Zusammenfassung
In der Diskussion einer pädagogischer Fachöffentlichkeit, die sich dem Umstand kultureller und ethnischer Pluralität gegenübersieht und bestrebt ist, zu einer verbesserten Handlungsfähigkeit durch den Erwerb und die Bestärkung spezifischer Handlungsvermögen zu gelangen, ist „interkulturelle Kompetenz“ zu einem Schlüsselbegriff geworden. Gudrun Jakubeit und Karl Schattenhofer schreiben 1996 in einem mit „Fremdheitskompetenz“ überschriebenen Beitrag, dass Fortbildungen und Beratungen für Mitarbeiterinnen der sozialen Berufe seit Beginn der Arbeitsmigration in vielfältiger Weise angeboten werden.
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Notes
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„Nach einer inzwischen schon etwas überstrapazierten Metapher von Levi-Strauss verhalten sich die Akteure einer kulturellen Gemeinschaft wie die Mitglieder eines Orchesters, das seine musikalische Darbietung durch eine Partitur organisiert. Was in der Begegnung bewältigt werden muss, ist also das Aufeinandertreffen einer Art ’konzertierten Verhaltens’ nach Maßgabe unterschiedlicher ‚ Partituren’ und die Verfangenheit der Beteiligten in dem Versuch, gleichzeitig verschiedene ‚ kulturelle Stücke’ zur Aufführung zu bringen“ (Grosch/Leenen 1998, S.31).
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Der Trick ist der folgende: Benutzung des attraktiven Ausdrucks interkulturelle Kompetenz in einer Weise, die dem Wunsch nach technologischer Behebung von Mängeln zwar nicht entspricht, gleichwohl nur möglich ist, da dem Etikett technologische Phantasien zugeordnet sind.
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Kultur verstehe ich als faktische und imaginative Praxis der Erzeugung, Bewahrung und Veränderung von symbolischen Differenzen und sozialen Macht- bzw. Ungleichheitsverhältnissen. Und „Interkulturalität“ bezieht sich aufjene (auch imaginativen) Prozesse des Austauschs zwischen (Mitgliedern von) Lebensformen, in denen Differenz und Ungleichheit in einer vom Kontext der Begegnung präformierten Weise intersubjektiv relevant sind.
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Etwa: Unter welchen Bedingungen greifen Alltagssubjekte auf das pädagogisch und sozialwissenschaftlich zur Verfügung gestellte Deutungsangebot des „Kulturkonfliktes“ zur Beschreibung von intra- und interpersonellen Phänomenen in interkulturellen Zusammenhängen zurück?
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Nach Todorov (1985) kennt Europa seit der Entdeckung Amerikas und dem sich mit dieser Entdeckung stellenden Problem des Anderen zwei Modelle des Umgang mit dem Anderen. Das eine ist das Modell der Extinktion, das andere das der Assimilation.
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Mecheril, P. (2013). „Kompetenzlosigkeitskompetenz“. Pädagogisches Handeln unter Einwanderungsbedingungen. In: Auernheimer, G. (eds) Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität. Interkulturelle Studien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19930-6_2
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