FormalPara Zusammenfassung

Für die geplanten Krankenhausreform zur „Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen“ und das begleitende Krankenhaus-Transparenzgesetz ist die Verfügbarkeit und Darstellung geeigneter Qualitätsinformationen essentiell. Der Gesetzgeber zielt neben der Sicherstellung einer finanzierbaren Versorgung darauf ab, die Versorgungsqualität in der Krankenhausplanung der Länder ausreichend zu verankern und Patientinnen und Patienten, wie generell die Bevölkerung insgesamt, zu relevanten Qualitätsunterschieden ausreichend zu informieren. Der vorliegende Beitrag verdeutlicht, dass evidenzbasierte Informationen, die Qualitätstransparenz schaffen, breit vorhanden sind. Für viele häufige oder komplexe stationäre Behandlungsanlässe existieren seit Jahren aussagekräftige Daten zur Behandlungsqualität der Kliniken. Der Beitrag gibt zum einen einen Überblick über diese Datenbestände, ihren Umfang und Informationsgehalt. Zum anderen wird für Herzinfarkt, Brustkrebs, Knie-Endoprothetik und Ösophagus- und Pankreaschirurgie beispielhaft aufgezeigt, welche Qualitätsaussagen sich aus den bestehenden Daten ableiten lassen und dass es in diesen Versorgungsbereichen persistierende Qualitätsprobleme gibt, die mit einer fehlenden Spezialisierung und Zentralisierung zusammenhängen.

The availability and presentation of suitable quality information is essential for the hospital reform planned in Germany to “improve the quality of care in hospitals and reform remuneration structures” and the accompanying Hospital Transparency Act. In addition to ensuring affordable care, the legislator aims to adequately anchor the quality of care in the hospital planning of the federal states and to provide patients, as well as the population in general, with sufficient information on relevant differences in quality. This article shows that evidence-based information that creates quality transparency is widely available. For many common or complex inpatient treatment occasions, meaningful data on the quality of treatment in hospitals have been available for years. The authors provide an overview of these data sets, their scope and information content. Secondly, for heart attacks, breast cancer, knee endoprosthetics and oesophageal and pancreatic surgery, examples are given of the quality statements that can be derived from the existing data. It becomes obvious that due to a lack of specialisation and centralisation, there are persistent quality problems in these areas of care.

1 Einleitung

Die von der Bundesregierung geplanten Gesetze, die avisierte Krankenhausreform zur „Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen“ (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)) und das Krankenhaustransparenzgesetz mit dem Ziel, die Qualität der Versorgung in den Krankenhäusern für Patientinnen und Patienten bzw. generell für die Bevölkerung transparenter zu machen, setzen fundierte Qualitätsinformationen voraus. Will man Qualität an eine leistungsgruppenbasierte Krankenhausplanung und -vergütung knüpfen, braucht es hierzu belastbare Qualitätsaussagen. Will man mit einem Transparenzportal Patientinnen und Patienten sowie Einweisenden selbstbestimmte und qualitätsorientierte Auswahlentscheidungen für stationäre Behandlungen ermöglichen, gilt dies gleichermaßen.

Die Ausgangslage bezüglich der Verfügbarkeit von Qualitätsdaten zur Krankenhausbehandlung ist in Deutschland sehr gut. Informationen zu Fallzahlen und Qualitätsinformationen zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität liegen seit vielen Jahren strukturiert und gesichert vor. Im Rahmen der Qualitätssicherung, des Qualitäts- und des klinischen Risikomanagements der Krankenhäuser werden diese wertvollen Daten generiert. So kann auf vielfältige existierende Datenbestände zurückgegriffen werden. Dazu zählen Fallzahl- und Strukturangaben aus den Strukturierten Qualitätsberichten, Angaben der Krankenhäuser zum Erreichen gesetzlich vorgeschriebener Mindestmengen, Zertifizierungsdaten, Daten der datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DEQS) sowie Routinedaten-basierte Qualitätsindikatoren und Patient Reported Outcome Measures (PROMs). Damit liegt eine Informationsbasis vor, die für die Planungsverantwortlichen in den Ländern nutzbar ist, deren Potenzial aber Weitem noch nicht erschlossen ist. Der Beitrag gibt einen Überblick über diese Datenbestände, ihren Umfang und Informationsgehalt und geht auf bestehende Limitationen ein. Zugleich stellt der Beitrag für die Beispiele Herzinfarkt, Brustkrebs, Knie-Endoprothetik und Ösophagus- und Pankreaschirurgie umfangreiche Daten zu regionalen Versorgungsgegebenheiten in den Krankenhäusern zur Verfügung. Diese verdeutlichen den Handlungsbedarf und geben den verantwortlichen Akteuren des Krankenhaussektors auf der Bundes- und Landesebene beispielhaft die Möglichkeit, Informationen zu Versorgungsdefiziten und zu den zum Teil erheblichen regionalen Unterschieden aufzugreifen.

2 Informationsquellen

Im Folgenden wird ein Überblick über bundesweite, routinemäßig und strukturiert vorliegende Informationsquellen zur Qualität von Krankenhausbehandlungen gegeben. Auf regionaler Ebene, für ausgewählte Klinikgruppen und Kliniken sowie für bestimmte Patientengruppen sind weitere Datenbestände vorhanden, insbesondere PROMs betreffend (Regierungskommission 2023). Sie entstehen häufig auf Basis des großen Engagements der Beteiligten im Qualitätsmanagement. Der Fokus der folgenden Übersicht liegt jedoch auf flächendeckend verfügbaren Qualitätsdaten, wie sie für eine bundesweite Qualitätstransparenz erforderlich sind.

2.1 Strukturierte Qualitätsberichte

Die Kliniken in Deutschland veröffentlichen seit 2005 zunächst alle zwei Jahre und seit 2015 jährlich strukturierte Qualitätsberichte. Dazu sind sie gemäß § 136b Abs. 1 Nr. 3 SGB V verpflichtet. Die zu berichtenden Inhalte legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Auftrag des Gesetzgebers in den Regelungen zum Qualitätsbericht der Krankenhäuser (Qb-R) fest. Die Berichte geben einen Überblick über die Strukturen, Leistungen und Qualität der Krankenhäuser. Gemäß § 11 Qb-R sind die vollständigen Berichte jährlich zu veröffentlichen, z. B. auf den Internetseiten der Krankenhäuser sowie auf der Referenzdatenbank des G-BAFootnote 1. Ausgewählte Daten der Qualitätsberichte fließen außerdem in verschiedene Kliniksuchmaschinen ein, die von KrankenkassenFootnote 2, der Deutschen KrankenhausgesellschaftFootnote 3 und PatientenorganisationenFootnote 4 betrieben werden. Die strukturierten Qualitätsberichte enthalten eine Vielzahl relevanter Qualitätsdaten, die für eine qualitätsorientierte Krankenhausplanung nutzbar sind. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt.

2.1.1 Behandlungshäufigkeiten/Fallzahlen

Die Behandlungshäufigkeit bzw. Fallzahl stellt für sich allein bereits einen unabhängigen Qualitätsindikator dar (Köster-Steinebach 2019). Für viele stationäre Behandlungsanlässe können aus den strukturierten Qualitätsberichten die entsprechenden Fallzahlen abgeleitet werden.

  • ICD-basierte Fallzahlen: Im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte wird pro Fachabteilung oder Organisationseinheit die Anzahl aller Hauptdiagnosen in ihrer vierstelligen ICD-10-Ziffer angegeben.

  • OPS-basierte Fallzahlen: Analog zu den ICD-Ziffern wird im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte pro Fachabteilung oder Organisationseinheit die Anzahl durchgeführter Prozeduren als endstellige OPS-Ziffer aufgeführt.

  • Fallzahlen aus der datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DEQS): Im Berichtsabschnitt C-1 der Qualitätsberichte werden Fallzahlen für solche Leistungen angegeben, die Gegenstand der datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung sind (DEQS-RL). In der Fassung vom 15.12.2022 umfasst die DEQS-RL 314 Qualitätsindikatoren aus insgesamt 15 Qualitätssicherungs-Verfahren, die bundesweit verpflichtend zu dokumentieren sind. Der überwiegende Teil der QI ist veröffentlichungspflichtig und kann somit genutzt werden, um aus dem Nenner (i.e. der sogenannten Grundgesamtheit) Fallzahlen stationärer Behandlungsanlässe abzuleiten.

  • Mindestmengenangaben: Für eine Reihe schwieriger Eingriffe, für die ein Zusammenhang zwischen Behandlungszahl und Behandlungsergebnis nachweisbar ist, hat der G-BA Mindestfallzahlen definiert. Aktuell gibt es Mindestmengenvorgaben für neun Behandlungsanlässe. Alle Kliniken sind verpflichtet, Fallzahlen zu mindestmengenrelevanten Behandlungen im Kapitel C-5 des SQB zu dokumentieren. Eine für die Krankenhausplanung sofort nutzbare Auflistung aller behandelnden Kliniken plus Anzahl mindestmengenrelevanter Behandlungsfälle werden beispielsweise vom IQTIGFootnote 5 und von der AOKFootnote 6 zur Verfügung gestellt. Im Unterschied zu den ICD-, OPS- und DEQS-basierten Fallzahlen werden bei den Mindestmengen auch Fallzahlen < 4 berichtet, die andernfalls unter die Datenschutzregelung fallen.

2.1.2 Prozess- und Ergebnisqualität

Angaben zur Prozess- und Ergebnisqualität der Kliniken gemäß DEQS-RL finden sich im Berichtsabschnitt C-1 der Qualitätsberichte. Wie bereits erwähnt, gibt es aktuell 15 Qualitätssicherungs-Verfahren mit mehr als 300 Qualitätsindikatoren, die ein breites Spektrum an Behandlungsprozessen und Behandlungsqualität abdecken. Auch diejenigen DEQS-Indikatoren, die als planungsrelevant einstuft sind, bilden z. T. Prozess- und Ergebnisqualität ab. Die entsprechenden Ergebnisse stellt das IQTIG als Klinikliste zur VerfügungFootnote 7.

2.1.3 Strukturqualität

Eine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung ist nur dann möglich, wenn die notwendigen indikationsspezifischen Behandlungsstrukturen vorliegen (z. B. personelle, apparative und räumliche Ausstattung). Angaben zu Behandlungsstrukturen liegen im SQB in verschiedenen Berichtsteilen vor, die hier exemplarisch dargestellt werden:

  • Fachabteilungen: Die in einem Krankenhaus verfügbaren Fachabteilungen sind im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte anhand von Fachabteilungsschlüsseln gemäß § 301 SGB V aufzulisten. Die Spezifikation der Fachabteilungsschlüssel ist online verfügbar.Footnote 8

  • Ärztliche Fachexpertise: Im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte sind für jede Fachabteilung bzw. Organisationseinheit des Krankenhauses aufzulisten, welche Facharztqualifikation und Zusatz-Weiterbildungen die dort tätigen Ärztinnen und Ärzte aufweisen. Basis für diese Angaben sind Auswahllisten; die dortigen Schlüssel orientieren sich an der Bundesärztekammer. Davon abweichende, insbesondere ältere Facharzt-Bezeichnungen sollen sinngemäß zugeordnet werden. Für die Facharztqualifikationen liegen im Berichtsjahr 2022 insgesamt 72 Auswahloptionen vor; für die Zusatz-Weiterbildungen sind es 74.

  • Apparative Ausstattung: Im Kapitel A-13 dokumentieren die Krankenhäuser, über welche apparative Ausstattung sie verfügen. Den Angaben liegt eine vordefinierte Auswahlliste zugrunde, die für das Berichtsjahr 2022 insgesamt 25 Geräte umfasst. Bei Auswahl eines solchen Geräts ist die Zusatzangabe verpflichtend, ob es täglich 24 Stunden zur Verfügung steht.

  • Medizinische Leistungsangebote: Im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte sind für jede Fachabteilung bzw. Organisationseinheit des Krankenhauses die dort angebotenen Versorgungsschwerpunkte zu dokumentieren. Dies beinhaltet auch Angaben zu komplexen Versorgungsstrukturen wie der bei Schlaganfall-Behandlungen wichtigen Stroke Unit. Auch für diese Angaben liegen Auswahllisten vor, die im Berichtsjahr 2022 die folgenden Fachdisziplinen abdecken: Augenheilkunde (VA), Chirurgie (VC), Dermatologie (VD), Gynäkologie und Geburtshilfe (VG), HNO (VH), Innere Medizin (VI), Neurologie (VN), Orthopädie (VO), Pädiatrie (VK), Psychiatrie/Psychosomatik (VP), Radiologie (VR), Urologie und Nephrologie (VU), Zahnheilkunde/Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (VZ), Sonstige medizinische Bereich (VX).

  • OPS-Angaben: Wie bereits oben erwähnt werden im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte pro Fachabteilung oder Organisationseinheit die Anzahl durchgeführter Prozeduren als endstellige OPS-Ziffern aufgeführt. Zum Teil lassen auch diese Angaben Rückschlüsse auf Versorgungsstrukturen zu. So sollten beispielsweise perkutane Koronarinterventionen (PCI) nur von Kliniken dokumentiert werden, die an ihrem Standort ein Herzkatheterlabor besitzen. Als weiteres Beispiel sei die neurologische Komplexbehandlung genannt, deren Kodierung und Abrechnung vom Medizinischen Dienst geprüft wird und die Strukturen einer Stroke Unit voraussetzt.

  • Komplexe Behandlungsstrukturen: Einige Angaben der Strukturierten Qualitätsberichte spiegeln Richtlinien-Vorgaben des G-BA und deren Mindestanforderungen wider. Zu nennen sind hier die Angaben der Krankenhäuser zur seit Mai 2018 geltenden stationären Notfallstufe im Berichtsabschnitt A-14. Die Notfallstufe wird in Abhängigkeit von der fachärztlichen und strukturellen Ausstattung der Klinik zugeteilt und lässt Rückschlüsse auf indikationsspezifische Strukturen für Notfallbehandlungen zu. Ein weiteres Beispiel sind die Angaben zu Perinatalzentren bzw. perinatalen Versorgungsschwerpunkten in Berichtsabschnitt C6, die über die Schlüssel CQ05 bis CQ07 dokumentiert werden und an eine Reihe von Mindestanforderungen gekoppelt sind.

2.2 Zertifizierungen

Das IQTIG definiert eine Zertifizierung unter Verweis auf DIN EN 45020 2005 als „ein Verfahren, nach dem eine dritte Seite schriftlich bestätigt, dass ein Produkt, ein Prozess oder eine Dienstleistung mit festgelegten Anforderungen konform ist“ (G-BA 2023). Im Gesundheitswesen ist die „dritte Seite“ häufig eine medizinische Fachgesellschaft, die Krankenhäuser oder andere Gesundheitseinrichtungen mit einem Qualitätssiegel bzw. Zertifikat auszeichnet, sofern bestimmte Mindestanforderungen erfüllt sind, die von der Fachgesellschaft als medizinisch oder qualitativ relevant eingestuft wurden. Das IQTIG hat für Deutschland insgesamt 95 einrichtungsbezogene Zertifikate und Qualitätssiegel identifiziert, 78 davon adressieren die stationäre Versorgung. Zu den „festgelegten Anforderungen“ dieser Zertifikate zählen bei 93,7 % der Zertifizierungsstellen Kriterien der Strukturqualität, bei 92,6 % Kriterien der Prozessqualität und bei 72,6 % Kriterien der Ergebnisqualität (G-BA 2023).

In der Entscheidungsfindung für eine Klinik können Zertifikate medizinischer Fachgesellschaften als bedeutsames Qualitätskennzeichen wahrgenommen werden, das Patientinnen und Patienten Orientierung bietet. Auch die Krankenhausplanung der Länder könnte Zertifizierungsinformationen nutzen, um eine stärkere Zentralisierung von Krankenhausbehandlungen bzw. Operationen in spezialisierten Kliniken mit guter Behandlungsqualität voranzutreiben. Die Vielzahl und Heterogenität der in Deutschland angebotenen Zertifikate erschwert jedoch deren Nutzung für qualitätsorientierte Auswahlentscheidungen. Der G-BA hat diese Problematik erkannt und das IQTIG im Jahr 2020 beauftragt, Kriterien zur Bewertung von Zertifikaten und Qualitätssiegeln zu entwickeln (G-BA 2020). Das Beauftragungsergebnis wurde im Dezember 2023 veröffentlicht und umfasst 17 vom IQTIG erarbeitete Bewertungskriterien aus vier Anforderungsgruppen. Zwar schloss der G-BA Auftrag explizit eine Bewertung der existierenden Zertifikate aus, für gesundheitspolitische Akteure sind die Beauftragungsergebnisse des IQTIG dennoch relevant, denn sie liefern a) eine Auflistung der 95 identifizierten Zertifikate im deutschen Gesundheitswesen und b) einen Kriterienkatalog, der die Grundlage für eine eigenständige Bewertung von Zertifikaten bilden kann.

Mit mehr als 1.200 Zertifikaten ist die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) aktuell der größte Zertifikatsherausgeber Deutschlands und wird daher im Abschn. 7.3.2 am Beispiel der DKG-zertifizierten Brustkrebszentren aufgegriffen. Außerdem erfüllen die DKG-Zertifikate ein Kriterium des IQTIG, das Befragungsergebnissen zufolge lediglich 12 % der Zertifikate erfüllen: Kriterium 1.5 – Evaluierung des Zertifizierungsprogramms. So konnte die WiZen-Studie (Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren) zeigen, dass die Überlebensraten von Krebspatientinnen und -patienten in zertifizierten Krankenhäusern besser sind als bei Behandlung in nicht zertifizierten Krankenhäusern – und zwar für alle elf untersuchten Krebsentitäten (Schmitt et al. 2023).

2.3 Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR)

QSR ist ein Ansatz zur Bewertung stationärer Versorgungsqualität. Auf der Grundlage bundesweit erhobener Abrechnungsdaten von AOK-Versicherten werden im AOK-Gesundheitsnavigator die QSR-Daten zur Behandlungsqualität aus 13 Leistungsbereichen klinikbezogen berichtet: Hüft- und Kniegelenks-Endoprothetik (einschließlich Hüft- und Knieprothesenwechsel), Hüftfraktur, Gallenblasen- und Blinddarmentfernungen, Verschluss von Leistenhernien, PCI bei Patientinnen und Patienten ohne Herzinfarkt, kathetergestützte Aortenklappen-Implantationen (TAVI), Mandeloperation sowie Eingriffe bei benignem Prostatasyndrom und Prostatakarzinom. Im AOK-Gesundheitsnavigator bilden sie die Grundlage für die Krankenhaussuche, die sich an Patientinnen und Patienten sowie Einweisende richtet. Zugleich können die QSR-Ergebnisse von Kliniken für das interne Qualitätsmanagement genutzt werden.

Neben der Indikationsqualität adressiert das QSR-Verfahren vorrangig die Ergebnisqualität von Krankenhäusern. Dafür werden die indikationsspezifischen Komplikationsraten und die Sterblichkeit der behandelten Patientinnen und Patienten im Langzeitverlauf erfasst. Die größte Herausforderung bei der Messung stationärer Ergebnisqualität mit Routinedaten ist es, Qualitätsindikatoren in der Systematik der Abrechnungskataloge zu definieren und Unterschiede im Risikoprofil der Behandlungsfälle angemessen zu berücksichtigen. Die Definition von QSR-Leistungsbereichen und -Qualitätsindikatoren sowie die Festlegung der Risikoadjustierung erfolgt daher in Abstimmung mit Expertenpanels. Zentrale Vorteile aller auf GKV-Routinedaten basierenden Qualitätsmessverfahren sind erstens die vollzählige Erfassung der betrachteten Patientengruppe und der Komplikationsereignisse während der Index- und Folgebehandlungen. Dabei können standardisierte Zeiträume der Nachbeobachtung unabhängig von sich stetig verkürzenden Liegezeiten im Krankenhaus angewendet werden. Zweitens wird das Krankenhauspersonal durch die sekundäre Nutzung der GKV-Routinedaten von Dokumentationstätigkeiten entlastet. Alle Informationen zu den QSR-Verfahren und den dafür genutzten Methoden sind auf der QSR-WebseiteFootnote 9 hinterlegt.

3 Die stationäre Versorgungsqualität ausgewählter Behandlungsanlässe

In diesem Abschnitt wird für fünf ausgewählte Behandlungsanlässe erläutert, wie sich die oben beschriebenen Informationsquellen nutzen lassen, um Daten zur stationären Versorgungsqualität zu erfassen. Fokussiert wird dabei auf die Operationalisierung von Fallzahlinformationen und deren Kombination mit weiteren relevanten Qualitätsindikatoren, deren Bedeutung kurz diskutiert wird. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll exemplarisch verdeutlichen, welche Qualitätsdaten öffentlich verfügbar sind, wie sich daraus Rückschlüsse auf Versorgungsqualität ziehen lassen und wie die Versorgungsrealität im Zeit- und Regionalvergleich aussieht.

3.1 Herzinfarkt

3.1.1 Hintergrund

Der Herzinfarkt ist ein lebensbedrohliches Ereignis, bei dem durch Verschluss eines Herzkranzgefäßes Herzmuskelgewebe minderdurchblutet wird und abstirbt. Mit 18.858 Todesfälle gehört der Herzinfarkt auch im Jahr 2022 erneut zu den häufigsten Todesursachen (Statistisches Bundesamt 2022). Die Wiedereröffnung verschlossener Herzkranzgefäße stellt die einzige kausale Therapie nach einem sogenannten ST-Hebungsinfarkt dar. Laut Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) sollte dies im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung mittels PCI erfolgen (Ibanez et al. 2018). Zwar gilt laut Leitlinie eine Obergrenze von 120 Minuten zwischen Diagnosestellung und Herzkatheteruntersuchung, aber eine Vielzahl an Studien zeigt, dass beim ST-Hebungsinfarkt (STEMI) jede Minute zählt. So steigt die Sterblichkeit der Betroffenen deutlich an, wenn zwischen Symptombeginn oder Klinikaufnahme und Koronarintervention zu viel Zeit vergeht (Yan et al. 2023). Außerdem verdoppelt sich die Sterblichkeit bei verzögertem Transfer von einer Klinik ohne Herzkatheterlabor (HKL) in eine Klinik mit HKL-Verfügbarkeit (Yamaguchi et al. 2022). Daher sollten STEMI-Patientinnen und -Patienten direkt in ein HKL gebracht werden; ein Umweg über die Notaufnahme, die Intensivstation oder über Kliniken ohne PCI-Kapazität kostet Menschenleben. Auch beim Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) empfiehlt die ESC eine invasive Abklärung mittels Herzkatheter, in Abhängigkeit vom Risikoprofil der Betroffenen jedoch mit zeitlich abgestufter Dringlichkeit (Collet et al. 2020). Da der Herzinfarkt allerdings erst in der Klinik sicher diagnostizierbar ist, sollte der Rettungsdienst bei jedem Verdacht auf Herzinfarkt eine Klinik mit HKL-Verfügbarkeit anfahren.

3.1.2 Qualitätsindikatoren

Fallzahl:

Die Fallzahl lässt sich über die Hauptdiagnose aus dem Berichtsabschnitt B erfassen. Die entsprechenden ICD-10-Schlüssel lauten I21 für den akuten Myokardinfarkt und I22 für den rezidivierenden Myokardinfarkt. Der akute Myokardinfarkt kann außerdem noch in STEMI (I21.0, I21.1, I21.2, I21.3) und NSTEMI (I21.4) untergliedert werden.

Weitere Qualitätsindikatoren:

Wichtigstes Strukturmerkmal zur Behandlung akuter Herzinfarkte ist das Vorhandensein eines HKL. Dieses dokumentieren die Kliniken im Berichtsabschnitt A-13 der Qualitätsberichte (AA69); inkl. Angabe zur 24/7-Verfügbarkeit. Weiterhin müssen alle Kliniken, die an der erweiterten Notfallversorgung, der umfassenden Notfallversorgung oder am Modul „Durchblutungsstörungen am Herzen“ teilnehmen, ein durchgängig verfügbares Herzkatheterlabor aufweisen. Die entsprechende Information findet sich im Berichtsabschnitt A-14. Auch mit Hilfe der im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte dokumentierten OPS-Codes zur PCI (OPS 8-837, 8-83d) kann die PCI-Kapazitäten der behandelnden Kliniken abgebildet werden. Ein wichtiger Prozessindikator ist die sogenannte „Door-to-Balloon“-Zeit, also die Zeit zwischen Krankenhausaufnahme und Notfall-PCI. Hier existiert in der DEQS der Qualitätsindikator ID 56003. Er erfasst den Anteil der STEMI-Patientinnen/-Patienten, deren verengte Herzkranzgefäße innerhalb von 60 Minuten rekanalisiert wurden. Über den Qualitätsindikator ID 56014 wird außerdem erfasst, ob das Erreichen des wesentlichen Interventionsziels bei PCI für die Indikation STEMI erfasst. Dieser Qualitätsindikator überprüft, ob das verengte Herzkranzgefäß durch die Ballondilatation erweitert und der Blutfluss zufriedenstellend wiederhergestellt werden konnte.

Anwendungsbeispiel:

Die stationäre Versorgungsqualität beim Herzinfarkt wird (Tab. 7.1) exemplarisch anhand der Kombination aus ICD-basierter Fallzahl und Strukturangaben aus den Qualitätsberichten dargestellt.

Tab. 7.1 Herzinfarktversorgung – Datenquelle und Operationalisierung von Fallzahl und Qualitätsindikator

3.1.3 Versorgungssituation

Im Jahr 2021 wurden den Qualitätsberichten zufolge rund 200.000 Herzinfarktfälle stationär behandelt. Die Versorgung fand in 1.308 Kliniken statt; 515 (39,4 %) davon ohne Möglichkeit einer Herzkatheteruntersuchung (Tab. 7.2). Die meisten dieser nicht adäquat ausgestatteten Kliniken wiesen weniger als 25 Behandlungsfälle auf (n = 314). Somit entfielen lediglich 6,2 % aller Herzinfarktbehandlungen auf Kliniken ohne HKL-Verfügbarkeit; mit einer seit Jahren sinkenden Tendenz. Absolut betrachtet wurden 2021 dennoch mehr als 12.000 Herzinfarkte in einer Klinik behandelt, in der keine Reperfusion des minderdurchbluteten Herzmuskels möglich ist. Das Bundesland, dessen Anteil an Herzinfarkt-behandelnden Kliniken ohne HKL-Verfügbarkeit um mehr als 20 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt liegt, ist das Saarland (Tab. 7.3). Auch der Anteil der Herzinfarktfälle, die in nicht adäquat ausgestatteten Kliniken behandelt wurden, liegt dort mit einer Differenz von 5 Prozentpunkten deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Dagegen stellt Hamburg wiederholt das Bundesland, das mit Abstand den geringsten Anteil behandelnder Kliniken ohne HKL-Verfügbarkeit und den geringsten Anteil der darin behandelten Herzinfarkte aufweist.

Tab. 7.2 Trends und Fallzahlabhängigkeit in der Herzinfarktversorgung – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach HKL-Verfügbarkeit
Tab. 7.3 Regionale Unterschiede in der Herzinfarktversorgung – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach HKL-Verfügbarkeit (2021)

3.1.4 Schlussfolgerungen

Insbesondere im Hinblick auf die zeitkritische Behandlung des STEMI ist es prinzipiell nicht akzeptabel, dass in Kliniken, die ohne adäquate Versorgungsstrukturen für die Behandlung akuter Herzinfarkte ausgestattet sind, jährlich noch immer ca. 12.000 Herzinfarktfälle behandelt werden. Diese Strukturen treten insbesondere in Kliniken mit geringen Fallzahlen auf. Erreichbarkeitsprobleme im ländlichen Raum mögen bei der Notfallbehandlung von Herzinfarkten eine besondere Herausforderung darstellen, sie sind jedoch nicht die alleinige Ursache für die seit Jahren existierenden Versorgungsdefizite. So gab es im Jahr 2021 insgesamt 85 deutsche Städte, in denen Herzinfarktbehandlungen in Kliniken ohne HKL stattfanden, obwohl in der gleichen Stadt mindestens eine weitere Klinik mit HKL-Struktur existierte. Auch in diesen Städten machen die Kliniken ohne HKL insgesamt 37,5 % aller behandelnden Kliniken aus. Bereits diese stark vereinfachende Berechnung, die noch keine detaillierteren Erreichbarkeitsanalysen zu Behandlungsstrukturen in benachbarten Städten berücksichtigt, zeigt das Verbesserungspotenzial in diesem Versorgungsbereich. Bereits im Qualitätsmonitor 2017 wurden Versorgungsdefizite bei der Herzinfarktversorgung kritisiert – und seit 2017 existieren die entsprechenden Qualitätsdaten zu Fallzahlen und HKL-Verfügbarkeit in den Strukturierten Qualitätsberichten. Diese Daten werden auf der Qualitätsmonitor-Webseite außerdem in aggregierter Form, als interaktive Grafiken und als Klinikliste angeboten.Footnote 10 Hier zeigt sich beispielsweise, dass der Anteil an Herzinfarkt-behandelnden Kliniken ohne HKL-Verfügbarkeit im Saarland im Zeitraum 2017 bis 2021 konstant um mindestens 20 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt lag. Die Länder, die an einer Verbesserung der Herzinfarktversorgung interessiert sind, könnten diese Daten nutzen, um die Notfallversorgung von Herzinfarkten zu zentralisieren und eine verbindliche Versorgungssteuerung zu implementieren. Dass dies möglich ist, zeigt Hamburg: Hier dürfen Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf einen akuten Herzinfarkt seit 2006 vom Rettungsdienst nur in Krankenhäuser mit dauerhaft verfügbarem HKL gebracht werden.

3.2 Brustkrebs

3.2.1 Hintergrund

In Deutschland erkranken jährlich ca. 70.000 Frauen erstmals an Brustkrebs (Robert Koch-Institut 2023). Die relative 10-Jahres-Überlebensrate liegt bei über 80 % und ist damit im Vergleich zu anderen Krebsarten recht hoch. Aufgrund der vielen Erkrankungsfälle stellt der Brustkrebs bei Frauen dennoch die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache dar. So verstarben im Jahr 2022 insgesamt 19.104 Menschen an Brustkrebs, 18.891 davon Frauen (Statistisches Bundesamt 2022).

Gemäß Nationalem Krebsplan, der im Jahr 2008 vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren initiiert wurde, sollen in Deutschland alle Krebserkrankten eine qualitativ hochwertige Versorgung erhalten. Bei Krebs erfordert dies einen auf die Erkrankung abgestimmten interdisziplinären und evidenzbasierten Ansatz. Hier setzt das Zertifizierungsprogramm der DKG an. DKG-zertifizierte onkologische Behandlungseinrichtungen müssen über ein etabliertes Qualitätsmanagementsystem verfügen und eine Reihe von Mindestanforderungen erfüllen. Beim Brustkrebs beinhaltet dies u. a. eine Mindestfallzahl für Primärfälle (mind. 100 für Erstzertifzierungen), Vorgaben zur Qualifikation und Behandlungserfahrung des medizinischen und pflegerischen Personals, Vorgaben zur medizintechnischen Ausstattung und zum gesamten Behandlungsablauf (prä-, peri- und poststationär). Da sich diese Anforderungen an evidenzbasierten Behandlungsleitlinien orientieren, kann das DKG-Zertifikat sowohl Betroffene als auch Einweisende bei der Auswahl geeigneter und qualitativ hochwertiger Versorgungsstrukturen unterstützen. Der WiZen-Studie zufolge lag bei Brustkrebs das Sterberisiko der in einem zertifizierten Krankenhaus behandelten Patientinnen um 23 % unter dem Sterberisiko der Patientinnen, deren Behandlung in einer nicht-zertifizierten Klinik stattfand (Schmitt et al. 2023).

3.2.2 Qualitätsindikatoren

Fallzahl:

Die operativen Behandlungsfälle lassen sich weder mit den ICD- noch mit den OPS-Angaben der Qualitätsberichte adäquat abbilden, da i) die Hauptdiagnose Brustkrebs (ICD-10 C50) beispielsweise auch bei Folgebehandlungen wie der Brustrekonstruktion kodiert werden kann und ii) der OPS-Code für die radikale Mastektomie (5-872) bei Transsexualismus. Im Krankenhausplan des Landes NRW definiert sich die Leistungsgruppe „Senologie“ über die Kombination aus ICD-10 C50 und den OPS-Codes 5-87 (exkl. 5-879), 5-404.0, 5-406.1 und 5-407.0. Eine solche Kombination ist sinnvoll, aber mit den Qualitätsberichtsdaten nicht möglich. Allerdings existiert das DEQS-Verfahren Mammachirurgie, aus dem sich die Anzahl operativer Ersteingriffe bei Brustkrebs über die Grundgesamtheit des Qualitätsindikators ID 51846 ableiten lässt. Diese Grundgesamtheit umfasst alle Patientinnen und Patienten mit Ersteingriff bei Primärerkrankung und Histologie „invasives Mammakarzinom (Primärtumor)“ oder „Duktuales Carcinoma in situ (DCIS)“.

Weitere Qualitätsindikatoren:

Im DEQS-Verfahren Mammachirurgie werden insgesamt 13 Qualitätsindikatoren ausgewiesen, die Indikationsstellung, Behandlungsprozesse und -ergebnisse bei Brustkrebsoperationen widerspiegeln. Drei dieser Indikatoren sind zudem als planungsrelevant eingestuft: QI 2163 (Primäre Axilladissektion bei DCIS), QI 52279 (Intraoperative Präparatradiografie oder intraoperative Präparatsonografie bei sonografischer Drahtmarkierung), QI 52330 (Intraoperative Präparatradiografie oder intraoperative Präparatsonografie bei mammografischer Drahtmarkierung). Einige Indikatoren des DEQS-Verfahrens sind auch bei den Qualitätskennzahlen enthalten, die die DKG für zertifizierte Brustkrebszentren definiert hat. Zu nennen ist hier beispielsweise die prätherapeutische histologische Diagnosesicherung (QI 51846). Als Voraussetzung für eine stadien- und leitliniengerechte Therapieplanung gilt daher sowohl bei der DKG als auch im DEQS-Verfahren die Vorgabe, dass bei mindestens 95 % aller Ersteingriffe aufgrund von primärem Mammakarzinom vor Behandlungsbeginn eine histologische Diagnosesicherung stattfinden sollte. Für insgesamt 23 Qualitätskennzahlen hat die DKG Sollvorgaben entwickelt, die in Kombination mit Struktur-, Prozess- und Personalvorgaben eine hohe Versorgungsqualität von Brustkrebsfällen gewährleisten und die sich an der interdisziplinären S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms orientieren. Daher ist das DKG-Zertifikat ein wichtiger und umfassender Qualitätsindikator für die Behandlung von Brustkrebspatientinnen und -patienten.

Anwendungsbeispiel:

Die stationäre Versorgungsqualität im Bereich Mammachirurgie wird im Folgenden exemplarisch anhand der Kombination aus Fallzahl und DKG-/ÄKzert-ZertifikatFootnote 11 dargestellt (Tab. 7.4). Anhand eines ausgewählten Qualitätsindikators aus dem DEQS-Verfahren Mammachirurgie wird außerdem die Nutzbarkeit von DEQS-Indikatoren für (regionale) Qualitätsbewertungen demonstriert.

Tab. 7.4 Brustkrebsversorgung – Datenquelle und Operationalisierung von Fallzahl und Qualitätsindikatoren

3.2.3 Versorgungssituation

In allen fünf Berichtsjahren wurden jeweils etwa 70.000 Brustkrebspatientinnen und -patienten operiert. Zugleich reduzierte sich die Anzahl operierender Kliniken von 635 im Jahr 2017 um ca. 11 % auf 564 im Jahr 2021 (Tab. 7.5). Von diesen Kliniken erreichten im Jahr 2021 380, also zwei Drittel, eine Fallzahl von mindestens 50 Operationen, was der Übergangs-Mindestmenge für das Jahr 2024 entspricht. Die ab 2025 geltende Mindestmenge von 100 Operationen konnten 305, d. h. 54 % der behandelnden Kliniken erreichen. Jede fünfte Klinik hatte weniger als 25 Brustkrebspatientinnen und -patienten.

Tab. 7.5 Trends und Fallzahlabhängigkeit in der Brustkrebsversorgung – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach zertifizierten Brustkrebszentren und nach Ergebnis des Qualitätsindikators „prätherapeutische histologische Diagnosesicherung“

Der Anteil der Brustkrebsoperationen, die in einer nicht-zertifizierten Klinik stattfanden, ist seit Jahren rückläufig und betrug im Jahr 2021 13,8 % (Tab. 7.5). Insgesamt wurden aber 10.142 Brustkrebsfälle in Kliniken ohne Zertifikat operiert. Diese Kliniken machen mit 42,6 % zugleich einen Großteil aller behandelnden Kliniken aus. In den östlichen Bundesländern lag dieser Anteil bei mindestens 50 %, wobei Brandenburg die jeweils größte Abweichung zum Bundesschnitt aufwies (Tab. 7.6). Hier betrug der Anteil nicht-zertifizierter Kliniken 62,5 %. In Berlin dagegen wurden alle Brustkrebsoperationen in zertifizierten Kliniken durchgeführt.

Tab. 7.6 Regionale Unterschiede in der Brustkrebsversorgung – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach zertifizierten Brustkrebszentren und nach Ergebnis des Qualitätsindikators „prätherapeutische histologische Diagnosesicherung“ (2021)

In Bezug auf die prätherapeutische histologische Diagnosesicherung verfehlte bundesweit etwa jede zehnte behandelnde Klinik das Qualitätsziel, bei mindestens 95 % aller Ersteingriffe den Brustkrebsbefund vor Behandlungsbeginn histologisch zu bewerten (Tab. 7.5). Die meisten rechnerischen Auffälligkeiten wiesen dabei Kliniken mit < 50 Behandlungsfällen auf. Im Regionalvergleich erreichten die Kliniken aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen das Qualitätsziel am seltensten (75,0 und 82,1 %; Tab. 7.6).

3.2.4 Schlussfolgerungen

Es existieren verschiedene Indikatoren, um die Versorgungsqualität im Bereich Mammachirurgie abzubilden. Anhand der Fallzahl, einem ausgewählten DEQS-Indikator sowie dem DKG-/ÄKzert-Zertifikat lässt sich bereits zeigen, dass trotz positiver Entwicklungen i) jede fünfte Klinik weniger als 25 Behandlungsfälle hat, ii) mehr als 10.000 Eingriffe in nicht-zertifizierten Kliniken durchgeführt werden und iii) erhebliche regionale Unterschiede bei den Behandlungsprozessen existieren. Auf der Qualitätsmonitor-WebseiteFootnote 12 werden die entsprechenden Daten als interaktive Grafiken und als Klinikliste für einen 5-Jahres-Zeitraum (aktuell 2017–2021) zur Verfügung gestellt.

Diese und weitere Qualitätsdaten aus der DEQS (u. a. drei planQI) liegen seit Jahren vor und wären für eine qualitätsorientierte Krankenhausplanung nutzbar. Allein über verbindliche Vorgaben zur Mindestfallzahl wäre eine Zentralisierung und Qualitätsverbesserung seit Jahren geboten; hier hätten die Länder bereits aktiv werden können, zumal die Mindestmengenregelung in vollem Umfang erst ab 2025 greifen wird. Die meisten Bundesländer haben die Geltung der planQI per Landesrecht ausgeschlossen. Jedoch fehlen in den Ländern oftmals alternative Vorgaben für eine hohe Versorgungsqualität. Die von den Ländern ausgewiesenen onkologischen Zentren scheinen zu keiner ausreichenden Zentralisierung der Brustkrebsoperationen zu führen. Am Beispiel von Brandenburg, wo immerhin 63 % der behandelnden Kliniken nicht zertifiziert sind, wird klar, dass die Vorgaben im Krankenhausplan z. T. zu unspezifisch sind. So weist Brandenburg zwar sieben onkologische Zentren aus, drei davon verfügen jedoch für keine einzige Tumorentität über ein DKG-Zertifikat, sodass eine Qualitätsbewertung nach DKG-Kriterien nicht möglich ist. Außerdem verzichtet Brandenburg im Krankenhausplan explizit auf eine weitere Untergliederung der onkologischen Zentren in indikationsspezifische Organkrebszentren. Das hat zur Folge, dass lediglich drei der sechs DKG-zertifizierten Brustkrebszentren des Landes als onkologisches Zentrum ausgewiesen sind. Insgesamt liegt im Bereich der Brustkrebschirurgie sehr viel Verbesserungspotenzial, denn allein durch die Konzentration der Erstbehandlung von Brustkrebs auf DKG-zertifizierte Krankenhäuser könnten einer aktuellen Potenzialanalyse zufolge deutschlandweit jährlich mehr als 3.500 Lebensjahre gerettet werden (Regierungskommission 2023).

3.3 Implantation von Kniegelenks-Endoprothesen

3.3.1 Hintergrund

Im Jahr 2022 wurden laut DRG-Statistik insgesamt 199.527 Kniegelenks-Endoprothesen (Knie-TEPs) implantiert. Die häufigste Ursache für den künstlichen Gelenkersatz ist ein durch Verschleißerscheinungen zerstörtes Kniegelenk. Diese Form der Arthrose, die sogenannte Gonarthrose, bereitet den Betroffenen Schmerzen und schränkt die Mobilität des Kniegelenks ein. Dementsprechend zielt eine Knie-TEP auf Schmerzreduktion und Wiederherstellung der Funktionalität und Mobilität des Kniegelenks ab.

Für die Implantation von Knie-TEPs hat der G-BA bereits im Jahr 2006 eine Mindestmenge von 50 Eingriffen pro Klinik festgelegt. Aufgrund der Klage eines Krankenhauses wurde diese Mindestmenge zwischen 2011 und 2014 vorübergehend ausgesetzt; das Bundessozialgericht befand jedoch, dass eine Abhängigkeit der Ergebnisqualität von der erbrachten Behandlungsfallzahl gegeben und die bestehende Mindestmenge hinreichend mit wissenschaftlichen Belegen untermauert sei. In einer aktuellen Meta-Analyse der zu diesem Thema veröffentlichten Studien waren höhere Klinik-Fallzahlen mit einer geringeren Sterblichkeit der behandelten Patientinnen und Patienten sowie leicht gesenkten Re-Hospitalisierungsraten assoziiert (Kugler et al. 2022). In zwei Rapid Reports des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen zu Mindestfallzahlen in der Kniegelenkendoprothetik konnte jeweils ein Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Behandlungsqualität zugunsten höherer Leistungsmenge abgeleitet werden (IQWiG 2022a, 2022b). Auch im Rahmen des oben erwähnten QSR-Verfahrens wurde bereits mehrfach ein Zusammenhang zwischen Behandlungsfallzahl und -ergebnis gezeigt. So sind bei Kliniken mit niedrigen Fallzahlen höhere Revisions- und niedrigere Überlebensraten zu beobachten als in Kliniken mit hohen Fallzahlen (Jeschke et al. 2016, 2017a, 2017b).

3.3.2 Qualitätsindikatoren

Fallzahl:

Die Anzahl an Knie-TEPs pro Klinik lässt sich über mehrere Quellen ermitteln. Zu nennen ist zum einen die im Abschnitt C-5.1 dokumentierte Mindestmenge. Eine alternative Erfassung der Fallzahl ist über den OPS-Code 5-822 (Implantation einer Endoprothese am Kniegelenk) bzw. über die in der Mindestmengen-Richtlinie definierten OPS-Codes möglich. Über die OPS-Codes können auch Kliniken und deren Fallzahl ermittelt werden, die trotz Berichtspflicht keine Angabe zu mindestmengenrelevanten Knie-Operationen gemacht haben. Eine dritte Möglichkeit zur Fallzahlbestimmung bilden die DEQS-Indikationen aus dem QS-Verfahren Knie-Endoprothesenversorgung (QS KEP). So bildet z. B. die Grundgesamtheit des Qualitätsindikators 54123 alle Patientinnen und Patienten ab 18 Jahren mit elektiver Knieendoprothesen-Erstimplantation unter Ausschluss von Polytrauma-Fällen ab.

Weitere Qualitätsindikatoren:

Im DEQS-Verfahren QS KEP werden derzeit zehn Qualitätsindikatoren und eine Transparenzkennzahl erfasst, die die Indikationsqualität für Knie-TEP bzw. Endoprothesen-Wechsel erfassen. Außerdem gibt es Klinikergebnisse zur Krankenhaussterblichkeit, zu Komplikationen im intra- und postoperativen Verlauf und zu Beweglichkeit bzw. Gehunfähigkeit bei Entlassung. Daten zur Ergebnisqualität nach Knie-TEP liefert auch das QSR-Verfahren, das im Vergleich zum DEQS-Verfahren den Vorteil hat, Komplikationen der Patientinnen und Patienten über eine sehr lange Zeitspanne zu berücksichtigen. Zu nennen sind hier die risikoadjustierten Indikatoren „Revisionsoperation innerhalb von 365 Tagen“ und „Chirurgische Komplikationen innerhalb von 365 Tagen“. Auch Behandlungsstrukturen können als Qualitätskriterium für die Krankenhausplanung eingesetzt werden. So orientiert sich die neu in Nordrhein-Westfalen eingeführte Planungssystematik für den Leistungsbereich „Orthopädie und Unfallchirurgie“ an der fachärztlichen Kompetenz. Um Leistungen aus der Leistungsgruppe „Endoprothetik Knie“ erbringen zu dürfen, müssen Kliniken in Nordrhein-Westfalen zukünftig drei Fachärztinnen/Fachärzte mit Schwerpunkt „Orthopädie und Unfallchirurgie“ beschäftigen. Inwiefern Kliniken diese fachärztliche Kompetenz aufweisen, lässt sich über die Qualitätsberichtsangaben aus dem Abschnitt B ermitteln. Der entsprechende Schlüssel lautet AQ10. Über die Schlüssel ZF41 und ZF43 lassen sich zudem Zusatzweiterbildungen zur speziellen orthopädischen Chirurgie und zur speziellen Unfallchirurgie erfassen. Ein komplexeres Strukturmerkmal, das neben Mindestfallzahlen u. a. auch fachärztliche Mindestvorgaben umfasst, ist das Zertifikat der EndoCert GmbH.

Anwendungsbeispiel:

Die stationäre Versorgungsqualität bei Knie-TEP wird im Folgenden exemplarisch anhand von Mindestmengenangaben aus den Qualitätsberichten und Qualitätsindikatoren aus dem QSR-Verfahren dargestellt (Tab. 7.7). Wie im Abschn. 7.2.3 erwähnt, basiert das QSR-Verfahren auf einem relativen Bewertungssystem, bei dem per Definition jeweils 20 % aller Kliniken als qualitativ über- oder unterdurchschnittlich eingestuft werden. Auf eine Darstellung von Zeitreihen wird daher verzichtet.

Tab. 7.7 Knie-TEP-Versorgung – Datenquelle und Operationalisierung von Fallzahl und Qualitätsindikatoren

3.3.3 Versorgungssituation

Im Jahr 2021 wurden in 951 Kliniken insgesamt 131.558 Knie-TEPs implantiert (Tab. 7.8). Somit blieb die Anzahl operierender Kliniken im Vergleich zu 2017 nahezu unverändert, während die Fallzahl um ca. 10 % sank. Zugleich reduzierte sich der Anteil der Kliniken, die die Mindestmenge von 50 erreichten, von 92,0 % im Jahr 2017 auf 83,5 % im Jahr 2021. Im Regionalvergleich unterschritten in Bayern anteilig die meisten und in Thüringen die wenigsten Kliniken die Mindestmenge (28,7 % vs. 3,4 %; Tab. 7.9). Für 112 der 157 Kliniken, die bundesweit weniger als 50 Behandlungsfälle aufwiesen, lag eine positive Prognose vor, d. h. für diese Kliniken ist im Jahr 2022 zu erwarten, dass sie die Mindestmenge erreichen. Bei lediglich acht Kliniken mit unterschrittener Mindestmenge existierte ein Votum der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung (Daten nicht gezeigt).

Tab. 7.8 Trends in der Implantation von Knie-TEPs – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Mindestmengenangabe und Ausnahmetatbestand
Tab. 7.9 Regionale Unterschiede in der Implantation von Knie-TEPs – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Mindestmengenangabe und Ausnahmetatbestand (2021)

Da das QSR-Verfahren aus methodischen Gründen auf Kliniken beschränkt ist, die über drei Jahre hinweg mindestens 30 AOK-Fälle aufweisen, liegen Daten zu QSR-Ergebnissen nicht für alle behandelnden Kliniken vor. Für die 879 Kliniken mit QSR-Ergebnis im Jahr 2021 zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Behandlungsfallzahl und -ergebnis (Tab. 7.10). So stieg der Anteil der Kliniken, die beim QSR-Gesamtindikator bzw. bei Revisionseingriffen überdurchschnittliche Qualität aufwiesen, von 11,4 % bzw. 13,2 % bei Fallzahlen unterhalb der Mindestmenge auf 35,5 % bzw. 34,8 % bei Fallzahlen von mindestens 150. Zwischen den Bundesländern variierte der Anteil an Kliniken mit überdurchschnittlicher Qualität beim QSR-Gesamtindikator zwischen 6,7 % in Hamburg und 33,3 % in Schleswig-Holstein (Tab. 7.11). Auch in Bezug auf Revisionsoperationen wiesen Hamburg mit 6,7 % und Schleswig-Holstein mit 45,8 % anteilig die wenigsten bzw. meisten überdurchschnittlich bewerteten Kliniken auf.

Tab. 7.10 Implantation von Knie-TEPs – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Ergebnis der QSR-Indikatoren „Gesamtindikator“ und „Revisions-OP“ in Abhängigkeit von der Fallzahl (2021)
Tab. 7.11 Regionale Unterschiede bei der Implantation von Knie-TEPs – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Ergebnis der QSR-Indikatoren „Gesamtindikator“ und „Revisions-OP“ (2021)

3.3.4 Schlussfolgerungen

Knie-TEPs sind in aller Regel planbare Eingriffe. Während der Covid-19-Pandemie wurden die Operationen vielfach auf Patientenwunsch oder um stationäre Behandlungskapazitäten für Covid-19-Fälle freizuhalten verschoben. Dies zeigt sich in deutlich geringeren Fallzahlen in den Jahren 2020/2021 im Vergleich zu 2017 bis 2019. Sowohl der Fallzahlrückgang als auch die pandemiebedingte Anpassung der Mindestmengenregelung dürften Gründe dafür sein, dass der Anteil der Kliniken mit mindestens 50 Knie-TEPs 2020/2021 um ca. neun Prozentpunkte unter dem Vor-Pandemie-Niveau lag. Zur Bewertung der Versorgungssituation und für die Krankenhausplanung sind die Mindestmengen-Angaben der Pandemiejahre somit nicht geeignet.

Die Qualitätsmessung im Rahmen des QSR-Verfahrens hat sich als robust gegenüber potenziell verzerrenden Pandemie-Effekten gezeigt (Jeschke und Günster 2022). So setzte sich auch während der Covid-19-Pandemie der positive Trend in der Behandlungsqualität nach Implantation von Knie-TEPs fort: Die risikoadjustierten Revisionsraten sanken im betrachteten 5-Jahres-Zeitraum kontinuierlich von 3,15 % auf 2,92 % und die Rate der Gesamtkomplikationen reduzierte sich von 4,79 % auf 4,12 % (QSR-Verfahren 2023). Das QSR-Verfahren veröffentlicht seit mehr als zehn Jahren klinikbezogene Qualitätsergebnisse für ausgewählte Leistungsbereiche. Dabei bietet die aggregierte Einstufung in Kliniken mit überdurchschnittlicher, durchschnittlicher und unterdurchschnittlicher Qualität ein einfach verständliches und intuitives Bewertungssystem für Patientinnen und Patienten sowie Einweisende, das jedoch auch für regionale Qualitätsvergleiche nutzbar ist, wie die vorliegenden Auswertungen zeigen. Außerdem bestätigen die aktuellen Daten erneut, dass die bisherige Mindestmenge von 50 eher niedrig ist. Sowohl beim Revisionsindikator als auch beim QSR-Gesamtindikator zeigt sich, dass der Anteil der Kliniken mit überdurchschnittlicher Behandlungsqualität über die Fallzahlgruppen deutlich steigt – und zwar weit über die bestehende Mindestmenge hinaus. Zu einer ähnlichen Einschätzung kam kürzlich die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung im Rahmen einer Potenzialanalyse. Auf der Grundlage der bestehenden Evidenz berechnete sie, dass durch eine weitere Anhebung der Mindestmenge auf 100 Knie-TEPs jährlich etwa 200 Revisionseingriffe vermieden werden könnten (Regierungskommission 2023).

3.4 Ösophagus-Eingriffe

3.4.1 Hintergrund

Komplexe Eingriffe an der Speiseröhre, die häufig im Zusammenhang mit Krebserkrankungen notwendig sind, stellen an den Operateur und das gesamte Behandlungsteam höchste Anforderungen. Der inverse Zusammenhang zwischen der Anzahl an Ösophagus-Eingriffen in einem Krankenhaus und Komplikations- bzw. Sterblichkeitsraten der dort behandelten Patientinnen/Patienten ist schon viele Jahre bekannt und wurde in mehreren Meta-Analysen bestätigt (Markar et al. 2012; Rahouma et al. 2023). Daher existieren in vielen Ländern Mindestmengen für diese Eingriffe, so z. B. in Dänemark (80–100 je Klinik), Frankreich (30), Großbritannien (60) und Österreich (10) (Vogel et al. 2019). In Deutschland galt bis 2022 eine im europäischen Vergleich niedrige Mindestmenge von zehn Eingriffen pro Jahr, die im Jahr 2016 dennoch mehr als 40 % der operierenden Kliniken unterschritten (Drogan und Günster 2019). Ab 2023 wird die Mindestmenge verbindlich auf 26 Eingriffe angehoben. Sofern diese Vorgabe praktisch umgesetzt wird, ist mit einer mehr als 25 %igen Reduktion der Krankenhaussterblichkeit nach krebsbedingten Ösophagus-Eingriffen zu rechnen, wie Auswertungen deutscher Krankenhausdaten nahelegen (Nimptsch und Mansky 2018).

3.4.2 Qualitätsindikatoren

Fallzahl:

Fallzahlen zu komplexen Ösophagus-Eingriffen sind in den Strukturierten Qualitätsberichten in zwei Berichtsabschnitten dokumentiert. Das sind zum einen die Mindestmengen-Angaben im Berichtsabschnitt C-5.1, die verpflichtend zu dokumentieren sind. Zum anderen liegen im Berichtsabschnitt B die entsprechenden OPS-Angaben je Fachabteilung oder Organisationseinheit vor. Die der Mindestmengen-Richtlinie entsprechenden OPS-Codes lauten aktuell 5-423.0/1/2/3, 5-424.0/10/11/12/2, 5-425.0/1/2, 5-426.01/02/03/04/0x/11/12/13/14/1x/21/22/23/24/2x, 5-427.01/02/03/04/0x/11/12/13/14/1x, 5-438.01/02/03/04/05/0x/11/12/13/14/15/1x.Footnote 13 Hierbei ist zu beachten, dass die Angaben der Kliniken im Mindestmengen-Kapitel teilweise von den OPS-Angaben abweichen, obwohl in beiden theoretisch die gleichen Fallzahlen dokumentiert sein sollten (Drogan und Günster 2019). Außerdem lassen sich die Fallzahlen nicht auf Krebspatientinnen/-patienten eingrenzen.

Weitere Qualitätsindikatoren:

Als Strukturindikator kann die Personalausstattung der Kliniken genutzt werden, die in den Qualitätsberichten erfasst wird. So wäre für Kliniken, die komplexe Ösophagus-Operationen durchführen, eine Fachärztin/ein Facharzt für Viszeralchirurgie mit Zusatzweiterbildung für spezielle Viszeralchirurgie zu fordern. Beide Angaben sind im Berichtsabschnitt B der Qualitätsberichte mit den Schlüsseln AQ13 und ZF49 hinterlegt. Diese personelle Anforderung stellt auch die DKG an viszeralonkologische Zentren sowie die DGAV an Zentren, die sich auf die Chirurgie des Magens und der Speiseröhre spezialisiert haben. Auch die neue leistungsgruppenbasierte Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen fordert für die Durchführung komplexer Ösophagus-Eingriffe die oben genannte fachärztliche Expertise. Als „komplexer“ Qualitätsindikator, an den Mindestfallzahlen und Mindestanforderungen in Bezug auf Fachpersonal, apparative Ausstattung und Behandlungsprozesse gebunden sind, könnte außerdem das oben genannte DGAV-Zertifikat genutzt werden. Das DKG-Zertifikat für viszeralonkologische Zentren stellt ausschließlich für diejenigen Kliniken einen relevanten Qualitätsindikator dar, die komplexe Ösophagus-Eingriffe im Zusammenhang mit Krebserkrankungen durchführen, da diese Eingriffe idealerweise in Krebszentren behandelt werden sollten. Allerdings werden die im Abschnitt „Fallzahl“ genannten OPS-Codes auch bei Nicht-Krebserkrankungen dokumentiert.

Anwendungsbeispiel:

Die stationäre Versorgungsqualität bei komplexen Ösophagus-Eingriffen wird im Folgenden am Beispiel von Mindestmengenangaben aus den Qualitätsberichten dargestellt (Tab. 7.12). Ergänzend wird der Ausnahmetatbestand ausgewertet, der die Unterschreitung der Mindestmenge begründet.

Tab. 7.12 Ösophagus-Eingriffe – Datenquelle und Operationalisierung von Fallzahl und Ausnahmetatbestand

3.4.3 Versorgungssituation

Zwischen 2017 und 2021 hat sich die Anzahl operierender Kliniken von 286 auf 247 und die der Behandlungsfälle von 4.386 auf 4.108 reduziert (Tab. 7.13). Circa zwei Drittel der behandelnden Kliniken haben 2018 und 2019 die damalige Mindestmenge von zehn erreicht, davor und danach lag dieser Anteil bei 60 bis 64 %. Die ab 2023 geltende Mindestmenge von 26 Ösophagus-Eingriffen erreichten im Jahr 2021 insgesamt 38 Kliniken (15,4 %). Im betrachteten Untersuchungszeitraum war die größte Veränderung bei denjenigen Kliniken zu beobachten, die unterhalb der Mindestmenge Ösophagus-Eingriffe durchgeführt haben. Deren Gesamtanteil hat sich zwar nur marginal geändert, im Hinblick auf den Ausnahmetatbestand fand jedoch eine deutliche Verschiebung statt. So sank der Anteil der Kliniken, die ohne Ausnahmetatbestand weniger als zehn Operationen durchgeführt haben, von 13,6 % im Jahr 2017 auf 0,8 % im Jahr 2021. Zugleich stieg der Anteil der Kliniken mit Ausnahmetatbestand von 24,8 % auf 38,9 %. Eine ähnliche Tendenz ist bei den Behandlungsfällen zu beobachten: Zwischen 2017 und 2021 wurden relativ stabil ca. 10 % aller Operationen in einer Klinik mit < zehn Behandlungsfällen durchgeführt. Dabei sank der Anteil der Behandlungsfälle aus Kliniken ohne Ausnahmetatbestand von 3,6 % auf 0,1 %, während parallel dazu der Anteil der Behandlungsfälle aus Kliniken mit Ausnahmetatbestand von 5,4 % auf 10,1 % stieg. Bei lediglich drei Kliniken lag als Begründung für die Unterschreitung der Mindestmenge ein entsprechendes Votum der Landesbehörde zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung vor. Im Vergleich der Bundesländer zeigt sich eine erhebliche Varianz. So wiesen im Pandemiejahr 2021 Berlin (50,0 %), Bremen (50,0 %) und Bayern (53,3 %) den niedrigsten Anteil an Kliniken auf, die die Mindestmenge erfüllten, während Brandenburg mit 100 % und Mecklenburg-Vorpommern mit 83,3 % den Bundesdurchschnitt deutlich überschritten (Tab. 7.14).

Tab. 7.13 Trends bei komplexen Ösophagus-Eingriffen – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Mindestmengenangabe und Ausnahmetatbestand

3.4.4 Schlussfolgerung

Bereits im Jahr 2006 lag der Anteil der Kliniken, die weniger als zehn komplexe Ösophagus-Eingriffe durchführten, bei 43 % (de Cruppé et al. 2014). Fünfzehn Jahre später, im Jahr 2021, bietet sich noch immer das gleiche Bild. Aufgrund der Covid-19-Pandemie lässt sich jedoch nicht bewerten, ob in diesem Versorgungsbereich tatsächlich keine qualitätsfördernde Entwicklung stattgefunden hat. Es ist nicht auszuschließen, dass temporäre Überlastungssituation von Kliniken, Umverteilung von Behandlungsfällen und die Änderung der Mindestmengenregelung in den Jahren 2020/2021 mögliche Zentralisierungstrends bei den Ösophagus-Eingriffen überlagert haben. Eine Neubewertung der Versorgungssituation wird eventuell mit den Qualitätsberichtsdaten des Jahres 2022 möglich sein. Die Sondersituation während der Pandemie darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Bereich der Mindestmengen für Ösophagus-Eingriffe seit vielen Jahren ein ausgeprägtes Qualitätsdefizit besteht, was nicht auf fehlende Transparenz zurückzuführen ist. Sowohl die Mindestmengenangaben aus den Qualitätsberichten als auch die wissenschaftliche Evidenz zu Volume-Outcome-Zusammenhängen hätten von den Ländern verstärkt für Zentralisierungsbemühungen genutzt werden können, um die Versorgungsqualität zu verbessern und die Sterblichkeit nach Ösophagus-Eingriffen zu senken. Die stabile Rate an Kliniken, die komplexe Ösophagus-Eingriffe als „Gelegenheitschirurgie“ betreiben, weist hier auf fehlende Bemühungen zumindest im Vor-Pandemie-Zeitraum hin.

Tab. 7.14 Regionale Unterschiede bei komplexen Ösophagus-Eingriffen – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Mindestmengenangabe und Ausnahmetatbestand (2021)

3.5 Pankreas-Eingriffe

3.5.1 Hintergrund

Etwa zwei Drittel aller komplexen Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse (d. h. Pankreas) sind auf bösartige Neubildungen zurückzuführen; und hier vorrangig auf das Pankreaskarzinom. Mit etwa 20.000 Neuerkrankungen im Jahr 2020 gehört das Pankreaskarzinom zu den selteneren Krebserkrankungen. Aufgrund der hohen Aggressivität beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate jedoch nur 11 %. Damit nimmt das Pankreaskarzinom sowohl bei Männern als auch bei Frauen Platz 4 der krebsbedingten Todesursachen ein (Robert Koch-Institut 2023). Zugleich ist der Zusammenhang zwischen Behandlungsfallzahl und Behandlungsergebnis bei den komplexen Pankreaseingriffen seit vielen Jahren bekannt und wissenschaftlich gut belegt (Gooiker et al. 2011). Eine aktuelle Bewertung der Studienlage zeigt, dass die Sterblichkeit, die postoperative Morbidität und die sogenannte Failure-to-Rescue-Rate signifikant von der Fallzahl abhängen (Ratnayake et al. 2022). Für die komplexen Pankreas-Eingriffe gilt in Deutschland aktuell eine Mindestmenge von zehn Operationen, die im Rahmen einer Übergangsregelung im Jahr 2024 auf 15 angehoben wird. Ab 2025 müssen Kliniken den Nachweis über mindestens 20 Eingriffe erbringen. Im internationalen Vergleich ist dieser Wert noch immer niedrig. So gelten beispielsweise in Frankreich Mindestfallzahlen von 30, während Dänemark und Großbritannien pro Klinik 80–100 Eingriffe fordern (Vogel et al. 2019). Einer Auswertung deutscher Krankenhausdaten zufolge könnte die Sterblichkeit nach krebsbedingten Pankreas-Eingriffen durch die Anhebung der Mindestmenge von zehn auf 29 um ca. 25 % gesenkt werden (Nimptsch und Mansky 2018). Außerdem liegt die Sterbewahrscheinlichkeit von Betroffenen mit Pankreaskrebs, die in einem DKG-zertifizierten Krebszentrum behandelt wurden, um 12 % niedriger als bei Behandlung in einer nicht-zertifizierten Klinik (Schmitt et al. 2023). Für DKG-zertifizierte viszeralonkologische Zentren gelten neben einer Mindestfallzahl von 25 Primärfällen mit Pankreaskarzinom eine Reihe weiterer Vorgaben zu Behandlungsstrukturen und -prozessen.

3.5.2 Qualitätsindikatoren

Fallzahl:

Die Fallzahl für komplexe Pankreas-Eingriffe kann aus zwei Quellen der Strukturierten Qualitätsberichte abgeleitet werden. Zum einen ist dies die Mindestmengen-Angabe im Berichtsabschnitt C-5.1. Zum anderen liegen im Berichtsabschnitt B die entsprechenden OPS-Angaben je Fachabteilung oder Organisationseinheit vor. Die der Mindestmengen-Richtlinie entsprechenden OPS-Codes lauten aktuell 5-523.0/1/2/x, 5-524.00/01/02/1/2/3/4, 5-525.0/1/2/x, 5-527.3.Footnote 14 Hierbei ist zu beachten, dass die Angaben der Kliniken im Mindestmengen-Kapitel teilweise von den OPS-Angaben abweichen, obwohl in beiden theoretisch die gleichen Fallzahlen dokumentiert sein sollten (Drogan und Günster 2019). Außerdem lassen sich die Fallzahlen nicht auf die Hauptdiagnose Pankreaskarzinom eingrenzen.

Weitere Qualitätsindikatoren:

Für die Pankreas-Eingriffe existiert kein DEQS-Modul, aus dem sich Ergebnis-, Prozess- oder Strukturindikatoren ableiten ließen. Das Zertifikat der DGAV könnte als „komplexer“ Qualitätsindikator genutzt werden, an den Mindestfallzahlen und Mindestanforderungen in Bezug auf Fachpersonal, apparative Ausstattung und Behandlungsprozesse gekoppelt sind. Im Gegensatz zum Zertifikat der DKG existiert für das DGAV-Zertifikat jedoch noch kein Nachweis eines Behandlungsvorteils. Das DKG-Zertifikat für viszeralonkologische Zentren ist dagegen nicht als Qualitätsindikator für die komplexen Pankreas-Eingriffe geeignet, da diese Operationen nicht ausschließlich im Rahmen von Krebserkrankungen durchgeführt werden. Dementsprechend stellt das Fehlen eines DKG-Zertifikats kein Qualitätsdefizit dar, sofern eine Klinik die Eingriffe ausschließlich bei Behandlungsfällen ohne Krebs durchführt. Dagegen lässt sich die notwendige fachärztliche Expertise gut mit den SQB-Daten abbilden. Sowohl die DKG- und DGAV-Zertifikate als auch die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen fordern für die Durchführung komplexer Pankreas-Eingriffe die Anstellung von Fachärzten/Fachärztinnen für Viszeralchirurgie mit Zusatzweiterbildung für spezielle Viszeralchirurgie. Sofern eine Klinik über diese fachärztliche Expertise verfügt, ist dies im Berichtsabschnitt B über die Schlüssel AQ13 und ZF49 zu dokumentieren.

Anwendungsbeispiel:

Die stationäre Versorgungsqualität bei komplexen Pankreas-Eingriffen wird im Folgenden exemplarisch anhand von Mindestmengenangaben und dem bei Unterschreitung der Mindestmenge dokumentierten Ausnahmetatbestand aus den Qualitätsberichten dargestellt (Tab. 7.15).

Tab. 7.15 Pankreas-Eingriffe – Datenquelle und Operationalisierung von Fallzahl und Ausnahmetatbestand

3.5.3 Versorgungssituation

Fallzahlen bei komplexen Pankreas-Eingriffen wurden im Jahr 2021 von insgesamt 462 Kliniken im Rahmen der Mindestmengenangaben dokumentiert; 363 davon (78,6 %) erreichten die Mindestfallzahl von zehn Behandlungsfällen (Tab. 7.16). Dieser Wert bewegt sich seit 2017 auf einem ähnlichen Niveau. Gleiches gilt für die Behandlungsfälle. Im Jahr 2021 wurden 11.751 der insgesamt 12.196 Eingriffe (96,4 %) in einer Klinik durchgeführt, die die gesetzliche Mindestmenge erreichte; in den Vorjahren waren es zwischen 96,4 und 96,7 %. Wie auch bei den komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus war der deutlichste Trend im Zeitraum von 2017 bis 2021 nicht beim Erreichungsgrad der Mindestmenge zu beobachten, sondern bei der Dokumentation von Ausnahmetatbeständen, die die Unterschreitung der Mindestmenge seitens der Kliniken begründen. Während 2017 noch 8,4 % aller Kliniken weniger als zehn Behandlungsfälle und keinen Ausnahmetatbestand aufwiesen, waren es im Jahr 2021 nur noch 0,9 %. Bei etwa jeder zehnten behandelnden Klinik lag eine positive Prognose für das Folgejahr vor, sodass im Folgejahr davon ausgegangen werden kann, dass die Mindestmenge erreicht wurde. Bei lediglich drei Kliniken (0,6 %) lag ein Sicherstellungsauftrag vor, d. h. die Mindestmenge wurde aufgrund eines Votums der Landesbehörde unterschritten, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Im Vergleich der Bundesländer wies das Saarland mit 50 % den höchsten Anteil Kliniken auf, die weniger als zehn Pankreas-Eingriffe durchgeführt hatten. In diesen Kliniken wurden 8,5 % aller Behandlungsfälle operiert. In Baden-Württemberg dagegen unterschritten lediglich 8 % der Kliniken die Mindestmenge und auf diese Kliniken entfielen 1 % aller Pankreas-Eingriffe (Tab. 7.17).

Tab. 7.16 Trends bei komplexen Pankreas-Eingriffen – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Mindestmengenangabe und Ausnahmetatbestand
Tab. 7.17 Regionale Unterschiede bei komplexen Pankreas-Eingriffen – behandelnde Kliniken und Behandlungsfälle nach Mindestmengenangabe und Ausnahmetatbestand (2021)

3.5.4 Schlussfolgerungen

Wie auch bei den komplexen Ösophagus-Eingriffen decken sich die bundesweiten Auswertungsergebnisse der Jahre 2017 bis 2021 weitgehend mit den im Qualitätsmonitor 2019 publizierten Ergebnissen des Jahres 2016. Bereits in diesem Berichtsjahr lag der Anteil der Kliniken mit mindestens zehn Pankreas-Eingriffen bei 80,5 und 96,7 % der Behandlungsfälle wurde in diesen Kliniken operiert (Drogan und Günster 2019). Letztlich lassen sich bei den Pankreas-Eingriffen die gleichen Schlussfolgerungen ziehen wie bei den komplexen Ösophagus-Eingriffen: In den letzten fünf Jahren hat keinerlei Veränderung in Bezug auf die Einhaltung der gesetzlich verankerten Mindestmengen stattgefunden, jedoch werden erst die Qualitätsberichtsdaten des Jahres 2022 zeigen, welche Rolle hierbei die Covid-19-Pandemie gespielt haben könnte.

4 Fazit

Die Auswertungen im vorliegenden Beitrag zeigen eine große Spannweite in den klinikbezogenen Fallzahlen und den untersuchten Qualitätsindikatoren. Ein erheblicher Anteil von Kliniken weist niedrige Behandlungsmengen auf – und in diesen Kliniken sind Versorgungsdefizite deutlich häufiger anzutreffen als im bundesweiten Durchschnitt. Das betrifft alle drei Qualitätsdimensionen. Sowohl die Ausstattung mit adäquaten Behandlungsstrukturen (z. B. HKL-Verfügbarkeit für Herzinfarktbehandlungen) als auch Behandlungsprozesse (z. B. prätherapeutische histologische Diagnosesicherung vor Brustkrebsoperationen) sowie die Ergebnisqualität (z. B. Revisionshäufigkeit nach Knie-TEP) sind negativ mit der Behandlungsmenge assoziiert. Je geringer die Behandlungsmenge, desto häufiger sind im Mittel die Qualitätsprobleme. In diesem Zusammenhang stellt auch die Unterschreitung der gesetzlich verpflichtenden Mindestmenge ein bekanntes Versorgungsproblem dar, das durch die Neufassung der Mindestmengen-Regelung gelöst werden sollte. Die seit 2018 geltende Richtlinien-Fassung sieht vor, dass alle Krankenhäuser eine positive Fallzahlprognose (d. h. Erreichung der Mindestmenge) für das nächste Kalenderjahr nachweisen müssen, damit ein Vergütungsanspruch besteht. Aufgrund von Übergangsregelungen und einer Anpassung der Mindestmengenregelung im Zuge der Covid-19-Pandemie lässt sich mit den aktuell verfügbaren Daten noch keine sichere Aussage tätigen, inwiefern die Schärfung der Richtlinie praktische Konsequenzen für die Versorgungssituation hatte. Auffällig ist jedoch, dass bei den Knie-TEPs die meisten operierenden Kliniken auch unter Pandemiebedingungen die Mindestmenge erreicht haben, während weiterhin eine große Zahl von Kliniken weniger als zehn komplexe Ösophagus- und Pankreaseingriffe aufwies. Dies ist umso problematischer, als die bislang geltende Mindestmenge dieser risikoreichen Eingriffe, die weit unter internationalen Standards liegt, die problematische „Gelegenheitsversorgung“ keineswegs ausschließt. So macht bei den Pankreas-Eingriffen etwa jede fünfte Klinik bei dieser niedrigen Mindestmenge einen Ausnahmetatbestand geltend, bei den Ösophagus-Eingriffen sogar mehr als jede dritte. Die Begründungen, die eine Unterschreitung der Mindestmenge rechtfertigen, stellen in diesen Versorgungsbereichen somit eher den Regelfall als die Ausnahme dar. Mit Blick auf die Versorgungsqualität bleibt zu hoffen, dass die Erhöhung der Mindestmengen auf 26 Ösophagus-Eingriffe im Jahr 2023 und 20 Pankreas-Eingriffe im Jahr 2025 zu einer Zentralisierung der Versorgung bei diesen Eingriffen beitragen wird.

Neben den gezeigten Beispielen wurde im Qualitätsmonitor auch wiederholt darüber berichtet, dass mehr als 60 % der Schlaganfall-versorgenden Kliniken keine Stroke Unit aufweisen (Mansky et al. 2017; Drogan und Günster 2020; Ebbeler et al. 2023). Viele Todesfälle sind jährlich in Deutschland allein darauf zurückzuführen, dass nicht alle Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten in Stroke Units behandelt werden (Geraedts et al. 2021; Regierungskommission 2023). Außerdem hat die WiZen-Studie für elf Krebsentitäten eindrucksvoll gezeigt, dass die Behandlung in DGK-zertifizierten Krebszentren mit deutlich längerem Überleben einhergeht (Schmitt et al. 2023). Die Beispielliste von Ansatzpunkten zur Qualitätssicherung und -verbesserung lässt sich problemlos verlängern. Ziel dieses Beitrages ist es vor allem, mit den betrachteten Beispielen zu verdeutlichen, dass es eine Vielzahl öffentlich zugänglicher Krankenhaus-Qualitätsdaten gibt, auf denen die Krankenhausgesetzgebung aufsetzen kann – sei es für die Anknüpfung von Qualitätsparametern an Leistungsgruppen im Rahmen der geplanten Krankenhausreform oder für die Aufnahme von Qualitätsinformationen in ein mögliches Transparenzportal der Bundesregierung.

Zugleich unterstreichen die im Beitrag thematisierten Beispiele nicht nur, wie gut sich die verfügbaren Daten eignen, um Aspekte der stationären Versorgungsqualität abzubilden, sondern sie zeigen auch Handlungsrelevanz. Die dargestellten Qualitätsdefizite und die deutlichen regionalen Qualitätsunterschiede sollten dazu motivieren, die Krankenhausstrukturen dergestalt weiterzuentwickeln, dass nicht nur in einzelnen Regionen, sondern bundesweit eine qualitativ hochwertige Versorgung erreicht wird. Den Betroffenen ist es schwer zu vermitteln, weshalb das Unterschreiten von Qualitätsstandards ohne Konsequenzen bleiben darf, beispielsweise wenn in einem Krankenhaus keine prätherapeutische histologische Diagnosesicherung vor einer Brustkrebsoperation stattfindet, weil die apparative Ausstattung für die Biopsie fehlt, oder wenn Herzinfarkte in eine Klinik ohne HKL transportiert werden, obwohl in unmittelbarer Nähe ein HKL verfügbar ist.

Als Katalysator und Grundlage für die qualitätsorientierte Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung muss es darum gehen, Unterschiede zwischen Kliniken in der Behandlungsqualität transparent zu machen und Patientinnen und Patienten sowie einweisende Ärztinnen und Ärzte bei ihrer Auswahlentscheidung zu unterstützen. Informierte Auswahlentscheidungen sind jedoch nicht allen Menschen in allen Lebenslagen möglich. Medizinische Notfälle, Demenz, Schmerz- oder Schockzustände zeigen klare Grenzen der „informierten“ Patientinnen und Patienten. Außerdem hängt die Gesundheitskompetenz erheblich vom sozialen Status und Bildungsgrad der Menschen ab und bildet als solche ein zentrales Bindeglied, das den vielfach nachgewiesenen Zusammenhang zwischen sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit in Teilen erklärt (Stormacq et al. 2019). Qualitätstransparenz ist also ein wichtiger Baustein; aber um allen Bevölkerungsgruppen eine hochwertige stationäre Versorgung zu ermöglichen, bedarf es vor allem auch verbindlicher Vorgaben für eine qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung in den Bundesländern. Dabei kann in Deutschland auf eine Vielzahl von Informationsquellen mit Qualitätsdaten zurückgegriffen werden. Aufbereitungen wie das Informationsportal QualitätsmonitorFootnote 15 bieten für ausgewählte Behandlungsanlässe Analysen von Struktur- und Qualitätsunterschieden in der stationären Versorgung im Zeit- und Regionalvergleich. Die zentrale Herausforderung ist und bleibt es, Konsequenzen aus dem Wissen um Versorgungsdefizite zu ziehen und Qualität als Planungsdimension wirklich anzuwenden.