10.1 Impuls

Die Schule soll einerseits praktische Laborerfahrungen ermöglichen, andererseits stehen rezeptartige Versuchsanleitungen in der Kritik, weil sie bei der Durchführung keine Reflexion fordern und nicht alle wesentlichen Schritte naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung durchlaufen (Hofstein & Lunetta, 2004). Insbesondere Fragestellungen und Hypothesen werden selten formuliert oder Experimente selbstständig zur Beantwortung der Fragestellung geplant (Klahr & Dunbar, 1988). Die praktische Einübung der Arbeit mit Mikropipetten sowie der molekularbiologischen Methoden PCR und Agarose-Gelelektrophorese an ausgewählten Alltagskontexten (► Tab. 4.2) können durchgeführt werden, ohne alle Schritte der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung zu durchlaufen, indem beispielsweise die Fragestellung und Hypothesenbildung übersprungen wird. Molekularbiologische Methoden nehmen in Laboren, übertragen auf die schulische Einordnung, eine Zwischenstellung ein. Die Durchführung von PCR oder die Anfertigung Gelen bleibt häufig gleich oder wird nur minimal angepasst, wodurch die Anwendung dieser Arbeitstechniken in die Kategorie „Kochbuchrezept“ fallen könnte. Allerdings ist das Ergebnis häufig nicht intuitiv verständlich und muss in Bezug auf eine Hypothese interpretiert werden, womit diese Arbeitstechniken in einen anspruchsvollen Experimentierzyklus und die wissenschaftlichen Erkenntnismethoden eingebettet werden. Sind die möglichen Genotypen in einer Population allgemein bekannt, kann eine Vermutung bzgl. des eigenen Genotyps anhand der phänotypischen Merkmale aufgestellt und durch die individuellen Ergebnisse im Agarose-Gel überprüft werden.

Beispiel

Zwei Banden beim Eat, Sleep, Repeat (► Abschn. 7.3) bedeuten das Vorliegen eines Mischtyps. Lisa formuliert entsprechend eine Vermutung zu ihrem Genotyp: „Ich komme morgens sehr gut aus dem Bett und werde abends früh müde – ich glaube, bei mir läge nur eine Bande für das Lerchen-Allel vor.“ Ergebnis: Das Gelbild von Lisa zeigt einen Mischtyp. Damit kann diskutiert werden, dass der Genotyp nicht zwingend mit dem wahrgenommenen Phänotyp übereinstimmen muss. Die aufgestellte Hypothese muss falsifiziert werden. Im Rahmen der Diskussion sollte reflektiert werden, inwiefern mögliche Umweltfaktoren die individuelle Wahrnehmung auf der phänotypischen Ebene beeinflussen (► Abschn. 7.6).

Gleichwohl ist die Einübung für die Schüler*innen neuer molekularbiologischer Arbeitstechniken ggf. zunächst auch ohne einen größeren wissenschaftsmethodischen Kontext erforderlich, um Routine in der praktischen Arbeit zu gewinnen und die Lernenden nicht durch die Komplexität der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung zu überfordern. Auf der Basis vertrauter praktischer Routinen können aussagekräftige Experimente geplant und durchgeführt sowie die Ergebnisse eindeutig interpretiert werden, um weitere Kompetenzen zur Erkenntnisgewinnung zu fördern (vgl. Rahmenkonzept wissenschaftsmethodischer Kompetenzen (Mayer, 2007, S. 178), ► Kap. 4). Darüber hinaus spiegeln diese standardisierten Vorgehensweisen der molekularbiologischen Methoden auch den Berufsalltag von Forschenden und Laborassistenten in den Lebenswissenschaften, der Medizin und in weiteren Disziplinen wider, denn dort erfolgt die Anwendung der Standardmethoden auf die gleiche Weise.

10.1.1 Verschiedene Arbeitstechniken – Werkzeugkasten der Forschung

Sie wollen einen Versuchsaufbau, der Ihren Schüler*innen die Grundlagen der Zusammenhänge erklärt (◘ Abb. 10.1)?

Abb. 10.1
figure 1

Ausschnitt eines thematisch passenden Zeitungsartikels. Dieser Zeitungsartikel ist eines von mehreren Elementen, die Ihnen als didaktisches Begleitmaterial online zu den Versuchen zur Verfügung gestellt werden

Sie möchten Ihre Schüler*innen ausgehend von eigenen Fragestellungen selbstständig forschen lassen, in dem Sie relevante Variablen bestimmen und kontrollieren? Sie wollen beim praktischen Arbeiten nicht nur die DNA-Ebene, sondern auch die Proteinebene berücksichtigen? Dann sind Sie nicht allein. Lehrkräfte, die an unseren Fortbildungen teilnahmen, äußerten wiederholt den Wunsch „mit Enzymen“ und „wie in der Industrie“ zu arbeiten. Entsprechend entstand die Idee zu diesem Kapitel in Ergänzung zu dem vorangegangenen.

Wichtig

Bei der Entwicklung dieses experimentellen Moduls berücksichtigten wir folgende Parameter: Es sollte (1) kostengünstig für den Einsatz an Schulen sein; (2) eine curriculare Relevanz haben sowie (3) interessant für Schüler*innen sein und dies durch die Verknüpfung eines Alltagsphänomens mit industriellen Standards gewährleisten.

Schnell war klar, dass sich zu diesem Zweck nur ein Enzym anbietet: Laktase (LPH). Diese ist im Gegensatz zu anderen Enzymen kostengünstig und in Tablettenform in beliebigen Drogeriemärkten zu erwerben. Allerdings ist ihr industrieller Einsatz aufgrund ihres geringen Preises eher unspektakulär. Um Milchprodukte laktosefrei herzustellen, wird Laktase im Überschuss hinzugegeben. Andere Enzyme werden wiederverwendet, weil ihre Rückgewinnung und Aufreinigung günstiger ist, als jedes Mal neues Enzym zu verwenden. Eine Möglichkeit dazu bietet die Immobilisierung. Allerdings sind standardisierte Immobilisierungsmatrices teuer und teilweise als Schulreagenz verboten. Natriumalginat (Abschn. 10.6.4) ist dagegen allgemein aus der molekularen Küche bekannt und bietet an dieser Stelle einen Lösungsansatz und wird hier entsprechend zur Immobilisierung der Laktase eingesetzt. Das letzte Problem ist der Nachweis. Laktose sowie ihre Abbauprodukte Glukose und Galaktose sind jeweils reduzierende Zucker, was zum einen standardisierte photometrische Messungen erschwert. Zum anderen sind die industriell verwendeten Methoden technisch aufwendig und damit teuer. In diesem Modul stellen wir daher sowohl einen direkten als auch indirekten Nachweis vor, wobei der indirekte Nachweis technisch spannender ist und ein Verständnis der Variablenkontrolle fordert. Wie Sie sehen, bedienten wir uns aus unterschiedlichsten Quellen, um industrielle Vorgehensweisen für den Unterricht experimentell zugänglich zu machen. Allerdings ergeben sich dadurch individuelle Adaptionsmöglichkeiten in Bezug auf Komplexität und Schwerpunksetzung. In Ergänzung zum bisherigen Vorgehen stellen wir in diesem Kapitel daher eine exemplarische experimentelle Planung vor. Für ein leichteres Verständnis orientiert sich der hier vorgestellte Beispielaufbau an der übergeordneten Fragestellung für den Biologieunterricht: Wie werden laktosefreie Milchprodukte hergestellt?

10.1.2 Forschendes Lernen – aber richtig: Wie werden laktosefreie Milchprodukte hergestellt?

Aus der übergeordneten Fragestellung leiten sich bereits erste Annahmen ab. Sie können Hypothesen durch Ihre Schüler*innen erarbeiten lassen, da sie den Ausgangspunkt für die Planung von Experimenten bilden (Abschn. 10.7.2).

H1: Das Enzym Laktase (LPH) kann Laktose in herkömmlicher Milch spalten.

Eine Kurzanleitung zum richtigen Vorgehen bei der Hypothesenbildung finden Sie unter Abschn. 10.7.2. Zu diesen Hypothesen müssen aussagekräftige Experimente geplant werden. Hierbei müssen viele Variablen kontrolliert werden, um die Ergebnisse interpretieren und eine eindeutige Aussage zu den Hypothesen treffen zu können. Die Hypothesenbildung ist komplex und fällt vielen Schüler*innen schwer. Wie Sie diese bei dem Prozess begleiten können und was bei der korrekten Hypothesenbildung beachtet werden muss, wird detailliert in ► Abschn. 10.7 erklärt. Aus der übergeordneten Forschungsfrage „Wie werden laktosefreie Milchprodukte hergestellt?“ leitet sich eine zweite Forschungsfrage ab: „Wie kann der Abbau von Laktose nachgewiesen werden?“ Diese zweite Frage betrifft jedes Forschungsvorhaben, ist im speziellen Fall der Schule besonders relevant, da nicht alle gängigen Nachweismethoden zur Verfügung stehen.

Die Entfernung der Laktose aus Milch und die Überprüfung der erfolgten Reaktion geschieht im hier vorgestellten Experimentierplan schrittweise. In Deutschland gelten Lebensmittel als „laktosefrei“ bei einem Laktosegehalt von 0,1 g auf 100 g Lebensmittel.Footnote 1 Die bei der Laktasespaltung entstehenden Zucker können als Ausgangsstoffe für den Hefe-Stoffwechsel dienen. Dass Hefe bestimmte Zucker verstoffwechseln kann, ist Schüler*innen bereits aus dem Alltag bekannt, z. B. Brot- und Pizzabacken, Bierbrauen. Auch hierzu können Ihre Schüler*innen entsprechende Hypothesen aufstellen, z. B.:

H2: Hefe-Enzyme können die Zucker, die bei der Spaltung von Laktose durch Laktase entsteht, im Stoffwechsel abbauen. Diese Reaktion kann zum Nachweis genutzt werden.

10.1.3 Adaptivität durch Kontextuierung

Die vorgestellte Versuchsplanung ist hochgradig anpassungsfähig. Zwar stellen wir die fachlichen Grundlagen in den Kontext der laktosefreien Milchprodukte, Sie können ein vergleichbares Vorgehen und die verwendeten Arbeitstechniken jedoch auch in weiteren Zusammenhängen umsetzen, weil das Prinzip von Enzymreaktionen übertragbar ist und die vorgestellte experimentelle Planung mithilfe der Nachweisreaktionen auf die Eigenschaften von ausgewählten Zuckern abzielt. Entsprechend kommen als thematische Rahmung auch Zuckerkonsum, Stoffwechsel von Mikroorganismen, Enzymkinetik, Proteinchemie, Prozessverfahren in der Lebensmittelindustrie in Frage. Geben Sie sich selbst und Ihren Schüler*innen die Möglichkeit, das Experimentieren neu zu entdecken.

Aus dem Grundgedanken der Herstellung laktosefreier Milchprodukte durch Laktase und dessen Nachweis im Schulkontext ergeben sich die oben angedeuteten Variationsmöglichkeiten. Da Laktase nach industriellen Maßstäben ein vergleichsweise günstiges Enzym ist, wird es einfach zur Milch hinzugegeben, ohne den Anspruch, es im Anschluss herauszufiltern. Bei den meisten anderen Enzymen ist das nicht der Fall, weshalb diese immobilisiert werden (Abschn. 10.6.3). Dieses Prozessverfahren und seine Hindernisse kann selbst zum Schwerpunkt von Untersuchungen der Schüler*innen werden, z. B.:

  • Wird die Enzymreaktion durch die Immobilisierung von Laktase beeinflusst?

  • Beeinflusst die Konzentration der Trägermatrix (hier: Alginat) die Enzymreaktion?

In diesem Kontext können Sie Laktase auch als Beispielenzym für die Erforschung der Enzymkinetik unter variablen Bedingungen verwenden, z. B.:

  • Welchen Einfluss haben Substratkonzentration, Temperatur oder der pH-Wert auf die Reaktionsgeschwindigkeit?

Für den Nachweis des Laktose-Abbaus bedienen wir uns in diesem Setting der Hefe. Als Modellorganismus kann diese unabhängig von laktosefreien Milchprodukten ebenfalls fokussiert werden:

  • Kann Hefe jeden Zucker verstoffwechseln?

  • Welche anderen Energiequellen außer Kohlenhydrate werden von Hefen im Stoffwechsel genutzt?

10.2 Planung und Vorbereitung des Klassenraums

Die Umsetzung der Experimente kann in jedem Raum, der mit einem Waschbecken ausgestattet ist, erfolgen. Weitere Voraussetzungen an die Räumlichkeit müssen nicht geschaffen werden. Informationen zu den grundlegenden Vorbereitungsmaßnahmen durch Sie als Lehrkraft finden Sie im ► Abschn. 10.5. Eine Übersicht aller benötigten Reagenzien und Materialien zur Durchführung dieses Versuchs im micro scale-Maßstab ist in ◘ Abb. 10.2 gezeigt.

Abb. 10.2
figure 2

Übersicht der Reagenzien, Lösungen und Materialien. a Darstellung der benötigten Materialien für die micro scale-Anwendung 1: Aufbewahrungsbox, 2: Kleines Reagenzglas mit Loch-Stopfen, 3: Gärungsröhrchen, 4: Becherglas (50 mL), 5: Spritze (10 mL). b Übersicht über sämtliche Materialien und Reagenzien 1: Lösungen (Glukose, Laktose, Milch), 2: Kalkwasser, 3: Sechs Reagenzgläser im Reagenzglasständer, 4: Sechs Gärungsröhrchen, 5: Hergestellte Alginat-Kügelchen (Laktase, Hefe, Hefe-Laktase), 6: Indikator, 7: Pulverlöffel zum Einfüllen der Alginat-Kügelchen, 8: Pipetten zum Einfüllen der Lösungen

Wichtig

  • Pro Gruppe ein Müllgefäß

  • Pro Gruppe ein Folienstift

  • Micro scale-Box: Reagenzglas mit Stopfen, Gärungsröhrchen, Becherglas (20 mL), Einwegspritze (10 mL), Einwegpipetten (3 mL)

  • Magnet-Heizrührer inkl. Rührfisch

  • Mindestens eine Waage (Genauigkeit d = 0,01)

  • Messzylinder (z. B. 100 mL)

  • Bechergläser zur Herstellung der Lösungen (mind. 50 mL)

  • Erlenmeyerkolben, Weithals (mind. 250 mL)

  • Kleine Bechergläser zur Lagerung der Alginat-Kügelchen (20 mL)

  • Reagenzglasständer

  • Pulverlöffel und Spatel

  • Teesieb zum Abtrennen der Alginat-Kügelchen aus der Lösung

  • Reagenzien und Lösungen (Abschn. 10.5)

Wichtig

Besorgen Sie im Vorfeld noch Bäckerhefe und Laktase-Tabletten. Letztere sind in einer Reihe von verschiedenen Ausführungen in Super- oder Drogeriemärkten erhältlich. Natrium-Alginat können Sie online erwerben oder in einer Apotheke.

Testen Sie Ihre Bäckerhefe-Lösung vorab mit dem Glucose-Oxidase-Streifen, da in Abhängigkeit von der Zusammensetzung ggf. ein positiver Nachweis erfolgen kann und dann das Versuchskonzept nicht funktioniert. Weichen Sie auf ein Alternativprodukt aus.

Wichtig

Setzten Sie die Alginat-Lösung einen Tag vor der Versuchsdurchführung an, da Natrium-Alginat sehr lange braucht, um sich vollständig zu lösen. Alternativ kann der Prozess durch Erhitzen der Lösung beschleunigt werden, aber auch dann müssen Sie ausreichend Zeit einplanen, damit die Lösung wieder auf Raumtemperatur abkühlen kann.

Die Vorbereitung der anderen Lösungen kann je nach individueller Planung ebenfalls durch Sie im Vorfeld geschehen oder als Arbeitsaufträge an die Schüler*innen gegeben werden. Eine detaillierte Aufstellung aller verwendeten Reagenzien, Lösungen und Materialien ist in ► Abschn. 10.5 zu finden. Entfernen Sie vor Unterrichtsbeginn alle nicht zum Versuch gehörenden Materialien von den Schulbänken. Bereiten Sie alle nötigen Materialien vor und bauen Sie die für den Versuch benötigten Geräte auf (◘ Abb. 10.2).

Wichtig

Es empfiehlt sich, während des gesamten Versuchs Handschuhe zu tragen. Weisen Sie Ihre Schüler*innen auf die allgemeinen Verhaltensregeln in einem Labor hin.

10.3 Durchführung

Sie sind bei der Durchführung dieses Modulabschnitts völlig frei und können verschiedene Schwerpunkte setzen, auf diese wird unter ► Abschn. 10.7 genauer eingegangen. In diesem Kapitel stellen wir die Planung der Experimente zu den unter ► Abschn. 10.1 genannten Hypothesen vor, welches in einer kleinstmöglichen Anzahl an Ansätzen den größtmöglichen Vergleich der Variablen erlaubt und sich auf die im Impuls gestellten Forschungsfragen bezieht. Falls Sie andere Forschungsfragen/Hypothesen wählen, müssen Sie die Ansätze entsprechend anpassen. Zur Überprüfung der Hypothesen wird mit immobilisierten Enzymen gearbeitet, weil so das industrielle Herstellungsverfahren „im Kleinformat“ nachvollzogen werden.

In ◘ Abb. 10.3 ist die Versuchsübersicht unter Angabe der praktischen Durchführungsschritte gezeigt. Damit Sie als Lehrkraft einen ersten Eindruck darüber bekommen, wie viel Zeit die praktische Durchführung der einzelnen Teilschritte in Anspruch nimmt, sind entsprechende Zeitangaben in die Abbildung integriert. Erfahrungsgemäß lässt sich dieser Versuch sehr gut in zwei getrennten Doppelstunden umsetzten. Die verschiedenen Reaktionsansätze werden über Nacht stehen gelassen. Erst am Folgetag können die Ergebnisse ausgewertet werden, da für einen erfolgreichen Kohlendioxid-Nachweis in diesem Versuch eine Reaktionsdauer von mindestens vier Stunden benötigt wird. Sofern die Auswertung der Reaktionsansätze lediglich über die Kohlendioxid-Entstehung erfolgen soll, können als Alternative die Ergebnisse von Ihnen dokumentiert werden und in den Unterricht zur Diskussion mitgebracht werden. Hierbei ist eine Umsetzung des Versuchs durch die Schüler*innen in einer Doppelstunde möglich. Unsere Einschätzungen der Zeiten können je nach Jahrgangsstufe und praktischem Erfahrungsbereich Ihrer Schüler*innen abweichen. Anhand der Fragestellung sollte entschieden werden, welche Formen der Alginat-Kügelchen hergestellt werden. Wollen Sie abweichend von unserem Vorschlag beispielsweise nur auf den Stoffwechsel der Hefe mit verschiedenen Zuckerderivaten eingehen, brauchen Sie keine Laktase-Kügelchen herzustellen. Wollen Sie aber den Einfluss der Immobilisierung auf die Enzymreaktion untersuchen, brauchen Sie alle Kugelvarianten und jeweils Ansätze, bei denen die Reagenzien nicht in Alginat eingeschlossen werden. Unter ► Abschn. 10.1.3 finden Sie weitere Anregungen, wie Sie mit Schüler*innen Forschungsfragen und ggf. auch dazu passende Hypothesen bilden können.

Abb. 10.3
figure 3

Versuchsübersicht Enzymimmobilisierung und ihre Anwendung mit Alginat-Kügelchen. Die Versuchsdurchführung ist je nach Ausführlichkeit in ein bis zwei getrennten Doppelstunden möglich. Am ersten Tag werden die Lösungen vorbereitet, die Alginat-Kügelchen hergestellt und die verschiedenen Reaktionsansätze gestartet. Dabei kann ein individueller Fokus auf eine Reihe von Fragestellungen bzw. Arbeitstechniken gelegt werden. Die Reaktionen werden über Nacht inkubiert. Wenn die erfolgreiche Enzymreaktion indirekt über die Kohlendioxid-Entstehung nachgewiesen werden soll, können die Ergebnisse von der Lehrkraft dokumentiert und zur Diskussion in den Unterricht mitgebracht werden. Weitere Nachweisreaktionen können an einem zweiten Versuchstag durchgeführt werden: Glukose-Oxidase-Test und Wöhlk-Probe

Aus der exemplarischen Forschungsfrage mit Hypothesen unter ► Abschn. 10.1 ergeben sich die folgenden Ansätze: Milch ist eine komplexe Lösung mit vielen Inhaltsstoffen, darunter Laktose. Da Laktose direkt nur über die Wöhlk-Probe nachgewiesen werden kann und dieser Nachweis einige Hürden bei der Umsetzung im Klassenraum bietet, z. B. Abzug oder noch ungeklärter Reaktionsmechanismus (► Abschn. 10.3.3.4), stellen wir Ihnen auch Nachweismethoden der anderen beteiligten Stoffe vor. Beispielsweise muss ausgeschlossen werden, dass die Hefe andere Komponenten verstoffwechseln kann als Glukose, z. B. Milchprotein, oder dass Kohlendioxid bereits aufgrund der in Trockenhefe enthaltenen Starter entsteht. Dies ist sowohl für die Reaktion der Laktase (Spaltung von Laktose) als auch für die Reaktion der Hefe (Abbau der Glukose) wichtig. Auf diese Weise können durch die Nachweisreaktionen einzelne Reaktionskomponenten separat überprüft und damit auch falsch-positive Reaktionen ausgeschlossen werden. Im Folgenden werden die Durchführungsschritte der einzelnen Methoden im Detail beschrieben.

Tipp

In diesem Versuch kann jede*r Schüler*in seine eigenen Ansätze analysieren. Es empfiehlt sich, ein einheitliches Beschriftungssystem festzulegen, z. B. die Initialen. Das erleichtert den Schüler*innen, ihre eigenen Ansätze auch nach der Inkubation über Nacht zu identifizieren.

Wichtig

Achten Sie bei der Durchführung auf die allgemeingültigen Prinzipien des sicheren Arbeitens im Labor, um Schüler*innen frühzeitig für diese zu sensibilisieren. Es empfiehlt sich, während des gesamten Versuchs Handschuhe zu tragen.

10.3.1 Herstellung der Alginat-Kügelchen

Je nach Fragestellung (► Abschn. 10.1.3) können die Schüler*innen in Tandems oder in größeren Gruppen die für ihre Experimente benötigten Alginat-Kügelchen herstellen (◘ Abb. 10.4). Zur Immobilisierung von z. B. Enzymen eignet sich hierfür Alginat zum Einsatz an Schulen besonders, weil es frei verkäuflich, kostengünstig und ungefährlich ist.

Abb. 10.4
figure 4

Herstellung verschiedener Alginat-Kügelchen. Die über Nacht vorbereitete Natrium-Alginat-Lösung wird je nach gewünschter Alginat-Kügelchenvariante zur entsprechenden Lösung gegeben (Anleitungen zur Herstellung der Lösungen in ► Abschn. 10.5). Variante 1: Reine Hefe-Alginat-Kügelchen (H), Variante 2: Reine Laktase-Alginat-Kügelchen (L), Variante 3: Co-Immobilisierung von Hefe und Laktase in Alginat-Kügelchen (HL). Es muss darauf geachtet werden, dass sich beim Mischen keine Blasen bilden (▶ https://doi.org/10.1007/000-6fy)

Wichtig

Die in ◘ Abb. 10.4 beschriebene Anleitung zur Herstellung von Alginat-Kügelchen reicht für etwa zehn Ansätze pro Kugel-Sorte. Alle Angaben können nach Bedarf angepasst werden.

Tipp

Vorsichtig umrühren, um Blasenbildung zu vermeiden, da sonst die Kugelbildung beeinträchtigt wird.

  • Laktase-Tabletten im Mörser zerkleinern, um das Auflösen zu erleichtern.

  • Pro 10 mL Wasser oder Hefe-Lösung wird eine Laktase-Tablette benötigt.

    Hefe-Lösung (H) bzw. Laktase-Lösung (L) bzw. HL-Lösung zu einer äquivalenten Menge Natrium-Alginat-Lösung hinzugeben.

Wichtig

Zu einer 50 mL Laktase-Lösung (enthält fünf Laktase-Tabletten), werden 50 mL Natrium-Alginat-Lösung zugegeben.

  • Alginat-Lösungen (H, L oder HL) jeweils mit einer Einwegspritze (10 mL) aufziehen.

  • Einen 250 mL Erlenmeyerkolben mit 100 mL Calciumchlorid-Lösung füllen.

    • Die Calciumchlorid-Lösung wird bei 300 UpM (Umdrehungen pro Minute) gerührt.

      Ist kein Magnetrührer vorhanden, kann der Kolben alternativ auch geschwenkt werden.

  • Tropfen Sie die Alginat-Lösung langsam mit ihrer Spritze in die Calciumchlorid-Lösung, die Alginat-Kügelchen gelieren dabei.

  • Die Alginat-Kügelchen können anschließend abgesiebt und sofort verwendet werden.

Wichtig

Sie können die Alginat-Kügelchen mindestens zwei Tage im Kühlschrank lagern, ohne dass diese ihre Funktionalität verlieren. Lagern Sie die Kügelchen feucht, um ein Austrocknen zu verhindern. Die Aufbewahrung in Flüssigkeit wird durch das Aufquellen der Kügelchen nicht empfohlen. Dichten Sie die Gefäße zur Lagerung ab, z. B. mit Frischhaltefolie oder Parafilm.

Für größere Forschungsansätze mit Alginat können auch Büretten für die Herstellung der Kügelchen genutzt werden, da dadurch eine weitere Variablenkontrolle möglich wird.

10.3.2 Vorbereitung der Reaktionsansätze

Die hergestellten Alginat-Kügelchen können nun dazu genutzt werden, um Laktose enzymatisch aus Milch zu entfernen. Die verschiedenen Kugelvarianten dienen der Variablenkontrolle. Im Folgenden wird beispielhaft ein Set an Versuchsansätzen vorgestellt (◘ Abb. 10.5), das sich an der Beispielforschungsfrage mit ihren Hypothesen orientiert.

Abb. 10.5
figure 5

Vorbereitung möglicher Reaktionsansätze. Die hergestellten Alginat-Kügelchen können sofort weiterverwendet werden. Entsprechend der geplanten Anzahl von Ansätzen werden Reagenzgläser, dazu passende Stopfen mit Loch und Gärungsröhrchen vorbereitet. Alle Ansätze sollten eindeutig beschriftet werden. Zunächst wird die Reaktionslösung in die RG gefüllt, anschließend die Alginat-Kügelchen. Folgende Lösungen werden benötigt: GL = Glukose-Lösung, LL = Laktose-Lösung, M = Milch. Als Alginat-Kügelchen-Varianten werden verwendet: HA = Hefe-Alginat, LA = Laktase-Alginat, HLA = Hefe-Laktase-Alginat. Alles mit den Gärungsröhrchen-Stopfen verschließen, Kalkwasser und Indikator zugeben und die Ansätze über Nacht inkubieren. Als Positivkontrolle dient Ansatz GL HA (Kontrollansatz 4 im Text), als Negativkontrolle dient Ansatz LL HA (Kontrollansatz 5 im Text). Das mit * markierte Reagenzglas stellt einen Sonderfall dar (zusätzliche Infos in ◘ Tab. 10.1)

Experimentalansätze:

  1. 1.

    Milch mit Laktase-Alginat (M LA): In Abhängigkeit von der verwendeten Milch dient dieser Ansatz als Experimentalansatz. Die Laktase spaltet das Substrat Laktose in (tierischer) Milch in Glukose und Galaktose. Die Glukose kann direkt oder indirekt nachgewiesen werden.

  2. 2.

    Milch mit Laktase-Hefe-Alginat (M LHA): Mit diesem Ansatz kann das Reaktionsprodukt Glukose aus der Laktase-Reaktion (Ansatz 1) über den Hefe-Stoffwechsel weiter abgebaut werden. Bei diesem Stoffwechselweg entsteht als Endprodukt Kohlendioxid, das seinerseits über einen Indikator nachgewiesen werden kann.

Kontrollansätze:

  1. 3.

    Laktose-Lösung mit Laktase-Alginat (Positiv-Kontrolle, LL LA): Mit diesem Kontrollansatz kann die Funktionstüchtigkeit der Laktase-Tabletten überprüft werden. Verwendet man Hefe-Laktase-Alginat, kann auch der Gesamtablauf der Reaktion mit Folgereaktion überprüft werden.

  2. 4.

    Glukose-Lösung mit Hefe-Alginat (Positiv-Kontrolle GL HA): Mit diesem Kontrollansatz wird überprüft, ob Hefe Glukose abbauen kann; dieser Stoffwechselweg ist die Voraussetzung dafür, dass über die Kohlendioxidentstehung der Abbau von Laktose durch Laktase indirekt nachgewiesen werden kann. Variationen dieses Ansatzes eignen sich zur Untersuchung des Zuckerstoffwechsels von Hefen ohne vorgeschaltete Laktase-Reaktion (► Abschn. 10.1.3).

  3. 5.

    Laktose-Lösung mit Hefe-Alginat (Negativ-Kontrolle LL HA): Mit diesem Kontrollansatz wird überprüft, ob Hefe allein bereits Laktose abbauen kann. Könnte Hefe die Laktose unter Produktion von Kohlendioxid abbauen, wäre der indirekte Nachweis der Laktase-Reaktion im Experimentalansatz 2 nicht eindeutig. Um auszuschließen, dass in der verwendeten Hefe Stoffe enthalten sind, die ebenfalls zu einer Kohlendioxid-Entstehung führen, sollte eine zweite Negativ-Kontrolle von Hefe-Alginat in Wasser durchgeführt werden. Auf diese wurde der Einfachheit halber hier verzichtet.

  4. 6.

    Milch mit Hefe-Alginat (Negativ-Kontrolle M HA): Aus diesem Ansatz kann geschlossen werden, ob in Milch andere Stoffe vorhanden sind, die von Hefe zu Kohlendioxid abgebaut werden können. Wäre dies der Fall, könnte der Kohlendioxid-Nachweis ebenfalls nicht zur Überprüfung der Laktase-Reaktion herangezogen werden.

Mit den Kontrollansätzen 4 bis 6 wird die Substratspezifität der Enzymausstattung der Hefe geprüft. Sie benötigen alle drei Ansätze, um die Herkunft des Kohlendioxids auf den Abbau von Glukose zurückführen zu können.

Tipp

Als Faustregel gilt: Flüssigkeitsstand der Reaktionslösung etwa bis zur Hälfte der Reagenzglashöhe und mit Alginat-Kügelchen etwa bis zur Hälfte des Flüssigkeitsstands auffüllen. Dabei muss beachtet werden, dass falls die Durchführung der Wöhlk-Probe (Ruppersberg et al., 2019) geplant ist, mindestens 3 mL Reaktionslösung verwendet werden müssen.

  • Entsprechend den geplanten Ansätzen werden Reagenzgläser (RG), Stopfen mit Loch und Gärungsröhrchen vorbereitet. In jedes RG werden etwa 5 mL der verschiedenen Reaktionslösungen gegeben:

    • 8 %-ige Glukose-Lösung

    • 8 %-ige Laktose-Lösung

    • Milch (laktosehaltig, laktosefrei)

    • Wasser

  • Die vorbereiteten Alginat-Kügelchen werden entsprechend den Ansätzen in die RG gefüllt. Die benötigte Menge entspricht etwa drei gehäuften Pulverlöffeln.

  • Die RG werden mit Stopfen und Gärungsröhrchen verschlossen.

Wichtig

Achten Sie darauf, dass der Stopfen das RG luftdicht abschließt, aber verschließen Sie das Gärungsröhrchen nicht.

  • Jedes Gärungsröhrchen wird mit 3–5 mL Kalkwasser gefüllt, sodass der untere Bogen vollständig mit Flüssigkeit verschlossen ist (◘ Abb. 10.6).

  • Anschließend werden drei Tropfen Indikator Phenolphthalein (KMK, 2019) hinzugegeben. Dabei bildet sich die eindeutig violette Farbe. Alternativ kann auch Blaukrautsaft als Indikator verwendet werden. Im Folgenden wird nur von Phenolphthalein gesprochen.

  • Alle Ansätze werden über Nacht bei Raumtemperatur inkubiert.

Abb. 10.6
figure 6

Skizze verschiedener Füllstände von Gärungsröhrchen. Das Konzept von Gärungsröhrchen ist, dass Gase erst durch eine Flüssigkeitssäule wandern, bevor sie das Reaktionsgefäß verlassen. Um das zu gewährleisten, zeigt die Abbildung ideale Füllstände

Im Anschluss können die Beobachtungen der jeweiligen Versuchsansätze notiert werden und die Versuche anhand des Kohlendioxid-Nachweises ausgewertet werden. Weitere Nachweisreaktionen (Glukose-Oxidase-Test, Wöhlk-Probe) sind ebenfalls möglich (► Abschn. 10.3.3.3 und 10.3.3.4).

10.3.3 Nachweisreaktionen

Da bei der Entwicklung dieses Forschungssettings die Praktikabilität an Schulen im Vordergrund stand, stellen wir einen indirekten Nachweis in den Vordergrund, da dieser direkt in den Experimentaufbau integriert werden kann. Dabei handelt es sich um den indirekten Nachweis des Laktose-Abbaus mittels Kohlendioxidbildung über den nachfolgenden Glukose-Abbau durch Hefe. Den direkten Nachweis der Laktose finden Sie in ► Abschn. 10.3.3.4.

10.3.3.1 Direkte und indirekte Nachweisverfahren

Laktose, Glukose sowie Galaktose sind in Wasser gelöst farblos. Alle drei Saccharide sind reduzierende Zucker. Milch und laktosefreie Milch sind weiß. Um eine Reaktion verfolgen zu können, die nicht mit dem bloßen Auge sichtbar ist, bedient man sich sogenannter Nachweisreaktionen. Diese unterteilt man in direkte und indirekte Nachweise (Huber, 1996). In ◘ Abb. 10.7 sind die Nachweisreaktionen mit der eigentlichen Hauptreaktion in Beziehung gesetzt. Bei einem direkten Nachweis identifiziert man einen ursächlichen Faktor. Am Beispiel einer chemischen Reaktion kann man entweder die Edukte oder die Produkte und deren veränderte Konzentrationen verfolgen. Von einem indirekten Nachweis spricht man, wenn zur Identifizierung eine Größe analysiert wird, die vom ursächlichen Faktor abhängt. In der Chemie lässt man typischerweise ein Produkt weiter reagieren und das entstehende Folgeprodukt wird nachgewiesen (◘ Abb. 10.7). Um einen bestimmten Einfluss auszuschließen bzw. zu testen, werden Positiv- und/oder Negativkontrollen durchgeführt. Diese zeigen eindeutig die zu erwartenden Ergebnisse und erleichtern sowohl die Einordnung der Ergebnisse der Experimente als auch das Ausschließen fehlerhafter Reagenzien oder anderer Experimentierfehler. Dieses Konzept wird im Folgenden mit den hier verwendeten Nachweisreaktionen in Beziehung gesetzt und erläutert.

Abb. 10.7
figure 7

Direkte und indirekte Nachweisreaktionen. Schematischer Zusammenhang der direkten (blau) und indirekten (rot) Nachweisreaktion mit der zu analysierenden Hauptreaktion

  • Laktose kann direkt durch die sogenannte Wöhlk-Probe nachgewiesen werden.

  • Glukose lässt sich direkt durch den Glukose-Oxidase-Test nachgewiesen.

Bei dem Glukose-Oxidase-Test (GOD-Test) (► Abschn. 10.3.3.3) handelt es sich um einen zusammengesetzten enzymatischen Nachweis, der auf der Oxidation von Glukose durch das Enzym Glukose-Oxidase basiert. Dabei entsteht Gluconolacton und Wasserstoffperoxid. Letzteres wird in einer nachgeschalteten Reaktion von einem weiteren Enzym (Peroxidase) umgesetzt und lässt sich durch einen Farbumschlag visualisieren. Normalerweise dienen die hier verwendeten Teststreifen zur Analyse des Glukosegehalts im Urin. Hierbei wird der Test als quantitative Nachweismethode eingesetzt. Die unterschiedliche Farbintensität der Teststreifen korreliert dabei mit der im getesteten Urin vorhandenen Glukosekonzentration.

Wichtig

Hier wird der GOD-Teststreifen als qualitativer Nachweis verwendet, da die Glukosekonzentrationen der hier durchgeführten Versuche deutlich höher sind als das Detektionslimit der GOD-Teststreifen. Ein qualitativer Test gibt nur an, ob die zu analysierende Substanz vorliegt oder nicht.

  • Kohlendioxid ist ein Stoffwechselprodukt der Hefe beim Abbau von Glukose und kann damit als indirekter Nachweis verwendet werden (► Abschn. 10.3.3.2.).

10.3.3.2 Kalkwasserprobe zum Nachweis von Kohlendioxid

Kohlendioxid ist sehr gut wasserlöslich. Im Vergleich zu Sauerstoff (0,4 gL−1) lösen sich von Kohlendioxid bis zu 1,6 gL−1 in Wasser (Wisotzky et al., 2018, S. 65). Im Rahmen der Kalkwasserprobe reagiert Kohlendioxid mit Wasser zu Hydrogencarbonat und Carbonat-Ionen. Letztere reagieren mit Calciumhydroxid weiter zu wasserunlöslichem Calciumcarbonat. Dieses fällt aus und kann als Trübung der Lösung im Gärungsröhrchen beobachtet werden. Der Nachweis kann mit dem Phenolphthalein in der Lösung unterstützt werden, weil sich während Reaktion der pH-Wert von basisch nach neutral ändert und infolgedessen den Indikator entfärbt.

Dieser indirekte Nachweis wird zeitgleich zu den Reaktionsansätzen durchgeführt und kann unmittelbar im Anschluss ausgewertet werden. Bleibt der Indikator Phenolphthalein violett, ist kein Kohlendioxid entstanden, der Nachweis ist negativ. Tritt eine Entfärbung der Indikatorlösung auf, ist Kohlendioxid entstanden, ein positiver Nachweis liegt vor. Weitere Hinweise zur Interpretation finden Sie unter ► Abschn. 10.4.

10.3.3.3 Glukose-Oxidase-Test zum Nachweis von Glukose

Der Glukose-Oxidase-Test wird mit medizinischen Teststreifen der Firma Macherey-Nagel durchgeführt (◘ Abb. 10.8).

Abb. 10.8
figure 8

Durchführung des Glukose-Oxidase-Tests. Mit den GOD-Teststreifen kann in wenigen Minuten ermittelt werden, ob Glukose in der Lösung vorhanden ist oder nicht. Dazu kann entweder ein Tropfen der Testlösung auf den Streifen pipettiert werden, oder der Streifen für 1 sec in die Testlösung gehalten werden. Ist Glukose vorhanden, färbt sich der Teststreifen grün

  • Pro Ansatz wird ein GOD-Teststreifen aus der Packung entnommen.

Wichtig

Vermeiden Sie das Berühren der gelben Testfläche mit den bloßen Fingern.

  • Ein Tropfen der zu testenden Lösung wird auf das Testfeld getropft. Alternativ können die Streifen für 1 sec in die zu testende Lösung gehalten werden.

  • Das Ergebnis kann nach 1 min abgelesen werden.

    Bleibt das Testfeld gelb, ist keine Glukose vorhanden, der Nachweis ist negativ. Verfärbt sich das Testfeld grün, konnte Glukose nachgewiesen werden und der Nachweis ist positiv.

Weitere Hinweise zur Interpretation finden Sie unter ► Abschn. 10.4.

10.3.3.4 Wöhlk-Probe zum Nachweis von Laktose

Die Wöhlk-Probe dient dem direkten Nachweis von Laktose (◘ Abb. 10.9) (Ruppersberg et al., 2019). Ihre Durchführung kann die vorangegangenen indirekten Nachweise ergänzen.

Abb. 10.9
figure 9

Durchführung der Wöhlk-Probe. Zur Durchführung der Wöhlk-Probe werden frische Reagenzgläser, ein 60 °C warmes Wasserbad, 10 %-ige Ammoniak-Lösung und 1 M Kaliumhydroxid-Lösung benötigt. In 3 mL der Testlösung werden zunächst 2 Tropfen Ammoniak-Lösung und anschließend 3 Tropfen Kaliumhydroxid-Lösung zugegeben. Die Proben werden für 15–30 min im Wasserbad inkubiert. Ist Laktose vorhanden, färbt sich die Lösung lachsrosa

Wichtig

Bitte arbeiten Sie bei der Durchführung der Wöhlk-Probe im Abzug.

  • Ein Wasserbad mit einer Temperatur von 60 °C vorbereiten.

  • Das Gefäß sollte so groß sein, dass alle Proben hineinpassen.

  • Pro Probe wird ein neues RG vorbereitet und eindeutig beschriftet.

  • Im Anschluss werden 3 mL der Probe (Reaktionslösung des zu testenden Ansatzes) in das neue RG überführt.

  • Zu jeder Probe werden zunächst 2 Tropfen 10 %-ige Ammoniak-Lösung und anschließend 3 Tropfen 1 molare Kaliumhydroxid-Lösung hinzugegeben.

  • Die Proben werden für 15 bis 30 min im Wasserbad inkubiert.

  • Im Anschluss können die Ergebnisse notiert werden:

    Ist keine Verfärbung oder nur ein Gelbstich erkennbar, liegt keine Laktose vor und der Nachweis ist negativ. Verfärbt sich die Probe lachsrosa liegt Laktose in der Lösung vor, der Nachweis ist positiv.

10.4 Ergebnisinterpretation

Die Ergebnisinterpretation ist abhängig von Ihrer Fragestellung mit entsprechender Planung und Durchführung. Durch die erwähnten Adaptionsmöglichkeiten kann es sein, dass nicht alle Interpretationsmöglichkeiten auf Ihre experimentelle Planung zutreffen. Entsprechend werden hier allgemeine Ergebnisse präsentiert.

Folgende Beobachtungen sind bei der Versuchsdurchführung möglich:

  • Alginat-Kügelchen schwimmen: direkte Beobachtung der Eigenschaften von Alginat. Die Permeabilität erlaubt dem umgebenden Wasser einzudringen und führt zum Quellen der Kügelchen.

  • Gasbläschen sind an der Oberfläche der Alginat-Kügelchen zu beobachten: Sichtbarkeit der Gasentwicklung direkt an den Kügelchen, die Hefe enthalten, v. a. bei Anwesenheit von Glukose, aber ggf. reichen Zusatzstoffe in der Trockenhefe bzw. frischen Hefe ebenfalls für diese Beobachtung.

Die zu erwartenden Ergebnisse für die in ◘ Abb. 10.5 empfohlenen Ansätze sind in ◘ Tab. 10.1 zusammengestellt.

Tab. 10.1 Erwartete und häufig beobachtete Ergebnisse der Nachweisreaktionen für die empfohlenen Ansätze (Abb. 10.3). Phenolphthalein: positiv (+) farblos, negativ (-) violett dargestellt. GOD-Teststreifen: negativ (-) gelb, positiv (+) grün dargestellt. Wöhlk-Probe: Negativ (-) gelb, positiv (+) lachsrosa dargestellt. Ergebnisse, die mit einem Sternchen markiert sind, werden in den Anmerkungen behandelt. L steht für laktosefrei

Im folgenden finden Sie Anmerkungen in Bezug auf die in ◘ Tab. 10.1 mit Sternchen versehenen Ergebnisse.

  1. 1.

    Kohlendioxid: Kohlendioxid entsteht als Abfallprodukt des Stoffwechsels von S. cerevisiae. Hefen können allerdings auch andere Energiequellen wie beispielsweise Proteine nutzen (Annemüller et al., 2008; da Cruz et al., 2003). Entsprechend entfärbt sich Phenolphthalein durch Kohlendioxid-Entstehung, obwohl Milch keine Glukose enthält, gelb. (Nachweise: negativer GOD-Test bei Milch, keine Kohlendioxid-Entstehung bei Hefe in Laktose-Lösung).

  2. 2.

    GOD-Test: Die hier verwendeten GOD-Teststreifen dienen dem Glukose-Nachweis im Urin, entsprechend liegt die Farbskala der quantitativen Konzentrationsbestimmung deutlich unterhalb der hier verwendeten bzw. generierten Glukosekonzentrationen und kann somit lediglich als qualitativer Nachweis dienen. Daher kann der GOD-Test einer mit Hefe-Alginat-Kügelchen inkubierten Glukose-Lösung immer noch positiv sein, auch wenn Hefe Glukose abbaut. Der Abbau ist in dem Fall aufgrund einer zu geringen Inkubationszeit nicht vollständig verlaufen.

  3. 3.

    Wöhlk-Probe: Auch hier hat die Inkubationszeit wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse der Nachweismethode, da sie bestimmt, wie lange die Umsetzung der Edukte erfolgt. Entsprechend können auch hier die erwarteten Ergebnisse von den tatsächlichen Beobachtungen im Versuchsablauf abweichen. Bei der Wöhlk-Probe könnte es entsprechend bei unvollständigem Abbau von Laktose zu einer helleren lachsrosa Färbung kommen.

  4. 4.

    In laktosefreier Milch (L) ist die Laktose bereits in Glukose und Galaktose gespalten und kann somit direkt von Hefe weiter verstoffwechselt werden.

  5. 5.

    Da bereits Glukose in laktosefreier Milch vorliegt und der GOD-Teststreifen sehr empfindlich ist, hängt das positive Ergebnis von der Inkubationszeit ab. Wenn die Hefe genug Zeit bekommt, kann es sein, dass auch ein negativer GOD-Test auftritt.

10.5 Checkliste

Im Folgenden finden Sie eine Auflistung aller notwendiger Reagenzien und Lösungen sowie Hinweise zu deren Herstellung. Für einen reibungsfreien Ablauf der praktischen Einheit in Ihrem Unterricht können Sie mehrere Vorbereitungen treffen. Genauere Informationen dazu entnehmen Sie bitte ► Abschn. 10.2. Die Angaben und Empfehlungen in diesem Kapitel werden häufig in Gruppen angegeben. Dabei entspricht eine Gruppe zwei Schüler*innen. Sie sind darauf ausgerichtet, den Versuch pro Person einmal vollständig durchzuführen. Sie können individuell entscheiden, mit welcher Gruppenstärke Sie die Versuche durchführen wollen. Obwohl alle Schüler*innen mit ihrer eigenen Probe arbeiten, empfiehlt es sich, mindestens Zweiergruppen einzuteilen. Dadurch kann an Materialien und Geräten gespart werden und eventuell verringern Teams die Fehlerrate.

10.5.1 Reagenzien

  • Natrium-Alginat (erhältlich in der Apotheke)

  • Calciumchlorid

  • Laktase-Tabletten (erhältlich im Super- oder Drogeriemarkt)

  • Bäckerhefe (erhältlich im Super- oder Drogeriemarkt)

  • Laktose

  • Glukose

  • Milch (laktosehaltig und laktosefrei)

  • Calciumhydroxid

  • Phenolphthalein (0,1 %-ige Lösung, WINLAB)

  • MEDI TEST Glucose Teststreifen (Macherey-Nagel; bei Amazon erhältlich)

  • Ammoniak-Lösung (10 %-Lösung), nur für Wöhlk-Probe

  • Kaliumhydroxid-Lösung (1 M), nur für Wöhlk-Probe

10.5.1.1 Besonderheiten bei der Verwendung von Laktase-Tabletten

In diesen Versuchen wird mit Laktase aus Laktase-Tabletten gearbeitet. Diese sind in einer Reihe von Super- und Drogeriemärkten in verschiedenen Ausführungen erhältlich. Die Laktase-Tabletten unterscheiden sich zum einen in der Enzymkonzentration, zum anderen in ihrer Zusammensetzung. Die Enzymkonzentration wird in FCC-Einheiten (food chemical codex) angegeben; 1 FCC entspricht etwa 14,3 mg Laktase. Diese Menge wird benötigt, um etwa 1 g Laktose abzubauen. Dies bedingt die benötigte Inkubationszeit der Experimentalansätze (► Abschn. 10.3).

Wichtig

Vergewissern Sie sich, dass keine Zusatzstoffe (z. B. Saccharide, …) in den Laktase-Tabletten enthalten sind, die Ihre eigentliche Nachweisreaktion von Glukose falsch-positiv beeinflussen. Ein Nachteil sind die Tablettenfüllstoffe, da diese Einfluss auf die Reaktion selbst oder die Nachweisreaktionen haben könnten.

Tipp

Die Vorteile von Laktase-Tabletten gegenüber reiner industrieller Laktase liegen vor allem in ihrem günstigen Preis und der guten Lagerstabilität.

10.5.1.2 Der Stoffwechsel der Bäckerhefe S. cerevisiae

Bäckerhefe kann das Disaccharid Laktose nicht spalten (Schopfer, 1989, S. 4). Bei der Co-Immobilisierung von Hefe mit Laktase übernimmt das Enzym Laktase extrazellulär die Spaltung vorliegender Laktose und stellt somit den Hefezellen Glukose für ihren Stoffwechsel zur Verfügung. Beim anaeroben Abbau von Glukose durch die Glykolyse und alkoholische Gärung unter Beteiligung der Hefeenzyme entsteht gasförmiges Kohlendioxid, das man dem indirekten Nachweis zuführt (► Abschn. 10.3.3.2). Diesen Prozess macht man sich auch im Alltag zu Nutze, um beim Backen den Teig aufgehen zu lassen.

10.5.2 Vorbereitung der Lösungen

Wichtig

Denken Sie daran, am Tag vor den Versuchen die Alginat-Lösung vorzubereiten, da Natrium-Alginat sehr lange braucht, um sich vollständig zu lösen.

Tipp

Die Vorbereitung der anderen Lösungen kann je nach individueller Planung ebenfalls durch Sie im Vorfeld geschehen oder als Arbeitsaufträge an die Schüler*innen weitergegeben werden.

Alle Lösungen können entsprechend der benötigten Menge skaliert werden.

  1. 1.

    Natrium-Alginat-Lösung

    • Konzentration: 0,015 gmL−1

    • 1,5 g Natrium-Alginat in 100 mL Wasser lösen

    Über Nacht rühren lassen für vollständiges Lösen

  2. 2.

    Calciumchlorid-Lösung

    • Konzentration: 2 % ≙ 2,22 gL−1

    • 0,22 g Calciumchlorid in 100 mL Wasser lösen

  3. 3.

    Calciumhydroxid-Lösung (Kalkwasser)

    • Konzentration: gesättigt

    • So viel Calciumhydroxid in Wasser lösen, bis sich ein Niederschlag bildet.

      Dieser zeigt die Sättigung an. Lösung vom Rückstand abdekantieren und möglichst luftdicht verschließen. Idealerweise frisch zubereiten.

  4. 4.

    Laktose-Lösung

    • Konzentration: 8 % ≙ 8,65 gL−1

    • 0,87 g Laktose in 100 mL Wasser lösen

  5. 5.

    Glukose-Lösung

    • Konzentration: 8 % ≙ 14,41 gL−1

    • 1,44 g Glukose in 100 mL Wasser lösen

  6. 6.

    Hefe-Suspension

    • 5 g Trockenhefe in 50 mL Wasser suspendieren

  7. 7.

    Laktase-Lösung

    • 1 Tablette im Mörser zerkleinern und in 10 mL Wasser lösen

Wichtig

Bei Punkt 6 und 7 bitte vorsichtig umrühren um Blasenbildung zu vermeiden.

10.6 Fachwissenschaftlicher Hintergrund

10.6.1 Herstellung laktosefreier Milchprodukte

In vielen traditionellen Verarbeitungsprozessen der Milch wird Laktose abgebaut: ca. 99 % bei der Butterherstellung, ca. 90 % bei der Käseherstellung und bis zu 30 % bei der Milchsäurefermentation flüssiger Milchprodukte wie Joghurt und Kefir (Harju et al., 2012). Laktosefreie Milchprodukte wurden erstmals 1950 auf den Markt gebracht und ab 1970 auch enzymatisch prozessierte Milchprodukte, da das Enzym β-Galaktosidase zu diesem Zeitpunkt kommerziell zur Verfügung stand (Katrolia et al., 2019, S. 410–423). Das Enzym β-Galaktosidase kommt auch in vielen Organismen vor: In Tieren (alle Säugetiere), Pflanzen (u. a. Mandeln, Pfirsiche, Äpfel) und Mikroorganismen (Bakterien, Pilze und Hefen) (Chen et al., 2009; Katrolia et al., 2019, S. 410–423). Im Wesentlichen unterscheiden sich die pH-Optima der Laktase je nach Ursprungsorganismus. Da der natürliche pH-Wert von Milch in einem Bereich von 6,5 bis 6,6 liegt, werden β-Galaktosidasen aus Bakterien und Hefen bevorzugt für industrielle Prozesse verwendet (Chen et al., 2009).

Heutzutage ist Laktase eines der wichtigsten Enzyme der Lebensmittelverarbeitung (Harju et al., 2012). Die hydrolytische Spaltung von Laktose in Milchprodukten ist eine der möglichen Herangehensweisen, der Laktoseunverträglichkeit zu begegnen (Vasiljevic & Jelen, 2001). In der Regel wird eine Hydrolyse der Laktose von 80–90 % verfolgt, da das Hydrolyseprodukt Glukose zu einer Geschmacksveränderung des Milchprodukts führt (Harju et al., 2012). Laktose ist nur etwa halb so süß wie Glukose (Lomer et al., 2008). Um dieser Beschaffenheit entgegenzuwirken, wird häufig Speisesalz hinzugegeben (Harju et al., 2012). Allerdings stellt die Hydrolyse-Rate die Lebensmittelüberprüfung vor neue Herausforderungen (Mangan et al., 2019): Es gibt keine allgemeingültige Definition, ab welchem Schwellenwert Milchprodukte als laktosefrei gelten. Viele Länder haben sich auf 10–100 mg Laktose pro 100 g Produkt festgelegt (Mangan et al., 2019).

10.6.2 Verwendung von Enzymen in industriellen Prozessen

Als Biokatalysatoren erhöhen Enzyme die Rate chemischer Reaktionen, ohne selbst verändert bzw. verbraucht zu werden. Dabei verändern sie das Gleichgewicht zwischen Edukten und Produkten nicht (Robinson, 2015). Die hohe Effizienz und Selektivität enzymatischer Prozesse ist erstrebenswert für viele industrielle Prozesse (Ding et al., 2015). Entsprechend spielen sie eine Schlüsselrolle in vielen biotechnologischen Prozessen der Energie-, Lebensmittel- und chemischen Industrie, beispielsweise in der Medikamentenproduktion, der medizinischen Diagnostik oder der Herstellung von Biogas (Ding et al., 2015; Velasco-Lozano et al., 2016).

Für eine industrielle Verwendung müssen Enzyme einfach in der Handhabung, stabil gegenüber den Prozessbedingungen und wiederverwendbar sein (Velasco-Lozano et al., 2016). Allerdings sind Enzyme häufig sehr sensitiv und tendieren zur Inhibition durch zu hohe Produktkonzentrationen, dadurch wird ihre Verwendung technisch herausfordernd, v. a. in Bezug auf ihre Rückgewinnung und Wiederverwendung (Mohamad et al., 2015). Insgesamt ist der industrielle Erfolg von Enzymen nicht so hoch, wie man erwarten könnte (Rueda et al., 2016). Das liegt vor allem an ihrem biologischen Ursprung: Enzyme sind durch jahrelangen Evolutionsdruck geprägt und erfüllen in der Regel nur das Minimum, das für die Funktionalität der Zelle benötigt wird (Mohamad et al., 2015; Rueda et al., 2016). Der Bereich der Biotechnologie wächst stark und neben der Reduktion von Produktionskosten stehen auch Verbesserungen in der Produktqualität im Vordergrund (Ansari et al., 2018). Es gibt viele Versuche, die Nutzung von Enzymen für biotechnologische Prozesse zu begünstigen. Die Immobilisierung ist eine von vielen Methoden, um Kosten des Enzyms und des enzymatisch hergestellten Produkts zu reduzieren (Damin et al., 2021; Harju et al., 2012; Velasco-Lozano et al., 2016). Immobilisierung bedeutet die Limitierung des Enzyms auf einen definierten Bereich, wobei es seine katalytische Aktivität behält und für die Wiederverwendung nutzbar gemacht wird (Velasco-Lozano et al., 2016). Weitere Methoden sind beispielsweise Separationsprozesse wie die Kristallisation oder Ultrafiltration (Harju et al., 2012).

Die andauernde Optimierung der Immobilisierung von β-Galaktosidasen steht seit einigen Jahren im Fokus der Forschung (Chen et al., 2009). Es handelt sich um einen innovativen, schnell wachsenden Markt (Ansari et al., 2018). Aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks sind die meisten Herstellungsprozesse patentiert. Neben der dadurch gesteigerten enzymatischen Aktivität ist auch eine Verwendbarkeit im großtechnischen Maßstab wichtig (Ansari et al., 2018). Dabei rücken vor allem thermophile Ursprungsorganismen in den Mittelpunkt, da Enzyme aus diesen gegenüber härteren Prozessbedingungen stabiler sind (Chen et al., 2009; Vasiljevic & Jelen, 2001). Sie führen zu einer gesteigerten Reaktionsgeschwindigkeit, reduzieren das Risiko mikrobieller Kontamination und haben eine längere Halbwertszeit (Chen et al., 2009). Dabei achtet die Lebensmittelindustrie vor allem darauf, dass die verwendeten Quellen als sicher gelten(Chen et al., 2009). Eine allgemeingültige Klassifikation findet dabei durch den GRAS-Status statt, der die Unbedenklichkeit eines Stoffes als Lebensmittelzusatzstoff verifiziert (Vasiljevic & Jelen, 2001).

10.6.3 Techniken zur Enzymimmobilisierung

Die Immobilisierung (Borzouee et al., 2021) kann die Reaktivität der Enzyme verändern, u. a. durch veränderte Konformation oder einen veränderten Aggregationszustand (Velasco-Lozano et al., 2016). Trotzdem kann die Immobilisierung neben der Reduktion von Produktionskosten viele weitere Vorteile bieten, da sie die Enzyme unlöslich macht: u. a. eine Vereinfachung der Handhabung, eine gesteigerte Kontrolle des Reaktionsprozesses, die Steigerung der Enzymstabilität gegenüber Lagerung und Durchführungscharakteristiken (pH-Wert, Lösungsmittel, Substratkonzentrationen, Temperatur, inhibitorische Effekte etc.) sowie die Verringerung bzw. Vermeidung der Proteinkontamination im Produkt (Basso & Serban, 2020, S. 27–36). Außerdem kann eine Immobilisierung die Regio-, Enantio- und Chemoselektivität der Enzyme vorteilhaft beeinflussen (Velasco-Lozano et al., 2016).

Die drei häufigsten Techniken der Immobilisierung sind Adsorption, Einschluss und kovalente Bindung. Bei allen drei Arten der Immobilisierung muss beachtet werden, dass das Enzym seine chemischen und physikalischen Eigenschaften während der Immobilisierung verändert (Eş et al., 2015; Mohamad et al., 2015).

Den größten Einfluss auf diese Veränderung der Enzymeigenschaften hat die verwendete Matrix (Mohamad et al., 2015). Die Interaktion des Matrixmaterials mit dem Enzym muss, in Abhängigkeit des verwendeten Enzyms, verschiedene kinetische, mechanische und biochemische Eigenschaften haben (Mohamad et al., 2015). In der Regel gelten folgende Eigenschaften als vorteilhaft bei der Auswahl des Matrixmaterials: Hydrophilie, Inaktivität gegenüber enzymatischem Abbau, Biokompatibilität, Resistenz gegen mikrobiellen Befall, geringe Kosten. Die geläufigsten Materialien sind Stärke, Kollagen, Ionenaustausch-Harze, Silikon, Keramik, Agarose und eine Reihe von Polymeren, zu denen auch Alginat gehört (Mohamad et al., 2015). Die Immobilisierung an Makro- oder Mikrooberflächen dient in der Regel der nicht-nativen Anwendung von Enzymen, z. B. in Biosensoren oder Bioreaktoren (Ding et al., 2015). Allerdings limitiert sie die Leistungsfähigkeit aufgrund der Verzerrung nativer Strukturen, sterischer Hinderung und verlangsamter Diffusionsraten (Ding et al., 2015). Die drei häufigsten Techniken sind in ◘ Abb. 10.10 schematisch dargestellt (Eş et al., 2015; Mohamad et al., 2015).

Abb. 10.10
figure 10

Schematische Darstellung der drei häufigsten Arten der Enzymimmobilisierung. Physikalische Adsorption über schwache Wechselwirkungen, wie Van-der-Waals Kräfte oder Wasserstoffbrücken; Einschluss des Enzyms in eine poröse Matrix, die eine Diffusion von Substraten, aber nicht des Enzyms erlaubt; und kovalente Bindung der Enzyme untereinander. Enzyme sind durch rote Formen und die verwendete Immobilisierungseinheit durch blaue Formen dargestellt

Die physikalische Adsorption von Enzymen ist die einfachste Art der reversiblen Immobilisierung. Die Adsorption wird durch schwache unspezifische Kräfte wie z. B. Van-der-Waals Kräfte, hydrophobe Interaktionen oder Wasserstoffbrücken hervorgerufen (Eş et al., 2015). Ein großer Vorteil ist, dass die Enzyme unter milden Bedingungen wieder von der Matrix gelöst werden und durch neue Enzyme ersetzt werden können. Dies wird notwendig, sobald verwendete Enzyme ihre Funktionalität verlieren (Mohamad et al., 2015). Entsprechend ist diese Methode vor allem aus ökonomischer Sicht sinnvoll, da die Kosten des Matrixmaterials einen primären Faktor der Gesamtkosten von immobilisierten Enzymen darstellen (Mohamad et al., 2015).

Der Einschluss ist eine irreversible Methode der Immobilisierung. Polymere Membranen erlauben den Austausch von Edukten und Produkten, während das Enzym in der Matrix verbleibt (Eş et al., 2015). Einige Vorteile des Einschlusses sind, dass die mechanische Stabilität erhöht werden kann und das Enzym nicht chemisch mit der Matrix interagiert, wodurch die Denaturierung oder Entartung verhindert wird (Mohamad et al., 2015). Außerdem bietet diese Methode durch Modifikation der Matrix die Möglichkeit, eine ideale Mikroumgebung für das Enzym zu schaffen, z. B. pH-Wert oder Polarität (Eş et al., 2015; Mohamad et al., 2015). Die einfachste und häufigste Anwendung des Einschlusses liegt in der Verwendung polyanionischer bzw. -kationischer Polymere, die unter Zugabe von Gegenionen geliert werden (Mohamad et al., 2015). Neben Alginat können dafür auch Gelatine, Polyacrylamid und andere Polymere verwendet werden. Alginat wird am häufigsten verwendet, da es unter milden Bedingungen geliert und ungiftig ist (Eş et al., 2015; Mohamad et al., 2015). Trotzdem ist der Einschluss als Immobilisierungsmethode teilweise limitiert, v. a. durch die Porengröße, die beeinflusst, bis zu welcher Größe Substrate ungehindert diffundieren können (Mohamad et al., 2015). Außerdem kann es zur Inaktivierung des Enzyms kommen und teilweise sind die Matrices in ihrer Ladekapazität eingeschränkt. Des Weiteren kann es zu einem Abtrag des Materials während der Nutzung kommen (Mohamad et al., 2015).

Entsprechend wird die dritte Alternative der kovalenten Bindung bzw. Quervernetzung für die irreversible Immobilisierung am häufigsten verwendet (Eş et al., 2015). In der Regel werden die Enzyme über Enzymreste von Lysin, Cystein, Aspartat oder Glutamat verknüpft (Mohamad et al., 2015). Die Aktivität des Enzyms ist im Anschluss von mehreren Faktoren abhängig: Größe, Form und Zusammensetzung des Verbindungsmaterials sowie Art der Bindung (Eş et al., 2015). Allerdings bietet die kovalente Bindung auch die Möglichkeit zur Immobilisierung ohne die Verwendung einer Trägermatrix (Velasco-Lozano et al., 2016).

Es konnte gezeigt werden, dass durch die Integration von Nanopartikeln wie Quantum Dots oder Carbon-Nanotubes die Enzymaktivität während der Immobilisierung verbessert werden kann (Ding et al., 2015). Dadurch können zum einen Kosten des Trägermaterials eingespart und zum anderen die Temperaturstabilität erheblich erhöht werden (Velasco-Lozano et al., 2016). Allerdings sind diese Verbindungen sehr sensibel gegenüber pH-Wert-Schwankungen sowie mechanischer Krafteinwirkung (Velasco-Lozano et al., 2016).

10.6.4 Alginat – von der molekularen Küche bis hin zur großindustriellen Anwendung

Als Alginat werden die Salze der Alginsäure bezeichnet. Bei Alginsäure handelt es sich um ein 1,4-glykosidisch verknüpftes lineares Polysaccharid, welches sich aus den beiden Zuckersäuren α-L-Guluronsäure und β-D-Mannuronsäure zusammensetzt (◘ Abb. 10.11). Seine Struktur ist nicht alternierend, sondern es kann zu Bereichen reiner Guluronsäure (GG-Blöcke) oder Mannuronsäure (MM-Blöcke) kommen (Zimmermann et al., 2005). Alginat wird vor allem von Braunalgen gebildet und dient dort als interzelluläres Strukturelement der Zellwände, wodurch sowohl die Flexibilität als auch die Festigkeit der Algen zustande kommt. Industriell fällt Alginsäure aus Braunalgen meist als Nebenprodukt der Iod-Gewinnung an.

Abb. 10.11
figure 11

Alginat Struktur und deren schematische Darstellung der Quervernetzung mit zweiwertigen Kationen. Alginsäure besteht aus den beiden Säurezuckern β-D-Mannuronsäure und α-L-Guluronsäure, welche 1,4-glykosidisch miteinander verknüpft sind. Dabei können folgende Polysaccharid-Fragmente entstehen: MM-Böcke, MG-Blöcke und GG-Blöcke. Mit mehrwertigen Kationen können die Carboxy-Gruppen interagieren, wodurch Quervernetzungen entstehen. Dies ist nur mit GG- und MG-Blöcken möglich, da bei ihnen das Kation, wie in einem Eierkarton eingebettet werden kann. Über einen Kationenaustausch kann somit die Gelierung des Alginats erfolgen

Allerdings extrahiert die Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikindustrie Alginat auch direkt aus Braunalgen. Dabei werden jährlich 30.000 Tonnen Alginat gewonnen, diese machen weniger als 10 % des zusätzlich biosynthetisch hergestellten Alginats aus (Pawar & Edgar, 2012). Mit einwertigen Kationen ist Alginat wasserlöslich, doch sobald die Carboxy-Gruppen über mehrwertige Kationen quervernetzt werden, geliert es. Dabei spielen die GG- und MG-Blöcke eine besondere Rolle, da zwischen ihnen das mehrwertige Kation wie in einem Eierkarton eingelagert wird (Zimmermann et al., 2005). Im Gegensatz zu GG-Blöcken sind die Quervernetzungen der MG-Blöcke schwächer. Die Affinität von Alginat zu verschiedenen bivalenten Kationen unterscheidet sich und nimmt in dieser Reihenfolge ab: Pb > Cu > Cd > Ba > Sr > Ca > Co, Ni, > Zn > Mn. Trotzdem wird Calcium industriell am häufigsten verwendet (Pawar & Edgar, 2012). ► Abb. 10.11 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten zur Quervernetzung von Alginat mit Ca2+-Ionen.

Es gibt zwei Methoden zur Gelierung von Alginat mit Calcium. Erstens Diffusion, dabei wird die Calcium-Lösung extern hinzugegeben und führt zu einem Konzentrationsgradienten von Calcium im Alginatgel. Zweitens die innere Reaktion, bei der eine unlösliche Calcium-Quelle in der Alginat-Lösung enthalten ist und durch eine kontrollierte Veränderung der Umgebungsbedingung (z. B. über den pH-Wert) frei wird. Das führt zu einer konstanten Calciumkonzentration innerhalb des Alginat-Gels. In diesem Versuchsteil wird mit der Diffusionsmethode gearbeitet.

Als natürliches Polysaccharid spielt Alginat eine große Rolle in der Biomedizin. Beispiele dafür sind die Verwendung als Wundverband, die Behandlung chronischer Entzündungen bei Zystischer Fibrose oder die Verkapselung lebender Zellen oder Medikamente (Boateng et al., 2008; Pawar & Edgar, 2012; Ramsey & Wozniak, 2005). Letzteres gehört zum Bioengineering und stellt hohe Ansprüche an das verwendete Material, nämlich die Bereitstellung einer physikalischen und chemischen Umgebung, die von biologischen Objekten (z. B. lebenden Zellen) bevorzugt wird. Die Verwendung von Alginat hat diesbezüglich viele Vorteile. Es ist hydrophob, biokompatibel und nicht immunogen (Pawar & Edgar, 2012). Wird die Quervernetzung von Alginat durch Ionen hervorgerufen, spricht man von physikalischen Gelen, welche bereits ein breites Anwendungsgebiet haben (u. A. Lebensmitteladditiv, E400) (Draget et al., 2005, S. 1–30).

Darüber hinaus gibt es Ansätze, Alginat kovalent zu vernetzen und es dadurch für weitere Anwendungsfelder verfügbar zu machen, beispielsweise für die Ionen-Austauschchromatographie, superschwellende Materialien, Pervaporation (z. B. Dehydrierung von Wasser-Alkohol-Gemischen), Trennung optischer Isomere (Grasselli et al., 1993; Hoon Kim et al., 2003; Moe et al., 1993).

10.7 Didaktische Überlegungen für Ihren Unterricht

10.7.1 Lehrplanbezug und Kompetenzförderung

Auch wenn Alginat-Kügelchen hier als Reaktionsraum in den Kontext der Proteinchemie und Enzymkinetik gestellt werden, haben diese im Unterricht ein multiperspektivisches und fächerübergreifendes Potenzial, sodass sich das hier vorgestellte Modul für den Einsatz sowohl in unterschiedlichen Jahrgangsstufen als auch in unterschiedlichen Unterrichtsfächern, z. B. der Chemie eignet.

Arbeiten mit Basiskonzepten: Anhand der Alginat-Kügelchen lässt sich das Konzept der Kompartimentierung demonstrieren und das Standardbeispiel der Biomembran erweitern. In diesem Zusammenhang kann die Notwendigkeit der Immobilisierung von Enzymen in industriellen Prozessen aufgegriffen und vertieft werden (► Abschn. 10.6.2).

Chemische Bindungen und daraus resultierende Eigenschaften. Alginat gehört zu den Kohlenhydrat-Polymeren und bietet dadurch eine gute Alternative zu den Standardbeispielen Stärke und Zellulose. Mit Blick auf die Kohlenhydratchemie bietet sich daher die horizontale Vernetzung über das Struktur-Eigenschafts-Konzept am Beispiel der Polymere Stärke, Alginat und Agarose an. Im direkten Vergleich von Alginat und Agarose können die Eigenschaften der chemischen Bindungen sehr anschaulich gezeigt werden. Sowohl bei Agarose, als auch bei Alginat handelt es sich um physikalische Gele, die allerdings auf verschiedenen Bindungstypen basieren. Alginat geliert basierend auf ionischen Bindungen zwischen den Polymerketten und Metallionen, während Agarose helicale Strukturen durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen -NH und -OH Gruppen bildet. Besonders Wasserstoffbrücken können hier als Typ chemischer Bindungen aufgegriffen werden, da Schüler*innen bei diesen häufig Verständnisschwierigkeiten haben.Footnote 2

Diese Struktur-Eigenschafts-Beziehungen eignen sich hervorragend für Projekte im Rahmen des Forschenden Lernens, da diese über geeignete Fragestellungen häufig mit simplen Mitteln untersucht werden und darüber hinaus über den Ebenenwechsel (mikroskopisch – makroskopisch) direkt erfahrbar gemacht werden können, wodurch im Idealfall ein Conceptual Change erreicht wird (► Abschn. 9.6.3). Alginat wird als für uns essbares Kohlenhydrat-Polymer für den Einschluss des Enzyms genutzt. Durch den Vergleich von Struktur-Eigenschafts-Beziehungen können weitere Forschungsfragen aufgeworfen werden:

  • Welche Kohlenhydrat-Polymere sind essbar und können vom Menschen verwertet werden?

  • Welche Eigenschaften haben Kohlenhydrat-Polymere, die nicht verdaut werden können?

  • Warum ist es in Laboren häufig wichtig, dass Polymere nicht oder nur schlecht biologisch, z. B. durch Mikroorganismen, abgebaut werden können?

Die letzte Frage knüpft an die Herstellung laktosefreier Milch in diesem Kapitel unmittelbar an: Warum ist es für das hier durchgeführte Experiment wichtig, dass weder Hefe noch Laktase Alginat abbauen können? Diese Fragen können gemeinsam beantwortet und auf die daraus folgenden Spezies-Unterschiede (Mensch vs. Hefe) eingegangen werden. Welche Folgen hätte es für das Experiment, wenn Hefe oder Laktase das Alginat abbauen könnten?

Gesundheitliche Perspektive. Die Bezugnahme auf den Themenbereich Gesundheit findet sich z. B. mit dem Thema gesunde Ernährung nahezu in allen Rahmenlehrplänen und bietet die Möglichkeit, an das Interesse und die alltäglichen Erfahrungen von Schüler*innen anzuknüpfen. Beginnend bei der Laktoseintoleranz (► Kap. 9) sowie den hier vorgestellten Zusammenhängen können Sie den thematischen Aspekt „Zucker“ erweitern und Laktase-Nicht-Persistenz mit Diabetes in Bezug auf die industrielle Herstellung von Laktase und Insulin vergleichen sowie weitere Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten. Laktose bietet in dem Kontext auch ein gutes Modellbeispiel für weitere Zucker, die verschiedenen Lebensmitteln zugesetzt werden. Dieser Aspekt eröffnet die Diskussion über modernes Ernährungsverhalten anhand von Zusatzstoffen in (verarbeiteten) Lebensmitteln.

Ökonomische Perspektive. Alginat wird aus Braunalgen gewonnen und ist ein Abfallprodukt, dennoch kommt es in vielen industriellen Zweigen zum Einsatz, z. B. Kosmetik. Damit können Förderketten und Verwendungszwecke reflektiert werden, sowie der Recycling- oder „zero waste“-Charakter aus anderer Sicht betrachtet werden. An der Stelle lassen sich auch Berufsmöglichkeiten im MINT-Bereich aufzeigen, z. B. die Entwicklung von Anwendungen für „Abfallprodukte“.

In der folgenden Tabelle finden Sie beispielhaft am Bayerischen Lehrplan thematische Anknüpfungspunkte, die sich für das Forschende Lernen anbieten (◘ Tab. 10.2). Teilweise können diese abweichen, abhängig von Ihrem gewählten Schwerpunkt.

Tab. 10.2 Kompetenzerwartungen und Inhalte am Beispiel ausgewählte Lern- bzw. Themenbereiche der Bildungspläne am Beispiel des bayerischen Lehrplans (S. f. S. u. B. ISB, 2022)

10.7.2 Forschendes Lernen am Beispiel der Herstellung laktosefreier Milchprodukte

10.7.2.1 Erkenntnisgewinnung in den Lebens- und Naturwissenschaften

Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht neben dem konzeptuellen Wissenserwerb die experimentelle Erkenntnisgewinnung als fächerübergreifende Arbeitsweise in den Lebens- und Naturwissenschaften. Der Diskurs zu Maßnahmen während der Corona-Pandemie oder der Fokus auf den Klimawandel haben eindrücklich die Wichtigkeit einer naturwissenschaftlichen Grundbildung (scientific literacy: Bybee, 2004) gezeigt, um Schüler*innen auf der Basis von Wissen und Verständnis naturwissenschaftlicher Konzepte und Arbeitsweisen zu gesellschaftlicher Teilhabe zu befähigen. Scientific literacy ermöglicht es, Diskurse über Zukunftsthemen wie die Gesundheit oder Wege zur Sicherung des gesellschaftlichen Wohlstands unter Berücksichtigung ethischer Gesichtspunkte evidenzbasiert zu führen. Entsprechend erhalten diese Kompetenzen schon länger Eingang in die Bildungspläne der Bundesländer(z.B. ISB, 2022) und Bildungsstandards (KMK, 2020).

Neben naturwissenschaftlichen Fakten und Konzepten sollen Schüler*innen verstehen, auf welche Weise in den Naturwissenschaften Untersuchungsergebnisse gewonnen und wie sie interpretiert werden. Im Rahmenkonzept wissenschaftsmethodischer Kompetenzen (Mayer, 2007) werden daher drei Dimensionen unterschieden: (1) Praktische Arbeitstechniken (practical work), (2) wissenschaftliche Erkenntnismethoden (scientific inquiry) und (3) Charakteristika der Naturwissenschaften (nature of science: Flick & Lederman, 2004; Lederman et al., 2002). Experimentieren als exemplarische naturwissenschaftliche Arbeitsweise zielt damit im Biologieunterricht auf die Verknüpfung von Theorie und Praxis. Zur Theorie zählt hier sowohl Fachwissen (Fakten, Prinzipien, Konzepte) als auch Methodenwissen, das ein Verständnis für naturwissenschaftliche Methoden und ihre Grenzen sowie für Zweck und Funktion einzelner Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens umfasst (Arnold, 2015). Die Praxis ist dagegen gekennzeichnet durch die Anwendung von Arbeitstechniken und Durchführung von Experimenten. Schüler*innen sollen sowohl experimentelle Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, Methoden und Techniken kennenlernen, als auch Einblicke in das wissenschaftliche Denken erhalten (Mayer & Ziemek, 2006). Dabei wird das wissenschaftliche Denken als naturwissenschaftliches Problemlösen verstanden (Klahr, 2000; Klahr & Dunbar, 1988; Mayer, 2007). Experimentieren als Problemlöseprozess lässt sich in folgende Schritte sequenzieren (Duit & Mikelskis-Seifert, 2010; Klahr, 2000; Mayer & Ziemek, 2006; Nerdel, 2017):

  1. (1)

    Fragestellungen und Hypothesen ableiten: Ausgehend von bekannten Theorien und Modellen oder aus explorativen Daten werden Untersuchungsfragen und begründete Vermutungen abgeleitet. Hypothesen sind dabei immer so zu formulieren, dass sie auch durch Experimente widerlegt werden können.

  2. (2)

    Aussagekräftige Experimente planen: Zur Überprüfung der Hypothesen werden Experimente geplant, mit denen vermutete Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Variablen bestätigt oder verworfen werden können. Hierfür ist Variablenkontrolle und systematisches Vorgehen erforderlich. Im einfachsten Fall werden je ein Experimental- und Kontrollansatz vorbereitet (mit bzw. ohne Einwirkung der zu überprüfenden Variable, ► Abschn. 10.3). Experimente, bei denen mehrere Variablen gleichzeitig verändert werden, lassen dagegen keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Wirkung einer mutmaßlichen Ursache zu.

  3. (3)

    Durchführung von Experimenten: Hierzu gehört die Vorbereitung der benötigten Materialien sowie der Aufbau der Versuchsanordnung. Bei der Durchführung werden die ablaufenden Prozesse beobachtet und/oder gemessen. Vorgehen, Ablauf, Beobachtungen und Messwerte werden in geeigneter Weise dokumentiert (Beschreibungen, tabellarische Übersichten, Zeichnungen, Fotos etc.). Hierzu gehören insbesondere von der Planung abweichendes Vorgehen oder unvorhergesehene Ereignisse.

  4. (4)

    Ergebnisse auswerten und interpretieren, Gültigkeit der Hypothesen: Die Daten werden grafisch und/ oder mathematisch ausgewertet, Zusammenhänge beschrieben und ihre Aussage mit Blick auf Forschungsfrage und Hypothesen interpretiert. Hierzu können z. B. Trends aus den Daten herausgelesen werden. Zur Interpretation der Ergebnisse und einer abschließenden verallgemeinernden Aussage zur Gültigkeit der Hypothese (Bestätigung vs. Falsifikation) gehört eine kritische Reflexion der Aussagekraft der Daten unter Berücksichtigung der verwendeten Forschungsmethodik und möglichen Limitationen. Die Darstellung der Ergebnisse muss intersubjektiv überprüfbar und anhand der Planung und Durchführung reproduzierbar sein.

Zur Förderung des wissenschaftlichen Denkens wird das Forschende Lernen als Methode im Biologieunterricht empfohlen (KMK, 2005; Mayer & Ziemek, 2006). Beim Forschenden Lernen werden ausgehend von authentischen Problemsituationen (► Abschn. 10.7.2) Fragestellungen und Hypothesen abgeleitet, Experimente und Untersuchungen geplant, durchgeführt und ihre Daten ausgewertet. Forschendes Lernen ist konstruktivistisch und kollaborativ angelegt, d. h. Schülerinnen und Schüler arbeiten selbstständig in kleinen Gruppen und konstruieren gemeinsam Wissen, wobei die Lehrperson als Moderator den Forschungsprozess der Lernenden unterstützt (Arnold et al., 2017). Auch wenn das Forschende Lernen sich in vielen Untersuchungen als lernwirksam erweist (zusammenfassend z. B. Arnold et al., 2017), ist diese Unterstützung insbesondere für Schüler*innen mit geringerem inhaltlichen und methodischen Vorwissen erforderlich, um diese nicht durch zu große Offenheit in der Bearbeitung der Problemsituation oder Fragestellung zu überfordern (Kirschner et al., 2006). Der Grad der Eigenständigkeit der Schüler*innen beim Experimentieren und die Hilfestellungen müssen entsprechend auf die Lerngruppe abgestimmt sein ◘ Tab. 10.3. (Mayer & Ziemek, 2006).

Tab. 10.3 Grad der Selbstständigkeit beim Experimentieren aus Sicht der Schüler*innen. (Nach Mayer & Ziemek, 2006)

Beim Forschenden Lernen wird der zyklische Prozess des Problemlösens von der Fragestellung bis zur Interpretation der Daten von den Schüler*innen mit mehr oder weniger Unterstützung durch die Lehrkraft durchlaufen. Hier sollten häufig berichtete Schwierigkeiten von den Schüler*innen berücksichtigt werden.

10.7.2.2 Schwierigkeiten beim Experimentieren

Auch wenn sich Schüler*innen mit dem Experiment als naturwissenschaftliche Arbeitsweise zur Erkenntnisgewinnung im schulischen Kontext vorwiegend auseinandersetzen, haben sie bereits durch alltägliche und medial vermittelte Erfahrungen Vorstellungen über das Experimentieren entwickelt (Duit & Treagust, 2003; Jong & van Joolingen, 1998). Entsprechend sollten auch diese bei der Unterrichtsplanung zum Forschenden Lernen berücksichtigt werden.

Hypothesen generieren. Schüler*innen haben häufig Schwierigkeiten, Hypothesen zu generieren (Chinn & Brewer, 1993), z. B. werden Hypothesen nicht verworfen, weil falsche Schlüsse aus widersprüchlichen Daten gezogen werden. Darüber hinaus werden widersprüchliche Daten auch ignoriert, um an der ursprünglichen Annahme festzuhalten, anstatt neue Hypothesen zu formulieren Schüler*innen fällt es darüber hinaus schwer, Alternativhypothesen oder widerlegbare Hypothesen zu formulieren (Dunbar, 1993; van Joolingen & Jong, 1993).

Experimente planen. Schüler*innen planen häufig nicht aussagekräftige Experimente und gehen bei der Überprüfung von Hypothesen nicht systematisch vor. Sie verändern beispielsweise mehrere Variablen gleichzeitig oder solche Variablen, die für die Überprüfung der Hypothesen nicht relevant sind, sodass keine gültigen Schlussfolgerungen aus dem Experiment gezogen werden können. Manche Experimente produzieren lediglich gewünschte Ergebnisse und dienen der Prozessoptimierung, anstatt die Hypothesen zu testen und das theoretische Modell dahinter zu verstehen (engineering approach: Schauble et al., 1991). Dieser Ansatz führt zu einer eingeschränkten Suche nach Lösungsoptionen und zum Fokus auf erfolgversprechende Variablen (Hypothesenbestätigung).

Interpretation von Daten. Bei der Datenauswertung und -interpretation finden erfolgreiche Lerner in der Regel mehr Gesetzmäßigkeiten in den Daten als weniger erfolgreiche Lerner (Schauble et al., 1991). Häufig werden Daten fehlinterpretiert. Schüler*innen suchen vorzugsweise Ergebnisse, die die Hypothese bestätigen, anstatt sie zu widerlegen (confirmation bias: Jong & van Joolingen, 1998). Dabei scheint die Hypothese die Dateninterpretation zu leiten, anstatt die Dateninterpretation gezielt darauf auszurichten, widersprüchliche Befunde zur Hypothese zu suchen. Auch bei der Erstellung von Diagrammen, die zur grafischen Datenauswertung herangezogen werden können, wurden verschiedene Schwierigkeiten beobachtet (Kotzebue et al., 2015; Lachmayer, 2008).

10.7.2.3 Variable Adaption und modulare Umsetzung

Die hier vorgestellten Versuchsansätze (► Abschn. 10.3) lassen aufgrund ihrer Struktur eine Vielzahl an Variationsmöglichkeiten zu. Somit kann man individuellen Bedürfnissen, z. B. mit Blick auf den apparativen Aufwand, Anforderungen an Raum, Ort und Zeitbedarf, sowie der Unterstützung der Schüler*innen im Lehr-Lern-Prozess gerecht werden. Der modulare Aufbau ermöglicht neben der Umsetzung im Regelunterricht eine Erweiterung auf einen Nachmittag oder sogar auf eine Projektwoche. ◘ Abb. 10.12 zeigt eine schematische Übersicht der Modularisierung, des Zeitaufwands und möglicher Ansatzpunkte für die Individualisierung.

Abb. 10.12
figure 12

Übersicht der Adaptionsmöglichkeiten des Versuchs Enzymimmobilisierung im Klassenraum. Dieser Versuch lässt aufgrund seiner Struktur eine Breite an Variationsmöglichkeiten zu. Neben der vollständigen Implementation können verschiedene Bereiche weggelassen werden, ohne die Kernaussage des Versuchs (Nachweis des Laktose-Abbaus in Milch durch co-immobilisierte Hefe und Laktase) zu beeinträchtigen

Neben der vollständigen Implementation in den Biologieunterricht kann didaktisch reduziert werden, ohne die Kernaussage des Versuchs (Laktose-Abbau und -Nachweis in Milch durch Co-Immobilisierung von Laktase (Abbau Laktose) mit Hefe (Nachweis des Reaktionsprodukts Glukose) in Alginat-Kügelchen) zu verändern. Je nach Schwerpunktsetzung können Teilbereiche zur Durchführung ausgewählt werden.

  1. 1.

    Herstellung der Alginat-Kügelchen – Fokus auf Struktur-Eigenschafts-Beziehungen

Hierbei bietet sich die micro scale-Variante an (◘ Abb. 10.4). Durch die praktische Umsetzung der Herstellung von Alginat-Kügelchen, können Struktur-Eigenschafts-Beziehungen experimentell nachvollzogen werden, ohne die Kügelchen für einen Einschlussversuch weiter zu nutzen. Trotzdem kann die Aufgabe in einen alltagsbezogenen Kontext gesetzt werden, z. B. Gelbildner in der Küche (Alginat, Gelatine). So wird eine Durchführung des Versuchs bereits in jüngeren Jahrgangsstufen (z. B. Natur und Technik) möglich, ohne die Aspekte der Enzymkinetik in den Unterricht zu integrieren. Um trotzdem den vollständigen Weg der Erkenntnisgewinnung zu durchlaufen, bieten sich zwei Themenbereiche an. Erstens die oben beschriebenen Gel-Unterschiede mit der Überprüfung physikalischer Einflüsse, z. B. wie reagiert Alginat auf Hitze, Kälte, Druck, Reißen etc. Zweitens die Herstellung der Kügelchen an sich, z. B. eingebettet in die Forschungsfrage „Wie werden die rundesten Kugeln hergestellt?“. Dabei können Teilbereiche der Versuchsdurchführung variiert werden, z. B. Tropfhöhe, Schwenk-/Rührgeschwindigkeit, Haltbarkeitsstudien, Lagerungsparameter (feucht, trocken, kühl etc.). Für die Umsetzung im Unterricht sollten 30 Minuten eingeplant werden.

  1. 2.

    Vorbereitung der Reaktionsansätze: Abbau von Laktose durch Laktase

Vorab hergestellte Alginat-Kügelchen können von den Schüler*innen direkt für ihre Experimente mit immobilisierten Enzymen verwendet werden. Die zusätzliche Zeit könnte im Unterricht genutzt werden, um Schüler*innen im Sinne des Forschenden Lernens zu ermöglichen, eigenen Hypothesen nachzugehen und ihre Experimente passend zur gewählten Fragestellung zu planen. Dabei kann der Grad der Offenheit beim Experimentieren frei gewählt werden (vgl. Mayer & Ziemek, 2006). Durch die thematische Schwerpunktsetzung wird die Anzahl an Experimenten und damit die Auswahl an Alginat-Kügelchen-Varianten bestimmt. Durch eine geschickte Wahl kann das dazu führen, dass die Umsetzung im Unterricht weiter reduziert werden kann. Beispielsweise könnten nur Hefe-Alginat-Kügelchen zur Analyse der Zucker-Verstoffwechselung von Hefe in verschiedenen Zuckerlösungen (Konzentrationsreihe oder Zuckersorten, z. B. Saccharose, Fructose) zur Verfügung stehen. Für die praktische Umsetzung im Unterricht sollten 30 Minuten eingeplant werden. Diese Angabe muss um den zeitlichen Rahmen, den Sie Ihren Schüler*innen für den Entwurf ihrer eigenen Ansätze geben, erweitert werden.

  1. 3.

    Nachweisreaktionen

Nachweisreaktionen ermöglichen die Analyse des Reaktionsverlaufs. Der Aufbau der Reaktionsansätze, wie in ◘ Abb. 10.5 vorgestellt, erlaubt die direkte Visualisierung des Reaktionsverlaufs durch Entfärbung des Phenolphthaleins in Kalkwasser.Footnote 3 Kohlendioxid entsteht nur bei Stoffwechselvorgängen der Hefe, die wiederum nur Glukose (und nicht Laktose) umsetzen kann. Entsprechend ist die Durchführung weiterer Nachweisreaktionen optional und richtet sich nach dem Grad der gewünschten Intensivierung. Unter Verwendung von Teststreifen dauert der GOD-Test etwa zehn Minuten (ca. 100 Proben). Für die Durchführung der Wöhlk-Probe sollten 30 Minuten eingeplant werden. Darüber hinaus kann der GOD-Test und die Wöhlk-Probe auch unabhängig vom vorgestellten Kontext im Unterricht mit Milchprodukten durchgeführt werden (◘ Abb. 10.8 und ◘ 10.9). Die Kernaussage des Versuchs kann so allerdings nicht mehr berücksichtigt werden.

10.8 Online-Material

Zur weiteren Vertiefung steht Ihnen zusätzliches Material online zur Verfügung (sn.pub/rEt5bJ). Unter anderem finden Sie dort die Flussdiagramme in detaillierter Ausführung. Diese eignen sich als Arbeitsanweisungen für Schüler*innen für die praktische Umsetzung und können direkt ausgedruckt werden. Entsprechend stehen Ihnen auch die Bild- und Videodateien zur Nutzung im Unterricht zur Verfügung. Des Weiteren finden Sie dort verschiedene Aufgabenformate zu versuchsspezifischen Fragen. Online haben Sie die Möglichkeit, sich aus diesen individuelle Arbeitsblätter zusammenzustellen. Die Musterlösungen werden Ihnen dort ebenfalls angegeben.

Beispiel

Auszug eines Arbeitsblatts für Food Wars Episode II.

Industrielle Prozesse erfordern unter anderem eine hohe Kontrolle des Reaktionsprozesses und eine Reduktion der Produktionskosten bei enzymatischen Prozessen.

  1. a.

    Definieren Sie den Begriff Enzymimmobilisierung.

  2. b.

    Nennen Sie die drei häufigsten Arten der Enzymimmobilisierung, erklären Sie deren unterschiedliche Mechanismen und geben Sie mögliche Vor- und/oder Nachteile der jeweiligen Immobilisierung an.

  3. c.

    Zeichnen Sie eine Art der Enzymimmobilisierung Ihrer Wahl.

Das hier vorgestellte Versuchskonzept kann ohne weitere Sicherheitsregularien an Schulen durchgeführt werden. Trotzdem können Sie online die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter abrufen (sn.pub/rEt5bJ).

10. Zusammenfassung

Zucker und Enzyme, beides sind umfangreiche Themenkomplexe, die in den Lehrplänen an verschiedenen Stellen adressiert werden können. Im Kontext der laktosefreien Milchprodukte können sie miteinander verbunden werden, wodurch gleichzeitig Präkonzepte der Schüler*innen zur Enzymkinetik und Stoffwechsel adressiert werden können. Das vorgestellte Versuchssetting ist sehr adaptiv und lässt sich u. a. wegen seines micro scale-Charakters einfach auf Experimente im Rahmen des Forschenden Lernens ausweiten Dieses Kapitel enthält eine detaillierte Anleitung zur Durchführung mit wichtigen Hinweisen, wie Sie typische Fehler adressieren können. Zusätzlich enthält es eine Einleitung zu den Versuchsvariablen und Hintergründen zur industriellen Herstellung laktosefreier Milchprodukte und Enzymimmobilisierung.