1 Einleitung

Erstmals in der Geschichte sind nur Digitalkonzerne unter den Top 6 der wertvollsten Unternehmen der Welt. Apple, Amazon, Alphabet, Microsoft, Facebook und Alibaba kommen dabei zusammen auf eine Marktkapitalisierung von circa 4273 Milliarden US-Dollar (EY GmbH 2018). Im Gegensatz zu traditionellen Industrieunternehmen bestimmt sich der größte Anteil des Unternehmens- bzw. Börsenwertes der Konzerne nicht durch physische Assets, sondern durch den Wert immaterieller Vermögensgegenstände wie zum Beispiel Daten, Informationen und informationstechnische Dienste.

Der Zugriff und die Nutzung von Daten sind zunehmend ein wettbewerbsentscheidender Schlüsselfaktor und begründen die Notwendigkeit zur digitalen Transformation etablierter Geschäftsmodelle und -prozesse innerhalb der produzierenden Industrie (Akred und Samani 2018). Allerdings bestehen derzeit im deutschen Mittelstand, in KMU beziehungsweise anlagen-, ressourcen- und kapitalintensiven Betrieben, große Hemmnisse für Investitionen in die digitale Transformation, gekennzeichnet vor allem durch einen Mangel an Budget, Vertrauen und Know-how zur Beurteilung von digitalen Technologien und Datenpotenzialen (STAUFEN AG 2017).

Die digitale Transformation erfordert jedoch auf allen Unternehmensebenen zusätzliche Investitionen in Sachkapital, Software sowie Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden. Hierzu existieren derzeit keine standardisierten, belastbaren Kennzahlen, die den wirtschaftlichen Erfolg von Investitionen in die digitale Transformation beziffern: Vorhandene und potenziell verfügbare Daten, die im Zuge der Investition in die digitale Transformation anfallen, werden nicht systematisch monetär bewertet und dem Management als Entscheidungshilfe zur Verfügung gestellt. Kaufmännische Bilanzkennzahlen gehören hingegen seit Jahrzehnten zum ökonomischen Bewertungsstandard.

Dagegen existieren keine standardisierten Kenngrößen und Bewertungssystematiken, die die monetäre Sichtbarkeit der Potenziale und Aufwände adressieren, die durch die intelligente ökonomische Verwertung von Daten im Sinne eigenständiger Wirtschaftsgüter entstehen (Siemens Financial Services 2018; STAUFEN AG 2017).

Die genannten Punkte werden im Rahmen des durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des Technologieprogramms Smarte Datenwirtschaft geförderten Forschungsprojekts Future Data Assets (2020) untersucht. Ziel des Projekts ist es, Datenbestände in Unternehmen bewertbar zu machen. Die Bewertung soll auf interner Seite als Entscheidungsgrundlage genutzt werden und auf externer Seite Informationen über unternehmerische Daten-Vermögenswerte für die Unternehmensberichterstattung liefern. Dieser Beitrag stellt dar, welche Chancen und Herausforderungen mit der Bewertung von Daten sowie der Abbildung monetärer Datenwerte verbunden sind und geht auf mögliche Lösungsansätze zur Bewertung von Datenbeständen ein.

Zunächst wird im Rahmen der Grundlagen der Begriff „Daten“ abgegrenzt und deren wirtschaftlichen Eigenschaften hervorgehoben. Des Weiteren wird ein Ansatz zur Charakterisierung von Daten definiert, der es Unternehmen ermöglichen soll, ihre heterogenen Datenbestände vergleichbarer zu machen. Bestehende Ansätze zur Wertermittlung von immateriellen Vermögensgegenständen aus dem Kontext der Rechnungslegung und verwandten Bereichen werden anschließend vorgestellt, um eine Ausgangssituation für die Entwicklung von Bewertungsmethoden für Daten zu schaffen. Anschließend werden Chancen und Herausforderungen aus Forschungs-, Rechnungslegungs- sowie Anwendungssicht abgeleitet. Darauf aufbauend werden Lösungsansätze beschrieben, die eine Bewertung von Daten, sowie die potenzielle Integration von Daten in Konzernabschlüsse ermöglichen sollen. Dies würde eine umfassendere Abbildung und eine bessere Vergleichbarkeit von Unternehmensvermögenswerten ermöglichen. Der Beitrag endet mit einer Zusammenfassung sowie einem Ausblick.

2 Grundlagen

2.1 Begriffsdefinition und wirtschaftliche Eigenschaften

Daten sind Fakten, Signale oder Symbole, die objektiv oder subjektiv sein können, zwar einen Wert aber nicht unbedingt eine spezielle Bedeutung haben (Cao 2018). Im Alltagsgebrauch werden die Begriffe „Daten“, „Information“ und „Wissen“ oftmals synonym verwendet. In der Literatur existiert hingegen eine Trennung der Begrifflichkeiten, die in Abb. 6.1 visualisiert wird.

  • Daten werden demnach aus Zeichen eines Zeichenvorrats nach definierten Syntaxregeln zu einer Zeichenfolge gebildet (Bodendorf 2006), welche erkennbare Unterschiede physikalischer Zustände, die der realen Welt entstammen, beschreiben und so materielle und immaterielle Eigenschaften dieser Zustände widerspiegeln (Boisot und Canals 2004).

  • Die Aufbereitung zur Information erfolgt, wenn Daten eine Bedeutung (Semantik) zugeordnet wird, sie also kontextualisiert werden (siehe Abb. 6.1).

  • Wissen entsteht aus der Verknüpfung von Information und der Ergänzung einer Bedeutung (Bodendorf 2006). Dieses Wissen kann genutzt werden, um Wettbewerbsvorteile am Markt zu erzielen. Daten sind in diesem Zusammenhang also als Rohstoff von Wissen, oder „Insights“ zu sehen, der es Unternehmen ermöglicht effizienter als die Konkurrenz zu agieren.

Daten können als immaterielle Produkte angesehen werden. Analog zu materiellen Rohmaterialen, die in Herstellprozessen zu physischen Produkten verarbeitet werden, werden auch (Roh-)Daten durch Aufbereitung und Weiterverarbeitung in Informationssystemen zu Informationsprodukten aufgewertet (Wang 1998 s. auch Abschn. 4.2).

Abb. 6.1
figure 1

Konzepthierarchie: Zeichen, Daten, Information und Wissen, angereichert mit Syntax, Semantik und Pragmatik (Eigene Darstellung nach Bodendorf 2006)

In der ökonomischen Betrachtung von Daten und daraus abgeleiteter Information existieren also Parallelen zu materiellen Wirtschaftsgütern, jedoch dominieren die Unterschiede. Dazu wurden Grundsätze von Moody und Walsh (1999) aufgestellt, die die ökonomischen Eigenschaften von Daten zusammenfassen:

  1. 1.

    Information ist (unendlich) teilbar

  2. 2.

    Der Wert von Information nimmt bei Nutzung zu

  3. 3.

    Information ist vergänglich

  4. 4.

    Der Informationswert steigt mit zunehmender Genauigkeit

  5. 5.

    Der Wert von Information steigt bei Kombination mit anderer Information

  6. 6.

    Mehr Information ist nicht per se besser

  7. 7.

    Information ist nicht erschöpflich

Aus ökonomischer Perspektive ist es selbstverständlich, dass Daten nicht per se Mehrwert erzielen, sondern die zuvor genannten ökonomischen Eigenschaften nur dann wirken, wenn Daten als Rohstoff durch gezieltes Management und Weiterverarbeiten zu Information aufbereitet werden (Fadler und Legner 2019, S. 12). Dabei ist es essenziell die eigenen Datenbestände zu kennen, diese also charakterisieren zu können und ihnen ein Nutzungsziel, beziehungsweise den monetären Verwertungskontext zuzuordnen. Nachfolgendes Teilkapitel beschreibt Ansätze zur Charakterisierung von Daten, um diese im Zuge der Bewertung untereinander besser vergleichbar zu machen.

2.2 Charakterisierung von Daten

Aus logischer Sicht unterscheidet man die sogenannten Datenobjekte, Datensätze, Datentabellen beziehungsweise -dokumente, Datenbanken sowie den kompletten Datenbestand eines Unternehmens (Otto 2015). Dabei kann zwischen Eingabedaten (bereitgestellte Daten), Ausgabedaten (Ergebnisse eines Programms), Stammdaten (Grunddaten im Betrieb), Bewegungsdaten (zur Aktualisierung von Stammdaten verwendet), numerischen (Ziffern) und alphanumerischen Daten (Ziffern, Buchstaben, Sonderzeichen) unterschieden werden (Wohltmann et al. 2018).

Zudem unterscheidet man drei Strukturtypen von Daten: strukturierte, unstrukturierte, sowie semi-strukturierte Daten (vgl. Tab. 6.1).

Tab. 6.1 Überblick zu Strukturtypen von Daten

Nutzungsziele

Jegliche Datenarten aus unterschiedlichen Unternehmenseinheiten sollten einem Nutzungsziel unterliegen, welches ebenfalls als Möglichkeit zur Einteilung dient. Werden Daten lediglich nebenläufig, ohne konkretes Ziel, im Betrieb gesammelt, so können im Nachgang die Kosten für die Weiterverarbeitung und Speicherung den potenziellen Wertgewinn durch Daten übersteigen. Ist vor der Sammlung der Daten bekannt, wofür diese genutzt werden, zum Beispiel für Kundenanalysen, zur Produktnachverfolgung oder Preisanalysen (Alfaro et al. 2019), können früh entsprechende Strukturen geschaffen werden. Zu diesen Strukturen zählen Hardware und Software zur Sammlung, Speicherung und Verarbeitung von Daten. Häufig sind vorab Investitionen in diese Strukturen erforderlich, um den bestmöglichen Nutzen aus den Daten zu generieren.

Interne sowie externe Verwertung von Daten

Nach der Betrachtung der unterschiedlichen Einteilungsmöglichkeiten wird deutlich, dass Daten nicht nur intern gesammelt, sondern auch extern erworben und gemeinsam verwertet werden können. Mit der internen oder externen Verwertung durch Unternehmen ist die Monetarisierung der Daten gemeint. Monetarisierung von Daten bedeutet, dass ihr immaterieller Wert in reelle Werte transferiert wird, in der Regel durch den Verkauf der Daten (Najjar und Kettinger 2013). Jedoch sollte die Monetarisierung nicht mit dem Verkauf von Daten an Dritte gleichgesetzt werden, sondern mit Methoden, die genutzt werden, um Profite oder Kosteneinsparungen zu generieren (Laney 2017.). Wixom und Ross (2017) formulieren drei Konzepte zur Monetarisierung von Daten:

  1. (1)

    Verkauf von Informationslösungen

  2. (2)

    Verbesserung von Geschäftsprozessen

  3. (3)

    Ergänzung der Kernkompetenzen mit Analysen oder Erfahrungswerten

Insbesondere in der produzierenden Industrie führt dies zu disruptiven Geschäftsmodellen, die sich vom Produkt- hin zum Lösungsgeschäft bewegen. DMG Mori beispielsweise kann durch eine breite Maschinendatenerfassung umfangreiche nachgelagerte Services anbieten, die den gesamten Produktionsprozess von der Planung über die Fertigung bis hin zu Instandhaltung der Maschinen abdecken. Dies führt zu einer immensen Steigerung der Kundenbindung und sorgt langfristig für datengetriebene Umsatzsteigerungen. Die externe bzw. direkte Verwertung von Daten setzt in der Regel eine Interaktion mit externen Stakeholdern voraus. Im Rahmen der externen Verwertung ist der generierte Wert in der Regel als monetärer Rückfluss zu messen. Als primäre Verwertungsmöglichkeit ist hier der Tauschhandel oder Handel mit Rohdaten beziehungsweise mit bereits analysierten Daten und daraus resultierenden Informationen oder Datenprodukten zu nennen (Woerner und Wixom 2015; Laney 2017; Davenport und Kudyba 2016). Der Direktverkauf von Rohdaten über etablierte Datenbroker oder andere Drittanbieter (Laney 2017) vereinfacht den Verwertungsprozess für Unternehmen, da sie bestehende Handelsstrukturen nutzen können. Da die Daten hier jedoch teilweise über mehrere Knotenpunkte weitergeleitet werden, muss zudem die Frage der Datensicherheit betrachtet werden. Auch die Erweiterung und Verbesserung von Produkten oder Services durch gewonnene Daten und Informationen sind möglich (Woerner und Wixom 2015; Laney 2017). Hierbei können beispielsweise durch die Analyse von Kundendaten besondere Präferenzen einzelner Kunden extrahiert und in das Produktportfolio aufgenommen werden, wodurch auch personalisierte, beziehungsweise kundenindividuelle Produkte und Lösungen entworfen werden können. Die Entwicklung und das Anbieten von Daten- und Informationsabonnements, sowie der Verkauf von Datenanalysen als Teil einer Komplettlösung können ebenfalls Werte schaffen, als Beispiel aus der Praxis wurde dazu zuvor der Maschinenhersteller DMG Mori genannt. Die kostenfreie Bereitstellung von Daten (van den Broek und van Veenstra 2015; Kennedy und Moss 2015) kann ebenfalls als externe Verwertungsmöglichkeit angesehen werden. Die Bereitstellung von Open Data ermöglicht (1) die Stimulation von Innovationen (van den Broek und van Veenstra 2015) sowie (2) Transparenz, zum Beispiel über Unternehmensentscheidungen (Kennedy und Moss 2015). Hier wird allerdings kein direkter monetärer Wert geschaffen: Imagegewinn und damit zusammenhängende gestiegene Verkaufszahlen können folgen. Egal welche Möglichkeit für Sie und Ihr Unternehmen infrage kommt, bei der externen Verwertung muss besonders darauf geachtet werden, bis zu welchem Grad Daten integriert, analysiert und veröffentlicht werden und wie beziehungsweise von wem die Daten verbreitet werden, um die Verfügungshoheit über das immaterielle Vermögenswerte und daraus generiertem Wissen zu behalten (Laney 2017).

Die interne Verwertung von Daten kann auch als indirekte Verwertung bezeichnet werden. Hierbei werden Daten selten nach außen gegeben und beispielsweise verkauft. Auch sind keine direkten Rückflüsse messbar, die finanziellen Effekte der internen Datenverwertung wirken sich eher auf Kostenersparnisse durch Effizienzsteigerungen auf das Unternehmensergebnis aus. Daten werden in unternehmensinternen Strukturen überführt und nur dort verwendet, da größtenteils kein Austausch mit Dritten stattfindet. Daten können beispielsweise zur Entscheidungsfindung im Unternehmen herangezogen werden. Im Rahmen einer Studie fanden Forschende heraus, dass Unternehmen, die ihre Entscheidungen mithilfe datengetriebener Informationen fällen, eine fünf bis sechs Prozent höhere Produktivität erzielen können, als andere Unternehmen (Brynjolfsson et al. 2011). Hierbei handelt es sich oft um strategische oder investitionsbezogene Entscheidungen. Unternehmen können Daten nutzen, um bisher unbeantwortete Fragestellungen zu beantworten und somit ihre Geschäftsprozesse und -modelle zu verbessern oder gänzlich neue, innovative Geschäftsmodelle zu generieren. Durch das Sammeln von Daten können zudem neue Einblicke in ihre gesamten Unternehmensbereiche erhalten: Die Erfassung von Kundendaten erhöht beispielsweise das Verständnis für Kundenbedürfnisse und unterstützt die Entwicklung neuer Produkte und Wertversprechen (Woerner und Wixom 2015) bevor diese auf den Markt gelangen. Mit Hilfe von datenbasierten Informationen aus der Produktion können beispielsweise Fertigungsprozesse effizienter koordiniert, Lagerbestände minimiert und Energiekosten gesenkt werden. Weiterhin können Daten eingesetzt werden, um Partnerschaften mit anderen Unternehmen zu entwickeln oder zu stärken (Laney 2017). Die monetäre Bewertung von Daten im Rahmen der internen Verwertung gestaltet sich schwierig, da oft eine eindeutige Zurechnung von Kosten, zum Beispiel bei Maschinendaten nicht möglich ist. Somit können auch die Rückflüsse nicht genau kalkuliert werden (Sinsel 2020). Aus diesem Grund werden im Rahmen des Projekts Future Data Assets finanzielle Bewertungsmethoden untersucht und weiterentwickelt, die die monetäre Bewertung von Daten zur internen Verwertung ermöglichen, sodass Investitionsentscheidungen für die Erstellung und interne Verwertung von Daten besser getroffen werden können.

Erfassung der Datencharakteristika

Basierend auf den vorherigen Anforderungen werden folgende Aspekte zur Charakterisierung einzelner Datenbestände abgeleitet (vgl. Tab. 6.2):

Tab. 6.2 Charakterisierung von Datenbeständen in Unternehmen

Festzuhalten ist, dass sich die ökonomischen Eigenschaften von Daten stark von materiellen Wirtschaftsgütern unterscheiden. Daten dienen in unterschiedlichen Verwertungskontexten als Rohstoff, um Informationen und Wissen generieren zu können, womit sich Wettbewerbsvorteile erschließen lassen.

Wichtig dabei ist, die eigenen Ziele bei der Datennutzung zu definieren. Dies schafft ein grundlegendes Verständnis für realisierte Potenziale, beziehungswiese nicht realisierte Datenpotenziale und somit eine fundierte Grundlage für die spätere Bewertung der eigenen Datenbestände. Ungenutzte Daten erzeugen keinen Wert, sondern lediglich Kosten. Daher sollte insbesondere die aktuelle und zukünftige Nutzung der Daten klar definiert sein, um den Bedarf eindeutig abschätzen zu können.

2.3 Bestehende Ansätze zur Wertermittlung von Daten

Bevor neue, konsistente Datenbewertungsansätze entwickelt werden können, sollten bestehende Ansätze betrachtet werden. Grundsätzlich existieren in der Rechnungslegung drei Verfahren, die eine finanzielle Bewertung von immateriellen Vermögensgegenständen ermöglichen, nämlich kosten-, marktpreis- und kapitalwert-, beziehungsweise nutzenorientierte Verfahren (Moody und Walsh 1999; Laney 2017). Diese können in Teilen auf die Bewertung von Daten übertragen werden. In der Rechnungslegung wird der Einsatz von marktbasierten Verfahren bevorzugt, gefolgt von kapitalwert- und kostenbasierten Verfahren. Da der Projektfokus jedoch auf der Ermittlung des monetären Nutzwerts des unternehmerischen Datenkapitals liegt, wurde vor allem der kosten- und nutzenorientierte Ansatz näher untersucht. Denn bisher ist der Handel von Daten zum Beispiel im deutschen produzierenden Mittelstand noch wenig verbreitet. Im Folgenden werden die Verfahren genauer erläutert.

Mit Hilfe von kostenbasierten Verfahren wird der Wert von Daten als immaterieller Vermögensgegenstand anhand der Kosten bestimmt, die im Rahmen der Erzeugung und Haltung von Daten aufkommen. In der Literatur wird dabei zwischen zwei Kostenarten unterschieden, nämlich (1) Kosten, die benötigt werden, um einen einzigartigen immateriellen Vermögensgegenstand neu zu erschaffen (Herstellungskosten) und (2) Kosten, die aufzuwenden sind, um einen immateriellen Vermögensgegenstand wieder zu kreieren, nachdem der ursprüngliche immaterielle Vermögensgegenstand verloren, gelöscht oder zerstört wurde (Wiederherstellungskosten) (Krotova et al. 2019). Der wesentliche Unterschied der beiden Alternativen besteht darin, dass bei der Bestimmung der Wiederherstellungskosten davon ausgegangen wird, dass das benötige Know-how und die Dateninfrastruktur bereits vorhanden sind (Reilly und Schweihs 2016). Hauptkritikpunkt am kostenorientierten Ansatz ist, dass bei einer retrospektiven Betrachtung des Datenwerts nur dessen Akquise-, beziehungsweise Reproduktionskosten berücksichtigt werden, allerdings nicht der jetzige oder zukünftige Nutzen, der durch den Vermögenswert in spezifischen Anwendungsfällen generiert werden und somit nur eine beschränkte Aussagekraft über den wahren Datenwert getroffen werden kann (Moody und Walsh 1999). Da zukünftiger ökonomischer Nutzen und Potenziale nicht berücksichtigt werden, empfiehlt es sich deshalb, den Ansatz bei vorrangig intern genutzten Daten als Controlling-Tool anzuwenden, die als Grundlage für andere Vermögenswerte dienen und keine direkten Rückflüsse generieren (Reilly und Schweihs 2016). Für den Fall, dass Sie selbst generierte Datenbestände in Ihren Geschäftsprozessen nutzen, eignet sich das kostenorientierte Verfahren hervorragend als Controlling-Tool (vgl. auch Stein und Maaß 2021).

Grundprinzip der marktpreisorientierten Verfahren ist die Interaktion von Angebot und Nachfrage innerhalb eines aktiven Marktes, bzw. die Bereitschaft anderer Organisationen, für einen angebotenen Vermögenswert zu zahlen (Moody und Walsh 1999). Reilly und Schweihs (2016) nennen und erläutern drei Methoden, die die Ermittlung eines marktpreisorientierten Datenwerts verfolgen, falls keine Märkte existieren. Diese wurden von Krotova et al. (2019) bereits ins Deutsche übertragen:

  • Die Vergleichswertmethode ermittelt Werte eines Datensatzes anhand von Referenztransaktionen, bei denen ähnliche Datensätze gehandelt wurden. Der durchschnittliche Preis bezieht sich auf eine Einheit, zum Beispiel Umsatz, Kundenzahl oder Nutzungsdauer und ist maßgebend für den zu bewertenden Datenvermögenswert.

  • Bei der Lizenzpreisanalogiemethode dienen Vereinbarungen zu möglichen Lizenzgebühren als Basis der Bemessungsgrundlage. Lizenzgebühren werden häufig erhoben, wenn Nutzungs- oder Eigentumsrechte für den zu bemessenden Vermögenswert zeitlich begrenzt sind.

  • Die Methode der vergleichbaren Umsatzrendite bewertet Datenvermögenswerte monetär anhand der Umsatzrenditen des besitzenden Unternehmens und konkurrierender Unternehmen, die den gleichen oder einen vergleichbaren Vermögensgegenstand nicht besitzen. Da dieses Verfahren eine Vielzahl an Voraussetzungen zur korrekten Wertermittlung mit sich bringt, wird es selten eingesetzt.

Das marktpreisorientierte Verfahren bietet Potenzial, einen realitätsnahen Nutzwert zu ermitteln, trotzdem ist dieser Ansatz je nach untersuchtem Datentyp stark limitiert. Zum einen ist der Wert von datengenerierter Information für den Anwendenden sehr kontextspezifisch, was die Vergleichbarkeit ähnlicher Datensätze erschwert, zum anderen muss ein aktiver Markt existieren (Zechmann und Möller 2016).

Die kapitalwertbasierten Ansätze bestimmen den Gegenwartswert eines immateriellen Datenvermögenswerts auf Grundlage zukünftiger Kapitalflüsse, die er während der Nutzungsdauer voraussichtlich erzielt. Besonders hervorzuheben ist das von Zechmann (2017) entwickelte nutzenorientierte Bewertungsverfahren. Der erstmals im Jahr 2016 veröffentlichte Ansatz umfasst einen Ordnungsrahmen, der es ermöglicht, Datenbestände anhand der Chancen und Risiken in Abhängigkeit ihrer Datenqualität und der Nutzung in Anwendungsfällen finanziell zu bewerten. Das Verfahren ist in fünf Phasen unterteilbar (Zechmann und Möller 2016):

  1. 1.

    Festlegung des Anwendungsfalls: Formulierung des Bewertungsziels.

  2. 2.

    Definition: Bestimmung und Festlegung von Prozessen, die für die Datenauswertung relevant sind.

  3. 3.

    Analyse: Identifikation von Datenanwendungskontexten, verwendeten Daten innerhalb der relevanten Prozesse und möglichen indirekten Effekten von Daten auf übrige Geschäftsprozesse.

  4. 4.

    Erhebung: Analyse von Chancen und Risiken sowie deren monetären Nutzen- und Schadenspotenzialen, Ermittlung der vorliegenden Datenqualität und Eintrittswahrscheinlichkeiten.

  5. 5.

    Bewertung: Quantifizierung der Nutzen- und Schadenserwartungswerte sowie datenbezogener Kosten, Berechnung des datenbezogenen Wertbeitrags basierend auf der Kapitalwertmethode.

Die Anwendbarkeit in der Praxis ist allerdings nur eingeschränkt gewährleistet, da die ermittelten Datenwerte einen hohen Grad an Subjektivität vorweisen und sich die Durchführung des Bewertungsverfahrens als unwirtschaftlich herausgestellt hat (Zechmann 2017).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass derzeit kein Bewertungsverfahren existiert, das sich dazu eignet, intersubjektive Datennutzwerte, das heißt die für die Ermittlung des Datenwerts obligatorischen, subjektiven Wahrnehmungen und Einschätzungen für Außenstehende gleichermaßen erkennbar und nachvollziehbar zu ermitteln, um diese in die finanzielle Berichterstattung einfließen zu lassen oder als internes Management-Tool zu nutzen. Es existiert meist nicht „der“ Datenwert. Der wahre Nutzen des Datenbestandes ist aufgrund der Abhängigkeit des Verwertungskontextes in der Regel höchst subjektiv. Daraus folgt, dass Nutzwerte immer aus Sicht der nutzenden Entität und den jeweiligen Nutzungskonzepten bestimmt werden müssen. Zudem kann der monetäre Wert der betrachteten Daten für das eigene Unternehmen ein Vielfaches des Marktpreises betragen – oder auch nur einen Bruchteil.

3 Chancen und Herausforderungen im Kontext der Bewertung von Daten

Im Rahmen des Forschungsprojekts Future Data Assets wurden durch Anforderungs- und Bedürfnisanalysen verschiedene Chancen und Herausforderungen aus der Forschungs-, Rechnungslegungs- und Anwendungs- bzw. Unternehmenssicht für die Bewertung von Daten abgeleitet. Darauf aufbauend wurden verschiedene Lösungsansätze skizziert, die im Rahmen der Bewertung von Daten Anwendung finden können. Diese werden nachfolgend genauer erläutert und sind in Abb. 6.2 zusammengefasst.

Abb. 6.2
figure 2

Herausforderungen, Chancen und Lösungsansätze für die Datenbewertung (eigene Darstellung)

Im linken oberen Kreis werden Herausforderungen im Kontext der Bewertung von Daten dargestellt, die in Teilen als interdependent anzusehen sind. Verschiedene Strukturen in Unternehmen stellen Herausforderungen bei der Bewertung von Daten dar, nämlich die Struktur der Unternehmen selbst sowie die Struktur der Datenhaltung und -verwaltung (Data Governance). Abhängig von der Größe, dem Geschäftsfeld sowie der Branche eines Unternehmens ist das Wissen über die Bedeutung von Daten unterschiedlich. Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten sind oft nicht sauber abgegrenzt beziehungsweise strukturiert. Dies führt zur Herausforderung der Datenhaltung und -verwaltung. Ohne entsprechende Verantwortlichkeiten bestehen oft Datensilos, die nicht miteinander verknüpft sind, die für die Pflege der Daten verantwortlichen Personen sind gegebenenfalls unklar. So entsteht mitunter Intransparenz, die in einer geringen Datenqualität und verringerten Datennutzung mündet. Weiterhin können Daten, die nicht bekannt beziehungsweise nutzbar sind, auch nicht im Kontext einer Bewertung oder einer Nutzung im Rahmen von gewinnbringenden datengetriebenen Geschäftsmodellen eingesetzt werden. Diese Problemstellungen führen weiterhin zu einem Mangel an Datenqualität. Die Qualitätskontrolle ist in Unternehmen primär auf Produkte und Abläufe bezogen, während Daten oft noch nicht als Produkt oder Vorprodukt betrachtet werden. Das heißt, es besteht ein Defizit in der Kontrolle und Optimierung der Datenqualität, wie beispielsweise Richtigkeit, Vollständigkeit sowie Aktualität der Daten. Aus Unternehmenssicht ist oft das Erkennen von potenziellen Datenbeständen zur Bewertung eine Herausforderung. Bestehende Datenbestände sind oft heterogen, isoliert, unzusammenhängend oder keinem klaren Nutzungsziel zuzuordnen. Die Auswahl geeigneter (bestehender) Bewertungsmethoden ist daher erschwert.

Bestehende Bewertungsansätze für immaterielle Vermögensgegenstände (vgl. Abschn. 6.2.2) können nicht unverändert auf Daten angewandt werden. Hierfür liegen mehrere Gründe vor. Daten besitzen zahlreiche Eigenschaften, die denen der immateriellen Vermögensgegenstände gleichkommen. Allerdings unterscheiden sich Daten dennoch in Teilen von diesen. Beispielsweise ist die rechtliche Schutzfähigkeit von immateriellen Vermögensgegenständen nicht spiegelbildlich auf Daten übertragbar. Zusätzlich hierzu formuliert die aktuelle Rechtsprechung zur Rechnungslegung teilweise Bilanzierungsverbote für Daten, wie beispielsweise Kundendaten. Dies verhindert einerseits die Bilanzierbarkeit von Daten im Rahmen des Jahresabschlusses und andererseits weisen die Unterschiede zwischen Daten und immateriellen Vermögensgegenständen darauf hin, dass bestehende Bewertungsmethoden erweitert werden müssen, um eine belastbare Bewertung von Daten zu ermöglichen.

Aufgrund der Eigenschaften von Daten sowie oftmals fehlenden Marktwerten müssen außerdem geeignete Werttreiber spezifiziert werden, die anschließend zur Erweiterung bestehender Bewertungsmethoden herangezogen werden können.

Im rechten oberen Kreis in Abb. 6.2 werden Chancen im Kontext der Bewertung von Daten skizziert. Die Bewertung von Daten bietet insbesondere die Möglichkeit der Verbesserung von Entscheidungsgrundlagen sowie der strategischen Planung in Unternehmen. Investitionen in zusammenhängende Geschäftsmodelle, Hard- oder Software können durch eine Bewertung von Daten mit höherer Sicherheit getroffen werden. Somit kann auch die Digitalisierung gefördert werden. Wird beispielsweise kalkuliert, dass hohe Datenwerte in einer bestimmten Abteilung bestehen und damit Gewinne erwirtschaftet werden können, so liegen gegebenenfalls auch Investitionen in andere datenbasierte Investitionen nahe. Dies fördert in der Regel die Digitalisierungsansprüche von Unternehmen. Durch bestehende Best Practices, das heißt datenbasierte Anwendungsfälle und zusammenhängende Bewertungen, können Datenwerte anschaulich demonstriert und zum Vorreiter-Modell für ganze Branchen werden.

Die Schaffung von realen oder simulierten Datenmärkten kann weiterhin eine Chance für die (Weiter-)Entwicklung von Datenbewertungsmethoden darstellen. Durch gezahlte Preise können Datenwerte marktbasiert gebildet werden. Die Untersuchung der Eigenschaften und Preise dieser gehandelten Daten kann eine reversible Entwicklung von Bewertungsmethoden unterstützen. Weiterhin werden Vergleichswerte geschaffen, die zum Beispiel bei der Anwendung von Markt- oder Lizenzpreisanalogien herangezogen werden können. Insgesamt kann die Bewertung von Daten eine nahezu vollständige Repräsentation von Unternehmenswerten ermöglichen, was wiederum für Investorinnen und Investoren sowie Partnerinnen und Partner die Möglichkeit bietet, Unternehmen besser einschätzen zu können.

4 Lösungsansätze zur Datenbewertung

Zur Überwindung der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Herausforderungen wurden verschiedene Lösungsansätze im Rahmen des Forschungsprojekts Future Data Assets spezifiziert. Die Aspekte, die im Rahmen dieser Lösungsansätze betrachtet werden, finden sich in der grünen Box in der Abb. 6.2. Weiterhin sind zweierlei Dimensionen zu differenzieren: Einerseits entwickelt das Projekt Ansätze zur quantitativen Datenbewertung auf Datensatz- beziehungsweise -tabellenebene. Hierbei liegt der Fokus jedoch zunächst auf dem industriellen Kontext und zugehörigen Daten, weshalb komplette Unternehmensdatenbestände aktuell noch nicht monetär bewertet werden können. Aus diesem Grund wird zusätzlich ein sogenannter Datenbericht entwickelt, mit dem der komplette Datenbestand eines Unternehmens beziehungsweise einer Unternehmenseinheit auf qualitativer Ebene beschrieben werden soll. Der Datenbericht soll zukünftig als Anhang beziehungsweise Teil des Lageberichtes von Unternehmen für Dritte zugänglich gemacht werden.

4.1 Datenbewertung auf Objektebene

Anforderungen für die Datenbewertung

Um existierende Ansätze, und insbesondere die nutzenorientierte Datenbewertungsmethode, zielgerichtet weiterentwickeln und modifizieren zu können, wurden zu Beginn des Projekts innerhalb des Konsortiums aufbauend auf Zechmann (2017) zehn Anforderungen definiert. Diese entsprechen der initialen Zielsetzung des Forschungsprojekts und sollen durch potenzielle Verfahren zur Datenbewertung erfüllt werden, um erfolgreich in der Praxis eingesetzt werden zu können:

  1. 1.

    Ermittlung eines monetären Datenwerts

  2. 2.

    Ausrichtung auf industriellen Kontext

  3. 3.

    Ermittlung eines Kapitalwerts

  4. 4.

    Berechnung des wahren Nutzwerts (Value in Use)

  5. 5.

    Unterscheidung zwischen gegenwärtigen (realisierten) und zukünftigen

    (potenziellen) Datenwerten

  6. 6.

    Berücksichtigung der Datenqualität bei Wertermittlung

  7. 7.

    Selbstständige Ermittlung verlässlicher Datenwerte

  8. 8.

    Uneingeschränkte Anwendbarkeit des Bewertungsverfahrens

  9. 9.

    Bewertungsmethode muss praktisch anwendbar sein

  10. 10.

    Generierung von Lerneffekten bei Mehrfachanwendung

Zusätzliche Anforderungen für die Entwicklung von quantitativen Datenbewertungsmethoden gehen aus qualitativen Experteninterviews hervor, die im Projektverlauf hinzugekommen sind. Diese unterteilen sich in Anforderungen an Bewertungsmethoden selbst, sowie Anforderungen daran, welche Eigenschaften von Daten in die Bewertung mit einbezogen werden sollten. Quantitative Datenbewertungsmethoden sollen (a) auf bestehenden Methoden aufbauen, (b) einen klaren Zweck haben, (c) objektive oder intersubjektive Werte ermitteln, (d) nachvollziehbar sein und (e) multi-dimensional aufgebaut sein. Die Bewertungsmethoden sollen folgende Aspekte beziehungsweise Eigenschaften von Daten mit einbeziehen: (f) Datenmanagement, (g) Datenqualität, (h) Datennutzung, (i) Datenkosten, (j) Datentypen sowie (k) den Grad der Einzigartigkeit der Daten (Stein und Maass 2022). Weiterhin wurde von Unternehmensseite insbesondere die Relevanz des Datenqualitätskriteriums der Aktualität hervorgehoben, da veraltete Daten meist zu Problemen in der Nutzung führen.

Messung von Datenqualität als Werttreiber

Insbesondere die Datenqualität stellt einen der wichtigsten Treiber des Wertes von Daten dar. Daher wurden im Projekt Future Data Assets zwei Ansätze zur Messung von Datenqualität entwickelt. Der erste Ansatz ermöglicht eine qualitative, fragebogenbasierte Bewertung der Datenqualität in Unternehmen beziehungsweise Unternehmensbereichen. Die fragebogenbasierte Bewertungsmethode sammelt Informationen über die Qualität der Datensammlung, -verarbeitung und -verwertung des Produktionsprozesses eines Nutzenden und bewertet auf der Grundlage dieser Informationen das Datenpotenzial, das dem Nutzenden zur Verfügung steht. Je nach Branche können Nutzerinnen und Nutzer zwischen verschiedenen Fragebögen auswählen, wobei die Fragen in ihrer Formulierung und Schwerpunktsetzung dem SIPOC-Ansatz (Supplier, Inputs, Process, Outputs, Customer) folgen. Der SIPOC-Ansatz ist eine DIN-genormte Methode zur Bewertung des Datenpotenzials. Die Methode unterscheidet zwischen den Bereichen Supplier, Input, Process, Output und Customer. Zu jedem dieser Bereiche wird der Nutzende hinsichtlich des Vorgehens bei der Datensammlung, der -verarbeitung und der -verwertung befragt. Der berechnete SIPOC-Score drückt das aktuelle Datenpotenzial des Nutzenden aus und hilft dabei, die momentan vorherrschende Lage und seine eigene Position innerhalb der Digitalisierung und der industriellen Transformation in eine Industrie 4.0 einzuschätzen. Für diesen Ansatz ist geplant, eine Zertifizierung zu entwickeln, sodass durch eine Prüfung sichergestellt wird, dass die Unternehmen verlässliche und richtige Angaben getätigt haben. Dies ermöglicht auch eine bessere Vergleichbarkeit der Datenqualität verschiedener Unternehmen.

Weiterhin wurde ein Modul zur automatisierten Datenqualitätsbewertung entwickelt, das eine objektive Bewertung der Datenqualität von beispielsweise Datentabellen ermöglicht. Über die dezentrale FDA-Datenbilanz Plattform können Datensätze in Form von CSV-Dateien in der lokalen Umgebung eines Unternehmens geladen werden. Anschließend wird ein Service in der lokalen Umgebung auf die Daten angewandt, ohne dass die Daten diese Umgebung verlassen. Der Service analysiert die Daten hinsichtlich den Qualitätskriterien Genauigkeit, Konsistenz, Vollständigkeit, sowie Integrität und resultiert in einem Prozentsatz zwischen null Prozent (schlechte Datenqualität) und hundert Prozent (perfekte Datenqualität), wie in Abb. 6.3 zu sehen ist.

Abb. 6.3
figure 3

Automatisierte Ermittlung der Datenqualität (Eigene Darstellung des Demonstrators Future Data Assets)

Die Datenqualität sollte die Charakterisierung von Datenbeständen (vgl. Tab. 6.2) erweitern um eine umfänglichere Einschätzung der Datenbestände im Unternehmen vorzunehmen.

Nutzenorientierte Datenbewertung

Da im Forschungsprojekt Future Data Assets die Ermittlung des monetären Nutzwerts des unternehmerischen Datenkapitals besonders relevant ist, wurde unter anderem das nutzenorientierte Bewertungsverfahren als Variante der kapitalwertorientierten Verfahren als Lösungsansatz fokussiert, der hier nachfolgend kondensiert aufgeführt wird (s. Abschn. 5.1). Im Kern des Bewertungsverfahrens steht ein Kreis an Expertinnen und Experten, der Datenobjekte im Kontext von Anwendungsfällen betrachtet, die durch das Unternehmen forciert werden (Zechmann 2017). Dabei handelt es sich beispielsweise um datengetriebene Service-Leistungen im After Sale (Smart Services) oder datenbasierte Produktionsoptimierungen, wie zum Beispiel nachfrageorientierte Produktionsplanung und intelligentes Energiemanagement. Die Wertermittlung erfolgt also durch die Abschätzung des Mehrwerts, der durch den Einsatz von Daten in diesen Geschäftsaktivitäten realisiert wird.

In seiner aktuellen Form erfüllt das nutzenorientierte Bewertungsverfahren bereits einen Großteil der durch das Konsortium aufgestellten Anforderungen (A1-A6). Schwachstellen der Methode wurden bereits durch den ursprünglichen Verfasser hervorgehoben (Zechmann 2017).

  1. 1)

    Reliabilität: A7 und A10

    Die ermittelten Datenwerte sind durch persönliche Meinungen und Abschätzungen höchst subjektiv und für Außenstehende nicht nachzuvollziehen.

  2. 2)

    Wirtschaftlichkeit: A8 und A9

    Die Durchführung des Verfahrens ist mit der Sammlung verschiedener Expertenmeinungen und deren Konsolidierung mit hohem Aufwand verbunden. Die Wirtschaftlichkeit ist somit nicht gewährleistet.

Für die Ausweisung im Lagebericht ist die Objektivität der ermittelten Datenwerte von höchster Priorität. Aktuell ist die Durchführung des Rahmenwerks durch Anwendende noch zu komplex, da insbesondere Entscheidungen zu monetären Wirkungsbeziehungen von Datenobjekten im betrachteten Anwendungsfall willkürlich getroffen werden können.

Durch das Projektkonsortium wird diese Problematik mittels Standardisierung des Verfahrens adressiert. Der Leitgedanke besteht darin, intersubjektive Datenwerte zu ermitteln. Dies soll durch eine Standardisierung der Entscheidungsmöglichkeiten innerhalb der verschiedenen Phasen des nutzenorientierten Bewertungsverfahren erreicht werden. Ziel ist die Steigerung der Reliabilität (A7) durch Intersubjektivität und die Möglichkeit Lerneffekte generieren zu können (A10), indem ein verbindlicher Ordnungsrahmen vorgegeben wird.

Dazu wurden vorrangig die Phasen 1–3 eines bestehenden Vorgehens modifiziert (Zechmann und Möller 2016).

Neben der Datenqualität ist auch die Nutzung ein relevanter Werttreiber von Daten. Die bereits charakterisierten Daten sollten daher einem internen Ranking unterzogen werden, um datengetriebene Geschäftsprozesse zu identifizieren, die durch die Nutzung von Daten den höchsten Mehrwert generieren (Holst et al. 2020; Stein et al. 2021).

In einem ersten Schritt werden zunächst die wertvollsten Datensätze für das betrachtete System oder Unternehmenssegment in Form eines Datenkatalogs ermittelt.

In Schritt zwei wird ein Katalog relevanter Anwendungsfälle für die in Schritt eins ermittelten Datensätze definiert. Hierbei erfolgt eine Eingrenzung und Beschreibung der datengetriebenen Anwendungsfälle, und es wird zum Beispiel definiert, ob diese eine interne oder externe Monetarisierung der Daten zur Folge haben.

Anschließend werden in Schritt drei Datenattribute (zum Beispiel Datenqualität, -beschaffung, -verarbeitung und -analyse wie bei der Charakterisierung von Daten) und Schwellwerte festgelegt, da jeder Anwendungsfall unterschiedliche Anforderungen an die genannten Attribute stellt. Involvierte Datenobjekte werden analysiert und Wirkungszusammenhänge werden in Form von sogenannten Benefit Aspects spezifiziert. Diese sollen dann zukünftig über Berechnungsmodelle objektiv und quantitativ bewertet werden.

Im Ergebnis steht hier aktuell eine Liste von verknüpften Datensätzen und Anwendungsfällen, die die subjektive Sicht von Unternehmen auf ihre wertvollsten Datensätze anhand festgelegter Kriterien und Schwellwerte zeigt.

Die bisher skizzierten Lösungsansätze zur Überwindung der Herausforderungen beziehen sich primär auf die Bewertung einzelner Datensätze oder -tabellen. Nachfolgend wird nun der sogenannte Datenbericht skizziert, der es ermöglichen soll, den kompletten Datenbestand auf qualitativer Ebene zu bewerten.

4.2 Skizzierung eines Datenberichts für Unternehmen

Da Daten nicht abschließend als immaterieller Vermögensgegenstand definiert, bewertet und in die Bilanz von Unternehmen aufgenommen werden können, wird im Rahmen des Forschungsprojekts die Entwicklung eines sogenannten Datenberichtes avisiert. Obwohl bereits heute Unternehmen, wie zum Beispiel Robert Bosch GmbH, thyssenkrupp AG oder Siemens AG, den Aspekt der Daten sowie von datengetriebenen Geschäftsmodellen in ihren Lagebericht mit aufnehmen, fehlt eine allgemeingültige Struktur, über welche Aspekte hier berichtet werden soll.

Der Datenbericht wird daher als Anhang zum Lagebericht konzipiert und ermöglicht es, über nicht bilanzierbare Daten zu berichten, die dennoch relevant für den Unternehmenserfolg sind. Er gibt den Unternehmen vor, welche Aspekte zu Daten und datengetriebenen Geschäftsmodellen aufgenommen werden sollen. Der Bericht kann sich sowohl auf gesamte Unternehmen, als auch auf verschiedene Geschäftsfelder und Segmente beziehen.

Es werden insbesondere die Themen der Strategie und Nutzung, Datenqualität, der Data Governance, Finanzierungsaspekte in Bezug auf Daten, rechtliche und Sicherheitsaspekte, sowie weitere IT-Themen, wie beispielsweise die Dateninfrastruktur, betrachtet.

Die Standardisierung dieses Datenberichts in Verbindung mit dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) wird aktuell angestrebt.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Dieser Beitrag befasste sich mit Chancen und Herausforderungen der Bewertung von Daten und den damit einhergehenden Verwertungspotenzialen für Unternehmen. Nach der Vermittlung von Grundlagen zur Charakterisierung von Daten und bestehenden Bewertungsansätzen wurden Chancen und Herausforderungen im Kontext der Bewertung von Daten spezifiziert. Darauf aufbauend wurden Anforderungen für die Entwicklung von Bewertungsmethoden sowie Lösungsansätze beschrieben, die aktuell im Projekt Future Data Assets untersucht beziehungsweise entwickelt werden.

Insbesondere die Entwicklung und Standardisierung eines Datenberichtes nach geltendem Recht wird zukünftig für die Vergleichbarkeit von Unternehmensvermögenswerten, sowie für die reelle Abbildung dieser Werte eine wichtige Rolle spielen. Denn obwohl Datenbestände aktuell noch nicht in Bilanzen aufgenommen werden können, ist die Darstellung in Form eines Datenberichtes besonders relevant, um die Vermögensgegenstände von Unternehmen umfangreich darzustellen. Daraus können Vermögenswerte von Unternehmen, die unter anderem auch aus bisher nicht berücksichtigten Daten bestehen, umfänglicher abgebildet werden.

Zudem muss die Entwicklung von Datenmärkten im Rahmen der Datenbewertung genau betrachtet werden. Denn lediglich über Märkte können (Daten-)Werte belastbar festgelegt und in die Bilanz mit aufgenommen werden.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich für die Förderung des Projektes Future Data Assets (Förderkennzeichen: 01MD19010B) durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Förderprogramms Smarte Datenwirtschaft. Zusätzlich gilt besonderer Dank den Konsortialpartnern von Deloitte Deutschland, die die Konzeption und Ausgestaltung des Datenberichts verantworten.