Sucht man in der Archivdatenbank des Österreichischen Staatsarchivs nach dem Begriff »Protokoll« bekommt man rasch eine Trefferliste, die mehr als 10000 Einträge aufweist. Die ungeheure Menge an Protokollen, die sich in den Archiven befindet, hat auch dazu geführt, dass sich die Archivwissenschaft in Form der Aktenkunde mit dem Phänomen »Protokoll« auseinandergesetzt hat (vgl. Hochedlinger 2009, 222 f.; Meisner 1950). Besonders in den letzten Jahren haben sich zahlreiche neue Publikationen mit verschiedenen Quellengattungen, der Verwaltungsgeschichte und so spröden Themen wie Akten- und Bürokunde beschäftigt. Es scheint fast so zu sein, dass sich klassische historische Hilfswissenschaften und neuere Ansätze der Kulturgeschichte hier treffen und befruchtend aufeinander wirken (Keller 1995, 1–7; Pauser u. a. 2004; Winkelbauer u. a. 2010; Hochedlinger u. a. 2019; Reininghaus u. a. 2012; Pätzold u. a. 2016; Petter 2006; Velička 2020; Rösler 2015). Als problematisch erweist sich hierbei immer wieder die typologische Beschreibung und Differenzierung des Begriffs »Protokoll«, der ungemein vielschichtig und im wahrsten Sinne des Wortes vielgestaltig ist. Im Folgenden macht sich dieser Beitrag auf die Suche nach »Protokollen« im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien (in der Folge HHStA). Nicht geklärt wird hier der für das Protokoll zentrale Begriff der »Registratur«. Dieser scheint heute in der Verwaltung leider übel beleumundet zu sein und ist vom Aussterben bedroht – eine für die Bürokratie verhängnisvolle Entwicklung, denn auch für die Gegenwart gilt, dass eine Registratur für das ordnende Indexieren und dauernde Verfügbarmachen von Vorakten für die laufende Verwaltung unverzichtbar ist. Sie ist die zentrale Dienstleistungsstelle und steuert den gesamten Geschäftsgang, bei ihr laufen am Ende alle Fäden zusammen. Michael Hochedlinger bezeichnet die Registratur als das Gedächtnis und Gewissen einer Behörde. In den großen Zentralbehörden waren die Kanzlei- und Registraturaufgaben meist auf drei Stellen aufgeteilt: Einreichungsprotokoll, Expedit und Registratur (Hochedlinger 2009, 62 f.). Protokollführung und Registratur bedingen einander.

Es ist unbestreitbar, dass ein Archiv eine Institution ist, die Schriftgut übernimmt und es als Archivgut erfasst, erschließt, dafür sorgt, dass es erhalten bleibt, und die es zugänglich macht. Heinrich Otto Meisner teilte das archivierte Schriftgut in drei Gruppen ein: Urkunden, Aktenschriftgut und Briefe. Eine andere Richtung der Archivwissenschaft unterteilt das Material anhand ihrer Schriftform in Urkunden, Akten und Amtsbücher (Hochedlinger 2009, 23). Dieser Richtung hängt auch das österreichische Archivwesen an. Teile dieses Schriftguts sind natürlich auch »Protokolle«. Darüber hinaus existiert der Terminus »Protokoll« in der Diplomatik, also in der Urkundenlehre. Hier bezeichnet der Begriff den formelhaften einleitenden Teil einer Urkunde und besteht gewöhnlich aus der Invocatio (Anrufung Gottes), der Intitulatio (Name und Titel des Ausstellers mit Devotions- bzw. Legitimationsformel) und der Inscriptio (Nennung des Empfängers) (Art. Protokoll 1995). Urkunden sind (immer noch) ein wesentlicher Teil der archivischen Überlieferung und enthalten zahlreiche ›Protokolle‹.

Die systematische Aktenkunde bemüht sich »um eine Kategorisierung und Typologisierung der (Akten-)Schriftstücke. Dabei sind in erster Linie das hierarchische Verhältnis zwischen Absender und Empfänger und der Schreibzweck bestimmend« (Hochedlinger 2009, 171). Diese Form der Aktenkunde unterscheidet zwischen fürstlicher Standeskorrespondenz, Schriftstücken der Überordnung, Schriftstücken der Unterordnung, Schriftstücken der Gleichordnung und dem internen Schreibwerk (Hochedlinger 2009, 171 f.). Für das Thema Protokoll ist letzteres von Relevanz. Das interne Schreibwerk ist im Prinzip nicht für die Augen der Öffentlichkeit bestimmt, es dient vor allem dem behördeninternen Schriftverkehr. Es gibt Gelegenheiten, bei welchen internes Schreibwerk nach außen wirken muss, dann bedarf es aber einer anderen Form. Dies ist hier aber nicht das Thema. Den größten Teil des internen Schreibwerks machen Geschäfts- und Amtsbücher aus. Die wichtigsten Geschäftsbücher sind Protokolle. Unter Protokollen versteht man »die Niederschrift einer mündlichen Verhandlung bzw. einer beratenden oder beschließenden Zusammenkunft (Verhandlungs-, Beratungs- oder Sitzungsprotokoll), die Verlauf (Verlaufsprotokoll), Beschlüsse (Beschlussprotokoll) oder das Ermittlungsergebnis festhält […].« (Hochedlinger 2009, 222). Die Niederschrift von Protokollen hat in der Regel unmittelbar während oder bald nach einer Sitzung, einer Verhandlung etc. zu erfolgen. Ein Protokoll enthält in der Regel eine Datierung und eine Teilnehmerliste. Die Protokolle werden meist konzipiert und erst danach ins Reine geschrieben. Die Kanzleisprache kennt für die Vorstufe der Reinschrift eines Protokolls den Begriff »Rapular«. Diese provisorischen Konzepte werden in einem späteren Arbeitsgang in ein »geordnetes, im Schriftbild verträglicheres Protokoll übertragen« (Hochedlinger 2009, 222).

In der Habsburgermonarchie etablierten sich im 17. Jahrhundert oberste Beratungsgremien des Herrschers (Geheimer Rat, ab den 1660er Jahren Geheime Konferenz) (Sienell 2001; Sienell 2004, 120–127). Diese Gremien verfügten aber noch über keine behördeninterne Struktur wie etwa Kanzleien. Daher oblag die Protokollierung der einzelnen Beratungen meist jenen Sekretären, deren Chefs die Umsetzung der in den Beratungen getroffenen Beschlüsse zu verantworten hatten. Die Protokolle dieser Besprechungen waren meist reine Beschlussprotokolle, man erfährt fast nichts über die Diskussionen im Gremium, hier findet sich keine Information zu einem etwaigen Gesprächsverlauf. Stefan Sienell hat klar aufgezeigt, dass es am Wiener Hof nicht ›die eine‹ Verfahrensweise dafür gab, Beschlüsse in den Ratsgremien zu treffen. Es gab verschiedenste Verfahren, die man mühsam aus verschiedenen Quellen rekonstruieren muss, darüber hinaus »scheint man in der Frühen Neuzeit wenig Wert« auf die Protokolle gelegt zu haben (Sienell 2004, 122), zumindest am Wiener Hof. Wie eine Behörde funktionierte, interessierte die Behörde selbst zum Zeitpunkt ihres Bestehens nicht besonders, sie war vor allem am Abarbeiten des täglichen Arbeitsanfalls interessiert und richtete kein besonderes Augenmerk auf diejenigen Dokumente, die uns heute über die internen Mechanismen der Verwaltung Aufschluss geben. Dieser Umstand führte dazu, dass die Protokolle des Geheimen Rates und der Geheimen Konferenz über zahlreiche Bestände im Haus-, Hof- und Staatsarchiv verstreut sind. Das liegt einerseits daran, dass oft gar nicht der verantwortliche Sekretär die Sitzungen protokollierte, sondern, wie Sienell zeigt, die beteiligten Räte und der Kaiser selbst. Aus diesem Grund liegen die Protokolle oft in den privaten Archiven der Räte. Die wechselvolle Archivgeschichte des HHStA bedingt überdies, dass die ursprünglichen Provenienzen oftmals vermischt sind und man die Protokolle nicht an jenen Orten findet, wo man sie vermuten würde. Der Weg zum Protokoll kann oft schwierig sein.

Ein ganz anderes Protokoll, das auch am Wiener Hof geführt wurde, ist das sogenannte Zeremonialprotokoll (Hengerer 2004, 76–93). Insgesamt existieren 154 Bände von 1652 bis 1918. Bis 1824 heißen die Bände »Protocollum Aulicum in Ceremonialibus«, ab 1825 »Zeremonialprotokoll«. Die neuere Hofforschung hat sich intensiv mit dem Thema Zeremoniell/Hofzeremoniell auseinandergesetzt. Zeremoniell wurde oft als normativer Lösungsansatz für das Problem gesellschaftlicher Ordnung beschrieben (Vec 1998; Stollberg-Rillinger 2001). Was ist aber nun das Zeremonialprotokoll? Mark Hengerer beschreibt es wie folgt: »[D]as Zeremonialprotokoll [hat] eine zentrale Stellung, weil es als chronologisch fortlaufende schriftliche Fixierung einer systematischen Selbstbeobachtung des Hofes zur Sicherung des Gedächtnisses an den Ablauf spezifischer Geschehnisse konzipiert, institutionell beim obersten Hofamt verortet und mittels einer zuständigen Stelle auf Dauer gestellt wurde« (Hengerer 2004, 78). Das Zeremonialprotokoll entstand 1652 und war Teil einer Reform des kaiserlichen Hofstaates. Im Rahmen dieser Reform wurden die Präsenzpflichten des kaiserlichen Obersthofmeisters bei zeremoniellen Vorgängen diskutiert. In dieser Diskussion kam man auch auf die schriftliche Dokumentationspflicht zu sprechen und regte an, ein Zeremonialprotokoll zu führen, um eine Art Handbuch zu haben, in dem man im Bedarfsfall nachschlagen könnte, wie in gewissen Zeremonialangelegenheiten vorgegangen wurde (Hengerer 2004, 79). Die Reihe der Protokolle ist durchgehend vom Jahr 1652 bis ins Jahr 1918 erhalten und heute fast komplett online nutzbar. Inhaltlich befassen sich die Protokolle vor allem mit der »nicht alltäglichen Interaktion des Kaisers und/oder seinen Angehörigen mit Dritten« (Hengerer 2004, 80). Als Vorlage für diese Protokolle dienten die sogenannten Konzepte der Zeremonialprotokolle. Daraus ergibt sich, dass die Protokolle zuerst im Konzept entworfen wurden und erst dann eine Reinschrift angefertigt wurde. Welche Stadien der Genehmigung diese Konzepte durchliefen, ist noch nicht erforscht (Kraus 1937, 297 f.).

Eine weitere umfangreiche Protokollserie sind die sogenannten Staatsratsprotokolle. Unter den zentralen Ratsbehörden, deren sich die habsburgischen Herrscher in den Ländern der Donaumonarchie bedienten, nimmt der 1760 bis 1848 – und damit unter den Behörden dieser Art bei weitem am längsten – bestehende Staatsrat eine hervorragende Stellung ein. Als oberste Behörde zur Leitung der inneren Verwaltung hatte er die Maßnahmen der Herrscher durch Gutachten vorzubereiten, wobei sein Einfluss im Laufe seines Bestehens, je nach persönlichem Regierungsstil der einzelnen Herrscher, verschieden groß war. Am 14. Dezember 1760 von Maria Theresia gegründet, nahm der Staatsrat 1761 seine Tätigkeit auf. Seinem Wesen nach war er eine dem Monarchen zur Seite gestellte oberste Beratungsbehörde mit Regierungsfunktion, die allerdings – im Gegensatz zu den im vorkonstitutionellen Staat von der Regierung getrennten obersten Verwaltungsbehörden – mit keinerlei vollziehender Gewalt ausgestattet war. Seit 1768 wurde beim Staatsrat eine eigene Registratur eingerichtet, die sich zu einem Archivdepot entwickelte. Nach der Auflösung des Staatsrates 1848 wurde dessen Archiv als »Geheimes Kabinettsarchiv« verselbständigt – 1849 entschied man sich dafür, es dem Ministerpräsidenten zu unterstellen. Mit der Errichtung des Reichsrates 1851 wurde es diesem unterstellt, seit 1859 hieß es »Reichsrats-Archiv«. Mit der Auflösung des Reichsrates 1861 und der Einsetzung eines neuen (Jüngeren) Staatsrates ging das Archiv an diesen über (»Staatsratsarchiv«), 1868 wurde es vorerst dem Ministerratspräsidium unterstellt, dann auf Antrag des Ministerrates – mit der Begründung, dass es wichtige, das Gesamtreich betreffende Akten enthalte – der kaiserlichen Kabinettskanzlei übergeben. Unter dem alten Namen »Kabinettsarchiv« war es dem Kabinettsdirektor unterstellt. Gemeinsam mit den Kabinettsakten gelangte es schließlich ins Haus-, Hof- und Staatsarchiv.

Schon bei der Auflösung des Staatsrates 1848 umfasste dessen Archiv neben dem eigentlichen staatsrätlichen Archiv als zweiten großen Archivkörper das Archiv der Staatskonferenz, daneben fanden sich dort auch die Akten aus dem Büro des Ministers Kolowrat, die Nachlässe zahlreicher Kabinettsreferenten und viele weitere Akten unterschiedlichster Betreffe und auch fremder Provenienzen, die offensichtlich aus dem kaiserlichen Kabinett übernommen worden waren. Das Staatsratsarchiv diente also schon früh als Lagerort zahlreicher im Kabinett entstandener oder von diesem eingezogener Akten. Von diesen unterschiedlichen ›Beigaben‹ wurden jene, bei denen es sich aus dem personellen oder sachlichen Bezug ergab, im Bestand Staatsrat belassen, weitere wurden im Haus-, Hof- und Staatsarchiv an passender Stelle – vor allem bei anderen Beständen des Kabinettsarchivs – eingeordnet. So manche Provenienz bleibt bis heute ungeklärt. Das Schicksal einiger abhanden gekommener und nicht ins Archiv gelangter Aktenserien lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Leider war gerade der Bestand Staatsrat am Ende des Zweiten Weltkrieges von großen Verlusten durch Vernichtung betroffen. Mit 1550 von ehemals 2000 Aktenfaszikeln wurden 1945 drei Viertel der Reihe der Staatsratsakten der Jahre 1761 bis 1848 zerstört; nur die Akten der Jahre 1833 bis 1848 sind erhalten geblieben. Vollständig bewahrt wurde hingegen die Reihe der zur Erschließung dieser Akten jährlich angelegten Protokolle und Indices zu den Staatsratsakten von 1761 bis 1848. Die Protokolle enthalten die behandelten Sachbetreffe und den Wortlaut der zu ihnen ergangenen kaiserlichen Resolutionen (Gonsa 2019b, 575–585). Der Bestand ist komplett online nutzbar.

Eine wichtige Institution habsburgischer Herrschaft war die kaiserliche Kabinettskanzlei (Reinöhl 1963; Gonsa 2019a, 541–550). Natürlich gibt es auch hier Protokolle. Diese weisen wie all jene Protokolle, die aus der Registratur stammen, den Weg zu den Akten. Aus archivtechnischer Sicht sei hier gesondert auf die Indices der Kabinettskanzlei verwiesen, die zentral für die Nutzung der Vorträge der Kabinettskanzlei sind. Die beim Eingang mit laufenden Nummern versehenen Vorträge wurden in jährlich geführten Geschäftsbüchern verzeichnet, den nach Nummern aufsteigend geführten Protokollen (Tagebüchern) und den alphabetischen Indices (Namens- und Sachweisern). Letztere sind zur Ermittlung der Aktennummern bis heute unverzichtbar. Im Kabinettsindex (und -protokoll) werden neben den Vorträgen auch die von diesen gesondert verwahrten österreichischen und ungarischen Ministerrats-Sitzungsprotokolle sowie die Kurrentbillete (seit 1859) erfasst. Mittlerweile sind die Indices online zugänglich, was die Aktenrecherche ungemein erleichtert. Der Inhalt der Vorträge der Kabinettskanzlei ist somit am besten und umfassendsten zugänglich.

»Klassische« Protokolle sind die Verhörprotokolle, die in der Überlieferung der grundherrschaftlichen Verwaltung zahlreich vorhanden sind (Scheutz 2004, 561–571; Niehaus 2014, 463–481; Just 2006, 541–554; Scheutz et al. 2005). Hier nähert sich das Protokoll dem an, was landläufig unter dem Vorgang des Protokollierens verstanden wird: Fragen werden gestellt, Antworten werden gegeben, beides wird niedergeschrieben. Die Niederösterreichische Landesgerichtsordnung von 1656 normierte diese Verhörprotokolle, indem sie dort im 32. Artikel ein gedrucktes Formular für die Erfassung der Person vorgab und den Gestaltungsraum der verhörenden Gerichte dadurch einschränkte (Codex Austriacus 1704, 669–670; Groebner, 2004). Diese Protokolle wurden in den Archiven durch die in den 1990er Jahren stark boomende historische Kriminalitätsforschung stark genutzt, in den letzten Jahren ist hier ein nachlassendes Interesse an diesem Forschungsthema zu bemerken.

Abschließend sei noch ein Blick auf die Protokollüberlieferung des kaiserlichen Reichshofrats geworfen (Schenk 2012, 125–145; Groß 1933). Die Reichshofratsordnung von 1559 bestimmte im Artikel 17, dass über die Sitzungen Protokoll zu führen sei (Sellert 1980, 22–36). Hier schließt sich auch der Kreis zu den am Anfang meines Beitrages genannten Protokollen des Geheimen Rates, denn im Bestand der Resolutionsprotokolle befinden sich auch 25 Bände dieser Institution. Den Kernbestand der Reichshofratsprotokolle bilden aber die Resolutions- und Exhibitenprotokolle. Die ersten erhaltenen Resolutionsprotokolle datieren von 1559 und sind klassische ›Sekretärsprotokolle‹ – sie verzeichnen vor allem die dem Verfasser zur Bearbeitung zugewiesenen Materien. Ab 1563 sind Protokolle erhalten, die von Reichshofräten geführt wurden, die als ständige Referenten für den Vortrag beim Kaiser zuständig waren (Schenk 2012, 137–138). Diese Protokolle verzeichnen dann auch alle an einem Sitzungstag behandelten Materien. Dies gilt für die Masse der erhaltenen Protokolle des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Überlieferungssituation im Archiv erlaubt es auch, einen Blick auf die Konzepte (Rapularien) der Protokolle zu werfen, die während der Sitzungen des Reichshofrats angefertigt wurden, und die durch einen Schreiber reingeschriebenen Protokolle. Erschlossen sind die Protokolle durch einen zeitgenössischen Index. Die Einträge sind praktisch immer gleich aufgebaut: Datum der Sitzung, Präsenzliste, danach folgen die behandelten Materien. Diese enthalten die Namen der Kläger bzw. des Beklagten, eine Zusammenfassung des eingereichten Schriftstücks und die durch den Reichshofrat ergangenen Beschlüsse. Der zuständige Referent für den jeweiligen Fall ist meist durch ein Namenskürzel im Protokoll vertreten und durch die Präsenzliste zu identifizieren. Neben den Resolutionsprotokollen existieren im Bestand des Reichshofrats auch noch Exhibitenprotokolle, also Einlaufbücher, die ab dem 17. Jahrhundert alphabetisch nach Absendernamen geführt wurden. Vorher waren diese Bände chronologisch aufgebaut.

Zusammenfassend: Das Protokoll gibt es nicht. Es existiert in Archiven in zahlreichen Varianten ganz unterschiedlicher Ausprägung. Dementsprechend muss jedes Protokoll nach seiner Form und seiner Funktion befragt und bewertet werden. Und hier befinden wir uns noch ganz im analogen Bereich und reden noch nicht von elektronischen Vorgangssystemen, wo jeder Arbeitsschritt mitprotokolliert wird und sich in weiterer Folge Protokolle in ungeahnter Zahl ins Archiv ergießen werden. Hier werden sich in Zukunft noch entscheidende Fragen der Bewertung und Authentizität in Bezug auf diese Form von Protokollen stellen. Im Anschluss an das von Reininghaus und Stumpf genannte »Spannungsfeld zwischen dem Wunsch der Forschung nach möglichst tiefer Erschließung von Amtsbüchern einerseits und den faktischen Möglichkeiten der Erschließung von Amtsbüchern in den Archiven andererseits« (Reininghaus und Stumpf 2012, 7) liegt die Zukunft in der digitalen Aufbereitung von in den Amtsbüchern enthaltenen Erschließungsinformationen wie den zeitgenössischen Indices. Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv hat dies beispielsweise bei den Indices für die Vorträge der Kabinettskanzlei so gelöst, dass die Indexeinträge zu den einzelnen Buchstaben in die Datenbank als Verzeichniseinheit aufgenommen wurden und die dazu gehörigen Digitalisate verknüpft wurden. Damit wurde ein digitaler Index als leichterer Zugang aufgebaut. Als letzte Hürde für die Nutzung bleibt nur noch die Beherrschung des Lesens von Kurrentschrift.