Die Bedeutung der Modulation von Zytokinsystemen für erwünschte und unerwünschte Wirkungen psychotroper Substanzen

Zusammenfassung

Bis heute sind die Wirkmechanismen psychotroper Substanzen nicht vollstän-dig bekannt. Die mit der Entdeckung der ersten Antipsychotika und Antide-pressiva formulierte Neurotransmitterhypothese [1] kann zwar einzelne erwünschte und unerwünschte Wirkungen psychotroper Substanzen erklären, sie ist jedoch nicht suffizient, alle Effekte auf dieser Basis abzuleiten. Auch ist es bisher nicht gelungen, auf dieser Basis die klinische Wirkung neuer Substanzen sicher vorherzusagen. Andere als die unmittelbar Neurotransmitter-gebunde- nen Wirkmechanismen sind daher wahrscheinlich. Unerwünschte Wirkungen, wie Fieber und Blutbildveränderungen, unter der Behandlung mit dem in den späten 1960er Jahren eingeführten Antipsychotikum Clozapin [12] lassen erstmals an Immunmodulation im Zusammenhang mit erwünschten und unerwünschten Wirkungen psychotroper Substanzen denken. Erste Ergebnisse aus dem humanexperimentellen Endotoxinmodell, in dem durch Endotoxin eine reproduzierbare dosisabhängige und zeitlimitierte proinflammatorische Immunaktivierung produziert wird, wiesen dann in den frühen 1990er Jahren darauf hin, dass auch komplexe Verhaltensweisen wie Nachtschlaf, Sedierung/Vigilanz sowie „Sickness Behavior“, durch Zytokine und deren lösliche Rezeptoren moduliert werden können [17]. Insbesondere mit der klinischen Einführung weiterer sogenannter atypischer Antipsychotika in den letzten Jahren hat die unerwünschte Wirkung der Gewichtszunahme mit ihren metabolischen Konsequenzen weitere Aufmerksamkeit erregt und die Frage nach ihrer Genese aufgeworfen.