FormalPara Zusammenfassung

In den letzten dreißig Jahren wurden zahlreiche ordnungspolitische Maßnahmen angestoßen, die die pflegerische Versorgung im Krankenhaus steuern und verbessern sollen. Diese Maßnahmen lassen sich in verschiedene Kategorien gruppieren: Bei einigen wird über Finanzierungsmechanismen gesteuert, andere setzen bei der Patientensicherheit und Qualitätssicherung an. Zunächst wird in diesem Beitrag chronologisch die Abfolge der jeweils gesetzlich verankerten Steuerungsansätze dargestellt und die jeweiligen Intentionen und Effekte beleuchtet. Er kulminiert schließlich in dem in der vorangegangenen und dieser Legislaturperiode vehement geführten Streit über die Alternativen einer Pflegepersonalbedarfsermittlung in den Krankenhäusern. Abschließend werden Kriterien formuliert, die erfüllt sein müssen, wenn man die Situation der Pflege und der Pflegekräfte in den Kliniken nachhaltig stärken möchte.

In the last thirty years, numerous regulatory measures have been initiated to control and improve nursing care in German hospitals. These measures can be grouped into different categories: Some are steered by financing mechanisms, others focus on patient safety and quality assurance. This article presents the chronological sequence of the different legally anchored approaches and illuminates the respective intentions and effects. It culminates in a description of the vehement dispute that took place in the previous and present legislative period about what the alternatives of determining the need for nursing staff in hospitals might be. Finally, the authors formulate criteria that must be fulfilled if the situation of nursing and the nursing staff in hospitals is to be strengthened in the long run.

1 Pflegepolitik im Krankenhausbereich

Die Diskussion über eine ausreichende Pflegepersonalausstattung in den Krankenhäusern in Deutschland ist nicht neu und reicht bis in die 1980er Jahre zurück. Die Politik hat in den letzten Jahrzehnten keineswegs tatenlos zugesehen, sondern eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um auf eine ausreichende und zweckmäßige pflegerische Versorgung in den Kliniken hinzuwirken. Dieser Beitrag fokussiert auf die konkreten ordnungspolitischen Maßnahmen zur gezielten Förderung der pflegerischen Versorgung in den Kliniken und klammert übergeordnete Fragen nach einer bedarfsgerechten Krankenhausstruktur oder einem Ambulantisierungspotenzial aus. Veränderungen in diesen Bereichen würden sich zweifelsohne entlastend auf das Pflegepersonal auswirken.

Wären die angesprochenen Interventionen erfolgreich gewesen, bräuchte man im Jahr 2023 nicht mehr darüber zu schreiben. Doch auch in der 20. Legislaturperiode wird immer noch darum gerungen, wie eine nachhaltige Lösung des „Pflegeproblems“ aussehen könnte. Ziel dieses Beitrages ist es, die Instrumente, die bereits auf den Weg gebracht wurden und die aktuell diskutiert werden, darzustellen und ihre Auswirkungen zu beleuchten. Schließlich wird analysiert, was man aus den bisherigen und zum Teil enttäuschenden Erfahrungen für zukünftige politische Eingriffe lernen kann.

2 Ordnungspolitische Instrumente

2.1 Pflegepersonalregelung in den 1990er Jahren

Zum 01.01.1993 wurde mit dem Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstruktur-Gesetz) die Pflegepersonalregelung (PPR) in allen Krankenhäusern eingeführt. Ziel des Personalbemessungsinstruments war es, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie an einem ganzheitlichen Pflegekonzept orientierte Pflege der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Die Personalanhaltszahl sollte sich nicht mehr an der Zahl der durchschnittlich belegten Betten, sondern am tatsächlichen Pflegebedarf der Patienten orientieren. Die PPR wurde im Auftrag der Bundesregierung durch ein Expertengremium erarbeitet und in 84 Krankenhäusern erprobt, parallel wurde das Konzept für die Kinderkrankenpflege entworfen. Vorausgegangen waren langjährige erfolglose Verhandlungen der Selbstverwaltungspartner, die mit dem Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz 1981 den Auftrag erhalten hatten (Fraktion der CDU/CSU, SPD und F.D.P. 1992).

Die PPR ordnet Patientinnen und Patienten in eine von neun Schweregradgruppen (Kombination aus allgemeiner Pflege A1–A3 und spezieller Pflege S1–S3) ein. Bei Kindern und Jugendlichen erfolgt zusätzlich die Einstufung in drei Alterskategorien (Früh- und Neugeborene, Kleinkind, Schulkind/Jugendlicher). Jeder Schweregradgruppe wird eine Zeit in Minuten für die Pflege zugeordnet. Aus der Summe der Pflegezeiten kann der dafür notwendige Personalbedarf berechnet werden. Der Nachtdienst und die pflegerische Versorgung auf der Intensivstation sind durch die PPR nicht abbildbar. Die PPR von 1993 sah einen Ganzhausansatz vor, der Pflegepersonalbedarf nach PPR wird über alle Stationen summiert und der sich so ergebende Personalpool dann in Verantwortung des Krankenhauses auf die Stationen verteilt. Die Einstufung der Patienten musste den Kostenträgern unterjährig zur Überprüfung transparent gemacht werden.

Mit der PPR sollte ermittelt werden, wie viel Pflegepersonal durch die Kostenträger refinanziert werden muss. Aus dem Vorjahreswert wurde der Personalbedarf prognostiziert, der über die Pflegesatzvereinbarung zu vereinbaren war. Eine stufenweise Anhebung des refinanzierten Personals bis auf das durch PPR vorgegebene Niveau zwischen 1993 und 1996 sollte den Kostenträgern die Möglichkeit geben, die Kostensteigerungen einzuplanen.

Der Personalaufbau durch die Krankenhäuser sollte also durch gesicherte Refinanzierung der Stellen erreicht werden. Eine Verpflichtung, den Personalbedarf aus PPR zu erfüllen, bestand für die Krankenhäuser aber nicht. Geringere Kosten aufgrund von Unterbesetzung im Vergleich zur budgetär vereinbarten Personalausstattung wurden mit dem Budget des Folgejahres ausgeglichen.

Per Rechtsverordnung vom 17. April wurde die PPR rückwirkend zum 1. Januar 1996 ausgesetzt und mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz am 23. Juni 1997 ganz aufgehoben. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass der angestrebte Aufbau von rund 13.000 zusätzlichen Pflegestellen bereits 1995 mit 21.000 neuen Pflegestellen erfüllt worden sei. Darüber hinaus wurde die PPR als nur bedingt kompatibel mit dem in Einführung befindlichen leistungsorientierten Fallpauschalenprinzip und der angestrebten Abschaffung der Selbstkostendeckung angesehen (Fraktion der CDU/CSU und F.D.P. 1996). Darüber hinaus wurden Zweifel geäußert, ob die einheitliche Festlegung einer Personalbemessung die Situation in den individuellen Krankenhäusern sachgerecht abbilden könne. Die PPR überlebte als Instrument in den Kalkulationshäusern des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zur Ermittlung der Pflegekostenanteile in den Diagnosis Related Groups (DRGs).

2.2 Personalvorgaben in den Operationen- und Prozedurenschlüsseln

Im DRG-System bestimmen maßgeblich die konkreten Leistungen des Krankenhauses den Erlös je Fall. Die Leistungen werden über den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) kodiert, der jährlich vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlicht wird. Im OPS-Katalog finden sich auch Strukturanforderungen im Hinblick auf den Einsatz von Pflegepersonal. Möchten Krankenhäuser die im OPS aufgeführten Leistungen gegenüber den Krankenkassen abrechnen, so sind sie verpflichtet, die dort aufgeführten Strukturmerkmale einzuhalten. Im OPS 8-550 zur geriatrischen komplexen Frührehabilitation findet sich beispielsweise die Anforderung: „Vorhandensein von besonders geschultem Pflegepersonal für aktivierend-therapeutische Pflege. Hierfür muss mindestens eine Pflegefachkraft des multiprofessionellen Teams eine strukturierte curriculare geriatriespezifische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 180 h sowie eine mindestens 6-monatige Erfahrung in einer geriatrischen Einrichtung nachweisen“. Ähnliche, im Detail jedoch unterschiedlich ausformulierte Strukturmerkmale finden sich auch bei anderen der im OPS beschriebenen Leistungen. Manchmal beschränken sich die Ausführungen zur Pflege darauf, dass eine Pflegekraft an wöchentlichen Teambesprechungen beteiligt sein muss.

Erst mit dem am 01.01.2020 in Kraft getretenen MDK-Reformgesetz wurde in § 275d SGB V geregelt, dass die OPS-Strukturmerkmale systematisch zu prüfen sind. Ob die wenigen auf die Pflege bezogenen Anforderungen zuvor irgendeine abrechnungstechnische oder qualitätssichernde Wirkung entfalteten, ist nicht bekannt, da sie höchstens in von den Krankenkassen angestrengten Einzelfallprüfungen in einem Krankenhaus begutachtet werden konnten. Grundlage der Überprüfung ist nun die Richtlinie des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen nach § 283 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Bevor Krankenhäuser die entsprechenden Leistungen mit den Krankenkassen vereinbaren und abrechnen können, müssen sie sich gemäß der Richtlinie prüfen lassen. Nach Aussagen des Medizinischen Dienstes Nordrhein erfüllen die meisten Krankenhäuser in ihrer Region die Strukturprüfungen im Jahr 2021 und somit auch die wenigen in den OPS formulierten pflegerischen Voraussetzungen (Medizinischer Dienst Nordrhein 2021).

Allerdings scheint im BfArM mittlerweile ein Prozess in Gang gekommen zu sein, die Anforderungen an die pflegerische Versorgung in den OPS herunterzufahren. So findet sich inzwischen im OPS 8-980 zur intensivmedizinischen und im 8-98f zur aufwendigen intensivmedizinischen Komplexbehandlung nicht mehr das Mindestmerkmal, dass das Pflegepersonal in der Intensivmedizin erfahren sein muss. Begründet wird dies damit, dass die Pflegekräfte nun über das Pflegebudget finanziert werden und nicht mehr über das DRG-System, dessen Leistungen über die Prozedurenkodes beschrieben werden. Ähnliche Signale, die Qualitätsanforderungen an das Pflegepersonal herunterzuschrauben, gibt es inzwischen auch bezüglich des Kodes 8-98d „Intensivmedizinische Komplexbehandlung im Kindesalter“.

Hier wurde bewusst entschieden, die generalistischen Berufsabschlüsse, die ein niedrigeres fachspezifisches Ausbildungsniveau haben, gleichrangig zu den spezialisierten oder erfahrenen Fachkräften zu akzeptieren und damit die Pflegestandards auszuhöhlen.

2.3 Personalvorgaben in den Qualitätssicherungs-Richtlinien

Vorgaben zur Pflegepersonalausstattung finden sich darüber hinaus in einigen Strukturrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Diese gehen deutlich über die im OPS verankerten Anforderungen hinaus und sind für alle Krankenhäuser, die in dem jeweiligen Leistungssegment aktiv sind, verpflichtend. In der Qualitätssicherungs-Richtlinie zum Bauchaortenaneurysma (QBAA-RL) ist beispielsweise geregelt, dass mindestens 50 % des Pflegedienstes auf der Intensivstation über eine Fachweiterbildung im Bereich der Intensivpflege und Anästhesie verfügen müssen (G-BA 2022a). In jeder Schicht muss mindestens eine Pflegekraft mit einer solchen Fachweiterbildung eingesetzt werden. Ob diese seit 2008 geltenden Anforderungen von den Kliniken eingehalten werden, war lange nicht bekannt und wurde höchstens im Rahmen von Einzelfallprüfungen offenbar. Dies ändert sich nun durch die Überprüfungen des Medizinischen Dienstes auf Grundlage der MD-Qualitätskontroll-Richtlinie des G-BA (G-BA 2022b). Im Bericht des Medizinischen Dienstes Bund an den G-BA (Medizinischer Dienst Bund 2022) wird über die ersten Prüfungsergebnisse auf Grundlage der MD-Qualitätskontroll-Richtlinie des G-BA berichtet. Von den 32 geprüften Krankenhäusern erfüllten 21,9 % die Vorgaben der QBAA-RL nicht, „überwiegend im Bereich der Zusatzweiterbildung beim Intensivpflegepersonal“, so der MDB-Bericht.

Seit 2006 normiert die Richtlinie zur Kinderonkologie Anforderungen an das Pflegepersonal (G-BA 2022c). Auch hier werden Vorgaben zur Qualifikation des eingesetzten Pflegepersonals gemacht: Der Pflegedienst besteht in der Regel aus Gesundheits- und Kinderkrankenpflegenden und pro Schicht aus mindestens zwei Gesundheits- und Kinderkrankenpflegenden. Mit Beschluss vom 15.09.2022 wurden die Anforderungen der Richtlinie auf die neuen Berufsabschlüsse im Rahmen des Pflegeberufegesetzes (PflBG) aktualisiert. Der Pflegedienst eines pädiatrisch-hämato-onkologischen Zentrums muss nun aus Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pflegern (nach dem Krankenpflegegesetz sowie PflBG) sowie Pflegefachfrauen und -männern (PflBG) bestehen. Personen mit den Berufsabschlüssen nach dem PflBG müssen 1.260 h in der direkten neonatologischen bzw. pädiatrischen Akutversorgung während oder nach der Ausbildung nachweisen können. Die Pflegefachfrauen und -männer müssen zudem den Vertiefungseinsatz „pädiatrische Versorgung“ absolviert haben, können aber auch ohne relevanten Vertiefungseinsatz und ausreichend Praxisstunden eingesetzt werden, wenn sie eine Weiterbildung „Pädiatrische Intensiv- und Anästhesiepflege“ gemäß der „DKG-Empfehlung zur pflegerischen Weiterbildung“ abgeschlossen haben. Es sind zudem auch maximal 15 % Erwachsenenpflegekräfte im Pflegedienst zulässig (gemessen an Vollzeitäquivalenten), wenn sie zum 01.01.2022 eine gewisse Berufserfahrung vorweisen können. Es ist geplant, diese Vorgaben an die Qualifikation der neuen Berufsabschlüsse gemäß PflBG auch in anderen relevanten G-BA-Richtlinien (KiHe-RL, QFR-RL) entsprechend zu übernehmen.

Die dezidiertesten und am intensivsten diskutierten Vorgaben finden sich in der Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene des G-BA (G-BA 2022d). Sie legt ein Stufenkonzept für die perinatologische Versorgung fest. Für jede Versorgungsstufe sind seit 2005 Vorgaben an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität definiert, darunter auch Anforderungen an die Qualifikation und Anzahl des eingesetzten Pflegepersonals. Die Vorgaben stellen als verbindliche Festlegungen des G-BA gemäß § 136a Abs. 2 Satz 2 SGB V Mindestanforderungen dar, die von den Krankenhäusern erfüllt werden müssen. In Perinatalzentren ist für die Versorgung von Frühgeborenen unter 1.500 g Geburtsgewicht jederzeit ein Pflegepersonalschlüssel vorgeschrieben: für intensivtherapiepflichtige Frühgeborene von „1:1“ und für intensivüberwachungspflichtige Frühgeborene von „1:2“. Auch eine Weiterbildungsquote wird durch die Richtlinie vorgegeben: 40 % für Perinatalzentren Level I und 30 % für Perinatalzentren Level II. Darüber hinaus macht der G-BA Vorgaben zum Qualifikationsniveau der Pflegekräfte. Über den sogenannten „Klärenden Dialog“ mit den Perinatalzentren sowie über eine „Strukturabfrage“ erhebt der G-BA Daten, um den Umsetzungsgrad der Richtlinie und die Probleme bei der Erfüllung der Personalanforderungen zu analysieren (G-BA 2021, 2022e, 2022f). Dabei zeigten sich in den letzten Jahren Umsetzungsprobleme insbesondere bei den Pflegeschlüsseln. Konsequenzen im Rahmen der Richtlinie blieben bislang aus und sind nach wie vor Gegenstand der Diskussionen im G-BA.

2.4 Pflegestellenförderprogramme

Mit den Pflegestellenförderprogrammen, die im Jahr 2009 mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz und im Jahr 2016 mit dem Krankenhausstrukturgesetz ins Leben gerufen wurden, sollte die Neueinstellung oder Aufstockung vorhandener Teilzeitstellen von ausgebildetem Pflegepersonal in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen gezielt über Zeiträume von jeweils drei Jahren gefördert werden. 90 % der so entstandenen zusätzlichen Personalkosten wurden durch die Krankenkassen gefördert, die Krankenhäuser hatten einen Eigenanteil von 10 % aufzubringen. Diese Stellenaufbauprogramme waren gesetzlich an Vereinbarungen mit den Arbeitnehmervertretungen in den Kliniken über den tatsächlichen Stellenaufbau gekoppelt.

Der Abschlussbericht des GKV-Spitzenverbandes zum ersten Pflegestellenförderprogramm weist aus, dass im Zeitraum 2009 bis 2011 ca. 1,1 Mrd. € für ca. 15.300 zusätzlich vereinbarte Pflegestellen von den Krankenkassen gezahlt wurden (GKV-Spitzenverband 2013). Laut letztem Zwischenbericht zum zweiten Pflegestellenförderprogram, das mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz noch um ein Jahr (2019) verlängert wurde, haben Kliniken und Krankenkassen ein Gesamtvolumen von 1,1 Mrd. € vereinbart (GKV-Spitzenverband 2021a). Verlässliche Angaben zum tatsächlichen Umfang des Pflegestellenaufbaus liegen für die zweite Förderphase nicht vor. Hierzu fehlte im Gesetz die Legitimation zur weiteren Datenzusammenführung und -analyse nach Abschluss der Förderphase. Ferner hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, konkrete Wirkungsanalysen der milliardenschweren Förderpakete auf die konkrete pflegerische Versorgung in den Kliniken vorzusehen.

Der Ansatz der Pflegestellenförderproramme betrachtet das Problem der nicht bedarfsgerechten Pflege in den Krankenhäusern unter finanziellen Gesichtspunkten. Monetäre Anreize sollten zu einer angemessenen Personalausstattung beitragen. Während das Gesetz zum ersten Pflegestellenförderprogramm vorsah, dass die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene Kriterien entwickeln, nach denen die zusätzlichen Finanzmittel im Rahmen des DRG-Vergütungssystems zielgerichtet den Krankenhausbereichen zugeordnet werden, die einen erhöhten pflegerischen Aufwand aufweisen (vgl. Sect. 14.2.5), hat der Gesetzgeber die Auswertung des zweiten Förderprogramms nicht einmal mehr abgewartet. Es wurde entschieden, das Pflegepersonal für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen aus dem DRG-System auszugliedern und über das Pflegebudget zu finanzieren (§ 17b Abs. 4 KHG; vgl. Sect. 14.2.6).

2.5 Pflegekomplexmaßnahmen-Score für hochaufwendige Pflege

In Folge des ersten Pflegestellenförderprogramms wurden auch nach der dreijährigen Pflegepersonal-Aufbauphase entsprechend dem oben genannten gesetzlichen Auftrag (vgl. Sect. 14.2.4) ab dem Jahr 2012 weiterhin erhebliche zusätzliche Finanzmittel von den Krankenkassen für die Pflege bezahlt. Grundlage wurde der vom InEK und dem Deutschen Pflegerat entwickelte Pflegekomplexmaßnahmen-Score (PKMS). Hierüber galt es, Patientinnen und Patienten mit hochaufwendigem Pflegebedarf zu identifizieren und die besonderen Pflegepersonalkosten und erhöhten Sachkosten über ein Zusatzentgelt zu bezahlen. Der PKMS erfasste sowohl die Pflegegründe als auch die notwendigen Pflegemaßnahmen, die schließlich als Aufwandspunktesystem über den OPS 9-20 kodiert wurden.

Während die medizinischen Diagnosen und die ärztlichen Leistungen das Herzstück des Fallpauschalensystems sind und die ärztliche Leistung schließlich die DRG-Vergütung auslöst, waren die Pflegekosten in das DRG-System zwar eingepreist, die Bezahlung aber nicht an die Pflegemaßnahmen gebunden. Über den OPS 9-20 und die daran gekoppelten Zusatzentgelte ZE 130 und ZE 131 erwirtschafteten die Pflegenden in den Krankenhäusern im Jahr 2019 durch ihre Pflegeinterventionen bei gut 360.000 pflegerisch hochaufwendigen Fällen insgesamt knapp 460 Mio. € (GKV-Spitzenverband 2022a).

Der PKMS war aber nicht unumstritten: Nachgewiesen sind positive Effekte auf die Pflegequalität unter den PKMS-Bedingungen (Wieteck 2012; AGKAMED AG OPS 9-20 2013) und über den PKMS war auch ein Teil der Vergütung mit den Leistungen der Pflege verbunden. Kritisiert wurden vor allem der Dokumentationsaufwand und die Abrechnungsprüfungen. Die Kritiker wurden schließlich im politischen Raum gehört. Mit der Einführung des Pflegebudgets im Jahr 2020 verlor der PKMS zunächst an Bedeutung und wurde ab dem Jahr 2021 schließlich vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gänzlich aufgehoben. Damit ging ein die Pflege stärkendes Instrument verloren, das in einem Teilsegment über das pflegerische Leistungsgeschehen und ihren Wert für Transparenz sorgte.

2.6 Pflegebudget ab dem Jahr 2020

Die Große Koalition hat in der 19. Legislaturperiode die Pflegepersonalfinanzierung in den Krankenhäusern neu geregelt. Im Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz wurde im Jahr 2018 beschlossen, die Pflegepersonalkosten aus den DRG auszugliedern und in ein nach dem Selbstkostendeckungsprinzip funktionierendes Pflegebudget zu überführen. Ab dem Jahr 2020 wurde so auf eine neue, von den Fallpauschalen unabhängige, krankenhausindividuelle Vergütung der Pflegepersonalkosten umgestellt. Damit fielen schließlich nicht nur die ZE 130 und ZE 131 weg (vgl. Sect. 14.2.5), sondern auch die Zusatzentgelte, die für die Pflege von Patientinnen und Patienten mit einem Pflegegrad gezahlt wurden.

Handlungsleitend für den DRG-Pflege-Split war die Überzeugung, dass die über die DRGs anteilig erwirtschaften Erlöse für das Pflegepersonal in vielen Krankenhäusern nicht in ausreichendem Maße für die Pflege eingesetzt wurden. Über die Pflegebudgets sollen nun die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen finanziert werden. Abrechnungstechnisch werden die Pflegebudgets über einen Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen je voll- oder teilstationären Belegungstag und einem krankenhausindividuellen Pflegebudget ausgezahlt. Das Pflegebudget ist zweckgebunden und muss von den Krankenhäusern zur Finanzierung der Pflegepersonalkosten eingesetzt werden. Die Besonderheit dieser Regelung ist, dass die Wirtschaftlichkeit der dem einzelnen Krankenhaus entstehenden Pflegepersonalkosten nicht geprüft wird und zusätzliche Mittel für die sogenannten pflegeentlastenden Maßnahmen von den Krankenkassen pauschal zu tragen sind.

Die Umsetzung des Pflegebudgets ist jedoch anhaltend anspruchsvoll: Die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene hatten miteinander zu klären, welche Kosten als Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen anrechnungsfähig sind. Und dies ist dann zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen auf Ortsebene konkret zu verhandeln. Die konkrete Definition des Pflegebudgets wirkt sich schließlich auf das Volumen aus, um das das weiterhin leistungsorientierte aG-DRG-System zu vermindern ist. Hierüber gehen die Meinungen der Selbstverwaltungspartner weit auseinander, sodass das BMG wiederholt per Verordnung die Entgeltkataloge für DRG-Krankenhäuser in Kraft setzen musste. Die vielen Konflikte zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen offenbaren letztlich einen politischen Handlungsbedarf. Dies hat der Deutsche Bundestag erkannt und im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz klargestellt, dass nur Pflegefach- und Pflegehilfskräfte über das Pflegebudget zu finanzieren sind und keine sonstigen Berufe. Mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) wurde zudem festgelegt, dass auch die Finanzierung der Hebammen aus dem DRG-System vollständig herausgelöst und in die Selbstkostendeckung überführt werden soll. Auf Grundlage der Daten nach § 21 KHEntgG hat sich der Pflegepersonalbestand „am Bett“ zwischen dem Jahr 2019 und 2021 um gut 32.500 auf 315.791 Kräfte erhöht. Diese Daten bedürfen jedoch noch einer weitergehenden Validierung.

2.7 Pflegepersonaluntergrenzen

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten im Juli 2017 wurden die Pflegepersonaluntergrenzen gesetzlich verankert (§ 137i SGB V). Seit 2019 sind Pflegepersonaluntergrenzen in sogenannten pflegesensitiven Krankenhausbereichen verpflichtend umzusetzen. Untergrenzen sind als maximale Anzahl von Patientinnen und Patienten pro Pflegekraft je Tag- und Nachtschicht auf Stationsebene definiert. Wird diese „rote Linie“ der Mindestvorgabe unterschritten, kommt es nach dem Verständnis des Gesetzgebers mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zur Patientengefährdung und Pflegekräfte können überlastet werden. Ziel der Pflegepersonaluntergrenzen ist es, im Sinne des Patientenschutzes und der Pflegekräfte ein Mindestversorgungsniveau auf den pflegesensitiven Stationen sicherzustellen.

Die Idee hinter den Pflegepersonaluntergrenzen ist, das Versorgungsniveau der Krankenhäuser mit dem schlechtesten Pflegepersonalschlüssel auf das Mindestniveau der Untergrenze anzuheben. Da sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband nicht auf die konkreten Untergrenzenniveaus einigen können, wurden diese bislang alle durch das BMG festgelegt. Die Normierung beruht auf Krankenhausdaten, die vom InEK erhoben und analysiert werden. Je pflegesensitiven Bereich müssen schätzungsweise 10 bis 25 % der Krankenhäuser Maßnahmen ergreifen, um die Pflegepersonaluntergrenzen zu erfüllen. Dies kann erreicht werden, indem Pflegepersonal aufgestockt oder Fallzahlen reduziert werden. Wird die Untergrenze im Monatsdurchschnitt unterschritten, werden zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen Vergütungsabschläge oder eine Fallzahlreduktion vereinbart.

Waren für das Jahr 2019 zunächst für vier pflegesensitive Bereiche Pflegepersonaluntergrenzen festgelegt worden, so wurden diese sukzessive bis hin zu derzeit 19 pflegesensitiven Bereichen ausgeweitet (Stand November 2022, siehe Table 14.1). Erklärtes Ziel der Großen Koalition in der 19. Legislaturperiode war es, die Untergrenzen auf alle bettenführenden Stationen der Krankenhäuser auszuweiten. Die Ampelkoalition scheint an diesem Vorhaben festzuhalten, sodass erreicht werden kann, in allen Krankenhausbereichen gleichermaßen für ein pflegerisches Mindestversorgungsniveau zu sorgen.

Tab. 14.1 Pflegepersonaluntergrenzen ab 01.01.2023, Stand Dezember 2022. (PpUGV 2020, 2021, 2022a, 2022b)

Krankenhäuser weisen quartalsweise nach, ob sie die Pflegepersonaluntergrenzen eingehalten haben. Damit wird der Blick auf die tatsächliche pflegerische Versorgungssituation gelenkt und bundesweit Transparenz geschaffen. Dies stärkt die Rolle der Pflegenden in den Kliniken, da das Klinikmanagement gemeinsam mit dem Pflegemanagement verpflichtet ist, diese Mindestvorgaben einzuhalten.

Die Nachweise des dritten Quartals 2022 von rund 1.400 Krankenhäusern zeigen, dass rund 16 % der einzelnen rund 2,4 Mio. Tag- und Nachtschichten unterbesetzt waren. Dabei sind in den erstmals ab dem Jahr 2022 geregelten Bereichen Spezielle Pädiatrie, Orthopädie, Neonatologische Pädiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie in der Neurologischen Schlaganfalleinheit und Neurologischen Frührehabilitation die höchsten Defizite zu verzeichnen (Fig. 14.1). Diese Ergebnisse offenbaren den Handlungsbedarf, den es in vielen Kliniken nach wie vor gibt, um das vorgeschriebene Mindestversorgungsniveau, geschweige eine am Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten orientierte Personalbesetzung zu erreichen.

Abb. 14.1
figure 1

Nichteinhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen im 3. Quartal 2022 – unterbesetzte Schichten, in %

Ein Manko der Pflegepersonaluntergrenzen ist, dass sie den heterogenen Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten auf einer Station bislang nicht berücksichtigen. Dies wäre anhand des Pflegelastkatalogs des InEK zumindest für einige pflegesensitive Bereiche prinzipiell möglich, jedoch hat das BMG als Verordnungsgeber bislang davon Abstand genommen. Eine entsprechende Risikoadjustierung der Pflegepersonaluntergrenzen wäre aber nach wie vor sinnvoll (Trewendt und Doumit 2020; Leber und Vogt 2020).

2.8 Pflegepersonalquotient

Über das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurde im Januar 2019 der Pflegepersonalquotient (PpQ) in § 137j SGB V gesetzlich verankert. Beim PpQ wird die Anzahl der Pflegevollkräfte ins Verhältnis zu dem an Krankenhausstandort erbrachten Pflegeaufwand gesetzt. Ergänzend zu den stationsbezogenen Pflegepersonaluntergrenzen soll mit dem PpQ die Pflegepersonalbesetzung des gesamten Krankenhauses mit einer Untergrenze belegt und transparent gemacht werden (Ganzhausansatz). Auch hierüber sollte ein Impuls in Richtung Patientenschutz gesetzt werden. Die Rechtsverordnung zur Definition einer Untergrenze des PpQ steht jedoch bislang aus. Zum einen liegt dies an der Corona-Pandemie, die sowohl einen großen Einfluss auf die Patienten- und Personalzahlen und damit auf die PpQ-Datengrundlage hatte als auch eine weitere Untergrenzennormierung als politisch wenig zielführend erscheinen ließ. Zum anderen würde diese mit den stations- und schichtgenauen Pflegepersonaluntergrenzen in zurzeit 19 pflegesensitiven Bereichen, die etwa 90 % der Krankenhausfälle umfassen, konkurrieren. Eine Untergrenze mittels PpQ ist weniger genau, weshalb der PpQ eher als Transparenzinstrument genutzt wird. Dafür wird einmal jährlich, erstmals im Jahr 2020, vom InEK eine Verteilung des PpQ der Krankenhausstandorte ermittelt und veröffentlicht. Allerdings ist die Aussagekraft des PpQ im Benchmark schwer zu interpretieren. Ohne definierte Untergrenze sind lediglich der Bundesdurchschnitt und die Perzentile der Verteilung ein Orientierungsmaß.

3 Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus

Die Zeit scheint inzwischen überreif für die regelhafte Einführung eines wissenschaftlich validierten Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstruments in den deutschen Krankenhäusern. Bereits in der ausgehenden 19. Legislaturperiode hat der Deutsche Bundestag mit dem § 137k SGB V einen entsprechenden Entwicklungsauftrag formuliert. Bislang fehlt ein einheitliches und stimmiges Verfahren zur Ermittlung des Pflegebedarfs und des darauf basierenden erforderlichen Pflegepersonalbedarfs in Deutschland.

Aktuell werden im gesundheitspolitischen Raum insbesondere zwei Ansätze diskutiert, die im Folgenden vorgestellt werden. Der eine beruht auf dem gesetzlichen Auftrag nach § 137k SGB V (Stand bis Dezember 2022) zur Personalermittlung in der Pflege im Krankenhaus (PePiK) und der andere rekurriert auf die PPR aus den 1990er Jahren. Mit dem KHPflEG soll nun eine kurzfristige Pflegepersonalbemessung nach dem Konzept der PPR 2.0 und der Kinder-PPR 2.0 umgesetzt werden.

3.1 Pflegepersonalbemessung gemäß § 137k SGB V (Stand bis Dezember 2022)

Seit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz vom Juli 2021 gibt es einen § 137k im Sozialgesetzbuch V, der mit dem KHPflEG im Dezember 2022 neu gefasst wurde. Im Folgenden wird auf die Bemühungen der Umsetzung einer Pflegepersonalbemessung bis zum Inkrafttreten des KHPflEG eingegangen. DKG, der GKV-Spitzenverband und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) hatten im Laufe des Jahres 2022 ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur Pflegepersonalbedarfsbemessung in Krankenhäusern – im Einvernehmen mit dem BMG – auf den Weg zu bringen. Bis zum 30.06.2022 sollten fachlich unabhängige wissenschaftliche Einrichtungen oder Sachverständige damit beauftragt werden, ein Verfahren zur Pflegepersonalbedarfsbemessung bis Ende 2024 zu entwickeln und zu erproben. Wie schon bei der Entwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen sollen laut Gesetz der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten, der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Pflege, der Deutsche Pflegerat e. V. (DPR), Vertreter der für Personalfragen der Krankenhäuser maßgeblichen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen auf Bundesebene sowie die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. beteiligt werden. Zwar haben sich die Selbstverwaltungspartner auf eine Leistungsbeschreibung und einen Zeitplan zur Beauftragung verständigt und diese dem BMG im Dezember 2021 fristgerecht vorgelegt, jedoch wurde das offizielle Einvernehmen des BMG nicht erteilt, um den Vergabeprozess für die wissenschaftliche Entwicklung des Instruments in Gang zu setzen.

Laut § 137k SGB V (Stand bis Dezember 2022) hat das zu entwickelnde Verfahren für die Pflegepersonalbedarfsbemessung standardisiert, aufwandsarm, transparent, digital anwendbar, zukunftsfähig und – die berechnete Pflegepersonalausstattung im Ergebnis – bedarfsgerecht zu sein. Dabei soll das Instrument bundeseinheitlich angewendet werden und garantieren, dass es keine unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten beispielsweise bei der Einordnung des Pflegebedarfs gibt. Um dies auf den Weg zu bringen, haben sich DKG, GKV-Spitzenverband und PKV-Verband in einer Leistungsbeschreibung darüber verständigt, dass sich der erforderliche Pflegepersonalbedarf anhand der digitalen Dokumentation von Pflegediagnosen und maßgeblichen Pflegetätigkeiten (einheitliche Terminologie) ableiten lassen soll. Eine bundeseinheitliche Pflegeterminologie zur Dokumentation in den Krankenhäusern gibt es bislang nicht. Deshalb umfasst der Entwicklungsauftrag neben einem wissenschaftlich-analytischen Ansatz auch eine praktische Erprobungsphase. Kern des PePiK-Ansatzes ist es, ausgehend vom Pflegeassessment und einer Pflegeprozessplanung bei jedem Patienten zu Pflegediagnosen und maßgeblichen Pflegetätigkeiten zu kommen, aus der dann der Pflegepersonalbedarf automatisch abgeleitet werden kann. Damit ist die Chance verbunden, die Pflege in den Krankenhäusern auch qualitativ zu fördern und – entsprechend dem gesetzlichen Auftrag – transparent zu machen (siehe Fig. 14.2; GKV-Spitzenverband 2021b, 2022b).

Abb. 14.2
figure 2

Lösungsansatz Pflegepersonalbedarfsermittlung nach PePiK-Verfahren

Der Pflegebedarf variiert sowohl zwischen einzelnen Patientinnen und Patienten als auch im Zeitverlauf des Krankenhausaufenthalts. Durch das skizzierte Verfahren würde sichergestellt, dass ein Instrument in allen bettenführenden Bereichen im Krankenhaus zu jeder Zeit (tagsüber und nachts) angewendet werden kann. Zudem soll das Verfahren den Qualifikationsmix der Pflegekräfte pflegebedarfsgerecht berücksichtigen. Für eine gute pflegerische Versorgung der Patientinnen und Patienten ist der Qualifikationsmix im Pflegeteam aus Pflegefachkräften, Pflegehilfskräften und Personen der akademischen Pflegeberufe ein zentraler Aspekt.

Im Ergebnis soll das PePiK-Verfahren den Pflegepersonalbedarf auf einer Station und an einem Krankenhausstandort im Abgleich mit dem jeweils tatsächlich eingesetzten Pflegepersonal abbilden können. Dem Pflegemanagement im Krankenhaus wäre dadurch ein Monitoring des Personaleinsatzes entsprechend dem ermittelten Bedarf in Echtzeit möglich. Das schafft einerseits eine fundierte Planungsgrundlage für den Personalaufbau und -einsatz differenziert nach den unterschiedlichen Qualifikationen und andererseits kann bei kurzfristigen Personalausfällen umgehend gehandelt werden. Für die Patientinnen und Patienten würde sich dadurch die pflegerische Versorgung und für die Pflegekräfte die Arbeitssituation verbessern.

Pflegebedarf und Pflegeleistungen werden in den Krankenhäusern bislang nicht einheitlich dokumentiert. Das Verfahren zur Pflegepersonalbemessung gemäß dem ursprünglichen § 137k SGB V bringt eine digitale und standardisierte Pflegedokumentation mit sich. Dadurch könnte die Doppeldokumentation, die es in der Krankenhauspflege aufgrund unterschiedlicher Erfordernisse gibt, endgültig abgeschafft werden. Die Informationen sowohl für die Personalbemessung als auch für Qualitätssicherungsprozesse wären aus der standardisierten digitalen Pflegedokumentation ableitbar. Die Pflegepersonalbemessung an sich wäre frei von bürokratischem Aufwand und stünde im Einklang mit den Digitalisierungsvorhaben in Krankenhäusern. Die Förderkriterien zur Digitalisierung der Kliniken mit den Mitteln des Krankenhauszukunftsfonds sehen hohe Standards in der digitalen Pflegedokumentation vor. Damit würden beide Prozesse Hand in Hand gehen.

Mit dem PePiK-Ansatz wird auch das Ziel verfolgt, den Pflegekräften ein Dokumentationsinstrument an die Hand zu geben, das sich an einer Pflege orientiert, wie sie in der Ausbildung vermittelt wird. Das Instrument soll konform zur Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe sein, wonach das Planen, Organisieren, Gestalten, Durchführen, Steuern und Evaluieren von Pflegeprozessen zu den Kernkompetenzen zählt. Die Einführung einer bundeseinheitlichen Terminologie und einer darauf basierten Pflegepersonalbemessung könnte somit ein Quantensprung für die Qualität der Pflegedokumentation in Deutschland und damit verbunden für die Pflegequalität im Krankenhaus sein. Dabei ist auch eine regelmäßige Weiterentwicklung des Verfahrens im Sinne eines lernenden Systems vorzusehen.

3.2 PPR 2.0

Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege des Jahres 2019 verpflichteten sich die DKG, die Gewerkschaft ver.di, und der DPR dazu, gemeinsam einen Interims-Vorschlag für ein Pflegepersonalbemessungsinstrument für das Krankenhaus vorzulegen (BMG 2019). Anfang 2020 wurde von den drei Partnern die PPR 2.0 als eine aktualisierte Pflegepersonalregelung PPR aus dem Jahr 1993 und Eckpunkte zur Umsetzung präsentiert (DKG et al. 2020). Die Protagonisten dieses Ansatzes versprechen sich eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung, eine hohe Patientensicherheit und die Entlastung des Pflegepersonals.

Im Vergleich zur ursprünglichen PPR mit neun Schweregradgruppen (vgl. Sect. 14.2.1) wurde die PPR 2.0 auf 16 Schweregradgruppen der allgemeinen und speziellen Pflege erweitert. Prinzipiell beibehalten wurde die individuelle tägliche Einstufung der Patientinnen und Patienten durch die Pflegekräfte. Die neuen Gruppen A4 und S4 erlauben die Einstufung von Patientinnen und Patienten mit hochkomplexem Pflegebedarf (PKMS). Durch eine Erhebung und Berücksichtigung des Barthel-Index sind auch vulnerable Patientengruppen abgebildet. Außerdem wurden die Tag- und Nachtschicht analog zur Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung und die Minutenwerte auf Basis pflegerischer Entwicklungen angepasst (Gaß 2020).

Nach den Eckpunkten von DKG, DPR und ver.di vom Juni 2022 ist für die Kinder- und Jugendmedizin die von der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland e. V. entwickelte „Kinder-PPR 2.0 2021“ vorgesehen und für Intensivstationen das Instrument „INPULS®“ (DKG et al. 2022). Die Nachtschicht soll weiterhin über die Pflegepersonaluntergrenzen nach § 137i SGB V reguliert werden. Die PPR 2.0 soll als Ganzhausansatz und retrospektiv erfasst werden. Das bedeutet, der Pflegebedarf wird über einen Zeitraum erhoben und daraus ein Personalbedarf in Vollkräften abgeleitet. Springerpools, Ausfallzeiten und vorhersehbare Änderungen in den Patientenzahlen werden einberechnet und der so summierte Pflegebedarf des gesamten Krankenhauses im Folgejahr auf die Stellenpläne der einzelnen Abteilungen verteilt (DKG et al. o.J.).

Als Personal anrechenbar sind laut dem Eckpunktepapier Pflegefachkräfte mit dreijähriger Ausbildung und Pflegehilfskräfte. Medizinische Fachangestellte, Anästhesietechnische Assistenzen und Notfallsanitäter sowie weitere Gesundheitsfachberufe können entsprechend der Regelungen im Pflegebudget als Pflegehilfskräfte eingesetzt werden. Refinanziert werden sollen die examinierten Pflegefachkräfte bis zum durch PPR 2.0 ermittelten Personalbedarf. Auch Pflegehilfskräfte sollen bis zu 5 % oberhalb des Wertes refinanziert werden (DKG et al. 2022).

DKG, DPR und ver.di haben sich für die PPR 2.0 als Interimslösung starkgemacht, um die Pflege zukünftig besser am Pflegebedarf auszurichten. Sie ist aber in ihrer jetzigen Form auch limitiert. Ihre Systematik erlaubt keine ausreichenden Weiterentwicklungsmöglichkeiten für zukünftige Bedarfe und sie bietet keine Möglichkeiten für Qualitätsanreize für die pflegerische Versorgung. Die PPR 2.0 sieht derzeit noch keinen bedarfsgerechten Qualifikationsmix vor. Aus dem Pflegebedarf wird lediglich eine Pflegezeit abgeleitet, nicht aber, welche Kompetenzen es für die qualifizierte Versorgung der Patientinnen und Patienten braucht. Um dies zu erreichen, müsste die PPR 2.0 weiterentwickelt werden, damit ermittelt werden kann, wie das Pflegeteam aus Pflegeassistenz, Pflegefachkraft und akademischer Pflegekraft abhängig vom Patientenbedarf zusammengesetzt sein muss. Für die Pflegekräfte bedeutet diese Art des Qualifikationsmix, dass sie entsprechend ihren Fähigkeiten eingesetzt werden. Für sie könnte damit Über- oder Unterforderung vermieden werden. Auf Organisationsebene sind damit Konzepte für Fort- und Weiterbildung, Karrierewege, Personal- und Kompetenzentwicklung ableitbar. Mit der Karriereperspektive könnte die Berufstätigkeit in der Pflege attraktiver werden.

Limitationen der PPR 2.0 bestehen auch darin, dass die Nachtschicht als wichtige Phase der pflegerischen Versorgung nicht abbildbar ist. Gleiches gilt für die Intensivversorgung: „INPULS®“ ist ein zusätzliches Instrument und müsste neben der PPR 2.0 und Kinder-PPR 2.0 eingeführt werden. Bereits die Anwendung von PPR 2.0 und Kinder-PPR 2.0 muss aber flächendeckend geschult werden, um eine einheitliche Einstufung der Patientinnen und Patienten zu erreichen. Die ursprüngliche PPR wird nur in einem Teil der Krankenhäuser angewendet, die unmittelbare Umsetzung ist also nicht flächendeckend voraussetzbar. Reproduzierbarkeit und Nachvollziehbarkeit sind für ein Instrument mit sanktionsbewehrten Personalvorgaben Grundvoraussetzung.

Es wird erwartet, dass die Anwendung der PPR 2.0 aufzeigt, dass rund 40.000 Pflegekräfte fehlen (Gaß 2020). Diese sind auf dem Arbeitsmarkt aktuell nicht vorhanden. Allerdings stellt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung (Auffenberg et al. 2022) fest, dass durch bessere Arbeitsbedingungen die Rückkehr von bis zu 300.000 Vollkräften möglich wäre. Diese kehren entweder in den Beruf zurück oder stocken ihre Teilzeitbeschäftigung auf. Insbesondere hält die Studie fest, dass „bedarfsgerechte Instrumente der Personalbemessung einer der stärksten Motivationsfaktoren sowohl für die Rückkehr in den Pflegeberuf als auch für eine Stundenerhöhung sind.“ (Auffenberg et al. 2022, S. 82) Eine systematische Pflegepersonalbedarfsbemessung nach PPR 2.0 bedeutet aber nur, dass der Personalbedarf auf Basis des tatsächlichen Pflegebedarfs geschätzt werden kann. Dadurch werden die Arbeitsbedingungen noch nicht verbessert. Dies müsste nachlaufend erfolgen, wenn die durch PPR 2.0 ermittelten stationsbezogenen Ergebnisse als Steuerungsgrundlage für die Personalplanung verbindlich herangezogen werden.

Der Bundesgesundheitsminister der vergangenen Legislaturperiode war von dem Anfang 2020 vorgelegten Konzept der drei Partner zu PPR 2.0 nicht überzeugt und bewertete es als nicht ausgereift. Die Ampelkoalitionäre der 20. Legislaturperiode verankerten allerdings im Koalitionsvertrag vom 07.12.2021 die Einführung der PPR 2.0 als Übergangsinstrument mit dem Ziel eines bedarfsgerechten Qualifikationsmix (SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP 2021).

3.3 Krankenhauspflegeentlastungsgesetz

Mit dem KHPflEG wird der bestehende § 137k SGB V ab 2023 neu gefasst, wonach anstelle der Entwicklung und Erprobung eines wissenschaftlich fundierten Verfahrens (PePiK-Ansatz) eine Pflegepersonalbemessung nach PPR 2.0 und Kinder-PPR 2.0 eingeführt wird. Ziel ist, auf Grundlage der PPR 2.0 zu einem Pflegepersonalaufbau zu kommen. Zudem wird in dem neuen § 137l SGB V ein Weiterentwicklungsauftrag der Pflegepersonalbemessung nach PPR 2.0 und Kinder-PPR 2.0 an die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene gesetzlich verankert.

Zugelassene Krankenhäuser sollen nun verpflichtet werden, eine angemessene Personalausstattung auf PPR 2.0-Niveau vorzuhalten und das erforderliche Personal für eine bedarfsgerechte Pflege sicherzustellen. Dafür haben Krankenhäuser folgende Angaben zu bettenführenden Stationen der somatischen Versorgung von Erwachsenen und Kindern an das InEK zu übermitteln:

  • die Anzahl der eingesetzten Pflegekräfte,

  • den Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten sowie

  • die Anzahl der auf Grundlage des Pflegebedarfs einzusetzenden Pflegekräfte.

Die Krankenhäuser haben die Anzahl der eingesetzten Pflegekräfte schrittweise an die Anzahl der einzusetzenden Pflegekräfte anzupassen.

Auch für die intensivmedizinische Versorgung von Erwachsenen soll es Vorgaben geben, die sich an dem Instrument INPULS® orientieren. Die Konzepte PPR 2.0 und Kinder PPR 2.0 sollen im Vorfeld der Umsetzung mindestens drei Monate in einer repräsentativen Anzahl an Krankenhäusern im Auftrag des BMG im Zeitraum von Ende Januar bis Ende August 2023 erprobt werden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Erprobungsphase kann das BMG mit Zustimmung des Bundesrates und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung bis zum 30.11.2023 konkrete Vorgaben zur Umsetzung bestimmen. Neben den zu ermittelnden Kennzahlen zum Pflegebedarf und Personaleinsatz soll unter anderem auch die bedarfsgerechte personelle Zusammensetzung des Pflegepersonals basierend auf dessen Qualifikationen geregelt werden. Zudem soll im Zeitraum von Ende Oktober 2023 bis Ende August 2024 das Verfahren für die intensivmedizinische Versorgung von Erwachsenen (INPULS®) entwickelt und modellhaft erprobt werden. Nachdem erstmals Daten über die Anzahl der eingesetzten und der nach Pflegebedarf erforderlichen Pflegekräfte vorliegen, hat das BMG einen konkreten Erfüllungsgrad festzulegen, um die Ist-Personalbesetzung schrittweise auf die gemessene Soll-Personalbesetzung anzuheben. Erfüllen Krankenhäuser die Vorgaben nicht, soll es zu Sanktionen kommen.

Mit dem neuen § 137l SGB V soll die Pflegepersonalbemessung nach PPR 2.0 und Kinder-PPR 2.0 bis Ende 2024 wissenschaftlich weiterentwickelt werden. Hierfür haben der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft analog dem ursprünglichen § 137k SGB V (Fassung bis Dezember 2022) eine wissenschaftliche Einrichtung oder Sachverständige zu beauftragen. Insbesondere sollen dabei der Qualifikationsmix und die standardisierte und digitale Anwendung berücksichtigt sowie Vorschläge zur Personalbemessung in Notaufnahmen vorgelegt werden.

Ob ein Pflegepersonalaufbau mit dem umstrittenen Konzept der PPR 2.0 erreicht werden kann, ist fraglich und bleibt abzuwarten. Zunächst wird auf die Pflegekräfte ein zusätzlicher Dokumentationsaufwand zukommen: Sie müssen täglich den Pflegebedarf aller Patientinnen und Patienten erfassen und für diese Aufgabe auch geschult werden.

4 Ausblick

Die in diesem Beitrag dargestellten gesundheitspolitischen Maßnahmen offenbaren, dass in Deutschland in den letzten dreißig Jahren schon viel versucht wurde, um zu einer zufriedenstellenden pflegerischen Versorgung in den Krankenhäusern zu kommen. Ein Instrument folgt dem anderen, ohne dass bislang nachhaltige positive Effekte in allen Bereichen der Pflege festgestellt werden könnten (vgl. Fig. 14.3 und 14.4). Seit dem Ende der 18. Legislaturperiode, als der Deutsche Bundestag die Pflegepersonaluntergrenzen auf den Weg brachte, scheint sich der Prozess der Gesetzesnovellierungen sogar noch zu beschleunigen. Das Nebeneinander der Maßnahmen von Personal- und Qualitätsvorgaben einerseits und Vergütungsmechanismen andererseits lässt ein stimmiges Gesamtkonzept für die pflegerische Versorgung und die Pflegekräfte in den Kliniken vermissen. Hinzu kommen die mittlerweile an allen Orten spürbaren Auswirkungen der demographischen Entwicklung in Deutschland: Weniger Arbeitskräften wegen der geburtenschwachen Jahrgänge ab den 1970er Jahren stehen mehr und mehr hochbetagte, multimorbide Patientinnen und Patienten gegenüber. Ob die starken Migrationsbewegungen hier abmildernd wirken, ist derzeit offen.

Abb. 14.3
figure 3

Regelungen zur pflegerischen Versorgung in den Krankenhäusern

Abb. 14.4
figure 4

Pflegepersonalentwicklung in den Krankenhäusern seit den 1990er Jahren (Quelle: Destatis Krankenhausstatistik – Grunddaten der Krankenhäuser, Pflegedienst Krankenhaus – Krankenhäuser Personal Vollkräfte u. a. nach Einrichtungsmerkmalen (gbe-bund.de))

Bemerkenswert ist, dass trotz dieser „Dauerkrise“ bislang keine ordnungspolitischen Maßnahmen auf den Weg gebracht wurden, aus denen die Pflege und die Pflegekräfte gestärkt hervorgegangen wären. Die meisten der in den Sect. 14.2 und 14.3 vorgestellten Instrumente lassen sich in zwei Kategorien bündeln: Bei den Instrumenten PPR/PPR 2.0, den Pflegestellenförderprogrammen und dem Pflegebudget geht es maßgeblich um die Finanzierung der Pflegestellen und einen Personalaufbau. Die Maßstäbe zur Bemessung unterscheiden sich lediglich:

  • Bei der PPR/PPR 2.0 ist es der Pflegebedarf der zu versorgenden Patienten,

  • bei den Förderprogrammen das normativ festgesetzte finanzielle Fördervolumen als Add-on zur Finanzierung über das Fallpauschalensystem und

  • beim Pflegebudget die frei von Wirtschaftlichkeitskriterien geregelte Finanzierung; dessen Effekt wird jedoch durch die angespannte Arbeitsmarktsituation limitiert.

Dem Pflegepersonal selbst kommt in diesen ordnungspolitischen Konstrukten die Rolle eines Kostenfaktors im Krankenhaus zu.

Die zweite Kategorie umfasst normative Vorgaben, die auf ein bestimmtes (qualitatives) Versorgungsniveau zielen. Hierzu können die Vorschriften im OPS, in den Richtlinien des G-BA oder in der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung gezählt werden. Auch der bislang nicht in Gänze umgesetzte Pflegequotient kann dieser Kategorie zugeordnet werden. Der Blick auf das pflegerische Geschehen ist hier eher defizitorientiert: Man beobachtet Versorgungsmängel und möchte diese über Mindestvorgaben korrigieren. Eine Sonderstellung nimmt lediglich die an den Pflegekomplexmaßnahmen-Score gebundene Zusatzvergütung für hochaufwendige Pflege ein. Hier wurde mit Pflegediagnosen und Pflegeleistungen das eigentliche pflegerische Geschehen durch die Pflegefachkräfte in den Mittelpunkt gerückt und über Zusatzentgelte entlohnt. Das ist bislang die einzige Regelung, die die Pflege als Teil der Wertschöpfung eines Krankenhauses in einer ordnungspolitischen Maßnahme sichtbar machte.

Der Auftrag des Deutschen Bundestags aus der 19. Legislaturperiode, über den § 137k SGB V eine moderne Pflegepersonalbedarfsermittlung auf den Weg zu bringen, bot erstmals die Chance, die Pflegekräfte mit ihrem unverzichtbaren Beitrag in der Patientenversorgung und ihren maßgeblichen Pflegetätigkeiten in den Mittelpunkt zu rücken. Diesem Auftrag hatten sich die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene unter Beteiligung von Fachexperten aus der Pflegepraxis gestellt. Ausgehend von einer digitalen Pflegedokumentation mit bundeseinheitlich festgelegten Katalogen von Pflegediagnosen und maßgeblichen Pflegetätigkeiten sollten unter Berücksichtigung nicht nur der Pflegefachkräfte und Pflegehilfskräfte, sondern erstmals auch der akademischen Pflegeberufe die Pflege qualitativ gestärkt und eine bürokratiearme Pflegepersonalbedarfsermittlung entwickelt werden. Hierbei war auch der Gedanke leitend, eine Grundlage zu schaffen, über die die unterschiedlichen ordnungspolitischen Ansätze in den Bereichen Qualitätssicherung und Vergütung eines Tages integriert werden können. Dieser vielversprechende Ansatz wurde jedoch schon im Vorfeld der Auftragsvergabe an die Wissenschaft durch ministerielles Agieren in der laufenden Wahlperiode jäh abgebrochen und schließlich über das KHPflEG abgeschafft.

Bleibt abschließend die Frage, was man aus den letzten drei Jahrzehnten lernen kann. Welche Kriterien müssen erfüllt werden, wenn es einmal zur Trendumkehr für die Pflegekräfte in den Kliniken und zu einer nachhaltig bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen pflegerischen Versorgung in den Kliniken kommen soll? Ordnungspolitische Mechanismen müssen darauf abzielen, dass der Pflegeberuf attraktiv wird, indem den Pflegekräften in den Krankenhäusern ausreichend Zeit und Raum gegeben wird, ihrem pflegefachlichen Standard gerecht zu werden und diesen weiter voranzubringen. Das schließt attraktive Ausbildungs- und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten und damit Karrierechancen mit ein. Auch die akademischen Pflegeberufe dürfen aus dem Krankenhaus der Zukunft nicht mehr wegdenkbar sein. Mit einem solchen Professionalisierungsschritt geht die vollständige digitale Pflegedokumentation einher, ergänzt um kluge qualitätssichernde Funktionen. Und zwei weitere wesentliche Aspekte, die für die ärztlichen Leistungen in den Kliniken seit langem und unangefochten bestehen, müssen berücksichtigt werden: Das eine ist die Transparenz des pflegerischen Geschehens gegenüber den Patientinnen und Patienten beziehungsweise Bürgerinnen und Bürgern. Das andere ist das Sichtbarwerden der Pflege auf der Einnahmeseite der Kliniken, sodass die verantwortlichen Klinikgeschäftsführenden ein Interesse und einen Anreiz haben, sich dauerhaft für eine gute und qualifizierte Pflege einzusetzen. Erst wenn all diese Kriterien berücksichtigt werden, erhält die Pflege den Stellenwert, den sie verdient.