Ziel der Diskurslinguistik ist es, spezifische, interessengeleitete Handlungs- und Denkmuster offenzulegen, die unter der sprachlichen Oberfläche verborgen sind. Auf diese Weise formuliert die Diskursanalyse Deutungsangebote und schafft Klarheit hinsichtlich komplexer Themen. Ein Diskurs definiert sich nicht nur über seine Inhalte. Die präzise diskurslinguistische Beschreibung des Nachhaltigkeitsbegriffs im Personalmanagement verdeutlicht, wie Sprache in der Lage ist, eine Eigendynamik bei der Konzeptualisierung des Themas „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ zu entwickeln. Unterhalb der Oberfläche einer konsensuellen Hinwendung zum Nachhaltigkeitsbegriff in Bezug auf das Personalmanagement existieren in der Wirtschaft und Gesellschaft zahlreiche diskursive Themen, Motive, Handlungen, Bewertungen und Forderungen sowie damit zusammenhängende Wertevorstellungen. Die Analyse in Kapitel 5 zeigt, dass es lohnenswert ist, eine thematische Untersuchung der Handlungen sowie Sprachhandlungen in Form von Bewertungen und Forderungen durchzuführen.

Für die vorliegende Arbeit wurden die Unternehmenstexte (Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte) von drei bedeutenden Akteuren – Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (vgl. dazu Abschnitt 4.1) – ausgewählt und ihnen ein thematisch korrespondierendes Vergleichskorpus der Printmedientexte gegenübergestellt (zur Korpuskonstitution vgl. Abschnitt 4.2 und Abschnitt 4.3). In einer systematischen Untersuchung wurden die thematischen Aspekte sowie Sprachhandlungen in Form von Bewertungen und Forderungen mithilfe einer frameanalytischen Herangehensweise nach Konerding (2005, 2007) untersucht, um so dem Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement zugrundeliegende Wertvorstellungen offenzulegen (zu methodischen Grundlagen vgl. Kapitel 2).

Für die Analyse stellte die Korpuskonstitution einen wesentlichen Teil der thematischen Untersuchung dar (vgl. dazu Abschnitt 2.3, Abschnitt 4.2 und Abschnitt 4.3). Das in Abschnitt 2.3 vorgestellte methodische Vorgehen zur Anwendung der Diskursanalyse in dieser Arbeit sowie die in Abschnitt 4.2 dargestellte Korpuskonstitution der Unternehmenstexte und das in Abschnitt 5.1 aufgeführte forschungspraktische Vorgehen erklären die Herangehensweise zur thematischen Untersuchung und Kategorienbildung für die Unternehmenstexte (vgl. dazu Abschnitt 5.2), die als Grundlage für die Korpuskonstitution der Medientexte diente und entsprechend erweitert wurde (vgl. dazu Abschnitt 4.3). Für die Korpuskonstitution der Medientexte waren neben der thematischen Eingebundenheit die Verfügbarkeit sowie der Untersuchungszeitraum relevant.

In der anschließenden Analyse wurden entsprechend der Makro-Rollen und den dazugehörigen Detailfragen für den Matrixframe Zustand die Analysekategorien gebildet sowie das Unternehmens- und Medientextkorpus über einen Zeitraum von 20 Jahren analysiert (vgl. dazu Abschnitt 5.2 und Abschnitt 5.3). Die Füllwerte für die Frameslots wurden für die Unternehmenstexte spezifiziert, wobei die häufigsten Prädikationen nominalisiert und als Prototypen definiert wurden: Zielzustand (Abschnitt 5.2.3.1), Eigenschaften (Abschnitt 5.2.3.2), Ursachen und übergeordneter Zusammenhang (Abschnitt 5.2.3.3), Handlungen (Abschnitt 5.2.3.4), Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter (Abschnitt 5.2.3.5) Akteure (Abschnitt 5.2.3.6). Für die Medientexte wurden die Prototypen Zielzustand (Abschnitt 5.3.1.1, Abschnitt 5.3.2.1 und Abschnitt 5.3.3.1), Ursachen und übergeordneter Zusammenhang, (Abschnitt 5.3.1.2, Abschnitt 5.3.2.2 und Abschnitt 5.3.3.2) Handlungen (Abschnitt 5.3.1.3, Abschnitt 5.3.2.3 und Abschnitt 5.3.3.3), Bewertungen (Abschnitt 5.3.1.4, Abschnitt 5.3.2.4 und Abschnitt 5.3.3.4) und Forderungen (Abschnitt 5.3.1.5, Abschnitt 5.3.2.5 und Abschnitt 5.3.3.5) sowie Akteure (Abschnitt 5.3.4) definiert. Es erfolgte eine quantitative und qualitative Auswertung der Füllwerte, die mit Textbeispielen illustriert wurde. Aus diesem Vorgehen lassen sich die den Diskurs dominierenden Prototypen ableiten. Daraus lassen sich wiederum Vorstellungen und Entwicklungsverläufe der zu beantwortenden Detailfragen erkennen.

Die Analyse der Unternehmens- und Medientexte erfolgte entsprechend der intertextuellen thematischen Kohärenzbeziehungen nach Konerding (vgl. dazu Abschnitt 2.3.1), was die thematische Entfaltung über den Untersuchungszeitraum in der Unternehmenskommunikation und in den unterschiedlichen Medien durch die kontrastive Darstellung der Frame-Attribute ermöglicht. Dabei weisen alle Diskurssubthemen eine Relation zum übergeordneten Matrixframe Zustand des Diskursthemas „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ auf (vgl. dazu Abb. 5.3: „Kategoriensystem für die Analyse der Unternehmens- und Medientexte in Anlehnung an den Personalzyklus eines Unternehmens.“, S. 109, Tab. 5.27, S. 254, und Tab. 5.105, S. 371). Das forschungspraktische methodische Vorgehen wird in Abschnitt 5.1 erklärt. Die Ergebnisse der Analyse des Unternehmens- und Medientextkorpus beantworten die erste sowie zweite Forschungsfrage nach den Themen zu einem nachhaltigen Personalmanagement im Unternehmen (vgl. dazu Tab. 5.2, S. 113, Tab. 5.3, S. 114, und Tab. 5.4, S. 117). Die Analyse zeigt, dass die thematische Behandlung von Nachhaltigkeit im Personalmanagement teilweise ähnlich und zum Teil unternehmens- bzw. branchenspezifisch ist (vgl. dazu Tab. 5.7 bis 5.14 in Abschnitt 5.2.3). Eine kongruente Behandlung findet sich beispielsweise in Bezug auf allgemeine Vorstellungen über ein nachhaltiges Personalmanagement wie in der Verankerung in der Unternehmenskultur der untersuchten Unternehmenstexte (zum Zielzustand vgl. Abschnitt 5.2.3.1). Die unternehmensspezifischen Themen konzentrieren sich auf die Maßnahmen und Handlungen (zu den Handlungen vgl. Abschnitt 5.2.3.4). In Abschnitt 5.2 werden die Themen in den Unternehmenstexten präsentiert, die in Abschnitt 5.3 mit der Präsentation der Analyseergebnisse der Medientexte aufgegriffen werden. Dabei werden strittige Themen sichtbar, beispielsweise in Bezug auf die Frauenquote. Für die Medientextanalyse sind Texte von besonderer Bedeutung, die bewertend oder fordernd auf ausgewählte Themen Bezug nehmen.

Die thematische Diskursabgrenzung mit Rücksicht auf den Kontext ermöglicht eine detaillierte Ergebnispräsentation unter Berücksichtigung der intertextuellen Zusammenhänge, die bei der Erforschung des Diskurses von Bedeutung sind (vgl. Tab. 5.28, S. 257). Der Kontext ist wichtig, um die Texte adäquat zu verstehen (vgl. Konerding 2007, Früh 2011: 117).

Ziel der hermeneutischen Interpretation ist es, den historisch, autobiografisch, soziologisch oder in andere Weise geprägten Text zu verstehen und dessen Sinngehalt vor dem aktuellen zeitgeschichtlichen und/oder persönlichen Hintergrund zu deuten. (Früh 2011: 65)

Schließlich erkennt man die Bedeutung eines Wortes nur dann, wenn man seinen Kontext kennt: „Semantik ergibt sich in der Folge als ein ausgezeichneter Bereich einer sie einbettenden Pragmatik“ (Konerding 2007: 119). Die vorliegende Untersuchung basiert auf einer fundierten Einordnung in die aktuellen gesellschaftlichen und soziopolitischen Ereignisse, also in kontextuelle Ereignisse, die für die ausgewählten Themen relevant sind (vgl. Spiess 2013: 21). Ausgewählte Diskursstränge werden historisch und gegenwartsbezogen diskutiert und interpretiert.

Aus der Analyse geht hervor, dass die in den Unternehmenstexten vorgestellten Handlungen in den Medientexten thematisiert werden und von politischen oder wirtschaftlichen Akteuren bewertet werden. Dies ist insbesondere an strittigen Themen wie der Frauenförderung, dem Kampf um Talente und dem Führungsstil zu erkennen (zu den Bewertungen vgl. Abschnitt 5.3.1.4, Abschnitt 5.3.2.4 und Abschnitt 5.3.3.4). Aber auch Lösungen oder von den Unternehmen geforderte Handlungen und Maßnahmen werden vorgestellt (zu den Bewertungen und Forderungen in Bezug auf die Schwerpunktthemen vgl. Abschnitt 5.3).

Nachdem in Kapitel 5 die Analyse der ausgewählten Unternehmens- und Medientexte erfolgte, liegt in diesem Kapitel der Fokus auf der Ergebnisdiskussion der Schwerpunktthemen. Die Interpretation der Ergebnisse erfolgt in Anknüpfung an eine systematische und strukturierte Darstellung der Analyseergebnisse, die bei der Feinanalyse aggregiert, abstrahiert und schrittweise rekonstruiert wurden, um so die Forschungsfragen zu beantworten.

Das Forschungsinteresse der vorliegenden Untersuchung zielt – wie in der Einleitung vorgestellt – darauf ab, die Diskurssubthemen zu einem auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Personalmanagement in ausgewählten Unternehmens- und Medientexten sowie deren Veränderung über den Untersuchungszeitraum von 20 Jahren (1995–2014) zu ergründen. Demnach fordern die Forschungsfragen eine inhaltliche bzw. diskurspezifische Beantwortung unter Berücksichtigung von diskursprägenden Einflüssen und gegebenenfalls bestimmten Akteuren. Die Forschungsfragen 1 und 2 zur thematischen Behandlung des Nachhaltigkeitsbegriffs im Personalmanagement in den Unternehmens- und Medientexten wurden in Abschnitt 5.2 und in Abschnitt 5.3 beantwortet. Im Folgenden wird darauf eingegangen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich in Bezug auf die Diskursthemen zwischen dem in den Unternehmenstexten und Medientexten vermittelten Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement erkennen lassen. Außerdem wird diskutiert, wie sich die Konzeptualisierung und Bewertung sowie Forderung nach nachhaltigem wirtschaftlichen Handeln im Personalmanagement in den ausgewählten Unternehmens- und Medientexten über den Untersuchungszeitraum geändert haben.

An die Analyseergebnisse anknüpfend erfolgt in diesem Kapitel die kritische Diskussion der Analyseergebnisse, das heißt der Füllwerte, und damit auch das Verhältnis von Mitarbeitern, Unternehmen und Gesellschaft. Mithilfe der in den Unternehmens- und Medientexten eruierten Prototypen der Makro-Rollen werden die thematische Entfaltung über den Untersuchungszeitraum von 20 Jahren (1995–2014) und die Charakteristika des Nachhaltigkeitsbegriffs im Personalmanagement in den untersuchten Unternehmen sowie die besondere Stellung der Medien kontrastiv vorgestellt. Es werden Informationen gewonnen, die aus einem offenen Verfahren der Datenauslegung generiert werden. Auf die zwei untersuchten Textkorpora wird parallel eingegangen, um anhand der Schwerpunktthemen exemplarisch Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen. Mithilfe der Diskursanalyse werden Merkmale von Textmengen untersucht, wobei die Forschungsfrage als Selektionskriterium dient. Daher werden keine Aussagen über einzelne Texte, sondern über Strukturmerkmale getroffen.

Auf der Grundlage der Analyseergebnisse wird in der Ergebnisdiskussion eine Darstellung der diskursrelevanten handlungsleitenden Konzepte zum Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement vorgenommen. Die Vielschichtigkeit des Nachhaltigkeitsbegriffs in seiner medialen Präsentation lässt sich darauf zurückführen, dass dem Nachhaltigkeitsbegriff unterschiedliche Konzeptualisierungen durch die jeweiligen Akteure zugrunde liegen, die im Folgenden vorgestellt werden. Die gewonnenen Analyseergebnisse stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Diese sind jedoch so spezifiziert und detailliert, sodass eine thematische Auswahl gesetzt und exemplarisch auf ausgewählte Ergebnisse und Ereignisse eingegangen wird. Der Fokus wird auf die am häufigsten im Diskurs aufgeführten Themen gesetzt, die damit auch die zentralen Trends des Diskurses darstellen (vgl. dazu Abschnitt 5.1.3): Frauenförderung (6.1), Kampf um Talente (6.2) sowie Führungsstil (6.3).

6.1 Frauenförderung

Das Thema Frauenförderung ist im untersuchten Unternehmens- und Mediendiskurs (vgl. dazu Abb. 5.18, S. 194, und Abb. 5.29, S. 307) aktuell. In den untersuchten Texten wird auf den Zielzustand, die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang, die Eigenschaften, Handlungen, Bewertungen, Akteure, Forderungen, Folgen sowie den Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter ausführlich eingegangen. In der Unternehmenskommunikation dominiert die positive Darstellung der unternehmerischen Maßnahmen in Bezug auf Frauenfördermaßnahmen (zu den Handlungen in den Unternehmenstexten vgl. Abschnitt 5.2.3.4). In der medialen Auseinandersetzung sind die Bewertungen und Forderungen nach einer Frauenquote signifikant (vgl. dazu Abschnitt 5.3.4 und Abschnitt 5.3.5).

Die Füllwerte für die Leerstelle Zielzustand der Frauenförderung zeigen, dass mehrere Prototypen als signifikant von den Medien eingestuft werden. Dabei wird thematisiert, welcher gewünschte Zustand durch Maßnahmen im Bereich der Frauenförderung erzielt werden soll. Dazu zählen folgende wünschenswerte Entwicklungen, geordnet nach der Häufigkeit ihres Vorkommens in den Medientexten: Unternehmenserfolg durch volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer, Arbeitnehmergewinnung durch Investitionen in betriebliche Kindertagesstätten, Arbeitnehmerbindung und Sabbatjahr als Anreiz für Top-Arbeitnehmer und Arbeitnehmergewinnung und -bindung durch flexible Arbeitszeitmodelle (vgl. Tab. 5.35, S. 272). In den untersuchten Medientexten wurde für den Zielzustand der Prototyp Unternehmenserfolg durch volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer am häufigsten annotiert, der auch in den untersuchten Medientexten der FAZ den wichtigsten Rang einnimmt. Unternehmen erhoffen sich durch die Frauenförderung positive Effekte für ihr wirtschaftliches Handeln. In den untersuchten Texten der Medien Die Welt und SZ wurde der Prototyp Arbeitnehmergewinnung und -bindung durch flexible Arbeitszeitmodelle am häufigsten aufgeführt, beispielsweise in dem Artikel „Wir gehen arbeiten“ (Die Zeit, 31.03.2013). In der SZ ist er zugleich auch der einzige behandelte Zielzustand. Flexible Arbeitszeitmodelle werden so häufig thematisiert, da Unternehmen damit im Rahmen ihrer Frauenförderungsprogramme gezielt Frauen gewinnen und an das Unternehmen binden möchten, wie die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG in ihren Unternehmenstexten betonen (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4), beispielsweise in dem Nachhaltigkeitsbericht (2010) der BMW AG in Bezug auf spezielle Trainings zur Vorbereitung von Führungsaufgaben für Frauen in der Führungskräfteentwicklung:

UT232::

Auf ihrem Weg in Führungspositionen werden Mitarbeiterinnen der BMW AG durch ein 100-Tage-Coaching-Programm unterstützt, das ihnen die in einem technik- und noch männerdominierten Umfeld hilfreiche Aufstiegskompetenz vermittelt. Das von Mitarbeiterinnen initiierte Netzwerk „Weibliche Führungskräfte im Dialog“ umfasst mittlerweile 90 weibliche Führungskräfte und wird seit 2009 durch ein Netzwerk für tarifliche Mitarbeiterinnen ergänzt. (BMW AG NB 2010: 54)

Die Gewinnung und Förderung von Frauen ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben von besonderer Bedeutung. In den Medientexten wird dieser Aspekt in Bezug auf die BMW AG am häufigsten aufgeführt, wohingegen dieses Thema in Bezug auf die Bayer AG keine Erwähnung findet. In dem Medium Die Zeit kommt der Prototyp Arbeitnehmergewinnung durch Investitionen in betriebliche Kindertagesstätten am häufigsten vor. Dieser Prototyp thematisiert, dass die Unternehmen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben fördern. Dazu zählen zum Beispiel die Förderung von Kindertagesstätten, um gezielt Frauen in Zeiten des Fachkräftemangels für das Unternehmen zu gewinnen und sie langfristig daran zu binden, wie in dem Artikel „Ein Herz für Kinder“ ausgedrückt wird:

MT177::

Warum aber nehmen Unternehmen diese Kosten auf sich? Nächstenliebe mag ein Grund sein. Ganz sicher aber steckt dahinter auch viel Kalkül. In Zeiten des Fachkräftemangels müssen sich die Betriebe etwas einfallen lassen, um den Kampf um die besten Köpfe zu gewinnen. (FAZ, 09.02.2013, Ein Herz für Kinder)

Der Prototyp der Leerstelle Zielzustand Arbeitnehmergewinnung durch Investitionen in betriebliche Kindertagesstätten kommt in Bezug auf die Bayer AG und die Siemens AG am häufigsten in den Medientexten vor. In Bezug auf die BMW AG wird der Prototyp Unternehmenserfolg durch volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer am häufigsten genannt:

MT178::

Wir müssen unter Beweis stellen, dass wir es ernst meinen mit der Beschäftigung von Frauen. Wir stehen zum Beispiel nicht nur in München im Kampf um talentierte Frauen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen, und auf diesen Wettbewerb hat auch eine politische Vorgabe wenig Einfluss. Siemens muss sich hier beweisen und attraktiv für Bewerberinnen sein. Für Banken und Versicherer ist es sicher einfacher, Betriebswirtschaftlerinnen oder Juristinnen zu bekommen. Als Technologiekonzern suchen wir jedoch eher Maschinenbauerinnen oder Elektrotechnikerinnen, und da ist der Teich, in dem wir in Deutschland fischen, doch relativ klein. Gerade mal neun Prozent der Studienanfänger im Fach Elektrotechnik in Deutschland sind Frauen. (Die Welt, 16.09.2011, „Die Lage ist besser als die Stimmung“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT179::

Wir leben bei der BMW Group erfolgreich eine Kultur, die auf Weltoffenheit und Toleranz unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen beruht, dazu auf Gleichberechtigung und Achtung der Persönlichkeit. Wir wollen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der BMW Group aufgrund ihres Leistungsvermögens und ihrer Leistungsbereitschaft beurteilen und nicht nach Hautfarbe, Nationalität oder Geschlecht – das gilt weltweit. Jeder Mitarbeiter bei uns hat bei gleichen Voraussetzungen auch die gleichen beruflichen Chancen. […] Denn nur wenn wir dem anderen aufgeschlossen und interessiert gegenüberstehen, dann können wir auch voneinander lernen. In diesem Sinne arbeiten wir in der BMW Group mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und mit unterschiedlichen Mentalitäten zusammen – als Kolleginnen und Kollegen, als Lieferanten und als Kunden. Offenheit und Toleranz sind dabei für uns mehr als ein rein wirtschaftliches Anliegen. Sie sind für uns Bestandteil unserer Unternehmenskultur. (FAZ, 03.03.2001, Wir brauchen die Experten aus der ganzen Welt)

Akteur der verbalen Handlung: Joachim Milberg, Vorstandsvorsitzender (BMW AG)

MT180::

Diese Strategie, sagt der Kölner Diversity-Experte Michael Stuber, rechne sich ganz klar auch betriebswirtschaftlich. […] Der Trend ist eindeutig: Firmen, die auf Diversity setzen, konnten neue Kundengruppen erobern, die Arbeitsatmosphäre verbessern und sogar Krankheits- und Fehlzeiten reduzieren. (Die Zeit, 03.05.2012, Vielfalt in der Belegschaft zahlt sich aus)

Akteur der verbalen Handlung: Michael Stuber, Diversity-Experte

MT181::

Statt einer Frauenquote, die für alle Unternehmen gilt, sieht die Vereinbarung nur individuelle Ziele für die Unternehmen vor. Sie verpflichten sich etwa dazu, mehr Frauen im mittleren und höheren Management zu beschäftigen und weiblichen Arbeitskräften mehr Trainee-Stellen anzubieten. Außerdem wollen sie die eigenen Betriebskindergärten ausbauen und Frauen bei der Personalentwicklung besonders fördern. (Die Zeit, 17.10.2011, Vorerst keine Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Textbeispiele illustrieren die Signifikanz der Detailfragen nach dem Zielzustand der Frauenförderung.Footnote 1 Die Auswertung der Prädikationen in Bezug auf die Medientexte belegen, dass Frauenförderung für erfolgreiches Wirtschaften wichtig ist. Diversität, insbesondere Frauenförderung, ist ein zentraler Punkt für den Erfolg eines Unternehmens. Dieser Aspekt wird von den Medien kongruent behandelt, beispielsweise in den Artikeln „Dienstpläne, selbst gebastelt“ (SZ, 17.07.2004), „Die Multikulti-Offensive“ (FAZ, 20.07.2008), „Diversity“ (Die Welt, 06.10.2010) und „Vielfalt in der Belegschaft zahlt sich aus“ (Die Zeit, 03.05.2012). Der Erfolg von Projekten hängt dabei nicht nur von internationalen Teams ab, sondern auch vom Einsatz von Frauen in Führungspositionen. Damit diese ihren Aufgaben nachkommen können, ist es zentral, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen, etwa durch die Organisation der Kinderbetreuung, beispielsweise in dem Artikel „Wir gehen arbeiten“ (Die Zeit, 31.03.2013) thematisiert.

Die Füllwerte für die Leerstelle Ursachen und übergeordneter Zusammenhang der Frauenförderung zeigen, dass mehrere Prototypen als besonders signifikant von den Medien eingestuft werden. Dazu werden die folgenden Prototypen gezählt: Geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen, mangelndes Engagement der Unternehmen, Frauenförderung in vielen Großunternehmen ein Thema, Positive Bewertung der Frauenförderung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive, Keine Einigkeit bei der Frauenförderung und Frauen im Osten Deutschlands in mehr Führungspositionen vertreten als im Westen (vgl. Tab. 5.42, S. 280). Ein geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen ist für die Medien Die Zeit und Die Welt der wichtigste Punkt im übergeordneten Zusammenhang. In dem Medium Die Welt wird ausschließlich dieser Prototyp bewertet. Der Prototyp geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen behandelt das im Diskurs untersuchte Thema der mangelnden Umsetzung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Unternehmen als Grund für den geringen Anteil von Frauen in Schlüsselpositionen in Unternehmen (vgl. Abschnitt 5.3.1.1 und Abschnitt 5.3.1.4). Damit werden nicht nur Unternehmen kritisiert, sondern dieses Thema behandelt auch eine damit einhergehende Negativentwicklung für die Gesellschaft. In der FAZ wird der Prototyp Frauenförderung in vielen Großunternehmen ein Thema als der wichtigste Zusammenhang angesehen. Die SZ bewertet geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen sowie Frauenförderung in vielen Großunternehmen ein Thema gleichermaßen stark. Der Prototyp Frauenförderung in vielen Großunternehmen ein Thema gibt die in der Gesellschaft diskutierte Ansicht wieder, dass das Thema Frauenförderung für Unternehmen wichtig ist. Die folgenden Beispiele illustrieren die unterschiedliche mediale Resonanz auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang der Frauenförderung:

MT182::

Noch fällt beim Besuch bei Deutschlands Autobauern vor allem eins auf: Ob in der Fertigung, im Controlling, Marketing oder auch in der Forschung, die Männer bleiben weitgehend unter sich. (Die Welt, 19.03.2011, Frau am Steuer!)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT183::

Der Anteil von Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft ist immer noch verschwindend gering. (Die Zeit, 24.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT184::

Längst haben auch Unternehmen erkannt, dass sie sich im Eigeninteresse den weiblichen Talentpool sichern müssen, der in den meisten Berufen bei 50 bis 60 Prozent liegt. Nicht von ungefähr fordert Siemens-Chef Heinrich von Pierer seit Jahren, Frauen müssten endlich auch Topjobs in den Führungsetagen besetzen. (SZ, 17.06.2004, Mit Macht nach oben)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Medientextbeispiele zeigen, dass es keine einheitliche Bewertung der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Themas Frauenförderung in den untersuchten Medientexten gibt.Footnote 2 Demgegenüber steht der Unternehmensdiskurs: In den untersuchten Unternehmenstexten wird von der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG die Ursache bzw. der übergeordnete Zusammenhang von Frauenfördermaßnahmen kongruent thematisiert. Demnach seien vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und den damit einhergehenden veränderten Belegschaftsstrukturen Frauenfördermaßnahmen zentral für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, um das Wissen der Frauen gezielt für das Unternehmen zu nutzen: „Ebenso wollen wir das Potenzial der vielen hoch qualifizierten Frauen auf der ganzen Welt noch stärker nutzen“ (Bayer AG GB 2011).

Der geringe, teilweise rückläufige Anteil von Frauen in Führungspositionen tritt in den untersuchten Medientexten hervor, insbesondere in den jüngeren Texten. Stellvertretend sind die folgenden Artikel zu nennen: „Mitmischen beim Global Player“ (Die Welt, 15.03.2008), „Die Weiberwirtschaft“ (Die Zeit, 23.07.2009), „Frauenquote lässt manche Männer um Karrierechancen bangen“ (Die Zeit, 27.08.2012) und „Sag mir, wo die Frauen sind“ (SZ, 05.07.2014). In den untersuchten Medientexten werden die Maßnahmen zur Frauenförderung als ein zentrales Thema für viele Unternehmen dargestellt, beispielsweise in den Texten „Mit Macht nach oben“ (SZ, 17.06.2004), „In Feindesland“ (Die Zeit, 16.09.1999) und „Mit Geschick zum Wissen über die Konkurrenz“ (FAZ, 12.07.1999) thematisiert. Die Analyseergebnisse bilden eine kontroverse Diskussion um das Thema Frauenförderung in der Gesellschaft ab. Was die unternehmensbezogene mediale Darstellung anbelangt, wird in Bezug auf die Bayer AG der Prototyp Positive Bewertung der Frauenförderung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang thematisiert. Dieser Punkt betont die Anreize für Unternehmen, sich für die Frauenförderung einzusetzen. In den Medientexten, die die BMW AG thematisieren, ist ein geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen dominant. In Bezug auf die Siemens AG wird der Prototyp Mangelndes Engagement der Unternehmen am häufigsten behandelt. Dieser umfasst Äußerungen, in denen die unternehmerischen Rahmenbedingungen sowie das Personalmanagement und seine Passivität in Bezug auf Frauenfördermaßnahmen kritisiert werden.

MT185::

Dass die Chancengleichheit der Qualitätsverbesserung dient, betont der Verein Total E-Quality schon mit seinem Namen. Entstanden ist er als eine Initiative aus der Wirtschaft. Firmen wie die Chemieriesen Hoechst und Bayer, die Telekom, Philips und VW waren an der Gründung vor drei Jahren beteiligt. Im Auftrag des Vereins vergibt eine unabhängige Jury ein Prädikat an solche Unternehmen, die Frauen gleiche Chancen einräumen und jene Barrieren abbauen, die Frauen am Ein- und Aufstieg hindern. (Die Zeit, 16.09.1999, In Feindesland)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

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So landeten einige Frauen, wenn sie denn überhaupt Positionen im Topmanagement erreichten, in den Personalressorts. Doch ebenso schnell waren sie wieder verschwunden: Es begann mit Angelika Dammann bei SAP. Auch ihre Nachfolgerin Luisa Delgado strich schnell wieder die Segel. Es folgten Brigitte Ederer bei Siemens, Elke Strathmann bei Continental und vor Kurzem Marion Schick bei der Deutschen Telekom. (Die Zeit, 26.06.2014, Mitarbeiter sind zweitrangig)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Aus den Medientextbeispielen geht hervor, dass das Thema Frauenförderung noch nicht in allen Bereichen unternehmerischen Handelns umgesetzt wird und es kein einheitliches Vorgehen bei der praktischen Umsetzung gibt. Dieser Aspekt erfährt in den folgenden Artikeln eine kongruente thematische Behandlung: „Sackgasse Teilzeit“ (Die Zeit, 14.01.1997), „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“ (FAZ, 23.03.2013) und „Die Chefinnen der Zukunft“ (Die Zeit, 25.11.2013). Besonders in den Führungspositionen ist der Anteil von Frauen gegenüber den Männern nicht ausgewogen. Dr Prototyp geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen ist im Diskurs prominent. In dem Artikel „Frau. Vorstand. Abgehängt.“ (Die Zeit, 13.12.2014) äußert Ederer, Personalvorstand (Siemens AG), zum Thema Frauenförderung, dass es den Frauen an „Seilschaften“ fehle, da sie nicht gelernt haben, diese herzustellen, und nur an die Qualität der fachlichen Leitung glauben und dass diese zum Erfolg führe. Diese Metapher der Seilschaft, die vor allem beim Bergsteigen relevant ist, verdeutlicht, dass mit einer guten Ausrüstung die Schneegrenze überschritten werden kann, danach aber neben einer guten Ausstattung weitere Dinge wie Erfahrung und ein ganzes Team benötigt werden, um weiter nach oben zu gelangen. Dies lässt sich auch auf die mangelnde Frauenförderung in den Unternehmen übertragen: Unternehmen werden von Männern geführt, die in ihren Netzwerken organisiert sind, und für Frauen ist es schwer, Mitglied dieser Netzwerke zu werden, wie in dem Artikel „Frau. Vorstand. Abgehängt.“ (Die Zeit, 13.12.2014) thematisiert wird. Die Bedeutung von Frauen hinsichtlich ihrer Position im Unternehmen wird in den untersuchten Medientexten auch kontrastiv dargestellt. Demnach tragen Frauen zum unternehmerischen Erfolg wesentlich bei, wie in den Artikeln „Sackgasse Teilzeit“ (Die Zeit, 24.10.1997) und „In Feindesland“ (Die Zeit, 16.09.1999) ausgedrückt wird. Die thematische Behandlung zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang erfolgt in den Medientexten differenzierter im Vergleich zu den Unternehmenstexten. In der unternehmerischen Berichterstattung werden Maßnahmen zur Frauenförderung in den Zusammenhang gebettet, dass diese Aktivitäten unumgänglich für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit seien:

UT233::

Zu unserem Selbstverständnis gehört seit vielen Jahren die Förderung der Chancengleichheit für Frauen und Männer beim beruflichen Ein- und Aufstieg in unseren Unternehmen. So besteht in Deutschland seit mehr als 18 Jahren eine „Paritätische Kommission zur Chancengleichheit bei Bayer“.

Bayer ist sehr an einem höheren Frauenanteil in allen Tätigkeitsbereichen und allen Führungsebenen interessiert. Die Entwicklung zeigt, dass sich unsere Maßnahmen zur Rekrutierung von gut ausgebildeten Frauen sowie unsere Programme zur Personalentwicklung positiv ausgewirkt haben. Zwischen 2000 und 2008 ist die Zahl der Chemikerinnen bei Bayer in Deutschland um 36 Prozent gestiegen, bei den Ingenieurberufen sogar um 81 Prozent. Konzernweit liegt der Anteil weiblicher Beschäftigter an der Gesamtbelegschaft heute bei rund 27 Prozent.

Unser Engagement für Chancengleichheit werden wir auch unter dem Gesichtspunkt der demografischen Entwicklung weiter fortsetzen. Dazu zählen beispielsweise Aktivitäten an Schulen im Umfeld unserer Werke und spezielle Angebote für junge Frauen im Rahmen des deutschlandweiten „Girls’ Day“. Damit versuchen wir, mehr junge Frauen für einen technischen oder naturwissenschaftlichen Beruf zu begeistern. (Bayer AG NB 2008: 67)

Aus der Analyse der Unternehmenstexte hinsichtlich der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs geht hervor (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.3), dass die unternehmerischen Maßnahmen zur Gewinnung und Förderung von Frauen der Bekämpfung der Probleme des demografischen Wandels vor dem Hintergrund einer sich verändernden Beschäftigungsstruktur und dem Kampf um Talente dienen. Die Maßnahmen der Unternehmen zur Lösung betriebswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Probleme werden positiv und nicht so kritisch präsentiert wie in den Medientexten.

Die Füllwerte für die Leerstelle Handlungen der Frauenförderung zeigen, dass es mehrere Prototypen gibt, die von den Medien als signifikant eingestuft werden. Dazu zählen Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Telearbeit, Förderung von Teilzeit auf allen Unternehmensebenen und Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Reintegration, Fortbildung und Wiedereinstellungsgarantie (vgl. Tab. 5.47, S. 285). Hier lässt sich eine Gemeinsamkeit mit den Analyseergebnissen der Unternehmenstexte erkennen: In der untersuchten unternehmerischen Berichterstattung der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG werden eine Vielzahl von Maßnahmen genannt, die darauf abzielen, Frauen für das Unternehmen zu gewinnen und daran zu binden (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4).

Der Prototyp Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung nimmt den wichtigsten Rang in den Medientexten ein. Dieser wird in allen Medien thematisiert und in den Medien FAZ, Die Welt und Die Zeit am häufigsten aufgeführt. In den untersuchten Medientexten werden konkrete Maßnahmen und Projekte vorgestellt, die sich auf die Frauenförderung im Allgemeinen und speziell auf Frauen in Führungspositionen beziehen. Das Angebot der Unternehmen zur Frauenförderung schließt nicht nur finanzielle Anreizsysteme ein, sondern auch weitere Programme, zum Beispiel speziell für Frauen initiierte Mentoring- oder Netzwerk-Programme. In der SZ wird der Prototyp Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Telearbeit am häufigsten gelistet. Dabei handelt es sich um eine konkrete Maßnahme, die Frauenförderung im Unternehmen umzusetzen. Durch die Telearbeit können Arbeitnehmer ihren persönlichen Leistungsrhythmus besser nutzen und haben längere Phasen der Konzentration als im Firmenbüro:

MT187::

Die Aufgaben werden in einer wesentlich kürzeren Zeit mit höherer Qualität erledigt. (Die Zeit, 15.01.1998, Einsamkeit und Recht und Freiheit)

Akteur der verbalen Handlung: BMW AG

MT188::

Mit speziellen Frauenförderprogrammen will die Branche gegensteuern. Viel anderes bleibt ihr auch gar nicht übrig. Schon in wenigen Jahren wird das Personal so knapp, dass die Demografiefalle vor allem bei jenen zuschnappen wird, die sich nicht frühzeitig gewappnet haben. Damit nicht genug. (Die Welt, 19.03.2011, Frau am Steuer!)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Telearbeit stellt einen zentralen Aspekt bei der Frauenförderung dar, wie in den Artikeln „Zur Sache“ (FAZ, 12.09.1998) und „Es zählt nur das Ergebnis“ (Die Zeit, 28.10.2014) zum Ausdruck kommt. Nicht nur in den Medien wird der Prototyp Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung am häufigsten aufgeführt, sondern auch hinsichtlich der untersuchten Unternehmen.Footnote 3 In Bezug auf alle drei untersuchten Unternehmen ist in den Medientexten der Prototyp Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung am häufigsten vertreten. Auch in Bezug auf die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird dieser am häufigsten thematisiert:

MT189::

Netzwerke speziell für Frauen wollen hier Abhilfe schaffen. Organisiert von privaten Veranstaltern, von Verbänden oder vom Staat, geben sie Frauen die Möglichkeit, sich gegenseitig zu helfen. Eine sinnvolle Sache und vor allem die Karriereberater schwören heutzutage mehr denn je auf den Nutzen von Netzwerken. Um sich am richtigen Netz zu beteiligen, heißt es, genau hinzuschauen: Die Netzwerke sind sehr unterschiedlich und variieren vom gemütlichen Kaffeekränzchen bis zum Geschäftstreffen von Unternehmerinnen. (Die Zeit, 12.06.2003, Frauennetzwerke: Die Kunst des Klüngelns)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT190::

Hierzulande kommt beim Thema Diversity der Gleichstellung von Mann und Frau besondere Bedeutung zu. Siemens beispielsweise setzt in Deutschland auf Frauen in technischen Berufen und in Führungspositionen. (Die Zeit, 31.05.2001, Bunt gemischt zum Erfolg)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT191::

Im Management gebe es ihm zu viele »weiße, deutsche Männer«, sagte Löscher und setzte im April den ersten Chief Diversity Officer ein […]. Es gehe nun nicht mehr darum, ob man [Frauen] fördere, sondern wie, weil er dahinterstehe, gemeint ist Löscher. (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Peter Löscher, Vorstandsvorsitzender (Siemens AG)

Aus den Textbeispielen geht hervor, dass die Förderung und Maßnahmen von Frauenförderung zentrale Themen des Mediendiskurses sind. Stellvertretend sind hier folgende Artikel zu nennen: „Mentoring auch für Ingenieurinnen“ (Die Welt, 02.02.2008), „Frau am Steuer!“ (Die Welt, 19.03.2011), „Vorerst keine Frauenquote“ (Die Zeit, 17.10.2011) und „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“ (FAZ, 24.03.2013). Auch in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG lassen sich konkrete Maßnahmen zu Frauenfördermaßnahmen finden (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4):

UT234::

Frauen für technische Berufe begeistern. Maßnahmen, um langfristig mehr Mitarbeiterinnen zu gewinnen, sind sowohl unsere akademischen Nachwuchsprogramme als auch Programme für die Berufsausbildung, wo wir einen besonderen Fokus auf Frauen legen. Der Frauenanteil im globalen Führungsnachwuchsprogramm (Global Leadership Development Programme) lag Ende Dezember 2014 bei über 50 %. Damit möchten wir einer neuen Generation von Führungskräften den Weg bereiten, die weiblicher ist, technisch kompetent, gut vernetzt und sensibilisiert für kulturelle und gesellschaftliche Fragen. (BMW AG NB 2014: 127)

In den untersuchten Unternehmenstexten nimmt die thematische Behandlung von Frauenförderung und den damit zusammenhängenden konkreten unternehmerischen Maßnahmen über den Untersuchungszeitraum zu (vgl. Abb. 5.18: „Überblick über die Relevanz von Frauenförderung in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014).“, S. 194). Es ist kritisch anzumerken, dass in den Unternehmenstexten zahlreiche Programme aufgeführt werden, deren erfolgreiche Umsetzung jedoch nicht durchgängig mit konkreten Kennzahlen messbar ist. Außerdem wird in den untersuchten Unternehmenstexten betont, dass die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen ein wichtiges Anliegen für die Unternehmen sei:

UT235::

Das Diversity-Konzept der BMW Group strebt einen der Mitarbeiterstruktur angemessenen Anteil von Frauen in Führungsfunktionen an. Damit entsprechen wir auch den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex. Im Jahr 2011 verpflichteten wir uns gemeinsam mit den DAX-30-Unternehmen, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Wir wollen den Frauenanteil von 15–17 % in der Gesamtbelegschaft erhalten und ihn bis zum Jahr 2020 auch bei unseren Führungskräften sowohl in Deutschland als auch weltweit erreichen.

Der Anteil weiblicher Führungskräfte in der BMW Group lag zum 31.12.2014 weltweit bei 14,2 % (Frauenanteil in der Gesamtbelegschaft: 17,8 %). In Deutschland erreichte der Frauenanteil der Gesamtbelegschaft hingegen 14,8 %, im Vorstand 12,5 %. (BMW AG NB 2014: 126)

In den Medientexten betonen Unternehmenspersönlichkeiten, wie Unternehmen die Anreize durch ihre Unternehmensprogramme setzen. So äußert sich Ederer, Personalvorstand (Siemens AG), in dem Artikel „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“ dazu: „Wir setzen da finanzielle Anreize: Wir zahlen jeder Frau, die im ersten Lebensjahr des Kindes wieder Teilzeit arbeitet, 500 Euro zusätzlich im Monat“ (FAZ, 23.06.2012). In den Unternehmenstexten der Siemens AG werden an den entsprechenden relevanten Textstellen keine Angaben zu der Höhe der finanziellen Aufwendungen gegeben. Vielmehr wird betont, dass sich das Unternehmen in zahlreichen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf engagiert, beispielsweise in Bezug auf flexible Arbeitszeiten und Betreuungsangebote für Kinder:

UT236::

Immer mehr Mitarbeiter wünschen sich flexible Lösungen, mit deren Hilfe sie den Beruf mit ihrem Privatleben und insbesondere ihren Kinderbetreuungspflichten vereinbaren können. Indem wir ihnen – unter Berücksichtigung der jeweiligen lokalen Rahmenbedingungen – diese Flexibilität bieten, fördern wir die Vielfalt unter unseren Mitarbeitern und verschaffen Siemens einen Vorteil bei der Einstellung und Bindung von Mitarbeitern. An vielen unserer weltweiten Standorte bieten wir heute Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten sowie Teilzeit- und Telearbeit. Parallel dazu treiben wir den Ausbau von betriebsnaher Kinderbetreuung wie Kinderkrippen, Kindergärten und Horten, insbesondere in Deutschland, voran. Dabei werden wiederum die lokalen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Wir beabsichtigen auch weiterhin innerhalb des gesamten Siemens-Konzerns, die Flexibilität für unsere Mitarbeiter zu steigern sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. (Siemens AG GB 2011: 74)

Auch Caiña-Andree, Personalvorstand und erste Frau im Vorstand der BMW AG, möchte den Autobauer weiblicher machen, wie in dem Artikel „Elektroautos schaffen neue Arbeitsplätze“ zum Ausdruck kommt: „Weil wir uns auf diese Ziele konzentriert und viel dafür getan haben, als Arbeitgeber für Frauen interessant zu sein, beispielsweise mit den entsprechenden Nachwuchsprogrammen“ (Die Welt, 05.03.2013). Jedoch bleibt in den Unternehmenstexten häufig ungeklärt, mit welchen konkreten Maßnahmen der Frauenanteil erhöht werden könnte. Im Nachhaltigkeitsbericht der BMW AG (vgl. BMW AG NB 2012) wird das Ziel aufgeführt, den Frauenanteil im Unternehmen zu steigern:

UT237::

DEN FRAUENANTEIL STEIGERN

2011 haben Vorstand und Aufsichtsrat Zielkorridore für die Steigerung des Frauenanteils verabschiedet. Bis 2020 streben wir einen Frauenanteil von 15–17 % an, sowohl in der Gesamtbelegschaft als auch in deutschen und weltweiten Führungspositionen der BMW Group. (BMW AG NB 2012: 99)

In dem Unternehmenstext werden das Netzwerk „Weibliche Führungskräfte im Dialog“ und das Training „BMW Women – High Ambition, High Impact“ (BMW AG NB 2012: 100) zur Förderung von Frauen in Führungspositionen aufgeführt. Förderprogramme, die sich an alle Frauen im Unternehmen richten, werden in dem Nachhaltigkeitsbericht nicht thematisiert. In dem Unternehmenstext wird der BMW Junior Campus zur Gewinnung von neuen Arbeitnehmern genannt. Allerdings werden keine speziellen Nachwuchsprogramme aufgeführt, die sich ausschließlich an Frauen richten.

Die Füllwerte für die Leerstelle Bewertungen der Frauenförderung zeigen, dass es mehrere signifikante Prototypen gibt: Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen, Frauenförderung positiv für den unternehmerischen Erfolg, Keine Einigung bei Frauenquote zwischen Politik und Wirtschaft, Kritik an unseriösen Frauenfördernetzwerken, Lob für das Eigenengagement der Frauen, Kritik am Gleichbehandlungsgesetz und der Frauenquote und Staatliche Regeln zur Ausübung von Druck auf die Frauenquote (vgl. Tab. 5.55, S. 294). Die Prototypen zeigen, dass hinsichtlich der Bewertungen positive und negative Kritik der unternehmerischen Frauenförderung in den Medien thematisiert wird. Der Prototyp Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen wurde in den Medien FAZ und SZ am häufigsten aufgeführt. Dieser kritisiert nicht nur den geringen Anteil von weiblichen Führungskräften, sondern auch die Unwirksamkeit von Frauenförderprogrammen und der Frauenquote:

MT192::

Die Gretchenfrage ist, wie halten es die Dax-Unternehmen mit der gläsernen Decke, wenn es um Vorstände und Aufsichtsräte geht? (Die Welt, 18.10.2011, 2020 soll jeder dritte Manager eine Frau sein)

Akteur der verbalen Handlung: Ursula von der Leyen, Bundesarbeitsministerin (CDU)

MT193::

Viele junge Frauen fühlen sich hier nicht angesprochen. (Die Zeit, 30.03.2011, Der Glaubenskrieg um die Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT194::

Denn die deutsche Wirtschaft kann es sich einfach nicht länger leisten, die Hälfte ihrer Leistungsträger links liegen zu lassen. (Die Zeit, 30.04.2011, Frauenquote bedroht Männerkarrieren)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur) unter Rückbezug auf eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung

Die Medientextbeispiele illustrieren die Schwierigkeit bei der Bewertung der Frauenfördermaßnahmen in Unternehmen in Deutschland.Footnote 4 Demnach müssten für eine erfolgreiche Frauenförderung die Karrieren von Frauen sowie die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben viel früher und stärker gefördert werden. Dies steht im Gegensatz zu dem in den untersuchten Unternehmenstexten transportierten Bild: Aus der Analyse der unternehmerischen Berichterstattung geht hervor, dass die untersuchten Unternehmen – Bayer AG, BMW AG und Siemens AG – ein primär positives Selbstbild ihrer Maßnahmen und Programme zur Gewinnung und Förderung von Frauen präsentieren:

UT238::

Mit unserer Diversity-Strategie verfolgen wir vor allem zwei Ziele: die Vielfalt der Gesellschaft in der Belegschaft unseres Unternehmens widerzuspiegeln und es den Mitarbeitern durch ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu ermöglichen, ihre Fähigkeiten und Ideen voll einzubringen und weiterzuentwickeln. (Bayer AG NB 2008: 66)

In dem Medium Die Welt dominiert der Prototyp Keine Einigung bei Frauenquote zwischen Politik und Wirtschaft den Diskurs. Ein positiver Aspekt der Frauenförderung, Frauenförderung positiv für den unternehmerischen Erfolg, wird in dem Medium Die Zeit sowie in Bezug auf die BMW AG am häufigsten in den untersuchten Medientexten behandelt. In folgenden Medientexten wird der Aspekt kongruent thematisiert: „Besser als die Quote“ (Die Zeit, 03.01.1997), „Sackgasse Teilzeit“ (Die Zeit, 24.10.1997), „Frauenförderung als Wettbewerbsvorteil“ (FAZ, 08.03.1999), „Die Weiberwirtschaft“ (Die Zeit, 23.07.2009), „Es tut sich was“ (SZ, 07.02.2010) und „Wirtschaft braucht Werte“ (SZ, 03.04.2010). Im Mediendiskurs werden nicht nur die positiven Auswirkungen von Frauenfördermaßnahmen für den Unternehmenserfolg betont. In den untersuchten Texten wird auch aufgeführt, dass das Engagement im Bereich der Frauenförderung im Unternehmen als Anreizsystem für andere Unternehmen zu verstehen sei:

MT195::

Individuelle Regelungen, die den mit Frauen sehr unterschiedlichen Lebensbedürfnissen entgegenkommen, sind viel wichtiger als die Förderprogramme für Frauen, die vor allem die großen Konzerne auflegen. (FAZ, 13.12.2009, Die Traumjobs der Frauen)

Akteur der verbalen Handlung: Sonja Bischoff, Professorin für BWL (Universität Hamburg)

MT196::

Auch in der Union gibt es eher wenige glühende Fans der Festschreibung des Frauenanteils in Aufsichtsräten. Noch im Wahlkampf hatten CDU und CSU mit einer gesetzlichen Quote erst ab 2020 geworben und das auch nur zähneknirschend als Folge eines erfolgreichen Erpressungsversuchs der damaligen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Am liebsten wäre großen Teilen der Unionsfraktion nach wie vor die Flexiquote – ein Modell für das die frühere Familienministerin Schröder viel Häme hatte einstecken müssen – und das nun – Ironie des Lebens – zumindest teilweise in den Plänen der einstigen SPD-Rivalen wieder auftaucht. (Die Zeit, 25.03.2014, Der Kampf um die Frauenquote hat erst begonnen)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT197::

In der Koalition herrscht weiter Uneinigkeit über eine gesetzliche Regelung. Die Dax-Konzerne wollen mehr Frauen in Führungspositionen bringen und haben dazu erstmals konkrete Ziele präsentiert. Bis spätestens 2020 soll der Anteil von Frauen im Management oder in anderen Spitzenjobs auf bis zu 35 Prozent steigen, wie aus dem am Montag vorgestellten Katalog der Konzerne hervorgeht. Diese Quote soll aber nicht für Vorstände und Aufsichtsräte gelten. (Die Welt, 18.10.2011, 2020 soll jeder dritte Manager eine Frau sein)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Medientextbeispiele belegen, dass es nicht nur zwischen Politik und Wirtschaft, sondern auch zwischen den einzelnen Politikern und Parteien keinen Konsens zu Frauenfördermaßnahmen gibt. Dies wird auch in den folgenden Medientexten geäußert: „Der Glaubenskrieg um die Frauenquote“ (Die Zeit, 30.03.2011), „Konzerne lehnen starre Quote ab“ (Die Welt, 17.11.2011) und „Der Kampf um die Frauenquote hat gerade erst begonnen“ (Die Zeit, 25.03.2014). Der Aspekt, dass Frauenförderung für den unternehmerischen Erfolg und somit für eine erfolgreiche zukünftige Entwicklung positiv ist, wird in den untersuchten Medientexten ebenfalls thematisiert. Denn:

MT198::

Sie [Frauen] kümmern sich eher um Mitarbeiterentwicklung, führen Entscheidungen häufiger im Team herbei als im Alleingang, setzen auf Inspiration und arbeiten häufiger mit Belohnungen. Wer also Männer und Frauen im Management mischt, kann eher darauf hoffen, von allen für den Erfolg notwendigen Führungsmethoden zu profitieren. (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT199::

Die Wettbewerbsfähigkeit einer Nation hängt maßgeblich davon ab, wie sie talentierte Frauen fördert (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Laura D. Tyson, Ökonomin (Berkely-Universität)

MT200::

Viele Unternehmen haben verstanden, dass die alte Männertour nicht mehr weiterführt und sie ein Zeichen setzen müssen. Die großen Konzerne machen sogar den Eindruck, als sei ihnen die Dominanz der Männer inzwischen peinlich. (SZ, 07.02.2010, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Was die Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen anbelangt, so geht aus den Medientextbeispielen hervor, dass die üblichen Frauenförderprogramme und die Frauenquote nicht erfolgreich sind. Dieser Aspekt wird in den Artikeln „Auch Männer träumen manchmal von flexiblen Arbeitszeiten“ (FAZ, 01.08.1998), „Diversity“ (Die Welt, 06.01.2010), „Wirtschaft braucht Werte“ (SZ, 03.04.2010) und „Es tut sich was“ (SZ, 07.02.2011) thematisch kongruent behandelt. Statt einer Frauenquote müssten individuelle Regelungen für Frauenförderungsmaßnahmen getroffen werden. Der Prototyp Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen wird in den Medientexten in Bezug auf die BMW AG und die Siemens AG am häufigsten thematisiert. Bezüglich der Bayer AG wurde der Prototyp Kritik an unseriösen Frauenfördernetzwerken in den Medientexten am häufigsten aufgeführt, der in den Medientexten „Sackgasse Teilzeit“ (Die Zeit, 23.10.1997) und „Warum nur werden so wenige Frauen Chefin?“ (FAZ, 04.11.2012) kongruent thematisiert wird. Folgende Medientextbeispiele illustrieren die Prototypen Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen und Kritik an unseriösen Frauenfördernetzwerken:

MT201::

Eine feste Quote erscheint uns nicht zielführend. Wir haben uns deshalb für Zielkorridore des Frauenanteils bei Nachwuchsprogrammen, Gesamtbelegschaft und Führungskräften entschieden. Das ist nachhaltiger und lässt den notwendigen Handlungsspielraum. Der Korridor für den Frauenanteil bei Führungskräften liegt beispielsweise bei 15 bis 17 Prozent bis 2020. Das bedeutet, ausgehend von der Situation heute, nahezu eine Verdoppelung. (Die Welt, 26.02.2011, „Die Verwirklichung individueller Wünsche wird wichtiger“)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

MT202::

Um attraktiv für Frauen in Führungspositionen zu sein, muss sich zwangsläufig etwas ändern. Die klassische Karrierehierarchie ist für viele Frauen einfach nicht attraktiv. Übrigens auch nicht für viele Männer, da hat sich in den vergangenen Jahren eine Menge getan. Noch nie hatten meine Mitarbeiter so viele Anfragen von Männern – auch Führungskräften – die Elternzeit nehmen wollen. Die Verwirklichung individueller Wünsche spielt eine immer größere Rolle für die Mitarbeiter. Ich habe gerade erst Post von einer Designerin bekommen, die während eines dreimonatigen Sabbaticals gereist ist. Für diese Frau war das sehr wichtig und dass wir diese Auszeit ermöglicht haben, hat ihre Loyalität zum Unternehmen sicher gestärkt. (Die Welt, 26.02.2011, „Die Verwirklichung individueller Wünsche wird wichtiger“)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

MT203::

Trotzdem: Wenn es ums Geld geht, heißt es aufzupassen. In so genannten Herz- oder Schenkkreisen geht es vor allem darum, den Frauen das Geld aus der Tasche zu ziehen, auch wenn die Macherinnen mit ähnlichen Schlagworten werben wie andere Netzwerke. Die Idee dahinter ist, dass Frauen sich finanziell unterstützen, um berufliche Projekte zu verwirklichen. Wer mitmachen will, muss allerdings erst einmal 5000 Euro zahlen – angeblich, um dann später 40.000 Euro zu bekommen. Diese Kreise funktionieren nach dem Schneeballprinzip: Jedes Mitglied wirbt neue Teilnehmerinnen, die dann wiederum neue Mitglieder auftreiben müssen. Weil dieses Prinzip nicht endlos so weitergehen kann, ist klar, dass hierbei viele auf der Strecke bleiben und ihr investiertes Geld verlieren. (Die Zeit, 12.06.2003, Frauennetzwerke: Die Kunst des Klüngelns)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT204::

Wir stellen Eignung in den Vordergrund. Wir brauchen die jeweils Besten – unabhängig von Geschlecht, Alter und kulturellem Hintergrund. (Die Welt, 19.03.2011, Frau am Steuer!)

Akteur der verbalen Handlung: Liza Hassel, Diversity-Expertin (BMW AG)

Die Medientextbeispiele illustrieren, dass spezielle Frauenfördermaßnahmen nicht immer zielführend sind. Stattdessen sollten Unternehmen individuelle Fördermaßnahmen und unternehmensinterne Netzwerke zur Förderung weiblicher Führungskräfte initiieren. Die Analyseergebnisse zeigen, dass Diversity Management in den meisten Unternehmen lediglich ein Schlagwort ist. Das beweisen nicht zuletzt die Statistiken über Frauen in Führungspositionen: Mit rund vier Prozent weiblichen Vorständen landet das Land der Dichter und Denker im Kreise der führenden Industrienationen auf dem letzten Rang, gleichauf mit Indien, wie in dem Artikel „Vielfalt in der Belegschaft zahlt sich aus“ (Die Zeit, 03.05.2012) kritisiert wird. Dies steht dem in den untersuchten Unternehmenstexten transportierten Selbstbild diametral gegenüber: Die Analyse der Unternehmenstexte zeigt, dass die Unternehmen ihre Handlungen positiv bewerten, wie die Siemens AG:

UT239::

Für Siemens als weltweiten Akteur stellt die enorme und vielfältige Bandbreite an Fähigkeiten, Erfahrungen und Qualifikationen unserer Mitarbeiter einen substanziellen Wettbewerbsvorteil dar und erhöht unsere Attraktivität als Arbeitgeber.

Das Chief Diversity Office koordiniert unternehmensweit Strategien, Maßnahmen und Programme, die sich an folgenden Prinzipien orientieren:

  • > Wir wollen jede Position mit dem besten Mitarbeiter besetzen,

  • > wir wollen Möglichkeiten für vielfältige Erfahrungen und Interaktion bieten, und

  • > wir wollen überall im Unternehmen eine Vielfalt von Denkweisen erreichen.

Diversity-Netzwerke und -Programme – Unsere weltweiten Diversity-Netzwerke werben für die Diversity-Themen, die über Organisationsgrenzen hinweg erörtert und vorangetrieben werden. Beispiele solcher Netzwerke sind GLOW (Global Leadership Organization of Women), die Diversity-Botschafter und GENE, das Generationen-Netzwerk zur Förderung des generationsübergreifenden Austauschs. Zusätzlich unterhalten wir weltweit mehr als 120 lokale Mitarbeiternetzwerke, in denen sich die Mitarbeiter aktiv an Diversity-Programmen und -Aktivitäten beteiligen. […]

Vielfalt in Führungspositionen – Wir haben den Prozess der Besetzung von Führungspositionen systematisiert, um dazu beizutragen, dass bereits die Vorauswahl der Kandidaten die Vielfalt unserer Kunden und Mitarbeiter auf allen Ebenen und in allen Regionen widerspiegelt. So hat sich beispielsweise der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei Siemens weltweit seit dem Geschäftsjahr 2002 nahezu verdoppelt. Im Berichtsjahr lag er bei 15,6 %.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Work-Life-Integration) – Immer mehr Mitarbeiter wünschen sich flexible Lösungen, beispielsweise in der Kinderbetreuung, um ihre Berufstätigkeit mit ihrem Privatleben vereinbaren zu können. An vielen unserer weltweiten Standorte bieten wir heute flexible Arbeitszeitmodelle sowie Möglichkeiten zur Teilzeit- und Telearbeit. Gleichzeitig bauen wir insbesondere in Deutschland die betriebsnahe Kinderbetreuung in Kinderkrippen, Kindergärten und Horten aus – und das immer unter Berücksichtigung der lokalen Rahmenbedingungen. (Siemens AG NB 2013: 27)

Neben der positiven Selbstdarstellung betont die Siemens AG in ihrem Corporate Citizen Report, dass Frauen und gezielte Frauenfördermaßnahmen zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Dies sei allerdings noch nicht in allen Unternehmen und in Deutschland angekommen:

UT240::

Frauen fördern

Kreativität, Problemlösung und Führung sind keine speziell männlichen Kompetenzen. Die Kombination männlicher und weiblicher Fähigkeiten macht uns gemeinsam stärker. Auch in technischen Berufen und in Führungspositionen werden Frauen gebraucht. Die Realität wird dieser Erkenntnis derzeit noch nicht gerecht – vor allem in Deutschland, wo bei Siemens zwar 25 Prozent aller Beschäftigten Frauen sind, aber nur sieben Prozent der Ingenieure. Der Frauenanteil in Führungspositionen beträgt 6,4 Prozent. (Siemens AG CCR 2001, 17)

In der Berichterstattung der Bayer AG wird ebenfalls thematisiert, dass noch mehr im Bereich Frauenförderung unternommen werden müsse, allerdings hier der Grundtenor hierzu ebenfalls positiv:

UT241::

Ein weiteres wichtiges Thema ist für uns die Personalvielfalt, darunter die Chancengleichheit für Frauen und Männer. So haben wir den Anteil von Frauen im oberen Management in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöhen können. Dennoch ist der aktuell erreichte Wert von 5,5 Prozent noch nicht ausreichend. In der Personalauswahl sind für uns die fachliche und persönliche Qualifikation sowie die Berufserfahrung entscheidend; eine Quote würde dem widersprechen. Daher setzen wir auch weiterhin auf gezielte Programme zur Förderung von Frauen. Mit der Besetzung des Vorstandsvorsitzes von Bayer CropScience durch eine Frau haben wir ein deutliches Zeichen gesetzt, dass Frauen bei Bayer in Top-Positionen gelangen können. (Bayer AG NB 2009: 5)

Die Füllwerte für die Leerstelle Forderungen an die Frauenförderung zeigen, dass es mehrere signifikante Prototypen in den untersuchten Medientexten gibt: Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen, Freiwillige Initiativen statt Frauenquote, Ruf nach einer Frauenquote, Mehr Frauenförderprogramme, nicht nur Quote für den Aufsichtsrat, Frauenförderung durch Selbstverpflichtung der Unternehmen und Mehr Engagement bei der Wiedereingliederung von Frauen (vgl. Tab. 5.62, S. 304). Die Prototypen Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen und Freiwillige Initiativen statt Frauenquote dominieren den Mediendiskurs. Der Prototyp Freiwillige Initiativen statt Frauenquote wird in den Medien FAZ und Die Welt am häufigsten thematisiert. Die Kritiker der Frauenquote betonen in den untersuchten Medientexten, dass eine Frauenquote nicht ausreiche, um gezielt Frauen zu fördern. Ein Umdenken im gesamten Unternehmen sei dafür notwendig, wie in dem Artikel „Es tut sich was“ thematisiert wird:

MT205::

Viele Unternehmen haben verstanden, dass die alte Männertour nicht mehr weiterführt und sie ein Zeichen setzen müssen. Die großen Konzerne machen sogar den Eindruck, als sei ihnen die Dominanz der Männer inzwischen peinlich. (SZ, 07.02.2011, Es tut sich was)

Der Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen kommt in den Medien SZ und Die Zeit am häufigsten vor. Darin wird die Forderung geäußert, dass es mehr weibliche Führungskräfte geben sollte. Diese Forderung ist eng an die Diskussion um eine Frauenquote geknüpft. Die Befürworter äußern, dass die Unternehmen den Frauenanteil in Führungspositionen aus Eigeninitiative nicht steigern könnten und es daher einer gesetzlichen Regelung bedürfe.

MT206::

Die Dax-Unternehmen hingegen wehren sich naturgemäß gegen jede Art der Quote, auch eine flexibel ausgestaltbare gesetzliche Festschreibung gefällt ihnen nicht. Gerade in technischen Berufen mit einem geringen Frauenanteil in der Belegschaft könnte eine starre gesetzliche Quote zu „Fehlentscheidungen“ führen, schreiben Deutschlands größte Firmen in einem aktuellen Positionspapier. Will heißen: Aus Mangel an Alternativen müsste am Ende eine minderqualifizierte Frau in den Aufsichtsrat oder Vorstand einziehen. Um die Politik zu besänftigen, will nun jede Firma bis zum Ende des Jahres eigene Vorstellungen vorlegen, welcher Frauenanteil ihrer Ansicht nach erreichbar ist. Man kann davon ausgehen, dass diese Zielvereinbarung sehr viel geringer sein wird, als das, was Schröder sich so vorstellt. (Die Zeit, 30.03.2011, Der Glaubenskrieg um die Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur) unter Berücksichtigung einer Haygroup Studie

MT207::

Eine Quote brauchen wir […] wirklich nicht. […] Lernprozesse sind immer dann erfolgreich, wenn die Beteiligten selbst Thema und Ziel ihres Engagements bestimmen können. Der Staat soll aber den selbst organisierten Wissenstransfer, die selbst gesteuerte Vernetzung und die Kommunikation der Beteiligten fördern. (Die Zeit, 09.06.2011, Die Macker haben ausgedient)

Akteur der verbalen Handlung: Jürgen Pfister, Unternehmensberater

MT208::

Die Rahmenbedingungen sind in jedem Unternehmen unterschiedlich, deshalb ist eine gesetzliche Regelung nicht zielführend. (Die Zeit, 17.10.2011, Vorerst keine Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Kristina Schröder, Familienministerin (CDU)

MT209::

Wir brauchen jetzt keine staatliche Verordnung mehr. (SZ, 07.02.2011, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Christine Stimpel, Personalberaterin (Heidrick & Struggles)

MT210::

In den Führungspositionen der deutschen Wirtschaft liegt der Frauenanteil im oberen Management bei etwa sechs Prozent. Trotz des 1994 in Kraft getretenen Frauenfördergesetzes für die Bundesverwaltung gibt es bislang in den obersten Bundesbehörden lediglich zehn Prozent Referatsleiterinnen, 7,9 Prozent Unterabteilungsleiterinnen und 1,3 Prozent Abteilungsleiterinnen. Immer noch betrachten viele Arbeitgeber die Frau als Investitionsrisiko: Sie bekommt Kinder, und bleibt dann erst einmal zu Hause. Sofern sie nach dem Mutterschaftsurlaub überhaupt wiederkommt, arbeitet sie nur noch in Teilzeit. Eine Führungskraft mit 30 Stunden-Woche? Undenkbar! (SZ, 04.12.1999, Führungskraft mit 30-Stunden-Woche)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT211::

Auch Gesellschaft und Politik sind gefragt, denn solange es den Begriff ‚Rabenmutter‘ gibt, bleibt die Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf schwierig […]. Das muss die Politik auf die Reihe kriegen. […] Seit Jahren veranstalten wir nicht nur den Girls Day, und doch bleiben die Mädchen reserviert gegenüber unserer Branche. Der Ausbildungsberuf des Industriemechanikers zum Beispiel steht auf der Beliebtheitsskala der Jungs auf Platz drei, bei den Mädchen auf Platz 52. (Die Zeit, 16.10.2011, Für jeden Konzern eine eigene Quote)

Akteur der verbalen Handlung: Gabrielle Sons, Hauptgeschäftsführerin (Gesamtmetall)

In den untersuchten Medientexten gibt es eine positive Darstellung zur Frauenquote. Allerdings belegen die Textbeispiele, dass die negative mediale Resonanz auf die Frauenquote und die damit verbundene staatliche Regulierung, Frauen in Führungspositionen zu bringen, im Mediendiskurs dominant ist. Dieser Aspekt erfährt in den folgenden Artikeln eine thematische Kongruenz: „Konzerne lehnen starre Quote ab“ (Die Welt, 17.01.2011), „Es tut sich was“ (SZ, 07.02.2011), „Der Glaubenskrieg um die Frauenquote“ (Die Zeit, 30.03.2011), „Die Lage ist besser als die Stimmung“ (Die Welt, 16.09.2011), „Vorerst keine Frauenquote“ (Die Zeit, 07.10.2011) und „Elektroautos schaffen neue Arbeitsplätze“ (Die Welt, 05.03.2013).Footnote 5 Im untersuchten Mediendiskurs werden außerdem alternative Frauenfördermaßnahmen thematisiert, zum Beispiel die Frauenförderung durch Selbstverpflichtung der Unternehmen.

Der Prototyp Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen wird bezüglich der Bayer AG und BMW AG sowie der Prototyp Freiwillige Initiativen statt Frauenquote bezüglich der Siemens AG in den Medientexten am häufigsten aufgeführt. Folglich sind die beiden Prototypen nicht nur in Bezug auf die Unternehmen signifikant, sondern nehmen auch in den Medien eine bedeutende Position ein, wie in dem Artikel „Frauenquote bedroht Männerkarrieren“ geäußert wird: „Autobauer BMW etwa möchte den Frauenanteil im Top-Management bis 2020 von derzeit 9 auf 16 Prozent erhöhen“ (Die Zeit, 30.04.2011).

Der Protoyp Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen ist ist ein zentrales Thema im Mediendiskurs. Stellevertretend sind hierfür die folgenden Artikel zu nennen: „Wirtschaft braucht Werte“ (SZ, 03.04.2010), „Wir brauchen mehr Frauen in den oberen Führungsetagen“ (FAZ, 21.11.2010), „Es tut sich was“ (SZ, 07.02.2011), „Die Verwirklichung individueller Wünsche wird wichtiger“ (Die Welt, 26.02.2011), „2020 soll jeder dritte Manager eine Frau sein“ (Die Welt, 18.10.2011), „Elektroautos schaffen neue Arbeitsplätze“ (Die Welt, 05.03.2013) und „Die Chefinnen der Zukunft“ (Die Zeit, 25.11.2013). Es bestehen zahlreiche Projekte, um weiblichen Nachwuchs zu rekrutieren. Neben der Wichtigkeit von Frauen als Erfolgsfaktor für das Unternehmen wird in den untersuchten Medientexten außerdem deren positive Bedeutung für die Volkswirtschaft betont, beispielsweise in dem Artikel „Die Weiberwirtschaft“: „Mehr Frauen aufsteigen zu lassen ist also ein Weg aus der Krise“ (Die Zeit, 23.07.2009). In dem gleichen Artikel wird Kritik an den Männern in der Finanzkrise von 2009 geübt:

MT212::

Die Krise beschleunigt den Wandel zugunsten der Frauen: Frauen gründen vermehrt Firmen, Frauen finden in der Krise leichter einen Job, Frauen halten ihre Familien über Wasser. Mehr weibliche Manager sind nun vielerorts gewollt, wenn es auch meist erst ein Versprechen ist. All diese Entwicklungen finden getrennt voneinander statt. Doch sie alle tragen, auf die eine oder andere Weise, zur Stunde der Frauen bei. Lässt man dann noch die Frage hinter sich, ob es männliche Verhaltensweisen waren, die zur Weltwirtschaftskrise geführt haben oder nicht, tauchen die ganz praktischen Hürden auf, denen sich Firmen, Frauen und Familien gegenübersehen, wenn sie um die viel beschworene Work-Life-Balance ringen. (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Thema Frauenförderung in den untersuchten Unternehmens- und Medientexten ausführlich und vielschichtig behandelt wird. In der unternehmerischen Berichterstattung erfährt Frauenförderung eine signifikante Zunahme der thematischen Behandlung während des Untersuchungszeitraums (vgl. Abb. 5.18, S. 194). Über den Untersuchungszeitraum lassen sich positive und negative Entwicklungen der Frauenförderung im Mediendiskurs ausmachen (vgl. Abb. 5.18, S. 194, und Tab. 5.24, S. 211). Dieses Ergebnis spiegelt die gesellschaftlichen Entwicklungen wider: Zu den positiven Entwicklungen der Frauenförderung zählt beispielsweise das Engagement der Unternehmen, die über spezielle Fördermaßnahmen versuchen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen. In diesem Zusammenhang ist die „Berliner Erklärung“ (2011) aufzuführen, worin sich die Dax-Konzerne selbst verpflichteten, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Diese Erklärung gilt als eine Reaktion auf die von der Telekom ein Jahr zuvor festgelegten internen Frauenquote und sollte dazu dienen, Maßnahmen zur Frauenförderung zu verstärken. Auch die offenen Arbeitsformen und -zeiten wie flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Home Office haben dazu geführt, den Frauen den Wiedereinstieg nach der Elternzeit zu ermöglichen. Positiv sind auch die speziellen Frauennetzwerke zu nennen.

Allerdings stehen den positiven Unternehmensaktivitäten zu Frauenförderungsmaßnahmen auch negative Entwicklungen gegenüber, beispielsweise der gescheiterte Gesetzesentwurf zur Einführung einer Frauenquote im Jahr 2012. An der Frauenquote wurde kritisiert, dass diese keine Verbesserungen, sondern lediglich zunehmende Bürokratie gebracht hätte. Ein Jahr später nimmt die Große Koalition jedoch die Frauenquote in den Koalitionsvertrag auf und der Bundestag stimmte schließlich am 6. März 2015 nach zahlreichen Debatten, wie aus dem untersuchten Diskurs ersichtlich ist, dem Gesetzesentwurf zu (vgl. dazu Abschnitt 5.3.1.5). Erst am 15. Mai 2015 trat schließlich das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in Kraft. Weiterhin sind der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen zu nennen und die sogenannte „Teilzeitfalle“, in die Frauen nach der Elternzeit geraten. Frauen werden dann häufig nicht mehr weitergebildet und für den Karriereaufstieg nicht mehr berücksichtigt.

Im Diskurs stehen sich unterschiedliche Auffassungen zur Frauenförderung zwischen den Akteuren aus den Sphären Wirtschaft und Politik gegenüber. Während aus unternehmerischer Perspektive der Ruf nach selbstverpflichtendem Engagement statt einer gesetzlichen Regulierung geäußert wird, fordern Befürworter einer Frauenquote, dass Unternehmen rechtlich verbindliche Standards umsetzen müssten. Zu den Befürwortern, die sich für eine verbindliche Frauenquote im untersuchten Mediendiskurs aussprachen, zählen beispielsweise von der Leyen (Die Zeit, 20.03.2011, Der Glaubenskrieg um die Frauenquote), Ann-Kristin Achleitner, Wirtschaftsprofessorin aus München (SZ, 05.07.2014, Sag mir, wo die Frauen sind), Manfred Gentz, Aufsichtsratschef der Deutschen Börse (Die Zeit, 30.04.2011, Frauenquote bedroht Männerkarrieren), Jürgen Schupp, Leiter des Sozioökonomischen Panels beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) (ebd.) und Jan Lüttringhaus, Jurist am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht (ebd.). Die in der Bundesrepublik verabschiedeten Gesetze seit der Einführung des Gleichberechtigungsgesetzes im Jahr 1958 zeigen, dass sich diese nicht nur auf den Bereich des Ehe- und Familienrechts beziehen, sondern auch Einfluss auf das Berufsleben von Frauen haben. Die zahlreichen Gesetze und Reformen zielen darauf, Frauen im Berufsleben mit Männern gleichzusetzen. Dazu zählen beispielsweise folgende Gesetze:

  • das Rentenreformgesetz (1972),

  • das Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz (1980),

  • das Beschäftigungsfördergesetz (1985),

  • der Beschluss des Europäischen Rates in Amsterdam zur Erweiterung zum Grundsatz des gleichen Entgelts bei gleicher Arbeit um gleichwertige Arbeit (1995),

  • die Frauenförderstatistikverordnung (1995),

  • die Kampagne des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (2001),

  • der Bericht der Bundesregierung zur Entgeltgleichheit und zur ökonomischen Situation von Frauen (2002),

  • das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (2006) und

  • das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) (2007) (vgl. Gabler 2004).

Im weiteren Sinne zählt zu den positiven Entwicklungen von Frauenfördermaßnahmen die Gründung der „Abteilung für Frauenpolitik“ im Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit im Jahr 1987. Auch Maßnahmen wie der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder mit Vollendung des dritten Lebensjahres (1996) sind hier zu nennen. Die exemplarisch aufgeführten Gesetze und Maßnahmen zeigen, dass sich die Bundesregierung substanziell für die Frauenförderung engagiert hat. Allerdings besteht auch hier weiter Handlungsbedarf. Denn Frauen übernehmen bei der Gestaltung unternehmerischer Projekte immer wichtigere Rollen und Verantwortlichkeiten, die es stärker zur berücksichtigen und zu fördern gilt:

MT213::

Die Krise beschleunigt den Wandel zugunsten der Frauen: Frauen gründen vermehrt Firmen, Frauen finden in der Krise leichter einen Job, Frauen halten ihre Familien über Wasser. Mehr weibliche Manager sind nun vielerorts gewollt, wenn es auch meist erst ein Versprechen ist. All diese Entwicklungen finden getrennt voneinander statt. Doch sie alle tragen, auf die eine oder andere Weise, zur Stunde der Frauen bei. Lässt man dann noch die Frage hinter sich, ob es männliche Verhaltensweisen waren, die zur Weltwirtschaftskrise geführt haben oder nicht, tauchen die ganz praktischen Hürden auf, denen sich Firmen, Frauen und Familien gegenübersehen, wenn sie um die viel beschworene Work-Life-Balance ringen. (Die Zeit, 2009, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Auch in Zukunft sollten konkrete Projekte und messbare Indikatoren eingesetzt werden, um Frauen intensiver im Berufsleben zu fördern. Flexible Arbeitszeitmodelle allein führen nicht zum Erfolg: Eine offene und von Toleranz geprägte Unternehmenskultur, die den Weg für die weiteren Schritte zur praktischen Umsetzung von Frauenförderungsmaßnahmen festlegt, ist zentral.

6.2 Kampf um Talente

Das Thema Kampf um Talente ist im untersuchten Unternehmens- und Medien-diskurs aktuell (vgl. dazu Abb. 5.19, S. 202, und Abb. 5.29, S. 307). In den untersuchten Texten wird auf den Zielzustand, die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang, die Eigenschaften, Handlungen, Bewertungen, Akteure, Forderungen, Folgen sowie den Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter ausführlich eingegangen. In der Unternehmenskommunikation dominiert die positive Darstellung der unternehmerischen Maßnahmen in Bezug auf Maßnahmen zur Arbeitgeberattraktivität und zur Talentgewinnung (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4). In der medialen Auseinandersetzung sind die Bewertungen und Forderungen signifikant.

Die Füllwerte für die Leerstelle Zielzustand des Kampfes um Talente zeigen, dass lediglich ein Prototyp als signifikant von den Medien eingestuft wird: Erhalt und Steigerung der Arbeitgeberattraktivität (vgl. Tab. 5.64, S. 311). Der Prototyp mit insgesamt 108 Codings nimmt den wichtigsten Rang im Medium FAZ ein und wird in Bezug auf die BMW AG und Siemens AG am häufigsten thematisiert. Durch die Förderung von Maßnahmen zur Talentgewinnung erhoffen sich Unternehmen positive Effekte (zum Zielzustand vgl. Abschnitt 5.2.3.1), um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken und ihre Belegschaft aufrecht erhalten zu können. Dazu zählen zum Beispiel die Förderung von Mitarbeitern, indem ihnen ein attraktives Arbeitsumfeld vorgestellt wird, das zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten bietet, wie auch in den folgenden Medientexten geäußert wird:

MT214::

BMW bietet viele Karrierewege und beweist sich als Talentschmiede. (Die Zeit, 27.10.2005, Besessen von drei Buchstaben)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT215::

Wir stehen im Wettbewerb um das Ausnutzen von Wissen. Wir müssen Wissens-Eliten anzapfen, sie herausbringen aus dem Elfenbeinturm. (FAZ, 21.06.1999, Informationstechnik beim Wissensmanagement überbewertet)

Akteur der verbalen Handlung: Helmut Panke, Vorstandsmitglied (BMW AG)

MT216::

Wir müssen bei der Hochschulförderung und Ausbildung aktiv mitwirken, um junge Menschen gewinnen zu können. (Die Welt, 02.10.2012, Mehr als nur Turbinen und Waggons)

Akteur der verbalen Handlung: Eduard Janßen, Werksleiter am Görlitzer Standort (Bombardier)

MT217::

Junge Nachwuchskräfte erkundigen sich sehr genau nach dem Stande der Dinge in Sachen Knowledge-Management. (FAZ, 21.06.1999, Informationstechnik beim Wissensmanagement überbewertet)

Akteur der verbalen Handlung: Herbert Henzler, ehem. Chef (McKinsey Deutschland)

Die Textbeispiele illustrieren die Signifikanz der Detailfragen nach dem Zielzustand der Talentgewinnung.Footnote 6 Die Auswertung der Prädikationen in Bezug auf die Medientexte belegt, dass der Kampf um Talente bedeutend für erfolgreiches Wirtschaften ist. Die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, insbesondere für junge Arbeitnehmer, ist ein zentraler Punkt für den Erfolg eines Unternehmens. Dieser Aspekt wird in den Artikeln „Kommt zu uns!“ (FAZ, 25.08.2007), „Auf Bewerbersuche mit rappenden Azubis und singenden Chefs“ (Die Zeit, 15.10.2012), „Von wegen Teilzeit – Unternehmen bieten lieber Kitas an“ (Die Zeit, 26.06.2014), „Die Besten der Besten sind knapp“ (FAZ, 08.07.2006) und „Verkehrte Welt am Palmenstrand“ (SZ, 25.08.2007) kongruent behandelt.

Die Arbeitgeberattraktivität ist bedeutend für den Erfolg eines Unternehmens, beispielsweise für die Talentgewinnung, und bietet einen wichtigen Wettbewerbsvorteil, wie Ernst Baumann, Personalvorstand (BMW AG), in dem Artikel „Erfolg macht sexy“ konstatiert: „Erfolg nährt Erfolg, und Erfolg macht sexy“ (FAZ, 28.04.2007). Positives Talentmanagement wirkt sich folglich positiv auf die Mitarbeitergewinnung und den Verkauf von Produkten aus (vgl. Die Zeit, 15.10.2012, Auf Bewerbersuche mit rappenden Azubis und singenden Chefs). Unternehmen, die es nicht schaffen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und eine attraktive Marke aufzubauen, haben schließlich das Nachsehen, wie Reiner Kriegler, Geschäftsführer (Deutsche Employer Branding Academy), in dem Artikel „Kommt zu uns!“ feststellt: „Wer es versäumt, eine Marke aufzubauen und sich nicht als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, hat das Nachsehen“ (FAZ, 25.08.2007).

Der Wandel in der Arbeitswelt führt dazu, dass für den potenziellen Arbeitnehmer die Arbeitgeberattraktivität, beispielsweise ein guter Ruf des Unternehmens, hohes Sozialprestige und gute Bezahlung, nicht mehr ausschließlich ausschlaggebend für die Arbeitgeberwahl sind. Dies wird in dem Artikel „Junge Führungskräfte verlangen eine offene Unternehmenskultur“, der eine von Egon Zehnder durchgeführte Studie präsentiert, bestätigt (vgl. FAZ, 07.02.2000). Demnach sollten Unternehmen eine offene Unternehmenskultur etablieren. Außerdem präferierten die Befragten kleinere Unternehmen mit kurzen Kommunikationswegen und einem größeren Angebot an Möglichkeiten, sich in diversen Arbeitsbereichen einzubringen und diese auszugestalten. An diese Entwicklung knüpft auch Panke, Vorstandsmitglied der BMW AG, an: Geübte Verhaltensweisen müssten verändert werden und bei neuen Mitarbeitern gar nicht erst entstehen, sodass Wissen jedem Mitarbeiter zugänglich gemacht werden kann und dadurch das Unternehmen an Attraktivität gewinnt (vgl. FAZ, 21.06.1999, Informationstechnik beim Wissensmanagement überbewertet). Auf diese Entwicklung, dass junge Arbeitnehmer mehr Gestaltungsräume suchen, bezieht sich auch Baumann, Personalvorstand (BMW AG): Die Eigeninitiative der Mitarbeiter solle im Unternehmen gefragt sein, ebenso der informelle Charakter sowie das Bilden von Netzwerken (vgl. FAZ, 14.05.2005, Die Nachwuchskräfte von BMW arbeiten auch am Fließband). In den untersuchten Medientexten wird zudem betont, dass der Arbeitgeber mittels vielfältiger Karriereperspektiven attraktiv sein soll (vgl. FAZ, 08.07.2006, Die Besten der Besten sind knapp). Ein Unternehmen befindet sich nach Baumann nicht nur im ständigen Wettbewerb um Talente mit unmittelbaren Konkurrenten, sondern kämpft auch branchenübergreifend um Talente. Daher sind Maßnahmen zur Talentgewinnung von besonderer Bedeutung für das Unternehmen (vgl. FAZ, 30.08.2008, Praktikanten sind die besten Botschafter). In diesem Zusammenhang betonen die Unternehmen in ihrer Berichterstattung die Wichtigkeit der Arbeitgeberattraktivität, die zur Gewinnung von Fach- und Führungskräften dient:

UT242::

Wir verbinden damit zwei Ziele: Zum einen soll sich die Vielfalt in der Gesellschaft und bei unseren Kunden auch in unserer Belegschaft widerspiegeln. Zum anderen wollen wir unsere Mitarbeiter motivieren, ihre jeweiligen Fähigkeiten voll einzubringen. Die Förderung der Vielfalt zielt zudem darauf ab, weiterhin „Employer of Choice“ – also bevorzugter Arbeitgeber – für unsere Mitarbeiter zu bleiben und dies für viele neue Kandidaten zu werden. (Bayer AG NB 2007: 62)

Die Füllwerte für die Leerstelle Ursachen und übergeordneter Zusammenhang der Talentgewinnung zeigen, dass mehrere Prototypen als signifikant von den Medien eingestuft werden. Dazu werden die folgenden Prototypen gezählt: Arbeitgeber- und Standortattraktivität Deutschlands, Deutschland ist unattraktiver Standort, Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel und Globale Vernetzung dient als Personalquelle (vgl. Tab. 5.69, S. 316). Die Arbeitgeber- und Standortattraktivität Deutschlands ist für die Medien FAZ und Die Welt der wichtigste Aspekt im übergeordneten Zusammenhang. Der Prototyp beschäftigt sich mit der Attraktivität von Unternehmen und dem Standort Deutschland, was den demografischen Wandel und den damit verbundenen Fachkräftemangel bekämpfen soll (vgl. Abschnitt 5.3.2.2). Demgegenüber steht der zweite Prototyp – Deutschland ist unattraktiver Standort –, der von der SZ am häufigsten thematisiert wird. Hier werden nicht nur Unternehmen kritisiert, sondern auch Deutschlands Bedeutung als Standort und der damit zusammenhängende negative Einfluss in Bezug auf die Standortattraktivität für ausländische Arbeitnehmer. In der FAZ werden die Prototypen Deutschland ist unattraktiver Standort und Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel gleichermaßen stark thematisiert. In dem Medium SZ werden Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel und Globale Vernetzung dient als Personalquelle gleich häufig behandelt. Der Prototyp Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel gibt die in der Gesellschaft diskutierte Ansicht wieder, dass der demografische Wandel die Unternehmen vor tiefgreifende Veränderungen stellt (vgl. dazu Abschnitt 5.3.2). Der Prototyp Globale Vernetzung dient als Personalquelle thematisiert das Gewinnen von ausländischen Arbeitnehmern, um dem Fach- und Führungskräftemangel entgegenzuwirken. Die folgenden Beispiele illustrieren die kontrastive mediale Resonanz auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang des Kampfes um Talente:

MT218::

Im „Kampf um Talente“ ist über die Zahlung des Kinderbetreuungszuschusses hinaus Kreativität gefordert. (FAZ, 23.06.2012, Die vergessene Anti-Herdprämie)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT219::

Viele Unternehmen verspielen leichtfertig die Möglichkeit, geeignete Kandidaten für einen Einstieg zu binden und mit diesen Talenten systematisch in Kontakt zu bleiben. […] Die Firmen verschenken wertvolles Potential. (Die Welt, 21.06.2013, …und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute)

Akteur der verbalen Handlung: Martin Heibel, Geschäftsführer (IntraWorlds)

MT220::

Heute sollten sich Unternehmen nicht mehr um die klassischen high potentials bemühen, sondern um die right potentials – Mitarbeiter, die besondere Talente mitbringen, gleichzeitig aber auch zur Unternehmensmarke passen. […] Leider wirken jedoch viele Unternehmen kräftig daran mit, dass ihre Anziehungskraft Richtung Nullpunkt tendiert. Denn sie zeigen am Personalmarkt einen profillosen Auftritt, der das Besondere und die Stärken der Unternehmen unerwähnt lässt – oft, weil sie diese selbst nicht kennen. Stattdessen begnügt man sich in Personalkampagnen mit generischen Bildwelten und hohlen Phrasen: innovativ, teamorientiert, führend, international tätig. So beschreiben sich vermutlich Tausende Unternehmen in Deutschland. Kein Wunder also, wenn die heißen Kandidaten auf die üblichen, bekannten Zugpferde springen: starke Marken mit klarem Profil und attraktiven Produkten wie Porsche, BMW, Audi, Google oder adidas. (Die Welt, 04.06.2009, Employer Branding)

Akteur der verbalen Handlung: Letz Dreesbach und Ben Rünger, Experten in strategischer Unternehmensentwicklung

MT221::

Mit dem nahenden Demografieproblem erlebt Thiehoff, wie sein bis dahin eher randständiges Thema »gute Arbeit« auf einmal wichtig wird. Es freut ihn, dass die Personalchefs schon im eben überwundenen Konjunkturtief weniger Leute entlassen haben, als düstere Prognosen hatten befürchten lassen.

Die kommende Knappheit an Arbeitskräften ist für den Volkswirt einer von zwei „Megatrends“, derentwegen die Unternehmen radikal werden umdenken müssen. Thiehoff: „Die Demografie zwingt uns zum einen, alle Potenziale zu nutzen. Die Hälfte der fehlenden sechs Millionen Arbeitskräfte werden wir kompensieren können, indem wir für gesündere Arbeitsplätze sorgen, also weniger Ausfälle an Arbeitskraft haben. Den Rest muss die zusätzliche Beschäftigung von Frauen, Älteren, Langzeitarbeitslosen, Behinderten und Migranten bringen.“

„Als zweiten Megatrend sieht Thiehoff die Entwicklung zur Wissensgesellschaft. Wenn der Unternehmenserfolg statt von straffen Kommandostrukturen davon abhänge, wie schöpferisch Firmen ihre Leute mit neuem, noch unbewährtem Wissen umgehen ließen, müssten sie intern ein besonderes Klima des Vertrauens schaffen.“

„Die Kontrolle der kreativen Wertschöpfungsprozesse ist kaum möglich«, sagt Thiehoff,“

„Selbstmanagement, Motivation, gesundheitsförderliches Verhalten und Kommunikation sind gefordert.“

Darin seien Frauen und Ältere besonders gut. Zudem seien solche Charakteristika vor allem in richtig gemischten Teams zu finden. Wir werden deswegen, so seine Prognose, jenen überkommenen Idealtyp des Beschäftigten aussterben sehen, den man den „Macker“ nennen könnte: den männlichen, karrierefixierten, konkurrenzorientierten und ohne Rücksicht auf soziale Bindungen und die eigene Gesundheit arbeitenden Angestellten. (Die Zeit, 09.06.2011, Die Macker haben ausgedient)

Akteur der verbalen Handlung: Dr. Rainer Thiehoff, Volkswirt und Geschäftsführer (Demographie Netzwerk)

MT222::

Jedes Jahr treten weniger Nachrücker ins Erwerbsleben ein, weil die geburtenschwachen Jahrgänge kommen. Schon heute müssen Schulen schließen, auch die Zahl der Akademiker sinkt jährlich. Spätestens 2015, wenn die Baby-Boomer ausscheiden, wird es dünn. Erste Risse im Arbeitsmarkt sind zu sehen, aber viele Personaler übersehen sie. (Die Welt, 20.06.2008, Nicht die Jüngsten, aber die Besten)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Medientextbeispiele zeigen, dass als Ursache für den Kampf um Talente der demografische Wandel und seine Folgen angesehen werden.Footnote 7 In den untersuchten Unternehmenstexten werden die Maßnahmen der Unternehmen in Bezug auf die Talentgewinnung positiv dargestellt:

UT243::

Durch nachhaltige Personalpolitik wettbewerbsfähig bleiben Im Jahr 2014 konnte die BMW Group ihre Position als einer der attraktivsten Arbeitgeber weltweit weiter festigen. Unsere führende Rolle im Bereich Nachhaltigkeit trägt wesentlich zur hohen Identifikation unserer Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Produkten bei und ist einer der Gründe für unsere niedrige Fluktuationsquote und in Folge Vermeidung von Personalbeschaffungsaufwendungen. Um unserem Anspruch der Technologie- und Innovationsführerschaft gerecht zu werden, wollen wir die besten Talente gewinnen und ihre Kompetenzen individuell fördern. Die Vielfalt unserer Kunden soll sich auch in der Belegschaft der BMW Group wiederfinden. (BMW AG NB 2014: 31)

Im gleichen Bericht der BMW AG wird die unternehmerische Personalplanung unter Berücksichtigung des demografischen Wandels betont:

UT244::

Das zunehmende Durchschnittsalter der Bevölkerung weltweit und der Fachkräftemangel in Deutschland sowie die veränderten Aufgabenprofile der Arbeitnehmer erfordern in der Personalplanung Weitsicht und Flexibilität. Wir werden uns künftig noch konsequenter in allen relevanten Arbeitsmärkten ziel- und altersgruppenübergreifend als attraktiver Arbeitgeber positionieren. (BMW AG NB 2014: 108)

In den untersuchten Medientexten wird neben der Arbeitgeberattraktivität auch thematisiert, dass Arbeitnehmer die Krisenfestigkeit von Unternehmen schätzen (vgl. SZ, 28.02.2006, „Ältere Mitarbeiter wirken positiv“). Für die Standortattraktivität Deutschlands spricht laut Baumann, Personalvorstand der BMW AG, auch das Kultur- und Freizeitangebot sowie die freundliche und offene Kultur, trotz der Debatte um Sarrazin, wie im selben Artikel geäußert wird. In zahlreichen Medientexten wird der Prototyp Arbeitgeber- und Standortattraktivität Deutschlands behandelt: „Nicht die Jüngsten, aber die Besten“ (Die Welt, 20.08.2005), „Ältere Mitarbeiter wirken positiv“ (SZ, 28.02.2006), „Die Besten der Besten sind knapp“ (FAZ, 08.07.2006), „BMW: Erfolg macht sexy“ (FAZ, 28.04.2007), „Firmen in der Demographie-Falle“ (FAZ, 14.06.2009), „Die Traumjobs der Frauen“ (FAZ, 13.12.2009), „Die Verwirklichung individueller Wünsche wird wichtiger“ (Die Welt, 26.02.2011) und „Der Arbeitgeber als Marke“ (Die Welt, 02.07.2011).

Die Analyse der Unternehmenstexte zeigt, dass die Bedeutung von Kommunikation nachhaltiger Aktivitäten für die untersuchten Unternehmen relevant ist (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.3). An die Wichtigkeit von Unternehmenskultur und Kommunikation knüpft Axel Keulertz, Berater beim Kölner Recruiting Dienstleister Access, in dem Artikel „Die Traumjobs der Frauen“ an: „Die gelebte Kultur im Unternehmen und deren Kommunikation nach außen sind für das Image von erheblicher Bedeutung“ (FAZ, 13.12.2009).

Der positiven Darstellung der Unternehmen und Deutschlands im Kampf um Talente steht der zweite Prototyp – Deutschland ist unattraktiver Standort – gegenüber. Aus den untersuchten Medientexten geht hervor, dass das Potenzial älterer Arbeitnehmer in Unternehmen in Deutschland nicht voll ausgeschöpft wird. Demnach gehen zu viele Arbeitnehmer in Frühverrentung, auch wenn sie eigentlich noch arbeiten möchten, wie in „Nicht die Jüngsten, aber die Besten“ ausgedrückt wird: „Kein Wunder, daß in Deutschland Stillstand herrscht. Das soziale Altern gehört auf den Prüfstand, das Land kann sich die Massenausmusterung von weitgehend Arbeitswilligen nicht mehr leisten“ (Die Welt, 20.08.2005). In dem Artikel „Der Arbeitsmarkt bietet neue Chancen für ältere Bewerber“ kritisiert Lars Lüke, Gründer des Jobportals „expertia.de“, das sich ausschließlich an ältere Arbeitnehmer ab 50 Jahren richtet, dass in Unternehmen noch kein Umdenken stattfinde: „Die demografische Entwicklung führt zwangsläufig dazu, dass man sich auf die Älteren fokussieren muss“ (Die Welt, 17.11.2007). Das Alter eines Arbeitnehmers ist irrelevant für die Besetzung einer Stelle. Daran knüpft Martin Heibel, Geschäftsführer der Recruiting-Firma IntraWorlds, an. Heibel etablierte für zahlreiche Unternehmen Nachwuchsprogramme mit dem Ziel, vielversprechende Talente für das Unternehmen zu gewinnen, und konstatiert: „Denn nur eine größtmögliche Passung von persönlichem Profil und Unternehmensprofil garantiert auch eine größtmögliche Wertschöpfung für den Arbeitgeber“ (Die Welt, 21.06.2013, …und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute). Heibel betont, dass „Unternehmen den Kontakt zu jedem Talent halten, dass sie einmal als solches erkannt haben“ (ebd.). In diesem Zusammenhang kritisiert Heibel, dass das Netzwerken kleineren Firmen besser gelinge als den Großen: „Es lohnt sich, mit ehemaligen Praktikanten systematisch in Kontakt zu bleiben, insbesondere große Unternehmen tun dies aus Sicht der Talente noch nicht genug“ (ebd.). Weitere Medientexte, in denen der Prototyp Deutschland ist unattraktiver Standort thematisiert wird, sind unter anderem: „Die Kraft der zwei Wahrheiten“ (SZ, 07.03.2006), „Das Märchen vom Fachkräftemangel“ (FAZ, 28.01.2008) und „Employer Branding“ (Die Welt, 04.06.2009).

Der dritte Prototyp – Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel – thematisiert den demografischen Wandel als Ursache für den Fachkräftemangel und den Kampf um Talente. In dem Artikel „Nicht die Jüngsten, aber die Besten“ warnt das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) vor einem Fachkräftemangel (Die Welt, 20.08.2005). Dieser könne erhebliche Folgen mit sich bringen: „Sinkende Produktivität, gedrosselte Innovation, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit durch die Konkurrenz aus Osteuropa und Asien“ (Die Welt, 20.08.2005, Nicht die Jüngsten, aber die Besten). Bereits Ende der 1990er Jahre hat Hauser, Geschäftsführer des Instituts Great Place to Work, den „war for talents“ beobachtet (vgl. dazu Die Zeit, 09.06.2011, Die Macker haben ausgedient). In dem Artikel „Verkehrte Welt am Palmenstrand“ wird in Anlehnung an eine Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Fach- und Führungskräftemangel thematisiert (SZ, 25.08.2007). Demnach betrachtet ein Fünftel der Unternehmen Ingenieure als rar auf dem Arbeitsmarkt und setzt sie auf Platz 1 der Mangelberufe (ebd.). Als Grund für den Fachkräftemangel werden in dem Artikel „Künftiger Engpass bei Ingenieuren beunruhigt die Unternehmen“ die negativen Berufsaussichten genannt: „Die schlechten Berufsaussichten schreckten ab und bei wieder ansteigendem Bedarf ging die Zahl der Studienanfänge scharf zurück. In einigen technischen Studiengängen hat der Zufluß seit Anfang der 90er Jahre um mehr als 50 Prozent abgenommen“ (SZ, 02.01.1998). In dem Artikel „Leistung statt Alter“ wird unter Rückgriff auf eine Studie des Statistischen Bundesamts auf die Probleme bzw. Folgen des demografischen Wandels für den Wirtschaftsstandort Deutschland hingewiesen (Die Zeit, 25.09.2011). Folgende Artikel thematisieren den Prototyp Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel: „Nicht die Jüngsten, aber die Besten“ (Die Welt, 20.08.2005)“, „Die Suche nach der Führungselite. Schätze aus dem Goldfischteich“ (Die Welt, 24.02.2007), „Verkehrte Welt am Palmenstrand“ (SZ, 25.08.2007), „Das Märchen vom Fachkräftemangel“ (FAZ, 29.01.2008), „Hausgemachter Mangel“ (FAZ, 22.09.2008), „Employer Branding“ (Die Welt, 04.06.2009), „Kampf um die Köpfe“ (SZ, 17.04.2010), „Gutes Personal dringend gesucht“ (SZ, 23.02.2011) und „Die Macker haben ausgedient“ (Die Zeit, 09.06.2011).

Auf die Probleme und Folgen des demografischen Wandels sowie dessen Bekämpfung wird auch in den untersuchten Unternehmenstexten eingegangen. Stellvertretend hierfür ist ein Textbeispiel der Bayer AG zu nennen:

UT245::

Der demografische Wandel, also der anhaltende Rückgang der Geburtenzahlen und die fortschreitende Alterung der Gesellschaft, ist in vielen Industrienationen eine Herausforderung, die für die Wirtschaft mit Chancen und Risiken verbunden ist. (Bayer AG GB 2013: 77)

In dem Artikel „Kampf um die Köpfe“ wird nicht nur der demografische Wandel als Hauptursache für den Fachkräftemangel gesehen, sondern auch der Umbruch in der Automobilbranche: „Den Automobilherstellern steht wegen der rasanten Umbrüche in der Branche ein harter Kampf um hochspezialisiertes Personal bevor“ (SZ, 17.04.2010). Daran knüpft Harald Krüger, Personalvorstand der BMW AG, an: „Der Wandel in der Automobilwirtschaft hin zum Elektroantrieb wird dazu führen, dass unter den Autokonzernen ein deutlich stärkerer Wettbewerb um die besten Mitarbeiter entstehen wird“ (ebd.).

Ein Großteil des Problems des demografischen Wandels ist laut dem Artikel „Hausgemachter Mangel“ „hausgemacht“ (FAZ, 22.09.2008). In dem Artikel „Das Märchen vom Fachkräftemangel“ (FAZ, 28.01.2008) kritisieren auch Marcus Kottmann, Leiter des NRW-Zentrum für Talentförderung an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, und Bernd Kriegsmann, Professor an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, die mangelnden Maßnahmen der Unternehmen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Kottmann und Kriegesmann kritisieren die Passivität der Unternehmen bei der Bewältigung des Fach- und Führungskräftemangels wie folgt:

MT223::

Etwas überspitzt formuliert kann man sich hier des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht nur in den Geschäftsführungen und Vorstandsetagen deutscher Unternehmen, sondern auch unter den sonst so renditebewussten Investoren offensichtlich die Annahme weit verbreitet ist, dass wettbewerbskritische (Human-)Ressourcen wie Ingenieure kontinuierlich als ausgereifte Früchte auf den Bäumen wachsen oder bei Bedarf wie Manna vom Himmel fallen. Wie ist es zu erklären, dass es heute völlig normal ist, wenn sich global agierende Unternehmen mit hohen Beträgen auf Jahre hinaus gegen Risiken durch Wechselkursschwankungen versichern, eine entsprechende Vorsorge für zusätzliche Personalbedarfe in Boomzeiten aber eine unüberwindbare Tabuzone darstellt. Angesichts der sich wiederholenden Rekrutierungsprobleme scheint uns die Hypothese durchaus angemessen, dass der zu beobachtende Fachkräftemangel gar nicht vornehmlich aus der fehlenden Praxisnähe der Hochschulen resultiert, sondern aus einer strukturellen Lücke im Ausbildungsportfolio der meisten Betriebe. Dafür spricht, dass viele Betriebe immer noch weithin frei von Engagements in dem besonders kritischen Segment zwischen den Polen der bewährten gewerblichen und akademischen Ausbildung dastehen. Gerade dieses „mittlere Ausbildungssegment“ aus praktisch versierten und theoretisch anspruchsvoll ausgebildeten Fachleuten erfordert aber besonderes Augenmerk, da hier ein Nervenzentrum des Fachkräftemangels in Deutschland liegt. (FAZ, 28.01.2008, Das Märchen vom Fachkräftemangel)

Das Textbeispiel zeigt, dass Unternehmen nicht genug unternehmen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, was den Aspekt einer veränderten Situation am Arbeitsmarkt und die daraus resultierenden Probleme und Folgen, die für die Unternehmen entstehen, unterstreicht. Auch Michael Rahe von der BMW AG betont in dem Artikel „Gutes Personal dringend gesucht“, dass der Bedarf an qualifizierten Fach- und Führungskräften groß sei: „Wir brauchen dringend gutes Personal, aber wir bekommen zunehmend Probleme im Arbeitsmarkt München“ (SZ, 23.02.2011). In den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird ebenfalls betont, dass der Bedarf an qualifizierten Fach- und Führungskräften groß sei und diese den Erfolg des Unternehmens wesentlich mitbestimmten:

UT246::

Unser zukünftiger wirtschaftlicher Erfolg hängt nicht zuletzt vom Engagement, der Motivation und dem Können unserer Mitarbeiter ab. Wir müssen stets in der Lage sein, qualifizierte Fach- und Führungskräfte für unser Unternehmen zu gewinnen, sie zu integrieren und dauerhaft zu binden. (Bayer AG GB 2001:33)

In den untersuchten Medientexten wird auch die Globale Vernetzung als Personalquelle thematisiert. In dem Artikel „Suche Ingenieur, biete Top-Posten“ (SZ, 24.04.2006) stellt die BMW AG fest, dass viele Bewerbungen aus dem Ausland kommen, insbesondere aus Osteuropa. Auch Klaus Zimmermann, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung, stellt die „Erhöhung des Anteils ausländischer Fach- und Führungskräfte“ in dem Artikel „Demographie zwingt zum Umdenken“ (FAZ, 19.09.2006) fest. Dass im Zuge des Fachkräftemangels potenzielle Mitarbeiter noch globaler rekrutiert werden müssten, äußert in dem Medientext „Kampf um die Köpfe“ auch Harald Krüger, Personalvorstand BMW AG: „Wir werden unsere Mitarbeiter noch globaler rekrutieren müssen, um die besten Köpfe zu haben“ (SZ, 17.04.2010).

Die eruierten Prototypen für die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang des Kampfes um Talente zeigen, dass die Maßnahmen der Unternehmen sowie Deutschland als Standort positiv und negativ in den Medientexten dargestellt werden. Der mediale Diskurs steht im Gegensatz zu den Analyseergebnissen des Unternehmenstextkorpus. Die untersuchten Unternehmen stellen ihre Maßnahmen zur Talentgewinnung und im Kampf um Talente positiv in ihrer Berichterstattung dar (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4). Die Unternehmen äußern in ihren Unternehmenstexten, dass eine veränderte Arbeitsmarktsituation besteht, der sie mit ihren Maßnahmen entgegenwirken wollen, indem sie auf den Pool von potenziellen Arbeitnehmern zurückgreifen. Allerdings wird in den untersuchten Unternehmenstexten nicht auf die Rolle der Unternehmen in Bezug auf die Verantwortung hinsichtlich des Fachkräftemangels durch ihr eigenes Handeln eingegangen. Dies steht im Gegensatz zu der kontrastiv geführten Auseinandersetzung im Mediendiskurs, der auch kritische Aspekte des übergeordneten Zusammenhangs, beispielsweise Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel oder Deutschland ist unattraktiver Standort, beleuchtet.

Die Füllwerte für die Leerstelle Handlungen des Kampfes um Talente zeigen, dass es drei Prototypen gibt, die von den Medien behandelt werden. Dazu zählen Finanzielle Anreizsysteme wie die Steigerung des Gehalts, Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung und Attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen (vgl. Tab. 5.73, S. 318). Der Prototyp Finanzielle Anreizsysteme wie die Steigerung des Gehalts nimmt den wichtigsten Rang ein. In den untersuchten Medientexten werden Maßnahmen vorgestellt, die sich auf die Gewinnung von potenziellen Arbeitnehmern beziehen. Die Prototypen werden im Vergleich zu den in den Unternehmenstexten vorgestellten Handlungen in den Medientexten wenig thematisiert und weisen geringe Kodierungen auf (zu den Handlungen in den Unternehmenstexten vgl. Abschnitt 5.2.3.4). In Bezug auf die Bayer AG sind geringe Rollenwerte (Fillers) aufzufinden und in den untersuchten Medien SZ und Die Zeit werden die Handlungen nicht thematisiert. Neben finanziellen Anreizsystemen werden in den untersuchten Medientexten auch Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung sowie Karrieremöglichkeiten thematisiert, beispielsweise in „Die Suche nach der Führungselite. Schätze aus dem Goldfischteich“ (Die Welt, 24.02.2007) und „Employer Branding“ (Die Welt, 04.06.2009). In dem Artikel „Demographie zwingt zum Umdenken“ betont Klaus Zimmermann, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung, eine Vierfach-Strategie zur Gewinnung von Talenten zur Bekämpfung des demografischen Wandels: „Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Erhöhung des Frauenanteils, Erhöhung des Anteils ausländischer Fach- und Führungskräfte und stärkere Nachwuchsförderung“ (FAZ, 19.09.2006). Die Leerstelle Handlungen des Kampfes um Talente wird in den untersuchten Medientexten mit geringen Füllwerten belegt. Dies steht in starkem Gegensatz zu den Handlungen, die in den Unternehmenstexten vorgestellt werden. In den Unternehmenstexten werden zahlreiche Programme aufgeführt, deren erfolgreiche Umsetzung betont wird (vgl. Abschnitt 5.2.3.4). Es ist kritisch anzumerken, dass in den Unternehmenstexten nicht alle der vorgestellten zahlreichen Programme mit durchgängig konkreten Kennzahlen belegt werden. Dennoch werden zahlreiche Beispiele der Maßnahmen in den Unternehmenstexten ausführlich vorgestellt. Stellvertretend für die zahlreichen Programme soll hier auf die Maßnahmen der Talentgewinnung innerhalb der Siemens AG verwiesen werden (vgl. UT138 in Abschnitt 5.2.3.4) und auf die Einstellung älterer Arbeitnehmer bei der Öffnung eines neuen Werks der BMW AG in Leipzig (vgl. BMW AG GB 2004: 27). Es bleibt festzuhalten, dass in den Unternehmenstexten die Handlungen zur Bekämpfung des demografischen Wandels und zur Gewinnung von neuen Talenten häufig und divers vorgestellt werden, wohingegen sie im Mediendiskurs kaum thematisiert werden.

Die Füllwerte für die Leerstelle Bewertungen des Kampfes um Talente zeigen, dass es im Mediendiskurs drei signifikante Prototypen gibt: Deutschland als Standort ist unattraktiv für die Gewinnung von neuen Talenten, Maßnahmen zur Gewinnung von Talenten durch Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sichert Arbeitsplätze und macht Deutschland zu einem attraktiven Standort und Positive Bewertung von Maßnahmen zur Talentgewinnung (vgl. Tab. 5.77, S. 321). Die Prototypen zeigen, dass hinsichtlich der Bewertungen positive und negative Kritik der unternehmerischen Talentförderung in den Medien thematisiert wird. Der Prototyp Deutschland als Standort ist unattraktiv für Talentgewinnung wurde in den Medien FAZ und Die Welt sowie in Bezug auf die Siemens AG am häufigsten aufgeführt. Dabei wird das mangelnde Engagement der Unternehmen hinsichtlich der Gewinnung neuer Talente sowie die Zurückhaltung des Staates in Bezug auf Maßnahmen kritisiert, die zu einer Standortförderung beitragen würden. Ein positiver Aspekt der Talentgewinnung, Maßnahmen zur Gewinnung von Talenten durch Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sichert Arbeitsplätze und macht Deutschland zu einem attraktiven Standort, wird in dem Medium SZ am häufigsten behandelt. In den folgenden Medientexten wird der Prototyp kongruent behandelt: „Ausländer gesucht“ (Die Zeit, 14.08.1997), „Schröder will „Löhne wie in China“ verhindern“ (FAZ, 14.05.2005), „Ältere Mitarbeiter wirken positiv“ (SZ, 28.02.2006) und „Gläserne Mitarbeiter leisten weniger“ (Die Welt, 21.07.2007).

Der dritte Prototyp Positive Bewertung von Maßnahmen zur Talentgewinnung thematisiert die positiven und negativen Aktivitäten der Unternehmen zur Gewinnung von Talenten. In dem Artikel „Die Lage ist besser als die Stimmung“ äußert Brigitte Ederer, Personalvorstand der BMW AG, dass Unternehmen die Lage als gut bewerteten und es kein Problem des Fachkräftemangels gebe:

MT224::

Wir müssen, um den Standort Deutschland zu bewahren, hierzulande in der Forschung und Entwicklung den anderen immer ein Stück weit voraus sein. Deutschland ist insgesamt gut positioniert. Wenn wir uns anstrengen und in die Ausbildung investieren, haben wir auch gute Chancen, die Pole Position zu bewahren oder zu erringen. (Die Welt, 16.09.2016)

In dem Artikel „Ältere Mitarbeiter wirken positiv“ (SZ, 28.02.2006) äußert Baumann, Vorstand der BMW AG, dass sich Unternehmern ihrer Verantwortung beim Kampf um Talente bewusst seien. In dem Artikel kritisiert Baumann zwar das hohe Entgeltniveau, betont aber auch, dass es der BMW AG im Vergleich zu seinen Konkurrenten gelungen sei, sich auf dem Markt durchzusetzen und dabei die Arbeitgeberattraktivität für den Standort Deutschland und seinen Arbeitnehmern aufrechtzuerhalten: „Wir bekennen uns dazu: Wir sind ein deutsches Unternehmen, und wir haben bayerische Wurzeln. Das schwingt immer mit, wenn es um den Standort geht. Das sehen wir auch mit als Verpflichtung“ (SZ, 28.02.2006, „Ältere Mitarbeiter wirken positiv“).

Im untersuchten Mediendiskurs werden die Maßnahmen zur Talentgewinnung kritisiert, beispielsweise in dem Artikel „Wie Firmen Social Media zum Recruiting nutzen“:

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Alle wollen mitmachen, doch niemand weiß genau, wie es funktioniert. Unternehmen setzen zunehmend auf soziale Netzwerke, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Ihre Versuche, sich auf Youtube oder Facebook zu präsentieren, wirken allerdings häufig bemüht, anbiedernd und bisweilen sogar bizarr. Da werben jugendliche Schlipsträger mit schlecht gereimten Rap-Songs für BMW als Arbeitgeber. (SZ, 15.10.2011)

Aus der Analyse der Medientexte geht hervor, dass insbesondere Wissenschaftler Unternehmensaktivitäten kritisieren. In dem Artikel „Bei Anruf Job“ formuliert Prof. Wolfgang Jäger, Fachbereich Design, Informatik und Medien der Hochschule RheinMain, seine Kritik an den Unternehmensaktivitäten bei der Talentgewinnung folgendermaßen: „Wer in der Gunst der Mitarbeiter punkten kann, verschafft sich also einen klaren Wettbewerbsvorteil“ (Die Welt, 24.04.2010). Folglich seien die Unternehmen daran interessiert, Handlungen zu ergreifen, um Arbeitnehmer zu gewinnen und halten.

Auch Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D. (SPD), äußert sich dahingehend, dass Deutschland im globalen Wettbewerb und im Vergleich zu anderen konkurrierenden Volkswirtschaften zu teuer sei und es zukünftig bleiben werde. Daher müsse in deutschen Unternehmen Qualität und Flexibilität großgeschrieben werden, um dem Fachkräftemangel zu begegnen (vgl. dazu FAZ, 14.05.2005, Schröder will „Löhne wie in China“ verhindern). Aus dem Artikel „Notfalls am Tarifvertrag vorbei“ (Die Zeit, 26.01.1996) geht hervor, dass die Aktivitäten der Unternehmen das einzige Mittel seien, um das Problem des demografischen Wandels und des Kampfes um Talente und der damit verbundenen mangelnden Standortattraktivität Deutschlands zu lösen. Der Textautor betont, dass man auf die Hilfe des Staates nicht bauen könne und Hilfe in zu ferner Zukunft läge (ebd.). Das bedeutet für die Unternehmen, dass sie selbst aktiv werden und das Problem des Fach- und Führungskräftemangels aus eigener Kraft lösen sollten, wie Franz-Josef Seidensticker, Managing Director der Bain & Compnay, in dem Artikel „Hausgemachter Mangel“ ausdrückt: „Ein strukturierter Talent-Management-Prozess erlaubt die regelmäßige Quantifizierung der verbleibenden Lücke an Führungspersonal“ (FAZ, 22.09.2008).

Die Analyse zeigt, dass in den untersuchten Unternehmenstexten die unternehmerischen Maßnahmen positiv bewertet werden. Die Diversität in der Bewertung der Maßnahmen zur Talentgewinnung in Unternehmen illustriert die Signifikanz der thematischen Aushandlung im Mediendiskurs.Footnote 8 Einerseits wird in den untersuchten Medientexten betont, dass die unternehmerischen Maßnahmen positive Effekte wie die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie die Bekämpfung des demografischen Wandels bewirken. Andererseits werden die unternehmerischen sowie staatlichen Maßnahmen kritisiert.

Die Füllwerte für die Leerstelle Forderungen an die Talentgewinnung zeigen, dass es zwei signifikante Prototypen gibt: Talentsuche im eigenen Unternehmen, insbesondere zur Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses sowie Ruf nach effizienteren Talent-Management-Prozessen (vgl. Tab. 5.80, S. 324). Aus den Analyseergebnissen der Medientexte geht hervor, dass es Handlungsbedarf seitens der Unternehmen gibt, der konkrete unternehmerische Maßnahmen im Sinne einer nachhaltigen Talentgewinnung beinhaltet. Das Thema Talentsuche im eigenen Unternehmen, insbesondere zur Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses beschäftigt sich mit der Gewinnung und Förderung von Frauen, um dem Fach- und Führungskräftemangel zu begegnen, wie in dem Artikel „Sackgasse Teilzeit“ aufgeführt wird: „Führungskräfte sollen Patenschaften für einzelne Mitarbeiterinnen übernehmen, wie sie in Sachen Qualifizierung beraten und darüber wachen, daß sie im Rennen sind, wenn es um Beförderungen geht“ (Die Zeit, 24.10.1997). Auf die Frauenförderung im Zusammenhang mit der Talentförderung wird auch in den Unternehmenstexten eingegangen:

UT247::

Die Stärke von Siemens ist die Stärke seiner Mitarbeiter – wir erwarten Höchstleistungen von allen unseren Mitarbeitern. Im Gegenzug unterstützen wir sie gezielt bei der Entfaltung ihrer Potenziale.

Die Innovationskraft und der Pioniergeist der Mitarbeiter bringen Siemens jeden Tag voran. Auf dieser Basis wollen wir weiterwachsen und deshalb weltweit die Besten für unser Unternehmen gewinnen. Wir qualifizieren sie weiter und schaffen die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit unterschiedlichster Persönlichkeiten, und das über Berufs-, Sprach- und Landesgrenzen hinweg. […]

Vielfältig zusammengesetzte Teams mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Erfahrungen mehren den Ideenreichtum von Siemens und stärken unsere Innovationskraft.

Daher fördern wir die Vielfalt (Diversity) im Unternehmen gezielt mit einer eigenen Initiative: unserer Diversity-Initiative. Dahinter stehen Maßnahmen und Angebote, mit denen wir die Vielfalt auf allen Ebenen des Unternehmens gewährleisten oder weiter verbessern wollen. Beispiele hierfür sind unsere globalen Netzwerke, die übergreifende Diversity-Themen identifizieren, etwa das Netzwerk der rund 160 Siemens-Diversity-Botschafter oder die Globale Organisation für Frauen in Führungspositionen (Global Leadership Organization of Women, GLOW). (Siemens AG GB 2012: 76)

Weitere Medientexte, in denen der Prototyp Talentsuche im eigenen Unternehmen, insbesondere zur Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses thematisiert wird, sind unter anderem „Sackgasse Teilzeit“ (Die Zeit, 24.10.1997), „Den Goldfischteich stets mit den richtigen Kandidaten füllen“ (FAZ, 22.05.1999) und „Ein Blick nach innen lohnt sich“ (FAZ, 03.08.2013).

Neben der Förderung von Frauen wird der Ruf nach effizienteren Talent-Management-Prozessen im Mediendiskurs thematisiert.Footnote 9 In den Medientexten, beispielsweise in dem Artikel „Hausgemachter Mangel“ (FAZ, 22.09.2008), wird geäußert, dass die Unternehmen ihre Maßnahmen und Aktivitäten effizienter gestalten sollten. Maßnahmen des Staates, die darauf abzielen könnten, den Standort Deutschland und auch Unternehmen für ausländische Arbeitnehmer interessanter zu gestalten, werden weder in den Unternehmenstexten noch in den Medientexten thematisiert. In dem Artikel „Das Märchen vom Fachkräftemangel“ (FAZ, 28.01.2008) wird dieser Aspekt besonders anschaulich beleuchtet. Laut Kottmann und Kriegsmann würde ein ganzheitlicher Ansatz das Problem des Fach- und Führungskräftemangels sinnvoller lösen:

MT226::

Sollten die Sirenen des Fachkräftemangels einen Funken mehr Wahrheit in sich tragen als ein Märchen, dann müsste es doch in einer gemeinsamen Initiative aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gelingen, schon möglichst bald die zur Deckung dieser Lücke zusätzlich benötigten Ausbildungskapazitäten im mittleren Ausbildungssegment bereitzustellen. (FAZ, 28.01.2008)

Aus den Analyseergebnissen der Forderungen geht hervor, dass diese im Mediendiskurs präsent sind. Allerdings zeigt die geringe Anzahl der kodierten Textstellen, dass im Vergleich zu den Schwerpunktthemen Frauenförderung (Abschnitt 6.1) sowie Führungsstil (Abschnitt 6.3) wenige Forderungen in den Medientexten formuliert werden. In den untersuchten Unternehmenstexten werden Forderungen hinsichtlich des Kampfes um Talente lediglich in Bezug auf Frauenfördermaßnahmen thematisiert.

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Thema Kampf um Talente in den untersuchten Unternehmenstexten (vgl. Abb. 5.19, S. 202) und Medientexten (vgl. Abb. 5.29, S. 307) signifikant behandelt wurde. Über den Untersuchungszeitraum lassen sich positive und negative Aspekte hinsichtlich der thematischen Behandlung der Talentgewinnung ausmachen.

Zu den positiven Aspekten der Talentgewinnung zählt beispielsweise das Engagement der Unternehmen, die über spezielle Fördermaßnahmen versuchen, potenzielle Arbeitnehmer, insbesondere Frauen, für ihr Unternehmen zu begeistern und zu gewinnen (siehe dazu Abschnitt 5.2.3.4). Neben finanziellen Anreizsystemen präsentieren die Unternehmen auch flexible Arbeitsformen und -zeiten in ihrer Berichterstattung, um für die Talente attraktiv zu sein (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4). Das Thema Kampf um Talente wird in Bezug auf den Zielzustand, die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang sowie die Bewertungen ausführlich in den Unternehmenstexten behandelt. Von den Unternehmen werden die eigenen Maßnahmen und Handlungen positiv bewertet.

Die Analyseergebnisse der untersuchten Medientexte zeigen jedoch, dass auch kritische Subthemen bezüglich der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs (vgl. dazu Abschnitt 5.3.2.2) und der Bewertungen (vgl. dazu Abschnitt 5.3.2.4) hinsichtlich der unternehmerischen Handlungen (vgl. dazu Abschnitt 5.3.2.3) existieren. In den untersuchten Medientexten werden auch die Bemühungen von Unternehmen zur Steigerung der Attraktivität in Bezug auf die Unternehmen und den Standort Deutschland positiv betrachtet (vgl. dazu Abschnitt 5.3.4).

Im Gegensatz zu den Unternehmenstexten wird in den Medientexten der intendierte Zielzustand kaum thematisiert. Zudem existieren diverse, kritische Bewertungen sowie Forderungen in Bezug auf den Kampf um Talente (vgl. dazu Abb. 6.1, S. 457, und Abb. 6.2, S. 458 in Abschnitt 6.4).

Es bleibt festzuhalten, dass unternehmerische Maßnahmen, die auf Freiwilligkeit basieren, nicht ausreichen, um das Problem des demografischen Wandels und des damit verbundenen Fachkräftemangels zu lösen. Wie in dem Artikel „Das Märchen vom Fachkräftemangel“ (FAZ, 28.01.2008) formuliert, sollten Wirtschaft, Politik und Wissenschaft bei der praktischen Umsetzung von Maßnahmen zur Talentgewinnung miteinander kooperieren und gemeinsam die Herausforderung angehen, um die Unternehmen zukunftsfähig zu machen und für die Mitarbeiter ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sie gefördert und gefordert werden.

6.3 Führungsstil

Das Thema Führungsstil wird in den untersuchten Texten des Unternehmens- und Medientextkorpus ausführlich behandelt. Dabei werden unterschiedliche Prototypen zu dem Zielzustand, den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang, zu den Eigenschaften, Handlungen, Bewertungen, Akteuren, Forderungen, Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter aufgeführt. In den untersuchten Unternehmenstexten ist die positive Darstellung der Handlungen hinsichtlich der Fördermaßnahmen zur Führungskräfteentwicklung auffällig. Im untersuchten Mediendiskurs sind die Bewertungen und Forderungen bezüglich des Führungsstils und der Führungsqualitäten von Managern signifikant.

Die Füllwerte für die Leerstelle Zielzustand des Führungsstils zeigen, dass die folgenden Prototypen als signifikant von den Medien eingestuft werden: Steigerung des Unternehmenserfolgs, Kosteneinsparung durch den Führungsstil sowie Steigerung der Arbeitnehmermotivation und Erhalt der Gesundheit durch den Führungsstil (vgl. Tab. 5.84, S. 336). In den untersuchten Medientexten ist der Prototyp Steigerung des Unternehmenserfolgs am signifikantesten, der auch in Bezug auf die BMW AG und Siemens AG den wichtigsten Rang einnimmt. In den Textsegmenten wird offengelegt, dass sich Unternehmen durch den Führungsstil positive Effekte für ihr wirtschaftliches Handeln erhoffen. In den untersuchten Medientexten werden die Verbesserung und Änderung des Führungsstils thematisiert, da Unternehmen durch eine erfolgreiche Führungskräfteentwicklung ihren Unternehmenserfolg steigern möchten, indem sie Führungspersönlichkeiten für das Unternehmen gewinnen und daran binden. Dieser Aspekt ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels von besonderer Bedeutung und wird daher auch in den untersuchten Unternehmenstexten thematisiert: In den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten betonen die Unternehmen, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee in allen Bereichen des unternehmerischen Handelns erfolgt, so auch in Bezug auf die Führung:

UT248::

Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Werte und Führungsprinzipien. Um entsprechend unserem Leitbild „Bayer: Science For A Better Life“ nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften, wollen wir ökonomischen Erfolg auf Basis solider Geschäftsmodelle in Einklang bringen mit den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter und der Gesellschaft sowie dem Schutz der Umwelt. Um dieses Selbstverständnis zu unterstreichen, haben wir uns internationalen Nachhaltigkeitsinitiativen wie dem „un Global Compact“ und der „Responsible Care Global Charter“ verpflichtet. (Bayer AG GB 2009: 109)

In der unternehmerischen Berichterstattung wird zudem aufgeführt, dass sich der Führungsstil positiv auf die Arbeitsplatzsicherheit auswirkt:

UT249::

Wirksame Führung ist ein zentraler Stellhebel für die erfolgreiche Umsetzung der Strategie Number ONE. Die Führungskräftequalifizierung trägt dazu bei, die zentrale Bedeutung von Führung in alle Managementebenen zu tragen. Die Führungskräfte werden befähigt, ihre Führungsleistung nachhaltig weiterzuentwickeln und damit die Erreichung der strategischen Ziele zu unterstützen. Gleichzeitig erhöht wirksame Führung die Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen, die Mitarbeiterzufriedenheit und die Attraktivität der BMW Group als Arbeitgeber. Sie trägt so einen wichtigen Teil zum wirtschaftlichen Erfolg und zur langfristigen Arbeitsplatzsicherung bei. (BMW AG MN 2012: 17)

Ein neuer Führungsstil soll durch den Erwerb von sozialen Kompetenzen bei Managern erreicht werden. In diesem Zusammenhang werden in den untersuchten Medientexten spezielle Projekte thematisiert, die von den Unternehmen durchgeführt werden, beispielsweise in sozialen Brennpunkten, in denen Manager den Umgang mit Menschen in schwierigen Situationen üben sollen. Außerdem wird in den untersuchten Medientexten, wie in dem Artikel „Masterplan für den Spitzenjob“ (FAZ, 14.12.2014), aufgeführt, dass das Personalmanagement durch Formung eines gleichen Denkens bei Spitzenmanagern dazu dienen soll, das Unternehmen zum Erfolg zu führen. Diese Vorstellung wird beispielsweise in Bezug auf die BMW AG illustriert:

MT227::

Auf dem Weg nach oben formt und normt der Konzern seinen Nachwuchs. Wer in den Kreis der „Top 300“ aufsteigt, braucht dazu die Empfehlung seines Vorgesetzten, außerdem elf Gutachter, die über seinen Charakter urteilen: Da der Kandidat deren Namen nicht kennt, richtet er sich aus an der Gesamtgruppe. Das Management gleicht sich somit automatisch an, das Denken wird gleichförmiger, konzentriert auf Leistung, Disziplin, Wettbewerb. Und auf den speziellen „BMW-Spirit“, wie einer aus der Führungsriege erzählt. (FAZ, 14.12.2014, Masterplan für den Spitzenjob)

Bezüglich der Bayer AG ist der Prototyp Steigerung der Arbeitnehmermotivation und Erhalt der Gesundheit durch den Führungsstil der einzige behandelte Zielzustand in den untersuchten Medientexten. Dieser Prototyp thematisiert Förderprogramme zur Gesundheit und zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Stellvertretend hierfür sind folgende Artikel zu nennen: „BMW entdeckt seine alten Arbeiter“ (FAZ, 13.04.2008), „Wir leben vor, was wir von unseren Mitarbeitern verlangen“ (SZ, 13.05.2009), „Reife Leistung“ (SZ, 20.01.2012), „Wir haben Lupen an den Arbeitsplätzen“ (Die Zeit, 05.04.2012), „Yoga für ein längeres Berufsleben“ (FAZ, 28.10.2012), „Lassen sich Ideen managen?“ (Die Zeit, 07.12.2012) und „Wie Vollkasko gefährlich werden kann“ (Die Welt, 21.10.2014). Auch die Erhöhung der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben als klarer Erfolgsfaktor zur Verminderung von Krankentagen sowie zur Verhinderung von Arbeitsausfällen, Kündigungen und Fluktuation von Führungskräften wird in den untersuchten Medientexten behandelt. Dieser Aspekt wird in den Artikeln „Wie durch eine lange Leine anstatt der Peitsche die Leistung zu steigern ist“ (FAZ, 01.03.1997), „Arbeit ist kein Störfaktor“ (SZ, 29.03.2003), „Arbeit geht durch den Magen“ (FAZ, 06.09.2011), „Gesucht: Fachkraft mit Familiensinn“ (Die Zeit, 08.11.2011), „Siemens investiert in Eltern von Krippenkindern“ (FAZ, 26.11.2011) und „Was können Führungskräfte für die Gesundheit tun?“ (Die Zeit, 21.06.2013) kongruent behandelt und kommt in den folgenden Textbeispielen zum Ausdruck:

MT228::

Das Projekt soll gerade Manager aus der freien Wirtschaft in Sachen Sozialkompetenz belehren. (SZ, 31.01.2004, Herr Wunderlich geht ins Gefängnis)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT229::

In zertifizierten Unternehmen wie der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank, Accenture und Siemens, sei neben dem Image-Gewinn die Identifikation der Mitarbeiter deutlich gestiegen, sagt Becker. Und nicht nur das: Fluktuation und Krankmeldungen hätten spürbar abgenommen. (SZ, 29.03.2003, Arbeit ist kein Störfaktor)

Akteur der verbalen Handlung: Stephan Becker, Geschäftsführer (Beruf & Familie der Hertie-Stiftung)

MT230::

Wer es gewohnt ist, seine Mitarbeiter immer im Blick zu haben, sollte umdenken. […] [Wir] müssen neue Methoden entwickeln, um die Mannschaft zusammenzuhalten und unsere Vertrauenskultur weiter ausbauen. (Die Zeit, 11.01.2011, Abends wird der Schreibtisch leer geräumt)

Akteur der verbalen Handlung: Herbert K. Meyer, Leiter Siemens AG Region West (Siemens AG)

MT231::

Ich hätte nie gedacht, dass Gesundheitsmanagement einmal die Bedeutung in den Unternehmen bekommen würde, die sie heute hat. […] Als ich anfing, mich damit zu befassen, war das noch ein Randthema. (FAZ, 07.04.2013, Gesunde arbeiten besser)

Akteur der verbalen Handlung: Bernhard Bandura, emeritierter Prof. für Gesundheitswissenschaften (Universität Bielefeld)

Die Textbeispiele der Medientexte illustrieren die Signifikanz der Detailfragen nach dem Zielzustand des Führungsstils.Footnote 10 Die Auswertung der Prädikationen in Bezug auf die Medientexte belegt, dass die Frage nach einem adäquaten nachhaltigen Führungsstil für erfolgreiches Wirtschaften wichtig ist. Der Führungsstil und insbesondere die Förderung sowie Entwicklung von Führungskräften sind ein zentraler Punkt für den Erfolg eines Unternehmens, wie die Artikel „Wie durch eine lange Leine anstatt der Peitsche die Leistung zu steigern ist“ (FAZ, 01.03.1997) und „Wir leben vor, was wir von unseren Mitarbeitern verlangen“ (SZ, 13.05.2009) thematisieren. Hierbei besteht eine Gemeinsamkeit mit dem Unternehmenstextkorpus. In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird ebenfalls thematisiert, dass der Führungsstil und die Führungsqualitäten bedeutend für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee im Unternehmen und den Unternehmenserfolg seien:

UT250::

Im Jahr 2013 überarbeiteten und aktualisierten wir das Corporate-Leadership-Programm komplett mit Blick auf aktuelle Anforderungen aus der Unternehmensstrategie und der Personalentwicklung (zweiter Zyklus). Wir wollen damit alle Führungskräfte darin unterstützen, sich für nachhaltige Ergebnisse kontinuierlich mit dem Thema Führung auseinanderzusetzen und die Wirksamkeit der Führung zu steigern. (BMW AG NB 2013: 129)

In den Unternehmenstexten wird thematisiert, dass der Erfolg des Unternehmens sowie die Gewinnung und Bindung von Arbeitnehmern vom Führungsstil abhängig sind (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.1). Ziel der Unternehmen ist es, insbesondere vor dem Hintergrund des Fach- und Führungskräftemangels, die besten Arbeitnehmer durch den Führungsstil für das Unternehmen zu gewinnen und langfristig daran zu binden. Aspekte wie Kosteneinsparungen durch den Führungsstil werden in den untersuchten Unternehmenstexten nicht thematisiert. Der Prototyp Kosteneinsparung durch den Führungsstil ist allerdings in den untersuchten Medientexten präsent. Dabei sollen Kosteneinsparungen durch die Arbeitnehmermotivation erzielt werden, indem sich Mitarbeiter beispielsweise über ein Ideenmanagement einbringen können, was durch den Führungsstil ermöglicht werden soll. Weitere Maßnahmen zur Kosteneinsparung sind die Reduktion von Pausenzeiten und längeren Arbeitszeiten, was von den Führungskräften auch vorgelebt werde, wie in den Artikeln „Mahlzeit“ (SZ, 04.06.2014) und „Münchner Brotzeiten“ (SZ, 10.09.2014) illustriert. Kosteneinsparungen könnten ebenfalls durch das non-territoriale Büro erzielt werden. Diese Art des Umfeldes werde schließlich vom Führungsstil mitbestimmt, wie in dem Artikel „Büro-Outsourcing nach Hause“ erläutert wird:

MT232::

Mobile Arbeitsgeräte erleichtern es, das Büro mit in den ICE oder mit nach Hause zu nehmen. Geräte und IT-Infrastruktur für den gewöhnlichen Wissensarbeiter kosten wenig und bieten große Freiheiten. Auch mit neuen Büroarchitekturen kommt Bewegung in den Arbeitsalltag. Manche Unternehmen nehmen ihren Angestellten den festen Schreibtisch weg, meistens auch noch die geliebte Grünpflanze und die gerahmten Fotos, denn was nicht in eine Box oder einen schmalen Roll-Container passt, ist überflüssig, so die Philosophie. (Die Zeit, 03.10.2013)

Die Bedeutung der Arbeitsplatzgestaltung wird auch von Nientest, Planer der Bürofläche von der Siemens AG, in dem Artikel „Die Zukunft der Arbeit hat bereits begonnen“ betont: „Wir leben in einem Hochlohnland. Die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter muß daher zu einem Maximum durch Bürokonzepte unterstützt werden“ (FAZ, 24.08.2003). In den untersuchten Medientexten wird ebenfalls thematisiert, dass sich durch die interne Besetzung von Führungspositionen eine Kostenersparnis erreichen lasse, wie in dem Artikel „Mit dem Vorstand auf Geschäftsreise“ ausgedrückt:

MT233::

Die meisten Konzerne besetzen 90 Prozent der Führungspositionen aus den eigenen Reihen. Auf externe Kandidaten greifen sie vor allem dann zurück, wenn es gilt, Spezialisten-Stellen wie die Leitung der Rechtsabteilung zu besetzen. (FAZ, 27.10.2007)

In den untersuchten Unternehmenstexten wird ebenfalls betont, dass Arbeitnehmer aus den eigenen Unternehmen für die Weiterentwicklung eingesetzt und Stellen intern besetzt werden sollten:

UT251::

Exzellente Führung durch Qualifizierung und Dialog

Exzellente Führung bleibt ein wichtiger Faktor zur Umsetzung der Strategie Number ONE und unterstützt damit langfristig den Erfolg der BMW Group. Neben Qualifizierungsmaßnahmen für alle Führungskräfte weltweit spielt auch der Dialog eine wichtige Rolle.

Dazu wurde der Treffpunkt Führung, eine Dialogplattform für das Management, ins Leben gerufen. Ziel ist die Entwicklung eines gemeinsamen Führungsverständnisses, in das die Erfahrung der Beteiligten einfließt. Aufgrund der positiven Resonanz wurde im Berichtsjahr damit begonnen, das Konzept auch auf die Standorte im Ausland zu übertragen.

Neben dem Dialog rückt auch die Entwicklung von Führungskräften stärker in den Mittelpunkt. Eigene Potenzialprogramme bereiten das Management frühzeitig auf zukünftige Aufgaben und Funktionen in einem zunehmend komplexen und volatilen Umfeld vor. (BMW AG GB 2012: 29)

Der Aspekt der unternehmensinternen Stellenbesetzungen von Führungspositionen erfährt in dem Unternehmens- und Medientextkorpus eine thematische Kongruenz.

Die Füllwerte für die Leerstelle Ursachen und übergeordneter Zusammenhang des Führungsstils zeigen, dass mehrere Prototypen in den untersuchten Medientexten signifikant vorkommen: Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen, Existenz einer neuen Art von Managern, Die Frage des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen nicht richtig angegangen und Zunehmendes Interesse an Führungspositionen (vgl. Tab. 5.89, S. 344). Der Prototyp Definitionen zum Führungsstil und die Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen ist für die Medien FAZ und Die Welt der wichtigste Prototyp im übergeordneten Zusammenhang. In dem Medium Die Welt wird ausschließlich dieser Prototyp im übergeordneten Zusammenhang bewertet. Der Prototyp Definitionen zum Führungsstil und die Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen umfasst zahlreiche im Mediendiskurs behandelte Themen zum Verständnis des Führungsbegriffs und dessen praktischer Umsetzung im Unternehmen (vgl. Abschnitt 5.3.3.2). Dabei wird nicht nur auf die unternehmerischen Strukturen und Umsetzungsmaßnahmen zum Führen eingegangen, sondern auch auf deren Bedeutung für den Arbeitnehmer. In dem Medium Die Zeit wird der Prototyp Existenz einer neuen Art von Managern als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen. Dieser umfasst Äußerungen, in denen ein Managertyp mit neuen Qualitäten wie Flexibilität und ständiger Erreichbarkeit beschrieben wird, der einem permanenten Leistungsdruck ausgesetzt ist. In der SZ dominiert der Prototyp Die Frage des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen nicht richtig angegangen. Dieser Prototyp gibt die in der Gesellschaft diskutierte Ansicht wieder, dass die Nachfolgeplanung von Führungskräften von Unternehmen nicht richtig gefördert werde. In den untersuchten Medientexten ist die Rede von inszenierten Führungspersönlichkeiten, die keine Managerqualitäten mit sich brächten. Die folgenden Beispiele illustrieren die positive und negative mediale Resonanz auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang des Führungsstils:

MT234::

Mit Tränen kommt sie aus dem Chefzimmer, wachsbleich geht der nächste hinein. In vielen Betrieben geht die Angst um, klagen nicht nur die Betroffenen, sondern auch Betriebspsychologen. Mancherorts gehöre es zum Standard, die Mitarbeiter spüren zu lassen, daß draußen Hunderte auf ihren Job lauerten. (FAZ, 01.03.1997, Wie durch eine lange Leine anstatt der Peitsche die Leistung zu steigern ist)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT235::

Nachdem vor allem das mittlere Management in den neunziger Jahren unter der Verschlankung der Führungsspitze (Lean Management) zu leiden hatte, scheinen für diese Führungskräfte nun goldene Zeiten angebrochen zu sein. Es herrscht in den Unternehmen nämlich wieder ein großer Bedarf an kundigen und stresserprobten Managern aus den eigenen Reihen. (FAZ, 29.05.2000, Goldene Zeiten für das mittlere Management)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT236::

Besonders Kreativität und Offenheit für neue Wege sind wichtig, um den hohen Ansprüchen einer leitenden Funktion gerecht zu werden. […] Von Respekt, Vertrauen und Integrität darf nicht nur geredet werden. […] Soziale Beziehungen können andere schwächer ausgeprägte Fähigkeiten zu einem großen Teil kompensieren. (FAZ, 24.11.2007, Wie aus dem Matrosen ein Kapitän wird)

Akteur der verbalen Handlung: Heinz Schuler, Prof. für Psychologie (Universität Hohenheim)

MT237::

Der Druck ist in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren enorm gewachsen. Investoren fordern mehr denn je gute Zahlen, übers Internet baut sich Kritik in Minuten auf. Eine Folge: Bis 1990 waren Chefs in den 50 größten deutschen Industrieunternehmen durchschnittlich zehn Jahre im Amt. Im Jahr 2005 hielten sie sich dort nur noch siebeneinhalb Jahre, hat die Sozialwissenschaftlerin Saskia Freye errechnet. Eine Erhebung der Beratung Booz & Company deutet darauf hin, dass dieser Trend sich international bis heute verschärft hat. Demnach sind Industrien im technischen Wandel besonders betroffen. (Die Zeit, 06.02.2014, Manager unter Druck)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT238::

Gut vernetzt. Nicht so auffällig. Immer gut vorbereitet. Flexibel. Global. Schnell. […] Jede Zeit bringt den Typ hervor, der gerade nötig ist. […] Aber deshalb ist er nicht unbedingt besser als der Vorgänger. Er steht heute stärker unter Druck als viele CEOs in der Vergangenheit, kurzfristige und sichtbare Erfolge zu liefern. (Die Zeit, 28.06.2012, Die Super-Männchen)

Akteur der verbalen Handlung: Martina Rißmann, Senior-Partnerin (Boston Consulting Group)

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Offenbar sind die Auserwählten häufig aber ungeeignet für den Job. Entsprechend kurz halten sich die Chefs im Amt. (SZ, 06.04.2006, Chefsuche bleibt Nebensache)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Medientextbeispiele zeigen, dass positive und negative Äußerungen zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang des Themas Führungsstils in den Medientexten existieren.Footnote 11 Der Prototyp Definitionen zum Führungsstil und die Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen ist in den untersuchten Medientexten dominant, auch in Bezug auf die Finanzkrise von 2009. In diesem Zusammenhang wird eine kritische Diskussion um das Thema Führungsstil in der Gesellschaft abgebildet, beispielsweise in den Medientexten „Junge Führungskräfte verlangen eine offene Unternehmenskultur“ (FAZ, 27.02.2000), „Führungskrise in Deutschland“ (Die Zeit, 23.12.2002), „Chefsuche bleibt Nebensache“ (SZ, 06.04.2006), „Wer zuerst geht, der verliert“ (FAZ, 22.09.2007), „Der Bayer-Schreck“ (SZ, 22.01.2010) und „Der Manager als Marke“ (Die Zeit, 19.10.2010).

Im Gegensatz zu der vielschichtigen thematischen Behandlung der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs im Mediendiskurs wird in den Unternehmenstexten der Slot weniger differenziert mit Füllwerten belegt. In der untersuchten unternehmerischen Berichterstattung wird die Frage nach einem nachhaltigen Führungsstil und den Führungsqualitäten von Managern in den übergeordneten Zusammenhang des Fach- und Führungskräftemangels im Rahmen des demografischen Wandels eingebettet (zu Ursachen und übergeordneter Zusammenhang vgl. Abschnitt 5.2.3.3). Im Sinne des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit und des Unternehmenserfolgs soll der Führungsstil so ausgerichtet sein, dass Arbeitnehmer für das Unternehmen begeistert werden und sich daran binden: „Entscheidende Faktoren um [die Mitarbeiter] möglichst lange im Unternehmen zu halten sind gute Rahmenbedingungen, eine aktive und motivierende Führung sowie die Förderung von persönlichen und fachlichen Kompetenzen über die gesamte Laufbahn hinweg“ (Siemens AG NB 2010: 97).

Was die unternehmensbezogene mediale Darstellung anbelangt, wird der Prototyp Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang hinsichtlich der untersuchten Unternehmen in den Medientexten thematisiert. In diesem Zusammenhang werden Instrumente der Führungskräfteentwicklung vorgestellt. In Bezug auf die BMW AG ist der Prototyp Existenz einer neuen Art von Managern ebenfalls signifikant, wie die folgenden Medientextbeispiele zeigen:

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Beim Münchener Automobilkonzern BMW setzt man beim Führungskräftetraining auf altbewährte Methoden. Rollenspiele zum Anfassen werden bevorzugt. […] Persönliche Treffen brauchen zwar mehr Zeit, aber viele Fragen, die sich Chefs stellen, könnten im direkten Gespräch besser beantwortet werden. (Die Welt, 12.04.2013, Virtuell feuert es sich viel leichter)

Akteur der verbalen Handlung: BMW AG

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Die Unternehmen müssen auf diese Vorstellungen reagieren. Bei BMW zum Beispiel wird von Führungskräften zwar durchaus mehr als ein „9-to-5-Job“ erwartet. Aber die Manager bestimmen ihre Arbeitszeiten abhängig von Terminen, Arbeitsinhalten und Projekten selbst. (FAZ, 22.09.2007, Wer zuerst geht, der verliert)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

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Wir sagen in Führungskräfteschulungen immer wieder: Chefs sind dafür verantwortlich, dass es nicht zu einem Ausbrennen der Persönlichkeit kommt, sonst verliert ja auch das Unternehmen: Solche Mitarbeiter fallen drei bis fünf Monate aus. (FAZ, 24.03.2013, „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

Aus den MedientextbeispielenFootnote 12 geht hervor, dass das Thema Führungsstil unterschiedlich von den untersuchten Unternehmen angegangen wird und es kein einheitliches Vorgehen bei der praktischen Umsetzung gibt, wie aus den Artikeln „Wie durch eine lange Leine anstatt der Peitsche die Leistung zu steigern ist“ (FAZ, 01.03.1997), „Erfolg im Personalwesen für Persönlichkeiten mit hoher sozialer Kompetenz“ (FAZ, 07.06.1997) und „Die Super-Männchen“ (Die Zeit, 28.06.2012) ersichtlich wird. In den untersuchten Medientexten ist auffällig, dass der Prototyp Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen im Diskurs dominant ist. Ein viel diskutiertes Thema im Mediendiskurs ist die Bevorzugung von altbewährten Methoden zum Führungskräftetraining, bei denen Unternehmen nicht mehr auf Experimente wie in den 1990er Jahren setzen, als Führungspersonen durch Kamelreiten oder Klettern ausgelesen wurden und „We are the Champions“ auf Mallorca gesungen haben, wie in dem Artikel „Der Samurai coacht nur noch selten“ (FAZ, 08.09.2012) dargestellt wird. In den relevanten Textaussagen wird betont, dass die Führungskräfteentwicklung abhängig vom Grad und Alter der Führungskräfte sei. Für ausgefallene Maßnahmen zur Führungskräfteentwicklung könnten jüngere Arbeitnehmer gewonnen werden, wohingegen sich ältere Arbeitnehmer dafür interessierten, wie man nach außen führt. Dieser Standpunkt wird auch von Beratungsfirmen vertreten, beispielsweise von der Management-Beraterin Dorothea Assig in dem Artikel „Der Samurai coacht nur noch selten“: „Pferde, Berge oder Überlebenstrainings gibt es immer noch, das hat sich aber in den Personalentwicklungsabteilungen von großen Unternehmen nicht durchgesetzt“ (FAZ, 08.09.2012). Ein weiteres relevantes Thema ist die nach amerikanischem Vorbild durchgeführte Bewertung von Führungskräften, aus der die Weiterentwicklung von Führungspersönlichkeiten sowie der für ein Unternehmen relevante Führungsbedarf abgeleitet wird, wie in „Die schwierige Bewertung von Führungskräften“ (FAZ, 02.06.2003) thematisiert. In diesem Zusammenhang wird von Managementberatern und Headhuntern wie Magnus Graf Lambsdorff, Berater bei Egon Zehnder, betont, dass diese Bewertungsmechanismen wichtig seien, weil Unternehmen dadurch die Bedeutung ihrer Mitarbeiter erkennen. Dies wird in dem Artikel „Manager im Prüfungsstress“ ersichtlich: „Das wurde in der Vergangenheit oft unterschätzt“ (FAZ, 19.01.2008). Die Unterscheidung zwischen Unternehmen, die die Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern erkannt haben, versus den Unternehmen, die dem Faktor Mensch nicht genügend Bedeutung beimessen, wird in den untersuchten Medientexten kontrovers diskutiert, beispielsweise in „Wie durch eine lange Leine anstatt der Peitsche die Leistung zu steigern ist“ (FAZ, 01.03.1997). Außerdem wird in den Medientexten die Förderung flexiblen Arbeitens durch das Führungsverhalten thematisiert. Demnach dürfe Führung – wie in dem Artikel „Wer zuerst geht, der verliert“ (FAZ, 22.09.2007) beschrieben – auch in der Krise nicht an Effizienz und Kostensenkung orientiert sein. Im untersuchten Mediendiskurs wird Führen als eine einfache Aufgabe dargestellt:

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Es geht schlicht darum, andere dazu zu bewegen, im Sinne der Firma zu arbeiten. Das kann geschehen, indem der Chef seinen Untergebenen genau vorschreibt, was wie zu erledigen ist, indem er nur Ziele vorgibt oder aber Eigeninitiative und Kreativität fördert. (Die Zeit, 23.12.2002, Führungskrise in Deutschland)

Ein weiterer behandelter Aspekt in den untersuchten Medientexten ist die Bedeutung eines stabilen Privatlebens für Führung. Demnach ist es besonders für junge Führungskräfte wichtig, das Berufsleben mit privaten Interessen vereinbaren zu können, wie in „Junge Führungskräfte verlangen eine offene Unternehmenskultur“ (FAZ, 27.02.2000) thematisiert. Dass zum Führen mehr gehört als gute Noten, wird im Mediendiskurs ebenfalls behandelt. Die soziale Kompetenz ist dabei zentral. Kienbaum äußert hierzu, dass die Zeiten für Unternehmen vorbei seien, ausschließlich aggressive und profitorientierte Manager zu engagieren. Denn Werte werden nicht über ein Quartal, sondern über Generationen geschaffen, wie in „Die Zeit der Ertragsmaximierer ist vorbei“ (Die Zeit, 27.09.2013) beschrieben.

Was die thematische Behandlung der Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen anbelangt, lässt sich aus den Analyseergebnissen eine vielschichtige Auseinandersetzung in der unternehmerischen Berichterstattung erkennen. In den untersuchten Unternehmenstexten äußern die Unternehmen ihre konkreten Vorstellungen von der Art, wie Führung gestaltet sein sollte und über welche Eigenschaften sowie Qualitäten Führungskräfte verfügen sollten, um das Unternehmen nachhaltig und erfolgreich zu führen:

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GEMEINSAME WERTE UND FÜHRUNGSPRINZIPIEN

Bayer hat sich auf die Werte Leadership (Führung), Integrität, Flexibilität und Effizienz – kurz „life“ – verpflichtet. Diese Werte stellen für alle Bayer-Mitarbeiter eine Richtschnur sowohl für das geschäftliche Verhalten als auch für die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens dar. Die Ausrichtung ihres Handelns an den life-Werten ist für alle Mitarbeiter verbindlich und wird auch in der Personalentwicklung und den regelmäßigen Leistungsbeurteilungen berücksichtigt. (Bayer AG GB 2014: 189)

In dem Geschäftsbericht (2012) der BMW AG wird der Zusammenhang von Respekt und Führung betont: „Wir begegnen einander mit Respekt. Führung basiert auf gegenseitigem Vertrauen, Vertrauen basiert auf Berechenbarkeit und Fairness“ (BMW AG GB 2012: 165). Verantwortungsbewusstes Führungsverhalten wird ebenfalls in der Berichterstattung der Siemens AG kommuniziert: „Gute Corporate Governance steht für eine verantwortungsbewusste, wertebasierte und auf den langfristigen Erfolg ausgerichtete Führung und Kontrolle des Unternehmens“ (Siemens AG JB 2014: 130). Außerdem betont die Siemens AG in ihrem Jahresbericht (2014) die Wichtigkeit von Führungsverantwortung und kurzen Entscheidungswegen:

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Auf allen anderen Ebenen unseres Unternehmens wird Führungsverantwortung hingegen stets Einzelpersonen zugeordnet, die eigenständig entscheiden und für ihre Aufgabenbereiche persönlich Verantwortung tragen (CEO-Prinzip). Dieses Prinzip schafft klare und direkte Verantwortlichkeiten und damit kurze Entscheidungswege. (Siemens AG JB 2014: 172)

Der Prototyp Existenz einer Neuen Art von Managern zeichnet einen neuen Managertyp. In dem Medientext „Manager unter Druck“ (Die Zeit, 06.02.2014) wird im Zusammenhang mit steigenden Suizidzahlen von Managern thematisiert, dass Führungskräfte zunehmend Leistungsdruck und Stress erführen, was Auswirkungen auf die Gesundheit habe und zum Suizid führen könne. Während Spitzenmanager früher zehn Jahre und länger eine Position innehatten, sind es in den letzten Jahren des Untersuchungszeitraums nur noch zwei bis fünf Jahre, in denen Führungspersönlichkeiten eine Rolle ausübten. Folglich stünden Führungspersonen unter starkem Druck: Denn sie sollen eine Unternehmenskultur präsentieren, der sie jedoch selbst noch fremd sind. Folgen seien neben Leistungsdruck die soziale Vereinsamung von Führungspersonen, wie in „100 Tage Einsamkeit“ (FAZ, 28.02.2004) beschrieben. Auch Ederer betont in dem Artikel „Manager unter Druck“, dass Manager einsam seien und eine Führungskarriere Opfer fordere:

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Man läuft schnell Gefahr, einsam zu werden. […] Wenn du zum siebten Mal die Teilnahme an einer Feier absagst, die deinetwegen genau auf diesen Termin gelegt wurde, fragt dich keiner ein achtes Mal. […] So eine Karriere hat immer einen Preis. Immer. (Die Zeit, 06.02.2014)

Beim Prototyp Die Frage des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen nicht richtig angegangen wird thematisiert, dass die Chefauswahl in den untersuchten Unternehmen unwichtig bleibt. Die Suche nach guten Vorstandsvorsitzenden ist schwierig, denn Unternehmen bringen nur wenige Führungspersönlichkeiten hervor, die einen international agierenden Konzern leiten könnten, wie in „Chefsuche bleibt Nebensache“ thematisiert:

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Verschleißen die Unternehmen am laufenden Band Spitzen-Manager, müssen sie sich fast zwangsläufig Nachschub von außen holen. Doch diese Chefs machen nicht selten zuerst ein halbes Jahr lang viel Wind, bringen neue Führungsteams und neuen Führungsstil. (SZ, 06.04.2006)

Der Prototyp Zunehmendes Interesse an Führungspositionen wird in den untersuchten Medientexten thematisiert, allerdings ist er für keines der untersuchten Medien dominant. In dem Artikel „Manager, die von sich reden machten“ (SZ, 30.12.1999) wird thematisiert, dass Berufsanfänger ein starkes Interesse am Personalmanagement haben und auch Hochschulen auf die steigende Nachfrage mit zusätzlichen Angeboten und Studienfächern reagieren.

In den untersuchten Medientexten wird in Bezug auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang des Führungsstils auch auf die in den Unternehmenstexten behandelten Prototypen Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen eingegangen. Allerdings werden die Prototypen Existenz einer neuen Art von Managern, Die Frage des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen nicht richtig angegangen sowie Zunehmendes Interesse an Führungspositionen in der untersuchten unternehmerischen Berichterstattung nicht signifikant aufgegriffen. Zwar beschäftigen sich einzelne Unternehmenstexte, beispielsweise der Nachhaltigkeitsbericht (2014) der BMW AG, mit den veränderten Anforderungen an Führungspositionen und folglich an den Führungsstil, allerdings nicht in der thematischen Tiefe wie in den Medientexten. Dagegen ist es für die Unternehmen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zentral, die Arbeitgeberattraktivität durch den Führungsstil zu erhöhen, um Arbeitnehmer für das Unternehmen zu gewinnen und daran zu binden, um wettbewerbsfähig und erfolgreich zu sein.

Die Füllwerte für die Leerstelle Handlungen des Führungsstils zeigen, dass es zwei Prototypen gibt, die von den Medien als signifikant eingestuft werden. Dazu zählen das Angebot von Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Führungskräfte und die Schaffung von Einsatzmöglichkeiten für Führungskräfte (vgl. Tab. 5.92, S. 347). Der Prototyp Angebot von Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Führungskräfte nimmt dabei den wichtigsten Rang ein. Dieser wird in den Medien FAZ, Die Welt und Die Zeit sowie in Bezug auf die Siemens AG thematisiert. In den untersuchten Texten werden spezielle Maßnahmen und Programme zu den Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten von Führungskräften vorgestellt, beispielsweise in „Wie aus dem Matrosen ein Kapitän wird“ (FAZ, 24.11.2007) und „Der Moralapostel“ (Die Zeit, 09.01.2014). Im untersuchten Mediendiskurs wird auch das Eigeninteresse für die Weiterbildung bei Führungskräften behandelt, beispielsweise in dem Artikel „Die Nachwuchskräfte von BMW arbeiten auch am Fließband“ (FAZ, 14.05.2005). Darüber hinaus wird die Sensibilisierung der Führungskräfte für Burnout in Form von Schulungen in den Medientexten thematisiert. Dieser Aspekt ist nicht nur für die Führungskräfte relevant, sondern auch für die von ihnen geführten Mitarbeiter. In der SZ wird der Prototyp Schaffung von Einsatzmöglichkeiten für Führungskräfte aufgeführt. Dabei handelt es sich um eine konkrete Maßnahme, Führungskräfte im Unternehmen entsprechend ihrer Qualifikationen einzusetzen. Dazu zählen beispielsweise Aufstiegschancen ohne Führungsaufgaben durch die Fachkarriere sowie die Job-Rotation in Form von Projektarbeit für Führungskräfte, auch ohne Personalverantwortung. Auf diese Weise können Funktions- und Produktionsbereiche von den Führungskräften erfahren und diese dafür sensibilisiert werden. Die Besetzung von Beratungspositionen mit internen Führungskräften wird in den Texten ebenfalls thematisiert, zum Beispiel in dem Artikel „Beratung, die von innen kommt“ (FAZ, 23.07.2005).

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Bestehende Netzwerke können dem neuen Manager sehr nützen – sie können ihn aber auch in erheblichem Maße behindern. […] Muß sich die neue Führungskraft unter hohem Druck in komplexe Fachfragen einarbeiten, leidet die Beziehungsarbeit darunter. (FAZ, 28.02.2004, 100 Tage Einsamkeit)

Akteur der verbalen Handlung: Christoph Sanne, Zentralabteilung Personal (Siemens AG)

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Man hatte einen guten Experten verloren und eine schlechte Führungskraft gewonnen. (Die Welt, 17.05.2008, Führung, nein danke!)

Akteur der verbalen Handlung: Franz Biehal, Unternehmensberater, Moderator, Coach und Psychotherapeut (Trigon Entwicklungsberatung)

Das Thema Führungsstil wird in Bezug auf den Zielzustand, die Ursachen und den bergeordneten Zusammenhang sowie die Bewertungen ausführlich in den Medientexten behandelt. Daher ist es auffällig, dass in Bezug auf die Handlungen nur zwei Prototypen im Mediendiskurs zu verzeichnen sind. In den MedientextbeispielenFootnote 13 werden Programme zur Führungskräfteentwicklung und einer damit zusammenhängenden Verbesserung des Führungsstils vorgestellt. Allerdings fehlen konkrete Messzahlen zur Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen. Auffällig ist in den untersuchten Medientexten die positive Darstellung von Weiterbildungsmaßnahmen von Führungskräften. Diese wirken sich nicht nur auf die eigene Karriere positiv aus, sondern kommen auch den Mitarbeitern zugute, wie in „Wie aus dem Matrosen ein Kapitän wird“ (FAZ, 24.11.2007) thematisiert wird.

Die Handlungen werden in den untersuchten Unternehmenstexten ausführlich aufgeführt (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4). Darin werden zahlreiche Maßnahmen und Instrumente ausführlich vorgestellt, die den Führungsstil und die Führungsqualitäten von Managern betreffen:

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QUALIFIZIERUNG UNSERER FÜHRUNGSKRÄFTE

Unsere Vision von Corporate Leadership basiert im Wesentlichen auf den drei Säulen „Managing Business“, „Leading People“ und „Leading Yourself“. Diese Philosophie vermitteln wir frühzeitig unseren jungen Führungskräften. Auch unsere erfahrenen Führungskräfte nehmen in regelmäßigen Abständen an Maßnahmen teil, in denen es um die Weiterentwicklung und Verankerung unseres Führungsverständnisses geht.

Seit 2010 gibt es ein weltweites Corporate-Leadership-Programm. In verschiedenen Veranstaltungen setzen sich neue und etablierte Führungskräfte aller Ebenen turnusmäßig mit Führungsthemen auseinander. In den Jahren 2011 und 2012 haben wir das Programm mit Blick auf aktuelle Anforderungen aus der Unternehmensstrategie und der Personalentwicklung erweitert. Das Angebot umfasst jetzt zusätzlich die Potenzialprogramme „Ready GO“ sowie „Ready for Leading Leaders“, die die Führungskräfte auf die erstmalige Übernahme einer Hauptabteilungsleiter- bzw. Abteilungsleiterfunktion vorbereiten. Das Programm „Gesundheit und Führung“ sensibilisiert Führungskräfte für Maßnahmen und Strategien zum langfristigen Leistungserhalt. Als Wahlprogramm haben wir zudem das Programm „Führen über Distanz“ ins Leben gerufen, das sich an disziplinarische Führungskräfte richtet, die Mitarbeiter an verschiedenen Standorten führen.

Wir streben danach, unsere Vision von Corporate Leadership beständig weiterzuentwickeln und im Bewusstsein unserer Führung zu verankern. Das erreichen wir durch den kontinuierlichen Austausch zwischen Führungskräften der BMW Group. Dazu haben wir seit 2010 in Deutschland unter dem Namen „Treffpunkt Führung“ und seit Ende 2011 international unter dem Namen „Leadership Platform“ eine Dialogplattform eingerichtet, in der Führungskreise die Anforderungen an Führung und das Führungsverständnis diskutieren und Maßnahmen für den Führungsalltag ableiten. Darüber hinaus ermuntern wir unsere Mitarbeiter in allen Funktionsebenen, den Austausch mit ihren Führungskräften zu suchen.

Durch die Entsendung an andere Standorte lernen unsere Mitarbeiter andere Kulturen und Arbeitsweisen kennen. Zudem ist es uns ein zentrales Anliegen, unsere Mitarbeiter zu den Themen Nachhaltigkeit und Menschenrechte zu sensibilisieren. (BMW AG NB 2012: 97)

Die detaillierte und vielschichtige Präsentation der Handlungen in den Unternehmenstexten steht im Gegensatz zu der geringen thematischen Behandlung in den Medientexten.

Die Füllwerte für die Leerstelle Bewertungen des Führungsstils zeigen, dass es mehrere signifikante Prototypen gibt: Negative Kritik am Führungsstil, Positive Kritik am Führungsstil, Kritik an Fachkarrieren und Bewertung zum Status von Führungspersönlichkeiten (vgl. Tab. 5.97, S. 353). Die Prototypen belegen, dass positive und negative Äußerungen zum Führungsstil bezüglich der Bewertungen in den Medien existieren. Der Prototyp Negative Kritik am Führungsstil ist in den Medien FAZ und Die Zeit am häufigsten aufgeführt. Der Prototyp Negative Kritik am Führungsstil wird in den Medientexten und in Bezug auf die untersuchten Unternehmen am häufigsten thematisiert. In den untersuchten Medientexten wird der Unterschied zwischen Anspruch und Realität beim Führungsstil in Unternehmen kritisiert. Ein Grund für die mangelnde Führungsverantwortung wird in den untersuchten Medientexten auf den angelsächsischen Wertekanon zurückgeführt, beispielsweise in „Verschwommene Persönlichkeit“ (SZ, 08.08.1998), „Die schwierige Bewertung von Führungskräften“ (FAZ, 02.06.2003), „Unternehmenskultur im Wandel“ (Die Welt, 25.04.2007), „Warum es in Deutschland so viele Fehlbesetzungen gibt“ (FAZ, 03.04.2008) und „Raus mit der Manager-Sau“ (SZ, 10.05.2010). Die New Economy wird als Grund für das schlechte Führungsverhalten aufgeführt, das nur an monetärem Erfolg orientiert sei, wie in „Die Führungskraft auf unsicherem Terrain“ (FAZ, 05.05.2003) dargestellt. Dabei gingen staatliche und institutionelle Kontrollmechanismen über die Märkte verloren, die die Habgier der Akteure und ihre kurzfristigen Gewinnmaximierungsinteressen zulasten der Arbeitnehmer beförderten. Ein weiterer in den Medientexten geäußerter Kritikpunkt besteht darin, dass sich Führungspersonen nicht ihrer Vorbildfunktion bewusst seien, wie in „Raus mit der Manager-Sau“ (SZ, 10.05.2010) beschrieben. In den Medientexten wird außerdem Kritik an einem zu autoritativen und schlechten Führungsstil geübt, der von fehlbesetzten Führungspersonen ausgeübt werde, beispielsweise in „Führungskrise in Deutschland“ (Die Zeit, 23.12.2002), „Der Bayer-Schreck“ (SZ, 22.01.2010), „Nicht dramatisch, aber alarmierend“ (FAZ, 18.10.2010) und „Die Zeit der Ertragsmaximierer ist vorbei“ (Die Zeit, 27.09.2013). Demnach seien Manager zu wenig international ausgerichtet und hätten kein Einfühlungsvermögen für die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter. Zudem kritisieren die Konzernspitzen den Führungsstil mit Hinblick auf den Erfolg bzw. Misserfolg ihrer Unternehmen. Auch die große Entscheidungsmacht einzelner Führungspersonen wird kritisiert, wenn wenige über viele entscheiden und dabei die Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter verschwommen sei, wie in „Mit dem richtigen Rüstzeug rund um den Globus bestehen“ (FAZ, 30.04.1999), „Die Welt der Bosse“ (Die Zeit, 14.12.2006) und „Deutsche Vorstände sind nicht „international“ genug“ (Die Welt, 11.09.2007). Außerdem geraten die Bewertungsmaßstäbe für Manager im Mediendiskurs in die Kritik. Hier seien die Relevanz und der Nutzen der Kriterien für den unternehmerischen Erfolg nicht nachweisbar. Es wird kritisiert, dass das 360°-Feedback von den Führungspersönlichkeiten nicht ernst genommen werde, da daraus keine Konsequenzen folgten. Das 360°-Feedback wird außerdem kritisch bewertet, da es schlecht für das Mitarbeitergefühl im Unternehmen sei, weil sich die Mitarbeiter einer ständigen Beobachtung ausgesetzt fühlten, wie bei der ursprünglichen Panoptikums-Gefängnis-Idee, was auch Prof. Neuberger (Ludwig-Maximilians-Universität) kritisiert.Stellvertretend hierfür sind die folgenden Medientexte zu nennen, die das Thema behandeln: „Führungskrise in Deutschland“ (Die Zeit, 23.12.2002), „Wie findet ihr mich?“ (SZ, 09.10.2005), „Das Service-Jahrhundert“ (FAZ, 13.03.2006) und „Willkommen im Panoptikum“ (FAZ, 03.09.2006). Aber auch der neue Führungsstil wird kritisiert: Zum einen wird den Führungskräften mangelnde Kompetenz beim Führen in Krisenzeiten vorgehalten. Zum anderen wird geäußert, dass es sich dabei um alte Ideen handele, die neu vermarktet würden. Die kritischen Äußerungen im Mediendiskurs illustrieren die folgenden Textbeispiele:

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Die Frage nach der Führungsverantwortung eines Managers ist nicht nur schwer zu beantworten. Sie ist letzten Endes überhaupt nicht schlüssig zu beantworten. Das liegt vor allem daran, daß ohne die Heranziehung ethischer oder moralischer Kategorien, unabhängig von gesetzlichen Regelungen, kein verbindliches Konzept für Führungsverantwortung entwickelt werden kann. Ethik und Moral aber unterliegen dem ständigen Wechsel durch Wertewandel und – was noch schwerer wiegt – der Interpretation der beteiligten Individuen. […] Damit ist es heute nicht gut bestellt. Bei genauerem Hinsehen zerfällt die Führungsverantwortung in zwei Abteilungen. Auf der einen Seite unterliegt sie den Gesetzen des Aktien-, des Bürgerlichen und des Handelsrechts. Sie werden ergänzt durch in der Unternehmensverfassung festgeschriebene Auflagen. Dies sind harte Vorgaben mit nachprüfbaren Inhalten. […] Als Gegenposten kommt hier das Argument ins Spiel, daß ein Management einen großen Freiraum braucht, um selbstschöpferisch den Unternehmenserfolg gestalten zu können. Auf der anderen Seite sind es die Unternehmensziele, an denen die Verantwortung des Managements orientiert ist und gemessen wird. Dies sind softe Vorgaben, die vom Management selbst verändert werden können. Noch ungenauer wird ein Festmachen der Führungsverantwortung, wenn in das Kalkül einbezogen wird, daß die Erreichung der Unternehmensziele etwa zu 80 Prozent von der Menschenführung und zu nicht einmal zwanzig Prozent vom Management der Zahlen abhängig ist. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für BWL (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

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Leider war genau das in der New Economy oft irrational, weil talentierte Manager gefeiert wurden wie Rockstars und sich sogar die Arbeitgeber wie Teenie-Fans benahmen. Der Wert bemaß sich über Ruhm und Reichtum. (Die Welt, 29.06.2005, „Arbeiten Sie hart daran!“)

Akteur der verbalen Handlung: James Citrin, US-amerikan. Personalberater (SpencerStuart)

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Die Intention jedoch – Führungskräfte in die Verantwortung für die Operationalisierung zu nehmen – ist der richtige Schritt. Denn Führen heißt Vorbild sein, und das Leitbild im gesamten Unternehmen zu „leben“ fängt bei den Führungskräften an. (FAZ, 05.02.2007, Leitbilder schaffen Mehrwert)

Akteur der verbalen Handlung: Klaus Schmidt, Inhaber (Henrion Ludlow Schmidt)

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In den neunziger Jahren waren alle auf den charismatischen Starmanager fixiert, und es hieß, Gier sei gut. […] Dieses Konzept müssen wir ändern. (Die Zeit, 23.12.2002, Führungskrise in Deutschland)

Akteur der verbalen Handlung: Michael Useem, Direktor (Wharton Center for Leadership and Change Management)

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Bei der Analyse der Situation springt der Zustand ins Auge, daß die Geschicke der ökonomisierten Gesellschaft von einer Handvoll Führungspersönlichkeiten entschieden werden, deren Tun und Lassen sich im Kern und aus vielerlei Gründen jeglicher Durchschaubarkeit und Kontrolle entzieht. Trotzdem stehen diese Personen im Zentrum der Schicksalsentscheidungen für viele Bürger. Es liegt allein an der Geschicklichkeit des jeweiligen Spitzenmanagers, wie ein Unternehmen geführt wird und wie erfolgreich es ist. Durch die Willkür der Zielsetzungen, wie etwa Globalisierung und Wachstum, Marktanteilsgewinne und Diversifizierung, Fusion oder Maximierung der Gewinne, kann ein Management zielstrebig jahrelang in die falsche Richtung laufen. Das weiß man immer erst hinterher. Irgendwann greifen die systemimmanenten Korrektive. Oft aber erst sehr spät. Wenn heute in Europa viel davon die Rede ist, daß man die Bewertung der Führung dem Markt, in der Praxis also dem Aktienkurs, überlassen will, werden Fehlentwicklungen provoziert. […] Die Bestrafung der Missetäter an der Unternehmensspitze hält sich in engen Grenzen. Sie werden als erfolglose Manager abgefunden und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Unbefriedigend ist und bleibt, daß in einem durch und durch demokratischen System ein Teil des Gemeinwesens diesem Prinzip entzogen wird. Das wird um so unbefriedigender, als die Rolle der Unternehmen in der Gesellschaft immer größeres Gewicht gewinnt. […] Die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern ist völlig verschwommen. Sie wird immer vorgeschoben. Aber sie hat oft keinen hohen Stellenwert. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für BWL (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

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Für die Einschätzung von Führungskräften läßt sich kein Patentrezept finden. Jegliches Bestreben danach führt nur zu negativen Konsequenzen. In der Unternehmenspraxis des letzten Jahrzehnts haben sich für eine effektive Auswahl von Führungskräften drei Bedingungen als wesentlich erwiesen: Der Manager muß für seine Entscheidungen auch die persönliche Verantwortung übernehmen. Die Unternehmensverfassung muß gewährleisten, daß der Manager persönliche Verantwortung übernehmen kann. Darin ist auch die Möglichkeit einer Fehlentscheidung eingeschlossen. Nicht eine Fehlentscheidung schwächt das Unternehmen, sondern die Verhinderung des damit verbundenen Lernprozesses. Nur diese bietet Gewähr, daß sich derartige Fehlentscheidungen nicht wiederholen. Zugleich ist er Teil des Auswahlverfahrens für Führungskräfte. Erfolgreiche Unternehmen weisen eine dementsprechende Kultur des Umgangs mit Fehlentscheidungen ihrer Führungskräfte auf. Zugleich stärken sie die Verantwortung der Führungskräfte, indem sie soviel wie möglich an Personalaufgaben (Einstellungen, Zielvereinbarungen, Personalentwicklung) in das Linienmanagement verlagern und nur die unbedingt erforderlichen zentralen Aufgaben (Personalstrategie, Abrechnung, Tariffragen und anderes) in der Personalabteilung beibehalten. (FAZ, 06.02.2003, Die schwierige Bewertung von Führungskräften)

Akteur der verbalen Handlung: Klaus Leciejewski, Unternehmensberater und Gründer (KDL-Consulting GmbH)

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Alpha-Chefs von früher neigten vielleicht zur Selbstüberschätzung, aber sie hatten genug Charisma, um die Mitarbeiter auch in Krisenzeiten hinter sich zu versammeln. Bei den heutigen Beta-Chefs ist es gerade umgekehrt. Sie führen mit Pragmatismus, nicht mit Pathos. Sie sind gnadenlos effizient, aber sie tun sich nicht leicht, wenn es einmal schwierig wird. In Zeiten, in denen nicht nur Expertise gefragt ist, sondern Esprit. In denen das Unternehmen eine Perspektive braucht, die länger währt als die Verweildauer der neuen Chefs im Amt. (Die Zeit, 28.06.2012. Die Super-Männchen)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

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Heute ist eher der besonnene Unternehmertypus mit Risikogespür gefragt. Die Zeit der Ertragsmaximierer, die immer auf ihren persönlichen Nutzen achten, ist vorbei. Erfahrung ist wichtiger als Ehrgeiz. […] Es gab Zeiten, da wollte man dort den aggressiven, erfolgshungrigen, rein profitorientierten Manager, um dem Druck der Kapitalmärkte und den Interessen der Anteilseigner zu entsprechen. Heute hat man auch dort erkannt, dass man Werte nicht im Quartal, sondern über Generationen erschafft. Das ist ein langsamer Prozess. (Die Zeit, 27.09.2013, „Die Zeit der Ertragsmaximierer ist vorbei“)

Akteur der verbalen Handlung: Jochen Kienbaum, Unternehmensberater und Vorsitzender der Geschäftsführung (Kienbaum Consultants International GmbH)

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Habgier als zentraler Wert einer Gemeinschaft kann nur im Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung enden. In dieser Situation rückt die Wertorientierung der Führungskräfte an eine zentrale Stelle: sie bestimmen, nach welchen Regeln das ökonomische Alltagsleben abläuft, sie geben vor, welche Ziele verfolgt werden sollen, und sie dienen als gesellschaftliche Vorbilder. Sie tragen damit eine Verantwortung, die weit über die Gewinn-und-Verlust-Rechnung hinausgeht. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für BWL (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

Die Medientextbeispiele illustrieren die Vielschichtigkeit bei der Bewertung der negativen Kritik am Führungsstil in Unternehmen.Footnote 14 Da der Führungsstil von den Führungspersönlichkeiten umgesetzt wird, müssten für einen erfolgreichen Führungsstil die Karrieren von Führungspersönlichkeiten richtig erkannt und gestärkt werden. Dieser Punkt wird auch von der Wissenschaft geteilt, wie von Prof. Frey, Sozialpsychologe (Ludwig-Maximilians-Universität München): „Noch hätten die alten Karriereregeln Geltung, dass derjenige nach oben käme, der seinen Job fachlich gut mache, und nicht derjenige, der sich durch Führungsqualitäten auszeichne“ (SZ, 26.07.2003, Entwicklungshilfe beim Aufstieg).

Die Kompetenzen, die Führungskräfte besitzen sollten, sind vielfältig: Zu ihren Aufgabenbereichen gehören die Erkennung und rationale Analyse von Marktchancen und Risiken, die Innovation von Produkten sowie die Personalgewinnung und -führung vor einem sich ständig ändernden beruflichen und persönlichen Umfeld. In den untersuchten Medientexten wird der Trend hin zu einer besseren Besetzung von Führungspositionen und einer besseren Führung thematisiert. Allerdings wird in diesem Zusammenhang auch geäußert, dass die Besetzung von Leitungsfunktionen nicht immer an die Kompetenz der Führungspersönlichkeit gekoppelt sei, sondern auch von Machtverhältnissen innerhalb und außerhalb des Unternehmens bestimmt werde, wie in dem Artikel „Achtung, es menschelt“ (SZ, 16.10.2006) thematisiert wird. In den untersuchten Medientexten, beispielsweise „Alle werden verzichten müssen“ (Die Welt, 23.05.2009) und „Doppeltes Spiel“ (SZ, 27.11.2013), wird das Führungsverhalten von Managern, insbesondere in der Krise, ebenfalls kritisiert:

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Die Erfahrung zeigt, dass den Top-Managern der Gedanke, sie könnten gemessen an ihrer Leistung überbezahlt sein, nur selten kommt. So ist es kein Wunder, wenn sich nach der Politikverdrossenheit bei den Menschen jetzt auch breite Enttäuschung über die Wirtschaft mit ihren Spitzenkräften breitmacht. Sind die Menschen schon lange daran gewöhnt, dass es Politiker mit der Wahrheit nicht genau nehmen, geraten jetzt auch Konzernführer in eine Glaubwürdigkeitskrise. Das ist gefährlich. Ob sie es wollen oder nicht: Top-Manager können das Schicksal der Normalbürger oft mehr beeinflussen als Politiker. […] Dieser Anforderung müssen sich die Manager stellen, so oder so. Sie können sich nicht hinter schallgedämpfte Türen zurückziehen und hoffen, dass sie in Ruhe gelassen werden. Sie müssen ehrlich erklären, was sie tun, und sie werden die Erfahrung machen, dass die Mitarbeiter auch bittere Pillen schlucken, solange die Chefs offen sind und den Betroffenen das Gefühl vermitteln, selbst mit allem persönlichen Einsatz, vielleicht sogar mit eigenen Opfern, an der Lösung zu arbeiten. Sie stehen unter Beobachtung. Nur durch Offenheit und Transparenz kann die Wirtschaft die Spannungen begrenzen, denen die Globalisierung die Gesellschaft aussetzt. Die Unternehmen sollten selbst ein starkes Interesse daran haben. In einer zerrissenen Gesellschaft können auch die Unternehmen keinen Erfolg haben. (SZ, 07.10.2006, Nicht gesellschaftsfähig)

Demnach ist eine Kritik in der Krise gefährlich, da sie das Land spaltet: Manager sind zwar heute früher Vorstände, dafür verlieren sie im Vergleich zu früher auch schneller ihre Posten und es besteht ein härterer Kampf, was auch Sendele, Personalberater von Board Consultants International, in dem Artikel „Die Welt der Bosse“ bestätigt: „Plötzlich sind Sie ein Nobody, öffnen sich Türen nicht mehr. So läuft das“ (Die Zeit, 14.12.2006). In dem Artikel „Alle werden verzichten müssen“ ist aus Sicht von Wenning, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bayer AG, der Angriff auf Manager ein Zeichen für den Zerfall der sozialen Marktwirtschaft: „Ich sehe die Gefahr, dass die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, die uns so erfolgreich gemacht hat, aus purem Populismus geopfert werden. Der Angriff auf die Manager ist nur ein Symptom dieser Entwicklung“ (Die Welt, 23.05.2009).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in den untersuchten Textsegmenten der Medientexte den Führungskräften eine Macht in Bezug auf die Formung eines Wertesystems bei der Unternehmensführung zugesprochen wird, die wichtiger als die von der Konzernspitze vorgegebene Unternehmenskultur ist, wie in dem Medientext „Die Führungskraft auf unsicherem Terrain“ dargestellt: „Ihre Ausprägung ist mehr von den Entscheidungen der Chefs geprägt als von den Vorgängen in der Gesellschaft“ (FAZ, 05.05.2003). In dem Artikel „Wirtschaft braucht Werte“ wird den Führungskräften bei der Umsetzung der Unternehmenskultur eine besondere Verantwortung zugesprochen: „Führungskräfte prägen ein Unternehmen, denn sie sind Vorbilder. Sie leben die Werte vor, die in der Firma gelten. Ihre Verantwortung ist immens“ (SZ, 03.04.2009). Die Aufgaben, die Führungskräfte zu bewältigen haben, sind groß, wie in Artikel „100 Tage Einsamkeit“ thematisiert wird:

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Zuhören sei wichtig, zudem müsse der Manager die Gratwanderung bewältigen, einerseits das eigene Licht nicht unter den Scheffel zu stellen und Führungsstärke zu zeigen, andererseits aber auch Unterstützung von den Mitarbeitern einzufordern. (FAZ, 28.02.2004)

Neben der negativen Kritik wird in den untersuchten Medientexten auch positive Kritik am Führungsstil geäußert. In den Medien SZ und Die Welt dominiert der Prototyp Positive Kritik am Führungsstil den Diskurs. Zu diesem Prototyp zählen Äußerungen, in denen der Führungsstil von Managern positiv bewertet wird. Auch das Führen nach demokratischen Prinzipien statt starrer Regeln findet positive Erwähnung in den Medientexten, beispielsweise in „Mut zu mehr Intuition“ (SZ, 13.04.1996), „Die schwierige Bewertung von Führungskräften“ (FAZ, 02.06.2003), „Entwicklungshilfe beim Aufstieg“ (SZ, 26.07.2003), „Das hält man ja im Kopf nicht aus“ (SZ, 09.10.2006) und „Achtung, es menschelt“ (SZ, 16.10.2006). In diesem Zusammenhang wird in den untersuchten Texten ein Lob für die Manager für ihren unternehmerischen Mut und ihr Verhalten in der Krise geäußert. Stellvertretend hierfür sind die folgenden Medientexte zu nennen: „Unternehmenskultur im Wandel“ (Die Welt, 25.04.2007,), „Neues Denken gefragt“ (Die Welt, 26.02.2010), „Rheinischer Radikaler“ (Die Welt, 30.04.2010), „Superstar Deutschland“ (FAZ, 12.09.2010) und „Entscheider 2015“ (Die Zeit, 31.12.2014). Das transparente Verhalten von Managern nach innen und außen wird ebenfalls in den Medientexten positiv bewertet. Auch das Mitarbeiter-Feedback wird positiv kritisiert, da es zur Bestimmung von Kommunikations- und Führungsqualitäten diene. Demnach ist das 360°-Feedback nicht an Entgelt- oder Karriereentscheidungen gekoppelt und dient zur Entwicklung der Mitarbeiter, wie in „Junge Führungskräfte verlangen eine offene Unternehmenskultur“ (FAZ, 07.02.2000), „Führungskrise in Deutschland“ (Die Zeit, 23.12.2002), „Exerzizien des Erfolgs“ (SZ, 10.04.2004), „Erzählen für den Erfolg“ (SZ, 15.10.2005), „Willkommen im Panoptikum“ (FAZ, 30.09.2006), „Nicht dramatisch – aber alarmierend“ (FAZ, 18.10.2010) und „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“ (FAZ, 24.03.2013) aufgeführt. Folglich überdenken Führungskräfte, auch mithilfe der Feedback-Instrumente, ihre Kompetenzen und ziehen daraus Rückschlüsse für ihre Weiterentwicklung (vgl. dazu SZ, 05.03.2001, Vom Verwalter zum Sinnstifter). Diese Idee wird in den folgenden Textbeispielen illustriert:

MT259::

Der Begriff, der meiner Meinung nach auf den weitaus größten Teil der deutschen Manager zutrifft, muss eher lauten: verantwortungsbewusst. Ich kann moralisch jederzeit vertreten, was meine Vorstandskollegen und ich hier bei Bayer Tag für Tag praktizieren. (Die Welt, 12.05.2012, „Alle werden verzichten müssen“)

Akteur der verbalen Handlung: Werner Wenning, Vorsitzender des Aufsichtsrats (Bayer AG)

MT260::

Das ist ein ideales Instrument, um zu einer richtigen Selbsteinschätzung zu kommen und zu erkennen, wo man sich noch weiter entwickeln muss. (Die Welt, 24.02.2007, Die Suche nach der Führungselite. Schätze aus dem Goldfischteich)

Akteur der verbalen Handlung: Ian Knights, Leiter People Development (Bayer AG)

MT261::

Nicht mehr der sichere Arbeitsplatz sei ihr Sinnen und Trachten wie noch vor kurzem, sondern die „Suche nach Sinn“. (SZ, 05.03.2001, Vom Verwalter zum Sinnstifter)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT262::

Ein guter Personalführer muss seine Mitarbeiter letztlich wie ein guter Psychotherapeut nicht nur bewusst, sondern auch unbewusst motivieren. (SZ, 09.10.2006, Das hält man ja im Kopf nicht aus)

Akteur der verbalen Handlung: Gerhard Roth, Hirnforscher (Universität Bremen)

Neben der positiven und negativen Kritik am Führungsstil wird hinsichtlich der Bewertungen die Kritik an Fachkarrieren und die Bewertung zum Status von Führungspersönlichkeiten in den untersuchten Medientexten behandelt. In Bezug auf die Fachkarrieren wird im Mediendiskurs thematisiert, dass Fachkarrieren schlechter als Führungspositionen gestellt sind und sich nicht jeder für eine Fachkarriere eignet. Außerdem erfahren Fachkarrieren einen Boom, da dadurch schlechte Chefs verhindert werden sollen. Was die Bewertung zum Status von Führungspersönlichkeiten anbelangt, wird in den Medientexten geäußert, dass Führungspersonen körperlich und psychisch unter Stress stehen, da sie einem hohen Termindruck ausgesetzt sind und Angst um ihre eigene Position haben, wie in „Wie die Firmen ihre guten Leute demotivieren“ (FAZ, 01.06.2014) festgestellt wird. Die Prototypen Kritik an Fachkarrieren und die Bewertung zum Status von Führungspersönlichkeiten werden in den folgenden Textbeispielen illustriert:

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Auch die angestrebte Gleichwertigkeit zwischen Führungs- und Fachlaufbahn bereitet den Personalern Kopfschmerzen. Kritik am Konzept kommt von vielen Seiten. (Die Welt, 17.05.2008, Führung, nein danke!)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

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Die neue Laufbahn soll aber nicht nur schlechte Chefs verhindern. Mit ihr wollen sich Firmen auch aufhübschen. Denn in Sachen Anziehungskraft haben sie kräftigen Nachholbedarf. In den vergangenen Jahren bauten sie mehr und mehr Hierarchien ab und verbauten so ihren Nachwuchsstars die Perspektiven. Die Folge: Karrierestau und Imageeinbußen. (Die Welt, 17.05.2008, Führung, nein danke!)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

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Auch Konzerne wie Bayer, Siemens oder Volkswagen bieten ambitionierten Angestellten, die keine Lust auf Mitarbeiter haben, vorzügliche Aufstiegschancen – mit mehr Gestaltungsfreiraum, mehr Geld und neuen Titeln. Damit brechen sie mit dem althergebrachten Prinzip: Wer es nach oben schaffen will, muss unter sich Leute führen. Das ging nicht selten schief. (Die Welt, 17.05.2008, Führung, nein danke!)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

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Wer sich in die Welt der Bosse begibt, hört viel vom ungeheuren Druck und Terminstress; von Rivalitäten der Gegenwart und Verletzungen der Vergangenheit; von gegenseitigen Abhängigkeiten, um die niemand weiß, und von der Angst um den eigenen Job, die so manche Entscheidung beeinflusst. (Die Zeit, 14.12.2006, Die Welt der Bosse)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

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Es ist wohl der entscheidende Unterschied zur alten Welt der Deutschland AG: Früher musste der Chef eines Industriekonzerns nur dreimal zum Telefonhörer greifen, um mit seinen wichtigsten Geldgebern zu sprechen; die Telefonate gingen nach Frankfurt und München, zur Deutschen Bank, zur Allianz, zur Münchener Rück. Heute fliegt er um den Globus. Ausländische Aktionäre kontrollieren gut 45 Prozent an den 30 größten Unternehmen des Landes; Firmen wie BASF oder die Commerzbank, Siemens oder die Deutsche Börse sind mehrheitlich längst nicht mehr in deutscher Hand. Im Ausland sitzen die Kunden der Konzerne und immer mehr Mitarbeiter. Sie alle wollen ab und zu mal den Boss sehen. (Die Zeit, 14.12.2006, Die Welt der Bosse)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Medientextbeispiele zeigen die Vielschichtigkeit in Bezug auf die Bewertungen des Führungsstils und der Führungspersonen in den Medientexten. Für Unternehmen besteht die Schwierigkeit darin, unterschiedliche – mitunter divergierende – Interessen miteinander zu verbinden. Führungspersönlichkeiten sind ausführende Erfüllungsgehilfen bei der Umsetzung der Geschäftsidee der Konzernspitze und befinden sich somit im Spannungsfeld ihrer eigenen Tätigkeiten, wie in „Nicht gesellschaftsfähig“ (SZ, 07.06.2006) dargestellt. Die Frage nach der richtigen Führung ist folglich eng an die Führungsperson geknüpft, wie in dem Artikel „Führungskrise in Deutschland“ ausgedrückt wird:

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Wie immer man Führung definiert – die Anforderungen an den Chef stecken voller Widersprüche. Nur ein Fabelwesen kann sie alle erfüllen. Durchsetzungsfähig wie ein Bulle soll ein Manager sein, um an den Zielen, die er als richtig erkannt hat, festzuhalten, auch wenn sie dem Zeitgeist oder einer Lobby im Unternehmen zuwiderlaufen. Anschmiegsam wie ein Reh muss er sein, um sich den Sorgen und Wünschen seiner Mitarbeiter zu öffnen, ihnen zuzuhören, sie gewähren zu lassen. Mal wird Leidenschaft verlangt, dann wieder analytische Kühle, mal Zähigkeit und Ehrgeiz, dann Bescheidenheit und Anpassungsfähigkeit. Martin Hilb, Direktor des Instituts für Führung und Personalmanagement an der Universität Sankt Gallen, fasst das angelsächsisch zusammen: „a cool head, a warm heart and working hands“. Hübsch gesagt. Aber wie um alles in der Welt soll man das lernen? Wird am Ende doch bloß der geniale Starmanager gesucht? (Die Welt, 23.12.2002)

In der untersuchten unternehmerischen Berichterstattung werden der Führungsstil und die Führungsqualitäten von Managern zwar weniger kritisch im Vergleich zu den untersuchten Medientexten bewertet, allerdings existieren in den Unternehmenstexten auch Bewertungen zu den Handlungen: Die Unternehmen bewerten in ihren Unternehmenstexten positiv, dass sie ihren Führungsstil an die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und Unternehmenskultur anpassen, insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, um wettbewerbsfähig und erfolgreich zu sein (vgl. dazu BMW AG NB 2014).

Die Füllwerte für die Leerstelle der Forderungen an den Führungsstil zeigen, dass es zwei signifikante Prototypen gibt: Ruf nach einer neuen Führungskultur und Anpassung der Führungskräfte (vgl. Tab. 5.100 „Prototypen von Forderungen zum Führungsstil in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)“, S. 357). Der Prototyp Ruf nach einer neuen Führungskultur wird in den Medien FAZ und Die Zeit sowie in Bezug auf die Bayer AG und die Siemens AG thematisiert. In den untersuchten Medientexten wird die Forderung nach einem neuen Führungsstil geäußert. Diese Forderung ist eng an die Forderung nach Führen über Ziele geknüpft, was mit einem mentalen Wandel zusammenhängt, wie in „Mitarbeiter sind zweitrangig“ (Die Zeit, 26.04.2014) beschrieben. In diesem Zusammenhang wird auch der Ruf nach einem demokratischen Wertekanon sowie mehr Verantwortungsübernahme geäußert. Außerdem wird in den untersuchten Texten eine bessere Vorbereitung von Feedback-Gesprächen gefordert sowie der Ruf nach mehr Kontrolle, beispielswiese durch Maßnahmen im Bereich Corporate Governance. Der Prototyp Anpassung der Führungskräfte wird in den Medien SZ und Die Welt sowie in Bezug auf die BMW AG thematisiert. In den untersuchten Medientexten wird ebenfalls die Anpassung der Führungskräfte an einen neuen Führungsstil behandelt, indem sich Manager auf ihre Positionen beziehen sollten, insbesondere auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, beispielsweise in „Alle werden verzichten müssen“ (Die Welt, 12.05.2009) und „Die Zeit der Ertragsmaximierer ist vorbei“ (Die Zeit, 27.09.2013). Die folgenden Medientextbeispiele zeigen die Prototypen Ruf nach einer neuen Führungskultur und Anpassung der Führungskräfte:

MT269::

Die Unternehmensführung muß neben den Gesetzen eine eigene Ethik haben. Sie kann diese nicht frei erfinden. Sie muß sich an den Gesetzen der Gesellschaft und an ihren Werten orientieren. So ungenau es ist, Führungsverantwortung kann sich nicht an abstrakten Vorgaben oder genau umrissenen Partikularinteressen orientieren. Sie bezieht ihre Kraft und ihre Werte aus der Gesellschaft. Ist das nicht der Fall, so wird das Unternehmen im Endeffekt als ein notwendiges Übel zum Broterwerb abqualifiziert. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für BWL (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

MT270::

Personaler müssen viel mehr darauf schauen, was sich in der Welt tut, und nicht nur in ihrem Büro sitzen und ihre Angebote optimieren. (Die Zeit, 26.04.2014, Mitarbeiter sind zweitrangig)

Akteur der verbalen Handlung: Thomas Sattelberger, ehem. Personalvorstand (Deutsche Telekom AG)

MT271::

Die Berichte über Selbstbedienung des Managements und über fragwürdige Praktiken zur Verschleierung der wahren Situation haben erschreckend zugenommen. Die Verwilderung der Sitten hat Regierungen, Wirtschaftsprofessoren und Systemkritiker aufgeschreckt. Der Ruf nach mehr Regulierung des Managements ist allgegenwärtig. Corporate Governance ist ein Schlagwort geworden. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für BWL (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

MT272::

Damit Ihnen so etwas nicht passiert, haben wir mithilfe zahlreicher Personalexperten auf den nächsten Seiten einen Leitfaden für Jahresgespräche entwickelt, aus zwei Perspektiven: Wie sollten sich Mitarbeiter, wie Vorgesetzte optimal auf ein solches Gespräch vorbereiten, es führen und nachbereiten? (Die Zeit, 28.01.2011, Gut, dass wir darüber geredet haben)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT273::

Es hilft nichts, wenn wir uns gegenseitig ständig angreifen. Das würden die Menschen auch nicht verstehen. Vielmehr müssen wir Manager klare Positionen beziehen und stärker für das einstehen, was wir für richtig halten. Deshalb sitze ich ja mit Ihnen hier. (Die Welt, 12.05.2009, „Alle werden verzichten müssen“)

Akteur der verbalen Handlung: Werner Wenning, Vorsitzender des Aufsichtsrats (Bayer AG)

MT274::

Sie [Manager] können sich nicht hinter schallgedämpfte Türen zurückziehen und hoffen, dass sie in Ruhe gelassen werden. Sie müssen ehrlich erklären, was sie tun, und sie werden die Erfahrung machen, dass die Mitarbeiter auch bittere Pillen schlucken, solange die Chefs offen sind und den Betroffenen das Gefühl vermitteln, selbst mit allem persönlichen Einsatz, vielleicht sogar mit eigenen Opfern, an der Lösung zu arbeiten. Sie stehen unter Beobachtung. Nur durch Offenheit und Transparenz kann die Wirtschaft die Spannungen begrenzen, denen die Globalisierung die Gesellschaft aussetzt. Die Unternehmen sollten selbst ein starkes Interesse daran haben. In einer zerrissenen Gesellschaft können auch die Unternehmen keinen Erfolg haben. (SZ, 07.10.2006, Nicht gesellschaftsfähig)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Die Textbeispiele illustrierenFootnote 15, dass in den untersuchten Medientexten ein neuer Führungsstil gefordert wird, der die Möglichkeit eröffnet, die zukünftige Arbeitswelt 4.0 positiv zu beeinflussen. Dies kann mithilfe neuer Führungsmodelle und Führungspersönlichkeiten geschehen, wobei innovative Ideen im Rahmen von demokratischen Hierarchien umgesetzt werden können. In den untersuchten Unternehmenstexten werden Maßnahmen und Instrumente des Führungsstils und der Qualifikation von Führungspersönlichkeiten vorgestellt. Allerdings werden in den Unternehmenstexten nicht – im Gegensatz zu den Medientexten – Forderungen nach der Einführung eines neuen Führungsstils geäußert. Vielmehr konzentrieren sich die Unternehmen darauf, den Führungsstil so auszugestalten, dass die Bedürfnisse der Arbeitnehmer berücksichtigt werden und dabei das Unternehmen zum Erfolg geführt wird.

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Aus der Ergebnisdiskussion geht hervor, dass dem Führungsstil und den Führungskräften besondere unternehmerische und mediale Aufmerksamkeit zukommt (vgl. dazu Abb. 5.20, S. 212, und Abb. 5.31, S. 327). Den Führungskräften wird eine große Bedeutung im Personalmanagement der Zukunft zugeschrieben (vgl. dazu Ruf 2015). Aus den untersuchten Unternehmens- und Medientexten lässt sich ableiten, dass die Anforderungen an Führungskräfte immer komplexer werden: Sie sollen bestens ausgebildet, mehrsprachig, zeitlich und örtlich mobil, kulturell sensibel sowie hervorragende Denker und Innovateure sein. Die Analyse der Unternehmens- und Medientexte zeigt zudem, dass die Führungsstile der Führungskräfte ständig an die Mitarbeiter, Teams, Ziele und Situationen angepasst und reflektiert werden sollten. In diesem Zusammenhang wird in dem Mediendiskurs der Ruf nach einem neuen Führungsstil geäußert.Footnote 16 Dabei übernimmt die Führungskraft eine Vorbildfunktion, indem sie ihren Mitarbeitern Visionen aufzeigt, intellektuell anregend ist und dabei auf die einzelnen Bedürfnisse der Mitarbeiter eingeht (vgl. dazu Abschnitt 5.3.3.4). Mit einer zunehmenden Sensibilisierung für die Bedeutung von Führungsqualitäten steigt auch ein Bewusstsein für eine systematische und langfristige Aus- und Weiterbildung von Führungskräften. Dies erklärt auch die intensive Behandlung des Themas Aus- und Weiterbildung von Führungskräften in den untersuchten Unternehmenstexten.

Die Leistung der Führungskraft ist ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung von Führungspersönlichkeiten (vgl. Mintzberg 2010: 3). Jedoch ist die Leistung einer Führungskraft nicht das einzige Kriterium, wonach Führung bemessen werden sollte. Wichtiger ist das „Engaging Management“, bei dem der Wert und die Kompetenzen jedes einzelnen Mitarbeiters im Vordergrund stehen, die individuell erkannt und gefördert werden sollten: „To manage is to bring out the energy that exists naturally within human beings. Managing thus means engaging, based on judgement, rooted in context“ (Mintzberg 2010: 3). Demnach hängt erfolgreiche Führung von den Rahmenbedingungen ab, in denen wirtschaftliches Handeln stattfindet. In diesem Zusammenhang ist der Einfluss der Globalisierung auf unternehmerisches Handeln zu nennen, was sich auch auf die Qualität von Führungsstilen auswirkt. Hierzu hinterfragt Mintzberg kritisch die Rolle der Globalisierung in Bezug auf demokratische Ordnungen sowie die Gesellschaft und Wirtschaft betreffend: „[…] globalisation is weakening our social structures and undermining our democratic institutions. It is throwing our societies out of balance. Will it, therefore, eventually weaken our economies too?“ (Mintzberg 2010: 10). In seiner Globalisierungskritik betont Mintzberg, dass das bloße Kopieren von Modellen nicht zielführend sei. Vielmehr werden Lösungsvorschläge, gerade auch im Führungsverhalten gebraucht, um auf einem sich stetig ändernden Markt erfolgreich zu sein.

Die Aufgabe von Führung besteht darin, die Herausforderungen in Zeiten der Globalisierung anzugehen. Wenn der Führungsstil so umgesetzt wird, dass eine positive wirtschaftliche Entwicklung begünstigt wird, erfüllt er seinen Sinn (vgl. dazu 5.3.3.4). Das Gelingen dieses Vorgehens hängt stark von der Führungspersönlichkeit ab. Allerdings sehen sich Führungspersönlichkeiten in Deutschland im Vergleich zur Vergangenheit häufig der Situation ausgesetzt, dass sie ihre Position verlieren. Es ist fragwürdig, ob eine Führungskraft, die vor dem Verlust ihrer Position Angst hat, der Aufgabe gerecht wird, die unternehmerischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzugehen. Zu den Herausforderungen zählen die Bewältigung von Wirtschaftskrisen wie der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2009, die auch im Untersuchungszeitraum im Diskurs thematisiert wird. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten entstehen auch Chancen für Unternehmen, neue Leitlinien und grundlegende ethische Verhaltensweisen des unternehmerischen Handelns zu etablieren. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee bezieht sich dabei auf alle Bereiche unternehmerischen Handelns und die Grundlage dafür wird im Personalmanagement gelegt. „Ein Unternehmen nachhaltig zu führen bedeutet eben auch, die existenziellen Fragen aller betroffenen Systeme zu berücksichtigen“ (Krüger/von Schubert/Wittberg 2010: 13). Dies lässt sich auch auf das Personalmanagement übertragen, indem Führungskräfte die Unternehmenskultur mitentwickeln und diese in die Praxis umsetzen. Die theoretische Nachhaltigkeitsidee wird dann in praktischen Handlungsrichtlinien angewandt: „Nachhaltiges Personalmanagement ist Teil einer Unternehmensstrategie und Führungspraxis, die ernst macht mit einem verantwortungsvollen Umgang mit Menschen, Umweltressourcen und Finanzen“ (Krüger/von Schubert/Wittberg 2010: 17).

Im Kontext von unternehmerischem Denken und Handeln ist Nachhaltigkeit eng mit dem Schlüsselbegriff „Verantwortung“ verbunden (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.1). Die kulturelle Leitidee vom „ehrbaren Kaufmann“Footnote 17 kann auch in Bezug auf die Führungspersönlichkeit herangezogen werden, denn diese drückt das Prinzip Verantwortung aus: Der ehrbare Kaufmann sieht sich in der Verantwortung für sein Handeln und ist somit verantwortlich für die Folgen seines Handelns: nicht nur im unternehmerischen, sondern auch im gesellschaftlichen Kontext. Die Rückbesinnung auf die Metapher vom ehrbaren KaufmannFootnote 18 zeigt, dass die Prinzipien einer guten Unternehmensführung, wie sie in den Kaufmannslehrbüchern seit dem 12. Jahrhundert verbreitet wurden, für die gegenwärtige Wirtschafts- und Arbeitswelt aktuell sind.

In unternehmerischen Wertschöpfungsketten ist das Handeln komplex und es kann für Missstände und Fehlentwicklungen nicht immer allein die Führungsperson verantwortlich gemacht werden. Dennoch liegt die Aufgabe bei den Führungskräften, einen an Verantwortung und Nachhaltigkeit orientierten Führungsstil im Sinne des Unternehmens und der Gesellschaft zu etablieren. Allerdings liegt die Verantwortung nicht nur bei den Führungskräften, sondern bei jedem Einzelnen. Daher sollte die Debatte um einen nachhaltigen Führungsstil öffentlich geführt und die Widersprüchlichkeit bei der Frage nach den Prioritäten Ökologie, Ökonomie und Soziales im Zusammenhang mit den Unternehmenswerten ständig neu hinterfragt werden.

6.4 Zusammenfassung der Ergebnisdiskussion

Aus den Analyseergebnissen der Unternehmens- und Medientexte geht hervor, dass die Behandlung von Nachhaltigkeitsthemen im Untersuchungszeitraum signifikant zugenommen hat und ein stetig wachsender Veränderungsdruck in Unternehmen und der Gesellschaft auch auf personalrelevante Themen Einfluss hat. In dem untersuchten Diskurs wird einerseits auf die Unternehmen betreffenden Probleme reagiert, andererseits sind damit auch gesellschaftliche und politische Zukunftsvorstellungen verbunden, die von den Akteuren definiert und bewertet werden.

Mithilfe der Themenanalyse der Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil wurden thematische Strukturen in den Unternehmens- und Medientexten untersucht. In der Arbeit wurden methodische Grundlagen zu Textthemen und zur thematischen Entfaltung sowie zur Entwicklung von Diskursthemen angewandt (vgl. Konerding 2005 und Abschnitt 2.3). Die thematische Diskursentwicklung wurde untersucht sowie die Bedeutung von Textthemen und zugehörigen Subthemen aufgezeigt. In der vorliegenden Arbeit wurden intertextuelle Kohärenzbeziehungen zwischen den Unternehmens- und Medientexten berücksichtigt. So werden die Forschungsfrage 3 und 4 nach strittigen, bedeutenden Subthemen des Diskurses beantwortet:

  1. 3.

    Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf Diskursthemen lassen sich zwischen dem in den Unternehmens- und Medientexten vermittelten Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement erkennen?

  2. 4.

    Hat sich die Konzeptualisierung und Bewertung sowie Forderung des nachhaltigen wirtschaftlichen Handelns im Personalmanagement in den ausgewählten Unternehmens- und Medientexten über den Untersuchungszeitraum von 20 Jahren (1995–2014) geändert?

In den untersuchten Texten wird aufgezeigt, welche Bedeutung ein nachhaltiges Personalmanagement in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einnimmt und nicht nur in guten Zeiten zum Erfolg eines Unternehmens führen kann. Erfolgreiche Unternehmen haben es in der Krise geschafft, Kräfte zu bündeln und ihr Personalmanagement gezielt einzusetzen, indem beispielsweise Mitarbeiter individuell weiterentwickelt oder gewonnen wurden. Ein an Nachhaltigkeit ausgerichtetes Personalmanagement versucht, Fehler zu vermeiden, beispielsweise einen spontanen Personalabbau oder eine unreflektierte Kürzung von HR-Programmen. Stattdessen zielt ein nachhaltiges Personalmanagement darauf ab, sinnvolle Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen zu tätigen, das Arbeitgeberimage zu optimieren sowie das Talent- und Weiterbildungsmanagement zu verbessern. Außerdem können Vergütungssysteme hinterfragt, Neueinstellungen kritisch geprüft, flexible Arbeitszeitmodelle ausgeschöpft, Weiterbildungsaktivitäten sinnvoll eingesetzt und wirtschaftliches Handeln an langfristigen Unternehmenszielen ausgerichtet werden.

Die Etablierung eines nachhaltigen Personalmanagements ist an einen Wandel geknüpft. Ein grundlegender Wandel in der Gesellschaft bestimmt, wer oder was sich wandeln soll und in welche Richtung es geht (vgl. Müller-Christ 2007: 14). Im unternehmerischen Kontext heißt das konkret, in welche Richtung sich wirtschaftende Subjekte verändern sollen. An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dass sich Nachhaltigkeit als Universalprinzip nicht einfach auf jedes Problem anwenden lässt:

Die Gesellschaft folgt schmerzfrei und hochmotiviert der klaren Richtung, die das strahlende Leitbild nachhaltige Entwicklung vorgibt. Diese Hoffnung scheint sich aber nicht zu erfüllen, schaut man sich die Kritik an der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung an, schaut man sich an, wie große Unternehmen Nachhaltigkeit definieren, schaut man sich an, wie lokale Agendaprozesse in sich zusammenfallen. (Müller-Christ 2007: 14)

Allerdings ist ein Wandel hin zu einer an Nachhaltigkeit orientierten Unternehmens- und Wirtschaftsordnung und Gesellschaft wünschenswert, wenn die aktuelle Lebensqualität auch zukünftig gesichert werden soll. Der Nachhaltigkeitsbegriff muss sich davon abgrenzen, für die Lösung aller auf der Welt existierenden Probleme verantwortlich zu sein (vgl. Müller-Christ 2007: 18). In der Politik und Wirtschaft wird Nachhaltigkeit weniger als ein rationaler, sondern mehr als ein normativ-ethischer Ansatz definiert (vgl. Müller-Christ 2007: 21). Es ist nicht zielführend, Wirtschaftsethik als Korrektiv in der Unternehmensführung anzusehen. Stattdessen sollte sie als normatives Leitbild verstanden werden. Unternehmen versuchen mit CSR-Maßnahmen darauf zu reagieren. Dies ist aber unzulänglich und wird dem Problem nicht gerecht. Eine Möglichkeit der Wirtschaftsethik besteht darin, dass ihr in Zukunft eine neue Dimension zugesprochen wird: Unternehmen sollten ihr Verantwortungsbewusstsein erkennen und eine nachhaltige Entwicklung vorantreiben. Darin kommt den Personalabteilungen eine entscheidende Rolle zu.

Die Arbeit ist entscheidend für die Zufriedenheit und das Glücksgefühl der Arbeitnehmer. Schließlich wird bei der Arbeit die meiste Zeit am Tag verbracht. Umso erstaunlicher ist es, dass laut dem Forschungsinstitut Gallup neun von zehn der deutschen Arbeitnehmer innerlich ihre Arbeit bereits gekündigt haben oder Dienst nach Vorschrift machen (vgl. Nink 2014). Dies betrifft nicht nur schlecht bezahlte Arbeiten, sondern auch hochbezahlte Managerpositionen, was zu gesamtwirtschaftlichen Milliardenschäden führt. Aus den untersuchten Texten geht hervor, dass Konzernspitzen mit alternativen Formen des Arbeitens oder der Arbeitsorte experimentieren, um die negativen Auswirkungen, die das Arbeiten in großen Unternehmen mit sich bringen, so gering wie möglich zu halten. Die Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitswelt, der sogenannten Wohlfühloasen und Wohlfühlzonen, wird maßgeblich von der Unternehmensführung und den Personalabteilungen bestimmt. Bei der Erschaffung von neuen Arbeitsplätzen und Bürogebäuden werden Hirnforscher ebenso wie Kulturanthropologen eingesetzt, um neue Arbeitswelten zu schaffen. Beispiele hierfür sind außergewöhnliche Projekte wie die Gestaltung von Serengeti-ähnlichen Büros im Silicon Valley, um den Alltag von Urzeitmenschen in die heutige Arbeitswelt zu übertragen. Ob das funktioniert, wird die Zeit zeigen, denn Arbeitsumgebungen sind auch Versprechen von Beratern, Inneneinrichtern und Personalern. Laut Leberecht (2015) müssten Unternehmen Verwaltungsaufwände reduzieren und wieder zum Verständnis, Sinn, Ort und Art der Arbeit zurückkehren und mehr Unberechenbarkeit zulassen (vgl. ebd.).

Nach der Meinung des ehemaligen McKinsey Beraters Laloux (2015) kann der Entwicklungsstand einer Organisation daran gemessen werden, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgeht. Denn nicht die Farben an den Wänden sind am Ende entscheidend, sondern der Umgang mit den Mitarbeitern bestimmt letztendlich den Erfolg. Den Mitarbeitern müssen neben Zielerreichungsmaßnahmen vor allem Freiräume bei deren Erreichung gegeben werden. Dafür muss zuerst Vertrauen vorhanden sein, dann folgen Zahlen, Effizienz und schließlich der Erfolg. Oft entstehen Begeisterung und Innovation dann, wenn die Mitarbeiter ermutigt werden, eigenständig Entscheidungen zu treffen, und auf ihre Kompetenzen vertraut wird. Ein Beispiel hierfür ist Kodak: Bei einer Umstrukturierung wurde eine Abteilung vergessen und erst später darauf aufmerksam gemacht, als positive Rückmeldungen von den Kunden im oberen Management ankamen. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee als Rezept für erfolgreiches Wirtschaften haben die untersuchten Unternehmen für sich erkannt, wie aus dem Nachhaltigkeitsbericht der Siemens AG hervorgeht:

UT255::

Mit einer ganzheitlichen Strategie, die Nachhaltigkeit zu einem leitenden Prinzip erhebt, bereiten wir uns bei Siemens auf diese Zukunft vor. Das scheinbare Modewort »nachhaltig« beruht auf einem Denken und Handeln, das vor 300 Jahren entstand und heute viele Bereiche unseres Lebens beeinflusst. Einem Denken, das auch den Gründer unseres Unternehmens geprägt hat. Früh hatte Werner von Siemens erkannt, dass nachhaltiges Handeln für ein innovatives Unternehmen großes Potenzial bietet und sich wirtschaftliche Vernunft ‒ also Effizienz und Wachstum ‒ und Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt nicht etwa ausschließen, sondern gegenseitig verstärken. Die Erkenntnis, dass nachhaltiges Handeln in diesem Sinne eine Geschäftschance darstellt und ökonomischen, ökologischen und sozialen Fortschritt ermöglicht, prägt unsere Strategie und unser Handeln seit 165 Jahren. (Siemens AG NB 2012: 5)

Mitarbeiter und Innovationen sind die Grundlage für den Erfolg eines Unternehmens. Wachstum kann nur entstehen, wenn verschiedene Prozesse und das Personalmanagement im Unternehmen aufeinander abgestimmt sind. Humankapital ist eine immaterielle Ressource, die direkt unter dem Einfluss der Unternehmensführung und deren Zielen steht:

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Der Erfolg eines Unternehmens hat meist viele Ursachen; entscheidend aber sind immer seine Mitarbeiter. Wer gute Leute für sich begeistern kann, produziert tendenziell auch bessere Produkte und erfreulichere Ergebnisse. Oder anders gesagt: „Good business is good people.“ […] Im Kern geht es darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die Leistung und Leidenschaft honoriert, die Talenten Raum lässt und auf diese Weise die Besten für sich gewinnt. Es sind viele kleinere und größere Mosaiksteinchen, aus denen sich eine solch attraktive Arbeitsumgebung zusammensetzt. (BMW AG GB 2004: 11)

Nachhaltigkeit im Personalmanagement bringt für den Standort Deutschland große Vorteile mit sich, denn daraus ergeben sich Innovationsmöglichkeiten. Dabei ist der reine Wettbewerb um qualitative Unternehmenswerte zweitrangig. Das Profil von Unternehmen aus Deutschland wird gestärkt und die Akzeptanz von Unternehmen gesteigert. Es wird eine Plattform für an Werten orientierte Entscheidungen forciert und den Mitarbeitern ein attraktives Umfeld geschaffen. Zudem wird die Attraktivität Deutschlands auf dem internationalen Arbeits- und Investitionsmarkt unterstützt. Deutschland sollte sich international stärker in die Diskussion um nachhaltige Unternehmensführung einbringen, um nicht den Anschluss zu verpassen. Nachhaltiges Personalmanagement kann eine Lösung sein, um als Gewinner der Globalisierung herauszugehen. Damit einher geht die Frage, was den Standort Deutschland ausmacht. Während mit dem Label „Made in Germany“ jahrzehntelang erstklassige Qualitätsarbeit verbunden wird, prägen heute Aussprüche, wie „Geiz ist geil“Footnote 19, das wirtschaftliche Handeln. Diese Art des Werteverfalls ist besorgniserregend. Folgen dieser Entwicklung sind eine schlechte Zahlungsmoral, Dumping-Preise, Abwanderung in Billiglohnländer, befristete Arbeitsverträge und die Lockerung des Kündigungsschutzes. Daran knüpft die Nachhaltigkeitsidee, insbesondere im Personalmanagement, an. So sind in den letzten Jahren Unternehmen international erfolgreich, die nachhaltig handeln. Auf diese Weise erfährt das Markenzeichen „Made in Germany“ international Anerkennung. Schließlich ist Konsumenten Umweltverträglichkeit immer wichtiger geworden und auch Investoren orientieren sich bei ihren Investitionen immer mehr an Nachhaltigkeitsberichten (vgl. dazu Abschnitt 4.1). So stellen sich Unternehmen in ihrer Unternehmensberichterstattung und auf Sustainability Balanced Scorecards glänzend dar und können Konsumenten für ihre nachhaltige Unternehmensführung begeistern. Unternehmen berichten über ihr nachhaltiges Handeln in Bezug auf ökologische Aspekte, aber auch auf weitere Faktoren, beispielsweise das Personalmanagement, wie in dieser Arbeit aufgezeigt wird.

Die in der vorliegenden Untersuchung behandelten Themen zeigen die Herausforderungen und Probleme, für die die Unternehmen neue, kreative und erfolgreiche Lösungsstrategien entwickeln und bei der Umsetzung ihrer Geschäftsidee berücksichtigen müssen. Dazu bedarf es engagierter Mitarbeiter, die sich für die Ideen und Produkte des Unternehmens begeistern und sich einbringen. Das Engagement und die Begeisterungsfähigkeit sind wichtige Aspekte bei der Personalgewinnung. Außerdem werden aufgrund der internationalen ökonomischen Verflechtungen Mitarbeiter gesucht, die sich durch Vielfalt auszeichnen. Zum einen bezieht sich dies auf kulturelle und sprachliche Aspekte, die für das Unternehmen relevant sind, aber auch auf die Förderung von Frauen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels können es sich Unternehmen nicht länger leisten, Männer den Frauen gegenüber zu bevorzugen, da gut ausgebildete Mitarbeiter für den Erfolg eines Unternehmens wichtig sind. Zudem nimmt die Bedeutung von Fach- und Führungskräften bei der Personalgewinnung immer mehr zu. Dies wird beim Personalmarketing in den Unternehmenstexten transparent kommuniziert:

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Nachwuchsförderung ausgeweitet. Im Jahr 2011 haben wir das Angebot zur Nachwuchsförderung erweitert. Mit dem neuen Fastlane-Programm ergänzt die BMW Group durch ein praxisorientiertes Stipendium für Masterstudierende das bestehende Angebot aus dem Bachelorprogramm SpeedUp und dem Doktorandenprogramm ProMotion. Parallel dazu wurde das Einarbeitungsprogramm Drive vollständig überarbeitet und bietet ab 2012 noch attraktivere Möglichkeiten für Neueinsteiger bei der BMW Group. (BMW AG GB 2011)

Aus der Analyse und Ergebnisdiskussion geht hervor, dass positive und negative Aspekte hinsichtlich der untersuchten Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil im Unternehmens- und Medientextkorpus thematisiert werden. Die Schwerpunktthemen sind für die untersuchten Unternehmen und im medialen Diskurs von besonderer Bedeutung. Die thematische Behandlung ist für den Diskurs um Nachhaltigkeit im Personalmanagement für den Untersuchungszeitraum charakteristisch. Die folgenden Abbildungen geben einen Überblick bezüglich der ersten Nennung eines (Sub-)Themas in den Unternehmens- und Medientexten innerhalb des Untersuchungszeitraums. In den Abbildungen sind die (Sub-)Themen bzw. Prototypen der Analyse in Bezug auf die Schwerpunktthemen der Unternehmens- und Medientexte dargestellt. In Klammern hinter den (Sub-)Themen sind die Slots wie Zielzustand, Ursachen und übergeordneter Zusammenhang, Eigenschaften, Handlungen, Bewertungen, Forderungen, Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter und das Jahr der ersten Nennung im Unternehmens- bzw. Medientextkorpus aufgeführt.

Abb. 6.1
figure 1

Erste Nennung eines (Sub-)Themas in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG

Abb. 6.2
figure 2

Erste Nennung eines (Sub-)Themas in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ

In Abbildung 6.1 wird ein Überblick über die erste Nennung der Sub-themen im untersuchten Unternehmensdiskurs gegeben. Aus der Analyse der Unternehmenstexte geht hervor, dass die thematische Behandlung der Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil divers ist (vgl. dazu Abschnitt 5.2). Die Abbildung lässt erkennen, dass die erste Nennung der Subthemen in den Jahren 1998 bis 2003 innerhalb des Untersuchungszeitraums erfolgt. Die Nennung der relevanten Subthemen in der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums zeigt, dass die Unternehmen in ihrer Berichterstattung früh auf die bedeutenden Themen ihrer Zeit eingegangen sind, die bis zum Ende des Untersuchungszeitraums auch für den medialen Diskurs relevant sind und bis zum Ende des Untersuchungszeitraums erweitert werden (vgl. Abb. 6.2). Die Erweiterung um neue Subthemen in den Unternehmenstexten zeigt die Signifikanz der untersuchten Schwerpunktthemen für die Unternehmen und deren Berichterstattung.

Abbildung 6.2 gibt einen Überblick über die erste Nennung der Subthemen im untersuchten Mediendiskurs. Die Analyseergebnisse der Medientexte zeigen, dass die thematische Behandlung der Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil divers ist (vgl. dazu Abschnitt 5.3). Aus der Abbildung wird zudem ersichtlich, dass die erste Nennung der Subthemen der Schwerpunktthemen über den Untersuchungszeitraum breit gefächert ist. Im Vergleich zu den Unternehmenstexten erfolgt die erste Nennung eines Subthemas in den Medientexten über einen größeren zeitlichen Rahmen: Bis 2011 ist die Behandlung von neuen Subthemen im Mediendiskurs zu verzeichnen. Die Erweiterung um neue Subthemen während des Untersuchungszeitraums belegt die Bedeutung der untersuchten Schwerpunktthemen für den medialen Diskurs.

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass – entgegen der in der öffentlichen Diskussion vorhandenen Ansicht, dass dem Nachhaltigkeitsbegriff auch in Bezug auf das Personalmanagement eine Konturlosigkeit und sprachlich inflationäre Verwendung anhaftet – die Nachhaltigkeitsidee zwar breit konzipiert ist, beispielsweise durch allgemeine Aussagen hinsichtlich der Unternehmenskultur, jedoch in Bezug auf einzelne Diskursausschnitte wie Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil verengt und spezifiziert wird. Dies wird in der Analyse und Ergebnisdiskussion der Schwerpunktthemen verdeutlicht (vgl. dazu Abschnitt 5.2, Abschnitt 5.3 und Kapitel 6).