Zusammenfassung
In Deutschland gibt es zwischen (Aus-)Bildung und Sozialpolitik kaum Bezüge; bestenfalls werden Nach- und Weiterqualifizierung als den Arbeitsmarkt entlastend angesehen.1 Demgegenüber wurde in angelsächsischen Ländern unter social policy immer schon education und social security verstanden. Diese integrierte Sichtweise stand Pate für die angelsächsische Reform des Wohlfahrtsstaats gleich nach dem Zweiten Weltkrieg: Sie war zugleich massiv Bildungsreform (vgl. Marshall 1991, S. 33ff-den englischen Klassiker der Sozialpolitikforschung zur Zeit des Beveridge- Plans). In den USA hatte sich zudem schon im 19. Jahrhundert das Bildungswesen weit stärker und als eine Art Sozialstaatsersatz entwickelt (vgl. Heidenheimer 1981, S. 269ff.). Das wirkt sich noch heute in der Bildungspolitik als Standortvorteil aus. In Deutschland (und Frankreich) werden beide Bereiche ressortgebunden getrennt, und die Sozialreform wurde seit 1955 zunächst vorrangig auf den so genannten „Trichter“ der Rentenreform (vgl. Hockerts 1977, S. 341 ff) verengt, wobei eine nachholende Bildungsreform später-seit den siebziger Jahren-unabhängig von der Sozialpolitik einsetzte. Bis Mitte der neunziger Jahre war materielle „Armut“ zudem selbst in der amtlichen Sozialpolitik des Bundes tabu, wie die deutsche Haltung zu den Armutsprogrammen der EG über Jahrzehnte gezeigt hat: „Es gibt keine Armut in Deutschland.“ Erst in jüngerer Zeit wurde versucht, Bildungs- und Sozialpolitik zusammen zu sehen, allerdings eher erfolglos (vgl. Allmendinger 1999, S. 155ff, Allmendinger/Leibfried 2002).
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Allmendinger, J., Leibfried, S. (2005). Bildungsarmut. In: Opielka, M. (eds) Bildungsreform als Sozialreform. Perspektiven der Sozialpolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91642-6_4
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