1.1 Motivation und Aufgabenstellung

Im Jahre 2015 wohnten etwa 75 % der deutschen Bevölkerung in Städten (Statista 2018). Entsprechend dem Ziel des Energiekonzepts der Bundesregierung (Bundesregierung 2018), den Gebäudebestandteil bis 2050 nahezu klimaneutral zu gestalten, spielen städtische Quartiere eine herausragende Rolle bei der Steigerung von Energieeffizienz und somit der Senkung von Schadstoffemissionen. Laut Angaben des Umweltbundesamtes betrug der Anteil von Wärme/Kälte im Jahr 2012 knapp 51 % am Endenergieverbrauch in Deutschland. In privaten Haushalten ist der thermische Anteil mit bis zu 80 %, gemessen am Verbrauch von Endenergie, noch deutlich größer. Davon stammten 2016 lediglich 13,4 % aus erneuerbaren Quellen (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 2022), mit einem seit 2012 nahezu stagnierenden Anteil. Diese Zahlen verdeutlichen das große Effizienzpotenzial von Stadtquartieren im Wärmesektor und deren Schlüsselrolle im Prozess der Energiewende.

Obwohl die Fernwärmeversorgung bereits einen deutlichen Fortschritt bei der Nutzung von Niedrig-Energie-Technologien darstellt, beruht sie in der Regel nicht auf erneuerbaren Quellen und kann für kleinere oder auch entlegenere Quartiere unwirtschaftlich sein. Daher kommt der dezentralen Wärmeversorgung von Stadtquartieren eine wachsende Bedeutung zu. Ein grundlastfähiges, direkt nutzbares lokales thermisches Potenzial bietet dabei insbesondere der oberflächennahe geologische Raum. Dieses Potenzial wird in Deutschland in der Regel unter Einsatz von Wärmepumpen genutzt. Folglich ist deren optimierte Betriebsweise ausschlaggebend für einen niedrigen Primärenergieverbrauch sowie die wirtschaftliche Nutzung geothermischer Ressourcen. Zukunftsorientierte Konzepte für die Versorgung von Stadtquartieren mit großflächigen Netzwerken basieren auf adaptiver Erschließung geothermischer Potenziale des Gesamtgebiets unter Berücksichtigung der geologischen Gegebenheiten. Dabei kann es sich z. B. als sinnvoll erweisen, die gesamten untertägigen geothermischen Installationen in einem Bereich zu konzentrieren und dezentrale Quartiersnetze für die Wärme- und Kälteversorgung zu realisieren, statt jedes einzelne Gebäude individuell gebäudenah zu versorgen. Damit verbunden ist die Notwendigkeit der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zum Bau und Betrieb oberflächennaher geothermischer Anlagen, wenn diese nicht notwendig auf dem Grundstück des Eigentümers der Immobilie errichtet werden. Rechtliche Rahmenbedingungen wie das Bundesberggesetz (BBergG) sind hierbei zu beachten.

Für den oberflächennahen geologischen Raum wird es zukünftig insbesondere im Rahmen von Maßnahmen zur Minderung von Auswirkungen der Klimaveränderungen vorrangig im urbanen Bereich bedeutsamer, seine Rolle als Quelle thermischer Energie um Aspekte zu deren Speicherung zu ergänzen (u. a. zur thermischen Regeneration des Untergrunds bei geringer Grundwasserströmung). Bei Stadtquartieren in Mischbebauung (z. B. Wohnen, Gewerbe, öffentlicher Raum) können vielfältige untertägige Nutzungsoptionen zur Wärmegewinnung und Wärmespeicherung in Versorgungsstrukturen eingebunden werden. Die optimale energieeffiziente Dimensionierung eines Gesamtversorgungsnetzes zum Heizen und Kühlen stellt wegen der spezifischen Lastprofile für unterschiedliche Gebäudearten eine besondere Herausforderung dar. Daher sollten Planungsprozesse durch innovative Erkundungs- und Monitoringverfahren sowie numerische Simulationen und moderne Visualisierungsangebote unterstützt werden.

Gegenstand des von den Verbundpartnern (siehe Abschn. 1.2) im Projekt „Energieeffiziente Auslegung und Planung dezentraler Versorgungsnetze zum Heizen und Kühlen von Stadtquartieren unter Nutzung des oberflächennahen geologischen Raumes (EASyQuart)“  praktizierten interdisziplinären Ansatzes war die Entwicklung eines standortbezogenen daten- und wissensbasierten Entscheidungshilfesystems in Bezug auf das Heizen und Kühlen von Stadtquartieren unter Nutzung oberflächennaher geothermischer Ressourcen. In dem hier verwendeten Sinn stellt das Entscheidungshilfesystem einen Handlungsleitfaden dar, der optimierte Strukturen formuliert, welcher Akteur zu welchem Zeitpunkt in Abhängigkeit von den spezifischen Standortbedingungen mit welchen Instrumentarien im Auslegungsprozess in welcher Weise aktiv werden sollte. Damit wird eine koordinierte geothermische Erschließung gesamter Stadtquartiere ermöglicht. Das Entscheidungshilfesystem basiert auf der Entwicklung und Erweiterung von Workflows, Bewertungskriterien und praxistauglichen wissenschaftlichen Komponenten, die wesentlich über in der aktuellen Auslegungspraxis verwendete Strukturen und einzelne Prognoseinstrumentarien hinausgehen. Es beinhaltet dabei auch die Flexibilisierung von Dimensionierungsprozeduren, Auslegungsverfahren und regulativen Rahmenbedingungen in Form von Handlungsempfehlungen. Der Einsatz des Entscheidungshilfesystems kann in einer frühen Phase der Entwicklung von Quartiersprojekten für die Erstellung von Machbarkeitsstudien sowie auch im eigentlichen Planungsprozess erfolgen (vgl. Abb. 1.1).

Abb. 1.1
figure 1

Schematische Darstellung des Planungs- und Betriebsablaufs bei oberflächennahen Geothermiesystemen sowie der von EASyQuart betrachteten Arbeitsschritte

Zu den wissenschaftlichen und technischen Komponenten, die in das Entscheidungshilfesystem zur Dimensionierung klein- und großflächiger oberflächennaher geothermischer Systeme im Rahmen von EASyQuart eingebracht wurden, zählen innovative Verfahren

  • für die geophysikalische Erkundung und das Monitoring im Untergrund sowie der Haustechnik zur standortbasierten Analyse der Versorgungs- und Bedarfsseite,

  • für die numerische Simulation der komplexen Prozesse im Untergrund und in der Haustechnik inklusive deren Kopplung sowie

  • für die integrierte 3D-Visualisierung heterogener Daten.

Diese Instrumentarien basieren auf dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie kommerzieller Angebote. Die dadurch verbesserten und neu entwickelten Workflows, Verfahren, Plattformen und Softwarekomponenten stellen beispielhafte Lösungen für Prognoseinstrumentarien dar, deren Nutzung den Akteuren eines Auslegungs- und Dimensionierungsprozesses für Machbarkeitsstudien oder Planungen empfohlen werden und somit Standards zum Teil neu definieren. Die Projektergebnisse wurden in spezifischen Analysen für die repräsentativen Nutzungsoptionen Wärmegewinnung (z. B. Heizen von Wohn- oder Gewerbebauten sowie öffentlichen Gebäuden mit unterschiedlichen Bedarfscharakteristika) und Wärmespeicherung (z. B. thermische Regeneration des Untergrunds nach vorherigem geothermischem Wärmeentzug verbunden mit Gebäudekühlung) auf ihre Eignung und ihren Leistungsumfang getestet. Für die Parametrisierung von Simulationsmodellen des Untergrunds und der Haustechnik sowie zur Evaluierung einzelner Projektergebnisse wurden Analysen an Demonstrationsstandorten genutzt.

Neben der Entwicklung und Evaluierung spezifischer Planungsinstrumentarien hatten die Forschungsarbeiten in EASyQuart gleichzeitig zum Ziel, das prinzipielle Prozess-, Methoden- und Systemverständnis der betrachteten geothermischen Systeme als Voraussetzung für zuverlässige Planungsprozesse zur energieeffizienten und ökologisch nachhaltigen Gebäudeversorgung mit thermischer Energie basierend auf regenerativen Quellen zu verbessern. Für das spezifische Prozessverständnis wurden auf der Basis geeigneter Labor- und Felduntersuchungen die physikalischen Effekte im Untergrund und in der Haustechnik untersucht, die typisch für definierte Nutzungsoptionen zum Heizen und Kühlen von Referenzgebäuden unterschiedlichen Typs sind und somit auch signifikant für den Planungsprozess sein können. Ein wesentliches wissenschaftlich-technisches Ziel für das Methodenverständnis zur Auswahl geeigneter Prognoseinstrumentarien bestand in der Analyse von Potenzialen und Limitierungen unterschiedlicher spezifischer Komponenten des Entscheidungshilfesystems (z. B. Verfahren zur Erkundung, Monitoring und der numerischen Simulation von Prozessen im Untergrund und in der Haustechnik). Die auf Basis von Daten und Erkenntnissen von Erkundungs- und Monitoringarbeiten an Demonstrationsstandorten durchgeführten Szenariensimulationen unterstützten die Beurteilung des Leistungsumfangs der betrachteten Prognoseinstrumentarien und halfen mit ihrer komplexen Modellgestaltung, das Systemverständnis der geothermischen Gesamtanlage bestehend aus Untergrund- und Haustechnikkomponenten zu verbessern.

Die Projektergebnisse von EASyQuart erlauben im Auslegungsprozess präzisere Aussagen zu Quantität, Qualität und Lokalisierung von Komponenten oberflächennaher Geothermiesysteme, als sie in der gegenwärtigen Praxis möglich sind und helfen somit, wirtschaftlich nachteilige Systemüber- oder Unterdimensionierungen zu vermeiden. Kriterien für die wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Systemdimensionierung sind dabei vorrangig die Einsparung von Primärenergie durch optimierte Betriebsregimes der Haustechnik, die Wirtschaftlichkeit der lokalen Wärmenetze sowie die ökologische Ressourcennutzung, insbesondere bezüglich der Minimierung einer Beeinflussung von Grundwassersystemen. Als konkrete Nutzung wurden in EASyQuart Erdwärmesondensysteme gekoppelt mit Wärmepumpenanlagen adressiert. Eine Übertragung der standortunabhängigen Konzepte, Methoden und Ergebnisse auf vielfältige alternative geotechnische Nutzungsoptionen (z. B. Grundwassermanagement) ist problemlos möglich, da die grundlegenden Verfahren und Modelle zur Bearbeitung solcher Problemstellungen äquivalent zu den in EASyQuart entwickelten Komponenten sind.

1.2 Verbundpartner und deren Expertise

Das EASyQuart-Verbundkonsortium wurde von den drei Partnern geoENERGIE Konzept GmbH Freiberg, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ) (Hauptsitz Leipzig) mit den Departments Monitoring und Erkundungstechnologien (MET) sowie Umweltinformatik (ENVINF) sowie Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) mit den Professuren Angewandte Mechanik (HTWK-AM) sowie Simulation energetischer und technischer Systeme (HTWK-SetS) jeweils von der Fakultät Ingenieurwissenschaften gebildet. Die Koordination der Arbeit des Verbundes oblag der HTWK und jedem Arbeitspaket (siehe Abschn. 1.3) war jeweils einer der Verbundpartner als Arbeitspaketleiter zugeteilt.

Alle Verbundpartner verfügen über ausgewiesene Expertisen und Kompetenzen auf den jeweils von ihnen im Verbund bearbeiteten Fachgebieten. Das Konsortium bot daher aus fachlicher Sicht eine optimale, komplementäre Zusammensetzung zur wissenschaftlichen Bearbeitung der verschiedenen EASyQuart-Themenfelder. Detaillierte Informationen zu den einzelnen Verbundpartnern sowie deren projektrelevanten Vorarbeiten werden im folgenden Überblick angegeben.

geoENERGIE Konzept GmbH

Die geoENERGIE Konzept GmbH mit Sitz in Freiberg/Sachsen wurde im Jahr 2007 gegründet und ist als Fachplaner auf dem Gebiet der Oberflächennahen Geothermie europaweit tätig. Das Leistungsspektrum umfasst dabei die gesamte Kette von Erstberatung über die eigentlichen Planungsstufen, die Durchführung von geothermischen Testarbeiten (z. B. Thermal-Response-Tests (TRT) und Temperaturlogs) und späterer Überwachung der Anlagen (Monitoring). Seit Firmengründung wurden bereits mehr als 500 TRT-Messungen durchgeführt. Zu den Referenzen zählen mehr als 2500 Geothermieprojekte – vom Einfamilienhaus bis hin zum Industriebau. Exemplarisch wurde die größte derzeit in Betrieb befindliche Erdwärmeanlage Deutschlands, das Berufskolleg Duisburg, durch geoENERGIE Konzept geplant. Gegenwärtig befindet sich eine große Anzahl weiterer Quartierslösungen in unterschiedlichen Planungsstadien, wie beispielsweise:

  • Quartier Kaiserlei Offenbach: Das Projekt Quartier Kaiserlei in Offenbach wird vom Unternehmen seit Beginn der Vorplanung über die Test- und Simulationsarbeiten bis zur Fertigstellung geplant und begleitet.

  • Johannistor Residenz Leipzig: Für das Projekt mit Wohn- und Gewerbenutzung wurden geothermische Testarbeiten, die Planung des Sondenfeldes sowie eine thermohydrodynamische Modellierung durchgeführt.

  • Ehemaliger Preußischer Freiladebahnhof Leipzig-Eutritzsch: Im Zuge der Vorbereitungen für einen Architektenwettbewerb wurde eine Machbarkeitsstudie mit Vorplanung für das gesamte geplante Quartier mit Wohn- und Gewerbeeinheiten sowie öffentlichen Einrichtungen erstellt.

  • Alaunpark Dresden: Für das Projekt „Wohnen am Alaunpark“  wurden geothermische Testarbeiten durchgeführt und für die Ein- bzw. Mehrfamilienhäuser (insgesamt 280 kW Heizen) ein Sondenfeld mit insgesamt 32 Bohrungen (4500 Gesamtbohrmeter) geplant.

  • Wohngebiet „Stadtblick“  Weimar: Für die Energieversorgung der Wohnsiedlung (311 kW Heizen und 180 kW Kühlen) wurden geothermische Testarbeiten durchgeführt und das Sondenfeld mit insgesamt 102 Sonden (6885 Gesamtbohrmeter) geplant.

Weitere Anwendungsfelder für das Unternehmen sind Gewerbebauten, Bürogebäude, öffentliche Gebäude (Schulen, Kitas, Turnhallen), Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie der Sanierungs-Wohnungsbau. Die Endkunden sind Architekten, Ingenieure, Bohrunternehmen, Bauherren sowie Projektentwickler. Der Geschäftsführer der geoENERGIE Konzept GmbH ist Mitglied des Erweiterten Vorstandes im Bundesverband Geothermie e. V. (BVG) und in der Fachgruppe Erdwärme beim Bundesverband Wärmepumpe e. V. (BWP). Er vertritt zudem die Interessen des BVG auch als Mitglied im Board des European Geothermal Energy Council (EGEC).

Das Unternehmen ist durch eigene Vorarbeiten auf den projektrelevanten Fachgebieten Erkundungs- und Monitoringmethoden, numerische Simulation von Prozessen im Untergrund sowie thermische Gebäudesimulation einschlägig ausgewiesen. Diese Themengebiete gehören zu den Kernaspekten von Auslegungsprozessen oberflächennaher geothermischer Systeme, die das Unternehmen seit Jahren erfolgreich praktiziert. Damit der jeweils aktuelle wissenschaftlich-technische Entwicklungsstand in eine innovative Gestaltung der Dimensionierungsprozesse einfließen kann, unterstützt der Antragsteller aktiv relevante Forschungsaktivitäten auf verschiedenen Ebenen. Spezifische Arbeiten wurden und werden dazu im Rahmen der Erkundung und des Monitorings von Untergrundstrukturen und von Veränderungen im Untergrund, der Quantifizierung induzierter Effekte an Demonstrationsstandorten sowie der Vorbereitung, Durchführung und Analyse numerischer Simulationen der gekoppelten Prozesse im Untergrund sowie der Haustechnik geleistet. Weiterhin befasst sich das Unternehmen mit der Simulation von Energieanlagen und Energienetzen zur Prognose des Energiesystems. Beispielhaft werden nachfolgend einige spezifische Projektbeteiligungen des Unternehmens sowie deren Bezug zu EASyQuart näher erläutert:

  • Im Rahmen des 2019 abgeschlossenen F&E-Vorhabens Shallow Geothermal Energy Planning, Assessment and Mapping Strategies in Central Europe (GeoPLASMA-CE) war geoENERGIE Konzept u. a. für die Validierung von Gesteinsparametern, die vergleichende Durchführung von Testarbeiten im Raum Vogtland sowie das Kommunikationsmanagement verantwortlich. Diese Untersuchungen waren ebenso wie zahlreiche Aktivitäten in unterschiedlichen Phasen realer Auslegungsprozeduren an verschiedenen Standorten methodische Grundlage für die in EASyQuart durchgeführten Forschungsarbeiten. Von besonderem Interesse waren dabei der Zugang zu Daten für die Validierung des entwickelten Prognoseinstrumentariums sowie deren Bewertung im Vergleich mit etablierten kommerziellen Lösungen, beispielsweise für die Standorterkundung, das Wirkungsmonitoring sowie die numerische Simulation von Prozessen in Untergrund und Haustechnik.

  • Mit dem F&E-Projekt Geothermie-Nomogramm (GT-NOM) verfolgte das Unternehmen das Ziel, dem Endkunden ein ganzheitliches Projekt im Segment Einfamilienhäuser zu ermöglichen. Komplett neu wurde dabei ein Instrumentarium zur schnellen Vordimensionierung von Erdwärmesonden entwickelt. Der Kunde kann im Ergebnis aller Implementierungen ein Produkt „Erdwärme aus einer Hand“  kaufen. Dies stellt im Erdwärmesektor für den Bereich des Einfamilienhauses ein bisher nicht vorhandenes Arbeitsmittel dar. Bisher oft auftretende Schnittstellenprobleme zwischen den Gewerken können so vermieden werden.

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ

Am UFZ werden vielfältige Aufgabenstellungen der Klima-, Umwelt- und Energieforschung bearbeitet, deren Ergebnisse international anerkannt sind. Auf dem Energiesektor reicht dabei das Spektrum der behandelten Themen von der Prozessmodellierung und -simulation über die Entwicklung innovativer Strategien für das Impaktmonitoring bis zur Untersuchung sozioökonomischer Aspekte.

Das 2005 gegründete Department MET arbeitet an der Entwicklung von Technologien und Messkonzepten zur Erkundung des oberflächennahen Untergrunds. Zur Charakterisierung und dem Monitoring der betrachteten geologischen Räume wird dabei die mobile Forschungsplattform MOdel driven Site Assessment, Information, and Control (MOSAIC) genutzt, welche eine Vielfalt nichtinvasiver und minimalinvasiver Methoden und Instrumentarien für die hochauflösende Erkundung komplexer Untergrundstrukturen und -prozesse umfasst. Zudem kann auf eine umfassende Ausstattung an geophysikalischer Ausrüstung und geringinvasiver Direct Push (DP) Sondiertechnik zurückgegriffen werden. Ein breites Forschungsfeld ist die kombinierte Nutzung von geophysikalischen Messkonzepten mit DP-Technologien zur Charakterisierung des Untergrunds. Diese ermöglichen beispielsweise die Umsetzung von schleppgeophysikalischen Messungen in Kombination mit DP gestützten, hochauflösenden Tiefenprofilen in situ gemessener geotechnischer oder hydrogeologischer Parameter. In den vergangenen Jahren wurde vom Department intensiv an der Entwicklung von Mess- und Monitoringkonzepten mit dem Fokus auf hydrogeologische Fragestellungen im Kontext einer nachhaltigen intensiven thermischen Nutzung des oberflächennahen Untergrunds geforscht.

Das Department ENVINF befasst sich seit seiner Gründung im Jahr 2007 mit der Entwicklung von numerischen Verfahren und Softwarekomponenten zur Simulation gekoppelter Prozesse in porösen Medien basierend auf der Methode der Finiten Elemente. Die wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen dabei in der Entwicklung numerischer Methoden für gekoppelte Mehrfeldprobleme sowie der Angewandten Informatik (Datenmanagement, Prozesssimulation, Visualisierung, Hochleistungsrechnen). Breiten Raum nehmen zudem Fragen der Entwicklung von Simulationsplattformen zur Behandlung dieser Problemstellungen sowie des Benchmarkings zur Modell- und Softwarevalidierung ein. Integraler Bestandteil dieser Plattformen sind Workflows und Systemkomponenten zur 3D-Visualisierung komplexer, heterogener Daten aus unterschiedlichen Quellen. In diesem Zusammenhang tritt das UFZ als Hauptentwickler und Koordinator des internationalen wissenschaftlichen Open-Source-Softwareprojekts OpenGeoSys (OGS) zur Berechnung Thermisch-Hydraulisch-Mechanisch/Chemisch (THM/C) gekoppelter Prozesse in geklüfteten, porösen Medien aufFootnote 1. Neben der Methoden- und Softwareentwicklung besteht ein ausgeprägter Bezug zu Anwendungen in der Hydrologie, der Geotechnik und der Energiespeicherforschung. Zur Steigerung der Effizienz numerischer Simulationen und für die anschauliche Ergebnisauswertung verfügt das UFZ über adäquate Kapazitäten zum Höchstleistungsrechnen und der wissenschaftlichen 3D-Visualisierung. Das Visualisierungszentrum VISLab des UFZ ist eine der größten Forschungsinfrastrukturen für die wissenschaftliche Visualisierung weltweit, mit einem spezifischen Schwerpunkt auf UmweltvisualisierungenFootnote 2.

Die Forschungseinrichtung ist durch eigene Vorarbeiten auf den projektrelevanten Fachgebieten Erkundungs- und Monitoringmethoden sowie wissenschaftliche 3D-Visualisierung einschlägig ausgewiesen und seit Jahren dazu in der Forschung erfolgreich aktiv. Übergeordnete Forschungsthemen und Anwendungsgebiete der vergangenen Jahre sind dabei neben der Tiefen und Oberflächennahen Geothermie die Nutzung des geologischen Untergrunds als Massen- und Energiespeicher, die geologische CO2-Einlagerung sowie das Grundwasser- und Altlastenmanagement. Spezifische Arbeiten wurden und werden dazu im Rahmen der Erkundung und des Monitorings von Untergrundstrukturen und von Veränderungen im Untergrund, der Quantifizierung induzierter Effekte in Labor- und Feldversuchen sowie des Datenmanagements für Vorbereitung, Durchführung und Analyse numerischer Simulationen der gekoppelten Prozesse im Untergrund inklusive der Struktur- und Ergebnisvisualisierung geleistet. Beispielhaft werden nachfolgend auch für das UFZ einige spezifische Projektbeteiligungen sowie deren Bezug zu EASyQuart näher erläutert:

  • Im Rahmen des 2016 abgeschlossenen Verbundvorhabens „Auswirkungen der Nutzung des geologischen Untergrundes als thermischer, elektrischer oder stofflicher Speicher im Kontext der Energiewende – Dimensionierung, Risikoanalysen und Auswirkungsprognosen als Grundlagen einer zukünftigen Raumplanung des Untergrundes – ein Leuchtturmprojekt der Förderinitiative „Energiespeicher“ (ANGUS+)“   arbeitete das Department MET an der Entwicklung von Erkundungskonzepten im Vorfeld der Installation und des Betriebs von Wärmespeichern im urbanen Raum sowie der Evaluierung von oberflächengeophysikalischen Methoden für das effiziente Speichermonitoring.

  • Das Department ENVINF unterstützte im 2017 beendeten Forschungsprojekt „Entwicklung von Methoden zur standortoptimierten geotechnischen Auslegung großflächiger Geothermiesysteme (SAGS)“  unter Leitung der HTWK die Entwicklung von Modellierungskonzepten und -instrumentarien für die Analyse gekoppelter Prozesse in großflächigen oberflächennahen Geothermiesystemen als Beitrag für die Bewertung der Potenziale und der Sicherheit dieser Anlagen sowie deren Auswirkungen auf Schutzgüter.

  • Für das 2018 abgeschlossene Verbundvorhaben „Untersuchung, Modellierung und Bewertung eines intelligenten geothermischen Langzeitwärmespeichers mit umweltneutralem Verhalten (IGLU)“  entwickelte und testete das Department MET Strategien zur Erfassung und Quantifizierung möglicher Umweltauswirkungen eines geothermischen Langzeitwärmespeichers unter verschiedenen Betriebsszenarien. Bei den Wärmespeichern handelt es sich um technische Komponenten mit in Betonbauteile integrierten Wärmeübertragersystemen. Diese Komponenten können u. a. im Erdreich verbaut werden.

  • Die erfolgreichen Projektarbeiten des Departments ENVINF im 2013 abgeschlossenen Vorhaben „CO\(_2\)-Reservoirmanagement (CO2MAN)“  hatten zum Ziel, vollständige Workflows inklusive der für die Interaktion der verwendeten Softwaresysteme erforderlichen Softwarekomponenten für die integrierte Visualisierung unterschiedlicher Datensätze aus Geologie, Geophysik und Simulation zu entwickeln. Für den Demonstrationsstandort Ketzin zur geologischen CO2-Speicherung wurden die zugrunde liegenden geologischen und geophysikalischen Daten, das auf dieser Basis generierte Reservoirmodell und die Simulationsergebnisse in integrierter Form gezeigt. Ausgangspunkt waren Bohrlochdaten, 3D-Seismik und interpretierte stratigrafische Horizonte. Zentrales Element für den gesamten Arbeitsablauf von der Konvertierung des Reservoirgitters aus dem statischen Modell in die Datenbasis von OGS, über die Generierung zusätzlicher Geometrien, welche bei der Definition der Randbedingungen helfen, und die Simulation bis zur Visualisierung des Modells im VISLab des UFZ war die notwendige Ergänzung von OGS um Schnittstellen zur geologischen Modellierungssoftware GOCAD.

  • Die wissenschaftliche 3D-Visualisierung entwickelt sich zunehmend zu einem integralen Bestandteil von Modellierungs- und Auslegungsprozessen, da sie erlaubt, komplexe und große Datensätze sowie Mess- und Simulationsergebnisse verständlicher darzustellen. Zudem bietet sie anschauliche Möglichkeiten der Präsentation von Forschungsergebnissen für Entscheidungsträger oder für die Öffentlichkeit. Die Weiterentwicklung von Workflows für die integrierte Visualisierung unterschiedlicher Datensätze aus Geologie, Geophysik und Simulation inklusive der für die Interaktion der verwendeten Softwaresysteme erforderlichen Softwarekomponenten war Ziel und ist Ergebnis der Arbeiten des Departments ENVINF im 2014 abgeschlossenen Verbundvorhaben „Prediction of Deformation to Ensure Carbon Traps (PROTECT)“. Da die Daten aus unterschiedlichen Quellen in unterschiedlichen Formaten vorlagen, war es zunächst erforderlich, ein abgestimmtes Softwareprotokoll für den Datenaustausch zwischen allen Partnern zu vereinbaren. Zur weiteren Bearbeitung der Quelldaten wurden Konvertierungskomponenten erstellt, um geologische Modelle, Bohrlochinformationen, Seismik-Messungen und geologische Horizonte zu importieren. Die im Rahmen von PROTECT entwickelten Workflows, Algorithmen und Softwarekomponenten gestatten integrierte 3D-Visualisierungen in stationären Systemen sowie die Nutzung mobiler stereoskopischer Darstellungstechniken mit VR-Brillen.

  • Im Rahmen des 2020 abgeschlossenen Verbundvorhabens „Subrosion und Erdfall-Instabilität: integrierte MULTi-skalige Überwachung und Analyse (SIMULTAN)“  entwickelte und testete das Department MET Strategien zur Erkundung und Charakterisierung des oberflächennahen Untergrunds (beispielsweise die Kombination geeigneter nicht- und geringinvasiver Erkundungstechniken) zur besseren Charakterisierung des hydrogeologischen Regimes und dessen Variabilität im Vorfeld der Entwicklung eines Erdfallfrühwarnsystems.

  • Im 2020 abgeschlossenen Verbundvorhaben „Geophysikalisches und hydrogeologisches Testfeld zur Untersuchung und zum Monitoring durch die Nutzung des Untergrundes induzierter reaktiver Mehrphasentransportprozesse in oberflächennahen Aquiferen (TestUM-Aquifer)“  entwickelte das Department MET Strategien zum Monitoring als Grundlage für das bessere Verständnis von Fließprozessen im Bereich der Hochenthalpiewärmespeicherung in Lockergesteinsgrundwasserleitern.

  • In ANGUS+, IGLU, SAGS und TestUM-Aquifer standen die Definition von Auswahlkriterien sowie grundlegende methodische Entwicklungen für geringinvasive, hochauflösende Erkundungsverfahren und effiziente Konzepte zum Wirkungsmonitoring im oberflächennahen geologischen Raum an einzelnen (Groß-)Anlagen im Mittelpunkt. Damit liegt ein breites Angebot an modernen Konzepten und Instrumentarien für Erkundungs- und Monitoringmaßnahmen vor, die auch im Auslegungsprozess für großflächige oberflächennahe Geothermieanlagen benötigt werden. Insofern konnten Ergebnisse der genannten Vorgängerprojekte auch für EASyQuart nutzbar gemacht werden, waren aber in den Gesamtkontext der Systemoptimierung von unter- und obertägigen Anlagenkomponenten einzuordnen und für spezifische Bedingungen anzupassen, weiterzuentwickeln sowie an Demonstrationsstandorten in ihrer Wirksamkeit zu validieren. Gleiches gilt auch für die Workflows, Algorithmen, Softwarekomponenten und Datentransferschnittstellen, die in den Projekten CO2MAN und PROTECT für die 3D-Visualisierung von geotechnologischen Anwendungen im tiefen Untergrund entwickelt wurden. Auch diese bildeten eine gute Basis für EASyQuart und mussten an die spezifischen Aufgabenstellungen angepasst und an den Demonstrationsstandorten validiert werden.

Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig

Die HTWK Leipzig wurde 1992 als Hochschule für Angewandte Wissenschaften gegründet und ist heute die größte Einrichtung ihrer Art in Sachsen. Als Nachfolgeinstitution der Technischen Hochschule Leipzig setzt sie eine lange Tradition akademischer Bildung in Leipzig fort, insbesondere in den Bereichen des Bauwesens und der Energiewirtschaft. Dies spiegelt sich im starken Forschungsprofil „Bau & Energie: Ressourcen schonen“  wider, in welchem Untersuchungen zum nachhaltigen Bauen und ressourcenschonenden Energieeinsatz zur Erhaltung der Umwelt im Mittelpunkt stehen. Ausgewählte Forschungsschwerpunkte sind dabei:

  • Regenerative Energieerzeugung,

  • zuverlässige intelligente Versorgungsnetze,

  • Energiewirtschaft sowie

  • Energieeffizienz & Verbrauchsoptimierung.

Die Professur Angewandte Mechanik an der Fakultät Ingenieurwissenschaften der HTWK vermittelt in der Lehre und bearbeitet in der Forschung Themen der numerischen Systemanalyse basierend auf kontinuumsmechanischen Methoden. Das schließt u. a. die Betrachtung komplexer gekoppelter Probleme im Kontext der Modellierung unterschiedlicher interagierender physikalischer Vorgänge (z. B. hydro-mechanische Prozesse in gesättigten porösen Medien) ein. Für EASyQuart waren insbesondere Vorarbeiten zur Entwicklung verallgemeinerter Finite-Element-Formulierungen für die Beschreibung hydro-mechanischer Prozesse in gesättigten porösen Medien mit Benchmarks und Anwendungen aus den Gebieten Geo- und Biomechanik von erheblicher Bedeutung. Auf dem Gebiet gekoppelter Problemstellungen erwies sich zudem die Expertise bei der Entwicklung und numerischen Umsetzung neuer Linearisierungstechniken für gemischte Formulierungen zur Beschreibung von nahezu inkompressiblen elastischen Materialien bei großen Deformationen als projektrelevant. In diesem Zusammenhang sind auch Arbeiten zur inversen Modellierung zu erwähnen, die u. a. Ausgangspunkt für die in EASyQuart durchgeführten Optimierungsstudien wurden.

Die Themen der Professur Simulation energetischer und technischer Systeme an der Fakultät Ingenieurwissenschaften der HTWK umfassen in Lehre und Forschung vor allem Simulationsmethoden in den Bereichen Strukturmechanik und Thermodynamik. Dazu zählen auch Methoden zur Systemsimulation, wie sie in der Gebäudetechnik eingesetzt werden. Mit dem Hintergrund in numerischer Simulation werden an der Professur verschiedene Projekte für Industriepartner von der Festigkeitsbewertung einzelner Bauteile bis zur fluiddynamischen Simulation von Raumluftströmungen bearbeitet. Gerade in Bezug auf die neuen Herausforderungen diskontinuierlicher Lasten und der dynamischen Bereitstellung regenerativer Energieträger sind die Methoden in der Gebäudesimulation wichtig, um in der energetischen Energiebilanz im Gebäude die richtigen Simulationen und Planungen durchführen zu können. In der Zusammenarbeit beider Professuren der HTWK konnten die Schwerpunkte der ober- und untertägigen Simulationen gemeinsam bearbeitet und über ein interdisziplinäres multiphysikalisches Modell gekoppelt werden.

Die Hochschule ist durch eigene Vorarbeiten auf den projektrelevanten Fachgebieten numerische Simulation von Prozessen im Untergrund, numerische Unsicherheitsanalysen und mathematische Optimierung sowie thermische Gebäudesimulation einschlägig ausgewiesen und seit Jahren in der Forschung erfolgreich aktiv. Übergeordnete Forschungsthemen und Anwendungsgebiete der vergangenen Jahre sind dabei vorrangig die Oberflächennahe Geothermie sowie die Nutzung des geologischen Untergrunds als thermischer Energiespeicher. Spezifische Arbeiten wurden und werden dazu im Rahmen der Vorbereitung, Durchführung und Analyse numerischer Simulationen der gekoppelten Prozesse im Untergrund sowie der Haustechnik geleistet. Weiterhin befasst sich die Hochschule intensiv mit der Simulation von Energieanlagen und Energienetzen zur Prognose des Energiesystems.

Analog zu den anderen EASyQuart-Verbundpartnern wird nachfolgend exemplarisch ebenso für die HTWK eine konkrete Projektbeteiligung sowie deren Bezug zu EASyQuart näher erläutert: Im 2017 abgeschlossenen Projekt Entwicklung von Methoden zur standortoptimierten geotechnischen Auslegung großflächiger Geothermiesysteme (SAGS)Footnote 3 führte die Professur Angewandte Mechanik der Hochschule Forschungsarbeiten zur Entwicklung von Modellierungskonzepten und -instrumentarien für die Analyse gekoppelter Prozesse in großflächigen oberflächennahen Geothermiesystemen als Beitrag für die Bewertung der Potenziale und der Sicherheit dieser Anlagen sowie deren Auswirkungen auf Schutzgüter durch. Speziell mit der in Zusammenarbeit mit dem Department ENVINF des UFZ durchgeführten Erweiterung der wissenschaftlichen Open-Source-Simulationsplattform OGS um numerische Modelle für die Abbildung von Erdwärmesonden (EWS) mit Integration eines Wärmepumpenmodells sowie zur Simulation von Prozessen des Gefrierens sowie Tauens wurden Grundlagen geschaffen, mit denen die in EASyQuart entwickelten und genutzten Unsicherheitsanalysen erst ermöglicht wurden. Basierend auf Projektergebnissen von SAGS wurden erste Anregungen für eine flexible Gestaltung der Auslegungsprozesse für untertägige Komponenten oberflächennaher geothermischer Netzwerke unter Berücksichtigung realer Standortbedingungen formuliert, die in EASyQuart um Aspekte der Integration der Haustechnikseite erweitert und für eine zukünftige wirtschaftliche Verwertung angepasst wurden.

1.3 Struktur und inhaltlicher Ansatz des Vorhabens

Das Verbundvorhaben EASyQuart basierte auf einer sehr engen Verknüpfung experimenteller und numerischer Arbeiten zu im Untergrund und in der Haustechnik ablaufenden komplexen Prozessen. Diese Arbeiten hatten die Entwicklung spezifischer Planungsinstrumentarien für die Auslegung oberflächennaher geothermischer Systeme zum Ziel und wurden durch deren Nutzung für Demonstrationsobjekte aus der Auslegungs- und Betriebspraxis entsprechender Anlagen einer sorgfältigen Validierung unterzogen. Dabei gewonnene Erkenntnisse wurden zudem genutzt, den aktuellen Stand behördlicher Vorgaben und Regularien für die Errichtung der betrachteten energetischen Systeme einer kritischen Sichtung zu unterziehen und Anregungen für deren stetige Anpassung zur Berücksichtigung des jeweiligen wissenschaftlich-technischen Standes sowie anwendungsrelevanter Erfordernisse und Bedingungen zu formulieren.

Abb. 1.2
figure 2

(Quelle: Vollantrag Verbundvorhaben EASyQuart, Version vom 30.07.2018)

Übergeordnete Projektstruktur für EASyQuart in thematischen Blöcken.

Abb. 1.3
figure 3

Arbeitspaketstruktur für EASyQuart

Bezogen auf die inhaltliche Projektstruktur wurde das Vorhaben in neun Arbeitspaketen (AP1 bis AP9) bearbeitet, die vier fachwissenschaftlichen thematischen Blöcken und einem Block zu Projektmanagement und Ergebnistransfer zugeordnet werden konnten (vgl. Abb. 1.2).

Ein erster fachspezifischer thematischer Block befasste sich mit der energetischen Bedarfsermittlung und der darauf basierenden Definition von Referenzmodellen für Gebäudetypen und zu untersuchende Nutzungsoptionen sowie der Festlegung typischer Lastprofile. Für diese Modelle und Optionen wurden in zwei weiteren Projektblöcken einerseits die Untergrundbestandteile und andererseits die Haustechnikkomponenten oberflächennaher Geothermiesysteme mit Verfahren der Erkundung, des Monitorings sowie der numerischen Simulation im Detail betrachtet und letztlich miteinander verknüpft. Hierbei gewonnene Erkenntnisse wurden in einem vierten fachwissenschaftlichen Block einer Synthese zugeführt, die u. a. Verfahren zur integrierten 3D-Visualisierung heterogener Daten beinhaltet und aus der wesentliche Schlussfolgerungen für die Praxis formuliert werden konnten. Damit umfassen die bearbeiteten Aufgabenstellungen die gesamte Wertschöpfungskette für die Auslegung und Planung oberflächennaher Geothermiesysteme zum Heizen und Kühlen von Stadtquartieren. Komplettiert wurden die Forschungsarbeiten durch Aktivitäten in den Bereichen Netzwerkbildung und Nachwuchsförderung.

Abb. 1.3 zeigt die Inhalte sowie die Interaktionen der einzelnen Arbeitspakete des Verbundvorhabens in einer vereinfachten Strukturübersicht. Nachfolgend werden deren inhaltliche Schwerpunkte kurz beschrieben. Im Detail werden die verwendeten Methoden und die Projektergebnisse in den Kap. 2 bis 7 dargestellt.

AP1: Energetische Bedarfsanalysen zur Ermittlung typischer Lastfälle für Stadtquartiere in Mischbebauung inklusive Gebäudesimulation

Größere Stadtquartiere zeichnen sich in der Regel durch eine Mischbebauung aus (z. B. Gebäude für Wohnen, Gewerbe, Dienstleistungen, öffentliche Gebäude und Kultureinrichtungen) und können Bestands-, aber auch Neubauten enthalten. Der tages- und jahreszeitliche Heiz- und Kühlbedarf der einzelnen Gebäudetypen unterscheidet sich auf der Bedarfsseite zum Teil deutlich voneinander, was unterschiedliche Anforderungen an die Versorgungsseite bedingt. Diese Aspekte sind bei der Auslegung einer geothermischen Anlage zu berücksichtigen, was den Planungsprozess im Fall größerer Objekte in Mischbebauung im Gegensatz zu Einzelanlagen, Mehrfachsystemen für große Einzelgebäude oder großflächigen Anlagen für Gebiete mit homogener Nutzung (z. B. reine Eigenheimsiedlungen) sehr komplex gestaltet. Die in der Auslegungspraxis häufig anzutreffende Übertragung der Konzepte, Prozeduren und Prognoseinstrumentarien für Einzelanlagen wird der Komplexität größerer Systeme nicht gerecht. Notwendig war damit zunächst eine gründliche Bestandsaufnahme der thermischen Energiebedarfe einzelner Gebäudetypen und der verfügbaren Haustechnik, um darauf aufbauend Prozeduren und Instrumentarien für eine verbesserte, flexible, standortbezogene und energieeffiziente Auslegung großflächiger oberflächennaher Geothermiesysteme entwickeln und empfehlen zu können.

Ausgangspunkt für die Forschungsarbeiten in EASyQuart war die Auswahl und Definition von repräsentativen Modellen für Referenzgebäude, wie sie aktuell häufig in Stadtquartieren in Mischbebauung errichtet werden. Davon ausgehend wurden ebenso mögliche Varianten für die Haustechnik (z. B. Heizungsanlage mit/ohne Solarkomponenten, mit/ohne Puffersystemen als Wärme- und Kältespeicher, mit/ohne Zwischenwärmeübertrager) betrachtet und entsprechend definiert. Anschließend erfolgte die Identifikation repräsentativer Nutzungsoptionen aus den Bereichen Heizen und Kühlen für die Referenzgebäude. Wichtig war dabei auch die Einbeziehung von Aspekten der Wärmespeicherung im Zusammenhang mit Gebäudekühlung, da diese positive Effekte auf die thermischen Regenerationspotenziale des Untergrunds haben. Gleichzeitig ist jedoch eine Temperatursteigerung in Grundwasserleitern über standortspezifische Grenzwerte hinaus zu vermeiden. Die Referenzgebäudemodelle wurden für real geplante oder existierende Objekte in die Testbeispiele für Demonstrationsstandorte integriert.

Das Arbeitspaket stellte als wesentliches Ergebnis repräsentative Lastprofile für das Heizen und Kühlen der betrachteten Referenzgebäude und deren Nutzungsoptionen bereit. Dabei wurden typische tages- und jahreszeitliche klimatische Bedingungen, die Nutzungsanforderungen des Gebäudes und die Betriebsweise der Haustechnik (z. B. Leistungsregelung, Zwangsabschaltung, Warmwasserbereitung, tatsächliche Heizlasten in Wärmepumpenanlagen) berücksichtigt. Diese Lastprofile dienten den numerischen Untersuchungen im Verbundvorhaben als Randbedingungen.

Im Rahmen von Haustechniksimulationen mit der kommerziellen Software SimulationX wurden typische Energiebedarfe für die Gebäude einer charakteristischen Quartiersbebauung ermittelt, die für die ausgewählten Nutzungsoptionen relevant sind. Damit entstand ein obertägiges Modell, welches die Lastseite mit moderner Haustechnik abbilden kann. Dabei wurde besonderes Augenmerk u. a. auf verschiedene Systemtypen (monovalent und bivalent) sowie unterschiedliche Grenztemperaturen seitens der Haustechnik und die Zielstellung eines ausgeglichenen Temperaturhaushalts gelegt. Die Berechnung des Wärme- und Kältebedarfs für die Nutzung mit geothermischen Ressourcen erfolgte als Zuarbeit für die numerischen Studien der Untergrundprozesse sowie die mögliche Kombination mit anderen regenerativen Quellen thermischer Energie (z. B. Solarthermie, Pelletheizungen).

Die gekoppelte numerische Simulation von Prozessen im Untergrund und der Haustechnik gehört nach wie vor nicht zum Standard in der aktuellen Auslegungspraxis großflächiger oberflächennaher geothermischer Systeme. Es ist jedoch bekannt, dass es Interaktionen und Rückkopplungen der unter- und obertägigen Systemkomponenten gibt, die bei Nichtbeachtung die Energieeffizienz der Gesamtanlage nachhaltig mindern können. Für die in EASyQuart durchgeführte Verknüpfung der entsprechenden Teilsystemsimulationen identifizierte dieses Arbeitspaket erforderliche Daten zur Kopplung der Simulationsmodelle, definierte darauf aufbauend Schnittstellen für die Kombination der Untergrund- und Haustechnikmodelle und setzte diese numerisch um.

AP2: Szenariensimulationen, Sensitivitätsstudien und Unsicherheitsanalysen für die energieeffiziente Auslegung des Untergrundsystems

Für die bestmögliche Ausnutzung des geothermischen Potenzials des oberflächennahen geologischen Raumes ist eine dem Standort optimal angepasste Anordnung und Dimensionierung von untertägigen Wärmeübertragerelementen (z. B. EWS, Erdkollektoren) von entscheidender Bedeutung. Zur Ermittlung ihres optimalen Arrangements beispielsweise bezüglich Anzahl, Lokalisierung oder geometrischer Abmessung wurden verschiedene numerische Szenariensimulationen für vorher definierte Nutzungsoptionen geplant. Grundlage dafür ist die Erstellung und Parametrisierung von geologischen Modellen für reale Standortbereiche. Für die Simulationen wurde vorrangig die wissenschaftliche Open-Source-Softwareplattform OGS verwendet und aufgabenspezifisch erweitert. Ausgehend von relevanten Bilanzgleichungen und konstitutiven Beziehungen umfasste dies im Einzelnen die Definition geeigneter Modelle, deren konkrete numerische Realisierung sowie die Modell- und Softwarevalidierung auf der Basis numerischer Benchmarks.

Die Erstellung geologischer Modelle und deren Parametrisierung mit wesentlichen Eigenschaften wurde basierend auf verfügbarem Kartenmaterial, Informationen früherer Bohrungen sowie Literaturwerten (z. B. für Bodenparameter) geplant und durch im Verlaufe von EASyQuart erhobene Erkundungsdaten an Demonstrationsstandorten unterstützt. Geologische Modelle enthalten Informationen zur Struktur des betrachteten Gebiets (z. B. Stratigrafie), zur Geometrie sowie eventuell vorhandenen Störzonen. Die einzelnen Gesteinsschichten werden bereits im geologischen Modell mit ausgewählten Bodenparametern, wie etwa der Massedichte, versehen.

Zur numerischen Simulation komplexer, transienter physikalischer Prozesse in Natur und Technik werden Orts- und Zeitdiskretisierungsverfahren genutzt, da im Allgemeinfall analytische Lösungen nicht verfügbar sind. Zu den Ortsdiskretisierungsverfahren gehört u. a. die Finite-Element-Methode, auf der auch die hier genutzte Simulationsplattform OGS basiert. Dabei wird das betrachtete Simulationsgebiet in ein Netz bestehend aus überschneidungsfreien Finiten Elementen aufgeteilt und die Lösung des numerischen Problems in diskreten Gitterpunkten des Netzes betrachtet. Zur numerischen Lösung der Testbeispiele werden die geologischen Modelle in Form eines Gitters abgebildet und mit allen notwendigen konstitutiven und Systemparametern sowie den erforderlichen Anfangs- und Randbedingungen versehen. Zu den konstitutiven Parametern gehören hydrogeologische (z. B. Permeabilität), thermische (z. B. Wärmeleitfähigkeit) und gegebenenfalls geomechanische (z. B. Elastizitätsmodul) Parameter der verschiedenen Gesteinsschichten. Systemparameter, wie etwa Zeitschrittweiten, steuern den numerischen Prozess. Zur Erstellung der Simulationsmodelle wurde u. a. der Datenexplorer von OGS genutzt.

Für Szenariensimulationen der Untergrundprozesse wurden im Rahmen der definierten Testbeispiele manuell Anzahl, Positionierung und Dimensionierung von EWS variiert und die Ergebnisse hinsichtlich des Wärmeertrags, des Langzeittemperaturverhaltens des Bodens sowie der Grundwasserbeeinflussung miteinander verglichen. Basierend auf den Ergebnissen der Untergrundsimulationen konnten Haustechniksimulationen über die Simulationsumgebung SimulationX angeschlossen werden, die eine Bewertung der Energieeffizienz der jeweils betrachteten Geothermieanlage gestatten. In diese Szenariensimulationen waren Sensitivitätsstudien integriert, bei denen jeweils einzelne Modellparameter in typischen Bereichen variiert wurden. Daraus konnten Informationen gewonnen werden, welche Parameter großen Einfluss auf die Simulationsergebnisse ausüben und somit besonderer Sorgfalt bei ihrer Ermittlung bedürfen.

Die für numerische Untergrundsimulationen notwendigen Parameter sind nur an diskreten Punkten bekannt, an denen Daten aus Erkundungsmessungen vorliegen. Für andere geometrische Orte können z. B. hydrogeologische, thermische und geomechanische Bodenparameter nur geschätzt werden. Daher sind diese Parameter mit Unsicherheiten behaftet, die für eine aussagekräftigere Vorhersage der relevanten Prozesse berücksichtigt werden sollten. Dazu dient die Unsicherheitsanalyse, bei der der Einfluss einer statistisch basierten Variation von verschiedenen, aus den zuvor erwähnten Sensitivitätsstudien als besonders relevant identifizierten Parametern auf das Simulationsergebnis untersucht wird. Im Rahmen der Forschungsarbeiten von EASyQuart wurden projektspezifische Konzepte zur numerischen Unsicherheitsanalyse gesichtet, ausgewählt und angepasst. Von besonderer Bedeutung war dabei die Auswahl angemessener Verteilungsmodelle für die untersuchten Parameter. Die Ergebnisse von Unsicherheitsanalysen stellen im Gegensatz zu in der Regel üblichen deterministischen Auslegungsoptionen statistisch abgesicherte Prognosen in vorgegebenen Wahrscheinlichkeitsintervallen dar. Sie wurden im Verbundvorhaben hinsichtlich ihrer Relevanz für konkrete Umsetzungen der betrachteten Nutzungsoptionen sowie auch hinsichtlich ihrer Bedeutung für eine potenziell erforderliche Flexibilisierung regulativer Rahmenbedingungen bewertet.

AP3: Studie zu potenziellen Optimierungsstrategien der Auslegung untertägiger Netzkomponenten

Die tatsächliche Entzugsleistung und die thermische Regenerationsfähigkeit des Untergrunds durch den Betrieb einer geothermische Anlage hängen wesentlich von der Anzahl, Anordnung und Dimensionierung der im geologischen Raum installierten Systemkomponenten (z. B. EWS) ab und unterliegen zeitlichen Schwankungen. Das in EASyQuart erarbeitete Entscheidungshilfesystem für die Auslegung derartiger Systeme stellt einen Handlungsleitfaden dar, der Prognoseinstrumentarien benennt und bewertet (u. a. auch numerische Komponenten), jedoch nicht als computergestütztes Dimensionierungsprogramm zu verstehen ist. In der Auslegungspraxis ist jedoch letztlich eine Softwareplattform wünschenswert, die einen Algorithmus zur Verfügung stellt, mit dessen Hilfe für ein gegebenes Gebiet beispielsweise die optimale Lage oder die optimale Dimensionierung von EWS automatisiert berechnet werden kann. Für Planungsprozesse werden solche Systeme zwar bereits angeboten, sie beruhen aber auf teilweise sehr vereinfachenden Annahmen über Struktur und Parameter des Untergrunds. Damit berücksichtigen sie die realen Standortbedingungen in der Regel nur unzureichend. Im Rahmen von AP3 wurde untersucht, wie ein derartiges, auf realen Bedingungen basierendes Optimierungsproblem prinzipiell formuliert und mathematisch gelöst werden kann.

Grundlegendes Ziel aller mathematischen Optimierungsstrategien ist es, das Minimum einer geeigneten Zielfunktion zu ermitteln. Diese Zielfunktion enthält die zu optimierenden Systemparameter und weist eine zweckmäßige mathematische Struktur auf (zumeist in Form einer Fehlerquadratsumme). Das hier betrachtete Optimierungsproblem ist sehr komplex, da im besten Fall sowohl die Anzahl als auch die Positionierung und die Dimensionierung (z. B. Länge von EWS) als Optimierungsparameter einbezogen werden, um die realen heterogenen Bodencharakteristika und Grundwasserverhältnisse effizient zu nutzen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Aspekte für den Wärmeentzug (Heizen von Gebäuden) und die Wärmespeicherung (Kühlen von Gebäuden) mitunter gerade entgegengesetzte Wirkung haben. So ist eine Grundwasserströmung beispielsweise wegen der dadurch verbesserten thermischen Regeneration des Untergrunds positiv für den Wärmeentzug, aber durch Abdrift der gespeicherten thermischen Energie mit strömendem Grundwasser negativ für die Wärmespeicherung. Es wurde somit zunächst untersucht, welche der genannten Parameter eines Erdwärmesondensystems sinnvoller Teil einer Zielfunktion zur Optimierung sein sollen, welche mathematische Form diese haben soll und welche Nebenbedingungen im Sinne von Regularisierungsparametern gegebenenfalls einbezogen werden können.

Im weiteren Projektverlauf wurde untersucht, welche mathematisch basierten Optimierungsverfahren für die betrachtete Problemstellung besonders geeignet sind. Grundsätzlich stehen dabei stochastische und deterministische Verfahren zur Verfügung, deren problemspezifische Eignung bewertet wurde. Dazu gehörte u. a. die Untersuchung verschiedener Optimierungsoptionen hinsichtlich ihrer numerischen Umsetzbarkeit (z. B. Vor- und Nachteile bezüglich der Bildung von Ableitungen der Zielfunktion, des Rechenaufwandes, der zu erwartenden Robustheit). Ableitungen der Zielfunktion werden für deterministische Optimierungsverfahren benötigt, sind aber unter Umständen nur numerisch zu bilden, was die Genauigkeit des Verfahrens einschränkt. Stochastische Optimierungsverfahren kommen ohne Ableitungen der Zielfunktion aus, benötigen aber eine große Anzahl auf Basis geeigneter Zufallsalgorithmen ausgewählter numerischer Realisierungen des Optimierungsproblems.

Wegen der Komplexität der Aufgabenstellung wurden gleichzeitig Möglichkeiten einer zweckmäßigen Modellreduktion untersucht, die vereinfachte Lösungen für die Ermittlung einer geeigneten Anordnung der Netzkomponenten einer geothermischen Anlage mit hinreichender Zuverlässigkeit verknüpfen und potenziell Standard im Planungsprozess werden könnten.

AP4: Entwicklung innovativer Erkundungs- und Monitoringstrategien

Die Standorterkundung und das Wirkungsmonitoring haben besondere Bedeutung bei der intensiven thermischen Nutzung des oberflächennahen Untergrunds. Eine nicht ausreichende Datengrundlage bei Bau und Betrieb von geothermischer Anlagen kann beispielsweise zu deutlichen Nutzungseinschränkungen bis hin zur Nutzungskonkurrenz führen. Eine besondere Herausforderung liegt darin, dass in Abhängigkeit von der spezifischen Nutzung unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der Erkundung und des Monitorings bestehen. Bei klassischen Erdwärmesondenanlagen führt eine vorhandene Grundwasserdynamik zum Abtransport abgekühlten Grundwassers und kann somit die Ausbildung einer Kälteinsel verhindern, während bei stationären Wärmespeichern eine räumliche Verfrachtung des Wärme- oder Kältereservoirs über die Grundwasserdynamik möglichst vermieden werden soll. Aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche, der Variabilität des hydrogeologischen Regimes sowie der komplexen Prozesse und Wechselwirkungen in der ungesättigten Bodenzone und im Grundwasser wurden in diesem Arbeitspaket nutzungsabhängige, standortbezogene, aber übertragbare, innovative Erkundungs- und Monitoringstrategien entwickelt und in der Praxis getestet, mittels derer die Funktion der thermischen Nutzung optimiert und Auswirkungen auf das Grundwasser und den Boden erfasst werden können.

Als methodische Grundlage für die Erkundungs- und Monitoringstrategien dienten Ergebnisse der in EASyQuart durchgeführten numerischen Sensitivitätsstudien und Unsicherheitsanalysen. Die Verbundpartner diskutierten den aktuellen Stand von Regularien, gängigen Praktiken, technologischen Aspekten und der Wirksamkeit kommerziell verfügbarer Methoden für die Erkundung und das Monitoring bei der Dimensionierung oberflächennaher geothermischer Systeme. Daraus wurden gemeinsam standort-, szenarien- und nutzungsabhängige Anforderungen an Erkundung und Monitoring definiert.

In einem weiteren Arbeitsschritt wurden projektspezifisch geeignete Erkundungs- und Monitoringverfahren sowie -strategien ausgewählt und angepasst sowie auf ihre Eignung, Aussagekraft und Effizienz geprüft. Dabei profitierte der Verbund insbesondere von den umfangreichen Erfahrungen und der ausgewiesenen Expertise des UFZ bei der Entwicklung nicht- oder geringinvasiver Verfahren zur Standorterkundung (z. B. Geoelektrik, Direct Push) sowie innovativer Konzepte zum Grundwasser- und Temperaturmonitoring in oberflächennahen geologischen Schichten. Die Palette der Anwendungsmöglichkeiten umfasst dabei sowohl hydrogeologische Studien wie z. B. Grundwassermanagement inklusive Schadstoffanalysen als auch geotechnologische Nutzungen der betrachteten Ressourcen wie z. B. Oberflächennahe Geothermie.

Zum Test und der Bewertung von Praxisrelevanz der ausgewählten Verfahren und Methoden wurden durch den Verbundpartner UFZ an ausgewählten Demonstrationsstandorten Messpositionen erschlossen sowie Technik für die Standorterkundung installiert, eingerichtet und kalibriert. Dabei wurde auf innovative, geringinvasive Konzepte zurückgegriffen, die in der aktuellen Auslegungspraxis noch nicht etabliert sind. Die durch die Standorterkundung gewonnenen Daten unterstützten die Erstellung geologischer Modelle sowie die Kalibrierung und Validierung der auf den geologischen Modellen basierenden Simulationsmodelle für die numerische Analyse der komplexen physikalischen Prozesse im Untergrund.

Für die Demonstrationsstandorte wurde zudem an geeigneten Messpositionen durch das UFZ Technik zum Wirkungsmonitoring (z. B. Grundwassermessstellen (GWM)) installiert, eingerichtet und kalibriert. Basierend auf Daten aus dem Wirkungsmonitoring konnten Anfangs- und Randbedingungen (z. B. Grundwasserdynamik) für die Simulationsmodelle erfasst sowie Ergebnisse von Prognosesimulationen validiert werden, wie z. B. räumliche und zeitliche Entwicklung von Temperaturfeldern im Untergrund.

Zu den wesentlichen Projektergebnissen von EASyQuart gehören die Erfassung des Standes der aktuellen Auslegungspraxis für oberflächennahe geothermische Systeme, der Test innovativer Prognoseinstrumentarien für verschiedene Phasen des Auslegungsprozesses sowie die Bewertung von deren Relevanz und Umsetzbarkeit hinsichtlich einer flexibleren Gestaltung der Auslegungsverfahren. In diesem Sinne wurden Beiträge zum Vergleich von Aufwand und Nutzen etablierter und für die gängige Praxis neuartiger Verfahren zur Standorterkundung und zum Wirkungsmonitoring geleistet. Konkret wurden Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der vom UFZ angepassten und entwickelten Erkundungs- und Monitoringkonzepte gegenüber etablierten Lösungen bewertet und die Potenziale für deren Einsatz in praxisrelevanten Planungsprozessen eingeschätzt. Dazu wurden durch den Verbundpartner geoENERGIE Konzept GmbH an Demonstrationsstandorten in der aktuellen Auslegungspraxis etablierte Verfahren für Standorterkundung und Wirkungsmonitoring zu vergleichenden Studien eingesetzt. Neben den so mit unterschiedlicher Methodik erhobenen Standortdaten wurde zusätzlich die Auswertung von Datensätzen in der Literatur sowie verfügbarer Laborversuche für die Bewertung der Verfahren genutzt.

AP5: Effizienzanalyse des optimierten energetischen Gesamtsystems aus Gebäude, Haustechnik und geothermischer Versorgung

Erst die Verknüpfung von Ergebnissen der Simulation komplexer physikalischer Prozesse im oberflächennahen Untergrund mit Ergebnissen der Gebäudesimulation für die Haustechnik bei Wärme- und Kälteversorgung erlaubt zuverlässige Analysen der Energieeffizienz eines kompletten geothermischen Systems mit seinen unter- und obertägigen Anlagen. Aus entsprechenden Untersuchungen in EASyQuart konnten insbesondere Schlussfolgerungen für ein intelligentes Systemmonitoring abgeleitet werden, um im Bedarfsfall regeltechnisch in das Betriebsregime des Systems eingreifen zu können.

Für die in AP1 betrachteten Referenzgebäudemodelle mit ihren typischen Lastprofilen erfolgten unter Berücksichtigung der für EASyQuart definierten Nutzungsoptionen in Verbindung mit Ergebnissen von Untergrundsimulationen Effizienzuntersuchungen zur Energiebilanz im Gebäude. Dabei wurde untersucht, welchen Einfluss eine optimierte Auslegung der untertägigen Systemkomponenten im Zusammenhang mit angepassten Gebäude- und Anlagenmodellen auf die Effizienz des Gesamtsystems hat.

Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurden bestehende Haustechnikmodelle analysiert und systematisch erweitert. Ergebnisse von Prognosesimulationen konnten teilweise mit realen Monitoringdaten von Haustechnikanlagen an Demonstrationsstandorten validiert werden.

Aus der Effizienzbewertung ausgewählter Gesamtsysteme wurden mögliche Konsequenzen für potenzielle Erweiterungen eines intelligenten Anlagenmonitorings bzw. für Veränderungen der Betriebsweise geothermischer Systeme mit ihren unter- und obertägigen Komponenten abgeleitet. So konnten beispielsweise Projektergebnisse für eine Optimierung von Anzahl und Lage der vorgeschriebenen GWM genutzt werden, deren Überwachung einen erheblichen Faktor bei den Betriebskosten eines geothermischen Systems darstellt. Darüber hinaus wurden innovative Monitoringkonzepte entwickelt, die die Bereiche Haustechnik, Simulation und Hydrogeologie sinnvoll miteinander verknüpfen. Mit diesem neuartigen Ansatz können anwendungsbezogene Schwellenwerte für Kennzahlen von Wärmepumpen definiert werden, mit deren Hilfe ein frühes Erkennen von Betriebsanomalien und die Abschätzung etwaiger Auswirkungen auf den Boden bzw. das Grundwasser möglich sind.

AP6: Gestaltung eines Versorgungsinformationssystems für Stadtquartiere unter Nutzung integrierter 3D-Visualisierungsmodelle

Unter Einbeziehung innovativer Techniken zur 3D-Visualisierung wurden in EASyQuart Strategien zur Kommunikation und Information sowie zur Datenexploration und Validierung gestaltet, die Teil von Entscheidungshilfesystemen für Planer, Technologieanbieter und potenzielle Nutzer von Ver- und Entsorgungsstrukturen in Stadtquartieren werden können, aber auch anschauliche Instrumente für die öffentliche Diskussion relevanter Projekte bereitstellen. Die integrierte Visualisierung bezieht dabei unter- und obertägige Strukturen (z. B. geologische Formationen, Erdwärmesondensysteme, Gebäude, Gebäudetechnik), Ver- und Entsorgungssysteme (z. B. Leitungsnetzwerke) sowie die Ergebnisse von Erkundungs- und Monitoringkampagnen ebenso ein wie die Ergebnisse numerischer Prozesssimulationen.

Basierend auf Erfahrungen aus anderen Anwendungsgebieten (z. B. Hydrosystemmodellierung) wurden zunächst Workflows für die Gestaltung projektrelevanter 3D-Visualisierungen erarbeitet. Diese legen für jede der zuvor genannten Dateneinheiten (Strukturen, Netzwerke, Messdaten, Simulationsergebnisse) die Abläufe von deren Integration in das Visualisierungssystem über die Art der Darstellung bis hin zu den notwendigen Algorithmen für die Visualisierung fest. Anschließend wurden für jeden Datentyp die spezifischen Visualisierungs-Algorithmen ausgewählt und die für die jeweilige Darstellung erforderlichen Komponenten vorhandener Visualisierungssoftware erweitert bzw. neu entwickelt. Gleichzeitig wurden Methoden für die integrierte Darstellung komplexer Wärme- und Kälteversorgungssysteme unter Berücksichtigung unter- und obertägiger Strukturen als potenzieller Bestandteil von Planungsinstrumentarien programmiert.

Informationen aus Dateneinheiten wie Strukturen, Netzwerke, Messdaten oder Simulationsergebnisse werden in voneinander unabhängiger Weise erhoben und weisen jeweils eine fachspezifische Struktur auf. Für die Integration der Daten in einem einheitlichen Visualisierungssystem müssen sie über Schnittstellen in dieses überführt werden. Dazu wurden in EASyQuart ein aufgabenspezifisches Datenintegrationskonzept zur Aufnahme, Aufbereitung und Nutzung verteilter Realdaten erarbeitet, Schnittstellen zwischen der Software zur Datenerhebung und der Visualisierungssoftware definiert sowie Adapter zum Transfer heterogener Daten in ein integriertes Software-Framework programmiert.

Mit dem Vorliegen von Daten für reale Testbeispiele, basierend auf Informationen von den Demonstrationsstandorten, konnten sukzessive reale 3D-Visualisierungen aufgebaut werden. Diese integrieren Projektergebnisse aus verschiedenen Quellen in einer einheitlichen Darstellung für Fachdiskussionen oder öffentliche Präsentationen und zeigen das Potenzial des Versorgungsinformationssystems, durch die Verwendung anschaulicher Visualisierungsverfahren die Dimensionierung oberflächennaher, geothermischer Systeme zu unterstützen. 3D-Visualisierungslösungen wurden für stationäre Systeme (z. B. das TESSIN VISLab des UFZ), mobile Visualisierungstechnik (z. B. für Präsentationen auf Tagungen, Workshops, Arbeitstreffen), Arbeitsplatzkomponenten (z. B. Head-mounted Displays) und die dreidimensionale Dokumentenpräsentation vorbereitet.

AP7: Validierung von Projektergebnissen an Daten von Demonstrationsstandorten

Eine Reihe von Aspekten des im Rahmen von EASyQuart entwickelten Prognoseinstrumentariums als Bestandteil eines Entscheidungshilfesystems zum Heizen und Kühlen von Stadtquartieren (Workflows, Bewertungskriterien, Verfahren für Erkundung, Monitoring, numerische Simulation und integrierte 3D-Visualisierung etc.) konnten mit Daten unterschiedlicher realer Standorte validiert werden. Entsprechende Daten standen teilweise dem Verbundpartner geoENERGIE Konzept GmbH aus bereits realisierten Projekten zur Verfügung (z. B. spezifische Erkundungs- und Monitoringdaten) bzw. wurden während der Bearbeitung von EASyQuart im Rahmen von Feldarbeiten an ausgewählten Demonstrationsstandorten erhoben.

Basierend auf bei Verbundpartnern vorliegenden, behördlich verfügbaren, der Literatur entnommenen sowie im Vorhaben zusätzlich ermittelten Daten wurde die Parametrisierung numerischer Testbeispiele vervollständigt. Diese sind erst damit optimal für Simulationen und die 3D-Visualisierung vorbereitet. Zu den hier ermittelten Modellparametern gehören ergänzende Systemparameter für den Untergrund und die Haustechnik, sowie Anfangs- und Randbedingungen der Modelle, die an den Demonstrationsstandorten bereits bekannt waren oder im Rahmen von EASyQuart ermittelt wurden. Eingeschlossen waren hierbei auch Betriebsparameter für die Kopplung von Simulationen des Untergrunds und der Haustechnik. Neben Erkundungsdaten und Systemparametern wurden an den Demonstrationsstandorten ebenfalls Monitoringdaten erfasst. Damit wurden Vergleiche berechneter und gemessener Werte ermöglicht, mit deren Hilfe die unterschiedlichen, im Vorhaben entwickelten Prognoseinstrumentarien und -konzepte als Teil eines Entscheidungshilfesystems validiert und bewertet werden konnten.

Erkundungsdaten und Parametersätze, die an den Demonstrationsstandorten erhoben wurden, dienten als Grundlage für die Ableitung einer Methodik zur Abschätzung des maximalen Wärmeentzugs aus dem Boden und Grundwasser für deren nachhaltige geothermische Nutzung. Dabei wurden die dominierenden, standortabhängigen natürlichen und anthropogenen Einflüsse auf das unterirdische Temperaturregime und auch ein möglicher Rückgewinnungsgrad von Wärme oder Kälte bei der saisonalen Speicherung berücksichtigt. Diese Arbeiten sind zweckmäßig, da in der aktuellen Auslegungspraxis entsprechende Parameter für die dem Boden zu entziehende geothermische Energie auf vereinfachten, empirischen Beziehungen beruhen und in der Regel vor allem die Grundwasserverhältnisse nur unzureichend berücksichtigen.

AP8: Entscheidungshilfesystem

Wirtschaftliches Hauptziel von EASyQuart war die Entwicklung eines daten- und wissensbasierten Entscheidungshilfesystems zur standortoptimierten Auslegung dezentraler Wärme- und Kälteversorgungssysteme unter Nutzung des oberflächennahen Untergrunds. Damit werden Dienstleistungsmodelle für Machbarkeitsstudien in der Vorplanung und die eigentlichen Planungsprozesse für die betrachteten geothermischen Systeme unterstützt. Mit der Integration verschiedener konkreter Prognoseinstrumentarien in Verfahren zur Entscheidungsfindung wurde hiermit ein zentraler Aspekt in der Arbeitsplanung des Verbundvorhabens adressiert. Die in EASyQuart erarbeiteten themenspezifischen Konzepte und Erfahrungen zu Erkundung, Monitoring, Simulation und Visualisierung wurden in einem übergeordneten Sinn in einer Art Handlungsleitfaden zusammengefasst, in dem optimale Strukturen formuliert wurden, welcher Akteur zu welchem Zeitpunkt mit welchen Instrumentarien im Auslegungsprozess aktiv werden sollte. Gleichzeitig wurden spezifische Planungsinstrumentarien benannt, bewertet und hinsichtlich ihrer Nutzungspotenziale charakterisiert.

Ausgehend von den Projektergebnissen wurden Beiträge zur Anpassung der Auslegungspraxis sowie regulativer Rahmenbedingungen formuliert. Dazu wurden u. a. für verfügbare Richtlinien, Leitfäden und Planungsunterlagen (z. B. DIN, VDI) Formulierungen und Regelungen identifiziert, die sich angesichts der in EASyQuart gewonnenen Erkenntnisse als nicht mehr zeitgemäß erwiesen und relevante Änderungen sowie Ergänzungen vorgeschlagen.

AP9: Projektmanagement, Workshops und Ergebnistransfer

Aufgabe der Gesamtkoordination des Verbundvorhabens war die Sicherstellung des wissenschaftlich-technischen Projektfortschritts in Zusammenhang mit den finanziellen Aspekten des Vorhabens sowie die Verbreitung von Projektergebnissen für Experten, potenzielle Nutzer, Behörden und gesellschaftliche Organisationen.

Um den Projektverlauf für alle Beteiligten transparent zu halten und den Wissensaustausch zwischen den Arbeitspaketen und Verbundpartnern zu gewährleisten, wurde in Ergänzung zu Arbeitstreffen einzelner Gruppen der Projektfortschritt auf halbjährlichen Verbundtreffen vorgestellt und diskutiert. Diese Treffen haben maßgeblich zur notwendigen Abstimmung und Integration der Projektarbeiten zwischen den Partnern beigetragen und es darüber hinaus ermöglicht, die inhaltliche Breite des Verbundvorhabens zu diskutieren sowie entsprechende fachliche Verknüpfungen zu identifizieren und auszubauen.

Als wesentliche Unterstützung des Verbundes bei dessen strategischer Ausrichtung, der Kooperation mit Dritten sowie den Verwertungsabsichten und -möglichkeiten erwies sich die Bildung eines projektbegleitenden Beirats mit unabhängigen Vertretern von Verbänden und Behörden. Die gemeinsame Diskussion von Zielen, Methoden und Ergebnissen des Vorhabens ermöglichte eine kontinuierliche Anpassung von Projektaktivitäten an jeweils aktuelle Erfordernisse der Praxis.

Ein essenzieller Bestandteil der Verwertungsplanung von EASyQuart war die Organisation von zwei Anwenderworkshops, die der unmittelbaren Verbreitung von Projektergebnissen vorrangig in Kreisen potenzieller Nutzer dienten. Als wesentliche Formen des Ergebnistransfers wurden (grundsätzlich gemeinsame) Publikationen der Verbundpartner in referierten Fachzeitschriften und die aktive Teilnahme an nationalen und internationalen Tagungen und Kongressen realisiert.

Die in der Antragsphase für das Verbundvorhaben EASyQuart erstellten Arbeits-, Zeit- und Kostenpläne wurden während der Projektlaufzeit in Abstimmung zwischen den Verbundpartnern und mit dem Projektträger kontinuierlich an die jeweils aktuelle Situation angepasst. Dabei kann festgestellt werden, dass die Arbeiten im Projekt insgesamt weitestgehend planmäßig verliefen, sodass die übergeordneten Vorhabenziele uneingeschränkt erreicht werden konnten.

1.4 Abriss zum Stand des Wissens vor und während der Laufzeit von EASyQuart

Im Rahmen des Ausbaus der erneuerbaren Energien als Eckpfeiler nachhaltiger Klima- und Energiepolitik gewinnt die Oberflächennahe Geothermie als dezentrale Energieoption zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden, Gebäudekomplexen und Stadtquartieren zunehmend an Bedeutung. In Deutschland ist die Nutzung oberflächennaher geothermischer Ressourcen ein mittlerweile technisch etabliertes Verfahren zum Heizen und Kühlen. Hierbei werden offene Systeme (z. B. Brunnenanlagen für die direkte energetische Nutzung von Grundwasser) und geschlossene Systeme (z. B. Erdwärmekollektoren oder EWS – ein in Deutschland sehr häufig verbautes System) genutzt. Die Gesamtzahl der in Deutschland installierten Systeme zur Nutzung Oberflächennaher Geothermie liegt aktuell laut Bundesverband Geothermie (Bundesverband Geothermie e.V. 2023) bei rund 440.000 mit einer installierten Leistung von 4400 MW. Nach einer starken Zunahme des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch im Wärmesektor, stagnierte der Anteil in den letzten Jahren bei etwa 14–15 % (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 2022). In Deutschland werden für die Nutzung oberflächennaher geothermischer Ressourcen Systeme mit Wärmepumpen benötigt, um die für die Gebäudeversorgung erforderlichen Temperaturen zu erreichen. Daher haben sich vor allem gestiegene Stromnebenkosten für den Betrieb der Wärmepumpen negativ auf die weitere Implementierung geothermischer Systeme ausgewirkt. Es werden neue Konzepte für die Erschließung und den Betrieb benötigt, die eine wirtschaftlich konkurrenzfähige Nutzung der Oberflächennahen Geothermie ermöglichen, um das große CO2-Einsparpotenzial dieser Technologie gegenüber konventionellen Heiz- und Kühlsystemen auszuschöpfen.

Für die Dimensionierung oberflächennaher geothermischer Einzelanlagen und Netzwerke haben insbesondere deren ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sowie die Steigerung der Energieeffizienz hohe Priorität. Bezüglich der Optimierung des Einsatzes von EWS als Einzelanlagen liegen umfangreiche Erfahrungswerte und ein breites Literaturangebot vor, welches hier lediglich exemplarisch mit ausgewählten Quellen zitiert werden kann. So existieren Regelwerke und Leitfäden der Verbände und Bundesländer, die Auslegungsrichtlinien und Hinweise für Bau und Betrieb der Anlagen liefern und spezifische Anforderungen an Modellierung und Simulation zu deren Dimensionierung skizzieren (vgl. Bockelmann et al. 2011; Koenigsdorff 2011; Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie 2009, 2011; VBI 2008; VDI 4640-1 2010).

Beim Betrieb von mehreren EWS bzw. bei Geothermiefeldern können aufgrund der gegenseitigen Beeinflussung der Sonden und eventueller Strömungen im Grundwasser Langzeiteffekte bezüglich der thermodynamischen Prozesse im Untergrund auftreten. Hier kann es mehrere Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis sich ein stationärer Zustand ausbildet. Derzeit gibt es noch relativ wenig Literatur, in der konkrete Aussagen zum Betrieb und besonders zur Dimensionierung von großflächigen Geothermiesystemen getroffen werden. Der Leitfaden Erdwärme des BWP (Bundesverband Wärmepumpe e.V. 2018) weist beispielsweise auf die Wichtigkeit eines sachgemäßen Designs von Erdwärmesondenanlagen hin, ohne detaillierte Handlungsempfehlungen zu geben. Die intensive, großflächige Nutzung oberflächennaher geothermischer Ressourcen, sowohl durch Großprojekte (Wohnanlagen, Bürogebäude etc.) als auch durch viele individuelle Kleinanlagen auf engem Raum (z. B. Einfamilienhäuser), stellt somit eine wachsende Herausforderung dar, die sowohl zuverlässiger Planungs- und Auslegungsinstrumentarien aufseiten der Ausführenden und Betreiber bedarf, als auch zukünftig eines thermischen Untergrundmanagements (Hähnlein, et al. 2011). Dazu werden neuartige Quartierslösungen benötigt – eine geothermische grundstücksbezogene Einzelerschließung ist im Fall großflächiger Systeme ökonomisch und ökologisch nur bedingt anschlussfähig gegenüber der Quartiersentwicklung (Schelenz 2017). Besonders im urbanen Bereich ist eine übergeordnete Betrachtung notwendig, da das thermische Regime im Untergrund einer Vielzahl von natürlichen, aber auch anthropogenen Einflüssen (z. B. tiefen Infrastrukturen wie Abwasserleitungen, Tiefkeller, Tiefgaragen oder U-Bahntunnel) unterliegt (Menberg et al. 2013). Dazu ergibt sich im urbanen Raum aufgrund der hohen Nutzungsdichte bereits heute ein erhöhtes Konfliktpotenzial zwischen geothermischen Nutzern, aber auch mit anderen Nutzungsarten, z. B. Trinkwasser- oder Prozesswassergewinnung (Epting und Huggenberger 2013; Ferguson und Woodbury 2006). Dies erfordert Quartierslösungen, die eine optimierte Anlagendimensionierung (z. B. Installationslänge der EWS) und einen effizienten ökonomischen Betrieb unter Berücksichtigung der ökologischen Nachhaltigkeit erlauben.

Durch eine potenziell übermäßige thermische Ausbeutung besteht im Zusammenhang mit oberflächennahen geothermischen Systemen die Gefahr der Ausbildung von Temperaturanomalien im Untergrund. In Extremfällen kann es zu Gefriererscheinungen im Untergrund kommen, die besonders im Wechsel mit Tauphasen Schäden an den Sonden, in der Hinterfüllung im Bohrloch oder selbst an den Gebäuden hervorrufen können. Eine starke Abkühlung des Untergrunds mindert zudem die Effizienz solcher Systeme (Stober und Bucher 2014) mit entsprechenden Auswirkungen auf deren wirtschaftlichen Betrieb. Neben unsachgemäßer Ausführung und Überlastung der Anlagen wurden insbesondere mangelhafte Dimensionierungen sowie unberücksichtigte Wechselwirkungen mit benachbarten Systemen als Ursachen deren ungenügender Effizienz erkannt (Bassetti et al. 2006; Casasso und Sethi 2014; Personenkreis Geothermie der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Geologie 2011). Demgegenüber führt eine Überdimensionierung oberflächennaher geothermischer Systeme zu unnötig hohen Investitionskosten. Diese Probleme kommen dabei umso mehr zum Tragen, je größer die Anlage ist, z. B. je mehr EWS installiert wurden. Als Ursachen für die Über- und Unterdimensionierung sind insbesondere unvollständige Kenntnisse der thermischen Untergrundparameter verbunden mit unzureichender Erkundung der geologischen Verhältnisse sowie fehlerhafte Annahmen des Wärme- und Kältebedarfs während des Auslegungsprozesses zu nennen (Hein et al. 2016a).

In der Bewertung des hier erläuterten Stands von Wissenschaft und Technik für die Optimierung von Anlagen zur Nutzung oberflächennaher geothermischer Ressourcen zum Heizen und Kühlen von Gebäuden zeigt sich, dass die gegenwärtige Auslegungspraxis auf Dokumenten (z. B. Leitfäden, Richtlinien) und regulativen Rahmenbedingungen beruht, die vorrangig für die Planung von Einzelanlagen (z. B. eine EWS gekoppelt mit einer Wärmepumpe zur Wärmeversorgung eines Eigenheims) erstellt wurden. Mit der aktuell stark wachsenden Anzahl von in Planung befindlichen großflächigen oberflächennahen Geothermienetzwerken zur Versorgung von Gebäudekomplexen und ganzen Stadtquartieren hat die Anpassung der Auslegungsprozesse nicht Schritt gehalten. So ist beispielsweise selbst bei Wohngebieten mit intensiver Nutzung Oberflächennaher Geothermie (z. B. Eigenheimgebiete) die geothermische grundstücksbezogene Einzelerschließung heute noch gängige Praxis (Vienken et al. 2015). Diese Vorgehensweise ist ökonomisch und ökologisch nur bedingt anschlussfähig. Für großflächige oberflächennahe geothermische Systeme werden vielmehr Quartierslösungen benötigt, die sowohl eine optimierte Anlagendimensionierung (z. B. Anzahl, Anordnung und Installationslänge von EWS) als auch einen effizienten ökonomischen Betrieb unter Berücksichtigung der ökologischen Nachhaltigkeit erlauben.

Ein freier Zugang zu den für die Standortbewertung und Dimensionierung notwendigen Daten für alle Beteiligten (z. B. Bürger, Planer und Genehmigungsbehörden) ist von übergeordneter Bedeutung. Fachplaner und Behörden können in diesem Zusammenhang neben nachvollziehbaren und konsistenten Abläufen zur Bewertung von Standorten und der Genehmigung geplanter Anlagen auch von zentralen, vollständigen Datenbanken für grundlegende, z. B. geologische, Daten profitieren. Grundvoraussetzung für die optimierte Dimensionierung der Anlagen und Systeme sowie der nachhaltigen Bewirtschaftung des oberflächennahen Untergrunds ist jedoch eine ergänzende, lokale Vorerkundung standortspezifischer Bedingungen. Dafür, wie auch für analytische oder numerische Berechnungen des zu prognostizierenden Systemverhaltens, werden in der aktuellen Auslegungspraxis häufig vereinfachte Annahmen getroffen, die den realen Gegebenheiten bei der großflächigen Bewirtschaftung des oberflächennahen geothermischen Raumes mit den vorhandenen Nutzungskonkurrenzen nur bedingt entsprechen. So wird beispielsweise die Relevanz von Gefrierprozessen im Untergrund im Zusammenhang mit dem Betrieb geothermischer Systeme bisher kaum untersucht, obwohl diese bei geothermischen Netzwerken deutlich gegenwärtiger sind als bei Einzelanlagen und zu den zuvor genannten Schadensbildern führen können.

Ergänzend zu diesen allgemeinen Erläuterungen wird nachfolgend der Stand des Wissens für die jeweiligen Arbeitsgebiete dargelegt.

Erkundungs- und Monitoringmethoden

Für die Konzeption und Genehmigung oberflächennaher geothermischer Anlagen sind Aussagen über die konkreten Standortbedingungen von essenzieller Bedeutung, um zunächst die prinzipielle Machbarkeit und dann in einem weiteren Schritt die zu erwartende Effizienz der Anlage modellbasiert über einen längeren Zeithorizont bewerten zu können (siehe u. a. Meng et al. (2019); StMUGV (2005)). Wesentliche Kennwerte zur Auslegung von Geothermiesystemen sind die Wärmeleitfähigkeit, die ungestörte Untergrundtemperatur und Informationen zur Grundwasserdynamik. Zur Relevanz der Grundwasserdynamik kann u. a. bei Magraner et al. (2021) und Perego et al. (2022) nachgeschlagen werden. Messwerte zur Wärmeleitfähigkeit können u. a. im Labor an Proben bestimmt werden, die während einer Bohrung gewonnen wurden. Hierbei wird aber ein möglicher Einfluss von Grundwasserströmungen nicht erfasst. Mithilfe von Thermal-Response-Tests kann die scheinbare Wärmeleitfähigkeit (Mischsignal aus der Wärmeleitfähigkeit der Gesteinsmatrix und einem etwaigen Einfluss der Grundwasserdynamik) in situ bestimmt werden  (Sanner et al. 2000). Dieser Test ist aber in Bezug auf die Quantifizierung des Einflusses der Grundwasserdynamik mit erheblichem Aufwand und verbleibenden Unsicherheiten verbunden, dies gilt insbesondere unter heterogenen Untergrundbedingungen (Angelotti et al. 2018). Dennoch haben Untersuchungen gezeigt, dass in dieser Form ermittelte Materialparameter häufig noch immer genauer sind als allein über die Lithologie geschätzten Werte (Schelenz 2017). Abweichungen können zu einer Über- oder Unterdimensionierung der Geothermieanlage führen (Koenigsdorff 2011; Marc et al. 2007). Während der Einsatz innovativer hydrogeologischer und geophysikalischer Messmethoden (Dietrich und Leven 2006; McCall et al. 2005) in vielen Anwendungsbereichen zu den Standards zählt, ist eine Verwendung dieser Methoden in der oberflächennahen geothermischen Vorerkundung bislang unüblich. Bei der Installation von Kleinanlagen im Ein- und Mehrfamilienhausbereich < 30 kW Heizleistung wird in der Regel auf eine Vororterkundung verzichtet (VDI 4640-1 2010), obgleich Studien belegen, dass eine Erhebung von Vorortparametern maßgeblich zu einer optimierten Anlagendimensionierung und besseren Vorhersage der Umweltauswirkungen beitragen kann (Meng et al. 2019; Schelenz et al. 2017). Die fehlende Umsetzung liegt vor allem daran, dass bei der derzeit gängigen grundstücksbezogenen Erschließungspraxis finanzielle Restriktionen häufig keine Messung der relevanten Parameter erlauben. Selbst bei Großanlagen > 30 kW Heizleistung werden häufig nur TRTs durchgeführt, die zwar eine in-situ-Messung der Wärmeleitfähigkeit des Untergrunds erlauben, aufgrund der integralen Messwerterhebung aber in der Regel keine differenzierten Aussagen über den Untergrundaufbau zulassen. Eine Ausnahme hiervon ist der Enhanced-Thermal-Response-Test (ETRT), der jedoch in der Praxis aufgrund des erhöhten Aufwandes und der damit einhergehenden Kosten nicht standardmäßig eingesetzt wird. Weiterhin liegt eine große Herausforderung, insbesondere bei der geothermischen Quartierserschließung, in der räumlichen Größe des zu charakterisierenden Gebietes gegenüber geothermischen Einzelanlagen. Insbesondere in Bereichen mit variabler Geologie ist eine Charakterisierung des Schichtenaufbaus und seiner räumlichen Variabilität (vor allem hinsichtlich der für die Geothermie relevanten Kennwerte) ausschließlich über Punktmessungen wie den TRT mit einem sehr großen Aufwand verbunden. Gerade für oberflächennahe Anwendungen (bis ca. 30 m Tiefe) auf Quartiersskala wie flache EWS oder offene Systeme ist daher die Anwendung innovativer Erkundungsstrategien (z. B. Kopplung geringinvasiver DP Sondiertechnik und oberflächengeophysikalischer Messungen (Klingler 2021; Utom 2019; Wunderlich et al. 2018)) notwendig. Damit kann die oftmals große Modellunsicherheit, die durch die Approximation von Parametern wie hydraulische Leitfähigkeit, Wärmeleitfähigkeit oder Porosität entsteht, reduziert werden und die Anlagen können nachhaltig ausgelegt als auch ökologisch und ökonomisch nachhaltig betrieben werden.

Das Monitoring von Umweltauswirkungen bei der Nutzung großer oberflächennaher geothermischer Anlagen findet in der Regel über die Installation von Grundwasser- oder Bodentemperaturmessstellen mit Temperaturstichtagsmessungen oder kontinuierlichen Aufzeichnungen von Grundwasser- oder Bodentemperaturen mittels installierter Messsensorik (Temperatur-Logger) statt. Die Bewertung bzw. Quantifizierung der von der Nutzung der Oberflächennahen Geothermie verursachten Boden- und Grundwassertemperaturänderungen erfolgt dann durch den Vergleich der vermeintlich ungestörten Untergrundtemperaturen im Grundwasseranstrom mit den Messwerten der Abstrommessstellen. Das Monitoring der Grundwassertemperaturen ist dadurch mit erheblichen Kosten verbunden, die eine wirtschaftliche Nutzung Oberflächennaher Geothermie einschränken können. Etwaige Betriebsanomalien werden beim klassischen Monitoring in der Regel erst dann erkannt, wenn Auswirkungen bereits messbar sind. Da die Quantifizierung der Auswirkungen auf Messungen an wenigen Aufschlusspunkten beruht, ist zudem deren Repräsentativität entscheidend. Insbesondere in neuen Quartieren kann es zu einer langfristigen Änderung der Untergrundtemperaturen (i. d. R. Anstieg) unabhängig durch die Nutzung Oberflächennaher Geothermie kommen. Dieser als „urbane Grundwasserwärmeinsel“  beschriebene Effekt (Balke 1974; Böttcher und Zosseder 2022; Zhu et al. 2010) und seine Auswirkungen auf das geothermische Potenzial sind Gegenstand zahlreicher Untersuchungen (Arola und Korkka-Niemi 2014; Hemmerle et al. 2022; Zhu et al. 2010). Vor allem gilt es aber, mögliche Veränderungen der Grundwassertemperatur durch die Errichtung von Gebäuden und Versiegelung von Oberflächen (z. B. als Verkehrs- und Parkflächen) zu quantifizieren und diese Veränderung aktiv bei der Bewertung der durch die Geothermienutzung hervorgerufenen Veränderung der Boden- und Grundwassertemperatur zu berücksichtigen.

Numerische Simulation von Prozessen im Untergrund

Die in geotechnischen Anwendungen ablaufenden Vorgänge koppeln thermische, hydraulische, mechanische sowie chemische (THM/C) Prozesse miteinander. Der Begriff THM/C-Modellierung ist mittlerweile Standard in der Literatur zur Simulation geotechnischer Systeme. Zu den Grundlagen der hierfür relevanten Mechanik und Numerik poröser Medien sowie zur Nutzung im Bereich der Ingenieurwissenschaften, der Bio- und Geomechanik existiert ein kaum übersehbares Literaturangebot. Allerdings wurde eine umfassende Kopplung der zuvor angeführten Prozesse bisher nur unter vereinfachten Annahmen beschrieben und realisiert. So werden z. B. oft Phasenübergänge, inelastische Deformationen und nicht-isotherme Reaktionssysteme nicht im vollständigen THM/C-Kontext betrachtet. Es stehen zwar etablierte Softwareprodukte für die einzelnen Prozesse zur Verfügung, deren Weiterentwicklung für neue Fragestellungen ist jedoch kaum möglich, da der Quellcode oft nicht frei zugänglich verfügbar und eine programmtechnische Entwicklungskompetenz beim Anwender nicht vorhanden ist. Gleichzeitig vermindert die Kopplung dieser spezialisierten Codes über Datentransfer drastisch die Rechengeschwindigkeit und ist fehleranfällig, wenn die Codes z. B. konzeptionell bedingt unterschiedliche Rechengitter mit permanenter Inter- bzw. Extrapolation von Daten verwenden.

Geotechnische Anwendungen können derzeit mit einer Reihe etablierter kommerzieller und wissenschaftlicher Programmsysteme simuliert werden. Als repräsentative, unvollständige Auswahl seien hier die TOUGH- (Pruess 2004) und FLAC-Familie (Moridis et al. 2009), Code_Bright (Olivella et al. 1996) und DuMux (Flemisch et al. 2011) genannt.

In der aktuellen Auslegungspraxis für die Planung oberflächennaher geothermischer Anlagen werden meist kommerzielle Programmsysteme genutzt, die auf analytischen Modellen basieren. Zur Herleitung entsprechender analytischer Lösungen sind immer vereinfachende Annahmen zu treffen. Es existieren z. B. analytische Modelle, die den geothermischen Gradienten und die variable Oberflächentemperatur (Bandos et al. 2009) oder den advektiven Wärmetransport durch Grundwasserfluss (Stauffer et al. 2013) berücksichtigen. Weiterhin gehen alle analytischen Lösungen von homogenen Untergrundeigenschaften aus.

Zur Berücksichtigung aller relevanten Effekte, die im oberflächennahen Untergrund bei dessen geothermischer Bewirtschaftung beobachtet werden, sind numerische Simulationen unverzichtbar. Als kommerziell verfügbares Berechnungswerkzeug sei hier beispielhaft das Programm Finite Element Subsurface Flow & Transport Simulation System (FEFLOW) (Diersch 2014) erwähnt, welches zur Integration von Wärmepumpen über eine Schnittstelle zur Gebäudesimulationssoftware TRNSYS (Fiksel et al. 1995) verfügt. FEFLOW wurde insbesondere für die Simulation von Fluid-, Masse- und Wärmetransport in porösen Medien entwickelt und spricht damit ein Anwendungsgebiet an, dem auch die in EASyQuart untersuchten Systeme zuzuordnen sind.

Wie zuvor erwähnt, können die genannten Softwareplattformen zur Simulation komplexer Prozesse im Untergrund aktuell nur einen spezifischen Teil des gesamten notwendigen Prozessspektrums abdecken. Des Weiteren ist ein Erwerb dieser Programme für klein- und mittelständische Unternehmen wirtschaftlich in der Regel nicht vertretbar. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der Projektarbeiten in EASyQuart ein anderer Weg verfolgt: Die unter Koordination des UFZ von einem internationalen Konsortium entwickelte Open-Source-Programmplattform OGS steht als freies, wissenschaftliches Simulationssystem zur Verfügung (Kolditz et al. 2012) und wurde für die spezifischen Fragestellungen von EASyQuart modifiziert bzw. ergänzt. Ausgangspunkt war dabei eine Programmversion, die über ein integriertes EWS-Wärmepumpen-Modell verfügt (Hein et al. 2016a, b; Hein 2018; Shao et al. 2016; Zheng et al. 2016). Sowohl FEFLOW als auch OGS basieren auf dem sogenannten Dual-Continuum-Approach (Diersch et al. 2011a, b). Bei diesem Ansatz werden die EWS als Linienelemente idealisiert, die in ein dreidimensionales Netz des umgebenden Untergrunds integriert werden. Der horizontale und vertikale Wärmetransport mittels Wärmeleitung und Advektion wird dabei durch ein thermisches Widerstands-Kapazitäts-Netzwerk abgebildet. Die größten Vorteile dieser Vorgehensweise sind die vollständige Verfügbarkeit der Quellen von OGS sowie die dort realisierte Konzeption einer intrinsischen Prozesskopplung als gemischte Finite-Element-Formulierung.

Numerische Unsicherheitsanalysen und mathematische Optimierungsverfahren

Die Unsicherheit bezüglich der Daten, mit denen numerische Simulationen der im Untergrund ablaufenden Prozesse durchgeführt werden, stellt ein wesentliches Problem für die optimale Auslegung von geotechnischen Systemen dar. Konkrete Daten für die Parametrisierung der Simulationsmodelle liegen nur lokal, beispielsweise für Bohrkerne, vor. Die Werte für die umliegenden Bereiche sind nur zu schätzen. Mittels Monte-Carlo-Simulationen kann in diesem Zusammenhang die Unsicherheit quantifiziert werden, mit der Parameter flächenmäßig verteilt angegeben werden. Dabei wird unter Nutzung geostatistischer Techniken eine Vielzahl stochastisch äquivalenter Modelle generiert, mit denen die Unbestimmtheit der genutzten Daten berücksichtigt werden kann (Chilès und Delfiner 2012; Pyrcz und Deutsch 2014). Zur numerischen Simulation müssen für die Parameter geeignete Verteilungen ausgewählt werden, die z. B. aus Erkundungsmessungen am jeweils betrachteten Standort zu ermitteln sind.

Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Messdaten, die zudem oft nur in geringer Auflösung vorliegen, gibt es insbesondere für tiefe geotechnologische Anwendungen wie auch beispielsweise für die geologische Speicherung von Energieträgern (z. B. Methan, Wasserstoff) und Abfällen (z. B. Kohlendioxid) umfangreiche Forschungsarbeiten zur Unsicherheitsanalyse. Damit werden geschätzte Modellparameter (z. B. hydraulische, thermische oder mechanische Parameter des Untergrunds) weiterer geostatistisch basierter Variationen unterzogen und die Simulationsergebnisse können im Sinne einer mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit behafteten Lösung interpretiert werden. Eine Reihe von Autoren stellt das Thema der Unsicherheitsanalysen in Verbindung mit der Parameterschätzung zur Kalibrierung von Simulationsmodellen vor (Ewing und Lin 1991; Neuman 1973; Sun 1999; Yeh 1986).

Aktuelle Projekte betrachten in Bezug auf EWS u. a. Sensitivitätsanalysen zum Lastprofil (Gao et al. 2022) oder zu bestehenden sowie neu entwickelten Verpressmaterialien, um die Einflüsse auf den Wärmetransport zu analysieren (Badenes et al. 2020; Chicco und Mandrone 2022). Unsicherheitsanalysen werden zu Themen wie dem Bohrlochwiderstand (Choi et al. 2022) oder der tatsächlichen Position von EWS im geologischen Untergrund (Steinbach et al. 2021) durchgeführt.

Für die Lösung von Optimierungsproblemen stehen im Wesentlichen zwei Klassen von Optimierungsverfahren zur Verfügung: gradientenbasierte (deterministische) und gradientenfreie (stochastische) Ansätze. Bei beiden Ansätzen wird ein Minimum für eine geeignete Zielfunktion gesucht. Dabei nutzen gradientenbasierte Verfahren in den Iterationsschritten die erste bzw. teilweise auch die zweite Ableitung der Zielfunktion, um in Richtung des gesuchten Minimums voranzuschreiten (Dennis und Schnabel 1996; Rao 2009). Voraussetzung dabei ist, dass die Ableitung der Zielfunktion nach den gesuchten Parametern existiert und berechnet werden kann. Die stochastischen Verfahren kommen meist ohne die Berechnung der Ableitung aus (Endres et al. 2018; Nelder und Mead 1965; Storn und Price 1997; Xiang et al. 1997). In diesem Zusammenhang wird beispielsweise durch geschickte Kombination und Variation von Parametersätzen nach bestimmten Evolutionsstrategien versucht, einen die Zielfunktion optimierenden Parametersatz zu ermitteln. Diese Verfahren verlangen eine sehr große Anzahl an Berechnungen des Zielfunktionswertes, was insbesondere bei Berücksichtigung komplexer Simulationsgebiete, wie den hier betrachteten Problemstellungen, sehr aufwendig ist. Für die Oberflächennahe Geothermie wurden Optimierungsproblemstellungen formuliert, mit dem Zweck, den durch Erdwärmesondenfelder bedingten thermischen Einfluss im Erdreich zu minimieren, extreme Temperaturanomalien zu vermeiden und auf diesem Wege die Leistung der Wärmepumpe zu verbessern. Konkret wird dabei die maximale Temperaturveränderung minimiert, indem entweder die Entzugsleistung optimal auf die Sonden verteilt wird oder unnötige Sonden in einem vorgegebenen Netz identifiziert und ausgeschlossen werden (Bayer et al. 2014; Hecht-Méndez et al. 2013; de Paly et al. 2012).

Thermische Gebäudesimulation

Dynamische Prozesse in Gebäuden und Anlagen wie z. B. Wärmeleitung, Konvektion, Luftströmung u. a. können mit Programmen wie beispielsweise TRNSYS, EnergyPlus oder der Programmiersprache Modelica simuliert werden. Diese Ansätze ermöglichen die Simulation kompletter Energiesysteme und werden zunehmend auch in der Planungspraxis eingesetzt, um komplexe Szenarien der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien abzubilden. Sola et al. (2018) geben einen vergleichenden Überblick über den aktuellen Stand dieser Ansätze. Für die Betrachtung von EWS und anderen geothermischen Baugruppen stehen häufig spezielle Softwaremodule zur Verfügung bzw. können vom Anwender selbst über offene Schnittstellen integriert werden. TRNSYS und andere spezialisierte Programmsysteme für die Simulation von EWS, wie beispielsweise SBM (Eskilson 1986), COSOND (Eugster 1991) oder das Programm EWS (Huber und Schuler 1997), betrachten jedoch im Wesentlichen technische Systemkomponenten und berücksichtigen das Erdreich nur in stark vereinfachter Form. Für heterogene Untergrundzusammensetzungen, Grundwasserleiter oder die Berücksichtigung benachbarter thermischer Anlagen sind ausführlichere Betrachtungen notwendig. Im Rahmen von Co-Simulationen werden spezialisierte Programmsysteme wie z. B.

  • FEFLOW und EnergyPlus (Sagerschnig et al. 2014),

  • FEFLOW und MATLAB (Welsch et al. 2017) oder

  • TOUGH und Modelica (Hu et al. 2020)

gekoppelt, um den Untergrund dreidimensional diskretisiert zu modellieren und die zuvor angesprochenen Bedingungen zu berücksichtigen.

In Bezug auf das Gebäude schreibt das Gebäudeenergiegesetz – GEG (2020) bei Neubauten die Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien vor. Zu diesen erneuerbaren Energien zählen neben der solaren Strahlungsenergie und der in Biomasse enthaltenen Energie auch die Erd- und Umweltwärme, die mittels luft- und erdreichgekoppelter Wärmepumpenanlagen erschlossen werden können.

Für einzelne Planungsvorhaben ist die gekoppelte Simulation von Erdreich, Wärmepumpenanlage, Heizungsanlage, Gebäude und Regelungstechnik oft zu aufwendig und nicht wirtschaftlich. Aus technischer Sicht ist eine gekoppelte Simulation sehr anspruchsvoll, da hier auch verschiedene mathematische Simulationsmethoden vereint werden müssen. Eine optimale Konfiguration des Zusammenspiels dieser fünf Teilsysteme kann nur durch eine systematische Untersuchung mit detaillierten Modellen vorgenommen werden. Der ISE-Feldtest (Miara et al. 2011) zeigt, dass hier großer Handlungsbedarf besteht, denn die Bandbreite der Jahresarbeitszahlen liegt bei den untersuchten Luft-/Wasser-Wärmepumpenanlagen zwischen 2,2 und 4,2 sowie bei den Sole-/Wasser-Wärmepumpen zwischen 3,0 und 5,4. Bezüglich der Forderungen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – EEWärmeG (2009) erreichen viele Anlagen nicht die angestrebten Jahresarbeitszahlen.

Wissenschaftliche 3D-Visualisierung

Wissenschaftliche 3D-Visualisierung ist integraler Bestandteil von Modellierungs-Workflows, der es Wissenschaftlern gestattet, große Datensätze und numerische Simulationsergebnisse übersichtlich darzustellen und diese selbst besser zu verstehen, als auch einer breiten Öffentlichkeit anschaulich zu vermitteln. Für ingenieurtechnische Anwendungen ist die 3D-Visualisierung mittlerweile zu einem unverzichtbaren Werkzeug der Interpretation komplexer und zeitlich wie räumlich veränderlicher Datenmengen in einer Vielzahl wissenschaftlicher und technischer Bereiche geworden (Harder et al. 2016; Molnar und Gruchalla 2018; Neubert et al. 2019). Um die Vorteile dieser virtuellen Darstellungsformen optimal nutzen zu können, sind geeignete Workflows, Schnittstellen und Programmkomponenten erforderlich, deren Entwicklung aufgrund der Größe der Daten (Dubois und Lekien 2019; Wu et al. 2022) und der Variabilität unterschiedlicher Datenquellen und der Breite der Anwendungsbereiche im konkreten Fall eine große wissenschaftliche Herausforderung darstellt (Childs et al. 2013; Kolditz et al. 2019; Rink et al. 2014).

Methoden und Instrumentarien der wissenschaftlichen 3D-Visualisierung sind häufig auf Anwendungen für die Nutzung durch Behörden (Serpen et al. 2005; Weers und Huggins 2020) oder durch Firmen beschränkt, wobei Letztere die verwendeten Ansätze nur in Ausnahmefällen publizieren (so beispielsweise Hanson (2021) zur Dokumentation der kommerziellen CoViz4D-Software). In der aktuellen Auslegungspraxis für oberflächennahe geothermische Einzelanlagen bzw. großflächige Systeme spielt 3D-Visualisierung bisher eine untergeordnete Rolle. Auch für die Visualisierung von Gebäuden, wie sie für eine geeignete Darstellung von Haustechnikkonzepten von Vorteil wäre, finden sich lediglich vereinzelte Anwendungen für Smart Homes (König et al. 2021) oder die Nutzung öffentlicher Gebäude (Oppermann und Munzner 2020). Mit der Entwicklung von Arbeitsplatzlösungen und mobiler Visualisierungstechnik verdient dieses Element der Darstellung, Validierung, Diskussion und Präsentation komplexer, mehrkomponentiger Systeme mit heterogenen Daten aus unterschiedlichen Quellen verstärkte Beachtung.

1.5 Zusammenarbeit mit anderen Initiativen

Die Aktivitäten der Verbundpartner innerhalb des Forschungsverbundes EASyQuart waren in ergänzender Weise gut mit Untersuchungen und Ergebnissen weiterer themenrelevanter Projekte abgestimmt, die unter Beteiligung der Partner in anderen internationalen und nationalen Programmen gefördert wurden. Für die Auswahl, Entwicklung und Evaluierung innovativer numerischer Simulationsverfahren zur Analyse des Systemverhaltens und der Auswirkungen einer umfassenden geothermischen Bewirtschaftung des oberflächennahen Untergrunds im urbanen Raum sowie integrativer Methoden zur 3D-Visualisierung heterogener Daten ist dabei insbesondere das in der Zwischenzeit beendete Verbundvorhaben „Auswirkungen der Nutzung des geologischen Untergrundes als thermischer, elektrischer oder stofflicher Speicher thm/c- Integration unterirdischer Speichertechnologien in die Energiesystemtransformation am Beispiel des Modellgebietes Schleswig-Holstein (ANGUSII)“  (Förderung durch das vormalige BMWi) zu nennen, in welches das UFZ als Partner eingebunden war. In diesem Zusammenhang konnten für EASyQuart relevante Techniken in enger Kooperation mit entsprechenden städtischen Behörden u. a. auch an einem zur geologischen Wärmespeicherung genutzten Standort in Hamburg validiert werden.

In den zwei, mittlerweile abgeschlossenen, Projektphasen des Verbundvorhabens TestUM-Aquifer (Förderung durch das BMBF) entwickelte das Department MET des UFZ Strategien zum Monitoring als Grundlage für das bessere Verständnis von Fließprozessen im Bereich der Hochenthalpiewärmespeicherung in Lockergesteinsgrundwasserleitern. Gewonnene Erkenntnisse vereinfachten und verkürzten strategische Entscheidungen sowie Vorbereitungszeiten für Projektarbeiten zum Grundwasser- und Temperaturmonitoring an für EASyQuart relevanten Standorten und konnten im Projekt erfolgreich auf deren Übertragbarkeit für den urbanen Raum getestet werden. Die Auswahl geeigneter Erkundungsverfahren für den Untergrund an im Rahmen von EASyQuart analysierten Standorten wurde durch Erkenntnisse unterstützt, die das Department MET des UFZ im ebenfalls bereits beendeten Verbundvorhabens SIMULTAN (Förderung durch das BMBF) gewinnen konnte. Spezifische Projektziele bestanden dort u. a. in der Entwicklung und Erprobung von Strategien zur Erkundung und Charakterisierung des oberflächennahen Untergrunds (beispielsweise durch Kombination geeigneter nicht- und geringinvasiver Erkundungstechniken) zur besseren Charakterisierung des hydrogeologischen Regimes und dessen Variabilität im Vorfeld der Entwicklungen eines Erdfallfrühwarnsystems.

Im Rahmen des 2019 abgeschlossenen, durch die Europäische Kommission geförderten Verbundvorhaben „Shallow Geothermal Energy Planning, Assessment and Mapping Strategies in Central Europe (GeoPLASMA-CE)“  war die geoENERGIE Konzept GmbH u. a. für die Validierung von Gesteinsparametern, die vergleichende Durchführung von Testarbeiten im Raum Vogtland sowie das Kommunikationsmanagement verantwortlich. Diese Untersuchungen stellten ebenso wie zahlreiche Aktivitäten in verschiedenen Phasen realer Auslegungsprozeduren an diversen Standorten methodische Grundlagen für EASyQuart bereit. Von besonderem Interesse waren dabei der Zugang zu Daten für die Validierung des Prognoseinstrumentariums sowie dessen Bewertung im Vergleich mit etablierten kommerziellen Lösungen, beispielsweise für die Standorterkundung, das Wirkungsmonitoring sowie die numerische Simulation von Prozessen in Untergrund und Haustechnik. Die Erhebung und Nutzung von Daten zu Parametrisierungs- und Validierungszwecken war auch Gegenstand einer Reihe weiterer Initiativen, in die Beteiligte des Verbundvorhabens EASyQuart gemeinsam mit unterschiedlichen externen Partnern im Rahmen weiterer Forschungsvorhaben oder auch – im Falle der geoENERGIE Konzept GmbH – im Rahmen von Geschäftsaktivitäten involviert waren. Im Kap. 2 werden diese näher erläutert.

Zusammen mit anderen Partnern aus Industrie, Forschung, Verwaltung und Behörden erarbeiteten die EASyQuart-Verbundpartner im Förderzeitraum eine Projektskizze im Rahmen der BMBF-Initiative „WIR! – Wandel durch Innovationen in der Region“  aus der Programmfamilie „Innovation & Strukturwandel“ . Der Antrag unter dem Titel „Grüne Wärme – Wärmeversorgung der „Stadt der Zukunft“  und der Region im Kontext von Transformation und Adaption – RegioZukunft:Wärme“  thematisierte die Entwicklung, Gestaltung und Umsetzung innovativer ganzheitlicher Ansätze sowie effizienter, ökologisch nachhaltiger und partizipativer Konzepte für eine klimaneutrale Transformation der urbanen und regionalen Wärmeenergieversorgung in den Braunkohlerevieren Sachsens und Sachsen-Anhalts auf der Basis erneuerbarer Energiequellen. Da in diesem Rahmen der geologische Untergrund als Quelle und Speicherort thermischer Energie eine der wesentlichen Transfertechnologien darstellen soll, besaß diese Initiative relevante Schnittstellen zum Vorhaben EASyQuart. Von den Gutachtern wurde die Skizze für die Konzeptphase der Förderinitiative empfohlen, in der ein entsprechendes WIR!-Konzept erstellt wurde. Obwohl die Umsetzungsphase mit diesem Konzept nicht erreicht werden konnte, wurden einzelne Konzeptideen punktuell in andere Initiativen integriert, die bereits zu weiteren Fördermittelanträgen mit inhaltlichen Bezügen zu EASyQuart führten. Exemplarisch seien in diesem Zusammenhang mit den Verbundvorhaben „Modelle zur Systemintegration von Aquiferspeichern in Städten (SpeicherCity)“  sowie „Design und Pilotanlagentest für die Nutzung kontaminierter Aquifere für das Wärmemanagement mit ATES-Anlagen (KONATES)“  zwei erfolgreiche Projektaktivitäten im Rahmen der BMBF-Ausschreibung „Möglichkeiten und Grenzen thermischer Energiespeicherung in Aquiferen“  genannt.

Zu den Hauptergebnissen des Verbundvorhabens EASyQuart gehörte die Entwicklung eines integrierten Modellierungs- und Softwareansatzes zur numerischen Analyse gekoppelter multiphysikalischer Prozesse in oberflächennahen geothermischen Systemen inklusive des dazugehörigen Datenmanagements und einer synoptischen 3D-Visualisierung heterogener Daten aus verschiedenen Quellen. Für die Realisierung der ausgewählten und entwickelten Modelle und Algorithmen im Rahmen der wissenschaftlichen Open-Source-Softwareplattform OGS war die intensive Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Modellierergruppen des OpenGeoSys-Konsortiums unerlässlich. Beispielhaft seien dazu die engen Kontakte zur Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie der Technischen Universität Bergakademie Freiberg genannt. Beide universitäre Einrichtungen waren und sind auch in Kooperation mit dem UFZ an vielfältigen gemeinsamen Forschungsaufgaben beteiligt. Darüber hinaus koordiniert das UFZ eine OGS-Workshop-Reihe, bei deren jährlich stattfindenden Veranstaltungen auch der jeweils aktuelle Stand der EASyQuart-Projektarbeiten zur Modellierung und numerischen Simulation präsentiert wurde. Zu diesen Veranstaltungen wurden zudem zwischen unterschiedlichen OGS-Entwicklergruppen gezielt Synergien in der Modell- und Softwareentwicklung herausgearbeitet, von denen auch das EASyQuart-Vorhaben profitieren konnte (z. B. bei der Nutzung und Implementierung spezifischer numerischer Erdwärmesondenmodelle im Rahmen von Mehrfach-Kontinuums-Ansätzen).

Das Verbundvorhaben EASyQuart brachte sich aktiv in die Arbeit der durch die RWTH Aachen sowie durch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg koordinierten Begleitforschung EnEff.Gebäude.2050 bzw. Energiewendebauen ein. Dabei wurden u. a. folgende konkrete Maßnahmen unterstützt:

  • Erstellung von Projektinformationsmaterial (z. B. Projektposter für Internetseiten der Begleitforschung und Projektforen),

  • Beteiligung an jährlichen Projektforen mit eigenen Beiträgen,

  • Teilnahme an einem Telefoninterview mit der Begleitforschung im Mai 2020,

  • Unterstützung von Online-Fragebogenaktionen.

In diesem Zusammenhang wurden auch Kontakte zu weiteren Initiativen der genannten Fördermaßnahme geknüpft. So wurden beispielsweise verschiedene Projekte angefragt, inwiefern dort erzielte Resultate im Rahmen von EASyQuart verwendet werden können. Zu einer konkreten Zusammenarbeit kam es dabei mit dem Projekt „Kommunale netzgebundene Energieversorgung - Vision 2020 am Beispiel der Gemeinde Wüstenrot (EnVisaGe)“  der Förderlinie EnEff:Stadt, in deren Rahmen Daten von Monitoringmaßnahmen eines geothermischen Umsetzungsprojekts in Wüstenrot für die Validierung von in EASyQuart entwickelten Simulationsinstrumentarien genutzt werden konnten. Details werden wiederum in Kap. 2 dieses Buches näher erläutert. Im Vorfeld des EASyQuart-Anwenderworkshops im September 2022 im Leipziger KUBUS wurden zudem weitere Verbundvorhaben identifiziert, die sich aktuell in Förderung befinden und mit denen inhaltliche Schnittstellen zu EASyQuart bestehen. Vertreter dieser Vorhaben wurden zum Anwenderworkshop mit Vorträgen eingeladen. Eine Zusammenarbeit mit diesen Projekten wird insbesondere für eine potenzielle Nachfolgeaktivität von EASyQuart interessant. Konkret wurden Kontakte mit folgenden Verbundvorhaben aufgenommen:

  • „Geoportal-basiertes Monitoring eines geothermisch gespeisten kalten Nahwärmenetzes als Beitrag zur Wärmewende mit aktiver Nutzereinbindung (GeoWaermeWende)“  koordiniert durch die RWTH Aachen. Kooperationsoptionen bestehen bezüglich der Entwicklung von Planungsplattformen für oberflächennahe geothermische Systeme (z. B. Instrumentarien, Schnittstellen, Geodateninfrastruktur), der Anpassung von Simulationsprogrammen für Gebäudetechnik, Wärmepumpen, Wärmenetze, geothermische Quellensysteme und Untergrund sowie der bidirektionalen Kopplung von Simulationen der Anlagentechnik und der Multi-Physik-Modelle des Untergrunds.

  • „Nutzung multipler Wärmequellensysteme im urbanen Quartierskontext am Beispiel des Lagarde Campus in Bamberg (MultiSource)“  unter Koordination der TH Nürnberg Georg Simon Ohm. Spezifische Anknüpfungspunkte zu EASyQuart bzw. Nachfolgeinitiativen liegen beispielsweise in der Entwicklung von Simulationsmodellen für Wärmequellensysteme sowie deren Kopplung zur Haustechnik sowie in der geologischen und bodenkundlichen Begleitung u. a. für thermische und hydrogeologische Simulationen.

  • „Nachhaltige Bewirtschaftung großer oberflächennaher Geothermieanlagen durch Regeneration mit Solar-, Umwelt- und Abwärme (Geo-Resume)“  koordiniert durch das Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH). Sich mit EASyQuart überlappende Arbeitsgebiete sind in folgenden Bereichen zu finden: Verbesserung von Bewertungsgrundlagen für Planung, Genehmigung und Betrieb von Erdwärmesondenfeldern, Entwicklung von Konzepten für einen nachhaltigen und leistungsoptimierten Betrieb oberflächennaher geothermischer Systeme (z. B. mittels thermischer Regeneration des Untergrunds), Analyse der Energietransporte zwischen Anlage und Untergrund mittels Modellierung und Simulation, Erarbeitung eines zweckmäßigen Monitorings und von Verfahren zur Zustandsanalyse des Untergrunds, Bereitstellung von Hinweisen für die Genehmigungspraxis und eine verallgemeinerte wissenschaftlich-technische Bewertung der Maßnahmen als Entscheidungshilfe sowie Erstellung von Planungsinstrumentarien.

  • „Qualitätssteigerung oberflächennaher Geothermiesysteme (QEWSplus)“  unter Koordination der Hochschule Biberach. Bezüglich der Qualitätssicherung und -steigerung oberflächennaher geothermischer Anlagen besteht ein übereinstimmendes Gesamtziel mit dem Vorhaben EASyQuart. Das beinhaltet u. a. die Untersuchung von Aspekten der Qualitätssicherung und -steigerung der betrachteten Systeme von der Auslegung und Planung über die Ausführung bis hin zur Inbetriebnahme und Entwicklung von Lösungen, erweiterte thermische Testmethoden (verbesserte TRTs, thermische Tomografie) sowie die multifunktionale Modellierung von oberflächennahen Geothermiesystemen.

Im letzten Projektjahr von EASyQuart wurde eine enge Kooperation mit den Stadtwerken Leipzig als potenziellen Nutzer von Projektergebnissen vereinbart. Konkret planen die Stadtwerke Leipzig die Ertüchtigung der Wärmeversorgung eines eigenen Verwaltungs- und Dienstleistungsstandorts durch den Einsatz unterschiedlicher Quelltechnologien. Dazu gehört auch die Errichtung eines Erdwärmesondenfeldes, dessen Erkundung durch Projektarbeiten von EASyQuart begleitet wird. In einem potenziellen Nachfolgevorhaben ist die Erstellung und Bearbeitung eines digitalen Zwillings der vorgesehenen oberflächennahen Geothermieanlage inklusive Wärmepumpen- und Haustechnik geplant.

Projektbegleitender Beirat

Die strategische Ausrichtung und Kooperation sowie die Verwertungsabsichten und -möglichkeiten von EASyQuart wurden durch einen projektbegleitenden Beirat unterstützt. Während der Projektlaufzeit diskutierte das Konsortium auf regelmäßigen Treffen (z. B. während der regulären Verbundtreffen und zu den Anwenderworkshops) mit dem Beirat die Ziele, Methoden sowie Ergebnisse des Vorhabens sowie deren praktische Relevanz. Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich beim Beirat für die Unterstützung und wertvollen Hinweise bei der Projektbearbeitung.