Das Remanufacturing von Batterien bezeichnet die aufwendige Zerlegung von Batterien und Bestandsaufnahme des Zustands der einzelnen Komponenten. Hauptsächlich wird darunter die Analyse des „State of Health“ (SoH) der Batteriezellen beziehungsweise der Batteriemodule verstanden, jedoch auch diejenige weiterer Batteriekomponenten. Der Demontage und Analyse schließen sich Austausch, Aufbereitung und Weiternutzung der jeweiligen Bestandteile in einem neu zusammengesetzten System an. Durch die weitgehende Zerlegung und Analyse bis auf die Modulebene sowie durch den konsequenten Austausch und/oder die Aufbereitung von Komponenten, die sich in schlechtem Zustand befinden, erreicht das Batteriesystem nach dem Manufacturing nahezu die Qualität eines neuen Systems. Der Lebenszyklus der weiterverwendeten Komponenten lässt sich auf diese Weise erheblich verlängern und es können bis zu 70 % der Rohstoffe gegenüber einem neuen Produkt eingespart werden.Footnote 1

Das Remanufacturing kann dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Nachhaltigkeit von Batterien leisten. Durch die längere Nutzung der gebundenen Rohstoffe trägt dies bereits zu zweien der in Abb. 42.1 dargestellten Potenziale des Remanufacturings bei: dem Entgegenwirken der Ressourcenknappheit und des Klimawandels durch geringe Emissionen.

Abb. 42.1
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Potenziale des Remanufacturings von Batterien

Aus Sicht der Automobilhersteller können wiederinstandgesetzte Traktionsbatterien zudem die Verfügbarkeit von Ersatzteilen selbst bei älteren Fahrzeugen sicherstellen und im gleichen Zuge auch die gesetzlich vorgeschriebene Rücknahmepflicht wirtschaftlicher und attraktiver gestalten.Footnote 2 Dies trägt zum Potenzial der Kosteneinsparung bei. Auch Verbraucher profitieren davon, indem Ersatzbatterien günstiger verfügbar sind.

Die ausführliche Analyse bei der Demontage der Batterien bietet wiederum die Möglichkeit, Daten und somit detaillierte Nutzungsinformationen aus dem Betrieb der Akkus zu sammeln und die Batterien in Qualität und Anpassung weiter auf die Kundenbedürfnisse zu optimieren. Der daraus entstehende Vorteil bietet Autobauern das Potenzial, ihr Geschäftsfeld in diesem Bereich zu erweitern.

1 Konzeptansätze zum Remanufacturing von Lithium-Ionen-Batterien

Das Remanufacturing stellt in zahlreichen Wirtschaftszweigen und für eine große Bandbreite von Industrie- und Konsumgütern ein rentables Geschäftsmodell dar. Neben der reinen Wertsteigerung durch die Aufbereitung bestimmter Kernelemente und die in der Regel damit einhergehende Rückführung des Produkts auf seinen ursprünglichen Leistungszustand stehen oftmals auch Kosten- und Nachhaltigkeitsaspekte im Fokus des Remanufacturings. Die steigende Bedeutung für produzierende Unternehmen wird dabei besonders durch den Umstand unterstrichen, dass das Remanufacturing bereits 2 % des gesamten europäischen Fertigungssektors umfasst, was Umsätzen von etwa 30 Mrd. € entspricht. Deutschland trägt daran einen Anteil von 8,73 Mrd. €.Footnote 3

Auf die Traktionsbatterie bezogen, ergeben sich theoretische Restwerte von 70 bis 75 % des Neupreises für ein Batteriesystem mit einem „State of Health“ (SoH) von 80 %. Verantwortlich dafür sind außer Bauteilen wie dem Gehäuse, der Kühlung oder dem Batteriemanagementsystem vor allem die verbauten Zellen. Dementsprechend fokussieren sich die vorhandenen Remanufacturing-Konzepte besonders auf diese Bauteile.Footnote 4

Mit der steigenden Anzahl elektrisch angetriebener Fahrzeuge birgt das Remanufacturing vor allem im Bereich des After-Sales-Marktes wachsende Potenziale. Unter Berücksichtigung der sich schnell weiterentwickelnden Batterietechnologien entsteht dort eine große Herausforderung in der Ersatzteilbeschaffung einzelner Fahrzeug- und damit auch Batteriegenerationen. Es ist durchaus üblich, dass Zellen und Batteriekonzepte sich bereits während eines Fahrzeugmodelljahres produktionsseitig verändern. Daraus ergeben sich Ersatzteilengpässe und eine größer werdende Lücke zwischen der Serienproduktion und der Nachserienversorgung. An dieser Stelle könnten Remanufacturing-Konzepte ansetzen und der engpassbedingten Kostensteigerung einzelner Batterieersatzteile entgegenwirken.Footnote 5

Da der Prozess des Remanufacturings grundsätzlich die Schritte Eingangsprüfung, (Teil-)Demontage des Produkts, Komponentenprüfung, Aufbereitung des Bauteils beziehungsweise Ersatz durch ein neues Bauteil sowie eine abschließende Montage umfasst, spielt die Produktgestaltung eine entscheidende Rolle bei der Konzeptionierung neuer Remanufacturing-Ansätze.Footnote 6 Eine Anpassung des Batteriepackdesigns hin zu einer Reduzierung von Klebe- und Schweißverbindungen sowie eine gute Zugänglichkeit relevanter Komponenten begünstigt die Demontage sowie die Montage und somit den gesamten Remanufacturing-Prozess. Zusammen mit einem modularen Zell- und Modulkonzept lassen sich von der Alterung stärker betroffene Zellen und Batteriemodule auf diese Weise einfacher austauschen. Auch nachträgliche Upgrades ganzer Batteriepacks für eine gesteigerte Kapazität und Leistungsfähigkeit durch neue Batteriezelltechnologien könnten so durch den Einbezug der Produktgestaltung zu neuen Remanufacturing-Konzepten beitragen.Footnote 7

2 Herausforderungen des Remanufacturings in der Batterie

Für ein erfolgreiches Remanufacturing müssen verschiedene technische Fragestellungen gelöst werden. Diese lassen sich wiederum – wie in Abb. 42.2 dargestellt – in markt-, produkt- sowie prozessseitige Herausforderungen unterteilen.

Abb. 42.2
figure 2

Herausforderungen beim Remanufacturing im Spannungsfeld von Markt, Prozess und Produkt

Bestehende Forschungsarbeiten definieren produktseitige Voraussetzungen, die dieses Vorgehen ermöglichen. Dazu gehören die Fertigbarkeit eines Produkts in einer Serienumgebung, der Aufbau des Produkts aus austauschbaren Komponenten oder das Ausbleiben disruptiver Technologiewechsel. Daneben gilt es, prozessseitig Herausforderungen in der Produktionsplanung und -steuerung zu adressieren, die im Rahmen des Remanufacturings im Vergleich zu einer linearen Wertschöpfungskette auftreten.Footnote 8

Der Prozess des Remanufacturings erfordert ähnlich hohe Sicherheitsmaßnahmen wie die Batterieproduktion selbst. Neben den Kosten für Sicherheit und teuren Anlagen sind auch die Kosten für qualifiziertes Personal zu berücksichtigen. Die Komplexität im Prozess ist stark vom Zerlegungsgrad und vom Zustand der Komponenten abhängig. Mit Hilfe geeigneter Technologien lassen sich Effizienz und Automatisierungsgrad steigern und die Prozesskosten senken.Footnote 9 Vor allem die Automatisierung der Demontage bedeutet prozessseitig eine hohe Hürde, da Batteriesysteme äußerst unterschiedliche Designs aufweisen, was eine einfache Automatisierung erschwert.

Aus diesem Grund muss vor allem das Produkt eine einfache Demontage ermöglichen. Dafür sollten die entsprechenden Teile und Komponenten durch lösbare Verbindungen mit dem Gesamtsystem verbunden sein. Diese Verbindungen müssen bereits im Konstruktionsprozess berücksichtigt und ohne Zerstörung der jeweiligen Komponenten gelöst werden können. Insbesondere bei Traktionsbatterien sind dafür noch einige weitere Herausforderungen zu bewältigen, da sie derzeit nicht speziell auf eine Demontage ausgelegt werden. Beispielsweise sind die Packgehäuse nicht für Demontageschritte geeignet oder die Zellkontaktierung im Modul erfolgt durch nicht lösbare Verbindungen. In Anbetracht des Preisverfalls von Lithium-Ionen-Batteriezellen ist eine wirtschaftliche Demontage der Komponenten entscheidend, um die wiederaufbereiteten Komponenten nicht teurer zu gestalten als neue. Dadurch ergibt sich die zusätzliche Herausforderung, den Demontagevorgang der Batterien weitestgehend zu automatisieren. Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Designs auf Pack-, Modul und Zellebene wird eine automatische Demontage ein hohes Hindernis darstellen.Footnote 10

Voraussetzung für die produktseitige Ermöglichung des Remanufacturings ist folglich ein modularer Aufbau der Batteriepacks mit standardisierten Schnittstellen, die für die Integration technologischer Weiterentwicklungen ausgelegt sind. Auch die Anbindung ans Fahrzeug muss modular und mit einheitlichen Schnittstellen gestaltet werden, um einen nachträglichen Austausch bei neuen Batterietechnologien zu ermöglichen. Um darüber hinaus schon in der Produktion das Potenzial des Remanufacturings auszuschöpfen, kann bereits bei der Auslegung der Batterie die Nutzungsdauer berücksichtigt werden. So werden die jeweiligen Komponenten entsprechend auf eine definierte Lebensdauer ausgelegt, die über die normale Nutzungsdauer des Produkts erheblich hinausgeht, um dadurch zu gewährleisten, dass zum einen das benötigte Qualitätsniveau erhalten und zum anderen der Aufbereitungsaufwand gering bleibt. Dabei ist das Spannungsfeld zwischen den Anforderungen an eine remanufacturinggerechte Auslegung der Bauteile und den sonstigen Anforderungen im Entwicklungsprozess wie Kosten und Gewicht eine große Herausforderung.

Darüber hinaus muss im Markt eine eindeutige Rückverfolgbarkeit der Batteriebestandteile gewährleistet werden. Schließlich ergibt sich eine weitere Herausforderung in den variierenden Zuständen der rückfließenden Produkte, so dass angepasste Aufbereitungs- und Montageprozesse erforderlich werden.Footnote 11 Zur Problematik der Rückverfolgbarkeit und des Zustands kommt die zuverlässige Versorgung mit gebrauchten Batterien. Durch kundenindividuelles Rückgabeverhalten muss mit einer hohen Angebotsfluktuation alter Batterien gerechnet werden.Footnote 12 Das gilt in gleichem Maße für den Bedarf an aufbereiteten Batterien. Gelingt es nicht, diesen Rückfluss mit der Nachfrage abzugleichen, kann es zu hohen Lagerbeständen kommen. Dies führt zu der Notwendigkeit eines ausgereiften Reverse-Logistik-Netzwerks, um eine etwaige Kollektionslücke zu schließen und gleichzeitig die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.

3 Ökonomischer und ökologischer Nutzen des Remanufacturings

Die Anschaffungskosten für Elektrofahrzeuge sind im Vergleich zu denjenigen konventioneller Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor hoch, wobei die Batterie einer der größten Kostentreiber ist. Dabei werden die höheren Anschaffungskosten im Hinblick auf den Lebenszyklus eines Fahrzeugs auch nicht durch die geringeren Betriebskosten kompensiert. Eine längere Nutzungsdauer des Fahrzeugs von etwa 16 Jahren stellt einen möglichen Lösungsansatz für dieses Problem dar, dem unter anderem jedoch die begrenzte Lebensdauer der Lithium-Ionen-Batterie gegenübersteht.Footnote 13 Um die Lebensdauer einer Traktionsbatterie weiter zu erhöhen, kann die Batterie wie bei einer Software einem kontinuierlichen Update unterzogen werden, statt sie während ihres gesamten Lebenszyklus unverändert zu lassen. Da eine Traktionsbatterie aber größtenteils aus „Hardware“ besteht, wird in diesem Zusammenhang von einem „Remanufacturing“ der Lithium-Ionen-Batterie gesprochen.

Neben der Verlängerung der Lebensdauer von Traktionsbatterien können auch wiederaufbereitete Komponenten am Ende der Nutzungsphase in neue Produkte überführt werden. Dadurch sind Kostensenkungspotenziale durch den Aufkauf der gebrauchten Batterie, aber auch durch die vergünstigten Zukaufteile in der Fertigung von Traktionsbatterien denkbar. Das Remanufacturing kann demzufolge aus ökonomischer Perspektive die Wirtschaftlichkeit von Elektrofahrzeugen und damit deren Verbreitung erhöhen. Aber auch aus ökologischer Sicht ist das Remanufacturing besonders erstrebenswert: Durch eine verlängerte Nutzungsphase lassen sich Abfälle reduzieren und durch die Wiederverwendung von Komponenten Ressourcen schonen. Außerdem bildet das Remanufacturing einen Baustein einer Kreislaufwirtschaft. Zur Realisierung einer solchen „Circular Economy“ muss am Ende eines Produktlebens ein möglichst hoher Grad energetischer und stofflicher Verwertung stattfinden – was exakt dem Zielbild des Remanufacturings entspricht.Footnote 14

Ein weiterer ökonomischer Vorteil des Remanufacturings liegt beispielsweise in der Erschließung neuer Geschäftsfelder durch das Veräußern gebrauchter und wiederaufbereiteter Komponenten. Dabei lassen sich durch eine geeignete Rückverfolgbarkeit (Traceability) gezielt auch Marketingmaßnahmen aus dem Produktnutzungsverhalten ableiten und genauere Nachfrageprognosen für künftige Produkte generieren. Neben den aufgeführten Potenzialen bietet das Remanufacturing dem Hersteller auch die Möglichkeit, die gesetzlichen Anforderungen an Batterien zu erfüllen. Gemäß § 23 des Kreislaufwirtschaftsgesetztes (KrWG) sind Entwickler, Hersteller und Vertreiber von Erzeugnissen dazu verpflichtet, Produkte möglichst so zu gestalten, dass bei ihrer Fertigung und ihrem Gebrauch Abfälle vermindert werden. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass nach ihrer Nutzungsphase entstandene Abfälle umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden. Dementsprechend müssen die Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien dafür Sorge tragen, dass ihre Batterien eine möglichst hohe Lebenserwartung, eine mehrfache Verwendbarkeit und die Wiedergewinnung von Rohstoffen (Recycling) zulassen. Gemäß innerdeutschen Gesetzen müssen Hersteller verschiedene EU-Verordnungen zur stofflichen Verwertung und Recycling-Effizienz von Batterien einhalten – siehe unter anderem (EU) Nr. 493/2012, Richtlinie 2006/66/EG. Zusätzlich entstehen durch das Remanufacturing Vorteile für Kunden: Zum einen steigt die ökologische Wertigkeit des Produkts, zum anderen sind Kostensenkungspotenziale durch eine längere Nutzungsdauer oder durch die Wiederverwendung einzelner Komponenten realisierbar.

3.1 Zusammenfassung und Ausblick

Als Teil der „Circular Economy“ befasst sich das Remanufacturing von Traktionsbatterien mit der Aufbereitung und Nutzung einzelner Komponenten, die in einem definierten prozessualen Ablauf geprüft, demontiert, aufbereitet und letztlich zu einem neuen Gesamtsystem zusammengeführt werden. Dadurch ist dieser grundlegende Ansatz zur Verlängerung der Nutzungszeit von Batterien und Komponenten eine nachhaltige Option vor allem für den Bereich des automobilen After-Sales-Markts, gleichzeitig stellt er die Produktauslegung jedoch vor einige Widrigkeiten.

Der Aufbau und das Design einer Traktionsbatterie samt ihrer Teilkomponenten stellen auf System-, Modul- und Zellebene neben der Steigerung der Automatisierbarkeit des Gesamtprozesses die zentralen Herausforderungen für die Wirtschaftlichkeit eines Remanufacturing-Prozesses dar. Modularität und eine zerstörungsfreie Demontierbarkeit sind dabei wichtige Kriterien, die bei künftigen Produktentwicklungen im Bereich der Batterie als Bewertungsmaßstab eine größere Rolle einnehmen müssen. Übergeordnete Verbesserungspotenziale liegen vor allem in lösbaren Fügeverfahren und in einer Standardisierung der Schnittstellen.

Prozessseitig lässt sich eine Wertschöpfungssteigerung durch das Remanufacturing nur mit Hilfe einer funktionierenden und vor allem automatisierten Demontage realisieren. Die in der nächsten Dekade deutlich zunehmende Menge von Batterierückläufern sowie die künftigen gesetzlichen Anforderungen an das Recycling machen eine Steigerung des Automatisierungsgrades insbesondere für alle sicherheitsrelevanten und sich wiederholenden Teilschritte des Demontageprozesses notwendig und stellen somit eine Kernherausforderung für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft dar.