FormalPara Koordinierende Leitautor_innen

Lisa Bohunovsky und Lars Keller

FormalPara Beitragende Autor_innen

Gerd Michelsen, Gerald Steiner und Michaela Zint

FormalPara Koordination der Strukturkapitel

Michael Ornetzeder

FormalPara Revieweditor

Gerhard De Haan

FormalPara Zitierhinweis

Bohunovsky, L. und L. Keller (2023): Bildung und Wissenschaft für ein klimafreundliches Leben. In: APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben) [Görg, C., V. Madner, A. Muhar, A. Novy, A. Posch, K. W. Steininger und E. Aigner (Hrsg.)]. Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg.

FormalPara Kernaussagen des Kapitels

Status Quo

  • Bildung und Wissenschaft (BUW) tragen in ihren jetzigen Zielsetzungen und Strukturen nicht im nötigen Umfang zu einer nachhaltigen Entwicklung und damit auch nicht zu einem klimafreundlichen Leben bei (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

  • BUW tragen zur Verfestigung aktueller gesellschaftlicher Verhältnisse bei und fokussieren nicht auf Zukunftskompetenzen und Nachhaltigkeit sowie Klimafreundlichkeit von Lebensstilen (hohe Übereinstimmung, mittlere Literaturbasis).

  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit wie auch die transdisziplinäre Kooperation zwischen Wissenschaft und gesellschaftlichen Akteur_innen, die im Kontext nachhaltiger Entwicklung und insbesondere des Klimawandels notwendig sind, werden in BUW durch vorherrschende disziplinäre Strukturen benachteiligt (hohe Übereinstimmung, mittlere Literaturbasis).

  • Der Fokus auf die Reproduktion von bestehendem Wissen im Bildungssystem steht eigenständigem, mündigem, an Werten von Nachhaltigkeit ausgerichtetem Lernen und damit der Koproduktion von neuem Wissen entgegen (hohe Übereinstimmung, mittlere Literaturbasis).

Notwendigen Veränderungen

  • Wenn BUW auf die Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung sowie eines klimafreundlichen Lebens ausgerichtet werden sollen, ist die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung und ein grundlegender Paradigmenwechsel in Richtung holistischer, integrierter und transformativer Herangehensweisen erforderlich (hohe Übereinstimmung, mittlere Literaturbasis).

  • Wenn BUW zu einer nachhaltigen Entwicklung und damit auch zu einem klimafreundlichen Leben beitragen sollen, braucht es neue Zielsetzungen (z. B. Orientierung an SDGs, Auseinandersetzung mit realweltlichen gesellschaftsrelevanten Problemstellungen, Verbesserung der Lebensqualität für alle) und umfassende Strukturreformen (z. B. Bildungspläne, Curricula, Bildungskonzepte für nachhaltige Entwicklung, Karrieremodelle, Forschungsförderung) (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

  • Auf Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit ausgerichtete Konzepte in BUW (z. B. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), Klimawandelbildung und -forschung, Inter- und Transdisziplinarität (ITD), transformative BUW) unterstützen die Ermöglichung von Wissenserwerb und die Entwicklung von Werten und Kompetenzen, um klimafreundliche und nachhaltige Lebensstile erreichen zu können (hohes Vertrauen). Entsprechende Ansätze existieren, sie sind aber weiterzuentwickeln und auf breiter Basis in BUW umzusetzen (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

Möglichkeiten/Optionen

  • Wenn ein grundlegender Paradigmenwechsel in BUW zur Unterstützung eines klimafreundlichen Lebens und einer nachhaltigen Entwicklung erreicht werden soll, ist die transdisziplinäre Erarbeitung und praktische Umsetzung von umfassenden BUW-Konzepten, welche die oben genannten Veränderungsnotwendigkeiten abbilden, eine vorrangige Handlungsoption (hohe Übereinstimmung, mittlere Literaturbasis).

  • Wenn Kompetenzen, die für ein klimafreundliches Leben notwendig sind, umfangreich gefördert werden sollen, sind Klimawandelbildung und BNE den Lehr- und Bildungsplänen aller Stufen des formalen Bildungssystems (Schule und Hochschule), insbesondere auch den Lehrplänen der Lehrendenbildung zugrunde zu legen sowie als Aufgabe der Akteur_innen informeller und nonformaler Bildung (wie Kommunen, Museen, Bibliotheken etc.) zu stärken (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

  • Wenn Wissenschaft für klimafreundliches und nachhaltiges Leben gefördert werden soll, ist neben einer grundlegenden Diskussion vorherrschender Ziele, Inhalte und Strukturen (z. B. Anreizsysteme, Ausschreibungskriterien) und daraus resultierenden Macht- und Konkurrenzverhältnissen die Schaffung von spezifischen kooperativen Strukturen für Inter- und Transdisziplinarität in BUW notwendig (z. B. die Einrichtung entsprechender Professuren, Institute, Forschungszentren, Laufbahnstellen, Studienprogramme, Lehrbücher, Fachzeitschriften, Gesellschaften, Forschungsnetzwerke) (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

  • Wenn Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes (Whole-Institution Approach) an BUW-Einrichtungen umfassend strukturell verankert werden sollen, brauchen diese Unterstützung in Form von strategischen Instrumenten (z. B. Rahmenstrategien) sowie entsprechende Leistungsbeurteilungssysteme und -anreize (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

  • Wenn BUW-Einrichtungen auf betrieblicher Ebene Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen umsetzen, können sie als Living Labs und Vorreiter einer sozial-ökologischen Transformation dienen (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

  • Wenn die wissenschaftliche Beweislage über die Wirkungen neuartiger Ansätze in BUW erhöht werden soll, sind Begleitforschung für und Evaluation von Klimaforschungs- und -bildungsprogrammen notwendig (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

21.1 Status quo

Das Zeitalter des Anthropozäns, speziell seit Beginn der Phase der „Großen Beschleunigung“ ab 1950 (Steffen et al., 2007, 2015), wird hauptsächlich vom intensiven Einfluss des Menschen auf die Umwelt geprägt (Allenby, 2004; Crutzen & Stoermer, 2000). Die Folgen menschlichen Handelns (vor allem der Bewohner_innen des Globalen Nordens) in den verschiedenen Erdsphären bedrohen mittlerweile die Resilienz des Erdsystems und folglich die Existenz der Menschheit selbst (Badiru & Agustiady, 2021; Rockström et al., 2016; Steffen et al., 2018; Waters et al., 2016). Eine wesentliche Herausforderung ist dabei der anthropogene Klimawandel (IPCC, 2021; WCRP Joint Scientific Committee, 2019). Bildung und Wissenschaft (BUW) stehen heute in der Verantwortung, menschliches Denken und Handeln auf dem Weg in eine nachhaltige und klimafreundliche Zukunft positiv zu verändern und damit selbst Antrieb und Teil einer existenziell bedeutsamen Transformation zu werden.

Vorweg ist festzuhalten: Was bislang als zivilisatorischer Fortschritt gegolten und damit zugleich mit zur Entstehung der großen globalen Probleme und Herausforderungen unserer Zeit geführt hat, ist wesentlich über BUW und deren Zielsetzungen und Systeme erreicht worden (Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019; Meyer & Newman, 2020; Steffen et al., 2015). BUW setzen sich spätestens seit dem Bericht des Club of Rome (Meadows et al., 1972) inhaltlich stets intensiver mit „Grenzen des Wachstums“ auseinander und tragen maßgeblich zur Entstehung der wichtigen Nachhaltigkeits- und Klimaschutz-Dokumente unserer Zeit bei (z. B. Paris Agreement, 2015; United Nations General Assembly, 2015). Zugleich bleiben sie selbst ein Teil des Problems (Cebrián et al., 2013), indem kapitalistische und wirtschaftsliberale Strukturen tief in BUW verankert wurden (Baier, 2017; Fazey et al., 2020; Hofbauer et al., 2017; Hölscher, 2016; Huckle & Wals, 2015; Münch et al., 2020; Richter & Hostettler, 2015; Slaughter & Rhoades, 2009) und akademische Strukturen nachhaltigem, klimafreundlichem Verhalten entgegenstehen. Beispiele hierfür sind der Besuch internationaler Konferenzen mit dem dafür notwendigen Flugverkehr, der für wissenschaftliche Karrieren als notwendig empfunden wird (Nursey-Bray et al., 2019; Schrems & Upham, 2020), eine wirtschaftlich-technologische Verwertungsorientierung (Schneidewind, 2009) oder der hohe Druck auf Wissenschaftler_innen von Anbeginn ihrer Karriere, sich über quantitative Metriken (z. B. H-Index) und den Austausch in wenigen High-Impact Journals zu finden und nicht über eine tiefgängige Reflexion über Qualität und Ziel der eigenen (nachhaltigkeits-, klima- und gesellschaftsrelevanten) Forschungsarbeit (Fochler et al., 2016).

Der hohen Dringlichkeit, auf systemische Krisen des Anthropozäns, allen voran die Klima- und Biodiversitätskrise zu reagieren, stehen noch immer die Kräfte der Beharrung entgegen. BUW bleiben in ihren Inhalten (vor allem Lehrinhalten), Zielen, Konzepten und systemischen Grundstrukturen relativ unverändert (Elkana & Klöpper, 2012; Imdorf et al., 2019; Kläy et al., 2015; O’Brien, 2012a; WBGU, 2011). Hinsichtlich der Strukturen werden zum Beispiel Lehrer_innen bis heute großteils disziplinär ausgebildet und Schüler_innen in voneinander abgegrenzten Fächern unterrichtet. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist in kleinteilige Fachgebiete aufgespaltet, zunehmende Spezialisierung ist ein sich weiter verstärkendes Phänomen (Aram, 2004; Giesenbauer & Müller-Christ, 2020; Posch & Steiner, 2006). Entsprechend wird die Forderung nach Aufbau und Intensivierung von Inter- und Transdisziplinarität (ITD), also von disziplinenübergreifender Zusammenarbeit wie auch der Kooperation zwischen Wissenschaft und gesellschaftlichen Akteur_innen, im Kontext nachhaltiger Entwicklung und insbesondere des Klimawandels immer lauter (Carson, 1962; Future Earth, 2014; ProClim Forum for Climate and Global Change, Swiss Academy of Science, 1997; R. Scholz & Steiner, 2015; WBGU, 2011, 2014a).

Selbst die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre (Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Bürger, 1867; § 2 Abs. 1 UG, 2002) als Grundpfeiler des BUW-Systems gerät unter Druck (z. B. Münch et al., 2020). Die Implikationen dieser Freiheit werden bislang wenig diskutiert: Die Notwendigkeit, dass Individuen und Institutionen moralisch und ethisch motivierte Selbstverantwortung übernehmen, die durch Wissenschaftstheorie und -ethik, durch Verstand und Vernunft gestützt ist (Kläy et al., 2015), bleibt in entsprechenden Diskussionen weitgehend außen vor (Fuchs, 2014). Es gilt jedoch, diese Philosophie im Lichte der Probleme und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu reflektieren und das Verständnis von Freiheit in diesem Zusammenhang dahingehend zu überprüfen, wie künftig BUW Mitverantwortung für die gesamtgesellschaftliche Transformation übernehmen und zu einer nachhaltigen klimafreundlichen Entwicklung beitragen können (Dickel et al., 2020; Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019; Schneider et al., 2019; Schneidewind, 2009; UNESCO, 2015).

Darüber hinaus sind beinahe zahllose weitere Probleme in österreichischen BUW-Systemen zu nennen, welche eine nichtnachhaltige Entwicklung widerspiegeln. Traditionell geprägte Strukturen, z. B. eine frühe Trennung der Kinder in unterschiedliche Schularten und damit auch eine frühe Festlegung ihres weiteren Bildungsverlaufs, verstärken sozial geprägte Zugangschancen zum BUW-System (Gerhartz-Reiter, 2017; Oberwimmer et al., 2019) und damit auch zu relevanten wissenschaftlichen Erkenntnissen über und Teilhabe an klimafreundlichen Entscheidungen und Handlungen. Ebenso ist der hohe Anteil von Reproduktion und Verstetigung aktuellen (System-)Wissens sowie klassischer Lehrmethoden an Schulen und Hochschulen (Davidson, 2017; R. M. Ryan & Deci, 2016) zu nennen, die eigenständigem, mündigem, an Werten von Nachhaltigkeit ausgerichtetem Lernen entgegenstehen (Botkin et al., 1979; UNESCO, 2017a). Innerhalb der Hochschulen hat die – insbesondere für Nachhaltigkeitsbewusstsein und klimafreundliches Leben hochrelevante – Lehre einen traditionell geringeren Stellenwert als Forschung und bedarf selbst einer Transformation (Egger & Merkt, 2016; Elkana & Klöpper, 2012). Forschung(sförderung) hängt häufig von der Wirtschaft und deren Zielsetzungen ab (Kirchhof, 2018). Sowohl Bildungs- als auch Forschungsvorhaben sind oft kurzfristig ausgerichtet und stehen damit der Langfristigkeit von Nachhaltigkeitsprozessen entgegen. Der Austausch innerhalb von BUW sowie der Austausch von BUW mit der Gesellschaft findet eher selten statt (Rachel, 2020). So ist der Beitrag einer breiten Öffentlichkeit am wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt heute weder erkennbar noch erwünscht (Dickel et al., 2020) und Institutionen des Bildungssystems bis hin zu den (Fach-)Hochschulen leiden großteils an Partizipations- und Demokratiedefiziten (Bultmann, 2011; Dickel et al., 2020; Fischer & Vogel, 2021; Gerhartz-Reiter & Reisenauer, 2020; Staack, 2016; Steiger-Sackmann, 2011). Selbstbestimmung, Emanzipation, Mündigkeit, Miteinander und eine konstruktivistische Auffassung von Lernen scheinen in BUW keine für das Gelingen bedingende Grundlagen zu sein (z. B. Langemeyer, 2011).

Diese tradierten Muster zeigen die Beharrlichkeit von BUW-Systemen, auch in Österreich, auf. Um zu einer gesellschaftlichen Transformation zu klimafreundlichem und nachhaltigem Leben beitragen zu können, stehen BUW vor der Herausforderung, sich zunächst selbst grundlegend zu transformieren (u. a. International Commission on the Futures of Education, 2021; Sachs et al., 2019; Wayne et al., 2006; WBGU, 2011). Deren Strukturen und Systeme grundlegend zu verändern, benötigt jedoch sehr viel Einsicht für dessen Notwendigkeit – selbst von denen, die in den BUW-Einrichtungen über die Probleme durch Klimawandel(folgen) und fehlende Nachhaltigkeit lehren bzw. diese wissenschaftlich erforschen (z. B. Le Quéré et al., 2015; Rosenberg & Starr, 2021).

Um neues Wissens und neue Kompetenzen für klimafreundliches Leben und nachhaltige Entwicklung zu schaffen, spielt das Zusammenwirken von BUW sowie von Schule und Hochschule, aber auch von formalisierten und nichtformalisierten Lernprozessen eine wichtige Rolle (Otto et al., 2020). Dieses Kapitel fokussiert daher auf Konzepte, die Bildung in den Vordergrund stellen, und betont die potenziell starke Rolle von Unterricht und Lehre für klimafreundliches und nachhaltiges Leben. Wissenschaft wird als Zusammenspiel von Forschung und Lehre gesehen. Es wird bewusst kein Schwerpunkt auf universitäre und außeruniversitäre Forschung gelegt.

Wenngleich nachfolgend im Kontext Lehre und Bildung häufig verkürzend auf „Schule und Hochschule“ Bezug genommen wird, sind die verschiedenen Ebenen des Bildungssystems ebenso eingeschlossen, z. B. Kindergarten, Volksschule, allgemein- und berufsbildende mittlere und höhere Schulen der Sekundarstufen I und II, Postsekundar- und Tertiärstufe mit Schulen und Lehrgängen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Universitäten etc. Nachhaltigkeits- und Klimafragen lassen sich in der Regel nicht voneinander trennen, weshalb sie meist beide genannt (oder zumindest gemeint) sind.

BUW für ein klimafreundliches Leben nehmen im Rahmen des vorliegenden Special Reports eine gewisse Sonderstellung ein. Standards und Assessment-Maßnahmen sind hier in evolutionärer Entwicklung und ständiger Bewegung. Auch die Bewertung der Frage, welche Dimension der Rolle von Strukturen im Kontext von BUW für ein klimafreundliches Leben zugeschrieben werden kann, bleibt ungeklärt. Insbesondere scheinen es die „Strukturen in den Köpfen“ der beteiligten Menschen zu sein, die letztlich Denk- und Handlungsmuster erzeugen, die Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit behindern oder begünstigen. Dennoch sollen die Strukturen von BUW auch in diesem Kapitel im Vordergrund stehen.

21.2 Notwendige Veränderungen

Angesichts der Forderung, BUW deutlich stärker als bisher zu einer gesellschaftlichen Transformation in Richtung Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit beitragen zu lassen, wird in der Literatur die Notwendigkeit eines grundlegenden Umbaus der bestehenden BUW-Systeme und deren Ziele und Strukturen diskutiert (Coelen et al., 2015; Leiringer & Cardellino, 2011; Martens et al., 2010; J. Ryan, 2011; Sachs et al., 2019; Saltmarsh & Hartley, 2011). Auch wenn Wirkungen im Voraus nicht eindeutig zu beschreiben sind (z. B. Apple, 2012), werden Zusammenhänge zwischen Bildung und gesellschaftlicher Transformation, Bildung und Lebensqualität, Bildung und Nachhaltigkeit in zahllosen Quellen hergestellt (Baker, 2014; Bowling & Windsor, 2001; Carnoy & Samoff, 2016; Desjardins, 2015; Hart, 2009; Keller, 2009; Kogan et al., 2011; Nussbaum & Sen, 1993; Ross & Van Willigen, 1997; Russell, 1926; R. W. Scholz, 2011). Ebenso sind Wissenschaft, Forschung und Technologieentwicklung mächtige Instrumente für gesellschaftliche Transformationsprozesse – im Positiven wie im Negativen (Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019).

Um eine solche Transformation einzuleiten, müssen in erster Linie überzeugende neue Ziele für BUW definiert, Bewusstsein und Verständnis über neue Formen von Wissen, Können und Lernen, von Leistung und entsprechenden Leistungsanreizen neu geschaffen sowie entsprechende Diskussions- und Umsetzungsprozesse in Gang gesetzt werden (Fazey et al., 2020). Klimafreundliche Bildung und Wissenschaft sind also nicht nur durch Veränderungen äußerer Strukturen zu erreichen, sondern vor allem auch durch neue Denk- und Verhaltens-Strukturen der beteiligten Menschen.

Vor diesem Hintergrund spielen fünf Aspekte eine zentrale Rolle, die der Intensität der Veränderungen sowie der Komplexität der Herausforderungen besser als das aktuelle BUW-System gerecht werden und aktiv zu einer gesellschaftlichen Transformation beitragen können: (1) Übernahme von Verantwortung, (2) Anerkennung unterschiedlicher Wissensformen, (3) eine verstärkte Anbindung von BUW an reale Bedingungen und gesellschaftliche Herausforderungen durch ITD, (4) Bildungskonzepte für nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben sowie (5) eine ganzheitliche Transformation von BUW im Sinne eines Whole-Institution-Ansatzes.

21.2.1 Übernahme von Verantwortung

Bildung ist seit der Mitte des 20. Jahrhunderts ein international anerkanntes Menschenrecht. Sie dient laut Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen vornehmlich dazu, dass jeder Mensch – unter Achtung der Rechte und Freiheiten anderer – seine individuelle Persönlichkeit bestmöglich entfalten kann (United Nations General Assembly, 1948). Darüber hinaus wird Bildung weltweit auch als Voraussetzung für Wohlstand, Lebensqualität und damit Kontinuität von Gesellschaften gesehen (Phillips & Siegel, 2013). Bedenkt man die hohe Intensität, Wechselwirkung und Komplexität der durch den Menschen verursachten Veränderungen im Erdsystem, wird klar, dass zukünftige individuelle Persönlichkeitsentfaltung sowie Resilienz von Gesellschaften nur dann verwirklicht werden können, wenn Menschen und menschengemachte Systeme zu kontinuierlicher Fortentwicklung und Veränderung, ja umfassender Transformation zu einem klimafreundlichen und nachhaltigen Leben, letztlich zur aktiven und solidarischen Umsetzung aller im Einvernehmen mit der Weltgemeinschaft verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele (SDGs) (United Nations General Assembly, 2015) bereit und befähigt sind (Sen, 2012).

Verantwortliche Bildung („Responsible Education“) versteht sich daher als Bildung, die sich an gesellschaftlich zu vereinbarenden Normen orientiert (Curren, 2007; Gutek, 2014; Noddings, 2015; Pavlova & Lomakina, 2016), die moralische und ethische Wertvorstellungen berücksichtigt (Hasslöf & Malmberg, 2015) und die das künftige Wohlergehen des gesamten Planeten ins Auge fasst. Bildungsziele drücken daher Wünschenswertes im Sinne eines klimafreundlichen und nachhaltigen Lebens aus, wie den Aufbau gewisser Kompetenzen und Werte, um menschliches Handeln nicht nur objektiv zu analysieren, sondern dieses im Sinne einer gesellschaftlichen Transformation zu inspirieren und zu motivieren (Firth & Smith, 2017; Pavlova & Lomakina, 2016; Sharma & Monteiro, 2016). Um dabei ihre Verantwortung dauerhaft wahrzunehmen, bedeutet dies für Bildung nicht, bestimmtes Wissen, spezifische Normen, vordefinierte Werthaltungen oder standardisierte Kompetenzen weiterzugeben, sondern diese in einem dialogischen Ansatz (Freire, 2000) stetig reflektierend weiterzuentwickeln (O’Brien et al., 2009), im Idealfall das Gute zu reproduzieren und das Schlechte zu transformieren (Desjardins, 2015). Lernen leistet dann einen aktiven und solidarischen Beitrag zur positiven Zukunftsgestaltung (Speth, 2008) und Erreichung möglichst hoher Lebensqualität für alle (Keller, 2017). Lernende werden zu wichtigen gesellschaftlichen Change Agents und sind doch frei in ihrer Persönlichkeitsentwicklung (O’Brien, 2012a). Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und Klimawandelbildung respektieren damit gleichermaßen ihre Verantwortung für das Individuum als auch die Gesellschaft, obwohl dies ein herausfordernder „Balanceakt“ bleiben wird (Hasslöf & Malmberg, 2015). Nur so kann Bildung dazu beitragen, nachhaltige und klimafreundliche Gesellschaften zu gestalten (Cars & West, 2015) und politische Teilhabe der Bürger_innen an demokratischen Prozessen zu ermöglichen (Biesta & Lawy, 2006).

Die Ziele und Ausrichtung von Wissenschaft brauchen einen ähnlichen Dialog- und Reflexionsprozess. Eine wachsende Zahl an Hochschulen stärkt die eigene Rolle als aktive Akteur_innen einer gesellschaftlichen Transformation. In den letzten Jahrzehnten sind zahlreiche Konzepte einer Verantwortlichen Wissenschaft („Responsible Science“) (z. B. Kourany, 2010; Molina, 2012; Onwu, 2017; Resnik & Elliot, 2016) diskutiert und praktiziert worden, die sowohl die Komplexität der Herausforderungen berücksichtigen als auch das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft neu definieren (Förderverein der Scientists4Future für wissenschaftsbasierte Klimapolitik, o.J.). Sie versuchen, mit politisch und gesellschaftlich relevanten (nicht präskriptiven) Ergebnissen einen positiven Beitrag zur Lebensqualität von Individuen wie Gesellschaften zu leisten (Schneider et al., 2019; WBGU, 2011). Auch individuelle Wissenschaftler_innen übernehmen z. B. als „Scientists for Future“ vermehrt Verantwortung und sind zugleich Treiber_innen von strukturellen Veränderungen.

Die Notwendigkeit, entsprechende BUW-Konzepte stärker ins Zentrum zu stellen und intensiv zu fördern, ist im Kontext der Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit unumstritten (Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019).

21.2.2 Diversität von Wissen anerkennen und fördern

Das klassische Produkt wissenschaftlicher Tätigkeit – auch in der Klimaforschung – ist (disziplinär generiertes) Systemwissen, das den Ist-Zustand beschreibt, analysiert, interpretiert und auch zukünftige Projektionen dieser Strukturen und Prozesse ermöglicht (ProClim Forum for Climate and Global Change, Swiss Academy of Science, 1997). Wissen muss jedoch darüber hinausgehen (Nightingale et al., 2020), wenn gesellschaftliche Transformation (und das Narrativ) für klimafreundliches und nachhaltiges Leben gestärkt werden sollen. So werden Ziel- und Transformationswissen sowie deren Produktion/Ko-Produktion (sie entstehen häufig inter- und transdisziplinär oder etwa auch in Bildungsprozessen) in der Literatur als ebenso relevant erachtet.

Zielwissen, in dem auch Orientierungswissen integriert ist, beschäftigt sich mit dem, was sein sollte (und was nicht), und ermöglicht eine aktive Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Visionen, die neue Zielzustände zu erreichen suchen und dabei Fragen von Ethik und Werthaltungen mit einbeziehen (ProClim Forum for Climate and Global Change, Swiss Academy of Science, 1997). Unter intensiver Einbeziehung von Praktiker_innen und Stakeholder_innen sowie unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Interessen und Bedürfnisse (Cornell et al., 2013) nehmen wissenschaftliche Fragestellungen zur Generierung von Zielwissen letztlich Notwendigkeit und Zielrichtung von Veränderung in den Blick (Hoffmann-Riem et al., 2008; Pohl & Hirsch Hadorn, 2007; R. Scholz & Steiner, 2015).

Um diese letztlich auch zu erreichen, entsteht aus der transdisziplinären Kooperation (siehe Abschn. 21.2.3) Transformationswissen. Dabei geht es um Wege, Hebel, Strategien und Maßnahmen für eine effektive Zielerreichung für die Transformation von einem als unzulänglich eingeschätzten Status quo in eine als besser erachtete, nachhaltige Zukunft. Aktuell gültige Organisationen, Politiken, Regeln, Normen und Praktiken – z. B. in Bezug auf Technologie, Rechtsauffassung, politischer Praxis, kulturell bedingter Handlungsmuster – werden kritisch hinterfragt und neu entwickelt (Frischknecht & Schmied, 2002; Hirsch Hadorn et al., 2006; Lang et al., 2012; Pohl & Hirsch Hadorn, 2007; Schneider et al., 2019).

Um System-, Ziel- und Transformationswissen zu fördern und neue Erkenntnisse zu generieren, ist Arbeit an der Entwicklung transdisziplinärer Theorien und Methoden für die Ko-Produktion neuen Wissens für Transformation zu leisten (Bergmann et al., 2010; Deane et al., 2009; Di Giulio & Defila, 2018; Schneider et al., 2019; R. W. Scholz, 2011). Nachdem viele nachhaltigkeitsrelevante Dokumente (Paris Agreement, 2015; United Nations General Assembly, 2015) BUW dazu auffordern, aktiv zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und Lösung der Klimafrage beizutragen, kann es nicht mehr deren ausschließliche Aufgabe sein, Mensch-Umwelt-Interaktionen besser zu verstehen. Vielmehr werden BUW aufgerufen, aktiv daran mitzuwirken, Veränderungen in Richtung klimafreundliches und nachhaltiges Leben auszulösen und zu unterstützen (Kates et al., 2001). Damit sollen sie auch die Generierung entsprechend neuen Wissens und neuer Kompetenzen ermöglichen (Risopoulos-Pichler et al., 2020; Sachs et al., 2019). Kollaborationen mit Praxisakteur_innen verbinden Wissenschaft und Gesellschaft partizipativ auf Augenhöhe und spielen in diesem Kontext eine wichtige Rolle.

In jedem Fall sollten BUW für klimafreundliches und nachhaltiges Leben System-, Ziel- und Transformationswissen generieren (Schneidewind & Singer-Brodowski, 2014) sowie für die Produktion und Ko-Produktion neuer Arten von Wissen offen sein (Chambers et al., 2021; Norström et al., 2020).

21.2.3 Stärkung der Inter- und Transdisziplinarität (ITD)

Auch wenn mittlerweile sowohl für Bildung als auch für Wissenschaft genügend Ansätze existieren, welche die Dominanz der Disziplinarität hinterfragen, geht es an dieser Stelle nicht um die Abschaffung von Disziplinen und disziplinärer (Grundlagen-)Forschung, sondern um die Stärkung von ITD in BUW.

Im Bereich der Bildung werden diese Ansätze als interdisziplinär (Applebee et al., 2007; Breunig et al., 2015; Hendry et al., 2017; Lindvig et al., 2019; Mathison & Freeman, 1998; Venville et al., 2002), cross-disziplinär (Lyster & Ballinger, 2011), metadisziplinär (Applebee et al., 2007), transdisziplinär (Kubisch et al., 2020), integrativ (Mathison & Freeman, 1998), holistisch (Venville et al., 2002), Lerner_innen-zentriert (Applebee et al., 2007), forschend-entdeckend (Lyster & Ballinger, 2011) oder beispielsweise projekt- und problemorientiert (Barrett & Moore, 2011; Jonassen, 2011; Laur, 2015; Leat, 2017; Moust et al., 2008) beschrieben (vgl. Rosenberg & Starr, 2021). Transformative Bildungskonzepte für nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben an Schule und Hochschule bedeuten daher in keiner Weise nur eine Aufnahme von Inhalten aus der Nachhaltigkeitsdebatte (Klimawandel etc.) in disziplinäre(n) Unterricht und Lehre. Sie führen vielmehr zu fächerverbindendem Lernen und Kompetenzentwicklung sowie gesellschaftlicher Veränderung in sogenannten Reallaboren (Bührmann & Franke, 2020; Defila & Di Giulio, 2018; Schäpke et al., 2018).

In diesem Zusammenhang ist die Stärkung von fächerübergreifenden bzw. bereits mehrere Perspektiven integrierenden Fächern/Fächerverbindungen gefordert (Engartner et al., 2021; Hedtke, 2018). Als positive Beispiele können hier für Österreich Schulfächer genannt werden, die gerade die wirtschaftliche Bildung nicht isoliert aufgreifen, sondern sie in gesellschaftliche, sozioökonomische, politische oder etwa geographische Zusammenhänge stellen, z. B. das multiperspektivische Schulfach „Internationale Wirtschafts- und Kulturräume“ oder „Geographie und wirtschaftliche Bildung“ (Fridrich, 2019, 2020). Neue isolierte Fächer einzuführen, wie ein von Teilen der Wirtschaft gefordertes Schulfach „Wirtschaft“ oder „Finanzbildung“, widersprechen diesen Bildungsansätzen (Engartner, 2019; Engartner et al., 2019).

Interdisziplinarität als weitreichender wissenschaftlicher Ansatz wurde bereits im Rahmen einer OECD-Konferenz 1970 diskutiert, um besser auf neu entstandene gesellschaftliche wie wissenschaftliche Herausforderungen reagieren zu können (Apostel et al., 1972). Weitgehende Übereinstimmung besteht mittlerweile darin, dass Forschung – wenn sie zu klimafreundlichem und nachhaltigem Leben beitragen will – weiterreichenden Anforderungen genügen muss als rein disziplinäre Forschung (Miola et al., 2019; Nilsson et al., 2016). Die Komplexität der Zusammenhänge entzieht sich disziplinärer, rein faktenbasierter Betrachtungsweisen, da in Bezug auf angemessene Vorgehensweisen wissenschaftliche Unsicherheiten hoch und die gesellschaftspolitische Unterstützung schwach sind (Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019).

Im Kontext nachhaltiger Entwicklung ist die Kooperation von Wissenschaft und Gesellschaft essenziell (Mertens & Barbian, 2015; Pohl et al., 2017). Transdisziplinarität in der Auseinandersetzung mit realweltlichen gesellschaftsrelevanten Problemstellungen lässt neues Wissen (Abschn. 21.2.2) entstehen und führt zu gesellschaftlicher Weiterentwicklung (Krohn et al., 2019) sowie zur Stärkung von beteiligten (häufig nichtakademischen) Akteur_innen (Wiek et al., 2016). Diese übernehmen Verantwortung (Egner & Schmid, 2012; Lang et al., 2012) und tragen aktiv zu Lösungen bei, wie es demokratischen Gesellschaften entspricht (Keller, Stötter, et al., 2019). Transdisziplinäre Forschung wird als ein wesentlicher Schlüssel zur Überwindung der zunehmenden Kluft zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sowie als Beitrag zur Lösung zahlloser gesellschaftlicher Probleme im Sinne „verantwortungsvoller Wissenschaft“ („Responsible Science“ [Abschn. 21.2.1]) gesehen. Transformative Forschung geht einen Schritt weiter, indem sie einen expliziten Interventionsanspruch im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation erhebt (Stelzer et al., 2018; WBGU, 2011).

Auch wenn ITD disziplinäre Grundlagen benötigen (Wissel, 2015), ist es zur Bewältigung der Nachhaltigkeits- und Klimafrage erforderlich, Expertisen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen sowie aus der Gesellschaft aufzugreifen und zu integrieren, um blinde Flecken auszugleichen (Fjelland, 2021). Die genannten Ansätze versuchen, komplexe reale Probleme abzubilden, indem sie jene Disziplinen einbeziehen, die eine systemische Sichtweise auf die Probleme erlauben und in mehr oder weniger starker Ausprägung Unsicherheiten, plurale Perspektiven, unterschiedliche Wissensformen ansprechen und selbst transformative Prozesse mitgestalten. Dieses Verständnis und die normative Zielgerichtetheit unterscheiden sich von rein disziplinärer Forschung. Es erzeugt damit allerdings auch Widerstände und Ängste im Wissenschaftssystem (Findler et al., 2019; Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019). Umso wichtiger ist, dass Forschung für nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben höchsten wissenschaftlichen Standards entspricht (Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019), wenngleich auch diese neu zu formulieren sind.

21.2.4 Bildungskonzepte für nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben

Das SDG 4 „Hochwertige Bildung“ wird als Schlüssel zur Erreichung aller anderen Nachhaltigkeitsziele angesehen (UNESCO, 2017a). Bildungskonzepte für die Transformation in Richtung klimafreundliche und nachhaltige Entwicklung spielen dabei eine besondere Rolle, auch in und für Österreich (Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich, 2022; Keller, Rauch, et al., 2019; Keller & Rauch, 2021).

Bildung als aktiver Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung wie auch zu gesellschaftlichem Wohlergehen verändert insbesondere den Blick darauf, wie Bildung geschieht. Im Gegensatz zum klassischen Bildungsverständnis zeigt sich, dass Bildung und Lehre an Schule und Hochschule anderes leisten sollten, als den aktuellen Stand fachwissenschaftlichen Wissens zu vermitteln und diesen reproduktiv zu überprüfen (Kohl & Hopkins, 2021). Zu lernen, selbst relevante kritische Fragen zu stellen, eigene Werthaltungen zu entwickeln und in individuelle Entscheidungen mit einfließen zu lassen und damit letztlich eigene Beiträge zu solidarischer und nachhaltiger Zukunftsgestaltung leisten zu können, steht im Mittelpunkt (UNESCO, 2014b, 2014a, 2017a, 2021a). Wenn Bildungskonzepte also zugleich nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben unterstützen sollen, sind veränderte menschliche Verhaltens- und Handlungsweisen oberstes Bildungsziel. In der wissenschaftlichen Diskussion besteht allerdings Einigkeit darüber, dass kein linearer Zusammenhang zwischen Wissen und Handeln besteht. Studien zur sogenannten Knowledge-Action-Gap (Chen, 2014; Clark, 2013; Jackson, 2005; Kahan et al., 2012; Keller, 2017; Kellstedt et al., 2008; Kollmuss & Agyeman, 2002; Mandl & Gerstenmaier, 2000; Oates & McDonald, 2014; O’Brien, 2012b; Peattie, 2010; Ranney & Clark, 2016; Ungar, 2008; Verplanken & Holland, 2002) zeigen, dass in den wenigsten Fällen eine direkte Verbindung vom Wissen zur – z. B. klimafreundlichen – Handlung ableitbar wäre. In der Klimabildung spielen daher neben dem Wissen vor allem Selbstwirksamkeit (Frick et al., 2021; Ojala et al., 2021; Ojala & Bengtsson, 2019) und Empowerment (Bentz & O’Brien, 2019; Monroe et al., 2017) wesentliche Rollen.

BNE als „galvanisierende pädagogische Innovation“ (UNESCO, 2014b, S. 30) setzt sich also mit den zentralen Herausforderungen unserer Zeit auseinander, allen voran dem Klimawandel. Angedockt an Erfahrungen, Vorwissen, Einstellungen, Interessen und Motivationen der Lernenden (Prä-Konzepte) fördert sie die Entwicklung von Kompetenzen der Lernenden, die sie befähigen sollen, autonom kritische und selbstkritische Fragen zu stellen, reflektierte Schlüsse abzuleiten und bewusste Handlungsentscheidungen treffen zu können (UNESCO, 2014a). Zu den wichtigsten Nachhaltigkeitskompetenzen gehört es, Systeme und deren Veränderungen – auf Basis eines wertorientierten Denkens („value-thinking competency“) – zu verstehen und zu antizipieren („system thinking and anticipatory/future-thinking competencies“) sowie Veränderungsprozesse strategisch zu planen und umzusetzen („strategic and interpersonal competencies“) (Brundiers et al., 2021; Wiek et al., 2011). Speziell in diesem Zusammenhang kann auch die zunehmende Digitalisierung von Bildung nützlich sein. Besonders im Zusammenhang mit BNE ist die Digitalisierung jedoch umstritten (Dür et al., 2021; Stoltenberg & Michelsen, 2020; Zint et al., 2022) und kann auch unbeabsichtigte Nebeneffekte haben (Bohnsack et al., 2021; R. Scholz et al., 2018). Ästhetische Bildung wird im Kontext von BNE und SDGs dagegen als eine elementare Grundlage verstanden (Gsöllpointner & Mateus-Berr, 2021).

Lerner_innenzentriertes, konstruktivistisches, (inter-)aktives, handlungs- und anwendungsorientiertes sowie problem- bzw. lösungsbasiertes Lernen in authentischen Settings bzw. realen Situationen wird für transformative Bildung als besonders wertvoll erachtet (UNESCO, 2017a), gerade auch im Zusammenhang von SDG 4 „Quality Education“ und SDG 13 „Climate Action“ (Keller, Stötter, et al., 2019). Im Gegensatz zu eher traditionellen Bildungsmethoden übernehmen die Lernenden hier selbstbewusst und selbstkritisch eine aktive Rolle im Lernprozess. Lehrpersonen und Expert_innen nehmen in diesen konstruktivistischen Lernsettings den Dialog auf Augenhöhe mit den Lernenden auf – idealerweise entsteht für alle Beteiligten ein gegenseitiger Lernprozess. Wissenschaftliches Monitoring und Evaluation dieser Bildungssettings, die zu deren permanenter Reflexion und Weiterentwicklung führen sollen (Keller & Rauch, 2021; UNESCO, 2014b, 2014a; Zint, 2011), werden in der Literatur als Desiderata benannt.

Erfolgreiche Bildungsprozesse in diesem Sinne bedeuten die Überbrückung vom Wissen zum Handeln. Neu zu schaffende Bildungsstrukturen ermöglichen eine individuelle Weiterentwicklung entsprechender Nachhaltigkeitskompetenzen, die zu aktivem, konstruktivem, solidarischem und verantwortungsvollem Handeln für eine nachhaltige Entwicklung und ein klimafreundliches Leben führen können (Freire, 2000; O’Brien, 2012a; Speth, 2008).

21.2.5 Whole-Institution Approach

Wenn Institutionen in BUW als Vorbilder eines klimafreundlichen und nachhaltigen Lebens dienen wollen, stehen sie vor der Herausforderung, sich zunächst selbst zu transformieren. In der internationalen Diskussion zu BNE steht dabei der Whole-Institution Approach als Referenzpunkt im Zentrum, das heißt eine grundlegende Transformation der Institutionen („a whole-system redesign“ (UNESCO, 2012, S. 71)) in allen Bereichen (z. B. Kohl & Hopkins, 2021; Rieckmann & Bormann, 2020; UNESCO, 2014a). Dahinter steht die Überlegung, dass Bildungseinrichtungen das tun, was sie lehren und erforschen, also selbst klimafreundlich agieren und zeitnah Klimaneutralität erreichen. Insofern bezieht sich der Whole-Institution Approach auf alle – in der Literatur unterschiedlich abgegrenzte – Bereiche und Ebenen von Bildungseinrichtungen (Bassen et al., 2018, 2020; Bellina et al., 2020; Bohunovsky, Weiger, et al., 2020; Bormann et al., 2020; Breiting et al., 2005; Kahle et al., 2018; Kohl & Hopkins, 2021; Nölting & Fritz, 2021; UNESCO, 2014a). Die unter Abschn. 21.2.121.2.4 angesprochenen Aspekte von Lehre und Forschung werden hier nicht nochmals ausgeführt. Darüber hinaus stehen bei einem Whole-Institution Approach vor allem die folgenden Aspekte im Mittelpunkt, für die jeweils Beispiele angeführt werden:

  1. a)

    Gebäude und deren Betrieb: Wahl von klimafreundlichen Baumaterialien, Treibhausgasbilanzierung (Getzinger et al., 2019), Erhöhung der Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energiequellen, nachhaltige Beschaffung und Ressourcenschonung, Abfallmanagement, klimafreundliche Nahrungsmittel in Mensen und ähnlichen Einrichtungen, Aufnahme von entsprechenden Kriterien in Ausschreibungen, klimafreundliche Gestaltung der Umgebungsflächen etc. (AG Bauen, 2020);

  2. b)

    Bewusstseinsbildung und Anreize zu Verhaltensänderungen der Nutzer_innen und Mitarbeiter_innen: Unterstützung von Lehrpersonen in formalen, nonformalen und informellen Bildungsprozessen als Vorbildfunktion zu agieren und klimabewusst zu handeln (z. B. Anreize in Bezug auf die Verkehrsmittelwahl zur und von der Bildungsinstitution/Hochschule sowie berufliche Reisen), Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit als wesentliche Entscheidungskriterien in den Institutionen;

  3. c)

    Austausch mit der Gesellschaft: Die Rolle von Bildungsinstitutionen für eine sozial-ökologische Transformation neu definieren, Außenbeziehung und Austausch mit lokalen, regionalen, globalen Akteur_innen, Öffentlichkeitsarbeit etc. entsprechend neu gestalten, Transdisziplinarität;

  4. d)

    Governance: Prozesse, Richt- und Leitlinien, Entscheidungsstrukturen, Nachhaltigkeitsmanagement so aufsetzen, dass Klimafreundlichkeit Normalität wird; Bekenntnis und Verantwortungsübernahme der Leitung;

  5. e)

    Transparenz, Partizipation und Demokratie in Entscheidungsstrukturen stärken: Übernahme von Verantwortung und die Entwicklung von Lösungskompetenzen auch im Sinne der sozialen Dimension von nachhaltiger Entwicklung (Blaha et al., 2021; Deisenrieder, 2021);

  6. f)

    Mitwirkung an Netzwerken und Austausch mit ähnlichen Institutionen, um Synergien zu nutzen und Kooperation zu leben: z. B. Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich (Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich, o.J.a), Copernicus Alliance (COPERNICUS Alliance, o.J.), Environment and School Initiatives (Environment and School Initiatives, o.J.); Klimabündnisschulen (Klimabündnis Österreich, o.J.), Ökolog-Schulen (Ökolog, o.J.), k.i.d.Z.21-Schulen (k.i.d.Z.21, o.J.), Bündnis Nachhaltige Hochschulen (Austria Presse Agentur Science, 2021), Klimaschulen der Klima- und Energiemodellregionen (Schulen in Klima- und Energie-Modellregionen, o.J.).

Durch einen grundlegenden Wandel in Richtung nachhaltiger und klimafreundlicher Bildungsinstitutionen nehmen diese eine aktive Rolle in der gesellschaftlichen Transformation ein. Zahlreiche Projekte, Programme und Prozesse an österreichischen Schulen (k.i.d.Z.21 Schulen (k.i.d.Z.21, o.J.)), Klimabündnisschulen (Klimabündnis Österreich, o.J.) und österreichischen Universitäten befinden sich bereits auf dem Pfad einer solchen grundlegenden Transformation (Bohunovsky, Radinger-Peer, et al., 2020; Radinger-Peer & Bohunovsky, 2021) sind jedoch erst Vorboten einer grundlegenden Transformation in Richtung nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben.

21.3 Gestaltungsoptionen, potenzielle Hindernisse und Beispiele guter Praxis

Im Folgenden werden fünf Handlungsbereiche aufgegriffen. Wir versuchen, möglichst konkrete Handlungsoptionen aufzuzeigen. Dabei greifen wir auf internationale Beispiele und Pilotprojekte in Österreich zurück, die zeigen, wie entsprechende Veränderungen in BUW eingeleitet werden könnten. Die Wirkung der einzelnen Optionen muss offenbleiben, da entsprechende Forschung nicht vorhanden ist (siehe dazu auch Abschn. 21.3.5).

21.3.1 BUW-Konzepte für klimafreundliches Leben partizipativ erarbeiten

Einige Grundsatzpapiere unterstreichen bereits die Notwendigkeit von Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit im österreichischen BUW-System (z. B. Memorandum of Understanding der Initiative „Mit der Gesellschaft im Dialog“ – Responsible Science (Allianz für Responsible Science, 2015); Grundsatzerlass Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung (BMBF, 2014); Unterrichtsprinzip Politische Bildung, Grundsatzerlass 2015 (BMBF, 2015); Systemziel 7 des Gesamtösterreichischen Universitätsentwicklungsplans (BMBWF, 2020b); Österreichische Strategie „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BMLFUW et al., 2008); Aktionsplan für einen wettbewerbsfähigen Forschungsraum (BMWFW, 2015); Uniko-Manifest für Nachhaltigkeit (Österreichische Universitätenkonferenz, 2020); weitere Initiativen siehe auch (BMBWF, 2019)).

Gleichzeitig stehen diesen grundsätzlichen Bekenntnissen nur punktuelle und in keiner Weise grundlegende und systemische Veränderungen gegenüber. Stattdessen wird der Fokus in diesen Papieren häufig auf Ökologie anstelle eines umfassenden bzw. holistischen Blicks gelegt. Auch wenn aktuelle Untersuchungen eine zunehmende Profilierung von Hochschulen im Kontext von Nachhaltigkeit zeigen (von Stuckrad & Röwert, 2017) und universitäre Nachhaltigkeits-Kodices/-Handbücher entwickelt werden (Bohunovsky, Weiger, et al., 2020; Rat für Nachhaltige Entwicklung, 2018; Retsch, 2018), gibt es bisher keine einheitlichen Richtlinien oder konkrete Ziel- oder Strategievorgaben, die den Weg in Richtung Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit für BUW-Einrichtungen zeigen und der Gefahr von Greenwashing oder nur punktuellen, letztlich sehr gering wirksamen Reformen entgegenwirken (Harpe & Thomas, 2009; Jones, 2012; Preymann & Sterrer, 2018).

Wenn ein grundlegender Paradigmenwechsel in BUW zur Unterstützung eines klimafreundlichen Lebens und einer nachhaltigen Entwicklung erreicht werden soll, ist die transdisziplinäre Erarbeitung und praktische Umsetzung von umfassenden BUW-Konzepten, welche die oben genannten Veränderungsnotwendigkeiten abbilden, eine vorrangige Handlungsoption. Entsprechende Rahmenprogramme aus anderen Kontexten bzw. dem Ausland könnten als Vorbild dienen. Eine partizipative, inter- und transdisziplinäre Entwicklung und Umsetzung stellen sicher, dass unterschiedliche Anspruchsgruppen berücksichtigt werden und Widerständen vorgebeugt wird. Eine erfolgreiche Umsetzung braucht ein politisches Commitment, einen institutionalisierten partizipativen Prozess, stetige Fortentwicklung sowie entsprechende regelmäßige Berichtslegung, Monitoring und Evaluation.

  • Aktionsprogramm „Bildung für ein klimafreundliches Leben“: In Anlehnung an bereits existierende Programme (BMBF, 2021; BMBWF, 2020a; Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2017) bietet ein Aktionsprogramm „Bildung für ein klimafreundliches Leben“ die Chance, ein klares Bekenntnis zu einer Transformation darzulegen und die grundsätzlichen Ziele zu definieren. Der „Nationale Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung“ der Bundesrepublik Deutschland (BMBF, 2021; Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2017) umfasst z. B. alle Stufen der Bildung, nonformales und informelles Lernen sowie Lernen auf kommunaler Ebene. Er zeigt, wie BNE qualitativ hochwertig, mit kurz-, mittel- und langfristigen Zielen hinterlegt und unter Einbeziehung relevanter Gruppen strukturell verankert werden kann. Dabei wären aktuelle Trends der Digitalisierung zu beachten und kritisch zu hinterfragen (Dür et al., 2021).

  • Rahmenplan „Nachhaltigkeitsrelevante Wissenschaft“: Wesentliche Aspekte eines Aktionsprogramms zur Förderung von klima- und nachhaltigkeitsrelevanter Wissenschaft werden an anderer Stelle diskutiert (siehe Abschn. 21.2 „notwendige Veränderungen“) bzw. sind von der UNESCO (UNESCO, 2017b) in ihren „Guidelines on Sustainability Science“ veröffentlicht. Für den Bereich Klimaforschung hat das CCCA einen Science Plan (Climate Change Centre Austria – Klimaforschungsnetzwerk Österreich, 2018) vorgelegt. Wie BNE in der Hochschullehre strukturell verankert werden kann, wurde für Deutschland untersucht (Holst & von Seggern, 2020). Diese Dokumente können als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Rahmenplans im Bereich Wissenschaft dienen.

21.3.2 Bildung für nachhaltige Entwicklung und klimafreundliches Leben strukturell verankern

Um die in Abschn. 21.2 abgeleiteten Kompetenzen zu fördern und eine gesellschaftliche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu unterstützen, sind Klimawandelbildung und BNE den Lehr- und Bildungsplänen aller Stufen des formalen Bildungssystems (Schule und Hochschule), insbesondere auch den Curricula der Lehrendenbildung (UNESCO, 2021b) zugrunde zu legen sowie als Aufgabe der Akteur_innen informeller und nonformaler Bildung (wie Kommunen, Museen, Bibliotheken etc.) zu stärken.

  • Aus- und Weiterbildung von Lehrenden: Lehrpersonen von formalen, nonformalen und informellen Bildungsprozessen sind geprägt durch das herkömmliche Bildungssystem. Um Klimawandelbildung und BNE an (Hoch-)Schulen zu fördern, wäre es notwendig, (auch bereits im Beruf stehende) Lehrende entsprechend aus-, weiter- und fortzubilden (UNESCO, 2021a). Das Grundsatzpapier zur BNE (Steiner & Rauch, 2013) sowie der UniNEtZ-Optionenbericht für SDG4 an die Österreichische Bundesregierung (Keller & Rauch, 2021) und die Optionen 04_04 und 04_05, 4_11 des UniNEtZ-Projektes (Glettler et al., 2021; Hübner, 2021; Rauch et al., 2021) zeigen Anknüpfungspunkte in der Pädagog_innenbildung auf. Im Rahmen des k.i.d.Z.21-Projektes wurde in umfangreicher Lehrer_innenarbeit „Training on the Job“ geleistet (Kubisch et al., 2020). Für den Hochschulbereich arbeitet die AG BNE der Allianz Nachhaltige Universitäten an einem universitätsübergreifenden BNE-Zertifikat für Hochschullehrende (Hübner, 2021; Hübner et al., 2020).

  • Elementarbildung: Im Bereich der elementaren Bildung gilt es, die Auseinandersetzung (durch spielerische Ansätze, Philosophieren mit Kindern oder projektorientiertes Arbeiten) mit Zukunftsthemen und damit Verantwortungsübernahme im unmittelbaren Lebensumfeld und die Gestaltung desselben zu fördern (Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2017; Stoltenberg, 2014; Stoltenberg et al., 2013; Stoltenberg & Benoist-Kosler, 2020; Stoltenberg & Thielebein, 2011). Aus UniNEtZ liegt eine Option zur Verankerung von BNE im bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlan für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich vor (Weberhofer et al., 2021).

  • Primar- und Sekundarbildung: Eine umfassende Verankerung von inhaltlichen und didaktischen Elementen der Klimawandelbildung und BNE in Lehrplänen der primären und sekundären Bildung und die Entwicklung entsprechender Lehrmaterialien sowie die Schaffung von Unterstützungs- und Anreizstrukturen ist anzustreben, um die Umsetzung an den Schulen entsprechend zu fördern. Ökolog-Schulen, Biosphärenpark-Schulen, Naturpark-Schulen, k.i.d.Z.21-Schulen haben Klimawandelbildung und BNE bereits aufgegriffen und könnten als Vorbilder und Ausgangspunkte für eine begleitende Evaluation dienen (k.i.d.Z.21, o.J.; Ökolog, o.J.; UNESCO Biosphärenpark Management Lungau, o.J.; Verband der Naturparke Österreichs, o.J.).

  • Tertiäre Bildung: Vor dem Hintergrund der aktuellen Analyse gilt es, das Lehrangebot für Klimawandelbildung und BNE an allen Hochschulstandorten deutlich auszubauen und weitere inter- und transdisziplinäre Lehrveranstaltungen mit den entsprechenden Lernumgebungen und -bedingungen zu schaffen (Allmer et al., 2021). Konkret zählen dazu: (1) die Überarbeitung bestehender Curricula (z. B. Biasutti et al., 2018), (2) Schaffung klimaspezifischer Lehrveranstaltungen, (3) Fortbildungsangebote und -anreize für Lehrende im Bereich Klimawandelbildung und BNE und (4) die Umsetzung spezifischer Studiengänge. Um Widerständen entgegnen zu können und Anreize für Veränderungen zu schaffen, braucht es entsprechende Unterstützung für Lehrende, Leitkonzepte, Ressourcen und Ähnliches (Harpe & Thomas, 2009). Die Aktivitäten in UniNEtZ zu SDG4 (Keller & Rauch, 2021) und jene der Arbeitsgruppe BNE der Allianz Nachhaltige Universitäten (Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich, o.J.b) geben weitere Anhaltspunkte und können als Ausgangspunkt für eine stärkere strukturelle Verankerung dienen.

  • Berufliche Bildung und Fortbildung: Eine sozial-ökologische Transformation wird neue Berufsbilder hervorbringen und auch innerhalb bestehender Berufe klima- und nachhaltigkeitsrelevantes Fachwissen und insbesondere neue Kompetenzen erfordern [s. Kap. 7 Erwerbsarbeit], die die Reflektion des eigenen beruflichen Handelns in seiner (Klima-)Wirkung, aber auch Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein beinhalten (Melzig et al., 2021). Die Ansatzpunkte ähneln denen anderer Lernstufen: Anpassung von Curricula und Lehrmethoden, Einrichtung von spezifischen Bildungsgängen, die Schulung des Lehrpersonals, Definition von Bildungsstandards – wobei die Aufteilung der Lernorte auf Schule und Betrieb berücksichtigt werden müsste. Für die Energiewende gibt es einen Masterplan zur Sicherstellung der Humanressourcen im Bereich „Erneuerbare Energie“ aus 2013, der einen umfassenden Maßnahmenplan enthält (Nindl et al., 2013). Spezifische Untersuchungen für andere Bereiche sind den Autor_innen für Österreich nicht bekannt. In Deutschland ist die Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BBNE) mit Fördermaßnahmen, Aktionsprogrammen, Modellversuchen und Begleitforschung vertreten und könnte Vorlagen bieten (Michaelis & Berding, 2022). BBNE ist in die deutschen Standardberufsbildpositionen aufgenommen worden (Kaiser & Schwarz, 2022), es gibt Förderschienen zur Entwicklung domänenspezifischer Nachhaltigkeitskompetenzen und zur Gestaltung nachhaltiger Lernorte (Melzig et al., 2021). Die Erhebung der Potentiale und spezifischen Anforderungen am Beginn erscheint sinnvoll und ist nicht trivial (vgl. deutscher Nationaler Aktionsplan BNE (Melzig et al., 2021; Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2017)).

  • Nonformales und informelles Lernen inklusive Erwachsenenbildung: Da insbesondere regionale und lokale Akteur_innen einen wichtigen Pfad zur strukturellen Verankerung von BUW für nachhaltige Entwicklung (Zint & Wolske, 2014) eröffnen, bietet es sich an, dass im Bereich des nonformalen und informellen Lernens sowie der Erwachsenenbildung Angebote zu Klima- und Nachhaltigkeitsherausforderungen im Sinne eines Life-Long-Learnings ausgebaut werden. Dabei könnten digitale Ansätze und insbesondere MOOCs (Massive Open Online Courses) neue Möglichkeiten eröffnen (Ebner & Schön, 2021; Kopp et al., 2014).

  • Strukturen für transdisziplinäre Kooperationen zwischen Bildung und Wissenschaft schaffen: Geeignete Strukturen, die BUW miteinander verknüpfen, sind bisher kaum vorhanden. Transdisziplinäre Kooperationsprojekte zwischen Schulen und Hochschulen kommen primär auf Basis des individuellen Engagements von Lehrpersonen bzw. im Projektkontext zustande (siehe k.i.d.Z.21 (Stötter et al., 2016)). Um gesellschaftliche Akteur_innen an Schulen aller Schulstufen, Universitäten und Fach- sowie pädagogischen Hochschulen mit dem Ziel zu vernetzen, klimarelevante transdisziplinäre Projekte an diesen (Hoch-)Schulen durchzuführen und schließlich dauerhaft zu verankern (OeAD | Young Science, o.J.), ist die Verankerung von transdisziplinären Projektseminaren in Schule und Hochschule oder die Schaffung von Plattformen, Koordinationsstellen und Ähnlichem notwendig (Kubisch et al., 2020; Oberrauch & Steiner, 2021).

  • Unterstützungsangebote und Rahmenbedingungen: Klimawandelbildung und BNE benötigen – wie gute Bildung generell – entsprechende Rahmenbedingungen: Freiräume für Lehrende und Lernende zur vertiefenden Auseinandersetzung und Reflexion sowie physische Lernräume, die den Einsatz von Methoden erlauben, die vom klassischen Unterricht abweichen; Unterstützungsstellen (wie das bestehende Forum Umweltbildung), national wie regional (z. B. BNE-Büros, -Arbeitsgruppen, -zentren).

  • Strukturen auf kommunaler/regionaler Ebene: Regionale und lokale Probleme bieten einen konkreten Ansatzpunkt zur lebensweltlichen sowie strukturellen Verankerung von Klimawandelbildung und BNE. Dazu gehören vor allem die Kooperation von Wissenschaftsorganisationen/Hochschulen in ihren Regionen und Kommunen, die Einbeziehung von Wissenschaftler_innen, Studierenden, Lehrpersonen und Schüler_innen in kommunale Nachhaltigkeitsaktivitäten als Lern- und Erfahrungsfeld für eine nachhaltige Entwicklung. Als Träger_innen von Schulgebäuden oder als zuständig für die Infrastruktur ist die Kommune wichtiger Partner für den Whole-Institution Approach.

21.3.3 Stärkung von Strukturen, die förderlich für Wissenschaft für klimafreundliches Leben sind, speziell von Inter- und Transdisziplinarität (ITD)

Vorherrschende disziplinäre Strukturen, Machtverhältnisse, Anreizsysteme, Ausschreibungskriterien und Konkurrenzverhältnisse hemmen die Verbreitung von ITD sowie von nachhaltigkeitsrelevanter Forschung für klimafreundliches und nachhaltiges Leben (Deleye et al., 2019; Fazey et al., 2020; Yarime et al., 2012). Zur Förderung von Wissenschaft für klimafreundliches und nachhaltiges Leben wird in der Literatur die Schaffung von spezifischen, kooperativen Strukturen für ITD empfohlen (Hirsch Hadorn et al., 2006; Hübner et al., 2020; Pohl, 2005; Schneidewind, 2015).

  • Inter- und transdisziplinäre Strukturen und Programme mit dem Fokus Klimawandel und/oder Nachhaltigkeit an Hochschulen: Zu entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten werden unterschiedliche Aktivitäten und Initiativen diskutiert. Hierzu gehören z. B. die Einrichtung von Professuren, Instituten, Forschungszentren, Laufbahnstellen oder Studienprogrammen, aber auch Lehrbücher, Fachzeitschriften, Gesellschaften, Forschungsnetzwerke (Climate Change Centre Austria – Klimaforschungsnetzwerk Österreich, 2018; Hugé et al., 2016; Kahle et al., 2018; UNESCO, 2017b; Yarime et al., 2012). Einzelne Beispiele existieren bereits an einigen österreichischen Hochschulen (z. B. das Wegener Center an der Universität Graz, Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit an der BOKU, Institut für Nachhaltigkeit der FH Wiener Neustadt, einzelne Studienprogramme an Universitäten und Fachhochschulen, Wahlpaket „Nachhaltigkeit“ an der Universität Innsbruck, einzelne Professuren), eine breite Verankerung an allen Hochschulen fehlt noch.

  • Schnittstellen zwischen Wissenschaft – Gesellschaft – Politik: Die Notwendigkeit solcher Schnittstellen wird im Kontext transdisziplinärer Forschung, aber auch generell im Kontext der Third Mission von Hochschulen und von Responsible Science genannt. Darunter fällt z. B. die Einrichtung von Sachverständigenräten/Expert_innengruppen (Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019) wie dem deutschen wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), dessen Aufgabe es ist, globale Herausforderungen frühzeitig aufzuzeigen und zu analysieren, die globale Nachhaltigkeitspolitik zu bewerten und Handlungs- sowie Forschungsempfehlungen zu geben. In Österreich sind insbesondere das Climate Change Centre Austria (CCCA) und seine Arbeitsgruppen (z. B. Transformationsforschung) hervorzuheben, die bereits seit 2011 österreichische Klimaforscher_innen vernetzen und als Anlaufstelle für Politik, Medien und Öffentlichkeit für alle Fragen der Klimaforschung dienen. Im Unterschied zum WBGU hat das CCCA jedoch keine dezidiert politikberatende Funktion. Auf Projektebene sind weitere Schnittstellen vorhanden (z. B. UniNEtZ zwischen Wissenschaft und Politik (Glatz et al., 2021; Stötter et al., 2019), k.i.d.Z.21 (Stötter et al., 2016) oder makingAchange zwischen Bildung und Wissenschaft (makingAchange, 2021)) – hier fehlt jedoch eine strukturelle Verankerung und ebenfalls eine beratende Funktion für die österreichische Politik.

  • Bewertungs- und Leistungskriterien für Hochschulen: Aktuell werden Ziele im Wissenschaftssystem stark durch Leistungsbeurteilungs-, Anreiz- und Evaluierungssysteme definiert, die sich an Publikationsindizes und der Höhe eingeworbener Forschungsgelder orientieren (Edwards & Roy, 2017; Krainer & Winiwarter, 2016; Paasche & Österblom, 2019). Diese Art der Beurteilung stößt jedoch an Grenzen und ist mit Gefahren behaftet, die sich insbesondere auch auf die Fähigkeit der Wissenschaft auswirken, zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele beizutragen (Giesenbauer & Müller-Christ, 2020; Müller & de Rijcke, 2017; Österreichischer Wissenschaftsrat, 2020; Sigl et al., 2020). Wenn Wissenschaft, die einen aktiven Beitrag zu Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit leistet, gefördert werden soll, gilt es die dahinterstehenden Karrieremodelle, Berufungen, Evaluierungen von Wissenschaftler_innen, Instituten und Forschungseinrichtungen, Rankings, Wissenschaftspreise, Entscheidung über die Förderwürdigkeit von Projekten zu verändern sowie neue Beurteilungssysteme, neue Begutachtungsverfahren sowie Anreizsysteme entsprechend zu entwickeln (Edwards & Roy, 2017; Hugé et al., 2016; Krainer & Winiwarter, 2016; Torabian, 2019). Dabei sollten Kriterien im Zentrum stehen, welche die gesellschaftliche Relevanz und Wirkung von Wissenschaft sowie ihren Beitrag zu Klima- und Nachhaltigkeitszielen messen (Krainer & Winiwarter, 2016). Solche zu entwickeln, ist durchaus herausfordernd. Es gibt erste Ansätze, die aber nur Teilaspekte abdecken (z. B. Aufnahme von Science-to-public-/to-policy-Vorträgen in Indikatorensysteme von Leistungsbilanzen) oder bisher nur für einzelne Forschungsprogramme getestet werden (z. B. Projekt SYNSICRIS (Universität Kassel, o.J.), im Rahmen des deutschen Nachhaltigkeitsforschungsrahmenprogramms FONA (Seus & Bührer, 2021), Public Engagement (Center for Academic Innovation (University of Michigan), o.J.), Praxis Impact 2 (Wolf et al., 2016)). Die Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich hat einen Diskussionsprozess zum Thema „Messung des Nachhaltigkeits-Impacts“ gestartet. Solche Initiativen können aufgegriffen, diskutiert und in die breite Umsetzung gebracht werden.

  • Spezifische Forschungsförderung: Um inter- und transdisziplinäre sowie transformative Klimaforschung/Transformationsforschung zu stärken, braucht es entsprechende Förderprogramme (Kahle et al., 2018; Luks, 2016; Schneidewind & Singer-Brodowski, 2014; WBGU, 2011, 2014b, 2014a) und eine den Herausforderungen entsprechende Allokation der Mittel, welche aktuell nicht gegeben ist. Es existier(t)en in Österreich einzelne Förderprogramme, die spezifisch auf nachhaltigkeits-, klima- und entsprechend politikrelevante Ergebnisse abziel(t)en: z. B. Kulturlandschaftsforschung, provision, Austrian Climate Research Programme, Startclim, Connecting Minds. Auch auf europäischer Ebene gibt es Anknüpfungspunkte in z. B. Horizon 2020, JPI. Diese gilt es (absolut und relativ) auszubauen (Independent Group of Scientists appointed by the Secretary-General, 2019). Im Bereich von Transformationsforschung gibt es zusätzlichen Förderbedarf (Climate Change Centre Austria – Klimaforschungsnetzwerk Österreich, 2018). Eingereichte Förderanträge sollten die (erwartete) gesellschaftliche Auswirkungen im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation aufzeigen und diese in die Beurteilung von Forschung(santrägen) mit einfließen (vgl. z. B. Arnott et al., 2020; National Science Foundation, 2020).

21.3.4 Strukturelle Verankerungen eines Whole-Institution Approach an Bildungseinrichtungen (Schule und Hochschule)

Zur umfassenden strukturellen Verankerung von Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes (Whole-Institution Approach) brauchen BUW-Einrichtungen Unterstützung in Form von strategischen Instrumenten, Anreizen und Verantwortungsübernahme der Trägerinstitutionen. Neben Handlungsoptionen auf strategischer Ebene werden hier die Aspekte Klimaneutralität und Gebäude exemplarisch angesprochen, da sie einen direkten Bezug zu klimafreundlichen Lebensstilen haben. Andere Aspekte eines Whole-Institution Approach werden durch die Handlungsoptionen in Abschn. 21.3.121.3.3 thematisiert.

  • Strategische Instrumente und Anreize: Für Bildungseinrichtungen gibt es bisher keinen anerkannten Berichtsrahmen, um umfassend über Aktivitäten für Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu berichten (Azizi & Sassen, 2018). Eine regelmäßige Berichterstattung inklusive des Aufbaus eines Managementsystems ist allerdings ein wirksamer Treiber von Veränderungen (Ávila et al., 2019). Wichtige Schritte wären die Erarbeitung einer nationalen Rahmenstrategie an Hochschulen, die die Bereiche Lehre, Forschung, Betrieb etc. umfasst und in Kooperation von Ministerien, Hochschulen und weiteren relevanten Stakeholdern erstellt wird, sowie die Schaffung von Rahmenbedingungen und Anreizen (z. B. Verankerung in Leistungsvereinbarungen, Vorhandensein definierter Mindeststandards, Einrichtung von Arbeitsgruppen etc.), wie von UniNEtZ in einer Option vorgeschlagen (Bohunovsky et al., 2021). Auf Hochschulebene gibt es dafür zahlreiche Ansatzpunkte: Handbuch zur Erstellung von Nachhaltigkeitskonzepten für Universitäten (Bohunovsky, Weiger, et al., 2020), Leitfäden der deutschen Projekte LENA (Fraunhofer-Gesellschaft et al., 2016) und HochN (Bassen et al., 2018, 2020; Bellina et al., 2020; Bormann et al., 2020; Kahle et al., 2018; Nölting & Fritz, 2021) oder STARS Technical Manual (Association for the Advancement of Sustainability in Higher Education, 2019). Um auch Schulen bei der Integration eines Whole-Institution Approach zu unterstützen, könnten entsprechend angepasste Rahmenstrategien entwickelt werden.

  • Klimaneutrale Bildungseinrichtungen: Wenn Bildungseinrichtungen ihrer Vorbildrolle in Bezug auf Klimaschutz gerecht werden wollen, sollten sie sich selbst Klimaneutralitätsziele setzen. Bildungseinrichtungen können damit auch als „Living Labs“ einer sozial-ökologischen Transformation dienen. Als Beispiele in Österreich sind die Arbeitsgruppe Klimaneutrale Universitäten & Hochschulen (Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich, o.J.c) und die Schulprojekte makingAchange (makingAchange, 2021) und k.i.d.Z.21_aCtiOn2 (k.i.d.Z.21_aCtiOn2, o.J.) zu nennen, die Treibhausgasbilanzen mit und für (Hoch-)Schulen in Österreich erstellen. Bis 2021 haben neun österreichische Universitäten den Prozess in Richtung Klimaneutralität gestartet oder stehen unmittelbar davor (Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich, o.J.d).

  • Gebäudesanierung: Da Bildungseinrichtungen meist nicht Eigentümer ihrer Gebäude sind, Gebäude jedoch einen großen Teil der Treibhausgasemissionen Österreichs ausmachen (zehn Prozent der österreichischen Treibhausgase durch direkte Emissionen plus Emissionen durch Bau etc. (Anderl et al., 2020)), empfiehlt sich generell eine grundlegende Gebäudesanierung von Bildungseinrichtungen unter Berücksichtigung einer Lebenszyklusbetrachtung in Hinblick auf Klimawandelmitigation, aber auch -adaption (das heißt vor allem Anpassung an Hitzetage und Extremwetterereignisse). Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind im Schulentwicklungsprogramm 2020 (Schulentwicklungsprogramm 2020, 2020) bereits mit konkreten Zahlen hinterlegt. Die AG Bauen der Allianz Nachhaltige Universitäten schlägt außerdem vor, Neubauten nur nach Bedarfsprüfung und unter Berücksichtigung von umfassenden Nachhaltigkeitskriterien zu errichten (AG Bauen, 2020). Auch damit können Bildungseinrichtungen ihrer Vorbildfunktion nachkommen.

21.3.5 Begleitforschung zu Wirkungen neuartiger Ansätze in BUW

Die wissenschaftliche Evidenz in den Bereichen Klimawandelbildung/BNE und transformative Forschung in Bezug auf klimafreundliches Leben und nachhaltige Entwicklung ist nur ansatzweise vorhanden. Auch die Auswirkungen zu den oben genannten Gestaltungsoptionen sind weitgehend unklar. Um mehr Wissen und Verständnis über die Wirkungen neuartiger Ansätze in BUW zu generieren, werden Begleitforschung für und Evaluation von Klimaforschungs- und -bildungsprogrammen als notwendig erachtet.

  • Begleitforschung zu Maßnahmen in BUW: Um die wissenschaftliche Evidenz für die Wirkung von Forschungs- und Bildungsmaßnahmen zu erhöhen, braucht es umfassende transdisziplinäre Begleitforschung und Monitoring. Die wissenschaftliche Erforschung von Auswirkungen der verschiedenen Maßnahmen in BUW zur Schaffung und Umsetzung von Strukturen für ein klimafreundliches und nachhaltiges Leben in Österreich würde entsprechende Erkenntnisse liefern. Aktuell werden im Rahmen der Forschungs-Bildungs-Kooperation makingAchange (makingAchange, 2021) entsprechende Versuche unternommen. Auch die Messung des Impacts von Nachhaltigkeitsforschung geht in diese Richtung (Wolf et al., 2016).

  • Aufbau einer Datenbasis zu Nachhaltigkeitskompetenzen bei Kindern/Jugendlichen, aber auch in der allgemeinen Bevölkerung: Die Datenlage zu Nachhaltigkeitskompetenzen ist aktuell schwach: Der österreichische Agenda 2030 – SDG-Indikatorenbericht (Wegscheider-Pichler, 2020) zeigt die Datenlücke in Bezug auf das SDG 4.7 (BNE) auf. Auf internationaler Ebene existieren bereits Ansätze zur Messung von Nachhaltigkeitskompetenzen (z. B. Sulitest (Décamps et al., 2017), Yale Program on Climate Communication (Yale Program on Climate Change Communication, 2021)).

In diesem Kapitel wurde begonnen, BUW im Kontext von nachhaltigem und klimafreundlichem Leben zusammen zu betrachten. Die Diskussion hierzu sollte mit Wissenschaftler_innen und gesellschaftlichen Akteur_innen weitergeführt werden.