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Hundeprotokolle, Honigkomödie. Rincks Kippfiguren

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Monika Rinck

Part of the book series: Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ((KSDG,volume 10))

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Zusammenfassung

Der Artikel untersucht die Kippfiguren Monika Rincks und wie sie sich diese in ihrer Auseinandersetzung mit der literarischen Tradition wiederfinden. Ausgehend von Rincks Lesart der Penthesilea aus ihrer Rede zur Verleihung des Kleist-Preises 2015 wird gezeigt, wie sie die Grenze von Witz und Gewalt ebenso wie die Unterscheidung von Tragödie und Komödie unterläuft und hinterfragt (worin sich eine Parallele zu ihrer Auseinandersetzung mit Büchner in Risiko und Idiotie finden lässt); wie in ihren Äußerungen zur Idiotie (die sich mit Rückgriff auf Jean Paul erfassen lassen) als einer Haltung des Lesens und Schreibens, die einerseits auf sich fixiert bleibt, dadurch aber Gefahr läuft, sich auf den eigenen Horizont zu beschränken, stets die Gefahr des Umkippens in die Dummheit mitgedacht wird; und wie ihre Überlegungen zur Anagrammatik (auch mit Bezug zu Kleist und Jean Paul), die Elemente aufeinander bezieht, gleichsetzt und aufhebt, versuchen, Inversion verfahrenstechnisch zu denken und umzusetzen. Das Kippen zwischen den Registern und die damit einhergehende Grenzüberschreitung wird als wesentlicher Baustein von Rincks Poetologie ausgemacht.

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Notes

  1. 1.

    Meike Fessmann: „Aber leben kann man davon nicht.“ In: Süddeutsche Zeitung (27.05.2019), URL: https://www.sueddeutsche.de/kultur/deutsche-literatur-aber-leben-kann-man-davon-nicht-1.4464519 (letzter Aufruf: 02.05.2022).

  2. 2.

    Christian Metz: Poetisch denken. Die Lyrik der Gegenwart. Frankfurt a. M. 2018, 42–69; zu Rinck: 73–156.

  3. 3.

    Heinrich von Kleist: „Komödienzettel“ [1808]. In: Sämtliche Erzählungen, Anekdoten, Gedichte, Schriften. Hg. von Klaus Müller-Salget. Frankfurt a. M. 2005, 412.

  4. 4.

    Monika Rinck: „‚Helden und Köter und Fraun‘. Rede zur Verleihung des Kleist-Preises 2015“. In: Kleist-Jahrbuch 2016, 11–18, hier 14.

  5. 5.

    Vgl. Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 17.

  6. 6.

    Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 18.

  7. 7.

    Vgl. Tina-Karen Pusse: „Lachen“. In: Ingo Breuer (Hg.): Kleist-Handbuch. Stuttgart 2009, 342–344, hier 343.

  8. 8.

    Und mit Freud kann man sagen, dass jeder Witz auf Kosten anderer geht, selbst der harmloseste ist immer schon ein Angriff auf hemmende Instanzen. Vgl. Sigmund Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten [1905]. In: Psychologische Schriften (Studienausgabe, Bd. 4). Limitierte Sonderausgabe. Frankfurt a. M. 2000, 9–219, 125–126.

  9. 9.

    Zur Penthesilea vgl. Bettine Menke: „Körper-Bild und -Zerfällung, Staub. Über Heinrich von Kleists Penthesilea.“ In: Claudia Öhlschläger/Birgit Wiens (Hg.): Körper – Gedächtnis – Schrift. Der Körper als Medium kultureller Erinnerung. Berlin 1997, 122–156; zum Witz Bettine Menke: „Exzess der Performanz – Interventionen der/in die Schrift. Kleists Witz.“ In: Daniel Tyradellis/Burhardt Wolf (Hg.): Die Szene der Gewalt. Bilder, Codes und Materialitäten. Frankfurt a. M. 2007, 141–157; zum Slapstick Pusse: „Lachen“ (wie Anm. 7), 342–343. Generell zu Sprache und Gewalt Anthony Stephens: Kleist – Sprache und Gewalt. Freiburg i. Br. 1999.

  10. 10.

    Zur Durchlöcherung des Textes etwa Menke: „Exzess der Performanz“ (wie Anm. 9), 147; Klaus Jeziorkowski: „Nichtwissen und Text.“ In: Klaus Jeziorkowski (Hg.): Kleist in Sprüngen. München 1999, 132–140, 139.

  11. 11.

    Zum Begriff vgl. Theodor Verweyen/Gunther Witting: „Epigramm“. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Hg. von Klaus Weimar. Bd. 1. Berlin 2007, 459–461.

  12. 12.

    Heinrich von Kleist: „Dedikation der Penthesilea“ [1808]. In: Sämtliche Erzählungen, Anekdoten, Gedichte, Schriften. Hg. von Klaus Müller-Salget. Frankfurt a. M. 2005, 412.

  13. 13.

    Heinrich von Kleist: Briefe von und an Heinrich von Kleist 1793–1811 (Sämtliche Werke und Briefe in vier Bänden, Bd. 4). Frankfurt a. M. 1997, 407 (an Johann Wolfgang von Goethe, 24.1.1808) und 313 (an Ulrike von Kleist, 13. Und 14.3.1803).

  14. 14.

    Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, bearbeitet von Moritz Heyne im Verein mit Dr. Rudolf Meiszner, Dr. Henry Seedorf, Dr. Heinrich Meyer. Leipzig 1899, Bd. 25, Sp. 499.

  15. 15.

    Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 13.

  16. 16.

    Rinck zitiert hier Mladen Dolar: „Die Komödie und ihr Double“. In: Robert Pfaller (Hg.): Schluss mit der Komödie! Zur schleichenden Vorherrschaft des Tragischen in unserer Kultur/Stop That Comedy! On the Subtle Hegemony of the Tragic in Our Culture. Wien 2005, 25–59, 41–42. Im Folgenden werden die Primärtexte Rincks mit Sigle und Seitenzahl im Fließtext nachgewiesen, und zwar: Monika Rinck: Risiko und Idiotie. Streitschriften. Berlin 2015 (RI); Monika Rinck: Honigprotokolle. Sieben Skizzen zu Gedichten, welche sehr gut sind [2012]. Berlin 22014 (HP); Monika Rinck: Hasenhass. Eine Fibel in 47 Bildern. Ostheim/Rhön 2013 (HH).

  17. 17.

    In ihrer Kleist-Preis-Rede nennt sie König Ödipus auch eine „Verwechslungstragödie“ (Rinck, „Helden und Köter und Fraun“ [wie Anm. 4], 13).

  18. 18.

    Zur Überschneidung von Tragischem und Komischem bei Kleist Bernhard Greiner: „Komödie.“ In: Ingo Breuer (Hg.): Kleist-Handbuch. Stuttgart 2009, 21–27, 22: „Die Komödie erweist sich so als relational entworfen, d. h. als das Andere der Tragödie, der sie abgerungen werden muss.“

  19. 19.

    Vgl. Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 16–17. Die Ähnlichkeit der „Aggression der Gedichte Monika Rincks“ mit derjenigen von Kleists Lyrik hebt Heinrich Detering in seiner Laudatio des Kleist-Preises hervor: „Anmut und Würde erscheinen in Tateinheit mit albernen Scherzen, als Parodie und Provokation, weil es eine verletzende Zartheit ist, die sie hervorbringt und auf die sie zielt.“ Heinrich Detering: „Die Honigprotokollanten. Rede zum Kleist-Preis für Monika Rinck“. In: Kleist-Jahrbuch 2016, 7–10, hier 10. Günter Blamberger betont in seiner Einführungsrede, dass beide mit „Kipp-Figuren und Gegensatzpaare[n]“ arbeiten. Günter Blamberger: „Wie aus einem I-A ein JA wird. Rede zur Verleihung des Kleist-Preises an Monika Rinck am 22. November 2015“. In: Kleist-Jahrbuch 2016, 3–6, hier 4.

  20. 20.

    Die Komödie zeichnet sich durch ihr Verfehlen, ihren Slip aus, der sie ganz auf Linie bringt: „In der Komödie zeigt sich exemplarisch, dass die Symbolische [!] Ordnung bekanntermaßen durch ihr Misslingen glückt. […] Das Lachen ist damit sowohl die Anerkennung der Ordnung als auch ihr Unterlaufen“ (RI, 142).

  21. 21.

    Vgl. dazu aus Ingo Breuer (Hg.): Kleist-Handbuch. Stuttgart 2009, namentlich die Beiträge von Ingo Breuer („Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten“, 156–160), Peter Schnyder („Zufall“, 379–381) und Adam Soboczynski („Moralistik“, 260–262); sowie Günter Blamberger: Heinrich von Kleist. Biographie. Frankfurt a. M. 2011, 488–498; und den Band Susanne Kaul/Oliver Kohns (Hg.): Politik und Ethik der Komik. München 2012.

  22. 22.

    Vgl. Friedrich Hölderlin: „Blödigkeit“ [1805]. In: Sämtliche Gedichte. Hg. von Jochen Schmidt. Frankfurt a. M. 32014, 318–319; vgl. dazu Georg Stanitzek: Blödigkeit. Beschreibungen des Individuums im 18. Jahrhundert. Tübingen 1989; vgl. beispielsweise Jean Paul: „XII. Untersuchung. Über Narren und Weise, Dumköpfʼ und Genie’s.“ [1928] In: Sämtliche Werke. Hg. v. Norbert Miller unter Mitwirkung von Wilhelm Schmidt-Biggemann. München 1974, Abt II, Bd. 1, 91–95; Vgl. zu Jean Paul bei Rinck etwa RI, 135–139 und 162–168.

  23. 23.

    Vgl. Jean Paul: „Über Narren und Weise“ (wie Anm. 22). – Vgl. auch allgemein zur Dummheit Avital Ronell: Dummheit [engl. 2002]. Berlin 2005; Achim Geisenhanslüke: Dummheit und Witz. Poetologie des Nichtwissens. München 2011.

  24. 24.

    Das ließe sich anschließen an Christian Metz’ These, dass das „ethos“ als Stilparadigma der Gegenwartslyrik auzumachen sei; vgl. Metz: Poetisch denken (wie Anm. 2), 48; vgl. zu der Lektürehaltung das Kapitel „Das Gedicht ist da“ aus Risiko und Idiotie (RI, 100–105).

  25. 25.

    Vgl. dazu Rüdiger Campe: Spiel der Wahrscheinlichkeit. Literatur und Berechnung zwischen Pascal und Kleist. Göttingen 2002, 418–438.

  26. 26.

    Man denke nur an Jean Pauls Definition vom Witz als „verkleidete[r] Priester, der jedes Paar kopuliert“. Jean Paul: Vorschule der Ästhetik [1813]. In: Ders: Sämtliche Werke. Hg. von Norbert Miller. München21996, Abt. I, Bd. 5, 173.

  27. 27.

    Jean Paul: Vorschule der Ästhetik (wie Anm. 26), 201; auch bei Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 13.

  28. 28.

    Bettine Menke: „Die Zufälle der Sprache. Der Witz der Worte und die Unentscheidbarkeit von Spiel und Ernst (anhand von Baltasar Gracián und Jean Paul).“ In: Dirk Kretzschmar (Hg.): Spiel und Ernst: Formen – Poetiken – Zuschreibungen. Zum Gedenken an Erika Greber. Würzburg 2014, 37–51, hier 41.

  29. 29.

    Jean Starobinski: Wörter unter Wörtern. Die Anagramme von Ferdinand de Saussure [franz. 1971]. Wien 1980, 88.

  30. 30.

    Vgl. ebd., 14.

  31. 31.

    Vgl. Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 13: „Es ist der Skandal des geglückten Witzes, ‚dass zwischen dem Ernst seines Gelingens und glücklichem Unernst […] nicht entschieden werden kann‘.“ Rinck zitiert dabei Menke: „Die Zufälle der Sprache“ (wie Anm. 28), 49. Menke ihrerseits referiert auf Felman, die Rinck als Patin des Gedankens erwähnt. Vgl. etwa Shoshana Felman: The Scandal of the Speaking Body. Don Juan with J. L. Austin, or Seduction in Two Languages [franz. 1980]. Stanford 2002, 104; vgl. auch Menke: „Exzess der Performanz“ (wie Anm. 9), 141–142.

  32. 32.

    Vgl. Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten (wie Anm. 8), 139; Menke: Exzess der Performanz (wie Anm. 9), 141–142.

  33. 33.

    Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 12.

  34. 34.

    Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4): „Der Held ist aber auch ein Köter.“ „Die Frau ist auch ein Held.“ „Und der Hund: auch Frau.“ (alle 13) „Ja, der Köter ist [!] ein Held!“ (14) (Hervorhebungen im Original).

  35. 35.

    Metz hebt auch die bewusste Verkomplizierung im Titel hervor, indem das Verhältnis der Textsorten zueinander unklar ist, vgl. Metz: Poetisch denken (wie Anm. 2), 143–144.

  36. 36.

    Vgl. für diese Merkmale Metz: Poetisch denken (wie Anm. 2), 24–27 und 43–47.

  37. 37.

    Ulrich Port: „Penthesilea.“ In: Ingo Breuer (Hg.): Kleist-Handbuch. Stuttgart 2009, 50–61, 59.

  38. 38.

    Vgl. Tobias Bulang: „Die andere Enzyklopädie – Johann Fischarts Geschichtsklitterung.“ In: Arcadia 48 (2013), 262–281, hier 262–263.

  39. 39.

    Rinck: „Helden und Köter und Fraun“ (wie Anm. 4), 13, 14, 15.

  40. 40.

    Heinrich von Kleist: Amphitryon [1807] . In: Sämtliche Werke und Briefe in vier Bänden. Hg. von Ilse-Marie Barth und Hinrich C. Seeba. Frankfurt a. M. 1991, Bd. 1, V. 2362.

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Moll, B. (2023). Hundeprotokolle, Honigkomödie. Rincks Kippfiguren. In: Taylor, N., von Passavant, N. (eds) Monika Rinck. Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, vol 10. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64898-8_3

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg

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