetzungen und Gesetzgebungsprozessen zu erheben.
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Literatur
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Olk, T. (2008). Soziale arbeit und sozialpolitik ߞ notizen zu einem ambivalenten verhältnis. In: Soziale Arbeit in Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90960-8_33
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