Zusammenfassung
In meinem Beitrag will ich zeigen, dass und warum eine deutlichere Subjektorientierung im Politik- bzw. Sozialkundeunterricht produktive Möglichkeiten des Umgangs mit politischen Fragen für beide Geschlechter initiiert. Nach meiner Einschätzung bleibt im herkömmlichen Unterricht die implizite, aber stabile Erwartungshaltung aller Beteiligten, dass Jungen (nicht als einzelne, aber als soziale Gruppe) stärker und Mädchen (ebenso als soziale Gruppe) weniger an Politik interessiert seien, unangetastet, weil in diesem Unterricht überwiegend das politische Selbstverständnis und die politischen Erfahrungen von Männern im Mittelpunkt stehen. Die Ausblendung von Geschlechterbeziehungen und -erfahrungen in der Fachdidaktik verhilft dem Unterricht zu seiner androzentrischen Ausrichtung mit der Folge, da der ‚heimliche Lehrplan der Geschlechtererziehung‘ — d.h. die subtile Reproduktion von Geschlechterstereotypen und -hierarchien — die relative Distanz von Mädchen zu Fragen der Politik verfestigt oder verstärkt1. Mädchen und Frauen sehen sich in ihrer Einschätzung, ‚unpolitisch‘ zu sein bestätigt, und überlassen die Machtpositionen in der Gesellschaft bereitwillig den Männern2.
Mit dem Betreten des öffentlichen Raumes von Frauen wird dessen häufig geleugnete männliche Definition erst deutlich. (Margit Brückner)
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Hoppe, H. (2000). Subjektorientierung: Chance für mädchen- und jungengerechten Politik- bzw. Sozialkundeunterricht. In: Oechsle, M., Wetterau, K. (eds) Politische Bildung und Geschlechterverhältnis. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11076-7_11
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