Skip to main content
Log in

Untersuchung des Bewegungssehens fixiert fliegender Bienen

  • Published:
Zeitschrift für vergleichende Physiologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Es wurde eine Apparatur entwickelt, die es erlaubt, von fixiert fliegenden Insekten ausgeübte Drehmomente nach Richtung und Stärke zu messen. Mit ihr wurde die optomotorische Reaktion der Biene in der senkrechten Drehtrommel untersucht (Abb. 1–4 und 7).

  1. 1.

    Der maximale Abstand, über den Bewegungsreize wahrgenommen werden, beträgt in horizontaler Richtung 7–8° (etwa drei Ommatidienbreiten). Die von Hecht und Wolf (1929) aufgestellte Hypothese der Adaptation des Bienenauges auf Grund unterschiedlicher Schwelle der Ommatidien kann nicht aufrecht erhalten werden, da sie die Aufnahme von Bewegungsreizen zwischen Ommatidien fordert, die bis zu 47° voneinander entfernt sind.

  2. 2.

    Wurde durch einen feststehenden Zylinder mit senkrechten Schlitzen der Biene nur in bestimmten Abständen Ausblick auf das bewegte Muster aus gleichbreiten schwarzen und weißen Streifen gewährt, so änderte sich die Reaktionsrichtung in Abhängigkeit von der Periodenlänge des Musters. Die Gesetzmäßigkeit, mit der Reaktionen in Richtung und gegen die Richtung der objektiven Musterbewegung erfolgten, wird diskutiert (Abb. 8 und 9).

  3. 3.

    Reaktionskurven auf veränderliche Winkelgeschwindigkeit periodischer Muster verschiedener Grundwellenlänge überstrichen einen Geschwindigkeitsbereich von zwei bis drei Zehnerpotenzen. Je größer die Grundwellenlänge, in desto höheren Geschwindigkeitsbereichen lagen die Reaktionskurven. Maximale Reaktionen erfolgten stets beim gleichen Verhältnis von Winkelgeschwindigkeit zu Grundwellenlänge, d.h. einer gleichen Helligkeitswechsel-Frequenz von 8–10 Hz (Abb. 10 und 11).

  4. 4.

    Ein Muster mit sinusförmigem Helligkeitsverlauf führte bei variabler Geschwindigkeit zu einer weniger als halb so hohen Reaktionskurve gleicher Form und Lage auf der Geschwindigkeitsskala wie ein regelmäßiges Schwarz-Weiß-Muster gleicher Periodenlänge (Abb. 12).

  5. 5.

    Überlagerung zweier Helligkeitsverteilungen verschiedener Periodizität rief Reaktionen hervor, die sich nicht ausschließlich durch eine Überlagerung der auf jede einzelne dieser Helligkeitsverteilungen erfolgten Reaktionen beschreiben ließen. Dies machte eine Wechselwirkung zwischen verschieden frequenten Fourier-Komponenten der gebotenen Helligkeitsverteilung bei der Auswertung der Bewegungsreize wahrscheinlich (Abb. 13 und 14).

  6. 6.

    Die Bewegung einer statistisch zufälligen Helligkeitsverteilung führte zu Mitreaktionen in einem Geschwindigkeitsbereich von zwei bis drei Zehnerpotenzen (Maximum bei 200°/sec). Die Form der Kurve glich der, wie sie auch auf die Bewegung periodischer Helligkeitsverteilungen zustandegekommen war (Abb. 15).

  7. 7.

    Linear wachsende Helligkeitsunterschiede in gleichschnell bewegten Mustern führten zu einem annähernd quadratischen Anstieg der Reaktion (Abb. 17).

  8. 8.

    Erhöhung der Beleuchtungsstärke ließ die Reaktionen bis zu einem konstanten Endwert anwachsen, der vom Verhältnis des Helligkeitsunterschiedes zur Beleuchtungsstärke bestimmt wurde (Abb. 18 und 19).

  9. 9.

    Mit wachsender Beleuchtungsstärke verschob sich das Optimum der Bewegungswahrnehmung zu höheren Helligkeitswechsel-Frequenzen.

  10. 10.

    Grauflächen, die vor einem Hintergrund aus hellen und dunklen Streifen rotierten, riefen schwache Gegenreaktionen hervor (Abb. 21).

  11. 11.

    Die Unterschiede der Reaktionsstärke von Biene zu Biene beruhten nicht auf einer verschiedenen Auswertung der in das Zentralnervensystem gelangenden Meldungen, sondern auf einer individuell verschieden starken Übersetzung der Auswertungsergebnisse in die Reaktion (Abb. 22 und 23).

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Literatur

  • Autrum, H., u. M. Stoecker: Die Verschmelzungsfrequenzen des Bienenauges. Z. Naturforsch. 5b, 38–43 (1950).

    Google Scholar 

  • Baumgärtner, H.: Der Formensinn und die Sehschärfe der Bienen. Z. vergl. Physiol. 7, 56–143 (1928).

    Google Scholar 

  • Buddenbrock, W. v., u. I. Moller-Racke: Untersuchungen über die Optomotorik und die retinalen Bildverschiebungen bei den Kornkäfern Calandra oryzae und Calandra granaria. Zool. Jb., Abt. allg. Zool. u. Physiol. 65, 219–236 (1954).

    Google Scholar 

  • Fraenkel, G.: Untersuchungen über die Koordination von Reflexen und automatisch-nervösen Rhythmen bei Insekten. I. Die Flugreflexe der Insekten und ihre Koordination. Z. vergl. Physiol. 16, 371–391 (1932).

    Google Scholar 

  • Frisch, K. v.: Der Farbensinn und Formensinn der Biene. Zool. Jb. 35, 1 (1914).

    Google Scholar 

  • Gaffron, M.: Untersuchungen über das Bewegungssehen bei Libellenlarven, Fliegen und Fischen. Z. vergl. Physiol. 20, 299–337 (1934).

    Google Scholar 

  • Gavel, L. v.: Die „kritische Streifenbreite“ als Maß der Sehschärfe bei Drosophila melanogaster. Z. vergl. Physiol. 27, 89–135 (1940).

    Google Scholar 

  • Hassenstein, B.: Wandernde geometrische Interferenzfiguren im Insektenauge. Naturwissenschaften 37, 45–46 (1950).

    Google Scholar 

  • —: Ommatidienraster und afferente Bewegungsintegration. Z. vergl. Physiol. 33, 301–326 (1951).

    Google Scholar 

  • —: Über die Wahrnehmung von Figuren und unregelmäßigen Helligkeitsmustern. Z. vergl. Physiol. 40, 556–592 (1958).

    Google Scholar 

  • —: Die Stärke von optokinetischen Reationen auf verschiedene Mustergeschwindigkeiten. Z. Naturforsch. 13b, 1–6 (1958).

    Google Scholar 

  • —: Optokinetische Wirksamkeit bewegter periodischer Muster. (Nach Messungen am Rüsselkäfer Chlorophanus viridis.) Z. Naturforsch. 14b, 659–674 (1959).

    Google Scholar 

  • —, u. W. Reichardt: Systemtheoretische Analyse der Zeit-, Reihenfolgen- und Vorzeichenauswertung bei der Bewegungsperzeption des Rüsselkäfers Chlorophanus. Z. Naturforsch. 11b, 513–524 (1956).

    Google Scholar 

  • Hecht, S., and E. Wolf: The visual acuity of the honeybee. J. gen. Physiol. 12, 727–760 (1929).

    Google Scholar 

  • Heran, H.: Versuche über die Windkompensation der Bienen. Naturwissenschaften 42, 132–133 (1955).

    Google Scholar 

  • - Fluggeschwindigkeitswahrnehmung der Honigbiene. Verh. Dtsch. Zool. Ges. in Graz, S. 331–338, 1957.

  • Hertz, M.: Über figurale Intensitäten und Qualitäten in der optischen Wahrnehmung der Biene. Biol. Zbl. 53, 10–40 (1933).

    Google Scholar 

  • —: Zur Physiologie des Formen- und Bewegungssehens. Z. vergl. Physiol. 20, 430–449 (1933); 21, 579–603 (1934); 21, 604–615 (1934).

    Google Scholar 

  • Küpfmüller, K.: Die Systemtheorie der Nachrichtenübertragung. Stuttgart: S. Hirzel 1949.

    Google Scholar 

  • Mittelstaedt, H.: Zur Analyse physiologischer Regelungssysteme. Verh. Dtsch. Zool. Ges. in Wilhelmshaven, S. 150–157, 1951.

  • Portillo, J. Del: Beziehungen zwischen den Öffnungswinkeln der Ommatidien, Krümmung und Gestalt der Insektenaugen und ihrer funktionellen Aufgaben. Z. vergl. Physiol. 23, 100–145 (1936).

    Google Scholar 

  • Reichardt, W.: Autokorrelationsauswertung als Funktionsprinzip des Zentralnervensystems. Z. Naturforsch. 12b, 448–457 (1957).

    Google Scholar 

  • Schaller, F.: Die optomotorische Komponente bei der Flugsteuerung der Insekten. Zool. Beitr. 5, 483–496 (1960).

    Google Scholar 

  • Stellwaag, F.: Wie steuern die Insekten während des Fluges? Boil. Zbl. 36, 30–44 (1916).

    Google Scholar 

  • Truxal, D.: Control Engineers Handbook. New York: Mc. Graw Hill 1958.

    Google Scholar 

  • Wolf, E.: Das Verhalten der Bienen gegenüber flimmernden Feldern und bewegten Objekten. Z. vergl. Physiol. 20, 151–161 (1933).

    Google Scholar 

  • —: The visual intensity discrimination of the honeybee. J. gen. Physiol. 16, 407–421 (1933).

    Google Scholar 

  • —: On the relation between measurement of intensity discrimination and of visual acuity in the honeybee. J. gen. Physiol. 16, 773–786 (1933).

    Google Scholar 

  • —: Critical frequency of flickers as a function of illumination and of visual acuity in the honeybee. J. gen. Physiol. 17, 9–19 (1934).

    Google Scholar 

  • -, and G. Zerrahn-Wolf: The dark adaptation of the honey bee. J. gen. Physiol. 19 (1936).

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Additional information

Mit Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Kunze, P. Untersuchung des Bewegungssehens fixiert fliegender Bienen. Zeitschrift für vergleichende Physiologie 44, 656–684 (1961). https://doi.org/10.1007/BF00341335

Download citation

  • Received:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF00341335

Navigation