Der heute dominierende, an vergleichsweise wenigen Standorten gebündelte Prozess der Energieaufnahme konventioneller Fahrzeuge in Form des Tankens dürfte durch die Elektromobilität auf vielfältige Weise dezentralisiert werden. Elektrofahrzeuge können an verschiedenen Standorten, an denen Strom verfügbar ist, geladen werden. Allerdings stehen nicht alle Lademöglichkeiten auch allen Fahrzeugen zur Verfügung.

Die Gesamtmenge des Energiebedarfs elektrischer Fahrzeuge – das heißt: der gesamte Ladebedarf – ist durch Fahrleistung und Verbrauch bestimmt und damit zunächst unabhängig von der Art der Ladeinfrastruktur. Allerdings ist die Ladeinfrastruktur entscheidend dafür, wie der Ladebedarf gedeckt werden kann. So ist es etwa von Bedeutung, ob er durch private Infrastruktur bedient wird oder ob es sich um Ladebedarf handelt, der an öffentlichen Einrichtungen gedeckt werden muss. Darüber hinaus kann nach Umgebung und Zeitpunkt, an denen der Ladebedarf gedeckt werden soll, differenziert werden. Dies verdeutlicht, dass Ladebedarf und Ladeinfrastrukturbedarf voneinander zu unterscheiden sind und auch nicht eins zu eins ineinander umgerechnet werden können.

Die folgenden Abschnitte stellen zunächst allgemeine ortsunabhängige Einflussfaktoren auf den Ladebedarf im privaten Personenverkehr vor. Daraus leitet sich ein theoretisches Gerüst zur Typisierung des Ladebedarfs mit Hilfe von Ladestandorttypen und verschiedenen Bedarfsgruppen ab. Anschließend wird die räumlich-zeitliche Struktur von Ladebedarfen erläutert. Die sich aus der räumlich-zeitlichen Struktur der möglichen Ladevorgänge ergebenden Implikationen auf notwendige netzseitige Ladeleistung werden im Abschn. 25.4 erläutert.

1 Einflussfaktoren auf den Ladebedarf

Für den Verkehr eines abgeschlossenen räumlichen Gebiets lässt sich bei gegebener elektrischer Fahrleistung und spezifischem Verbrauch der Fahrzeuge theoretisch der gesamte Ladebedarf unabhängig von der Ladeinfrastruktur bestimmen. Für die Bestimmung des Ladebedarfs sind die folgenden Einflussfaktoren von Bedeutung.

Bestand der Elektrofahrzeuge

Zunächst gilt im Grundsatz: Je mehr Elektrofahrzeuge in einem Gebiet zugelassen sind, desto höher fällt der Ladebedarf aus. Indirekt spiegeln Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen eine Erhöhung des Ladebedarfes wider.Footnote 1

Zusammensetzung des Elektrofahrzeugbestands

Im Bereich der elektrischen Fahrzeuge teilen sich derzeit rein batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV) den Markt etwa zu gleichen Teilen auf. Dies gilt neben den Neuzulassungen auch für den aktuellen Bestand.Footnote 2 Für die Zukunft ist zu erwarten, dass BEV immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dennoch bleiben die bereits zugelassenen PHEVs einige Jahre lang eine nennenswerte Größe im Fahrzeugbestand.

Vereinfacht lässt sich sagen: je größer der Anteil von PHEVs am Bestandszuwachs, desto geringer wächst der Ladebedarf. Da PHEVs sowohl über einen elektrischen als auch über einen verbrennungsbasierten Antrieb verfügen, kann nicht direkt auf den Ladebedarf geschlossen werden: Inwiefern PHEVs sich auf den Ladebedarf auswirken, ist abhängig vom Fahr- und Ladeverhalten der Nutzenden. Bei Hybridfahrzeugen kann der elektrische Fahranteil stark variieren. In Deutschland liegt der mittlere elektrische Fahranteil von PHEVs für Privatfahrzeuge bei rund 43 %, für Dienstfahrzeuge bei etwa 18 %.Footnote 3 Diese Verhältnisse können sich durch höhere Reichweiten oder einen Anstieg der Kraftstoffpreise verändern.

Fahrleistung der Fahrzeuge

Verändern sich die Nutzungsmuster im motorisierten Individualverkehr nicht, kann von konventionellen Verbrennerfahrleistungen auf die gefahrenen Kilometer von Elektrofahrzeugen geschlossen werden. Hinsichtlich Fahrverhalten und Fahrleistung ist die einfachste Annahme, dass Elektrofahrzeuge gleich oder ähnlich wie heutige Verbrennerfahrzeuge genutzt werden. Zwar zeigen Erhebungen, dass Elektrofahrzeuge aktuell anders verwendet werden als Verbrennerfahrzeuge, allerdings kann aus den Nutzungsmustern heutiger Elektrofahrzeuge nicht zwingend abgeleitet werden, auf welche Weise sie in Zukunft zum Einsatz kommen.Footnote 4,Footnote 5

Energieverbrauch pro Kilometer

Ein höherer spezifischer Energieverbrauch erhöht den Ladebedarf. Der Energieverbrauch ist von verschiedenen fahrzeugspezifischen Parametern abhängig – etwa vom Gewicht, das mitunter von der Größe der Batterie beeinflusst wird.Footnote 6 Des Weiteren sind das Fahrverhalten und Eigenschaften der Fahrtumgebung von Relevanz. So wirken sich etwa kalte oder heiße Temperaturen auf den Energieverbrauch aus.Footnote 7

Ladeinfrastruktur hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Gesamtvolumen des Ladebedarfs. Allerdings kann ein Ausbau der Ladeinfrastruktur den Ladebedarf erhöhen, da Elektrofahrzeuge für weitere Personengruppen interessant werden und der Elektrofahrzeugbestand infolgedessen anwächst. Ein höherer Bestand wiederum führt zu einer höheren elektrischen Fahrleistung und zu höherem Ladebedarf.

2 Typisierung von Ladebedarfen

Theoretisch könnten Fahrzeuge nahezu überall dort geladen werden, wo sie abgestellt werden, sofern dort ein Stromanschluss vorhanden ist. Daraus ergibt sich eine Vielzahl potenzieller Ladestandorte und -möglichkeiten. Die Inanspruchnahme von Ladeoptionen ist jedoch von den Präferenzen der Nutzenden abhängig. Vereinfacht lässt sich sagen, dass private Ladeinfrastruktur, insbesondere am eigenen Wohnort, gegenüber öffentlicher Ladeinfrastruktur bevorzugt wird.Footnote 8 Das lässt sich sowohl mit Blick auf die Häufigkeit der Ladevorgänge als auch auf die Bedeutung für den Kauf eines Elektrofahrzeugs feststellen. Allerdings kann die Ladenachfrage nicht immer entsprechend der höchsten Präferenz gedeckt werden, da nicht jedem Fahrzeug sämtliche Abstell- oder Lademöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Unabhängig von räumlichen Gegebenheiten ergibt sich eine konzeptionelle Kategorisierung des Ladebedarfs aus einer Kombination von Ladestandorttypen und Ladebedarfsgruppen. Grundannahme dieser Überlegungen ist, dass es verschiedene Möglichkeiten und Orte gibt, an denen der Ladevorgang stattfinden kann, diese aber nicht zu jeder Zeit von allen Fahrzeugen genutzt werden können. Aus dieser Verflechtung ergeben sich unterschiedliche Lademuster. Diese Überlegungen sind in Abb. 25.1 in Form einer Matrix dargestellt und werden in den folgenden Unterkapiteln erläutert. Zur Unterstützung der Lesbarkeit sind in Tab. 25.1 die Zelleninhalte der Matrix kurz beschrieben.

Abb. 25.1
figure 1

Matrix der Lademöglichkeiten

Tab. 25.1 Legende der Lademöglichkeitenmatrix

Es ist wichtig herauszustellen, dass die Matrix ein grundlegendes Konzept abbildet. In der Realität existieren neben den vorgestellten Kombinationen durchaus weitere Möglichkeiten. So kann das Laden am Arbeitsplatz nur für diejenigen Fahrzeuge relevant sein, die auch tatsächlich für Fahrten zur Arbeit genutzt werden. Generell gilt, dass die tatsächliche Nutzung der öffentlichen Ladeoptionen von den individuellen Verfügbarkeiten für das entsprechende Fahrzeug abhängig ist. Ist am Start- oder Zielort einer Fahrt keine Lademöglichkeit vorhanden, steht diese Option für dieses Fahrzeug nicht zur Verfügung.

2.1 Ladepunkte und Ladestandorttypen

Die Vielzahl möglicher Ladeorte mit unterschiedlichen Lademöglichkeiten lässt sich, gemäß ihrer Zugänglichkeit, in verschiedene Ladestandorttypen differenzieren. Die potenziellen Standorte lassen sich in private und öffentliche Ladeinfrastruktur unterteilen. Basierend auf Wegezweck und durchschnittlicher Aufenthaltsdauer ermöglichen Wohnort, Arbeitsort und weitere (dritte) Orte eine weitere Differenzierung. Außerdem kann die mögliche Ladeleistung ein wichtiges Entscheidungskriterium darstellen, so dass Schnellladeinfrastruktur gesondert zu betrachten ist. In Kombination aus Zugänglichkeit und Ort sowie der Ladeleistung ergeben sich folgende Ladestandorttypen (Tab. 25.2):

Tab. 25.2 Ladestandorte differenziert nach Zugänglichkeit und Ortszweck

Private Ladeinfrastruktur

Laden auf dem Privatgrundstück zu Hause

Der private Ladepunkt an privaten Stellplätzen steht nur einem eingeschränkten Personenkreis zur Verfügung. Die Lademöglichkeit wird lediglich durch die Fahrzeuge eines einzelnen Haushalts genutzt. Es ist davon auszugehen, dass solche privaten Ladepunkte den zugehörigen Fahrzeugen meistens zur Verfügung stehen, wenn sie benötigt werden. Inwiefern bei Mehrfamilienhäusern alle Hausbewohnenden über eine eigene Lademöglichkeit für ihre Fahrzeuge verfügen oder ob sich Konzepte mit geteilter Ladeinfrastruktur entwickeln werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss.

Laden am Arbeitsplatz

Steht den Fahrzeugen eine zugewiesene Lademöglichkeit auf dem Betriebsgelände am Arbeitsplatz zur Verfügung, kann sie mit relativ hoher Sicherheit regelmäßig genutzt werden. Bei Ladepunkten, die grundsätzlich von allen Beschäftigten genutzt werden können, ist es möglich, dass nicht zu jeder Zeit über die entsprechende Lademöglichkeit verfügt werden kann. Durch Koordination oder Vorgaben, beispielsweise ein Umparken nach Abschluss des Ladevorgangs, lassen sich Engpässe und Konflikte minimieren. Ob die Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz genutzt wird, ist von Kriterien wie Kosten, Nutzungsbedingungen und Verfügbarkeit abhängig.Footnote 9

Private Lademöglichkeiten an weiteren Orten

Auch abseits des Wohngrundstücks und des Betriebsgeländes lässt sich private Ladeinfrastruktur vorfinden, die weiteren fest definierten Gruppen zur Verfügung steht. Beispielsweise ist es möglich, dass ein Hotel seinen Übernachtungsgästen Ladeoptionen anbietet. Neben privaten Lademöglichkeiten mit relativ vielen ladeberechtigten Fahrzeugen sind Ladepunkte zu nennen, die im Normalfall nur den zugehörigen Fahrzeugen zur Verfügung stehen und je nach Situation von weiteren Fahrzeugen genutzt werden können. Eine solche weitere Option wäre etwa der private Ladepunkt während des Besuchs von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten: Die Gastgebenden könnten ihren vorhandenen Ladepunkt bei Bedarf den Besuchenden bereitstellen.

Öffentliche und öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur

Ergänzend zu privater Ladeinfrastruktur gibt es öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur. Aufgrund der Zugänglichkeit für alle ist die theoretische Konkurrenz besonders groß. Öffentliche und öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur ist unterteilt in folgende Varianten.

  1. 1.

    Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum

Die Ladeinfrastruktur wird im öffentlichen Straßenraum aufgebaut und kann prinzipiell rund um die Uhr genutzt werden. An welchen Orten öffentliche Ladeinfrastruktur errichtet wird, ist wesentlich auch von der Strategie der jeweils zuständigen Stadt oder Gemeinde abhängig.

  1. 2.

    Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur auf privaten Flächen

Die Ladeinfrastruktur wird auf privaten Flächen errichtet. Infolgedessen kann die Zugänglichkeit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften eingeschränkt sein.

Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur kann an Orten mit verschiedenen Nutzungsstrukturen installiert werden. Häufig wird die Errichtung in der Nähe von „Points of Interest“ vorgeschlagen.Footnote 10,Footnote 11 Eine weitere Möglichkeit ist der Aufbau von Ladeinfrastruktur in Wohngebieten. Je nach Umgebung und Lage des Wohngebiets ist sie vor allem auf die Bedürfnisse der Anwohnenden ausgerichtet. Vorrangig werden Ladepunkte dort benötigt und umgesetzt, wo sich der Ladevorgang mit dem eigentlichen Wegezweck kombinieren lässt – das bedeutet: Die Fahrzeuge können an Zielen von Wegen und damit an den Stellen geladen werden, wo sie ohnehin geparkt werden. Zusätzlich werden Lademöglichkeiten entlang von Achsen benötigt – wo sie vor allem als Schnellladeinfrastruktur umzusetzen sind.Footnote 12

Die öffentliche Ladeinfrastruktur ist der am wenigsten genutzte Standorttyp.Footnote 13 Öffentliche Ladeinfrastruktur ist dennoch ein elementarer Bestandteil im Gesamtsystem: Sie ist wichtig, um Personen zum Kauf von Elektrofahrzeugen zu ermutigen und um eine Grund- beziehungsweise Notfallversorgung sicherzustellen.

2.2 Einteilung der Fahrzeuge in Ladebedarfsgruppen

Elektrofahrzeuge können hinsichtlich der ihnen bereitstehenden Lademöglichkeiten in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Zentrale Unterscheidungskriterien der einzelnen Gruppen sind die diversen Verfügbarkeiten privater Ladeinfrastruktur am Wohn- und Arbeitsort. Elektrofahrzeuge können danach gruppiert werden, welche Abstellmöglichkeiten ihnen zu Hause oder am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen, und ob dort jeweils eine Lademöglichkeit vorhanden ist (siehe hierzu die Zeilen der entsprechenden Matrix).

Fahrzeuge mit privater Ladeinfrastruktur

In einer besonders komfortablen Situation sind Fahrzeuge, die über private Lademöglichkeiten am Wohnort, am Arbeitsort und gegebenenfalls an weiteren Orten verfügen. Ein Laden des Fahrzeugs ist in diesen Fällen gemäß den Präferenzen der Nutzenden möglich. Ein Zurückgreifen auf öffentliche Ladeinfrastruktur kann notwendig werden, wenn die Reichweite überschritten wird. Besteht nur am Arbeitsplatz die Möglichkeit zur Nutzung privater Ladeinfrastruktur, müssen Nutzende Abstriche hinsichtlich der präferierten Ladeinfrastruktur machen. Bezüglich privater Lademöglichkeiten an weiteren Orten ist anzunehmen, dass sie nicht regelmäßig, sondern nur gelegentlich zur Verfügung stehen.

Fahrzeuge ohne private Ladeinfrastruktur

Die Fahrzeuge ohne Zugang zu privater Ladeinfrastruktur sind in folgende Untergruppen zu differenzieren.

  1. 1.

    Fahrzeuge ohne private Ladeinfrastruktur, aber mit privatem Stellplatz am Wohn-/Arbeitsort

  2. 2.

    Fahrzeuge ohne private Ladeinfrastruktur und ohne privaten Stellplatz am Wohn-/Arbeitsort

In der ersten Untergruppe verfügen die Fahrzeuge über einen privaten Stellplatz, der allerdings nicht mit Ladeinfrastruktur ausgestattet ist. Der Ladebedarf kann nicht durch private Ladeinfrastruktur zu Hause oder am Arbeitsplatz gedeckt werden. Das Laden wäre nur bei einer Abkehr von der privaten Abstellmöglichkeit zugunsten öffentlicher Abstellmöglichkeiten in der Umgebung möglich. Für diese Gruppe ist öffentliches Laden an dritten Aktivitätsorten eine der primären Lademöglichkeiten. Solche Aktivitäten sind etwa Freizeit, Einkaufen oder private Erledigungen. Wird das Fahrzeug am Arbeitsort nicht auf privaten Flächen des Unternehmens abgestellt, ergibt sich an diesem Ort ebenfalls eine Möglichkeit des öffentlichen Ladens.

In der zweiten Untergruppe verfügt das Fahrzeug über keinen privaten Stellplatz. Das Fahrzeug wird nach Beendigung der Fahrt am Wohnort im öffentlichen Straßenraum abgestellt. Die Nutzung öffentlicher Ladeinfrastruktur am Wohnort oder während einer Aktivität unterscheidet sich vor allem in Bezug auf die Aufenthaltsdauer. Eine erwartbare lange Parkdauer am Wohnort kann relativ viel Energieaufnahme auch bei geringer Ladeleistung gewährleisten. Gleiches gilt für öffentliches Laden am Arbeitsort. Diese Gruppe kann in der Umgebung ihres Wohnorts mit Hilfe von öffentlicher Infrastruktur laden, sofern sie vorhanden ist. Allerdings ist die Verfügbarkeit öffentlicher Ladeinfrastruktur nicht immer sichergestellt, so dass die Attraktivität dieser Lademöglichkeit weitaus geringer ist als bei privater Ladeinfrastruktur am Wohnort.

Da in beiden Gruppen die Sicherheit einer Lademöglichkeit am Wohn- oder Arbeitsplatz fehlt, müssen im Alltag zwingend öffentliche Lademöglichkeiten genutzt werden. Das Ladeverhalten kann sehr unterschiedlich ausfallen und wird sich zwischen folgenden extremen Optionen bewegen:

  • Bei jeder Gelegenheit laden, auch wenn der Batteriestatus dies nicht erfordert

  • Schnellladeinfrastruktur nutzen, um ähnlich wie beim Tanken nur dann zu laden, wenn es notwendig und die Batterie fast leer ist

2.3 Verflechtung von Ladestandorttypen und Ladebedarfsgruppen

Insgesamt sind deutlich mehr Fahrzeuge den Gruppen mit Zugang zu privater Ladeinfrastruktur zuzuordnen. Ein Großteil aktueller Elektrofahrzeuge wird regelmäßig mit privater Ladeinfrastruktur geladen. Gemäß einer Befragung norwegischer E-Auto-Besitzenden laden nur etwa 6 % nie an privater Ladeinfrastruktur am Wohnort. Im Kontrast dazu finden nur geringe Anteile der Ladevorgänge an öffentlicher Ladeinfrastruktur statt.Footnote 14

Welcher Anteil der Fahrzeuge über private Stellplätze als Voraussetzung für private Ladeinfrastruktur verfügt, ist stark von Raumtyp und Wohnumgebung abhängig. Während in ländlichen Regionen nahezu alle Fahrzeuge über einen privaten Stellplatz verfügen, liegt der Anteil in Metropolen bei nur 50 %.Footnote 15 Insbesondere in Gebieten mit einer hohen Bevölkerungsdichte und damit einhergehend einem hohen Anteil von Mehrfamilienhäusern ist die Anzahl der Möglichkeiten zur Installation privater Ladeinfrastruktur begrenzt oder mit zusätzlichen Herausforderungen verbunden.Footnote 16

Errichtung oder Abbau von Ladeinfrastruktur sorgen dafür, dass sich die Anteile der Lademöglichkeiten zwischen bestimmten Orten verschieben. Wird beispielsweise private Ladeinfrastruktur installiert, verschiebt sich die Gruppenzugehörigkeit. Infolge der Präferenz für private Ladeinfrastruktur reduziert sich der öffentliche Ladebedarf dann deutlich. Inwiefern eine Verschiebung von Fahrzeugen in die Gruppe mit privater Ladeinfrastruktur stattfindet, ist abhängig von den Möglichkeiten, private Ladeinfrastruktur zu errichten. In einigen Fällen ist der Aufbau einer privaten Ladeinfrastruktur nur unter Inkaufnahme hoher Hürden und Kosten möglich. In anderen Fällen wäre der Aufbau möglich, wurde aber bisher nicht vorgenommen. Derzeit verfügen überdurchschnittlich viele private Elektrofahrzeuge über einen eigenen Stellplatz.Footnote 17 Nähert sich dieser Wert dem Durchschnitt aller Fahrzeuge an, wird es mehr von ihnen geben, die über keine Möglichkeit des privaten Ladens am Wohnort verfügen.

Die Verteilung der Ladevorgänge auf die verschiedenen Standorte kann durch externe Anreize verändert werden. Ein solcher Anreiz ist beispielsweise kostenloses Laden. Wird ein solches Angebot durch den Arbeitgeber oder an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur unterbreitet, können sich die Präferenzen hinsichtlich der Ladestandorte ändern. Im Extremfall wird die eigene private Ladeinfrastruktur nur noch als Notreserve verwendet. Der anfallende Ladebedarf wird vorrangig über die Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz oder durch öffentliche Ladeinfrastruktur gedeckt. Dies kann dazu führen, dass sich das Ladeverhalten insofern ändert, dass an verschiedenen Orten nicht bei Bedarf, sondern bei Gelegenheit geladen wird. Als Folge dieser zusätzlichen Ladevorgänge können alle Ladepunkte eines Standorts vermehrt belegt sein und so nicht mehr für diejenigen Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die laden müssen.Footnote 18

2.4 Schnellladebedarf in den verschiedenen Gruppen

Der bei der Nutzung von Elektrofahrzeugen anfallende Ladebedarf kann auf weitere Arten kategorisiert werden. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist der Zeitpunkt des Ladevorgangs im Kontext des zurückgelegten Weges. Zum einen kann das Elektrofahrzeug auf einer Strecke zwischengeladen werden, wie dies bei der Nutzung von Verbrennerfahrzeugen üblich ist (im Weiteren „Transit Charging“ genannt). Zum anderen besteht die Möglichkeit, am Zielort zu laden (im Folgenden „Destination Charging“ genannt). Beim „Transit Charging“ ist davon auszugehen, dass das Elektrofahrzeug zwischengeladen wird, wenn entweder die Reichweite für den angestrebten Weg nicht genügt oder ein geplanter Zwischenstopp eingelegt wird.

In Abgrenzung zur Nutzung der Normalladeinfrastruktur ergeben sich auf diese Weise für die Schnellladeinfrastruktur weitere Einsatzfelder. Bei einem Zwischenstopp wird eine hohe Ladeleistung nachgefragt, da eine hohe Energiemenge in möglichst geringer Aufenthaltszeit übertragen werden soll. Mit einer deutlich höheren Ladeleistung lässt sich die Ladedauer entscheidend reduzieren. Der Ladevorgang ähnelt eher einem klassischen Tankvorgang, wenn auch mit einem etwas höheren Zeitbedarf. Tendenziell erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, auf Schnellladeinfrastruktur zurückzugreifen oder zumindest zurückgreifen zu wollen, mit zunehmender Länge einer Fahrt.Footnote 19 Neben dem „Transit Charging“ sind eine bewusste Ladefahrt oder das Laden am geplanten Zielort weitere Anwendungsfälle. Sollte private Ladeinfrastruktur zugänglich sein, ist die Option des Schnellladens aufgrund der höheren Ladekosten wenig attraktiv.Footnote 20

3 Räumlich-zeitliche Struktur von Ladebedarfen

Auf der Basis der heutigen räumlichen und zeitlichen Nutzungsmuster von Fahrzeugen lässt sich der Ladebedarf bei einer vollständigen Umstellung auf die Elektromobilität abschätzen. Die Frage lautet dabei: Wie viel Energie müsste wann und wo von den Elektrofahrzeugen geladen werden, damit die Nutzungsmuster verwirklicht werden können? Zur Quantifizierung des Ladebedarfs an bestimmten Orten und Zeiten sind für die Fälle „Transit Charging“ und „Destination Charging“ zwei unterschiedliche Fragen zu beantworten. Im Fall des „Transit Charging“ ist zu klären: Wann befinden sich Fahrzeuge wo und wie lange sind sie unterwegs? Für das „Destination Charging“ ist zu ergründen: Wann sind Fahrzeuge wo und wie lange abgestellt?

Der Ladebedarf beim „Transit Charging“ fällt vor allem auf und in der Nähe von Strecken mit überregionaler Verbindungsbedeutung an – etwa auf Bundesautobahnen oder Bundesstraßen. Dabei kann das Verkehrsaufkommen und daraus folgend der Ladebedarf auf einzelnen Streckenabschnitten im Jahresverlauf stark variieren. Insbesondere Ferien und Nichtferienzeiten unterscheiden sich je nach Streckenabschnitt deutlich.Footnote 21 Auf Abschnitten mit hohem Verkehrsaufkommen während der Ferienzeiten ist stellenweise mit einem hohen Ladebedarf zu rechnen.

Im Bereich des „Transit Charging“ ist zur Abschätzung des Ladebedarfs darauf zu achten, dass nicht jedes Fahrzeug, das sich auf einem Streckenabschnitt befindet, zu diesem Zeitpunkt auch Ladebedarf hat. So fällt der Ladebedarf beispielsweise erst am Ziel an, wenn die komplette Strecke ohne Zwischenladung des Fahrzeugs zurückgelegt werden kann. Aus diesem Grund sind Aussagen zum Ladebedarf auf Streckenabschnitten im Wochen- und Tagesverlauf standortscharf nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Verkehrsrelationen möglich.

Beim „Destination Charging“ fällt der Ladebedarf an Aktivitätsorten an. Das können der Wohnort, die Arbeitsstelle oder dritte Orte sein. Im Vergleich zum Ladebedarf beim „Transit Charging“ variiert der Ladebedarf für die meisten Standorte dieser Art im Normalfall wenig zwischen den Jahreszeiten. An Orten saisonaler Aktivitäten – zum Beispiel an Freibädern oder Skipisten – kann es jedoch auch zu ausgeprägten jahreszeitlichen Effekten kommen.

Wenn Fahrzeuge am Wohnort abgestellt werden, entsteht dort der Ladebedarf. Dieser kann sowohl im privaten als auch im öffentlichen Raum anfallen – je nachdem, wo das Fahrzeug abgestellt wird. Zu verorten ist diese Art des Ladebedarfs vermehrt in Wohn- und Mischgebieten. Der Wohnort wird zumeist nachmittags bis abends erreicht und die Fahrzeuge können in der Nacht geladen werden.Footnote 22 Aufgrund der langen Aufenthaltszeit wird am Wohnort keine hohe Ladeleistung nachgefragt.

Ein weiterer Ort mit langer Aufenthaltszeit ist der Arbeitsort. Der arbeitsorttypische Ladebedarf tritt vermehrt in Mischgebieten sowie auf gewerblichen Arealen und auf Sonderbauflächen von montags bis freitags auf. In dieser Zeit erreichen fast 80 % der Fahrzeuge den jeweiligen Arbeitsort zwischen 5 und 10 Uhr (vgl. Abb. 25.2). Somit fällt auch der Großteil des Ladebedarfs ab diesem Zeitraum an. Die durchschnittliche Aufenthaltszeit am Arbeitsort ist relativ lang.Footnote 23 Daraus folgt meist die Nachfrage geringer Ladeleistung. Bei langen Fahrstrecken kann zum Teil dennoch eine hohe Ladeleistung notwendig sein, um den Ladebedarf zu decken.

Abb. 25.2
figure 2

Ankunftsverteilung der Fahrzeuge am Arbeitsplatz. (Vgl. Nobis und Kuhnimhof 2018) (eigene Darstellung)

Zusätzlich zum Wohn- und Arbeitsort entsteht Ladebedarf an dritten Orten. Dazu zählen beispielsweise Stätten mit Kunden- oder Besucherverkehr sowie anderweitige Gebiete, in denen Fahrzeuge – etwa zum Besuch von Bekannten – abgestellt werden. Der Ladebedarf von Elektrofahrzeugen an diesen Orten variiert im Wochen- sowie im Tagesverlauf. Im Rahmen dieses Kapitels werden lediglich die drei Wegezwecke „Einkauf“, „private Erledigung“ und „Freizeit“ näher betrachtet.

Während die drei Wegezwecke werktags etwa gleich häufig zu beobachten sind, unterscheidet sich der Anteil der zurückgelegten Wege am Wochenende. Samstags ist der Anteil der Wege zum Zweck „Einkaufen“ und „Freizeit“ höher. Da der Einkauf sonntags lediglich in Ausnahmefällen möglich ist, sinkt der Ladebedarf von Elektrofahrzeugen an diesen Orten erheblich. Im Gegensatz dazu werden sonntags die meisten Freizeitwege zurückgelegt. Der Anteil der Wege zum Zweck „private Erledigung“ ist im Wochenverlauf nahezu konstant.

Ladebedarfe an Einkaufseinrichtungen treten montags bis freitags von etwa 9:30 bis 19 Uhr auf, wobei sie morgens häufiger zu beobachten sind (vgl. Abb. 25.3). Die Aufenthaltsdauer im Einkaufsverkehr liegt meist zwischen 30 und 75 min.

Abb. 25.3
figure 3

Ankunftsverteilung der Fahrzeuge am Einkaufsort. (Vgl. Nobis und Kuhnimhof 2018) (eigene Darstellung)

Der zeitliche Verlauf der Ankünfte an Orten privater Erledigungen entspricht montags bis samstags in etwa demjenigen des Einkaufsverkehrs. Der Unterschied zwischen den beiden Ladebedarfen besteht in der längeren Aufenthaltszeit an Orten der privaten Erledigung. Während 75 % aller Fahrzeuge montags bis freitags weniger als 75 min während des Einkaufens abgestellt werden, liegt dieser Grenzwert für die privaten Erledigungen bei 120 min. An Sonntagen ist die Ankunftsverteilung zum Wegezweck privater Erledigungen zwischen 9 und 19 Uhr gleich verteilt. Neben der Ankunftszeit variiert auch die Aufenthaltszeit der Fahrzeuge beträchtlich.Footnote 24

Im Hinblick auf den Ladebedarf an Zielorten von Freizeitwegen ergeben sich Unterschiede zwischen Werktagen, Samstag und Sonntag. Montags bis freitags ist die Ankunftshäufigkeit vor allem in den Abendstunden besonders hoch: Die mittlere Aufenthaltszeit liegt dort bei etwa zwei Stunden. Am Wochenende sind die Aufenthaltszeiten insgesamt länger: Sie liegen sonntags im Mittel bei zweieinhalb Stunden und samstags sogar darüber. Mit Blick auf die Ankunftszeiten beim Weg zu Freizeitaktivitäten gilt: Samstags erreichen die Fahrzeuge ihr Ziel zwischen 9 und 19 Uhr zeitlich relativ gleichmäßig verteilt. Sonntags liegt der Hauptzeitraum der Ankünfte am frühen Nachmittag.Footnote 25

4 Ladeleistung

Damit die Lade- und Netzinfrastruktur die Ladeleistung und -energie für eine große Zahl elektrischer Fahrzeuge bereitstellen kann, werden Prognosen bezüglich des zeitlichen und örtlichen Ladeleistungsbedarfs sämtlicher Fahrzeuge benötigt. Der jährliche Energiebedarf eines Fahrzeuges kann mittels der durchschnittlichen Jahreskilometer und des spezifischen Energieverbrauchs abgeschätzt werden. Für die Bereitstellung und Übertragung elektrischer Leistung für Ladevorgänge muss der Bedarf jedoch zeitlich und örtlich aufgelöst sein. Studien und Forschungsarbeiten nutzen üblicherweise eine 15- oder 60-minütige Auflösung. Die Anforderungen an die örtliche Auflösung sind dabei vom Betrachtungsbereich abhängig. Für eine deutschlandweite Betrachtung kann der aggregierte Bedarf von Millionen von Fahrzeugen ausreichend sein. Soll jedoch der Einfluss von Elektromobilität auf die einzelnen Verteilnetze untersucht werden, sind häufig Leistungsprofile auf Fahrzeug- oder Ladepunktebene notwendig. Um den zukünftigen elektrischen Leistungsbedarf der Elektromobilität zu bestimmen, können Prognosemodelle genutzt werden. Im Folgenden wird erläutert, welche Aspekte in einer solchen Prognose prinzipiell berücksichtigt werden.

4.1 Prognose von Ladevorgängen

Für die Bestimmung der zusätzlichen Netzbelastung durch Elektrofahrzeuge sind im Wesentlichen die Ladeleistung sowie die Anfangs- und Endzeit eines jeden Ladevorgangs von Bedeutung. Soll darüber hinaus die elektrische Flexibilität eines Fahrzeuges – beispielsweise für intelligente Netzintegration (siehe Abshcn. 27.4) – berücksichtigt werden, erweitern sich die Anforderungen um den Ladezustand der Fahrzeuge, um Ankunfts- und Abfahrtszeiten sowie um Informationen über die nächsten zu fahrenden Wegstrecken. Mit Hilfe dieser Informationen können dann Aussagen bezüglich des Lastmanagement-Potenzials getroffen werden. Bei der Prognose von Ladevorgängen existieren mehrere Ansätze. Eine Möglichkeit ist die Messung und Extrapolation realer Fahr- oder Ladeprofile. Dabei wird davon ausgegangen, dass das heutige Verhalten der (Elektro-)Fahrzeuglenkenden im Wesentlichen mit dem künftigen übereinstimmt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, aus dem heutigen Fahrverhalten Realdaten abzuleiten und das zukünftige Ladeverhalten darauf basierend mit Hilfe von Simulationsmodellen zu bestimmen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass Annahmen über künftige Bedingungen in die Verhaltensmodellierung aufgenommen werden können. Dies kann etwa mittels künstlicher Intelligenz oder einer probabilistischen Simulation auf Grundlage von Wahrscheinlichkeitsverteilungen erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass verschiedene Gegebenheiten, von denen einige im Folgenden erläutert werden, einen Einfluss auf die Muster der Nutzung von Fahrzeugen und damit auf den Zeitpunkt und die Art eines Ladevorgangs haben. Ladevorgänge sind vor allem eine Folge der jeweiligen Fahrprofile, des damit verbundenen Energieverbrauchs und der individuellen Ladeentscheidung der Fahrer. Der Energieverbrauch setzt sich aus dem spezifischen Energieverbrauch und der gefahrenen Wegstrecke zusammen. Darüber hinaus ist die Geschwindigkeit des Fahrzeugs maßgeblich, da der Wirkungsgrad des Motors und der Windwiderstand geschwindigkeitsabhängig sind. Bei Angaben zum Verbrauch eines Fahrzeugs wird jedoch stets die benötigte Energie pro 100 km angegeben. Diese basiert auf Labormessungen, bei denen ein Fahrzeug einen bestimmten Fahrzyklus abfährt. Diese Messungen vernachlässigen normalerweise den Verbrauch von elektrischen Nebenverbrauchern wie Klimaanlage, Scheibenwischer oder Licht. In Held et al. (2016)Footnote 26 wurde daher gemessen, wie sich der Energieverbrauch eines Elektrofahrzeugs in Abhängigkeit von der Außentemperatur verändert. Das Ergebnis der Messung ist in Abb. 25.4 dargestellt.

Abb. 25.4
figure 4

Relativer Energieverbrauch elektrischer Fahrzeuge in Abhängigkeit von der Außentemperatur. (Vgl. Held et al. 2016)

Die Batteriegröße eines Fahrzeugs hat in Verbindung mit der Wegstrecke und dem Energieverbrauch einen Einfluss darauf, ob und wie oft ein Zwischenladevorgang unbedingt notwendig ist und wie lange ein Ladevorgang letztlich dauert. Je größer die Batteriekapazität eines Fahrzeugs ist, desto höher liegen meistens auch die maximale Ladeleistung und die Reichweite, so dass die Flexibilität bei der Planung eines Ladevorgangs größer ist. Insbesondere bei öffentlicher Ladeinfrastruktur ist zu beachten, dass verschiedene Stecker-Standards existieren und somit nicht alle Fahrzeuge und Ladesäulen kompatibel sind. Die maximale Ladeleistung ergibt sich aus dem Minimum der maximalen Ladeleistungen von Ladeinfrastruktur und Fahrzeug. Zuletzt hat das individuelle Ladeverhalten der Fahrzeugfahrer einen starken Einfluss darauf, ob ein Ladevorgang begonnen wird. Dabei lässt sich zwischen technisch notwendigen und nicht notwendigen Ladevorgängen unterscheiden. Technisch notwendige Ladevorgänge kommen dann zustande, wenn die Wegstrecke bis zur nächsten Lademöglichkeit mit dem aktuellen Ladezustand nicht mehr gefahren werden kann und deshalb geladen werden muss. In jedem anderen Fall ist die Entscheidung darüber, ob ein Ladevorgang begonnen werden soll, von verschiedenen Faktoren abhängig – beispielsweise vom Ladezustand, von der Aufenthaltsdauer, vom Wochentag oder von der Tageszeit. Zwei Einflüsse auf das Ladeverhalten sind in Abb. 25.5 dargestellt. Die linke Grafik zeigt den durchschnittlichen Ladezustand bei Beginn eines Ladevorgangs an. Es ist zu erkennen, dass ein Großteil der Fahrenden schon bei hohen Ladezuständen einen Ladevorgang beginnt und ein Fahrzeug nur selten mit nahezu leerer Batterie eine Ladesäule ansteuert. Das rechte Diagramm zeigt, ab welcher Parkdauer sich Fahrende laut einer Umfrage für einen Ladevorgang entscheiden würden. Erst ab einer Parkdauer von mehr als einer Stunde würden mehr als 50 % der Fahrenden versuchen, ihr Auto aufzuladen.

Abb. 25.5
figure 5

Ladezustand bei Beginn eines Ladevorgangs (Vgl. Stephan Krug et al. 2018) und kritische Parkdauer, ab der sich ein Ladevorgang für Fahrende lohnt. (Vgl. Katharina Papendick et al. 2011)

4.2 Exemplarische Fahr- und Ladeprofile

Im Folgenden soll exemplarisch ein Prognoseergebnis von Fahr- und Ladeprofilen elektrischer Fahrzeuge dargestellt werden. Das Fahrverhalten wird hier anhand realer Tagesfahrprofile von Verbrennerfahrzeugen abgeschätzt. In Abb. 25.6 sind Daten zum Aufenthaltsort von 5000 Fahrzeugen gezeigt.

Abb. 25.6
figure 6

Aufenthaltsort von 5000 Fahrzeugen im Wochenverlauf. (Vgl. Vertgewall et al. 2021)

Es wird deutlich, dass nahezu alle Fahrzeuge nachts daheim geparkt werden. Morgens verlassen viele Fahrzeuge das Zuhause und fahren zur Arbeit. Die Orte „Einkauf“ und „Freizeit“ haben vor allem am Wochenende eine größere Bedeutung. Außerdem wird am Wochenende deutlich seltener gefahren. Die Ladevorgänge – und damit die Ladeleistung – sind ein Resultat aus Fahrprofil sowie individuellem Ladeverhalten und sind in Abb. 25.7 dargestellt.

Abb. 25.7
figure 7

Leistungsprofile von ungeregelten Ladevorgängen 5000 elektrischer Fahrzeuge im Wochenverlauf. (Vgl. Vertgewall et al. 2021)

Es ist zu erkennen, dass vor allem dann Ladeleistung benötigt wird, wenn Autos an einem Ort ankommen. Deshalb resultieren Leistungsspitzen morgens bei der Arbeit und früh abends zu Hause. Die Anzahl öffentlicher Ladevorgänge ist relativ gering, da die Fahrenden ein kostengünstigeres und häufig angenehmeres Aufladen bei der Arbeit und vor allem zu Hause bevorzugen. Darüber hinaus ist das Laden mit geringer bis mittlerer Leistung batterieschonend. Die Ergebnisse solcher Prognosen lassen sich für Netzstudien zum zeitlichen und örtlichen Ladeenergiebedarf und zur Vorhersage künftiger Belastung von Stromnetzen nutzen.