Skip to main content

Von der bürokratischen Schulverwaltung zum Bildungsmanagement?

  • Chapter
Verwaltete Schule

Part of the book series: Educational Governance ((EDUGOV,volume 20))

Zusammenfassung

In der bildungssoziologischen Forschung sowie nun auch in der Educational Governanceforschung (vgl. Kussau/Brüsemeister 2007) werden Untersuchungsgegenstände im Kontext gesehen: Nicht die möglichst exakt für einen einzelnen Akteur nachzuweisenden Kompetenzen, wie sie Psychologen erfassen möchten, machen die „Qualität“ einer Leistungsproduktion aus, sondern wie ein Akteur zusammen mit anderen Akteuren – und teilweise gegen andere Akteure – diese Leistung überhaupt erbringen kann – oder daran gehindert wird. In dieser bildungssoziologischen Manier will ich nachfolgend einige Beobachtungsstationen zum Thema der Schulverwaltung durchlaufen. Zunächst benenne ich einige Grundeigenarten der bürokratischen Schulverwaltung (Kapitel 1). Obwohl entsprechende Forschungsnachweise fehlen, wird anschließend angesprochen, dass sich vermutlich diese Grundeigenarten in Reformen der Verwaltung durchhalten (Kapitel 2). Ein weiterer Aspekt betrifft die gesellschaftliche Verankerung der Verwaltung; als Teil der bürgerlichen Gesellschaft ist Selektion untrennbar in Verwaltungsleistungen eingebaut (Kapitel 3). Dies führt zu der Frage, ob nicht die Verwaltung bzw. die in sie eingehenden Berufe nicht „ganz normal“ als kämpfende soziale Felder begriffen werden müssen, wie es sie in jedem Bereich der Gesellschaft gibt (Kapitel 4). Dies lenkt zum Schluss den Blick wieder auf Veränderungen in der Umwelt von Verwaltungen, die in manchen Bereichen dazu zu führen scheinen, mit anderen Verwaltungen zusammen ein „integriertes Bildungsmanagement“ aufzubauen. In Frage steht jedoch, ob angesichts der bürokratischen Grundstruktur eine Verwaltung wirklich zu entsprechenden kommunikativen Leistungen fähig ist (Kapitel 5). Es geht also im Folgenden um eine ganze Reihe von Adressierungen: um Aufgaben der Gesellschaft, die sie an Verwaltungen adressiert; um Selbstadressierungen der Verwaltung im Zuge von Verwaltungsreformen; und speziell um Umwelterwartungen, die an Verwaltungen adressiert werden.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Similar content being viewed by others

Notes

  1. 1.

    Es ist klar, dass geschichtlich gesehen dieses Ideal einer flächendeckenden Verwaltung erst spät erreicht wurde, teilweise jedoch auch nie; dies gilt insbesondere für sog. unterentwickelte Länder, die nicht an einem zu viel, sondern an einem zu wenig an Verwaltung leiden, in dem Sinne, dass es in bestimmten Regionen überhaupt keine Verwaltungsleistungen gibt.

  2. 2.

    Den Hinweis auf die Generalisierungsfähigkeit der Verwaltung verdanke ich Jürgen Kussau. Diese Leistung der Verwaltung wird gerade im Vergleich zu Pilot- oder sonstigen Reformprojekten jedweder Art im Bildungsbereich deutlich, die von vornherein an ihrem Geburtsfehler leiden, nämlich nicht flächendeckend zu sein. Sowohl die Illusionen während der Projekte als auch das Absterben, die Folgenlosigkeit und die Nichtübertragbarkeit der meisten Reformprojekte in den Normalbetrieb rühren von diesem Faktum einer nicht von vornherein bedachten Generalisierung. – In der Generalisierungsfähigkeit der Verwaltung steckt insofern untrennbar Herrschaftsausübung, als sie mit der Selektion bestimmter Themen untrennbar einhergeht. Nicht alles, sondern etwas Bestimmtes, von dem bestimmte Akteure mehr, andere weniger Nutzen haben, wird in die Fläche generalisiert. Auf dem „Ticket“ geregelter Verfahren fahren nicht alle Akteure gleich mit. Organisationen (wie die Verwaltung eine ist) nehmen also nicht nur, wie es die systemtheoretische Perspektive sieht, Umweltverbindungen mit anderen Systemen auf, sondern sie tun dies gleichzeitig im Zuge von sozialen Schließungen. Die bürokratische Rationalität erheischt hierbei durch „geregelte Verfahren“ der Selektion hohe Legitimationswerte.

  3. 3.

    Nachfolgendes ist weitgehend entlehnt aus Kussau/Brüsemeister 2007, 79-82.

  4. 4.

    Diese Banalität hat nicht verhindert, sie jahrzehntelang, z.B. in der organisationssoziologischen Forschung, auszublenden; die Rückkehr der Organisation in die Gesellschaft musste in den Fachdisziplinen erst wieder massiv erstritten werden (vgl. Ortmann/Südow/Türk 2000).

  5. 5.

    Dies wird von der Politik z.B. durch einen abgestuften Bürgerstatus begleitet, der nur bestimmten Gruppen einen Bürgerstatus erlaubt; z.B. haben „EU-Bürger, Nicht-EU-Bürger, Flüchtlinge und Illegale“ (Mackert 1999, 171) unterschiedliche Aufenthaltsgenehmigungen und unterschiedliche Rechte auf Beschulung.

  6. 6.

    Diesen Begriff verwendete Moritz Rosenmund auf der gleichen Tagung.

  7. 7.

    Dies ergibt sich aus einer Synapse von qualitativen Interviews mit MitarbeiterInnen der Schulverwaltung auf verschiedenen Ebenen, vgl. Brüsemeister/Newiadomsky 2008.

  8. 8.

    Nachfolgendes ist entlehnt aus Brüsemeister 2009.

  9. 9.

    Diese Beobachtungen entstanden auf der 5. Fachtagung zum „Hessischen Referenzrahmen Schulqualität“, 25. und 26.2.2010.

  10. 10.

    Schulentwicklung und managerielle Fähigkeiten sollen mit in ein Programm aufgenommen werden, das dies von seiner Geburt her – das Schulegeben wird juristisch für alle Standorte in einer politischen Gebietskörperschaft ermöglicht – nicht vorsieht.

Literatur

  • Bähr, Konstantin (2006): Erwartungen von Bildungsadministrationen an Schulleistungstests. In: Kuper, Harm/Schneewind, Julia (Hg.): Rückmeldung und Rezeption von Forschungsergebnissen – Zur Verwendung wissenschaftlichen Wissens im Bildungssystem. Münster u.a.: Waxmann, 127–141.

    Google Scholar 

  • Baumert, Jürgen (1980): Aspekte der Schulorganisation und Schulverwaltung. In: Max-Planck- Institut für Bildungsforschung: Bildung in der Bundesrepublik Deutschland. Daten und Analysen. Reinbek: Rowohlt, 589–748.

    Google Scholar 

  • Benz, Arthur (2005): Verwaltung als Mehrebenensystem. In: Blanke, Bernhard/von Bandemer, Stephan/Nullmeier, Frank/Wewer, Göttrik (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS Verlag, 18–26.

    Chapter  Google Scholar 

  • Bogumil, Jörg/Grohs, Stephan/Kuhlmann, Sabine (2006): Ergebnisse und Wirkungen kommunaler Verwaltungsmodernisierung in Deutschland – Eine Evaluation nach zehn Jahren Praxiserfahrung, in: Politische Vierteljahreszeitschrift, Sonderheft 37, 151–184.

    Google Scholar 

  • Braun, Dietmar (2001): Regulierungsmodelle und Machtstrukturen an Universitäten. In: Stölting, Erhard/Schimank, Uwe (Hg.): Die Krise der Universitäten. Leviathan Sonderheft 20. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 243–262.

    Google Scholar 

  • Brüsemeister, Thomas (2009): Steuergruppen als Basis von Schulentwicklung – Zum Gewinn mehrdeutiger Akteure und loser Kopplung. In: Berkemeyer, Nils/Bonsen, Martin/Harazd, Bea (Hg.): Perspektiven der Schulentwicklungsforschung. Festschrift für Hans-Günter Rolff. Weinheim, Basel: Beltz, 103–117.

    Google Scholar 

  • Brüsemeister, Thomas/Newiadomsky, Martina (2008): Schulverwaltung – ein unbekannter Akteur? In: Langer, Roman (Hg.): ‚Warum tun die das?‘ Governanceanalysen zum Steuerungshandeln in der Schulentwicklung. Wiesbaden: VS Verlag, 73–93.

    Google Scholar 

  • Buschor, Ernst (1993): Zwanzig Jahre Haushaltsreform – Eine verwaltungswissenschaftliche Bilanz. In: Brede, Helmut/Buschor, Ernst (Hg.): Das neue öffentliche Rechnungswesen. Betriebswirtschaftliche Beiträge zur Haushaltsreform in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft, Bd. 133. Baden-Baden: Nomos, 199–269.

    Google Scholar 

  • Dubs, Rolf (1996a): Schule, Schulentwicklung und New Public Management. St.Gallen: Institut für Wirtschaftspädagogik.

    Google Scholar 

  • Dubs, Rolf (1996b): Schule und New Public Management. Beiträge zur Lehrerbildung, 14, 330–337.

    Google Scholar 

  • Fend, Helmut (2006): Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden.

    Google Scholar 

  • Heinelt, Hubert (2004): Governance auf lokaler Ebene. In: Benz, Arthur (Hg.): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag, 29–44.

    Chapter  Google Scholar 

  • Jann, Werner (2005): Neues Steuerungsmodell. In: Blanke, Bernhard/von Bandemer, Stephan/ Blanke/Nullmeier, Frank/Wewer, Göttrik (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS Verlag, 74–84.

    Chapter  Google Scholar 

  • Jann, Werner/Wegrich, Kai (2004): Governance und Verwaltungspolitik. In: Arthur Benz (Hg.): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag, 193–214.

    Chapter  Google Scholar 

  • KGSt (1993): Das Neue Steuerungsmodell. Begründung, Konturen, Umsetzung (KGSt-Bericht 5). Köln: Kommunale Geschäftsstelle für Verwaltungsvereinfachung.

    Google Scholar 

  • Knoepfel, Peter/Kissling-Näf, Ingrid (1993): Transformation öffentlicher Politiken durch Verräumlichung – Betrachtungen zum gewandelten Verhältnis zwischen Raum und Politik. In: Héritier, Adrienne (Hg.): Policy-Analyse. Kritik und Neuorientierung. Sonderheft 24 der Politischen Vierteljahresschrift. Opladen, 267–288.

    Google Scholar 

  • Kussau, Jürgen/Brüsemeister, Thomas (2007): Governance, Schule und Politik. Zwischen Antagonismus und Kooperation. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Lepsius, M. Rainer (2009): Interessen, Ideen und Institutionen. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Luhmann, Niklas (1996): Das Erziehungssystem und die Systeme seiner Umwelt. In: Niklas Luhmann/ Karl-Eberhard Schorr (Hg.): Zwischen System und Umwelt. Fragen an die Pädagogik. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 14–52.

    Google Scholar 

  • Mackert, Jürgen (1999): Kampf um Zugehörigkeit. Nationale Staatsbürgerschaft als Modus sozialer Schließung. Opladen, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

    Google Scholar 

  • Ortmann, Günther/Sydow, Jörg/Türk, Klaus (Hg.) (2000): Theorien der Organisation. Opladen: Westdeutscher Verlag.

    Google Scholar 

  • Radtke, Frank-Olaf/Hullen, Maren/Rathgeb, Kerstin (2005): Lokales Bildungs- und Integrationsmanagement. Bericht der wissenschaftlichen Begleitforschung im Rahmen der Hessischen Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt. Frankfurt am Main, Ms.

    Google Scholar 

  • Schedler, Kuno/Proeller, Isabella (2000): New Public Management. Bern u.a.: UTB Haupt.

    Google Scholar 

  • Tillmann, Klaus Jürgen/Witlof, Vollstädt (Hg.) (2001): Politikberatung durch Bildungsforschung. Das Beispiel: Schulentwicklung in Hamburg. Opladen: Leske und Budrich.

    Google Scholar 

  • Weber, Max (1964): Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie. Köln/Berlin: Kiepenheuer & Witsch.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Brüsemeister, T. (2012). Von der bürokratischen Schulverwaltung zum Bildungsmanagement?. In: Geiss, M., De Vincenti, A. (eds) Verwaltete Schule. Educational Governance, vol 20. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19469-1_11

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-19469-1_11

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-19468-4

  • Online ISBN: 978-3-531-19469-1

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

Publish with us

Policies and ethics