Lithium-Ionen-Batterien sind der Schlüssel für eine weitreichende Hybridisierung und Elektrifizierung von Antrieben in sehr unterschiedlichen Anwendungsbereichen. Um das von der Bundesregierung gesetzte Ziel der Reduktion der CO2-Emissionen im Mobilitätsbereichs bis 2030 um mehr als 40 % gegenüber 2020 zu erreichen, rechnet die „Nationale Plattform Mobilität“ für Deutschland mit einem Anteil von 80 % elektrisch angetriebener Fahrzeuge am Neuwagenmarkt im Jahr 2030. Dabei werden die verbleibenden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren wohl ab spätestens 2025 nahezu vollständig über ein zusätzliches 48-Volt-Bordnetz für eine Mild-Hybridisierung verfügen. Ein kleinerer Teil der Neuwagen wird dann Plug-in-Hybride und der Großteil batterieelektrische Fahrzeuge sein. Nach aktuellem Kenntnisstand werden Brennstoffzellenfahrzeuge bis 2030 keinen signifikanten Anteil erreichen. Abgesehen von Bleistarterbatterien für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und für die Zwölf-Volt-Bordnetze von Fahrzeugen mit Hochvoltbatterien spielen andere Speichertechnologien aktuell keine Rolle mehr. Die Bleibatterien werden sich noch eine Weile lang halten, weil sie inhärent eine geringere Ausfallwahrscheinlichkeit aufweisen und damit für die Erreichung des ASIL-D-Levels unverzichtbar sind. Da die Bleibatterien aber in modernen Straßenfahrzeugen nicht mehr als Antriebsbatterien eingesetzt werden, fallen sie hier ebenso aus der Betrachtung wie Nickel-Metallhydrid (NiMH)-Akkus, die nur noch in wenigen Hybridfahrzeugen vor allem eines Fahrzeugherstellers zum Einsatz kommen.

Während bis 2030 voraussichtlich der Großteil der Batterien der Lithium-Ionen-Technologie zuzuordnen sind, so gibt es innerhalb der Technologie inzwischen doch ein hohes Maß an Ausdifferenzierung von Eigenschaften, so dass für jede Anwendung eine darauf zugeschnittene Zelltechnologie bereitsteht.

In diesem Kapitel wird die Lithium-Ionen-Batterietechnologie mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen und deren Leistungseigenschaften vorgestellt und ein Ausblick auf Weiterentwicklungen gegeben, die in den kommenden Jahren eine Rolle spielen könnten. Für verschiedene Anwendungsbereiche werden Belastungsprofile samt Lebensdaueranforderungen diskutiert und darauf aufbauend Fragestellungen des Batteriesystemdesigns inklusive der Batteriemanagementsysteme betrachtet.

1 Lithium-Ionen-Batterien

„Lithium-Ionen“ ist zunächst einmal ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Materialkombinationen, denen gemeinsam ist, dass sie rund 3 %gew Lithium enthalten und dieses Material die eigentliche Ladungsspeicherung und den Ladungstransport zwischen den beiden Elektroden übernimmt. Durch die Wahl unterschiedlicher Elektrodenmaterialien, Zelldesigns und Herstellungsverfahren können sehr unterschiedliche Eigenschaften erzielt werden. Daher ist es in aller Regel nicht korrekt, von Eigenschaften „der“ Lithium-Ionen-Batterie zu sprechen. Dennoch werden aufgrund der gebotenen Kompaktheit immer wieder Verallgemeinerungen vorgenommen. Aber auch für eine gegebene Materialkombination existieren meist Produkte mit einer sehr großen Bandbreite von Eigenschaften. Daher sind Aussagen wie „Material X bringt längere Lebensdauern als Material Y“ in der Absolutheit selten richtig. Immer wieder zu findende Spinnendiagramme, die generell Eigenschaften verschiedener Lithium-Technologien vergleichen, haben kaum einen Wert und werden daher an dieser Stelle auch nicht gezeigt. Es ist notwendig, sich die Eigenschaften jedes einzelnen Produkts in Bezug auf Kapazität, Lade- und Entladeleistungsfähigkeit, kalendarische und zyklische Lebensdauer, Sicherheit, Temperaturbetriebsbereiche und Kosten sehr genau anzuschauen.

1.1 Technologie

Lithium ist Element Nr. 3 des Periodensystems und damit das leichteste Element, das bei Raumtemperatur fest ist. Da das Atom gleichzeitig leicht ist und ein hohes elektrochemisches Reaktionspotenzial besitzt, ist es für Batteriekonzepte von Natur aus sehr attraktiv.

Unterschieden werden Lithium-Ionen-Batterien, bei denen das Lithium im regulären Betrieb nie metallisch vorliegt, von den Lithium-Metall-Batterien. Letztere lagern Lithium im geladenen Zustand auf der Anode metallisch ab. Diese Technologie spielt in Anwendungen noch fast keine Rolle, wird aber in der „Festkörperbatterie“ Bedeutung erlangen. Derartige „All-Solid-State“-Batterien werden im Abschn. 7.2 „Beyond-Lithium-Ionen-Technologie“ diskutiert.

Lithium-Ionen-Batterien sind reine Interkalationsbatterien. Das bedeutet, dass das Lithium in die bestehenden Kristallstrukturen der positiven Elektrode (Kathode) und der negativen Elektrode (Anode) hinein- beziehungsweise hinausdiffundiert. Während das Lithium bei der Bewegung im Elektrolyt als positives Ion vorliegt, wird es nach Einlagerung auf Zwischengitterplätzen in den Elektroden durch den äußeren Elektronenfluss wieder neutralisiert. Als Kathodenmaterial wird in Lithium-Ionen-Batterien heute überwiegend ein Metalloxid verwendet, bei dem Nickel, Kobalt, Mangan und Aluminium in verschiedenen stöchiometrischen Verhältnissen zum Einsatz kommen. Die Stöchiometrie bestimmt wesentlich sämtliche technologischen Eigenschaften und die Kosten. Hohe Priorität hat das Bestreben, den Kobaltanteil so weit wie möglich zu reduzieren, weil es das teuerste und knappste der Materialien ist. Aktuell werden zum Beispiel vermehrt Kathodenmaterialien mit acht Teilen Nickel und je einem Teil Kobalt und Mangan eingesetzt (NMC 811). Daneben spielt noch Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) als Kathodenmaterial eine Rolle, mit dem deutlich geringere Energiedichten erzielt werden. Weil aber Eisen deutlich günstiger als Kobalt und Nickel ist, lassen sich günstigere Kosten pro kWh erzielen. Außerdem handelt es sich bei LFP um ein Material mit anderen elektrochemischen Eigenschaften, die es zu einem inhärent sichereren Material machen. Mehr dazu im Abschn. 7.4 „Batteriesystemdesign“.

Die Anode besteht bei kommerziellen Lithium-Ionen-Batterien heute aus verschiedenen Modifikationen von Graphit, wobei einige Produkte mit besonders hohen Energiedichten einen Teil des Graphits durch Silizium ersetzen. Dadurch lässt sich die Energiedichte steigern, weil pro Siliziummasse mehr Lithium eingelagert werden kann. Während Graphit bei Einlagerung von Lithium eine Volumenzunahme von rund 10 % aufweist, sind dies bei Silizium allerdings bis zu 300 %, was einen enormen mechanischen Stress und damit Probleme mit der Zyklenlebensdauer verursacht. Daher werden bislang nur Teile des Graphits durch Silizium ersetzt. Ein weiteres Anodenmaterial ist das Lithium-Titanat (LTO). Zellen mit diesem Material haben eine deutlich geringere Zellspannung und damit auch eine erheblich geringere Energiedichte. Gleichzeitig können mit diesem Material, das praktisch keine Volumenänderung bei der Zyklisierung und Deckschichtbildung aufweist, Lebensdauern im Bereich von 100.000 Zyklen oder sehr hohe Ladeleistungen von bis zu 100 C erreicht werden. Die C-Rate drückt aus, welche Stromstärke im Verhältnis zur Kapazität erreicht werden kann. Dabei gibt das Inverse des Zahlenwerts die Dauer in Stunden an, die theoretisch für eine vollständige Ladung oder Entladung benötigt wird. Eine typische Stromstärke von 1 C entspricht also einer Dauer von einer Stunde, während 100 C einer Dauer von einem Hundertstel einer Stunde entsprechen, also 36 s. Abb. 7.1 zeigt Beispiele für verschiedene Elektrodenmaterialien und eine grobe Angabe zu den sich damit ergebenden Eigenschaften.

Abb. 7.1
figure 1

Auswahl populärer Materialkombinationen für Lithium-Ionen-Batterien aus der heutigen Fertigung und Entwicklung

Zwischen den beiden Elektroden befindet sich ein poröser Separator, der für elektronischen Strom isolierend ist und einen Kurzschluss zwischen den beiden Elektroden zuverlässig unterbinden muss.

Heutige kommerzielle Lithium-Ionen-Batterien enthalten einen organischen, wasserfreien Elektrolyten („Lösungsmittel“) mit einem Leitsalz, das ausreichend Lithium-Ionen für eine gute Leitfähigkeit bereitstellt. Der Elektrolyt füllt neben dem Porenvolumen der beiden Elektroden von etwa 30 % – so dass Ionen über den Elektrolyten auch in die tieferen Schichten des Aktivmaterials ohne großen Widerstand vordringen können – ebenso die Poren des Separators sowie alle anderen Freiräume zwischen den beiden Elektrolyten. Ist die Befeuchtung mit Elektrolyt aufgrund mangelhafter Befüllung oder wegen Verbrauchs des Lösungsmittels durch Alterungsprozesse unvollständig, hat das die Zunahme des Innenwiderstands und eine Abnahme der Kapazität zur Folge. Dem Elektrolyten ist meist eine Vielzahl von Additiven zugesetzt, die wesentlichen Einfluss etwa auf die Lebensdauer und die Sicherheit der Batteriezelle haben. Art, Zusammensetzung und Menge dieser Additive gehören zu den bestgehüteten Geheimnissen der Batteriezellhersteller und lassen sich mit Standardanalyseverfahren kaum aufschlüsseln.

1.2 Elektrische Leistungsfähigkeit

Lithium-Ionen-Batterien werden heute in zahlreichen Modifikationen der Elektrodenmaterialien, der Bauform und des inneren Aufbaus angeboten, der die Leistungsfähigkeit bestimmt. Darüber hinaus spielen Faktoren wie Elektrolytzusammensetzung und -zusätze eine wichtige Rolle zum Beispiel für die maximalen Ladeströme, das Tieftemperaturverhalten, die Sicherheit oder die Zyklen- und kalendarische Lebensdauer. Generalisierte Aussagen dazu, welche Materialkombinationen nun besonders gut in Bezug auf einzelne Eigenschaften sind, werden in der Literatur und in Publikationen von Unternehmen zwar oftmals suggeriert, de facto lässt sich im Markt jedoch feststellen, dass es zu fast jeder Materialkombination eine sehr große Breite von Produkteigenschaften gibt. Die Herstellerangaben vermitteln zudem oftmals nur ein unvollständiges Bild der wahren Zusammensetzung der Batterie, wie Laboranalysen immer wieder zeigen. Daher lohnt es sich, die am Markt verfügbaren Produkte systematisch auf ihre Eigenschaften zu untersuchen und sie nicht aufgrund bestimmter Herstellerangaben zu den verwendeten Materialien automatisch auszuschließen.

Aktuell zeigt sich im Mobilitätsbereich immer mehr eine Ausdifferenzierung der Eigenschaften. In den 2010er-Jahren waren die Fahrzeughersteller darauf bedacht, möglichst mit einer Zelle eine große Bandbreite verschiedener Fahrzeuganforderungen abzudecken, um dadurch einen Skaleneffekt zu erzielen. Inzwischen liegen die für die kommenden Jahre anvisierten Stückzahlen so hoch, dass eine Optimierung auf Kosten, Energiedichte oder andere Eigenschaften für das jeweilige Produktsegment erfolgen kann. Dabei wird mittlerweile eine wesentlich kürzere Zyklenlebensdauer in Kauf genommen: Stellten die traditionellen Fahrzeugproduzenten in den 2010er-Jahren noch Anforderungen im Bereich von 2000 bis 4000 Vollzyklen, sind heute meist 500 bis 800 Vollzyklen ausreichend. Zum einen ist dies die Folge des Wöhlereffekts, der bei einer Teilzyklisierung der Batterie zu wesentlich höheren Energieumsätzen und damit zu einer höheren Gesamtlaufleistung führt, zum anderen sind die Batterien sehr viel größer geworden und weisen heute typischerweise Reichweiten zwischen 300 und 500 km auf. 800 Zyklen bei 300 km Reichweite sind dabei schon 240.000 Fahrkilometer (ohne Wöhlereffekt) und für fast alle Pkw ausreichend. Für Lkw oder typische stationäre Anwendungen werden hingegen Batteriezellen mit einer Lebensdauer von 3000 Zyklen und mehr benötigt, da in diesen Anwendungen praktisch täglich die Batteriekapazität einmal oder sogar zweimal vollständig umgesetzt wird.

Das Ragone-Diagramm in Abb. 7.2 vergleicht die spezifische Leistungsdichte und die spezifische Energiedichte jeweils bezogen auf das Gewicht verschiedener kommerzieller Batterietechnologien. Die volumetrische Energiedichte liegt bei Lithium-Ionen-Batterien rund zwei- bis zweieinhalbmal höher als die gravimetrische Energiedichte. Dabei wird deutlich, dass Lithium-Ionen-Batterien in der Gesamtheit ihrer Eigenschaften allen anderen Technologien überlegen oder mindestens gleichwertig sind. Es können sehr hohe Leistungsdichten erreicht werden, die in den Bereich der „SuperCap“ kommen. Die höchsten Leistungen werden derzeit mit LTO-Batterien erzielt. Die höchsten Energiedichten unter den kommerziell etablierten Technologien werden aktuell mit NMC-Kathoden bei hohen Nickelanteilen in Kombination mit Graphitanoden mit einer Beimischung von etwa 5 bis 15 % Silizium erzielt.

Abb. 7.2
figure 2

Spezifische Leistung und spezifische Energie für verschiedene Speichertechnologien. (Leistungsdaten aus verschiedenen Datenblättern oder eigenen Messungen)

Das Ragone-Diagramm macht aber auch deutlich, dass höchste Leistungs- und Energiedichten gleichzeitig mit keiner Batterietechnologie erzielt werden. Für eine hohe Leistungsfähigkeit muss der Innenwiderstand besonders klein sein, was aber nur erreicht wird, wenn der ionische Widerstand so klein wie möglich ist. Dafür müssen die Elektroden sehr dünn sein, um den Ionen kurze Wege zu ermöglichen. Bei dünnen Elektroden ist jedoch das Verhältnis zwischen Gewicht und Volumen der Aktivmassen, die für die Energiespeicherung benötigt werden, und den passiven Anteilen der Zelle, wie Stromableiter, Gehäuse und Separatoren, deutlich geringer als bei dicken Elektroden. Daher gilt vereinfacht: a) dicke Elektroden → hohe Energiedichte → hoher Innenwiderstand, b) dünne Elektroden → geringer Innenwiderstand → geringere Energiedichte.

Für Hybridfahrzeuge werden vor allem Batteriezellen mit sehr hohen Leistungsdichten eingesetzt, da aus kleinen Batterien hohe Leistungen abgerufen werden müssen. Zellen mit hoher Leistungsfähigkeit können sehr schnell ge- und entladen werden. Dementsprechend lassen sich hohe Zyklenzahlen pro Tag erreichen. Aus diesem Grund werden Hochleistungszellen meist als Batterie mit hoher Zyklenlebensdauer angeboten.

Auch im Fall hoher Stromraten lässt sich bei Lithium-Ionen-Batterien ein hoher Anteil der bei kleinen Strömen verfügbaren Kapazität nutzen. Damit eignen sich Lithium-Batterien sehr gut für Hochstrombelastungen, wie sie außer bei Hybridfahrzeugen beispielsweise in Elektrowerkzeugen oder unterbrechungsfreien Stromversorgungen auftreten.

Für vollelektrische Fahrzeuge werden hingegen hohe Energiemengen für entsprechende Reichweiten benötigt und daher Zellen mit hohen Energiedichten verwendet. Die Leistungen für den Antrieb werden trotz der geringeren Energiedichten erreicht, da die Batterien groß sind. Bei 60 kWh Batteriekapazität können mit einer 3C-Entladeleistung, die praktisch alle Automotive-Batterien erreichen, bereits 180 kW Antriebsleistung bedient werden.

Die Wirkungsgrade von Lithium-Ionen-Batterien liegen bei 90 bis 95 % und sind damit sehr hoch im Vergleich mit allen anderen Batterietechnologien. Ursachen dafür sind der geringe Innenwiderstand und die hohen Zellspannungen von 3,3 bis 3,7 V für LFP- und NMC-Typen, die damit beispielsweise im Verhältnis zu Bleibatterien mit 2,0 V fast zweimal und zu NiCd- und NiMH-Batterien mit 1,2 V rund dreimal so hoch liegen. Die hohe Spannungslage reduziert auch den Verschaltungsaufwand bei einer gegebenen Systemspannung und hat positive Auswirkungen auf den Innenwiderstand des Batteriesystems. Im Betrieb kann der Wirkungsgrad bei tiefen Temperaturen geringer ausfallen, was dann aber zu einer beschleunigten Aufwärmung der Batterie führt.

Eine Vielzahl unterschiedlicher Prozesse an beiden Elektroden und den Grenzschichten zwischen Elektrolyt und Elektrodenmaterialien führen zur Alterung von Lithium-Ionen-Batterien. Der wichtigste Effekt ist bei allen NMC- und LFP-Varianten unterdessen die Bildung einer Grenzschicht zwischen Graphit und Elektrolyt auf der negativen Elektrode („Solid Electrolyte Interphase“ – SEI). Beim negativen Elektrodenpotenzial ist der Elektrolyt nicht stabil und reagiert daher spontan mit Graphit und Lithium. Gestoppt wird der Prozess nur, weil das Reaktionsprodukt selbst eine trennende Grenzschicht bildet. Diese Grenzschicht ist sehr dicht und reduziert die Reaktionsraten erheblich. Damit ist sie zum Beispiel vergleichbar mit dem Grünspan auf Kupfer. Kupferdächer können daher sehr alt werden. Auch in Lithium-Ionen-Batterien erlaubt die Grenzschicht lange Lebensdauern. Gleichzeitig muss die Grenzschicht aber weiter durchlässig für die Lithium-Ionen beim Laden und Entladen sein. Daher wächst sie prinzipiell in Abhängigkeit von der Spannungslage beziehungsweise dem Ladezustand, der Temperatur und der Zyklentiefe immer weiter. Da sie nicht wiederauflösbare Lithium-Verbindungen enthält, entzieht das Wachstum der Grenzschicht der Batterie freies, für die Ladungsspeicherung notwendiges Lithium. Dementsprechend sinkt die verfügbare Kapazität. Gleichzeitig wächst der Innenwiderstand mit zunehmender Schichtdicke. Das Wachstum der Grenzschicht reduziert also die Kapazität und erhöht den Innenwiderstand.

Grundsätzlich nimmt die Leistungsfähigkeit im Fall niedrigerer Temperaturen deutlich ab. Bei welcher Temperatur dies genau kritisch wird, ist von der Batteriezelle abhängig. Zellproduzenten können den „Wohlfühltemperaturbereich“ von Lithium-Ionen-Batterien in relativ großen Bereichen einstellen. Wichtig ist vor allem die Verhinderung des sogenannten Lithium-Platings. Dies bedeutet eine Ablagerung von metallischem Lithium auf der Anode beim Aufladen. Zu jeder Temperatur gibt es eine maximale Ladestromrate, bei der den Ionen ausreichend Zeit bleibt, in die Graphitstruktur hineinzudiffundieren. Wird es kälter oder wird der Strom höher, bildet sich ein „Stau“ der Ionen, die dann an der Oberfläche zu metallischem Lithium reduziert werden. Dieses metallische Lithium hat dann noch keine Schutzschicht und ist der direkten Reaktion mit dem Elektrolyten ausgesetzt. Dabei entstehen unauflösliche Reaktionsprodukte, die den weiteren Ionentransport behindern, was wiederum zu einer Erhöhung des Innenwiderstands führt. Darüber hinaus wird aktives Lithium dauerhaft gebunden und damit der Ladungsspeicherung entzogen. Deshalb führt das Lithium-Plating zu einer stark beschleunigten Alterung. Moderne Lademanagementsysteme müssen diesen Effekt, der zusätzlich vom jeweiligen Ladezustand und vom Alterungszustand abhängig ist, besonders beobachten und verhindern. Dies ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die reale Ladegeschwindigkeit oftmals unter dem Wert liegt, den die Ladeleistung der Ladestation ermöglicht.

1.3 Alterung und Lebensdauer

Die Lebensdauer von Batterien wird über zwei Eigenschaften definiert:

  • Kalendarische Lebensdauer: Sie gibt an, wie lange die Batterie auch ohne Belastung leben würde.

  • Zyklenlebensdauer: Sie beschreibt, welchen Ladungsdurchsatz die Batterie relativ zu ihrer Größe liefern kann.

Das Ende der Lebensdauer wird einerseits über die Zunahme des Innenwiderstands und anderseits über die Abnahme der nutzbaren Kapazität definiert. Typischerweise gilt das Lebensdauerende bei einer Zunahme des Innenwiderstands um 100 % oder bei der Abnahme der Kapazität auf 70 respektive 80 % der Nennkapazität als erreicht. In Hybridfahrzeugen mit ihren Hochleistungsbatterien ist typischerweise der Innenwiderstand die begrenzende Größe, während in Elektrofahrzeugen die Kapazität und damit die Reichweite aus Sicht des Nutzenden das Lebensdauerende beziehungsweise entsprechende Nutzungseinschränkungen definiert.

Die Zyklenlebensdauer ist primär von der Zyklentiefe (Depth of Discharge – DOD) und dem Ladestrom abhängig, sofern es zum beschriebenen Lithium-Plating kommt. Ursache für die Abhängigkeit von der Zyklentiefe ist primär die Ausdehnung der Aktivmaterialien bei der Einlagerung von Lithium. Je stärker diese Ausdehnung ist, desto eher reißen Schutzschichten auf, werden Kristallstrukturen zerstört oder elektrisch leitende Verbindungen zwischen den Kristallen und hin zum Stromableiter abgerissen. Daher wird umso mehr Ladungsumsatz erreicht, je kleiner die Zyklentiefe ist („Wöhlerkurve“).

Die kalendarische Lebensdauer wird hingegen vor allem von der Temperatur und dem Ladezustand bestimmt. Dabei gilt in der Regel, dass sich die Lebensdauer bei einer Temperaturzunahme von 10 K etwa halbiert.

Ziel ist es, kalendarische Lebensdauern im Bereich der Fahrzeuglebensdauer zu erreichen, also rund 15 Jahre. Während das bei mitteleuropäischem Klima mit einer Jahresmitteltemperatur von etwa 10 °C wie in Deutschland durchaus realistisch ist, wird dies in wärmeren Gegenden mit Mitteltemperaturen von beispielsweise 20 °C eine erhebliche Herausforderung. Hier stellt sich insbesondere die Frage, ob eine Universalzelle für alle Klimazonen sinnvoll ist oder ob für wärmere Gegenden Zellen mit besseren Lebensdauern bei hohen Temperaturen zu Lasten der Leistungsfähigkeit bei tiefen Temperaturen zum Einsatz kommen sollten.

Die Zyklenlebensdauer in Elektrofahrzeugen soll Laufleistungen von mindestens 100.000 Meilen oder rund 160.000 km ermöglichen. Bei den heutzutage typischen Reichweiten der Batterien von 300 bis 500 km würden dafür also weniger als 600 beziehungsweise 350 Vollzyklen bereits ausreichen. Bei teilzyklischer Belastung werden sich dann aber noch viel größere Reichweiten ergeben. So weist zum Beispiel eine Batteriezelle, die der von Tesla in der ersten Generation verwendeten Zelle sehr ähnlich ist, bei vollständiger Ladung und Entladung eine Lebensdauer von rund 500 Vollzyklen auf. Bei 400 km Reichweite mit einer Batterieladung entspricht dies einer Laufleistung von 200.000 km. Wird die Batterie aber jeweils nur um 20 % entladen, also nach 80 km, was einer typischen täglichen Belastung für den Weg zur Arbeit entsprechen könnte, wurden mit derselben Zelle mehr als 15.000 Zyklen von 20 % DOD entsprechend 3000 äquivalenten Vollzyklen erreicht. Dies entspräche dann einer Laufleistung von 1,2 Mio. km. Bei einer täglichen Nutzung von 80 km würde das zu einer Nutzungsdauer von mehr als 40 Jahren führen. Das ist allerdings unrealistisch, weil dann – und abhängig davon, ob die Karosserie sowie die anderen Komponenten des Antriebsstrangs so alt werden würden – die kalendarische Lebensdauer begrenzend wäre.

1.4 Sicherheit

Anders als die Batterien mit wässrigen Elektrolyten, zu denen etwa Blei-, Nickel-Cadmium- oder Nickel-Metall-Hydrid-Akkus zählen, verfügen Lithium-Ionen-Batterien über keinen definierten Mechanismus, der bei Überladung Strom aufnehmen könnte, ohne dabei die Batterie zu schädigen. Dies führt zwar zu einem sehr hohen Coulomb’schen Wirkungsgrad von nahezu 100 %, andererseits ruft eine Überladung in der Regel irreversible Reaktionen hervor, die zur direkten Alterung und im Extremfall zu einem thermischen Event führen.

Bei NMC-Lithium-Ionen-Batterien mit ihren Schichtmaterialien führt eine Überladung einer Batteriezelle zu einer übermäßigen Entnahme von Lithium aus dem Kathodenmaterial. Wird eine Schwelle überschritten, erfolgt eine exotherme Zersetzung des Kathodenmaterials unter Freisetzung hoher Energiemengen und molekularen Sauerstoffs. In der Folge werden aus dem Elektrolyten und dem Anodenmaterial weitere, zum Teil brennbare Gase wie CH4, CO oder CO2 gebildet. Dies führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Brand der Batteriezelle, wenn durch den Gasdruck das ansonsten dichte Gehäuse ausgesprengt wird. Der organische Elektrolyt, das Graphit der negativen Elektrode und der Separator tragen dann weiter zur Brandlast bei. Um die Überladung der Zellen zu verhindern, werden in Lithium-Ionen-Batterien – im Gegensatz zu anderen kommerziellen Batterietypen mit wässrigen Elektrolyten – Einzelzellspannungsüberwachungen verwendet. Dabei begrenzt in einer Serienschaltung aus Zellen immer diejenige Zelle mit der höchsten Spannung die Ladegeschwindigkeit beziehungsweise die maximale Ladungsaufnahme. Ebenso endet die Entladung eines Batteriesystems, wenn die erste Zelle die Entladeschlussspannung erreicht, auch wenn die anderen Zellen noch weitere Energie liefern könnten. Daraus ergeben sich besonders hohe Anforderungen an die Gleichmäßigkeit der Zellen in der Produktion und eine möglichst hohe Temperaturhomogenität im Batteriepack, damit nicht einzelne Zellen durch höhere Temperaturen erheblich schneller altern und damit die Gesamtleistung des Packs limitieren.

Eine Zersetzung des NMC-Kathodenmaterials kann jedoch auch durch hohe Temperaturen im Bereich von 200 °C ausgelöst werden. Diese können entweder durch Wärmeübertragung von außen oder durch innere und äußere Kurzschlüsse verursacht werden. Ein mechanischer Einschlag („Crash“) auf eine Lithium-Ionen-Zelle kann einen solchen Kurzschluss ebenso auslösen wie Herstellfehler beim Separator oder beim Aufbau des Zellstapels sowie die Ausbildung von metallischen Dendriten durch Lithium-Plating. Besonders kritisch ist es, wenn infolge des Durchgehens einer einzelnen Zelle die Nachbarzellen durch die freigesetzte Wärme so weit aufgeheizt werden, dass die kritische Temperaturschwelle überschritten wird. Dann kann es zu einer Kettenreaktion kommen, die auch als „Thermal Propagation“ bezeichnet wird. Während der Druck, die Gasmenge und die Wärme einer einzelnen Zelle in gut konstruierten Batteriepacks aufgefangen werden können, wird das bei einer vielfachen Freisetzung durch eine große Zahl von Zellen nahezu unmöglich. Entsprechend ist bei der Konstruktion des Batteriepacks ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass der Wärmeübertrag von Zelle zu Zelle möglichst stark unterdrückt oder zumindest verlangsamt wird.

Lithium-Eisen-Phosphat (LFP)-Batterien wird eine höhere Sicherheit zugeschrieben. Der Grund dafür ist, dass das Kathodenmaterial eine Olivinstruktur hat, die keine Instabilität mit exothermer Reaktion aufweist. Dementsprechend fällt eine wesentliche Energiequelle und damit das Risiko eines Brands bei moderater Überladung einer Zelle weg. Allerdings bleiben mit dem organischen Elektrolyten und dem Graphit der negativen Elektrode weiter Brandlasten, die zum Beispiel durch starke Erwärmung von außen oder innere Kurzschlüsse zum Brand führen können.

Grundsätzlich kann bei allen heute verwendeten Lithium-Ionen-Batterien bei hohen Temperaturen der Elektrolyt verdampfen. Der dabei entstehende hohe Druck kann die Zelle zum Bersten bringen und beim Austritt der brennbaren Gase kommt es schnell zu deren Entzündung.

Das Unterschreiten der Entladeschlussspannung führt nicht unmittelbar zu einem Gefährdungspotenzial. Kurzfristige Unterschreitungen etwa während Beschleunigungsphasen sind insgesamt als unkritisch zu betrachten. Wenn Lithium-Ionen-Batterien mit Kupferableiter aber längere Zeit bei zu tiefen Spannungen lagern, kann es zu Korrosionsprozessen an den Elektroden kommen, was später Kurzschlussbrücken verursachen kann. Daher sind Batterien, die eine unbekannte Zeit lang unterhalb der vom Hersteller angegebenen Entladeschlussspannung gelagert gewesen sind, in der Regel für den weiteren Betrieb nicht mehr als sicher einzustufen.

Für einen sicheren Betrieb ist ein ordnungsgemäßes Batteriemanagement absolut notwendig. Insbesondere eine gute Temperaturüberwachung der Batterie kann zumindest Personenschäden durch eine rechtzeitige Warnung sehr zuverlässig verhindern.

Insgesamt gibt es bislang jedoch keine Daten, die bei Elektrofahrzeugen auf eine höhere Brandgefahr hinweisen, als dies bei konventionellen Fahrzeugen der Fall ist. Tesla berichtet, dass zwischen 2012 und 2020 ein Fahrzeugbrand pro 205 Mio. gefahrene Meilen aufgetreten ist. Daten der „National Fire Protection Association“ (NFPA) und des „U.S. Department of Transportation“ zufolge trat im selben Zeitraum bei konventionellen Fahrzeugen ein Brand pro 19 Mio. gefahrene Meilen auf – mehr als zehnmal häufiger.Footnote 1 Dies ist letztlich auch auf die hohe Qualität und das insgesamt hohe Verantwortungsbewusstsein der Fahrzeughersteller zurückzuführen. Vor allem in billigen Consumer-Produkten sind die Risiken für Batterieschäden ungleich höher.

1.5 Zelldesigns

Heutzutage werden drei verschiedene Zelldesigns hergestellt und verwendet (vgl. Abb. 7.3). Für Rundzellen werden die Elektroden und die Separatoren von Endlosrollen aus aufgewickelt und in ein zylindrisches Gehäuse eingebracht. Diese Zellen werden traditionell in Consumer-Produkten und von Tesla zunächst in der Größe „18650“ (18 mm Durchmesser, 65 mm Höhe) für ihre Fahrzeuge verwendet. Aktuell wird im Fahrzeugbereich vermehrt das 21700er-Format eingesetzt und für die nächste Generation ist ein 46800er-Format angekündigt. Dies weist gegenüber der 18650er-Zelle ein rund achtmal größeres Volumen und eine dementsprechend höhere Kapazität auf.

Abb. 7.3
figure 3

Prismatisches Zelldesign, Flachzelle und Rundzelle

Bei den Flach- oder Pouch-Bag-Zellen werden die Elektroden aufgeschichtet und in einer Folie verschweißt (siehe Kap. 15). Dabei sind sehr unterschiedliche Designs bezüglich Höhe, Breite und Dicke und somit auch Kapazitäten von weniger als einer bis weit über hundert Amperestunden bekannt. Die Kontakte können an einer Seite, aber auch an gegenüberliegenden Seiten der Zelle angebracht sein.

In prismatischen Zellen werden quaderförmige Gehäuse verwendet, die für Fahrzeuge fast immer aus Metall sind. Die Elektroden sind entweder oval gewickelte Zell-Stacks oder auch geschichtete Designs wie in den Pouch-Bag-Zellen („Z-Folding“). Dabei ist aktuell ein Trend in Richtung geschichtete Stacks zu erkennen, die eine höhere volumetrische Ausnutzung des Zellvolumens und wesentlich gleichmäßigere Druckverhältnisse sowie mechanische Belastungen ermöglichen.

Für die Unterbringung der Batterien werden teilweise extreme Zelldesigns verwendet, bei denen die Zellen kaum zehn Zentimeter hoch und dafür aber bis zu einem Meter breit sind.

Aufgrund der Volumenveränderung der Materialien beim Laden und Entladen sowie möglicher Gasbildungen werden prismatische und Pouch-Bag-Zellen in Fahrzeugen heute meist verspannt. Damit lassen sich höhere Lebensdauern erreichen. Für zylindrische Zellen ist dies nicht notwendig, da das Gehäuse durch die Geometrie bedingt diesen Druck selbst aufbaut.

Die Zelldesigns haben unterschiedliche Eigenschaften bezüglich der Kühlung im Batteriepack. Grundsätzlich können aber sämtliche Elektrodenmaterialien auch in allen drei Zelldesigns eingesetzt werden. Bislang ist nicht eindeutig zu erkennen, dass sich im Automobilbereich eines der drei Zelldesigns zu Lasten der anderen durchsetzen oder dass eines von ihnen in absehbarer Zeit ausscheiden würde.

1.6 Kosten

Die Gesamtkosten von Lithium-Ionen-Batterien werden immer mehr durch die Materialkosten bestimmt. Bei ihrer Markteinführung 1991 lagen die Preise für Lithium-Ionen-Batterien bei rund 3000 US$/kWh. Inzwischen werden die Batteriezellen für Großkunden wie Hersteller von mobilen Endgeräten und Fahrzeugherstellern zu Preisen unter 100 US$/kWh gehandelt. Die Roadmap von Tesla sieht durch eine Vielzahl von Maßnahmen im Zelldesign, die Zusammensetzung von Anoden- und Kathodenmaterial, die Produktionstechnik und die Fahrzeugintegration eine weitere Reduktion der Batteriesystempreise auf weniger als die Hälfte innerhalb von fünf Jahren vor. Da die einzelnen Maßnahmen plausibel erscheinen, ist die Erreichung des Ziels nicht unrealistisch. Das Packaging der Batterie wird mit einem Aufschlag von etwa 25 bis 30 % abgeschätzt. Dabei steigt dieser Anteil mit kleiner werdender Stückzahl. In Spezialanwendungen können die Packaging-Kosten höher als diejenigen für die Zellen liegen.

1.7 Materialverfügbarkeiten & Recycling

Sämtliche für die Batterie notwendigen Rohmaterialien – auch bei einer nahezu vollständigen Umstellung der Fahrzeuge – sind prinzipiell vorhanden. Das zeigen die bekannten RessourcenFootnote 2 der wichtigsten Metalle Lithium, Nickel, Kobalt, Eisen, Mangan, Aluminium und Kupfer. Seltene Erdmetalle werden in den Batteriezellen selbst nicht verbaut. Der Anteil von Kobalt wird immer weiter reduziert und verschiedene Hersteller haben für die zweite Hälfte der 2020er-Jahre kobaltfreie Zellen auf ihrer Roadmap, die dann mit Nickel und Mangan auskommen sollen. Hinzu kommen die Lithium-Eisenphosphatzellen (LFP), die weder Nickel noch Kobalt benötigen.

Eine Herausforderung stellt aber die ausreichende Bereitstellung der Rohmaterialien bei der sehr starken Ausweitung der Produktionszahlen batterieelektrischer Fahrzeuge in den kommenden Jahren dar. Die Nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“ (NPM) geht derzeit davon aus, dass bis 2030 rund 14 Mio. Elektrofahrzeuge auf der Straße sein werden und der Marktanteil bei Neuzulassungen rund 80 % betragen muss. Bei einem weltweiten Marktanteil von 25 %, der etwa 2026 erreicht werden könnte, würde eine Jahresproduktion von 20 Mio. Pkw mit Batterien ausgestattet. Bei einer angenommenen mittleren Batteriegröße von 50 kWh je Fahrzeug ergibt sich ein Bedarf von 1000 GWh Batteriekapazität pro Jahr. Abb. 7.4 zeigt auf, zu welchem Bedarf an Metallen es führt, wenn ein NMC-811-Kathodenmaterial zugrunde gelegt wird. Wird dieser Bedarf ins Verhältnis zur aktuellen Weltproduktion der benötigten Metalle gesetzt, ergeben sich Erkenntnisse über die notwendige Steigerung der Weltproduktion. Demnach steigt der Nickelbedarf um 41 %, der Kobaltbedarf verdoppelt sich, und die Lithiumförderung muss verdreifacht werden. Dabei ist ein steigender Bedarf etwa auch in den Bereichen „stationäre Batteriespeicher“, „Bahn“, „Schiff“ oder „Logistik“ noch nicht berücksichtigt. Das bedeutet enorme Herausforderungen für die gesamte Wertschöpfungskette – vom Bergbau über die Logistik bis hin zur Herstellung der Elektrodenmaterialien.

Abb. 7.4
figure 4

Materialbedarf für eine moderne NMC-811-Lithium-Ionen-Batterie und Hochrechnung des weltweiten Materialbedarfs

Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig mit dem Recycling der Materialien zu beschäftigen. Dafür gibt es sowohl in der Forschung als auch in der Industrie erhebliche Anstrengungen. Es steht außer Frage, dass die technischen Möglichkeiten gegeben sind, alle Metalle aus Lithium-Ionen-Batterien mit hoher Effizienz zurückzugewinnen. Die Frage ist, zu welchen Kosten dies erfolgen kann. So ist das Recycling des Lithiums selbst heute nicht wirtschaftlich gegenüber der Gewinnung aus Primärquellen. Allerdings dürften die Recycling-Quoten zumindest in Europa wohl weniger durch die Wirtschaftlichkeit als durch entsprechende Verordnungen festgesetzt werden. Die in Vorbereitung befindliche EU-Batterieverordnung, die seitens der EU-Kommission im Rahmen des „Europäischen Green Deals“ vorgelegt worden ist, sieht für Traktionsbatterien eine 100-prozentige Sammelquote und ab 2026 eine Recycling-Quote von 90 % für Kobalt, Nickel und Kupfer sowie 35 % für Lithium vor. Im Jahr 2030 steigen diese Quoten dann auf 95 % beziehungsweise 70 %.

Allerdings müssen neue Batterien auch auf längere Zeit weitgehend aus Primärmaterial hergestellt werden. Heute produzierte Batterien sollten nicht vor Ablauf von acht Jahren – besser erst in zehn Jahren oder später – einen Zustand aufweisen, der als letzte Stufe der Kreislaufwirtschaft das Recycling bedingt. Abb. 7.5 zeigt für eine angenommene Markthochlaufkurve für Deutschland, mit welchen Anteilen von Recycling-Material aus Altfahrzeugen in neuen Elektroautos bei angenommenen Lebensdauern von acht bis zehn Jahren im Idealfall zu rechnen ist. Dabei sind sowohl eine 100-prozentige Sammelquote als auch eine 100-prozentige Recycling-Quote angesetzt. Daraus ist zu sehen, dass im Jahr 2035 maximal 40 % (bei nur acht Jahren Lebensdauer) der neuen Batterien aus Recycling-Material hergestellt werden könnten und lediglich 20 %, wenn die Batterien zehn Jahre bis zum Recycling in Gebrauch sind. Sämtliche Zahlen basieren auf der Annahme, dass die chemische Zusammensetzung der Lithium-Ionen-Batterien in wesentlichen Teilen unverändert bleibt. Ein Umstieg auf Festkörperelektrolyt-Akkus zum Beispiel hätte indes nur sehr geringe Auswirkungen auf die Metallanteile in der Batterie. Ausbau und Zugang zu Primärquellen sind also in den kommenden 15 und mehr Jahren weiter von zentraler Bedeutung.

Abb. 7.5
figure 5

Angenommene Hochlaufkurve für den Anteil von Elektrofahrzeugen am Gesamtmarkt und Anteil des Batteriematerials, das aus Recycling von Batterien aus Elektrofahrzeugen bei einer angenommenen Lebensdauer von acht bzw. zehn Jahren zur Verfügung steht

2 Beyond-Lithium-Ionen-Technologie

Es vergeht kaum eine Woche ohne Meldungen über große Durchbrüche in der Batterietechnik, die vorgeblich eine Revolution bedeuten. Fakt ist, dass alle Entwicklungen, die in den vergangenen Jahren auf den Markt gedrungen sind, evolutionäre konsequente Weiterentwicklungen der bestehenden Technologie darstellen. Bei der Ankündigung von Neuentwicklungen ist einerseits zu fragen, ob neben einer meist besonderen Eigenschaft – etwa Ladegeschwindigkeit, Energiedichte oder Lebensdauer – auch alle anderen für einen erfolgreichen Produkteinsatz notwendigen Parameter ausreichend sind. Dies ist oftmals nicht der Fall, da eine positive Eigenschaft meist durch Kompromisse in anderen Eigenschaften „erkauft“ werden muss.

Um die zahlreichen Produktankündigungen zu bewerten, ist es stets sinnvoll zu schauen, welcher für den Anwendenden spürbare Zusatznutzen gegenüber den im Markt bereits verfügbaren Produkten geschaffen werden kann. Nachstehend werden vier immer wieder diskutierte Technologievarianten auch unter diesem Gesichtspunkt kurz betrachtet.

2.1 Festkörperbatterien

Viele Hoffnungen verbinden sich mit den sogenannten Festkörperbatterien. Sie basieren zunächst auf dem klassischen Aufbau der NMC-Lithium-Ionen-Batterie, allerdings wird der sonst verwendete flüssige organische und damit auch brennbare Elektrolyt durch einen polymeren oder keramischen Feststoffelektrolyten ersetzt. Dies soll sich positiv auf die Sicherheit und die Energiedichte der Zellen auswirken. Ein wesentlicher Effekt bezüglich der Energiedichte wird erst erzielt, wenn die höhere elektrochemische Stabilität der Festkörperelektrolyte an der Grenzfläche zur negativen Elektrode durch den Ersatz des Graphits durch metallisches Lithium genutzt wird. Da in Lithium-Ionen-Batterien das Graphit rund 90 % des aktiven Materials der negativen Elektrode ausmacht, kann diese Maßnahme zu einer deutlichen Steigerung der Energiedichte genutzt werden. Wird bei der Herstellung der Batteriezelle Lithium nur als Teil des Kathodenmaterials eingebracht, wird auch von „anodenfreien Batterien“ gesprochen, weil sich im entladenen Zustand und beim Bau der Zelle auf dem Stromableiter der negativen Elektrode kein Aktivmaterial befindet. Beim Aufladen wird dann metallisches Lithium aus dem negativen Stromableiter abgeschieden. Bislang führt dies insbesondere bei höheren Strömen jedoch zu einer dendritischen Anlagerung des Lithiums und insgesamt führen die Volumenänderungen in der Zelle durch den Aufbau und die Auflösung der Anode zu erheblichem mechanischem Stress. Auch ist unklar, wie die hohen Laderaten im Bereich von 3 bis 5 C mit den metallischen Anoden bei gleichzeitig hohen Lebensdauern erreicht werden können.

Während Festkörperbatterien mit Polymerelektrolyt seit vielen Jahren von mindestens einem Hersteller kommerziell angeboten und im Pkw- sowie Busbereich eingesetzt werden oder wurden, sind Festkörperbatterien mit keramischen Elektrolyten zwar angekündigt, aber als kommerzielle Zellen in für Pkw interessanten Formaten bislang nicht verfügbar. Dabei benötigen die kommerziellen Polymerelektrolyt-Batterien eine Betriebstemperatur von 60 bis 80 °C und müssen durch ein thermisches Management entsprechend stets auf Temperatur gehalten werden. Eine Markteinführung bis Ende des laufenden Jahrzehnts ist durchaus möglich, doch ist dabei nicht mit einer Revolution der Elektromobilität zu rechnen. Die Markteinführung wird sich für die Fahrzeugnutzenden zunächst – abgesehen von entsprechenden Marketing-Kampagnen – eher unbemerkt abspielen. So zeigen etwa die angekündigten Leistungsdaten eines Entwicklers von Festkörperbatterien, der auch eng mit großen Fahrzeugherstellern zusammenarbeitet, kaum eine Verbesserung gegenüber den in wenigen Jahren realistisch mit NMC-Lithium-Ionen-Batterien zu erwartenden Performance-Daten.

2.2 Lithium-Schwefel-Batterien

Lithium-Schwefel-Batterien zeichnen sich sowohl durch die Verwendung von insgesamt sehr günstigen Rohmaterialien als auch durch eine grundsätzlich hohe gewichtsbezogene Energiedichte aus. Allerdings bleiben die erzielbaren volumenbezogenen Energiedichten sowie die Zyklenlebensdauern deutlich hinter denen der heutigen Lithium-Ionen-Batterien zurück. Dadurch ist das derzeitige Interesse der Automobilhersteller an der Technologie nicht übermäßig hoch. Es scheint so, als wenn Lithium-Schwefel-Batterien zunächst eine Zukunft in der Nische der Anwendungen haben, in denen das Gewicht der Batterie die bedeutsamste Eigenschaft darstellt und größeres Volumen sowie kürzere Zyklenlebensdauern akzeptabel sind. Dies trifft vor allem auf Fluganwendungen wie Drohnen, Lufttaxis oder elektrische Kleinflugzeuge zu. Eine zuverlässige Prognose dazu, wann Lithium-Schwefel-Batterien die NMC-Lithium-Ionen-Batterien in diesem Segment verdrängen könnten, ist aktuell nur schwer zu treffen. Ein großflächiger Einsatz von Lithium-Schwefel-Batterien in Pkw erscheint zumindest in diesem Jahrzehnt als unwahrscheinlich.

2.3 Lithium-Luft- und Metall-Luft-Batterien

Die Metall-Luft- und dabei vor allem Lithium-Luft-Batterien sind so etwas wie der heilige Gral der Batterietechnik. Dabei sind die Reaktanten nur Sauerstoff und ein passendes Metall. Wenn in einem offenen System Luftsauerstoff verwendet wird, ist die Batterie im geladenen Zustand leichter als im entladenen Zustand nach Einlagerung des Sauerstoffs in die Metalloxide. Die theoretische gravimetrische Energiedichte von Lithium-Luft-Batterien liegt rund fünfmal so hoch wie die von Lithium-Ionen-Batterien.

Die intensiven Forschungsarbeiten der vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, dass keine ganz kurzfristigen Durchbrüche zu erwarten sind. Ein Problem stellt insbesondere der sehr reaktive Singulett-Sauerstoff dar, der in bestimmten Betriebsbereichen der Lithium-Luft-Batterien gebildet wird und das Kathodenmaterial durch Korrosion zerstört. Durch Beschränkung des Betriebsbereichs lässt sich die Bildung des Singulett-Sauerstoffs vermeiden, doch dann ist die verfügbare Kapazität und damit auch die erreichbare Energiedichte relativ gering. Hinzu kommt, dass die volumetrische Energiedichte nach heutigen Abschätzungen kaum diejenige der klassischen NMC-Lithium-Ionen-Batterien erreichen wird. Dementsprechend ist das Interesse der Automobilindustrie zumindest für den Bereich der Pkw oder Lkw derzeit nicht besonders hoch und ein Markteintritt in Serienprodukten ist mindestens für das laufende Jahrzehnt nicht zu erwarten. Aktuelle Abschätzungen haben zudem ergeben, dass die Laderaten relativ klein sein werden, so dass die heute angepeilten hohen Laderaten kaum zu erreichen sind.

Interessant sind unterdessen aktuelle Trends in der Grundlagenforschung zu diesem Batterietyp, die sich Natrium oder Kalium anstelle von Lithium als Metall zuwenden. Da hierbei weniger beziehungsweise gar kein Singulett-Sauerstoff entsteht, scheinen stabile Batteriesysteme im Bereich des Möglichen zu liegen. Diese Materialwahl geht indes zu Lasten der Energiedichte. Ob aus der Technologie für den Pkw-Bereich Batteriesysteme entstehen können, die aus Sicht der Nutzenden einen spürbaren Mehrwert bringen, lässt sich derzeit nicht seriös voraussagen.

2.4 Natrium-Ionen-Batterien

Vordergründig wird bei Natrium-Ionen-Batterien das Lithium durch das in der Erdkruste mehr als 400-mal häufiger vorkommende und damit äußerst günstige Natrium ersetzt. Aufgrund des schwereren Natriums und der eingesetzten Kathodenmaterialien liegt die Energiedichte bei etwa zwei Dritteln dessen, was die heute beste NMC-Lithium-Ionen-Batterie aufweist – und damit im Bereich der LFP-Batterien. Da die Natrium-Ionen-Batterien jedoch weder Nickel noch Kobalt beinhalten müssen – und dazu günstiges Natrium anstelle von Lithium –, bewegen sich Kostenschätzungen für diese Batterien im Bereich von 25 bis 40 €/kWh. Da das auf der Anode eingesetzte „Hard Carbon“ keine Potenzialschwellen durch verschiedene Lithiierungs-Stages aufweist, entfallen einige charakteristische Potenzialpunkte, die heute intensiv für die Alterungs- und Performance-Diagnostik verwendet werden.

Allerdings sind Natrium-Ionen-Batterien für den Automotive-Sektor derzeit nur angekündigt und bislang nicht auf dem Markt. Unter anderem plant immerhin der weltweit größte, chinesische Zellhersteller CATL für 2023 eine Natrium-Ionen-Batterie. Die Technologie scheint also das Potenzial einer weiteren Kostenreduktion und eine Verminderung des knappen Lithiums zu haben – jedoch zu Lasten der maximalen Energiedichten und daher eher für das Kompaktwagen- und das Mittelklassewagensegment. Da die Natrium-Ionen-Batterien wahrscheinlich zu einem großen Teil auf denselben Fertigungsanlagen wie die Lithium-Ionen-Batterien produziert werden können, würde eine Markteinführung relativ schnell vonstattengehen. Fahrzeugnutzende werden, wenn es soweit ist, die neue Technologie vor allem in Form von geringen Kosten spüren. Aus technischer Sicht werden die Fahrzeuge indes kaum mit neuen Eigenschaften aufwarten.

3 Typische Batteriebelastung und Lebensdaueranforderung

Die Belastung von Batterien wird immer relativ zu ihrer Größe angegeben. Dabei wird entweder das Verhältnis zwischen der Leistung [W] und der Energiekapazität [kWh] oder zwischen Strom [A] und Ladungskapazität [Ah] gebildet. Da sich Strom und Leistung ebenso wie Ladungs- und Energiekapazität nur durch die Multiplikation mit der Nennspannung unterscheiden, ist die Verhältniszahl, die „C-Rate“ genannt wird und die Einheit [h-1] besitzt, in beiden Fällen die gleiche.

Dementsprechend müssen für die Betrachtung der elektrischen Belastung der Batterie jeweils die maximalen und mittleren Ladeleistungen (bestimmen die Ladegeschwindigkeit) und Entladeleistungen (wird durch den Leistungsbedarf des Antriebsstrangs bestimmt) sowie die installierte Batteriekapazität ermittelt werden. Gerade in Bezug auf die mittlere Belastung sind hier die im Durchschnitt deutlich kleineren Batterien in Kompakt- und Mittelklassewagen unter Umständen stärker belastet als die Akkus in Oberklassewagen mit großen Batteriekapazitäten. Typische mittlere Belastungen im Fahrbetrieb liegen heute zwischen 0,05 C (25 km/h mittlere Geschwindigkeit in der Stadt bei einer Batteriereichweite von 500 km) und 0,5 C (mittlere Geschwindigkeit von 120 km/h auf der Autobahn bei 240 km Batteriereichweite). Die Spitzenleistungen im Entladebereich sind bestimmt durch die installierten Antriebsmotoren und bewegen sich im Bereich von etwa 2 bis 2,5 C (vergleiche etwa Renault ZOE mit 41 kWh Batterie und 80 kW Motorleistung sowie Mercedes EQE mit 90 kWh Batterie und 210 kW Motorleistung). Freilich gibt es auch Sportwagen, bei denen wesentlich extremere Belastungen auftreten. So wird zum Beispiel für den Rimac Nevera bei einer Batteriekapazität von 120 kWh eine Antriebsleistung von mehr als 1400 kW und damit eine C-Rate von nahezu 12 angegeben. Dies zeigt, was prinzipiell möglich ist, jedoch beziehen sich die hier geäußerten verallgemeinernden Angaben auf Serienfahrzeuge für den Massenmarkt.

Abgesehen von einer verstärkten Erwärmung und deren negativer Auswirkung auf die Lebensdauer sind keine beschleunigten Schädigungen von Lithium-Ionen-Batterien bei höheren Entladeleistungen bekannt. Die Belastung bei der Aufladung ist von der Stärke der Ladegeräte abhängig, die von der einphasigen Haushaltssteckdose mit 3,7 kW bis hin zum „Ultra-Fast Charging“ mit 350 kW gehen kann. Dementsprechend reicht die Rate von knapp 0,1 C beim Laden eines Fahrzeugs mit 40 kWh Batteriekapazität an der Haushaltssteckdose bis hin zu 3,5 C beim Laden eines Oberklassewagens mit 100 kWh Batteriekapazität an einer „Ultra-Fast-Charging“-Station. Die Supercharger von Tesla der ersten Generation mit 120 kW ergeben bei 90 kWh Batteriekapazität entsprechend 1,3 C. Damit wird deutlich, dass die Option auf schnelles Laden in allen Fällen eine deutlich höhere Belastung für die Batterien bedeutet als der eigentliche Fahrbetrieb. Dies gilt vor allem auch deswegen, weil das Laden einer Dauerleistung entspricht und daher mit der mittleren Entladeleistung verglichen werden muss.

Die Zyklenbelastungen der Fahrzeuge sind von der Nutzung der Fahrzeuge abhängig. Daher basieren die folgenden Betrachtungen zum einen auf statistisch ermittelten durchschnittlichen Nutzungsprofilen und zum anderen auf einem häufig verwendeten Garantiewert von 100.000 Meilen beziehungsweise 160.000 km. Pkw fahren in Deutschland im Mittel etwa 37 km pro Tag, Oberklassewagen 42 km je Tag. Daraus ergeben sich bei aktuellen Energieverbräuchen von 15 bis 25 kWh/100 km tägliche Energieverbräuche zwischen 5 und 10 kWh.Footnote 3 Bei Batteriegrößen zwischen 40 kWh (Kompaktklasse) und 100 kWh (Oberklasse) ergibt sich entsprechend eine mittlere tägliche Nutzung von 10 bis 12 % der Batteriekapazität oder 36 bis 44 äquivalenten Vollzyklen („Ladungsumsätze“) pro Jahr. Daraus ergeben sich in acht Jahren etwa 300 bis 350 und in 15 Jahren entsprechend 550 bis 650 Ladungsumsätze.

Ähnliche Resultate bringt die Garantieleistung hervor. Bei einem Verbrauch von 15 kWh/100 km und 40 kWh Batteriekapazität ergeben sich 600 Ladungsumsätze, bei 25 kWh/100 km und 100 kWh Batteriekapazität entsprechend 400 Ladungsumsätze. Die Zyklenanforderungen sind also sehr moderat und erheblich geringer, als sie noch vor vielen Jahren von zahlreichen Fahrzeugherstellern spezifiziert worden sind. Sie entsprechen damit ungefähr auch den Zyklenbelastungen, die in Consumer-Geräten wie Smartphones, Tablets oder Laptops benötigt werden. Intensive Anstrengungen der Fahrzeughersteller zur Senkung des Verbrauchs werden indes zu einer weiteren Reduktion der Zyklenbelastung führen. So hat Mercedes zum Beispiel ein Konzeptfahrzeug in der Größe der S-Klasse mit einem Verbrauch von nur noch 10 kWh/100 km vorgestellt.

Zum Vergleich: In stationären Anwendungen wie PV-Heimspeichersystemen oder in Anlagen zur Primärregelleistung im Stromnetz werden rund 250 Ladungsumsätze pro Jahr gefahren. Für Pkw optimierte Batteriezellen eignen sich daher nicht mehr für den Einsatz in stationären Anwendungen, was auch ein großes Fragezeichen hinter verschiedene „Second-Life“-Konzepte setzt.

Bei Lkw sind die Strombelastungen auch eher moderat, weil die Batterien aufgrund der Reichweitenanforderung groß ausgelegt werden müssen. Bei Lkw für den Ferntransport muss die Batterie knapp 4,5 h lang reichen. Das entspricht der maximalen ununterbrochenen Lenkzeit von Berufskraftfahrenden. Anschließend bleiben 45 min gesetzlich vorgeschriebene Lenkpause, um die Batterien wieder aufzuladen. Damit entspricht die mittlere Entladeleistung etwa 0,2 C und die Ladeleistung 1,3 C. Die Zyklenbelastung ist dafür hoch, denn es muss mit zwei vollen Ladungsumsätzen pro Tag gerechnet werden. Dementsprechend werden optimierte Batteriezellen benötigt, die ähnliche Eigenschaften wie diejenigen für viele stationäre Speicheranwendungen aufweisen müssen. In der Regel bedeutet das eine etwas geringere Energiedichte.

4 Batteriesystemdesign

Einzig im Bereich kleiner Geräte – etwa Smartphones – und bei Consumer-Produkten werden mitunter Batteriesysteme eingesetzt, die aus einer einzelnen Zelle bestehen. In allen anderen Fällen wird eine Vielzahl gleicher Batteriezellen in einem Pack verschaltet. Diese Zellen müssen so ausgewählt werden, dass sie die zuvor genannten Anforderungen erfüllen. Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass bei gegebener Batteriegröße auch die erlaubten mittleren oder maximalen Leistungen ausreichen.

Den Batteriepacks kommen zahlreiche Aufgaben zu. Das Pack ist die mechanische Struktur für die Aufnahme der Zellen und die Integration ins Fahrzeug, der Schutz gegen den direkten Impact auf die Zellen bei einem Crash und der Träger des thermischen Managements zur Erzielung einer gleichmäßigen Temperatur innerhalb der sicheren Temperaturgrenzen. Bei drohender Überhitzung kühlt das thermische Management und bei tiefen Temperaturen kann es auch zum Aufheizen des Batteriepacks insbesondere vor Ladevorgängen kommen. In Kap. 11 wird das thermische Management ausführlicher diskutiert. Im Folgenden sollen Aspekte der Verschaltung der Zellen im Pack und die Aufgaben des Batteriemanagementsystems diskutiert werden.

4.1 Verschaltung

Lithium-Ionen-Batterien können sehr flexibel sowohl seriell als auch parallel verschaltet werden. Dadurch lassen sich aus relativ kleinen Zellen durch geeignete Verschaltung auch sehr große Batteriesysteme aufbauen. Grundsätzlich ähneln Batteriesysteme sich in ihrer Struktur: Zellen werden meist zu Modulen, Module zu Packs und Packs zu Systemen verschaltet. Eine Obergrenze für die Größe eines Batteriesystems zu benennen, ergibt demnach keinen Sinn. Begrenzungen resultieren gegebenenfalls aus verfügbaren Volumen oder Gewichtsobergrenzen, in stationären Anwendungen jedoch, in denen typischerweise Containerlösungen verwendet werden, gibt es keine Begrenzung der Containerzahl und damit auch nicht der Größe der Speicheranlage.

Für die Verschaltung werden zunächst die Systemspannung und damit die Anzahl der in Serie geschalteten Elemente festgelegt. Elemente können einzelne Zellen oder auch untereinander parallel verschaltete Zellverbünde sein. Typische Systemspannungen in Fahrzeugen sind heute 12 V für das konventionelle Bordnetz, 48 bis 150 V für Mild-Hybride, 400 V für Voll- und Plug-in-Hybride sowie für vollelektrische Batteriefahrzeuge mit Ladeleistungen bis etwa 150 kW sowie 800 V für batterieelektrische Fahrzeuge für Ladeleistungen bis 350 kW. Für noch größere Batterien oder Ladeleistungen wird außerdem über Systemspannungen bis zu maximal 1500 V bei vollgeladenem Akku diskutiert. Überschreitet die Batteriespannung im Betrieb nicht 60 V, kann auf Berührungsschutz verzichtet werden. Zwischen 60 und 1500 V gilt das Batteriesystem als Hochvoltbatterie. Für die Einhaltung der durch Normen definierten Spannungsbereiche gilt die maximal im Betrieb erreichbare Spannung. Bei Lithium-Ionen-Batterien sind das je nach Zellchemie heute zwischen 3,6 V je LFP- und bis zu 4,3 V je NMC-Zelle. Bei Systemspannungen, die weit genug von den Grenzwerten entfernt liegen, wird die Zahl der Zellen meist durch die Division der Systemspannung durch die Nennspannung der Zellen bestimmt, die zwischen 3,3 V pro LFP-Zelle und 3,7 V je NMC-Zelle liegen.

Für Arbeiten an Hochvoltbatterien sind Spezialschulungen zur Arbeitssicherheit notwendig. Es ist stets zu berücksichtigen, dass Batteriezellen extrem leistungsfähige Stromquellen sind und Zellen im Automotive-Bereich in der Regel keine Sicherungen enthalten. So können zum Beispiel in einer 12-Volt-Bleistarterbatterie bei Kurzschluss mit einem Schraubenschlüssel kurzzeitig Ströme von bis zu 2000 A fließen. Metall wird dadurch rotglühend.

Ein 800-Volt-System bedeutet auch mindestens 200 in Serie verschaltete Zellen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Zellen in Serie verschaltet werden, desto kürzer wird die Pack-Lebensdauer. In der Praxis sind oftmals mehrere Zellen parallelgeschaltet, und diese Einheiten werden dann wiederum in Serie verschaltet. In Parallelschaltungen von Zellen teilt sich der Strom des Gesamtstrangs auf die Zellen entsprechend ihres Innenwiderstands und der Ruhespannung auf. Daher werden schwache Zellen in einer Parallelschaltung entlastet und durch stärkere Zellen gestützt. In einer Parallelspannung lässt sich daher im Prinzip immer die Summe der Leistungen und der Kapazitäten der Zellen nutzen. In der Serienschaltung bestimmt hingegen stets die schwächste Zelle beziehungsweise die schwächste Einheit auch parallelgeschalteter Zellen die Performance des gesamten Batteriestrangs.

Aus Sicht der Batterie bleibt die spezifische Belastung („C-Rate“) auf den Zellen bei gegebener Gesamtenergiekapazität der Batterie unabhängig von der Systemspannung immer gleich. Auch der Wirkungsgrad ändert sich in erster Näherung nicht, wenn die Batterie aus gleichen Zellen und gleicher Anzahl von Zellen unterschiedlich konfiguriert wird. Da Lebensdauer und Zuverlässigkeit mit zunehmender Systemspannung und somit zunehmender Anzahl in Serie verschalteter Zellen abnehmen, liegt das Optimum aus Sicht des Batteriesystems bei sehr kleinen Spannungen. Dies führt jedoch zu sehr hohen Strömen, die eine Herausforderung für Ladekabel, Stecker, Sicherungen oder Schütze darstellen. Dementsprechend können diese Komponenten bei hohen Spannungen kleiner und günstiger ausgelegt werden. Auch die Leistungselektronik bringt grundsätzlich bessere Wirkungsgrade und wird günstiger bei höheren Spannungen sowie entsprechend geringeren Strömen. Es muss also nach einem systemischen Optimum unter Berücksichtigung sämtlicher Komponenten und Aspekte bis hin zum Gewicht von Ladekabel und -stecker gesucht werden. Daher werden zum Beispiel bei 350 kW Ladeleistungen Batteriesysteme um 800 V verwendet, in denen beim Laden zwischen 400 und 500 A auftreten. Es ist aber noch einmal zu betonen, dass bei der Batterie selbst mit steigender Spannung sowohl die Lebensdauer als auch die Zuverlässigkeit zurückgehen. Alle Vorteile hoher Spannungen müssen sich also aus den anderen Systemkomponenten ergeben.

4.2 Batteriemanagementsystem

Das Batteriemanagementsystem (BMS) besteht aus verschiedenen funktionalen Teilen, die für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb des Batteriesystems benötigt werden:

  • Batteriemonitoring: Messung von Strömen, Strang- und Zellspannungen, Temperaturen und Impedanzen

  • Thermisches Management: Passives oder aktives Thermomanagement im Batteriepack für gleichmäßige Zelltemperaturen und Betrieb innerhalb eines sicheren und für die Leistungsfähigkeit sowie die Alterung möglichst idealen Temperaturbereichs

  • Batteriediagnostik: Auswertung aller Informationen aus dem Batteriepack zur Bestimmung des Ladezustands (State of Charge – SoC), der Leistungsfähigkeit (State of Power – SoP), der Funktionsfähigkeit (State of Function – SoF) oder des Alterungszustands (State of Health – SoH) durch Diagnose-Algorithmen auf dem BMS und gegebenenfalls auch in der Cloud als Grundlage für Informationen an die Fahrzeugnutzenden sowie das Energiemanagementsystem des Fahrzeugs

  • Ladungsausgleichssystem: Symmetrierung des Ladezustands der Zellen durch heute meist passiv gesteuerte Ladungsausgleichssysteme, da die jeweils vollste und leerste Zelle die Gesamtnutzung des Batteriepacks beim Laden beziehungsweise Entladen bestimmen. Nur aktive Ladungsausgleichssysteme können auch unterschiedliche Alterungszustände ausgleichen.

  • Steuerung der Switchbox: Ansteuerung der Schütze zum Ein- und Ausschalten des Batteriepacks für eine sichere Verbindung mit der Leistungselektronik ohne zerstörerische Einschaltströme sowie Notabschaltung im Fall von Crash oder sicherheitskritischer Batterieüberlastung

Für Batteriemanagementsysteme existieren verschiedene Topologien. Häufig werden sogenannte Master-Slave-Topologien verwendet, bei denen Slave-Platinen im Batteriepack – oftmals jeweils eines pro Modul – verteilt sind, die lokal Spannungen und Temperaturen messen und auch die Ladungsausgleichsfunktion bereitstellen. Die Slaves melden die Messdaten dann über einen Bus an den Master, der auch die Daten der Strommessung zur Verfügung hat. Der Master beinhaltet zudem die Diagnose-Algorithmen und steuert die Schützbox. Sicherheitskritische und zeitlich sehr schnell auszuführende Funktionen müssen auf dem BMS selbst implementiert sein. Die Bestimmung des aktuellen Alterungszustands oder auch Updates zu Betriebskennlinien wie dem maximalen Ladestrom zur Vermeidung des Lithium-Platings können hingegen auf einem zentralen Cloud-Rechner erfolgen. Dort können für die Zustandsbestimmung auch Vergleichsdaten einer großen Zahl gleicher oder ähnlicher Systeme verwendet werden.