Bundeskanzler Kohl — Baumeister Europas?

Zusammenfassung

Die beiden zurückliegenden Dekaden waren ereignisreiche Jahre für die europäische Integration. Sie fielen mit ihren wichtigsten Entwicklungen in die Regierungszeit Kohls (1982–1998), eines Politikers, der die Einigung Europas immer wieder zu seiner vornehmsten Aufgabe gemacht hat. Was liegt folglich näher als in ihm den „Baumeister Europas“² zu sehen?

Angesichts der politischen Bedeutung der Europapolitik ist es erstaunlich, daß ihr von seiten der deutschen Politikwissenschaft kaum Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der folgende Beitrag versteht sich in der Tat als „Randbemerkungen“, weil er sich im wesentlichen auf die kursorische Lektüre von Dokumenten und der verfügbaren Sekundärliteratur und nicht auf eigene systematische Forschung stützt. Für die Zuarbeit danke ich Birgit Hellmann und Silvia Kronschnabl. In Mannheim haben wir uns in den zurückliegenden Jahren lediglich einem Ausschnitt aus der deutschen Europa-Debatte gewidmet. In vergleichender Perspektive wurde untersucht, wie sich die Vorstellungen über eine legitime politische Ordnung Europas in den Mitgliedstaaten gewandelt haben; vgl. Jachtenfuchs/Diez/Jung 1998 sowie eine vorausgehende Studie von Diez 1995.