Nach der in Kapitel 4 vorgestellten Datenauswahl und Korpuskonstitution folgt die Analyse der Unternehmens- und Medientexte. Zur Beantwortung der Forschungsfragen (vgl. dazu Abschnitt 1.2) erfolgt die korpusbasierte Analyse der Daten nach der ausgewählten Forschungsmethode einer framegestützten linguistischen Diskurs-Analyse nach Konerding (vgl. dazu Kapitel 2). In diesem Kapitel werden die quantitativen und qualitativen Analyseergebnisse des Unternehmenstext- und Medientextkorpus vorgestellt.

Die folgende Analyse zeigt, wie das Thema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in den Unternehmen und der deutschen Öffentlichkeit behandelt wird. Ziel der Arbeit ist es, die thematische Entfaltung von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ sowie die Standpunkte der Akteure in der Debatte mit Fokus auf gesellschaftsrelevante Entwicklungen zu untersuchen. Durch die Analyse thematisch ähnlicher Texte kann eine erhöhte Vergleichbarkeit von Standpunkten der einzelnen Akteure erzielt werden, indem Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Muster herausgearbeitet und zugänglich gemacht werden. Zitate aus dem Datenmaterial werden dabei eingesetzt, um Ideen zu stützen und zu illustrieren. Sie werden vor allem herangezogen, um wichtige Phänomene und Ergebnisse zu erläutern. Bedeutende Ergebnisse werden konkret durch das zugehörige Material ausführlich belegt, wobei die inhaltliche Auswertung in Bezug auf die unmittelbare Umgebung des Korpus-Textes vorgenommen wird. Bei dem vorliegenden Unternehmens- und Medientextkorpus handelt es sich um einen umfangreichen Datenbestand, was Elemente der Strukturierung unabdingbar macht und einen Fokus auf ausgewählte Themen bei der Ergebnispräsentation bedingt. Die Analyse zielt durch Reduktion, Explikation, sinnvolle Systematisierung und Strukturierung exemplarischer Themen auf Beschränkung hinsichtlich eines durchgehend relevanten Zugangs zum Ausgangsmaterial.

Die Analyse gliedert sich in drei Unterkapitel: In dem ersten Unterkapitel wird das methodische Vorgehen bei der Analyse der Unternehmens- und Medientexte anhand klar definierter Analyseschritte und -regeln systematisch erläutert (5.1). Dabei werden die in der Analyse eingesetzten qualitativen Methoden vorgestellt, die auf Charakteristika quantitativer Analysemethoden aufbauen. Im zweiten Unterkapitel erfolgt die Präsentation der Analyseergebnisse der Unternehmenstexte (5.2). Im Zentrum der Analyse der Unternehmenstexte steht die Entwicklung eines Kategoriensystems, das als Vorlage zur Korpuskonstitution sowie Konkretisierung der Analysemethode und Auswertung der Medientexte dient. Im dritten Unterkapitel werden die Analyseergebnisse der Medientexte vorgestellt (5.3).

Die Forschungsfragen werden in den einzelnen Kapiteln aufgeführt und in den theoretisch-methodischen Hintergrund eingebettet. Die Analyseergebnisse werden mithilfe von Tabellen präsentiert, um einen schnellen Zugang zum Datenmaterial zu ermöglichen sowie Ergebnisse zusammenzufassen und gegebenenfalls einander gegenüberzustellen. An entsprechenden Stellen werden die Ergebnisse mit Textbeispielen belegt. Teilzusammenfassungen zu konkreten Analyseergebnissen werden am Ende der Kapitel bzw. nach thematischen Einheiten unter „Zusammenfassend kann festgehalten werden:“ aufgeführt. Die Kapitel zu den Zwischenergebnissen fassen die in der Analyse gewonnenen Ergebnisse zu den thematischen Kategorien zusammen und setzen sie in Beziehung zu den Forschungsfragen.

5.1 Methodisches Vorgehen

Im vierten Kapitel „Forschungsmaterial und Korpuskonstitution“ wurde aufgezeigt, wie die umfangreiche Menge an zur Verfügung stehenden Medientexten nach einer thematischen Auswahl reduziert wurde, um eine kategoriebasierte Einteilung und Bearbeitung zu ermöglichen. Für die Beantwortung der Forschungsfrage wurde eine geeignete Methode für die Analyse der Unternehmens- und Medientexte gewählt, die von der Forschungsfrage bestimmt und nach ihr ausgerichtet wird (vgl. Früh 2011: 141). Im Folgenden wird das methodische Vorgehen vorgestellt, nach dem sich die Unternehmens- und Medientextanalyse richtet. An entsprechender Stelle wird auf die Besonderheiten der Analyse der Unternehmens- und Medientexte eingegangen.

Ziel der korpusbasierten Untersuchung durch die Analyse und Kategorisierung von Textaussagen ist die Systematisierung und Abstraktion von einzelnen Aussagen. Im Folgenden werden die Analyseschritte und die praktischen Handlungsanweisungen einer Diskursanalyse nach Konerding präsentiert, nach denen die vorliegende diskurslinguistische Untersuchung erfolgt. In Anlehnung an Konerding (1993: 472–473) wurde zuvor der Frame für den Nominal- bzw. Substantivtyp ZustandFootnote 1 für die Analyse der Unternehmens- und Medientexte zur Untersuchung heranzogen. Der Matrixframe Zustand wird angewandt, da nachhaltiges Personalmanagement, ausgehend vom Ist-Zustand eines traditionellen Personalmanagements, durch die Umsetzung der Forderungen und Handlungen der am Diskurs beteiligten Akteure als spezifischer Zielzustand einer entsprechend gesteuerten Entwicklung erreicht werden soll.

Bei der Analyse werden zuerst die Hauptanalysekategorien bestimmt (vgl. dazu Abschnitt 5.1.1). Danach werden die relevanten Textsegmente kodiert (vgl. dazu Abschnitt 5.1.2) und anschließend Prototypen erstellt (vgl. dazu Abschnitt 1.3 und nachfolgend Abschnitt 5.1.3). Abschließend erfolgt die quantitative und qualitative Analyse der Prototypen. Die Analyseergebnisse der Prototypen werden entsprechend der vorgestellten entwickelten Kategorien und in Anlehnung an die Struktur des Frames Zustand für das untersuchte Unternehmenstextkorpus in Abschnitt 5.2.3 und für das Medientextkorpus in Abschnitt 5.3 aufgeführt (zu den methodischen Schritten im Einzelnen vgl. Konerding: 2005, 2007). Die zugehörigen Analyseschritte werden chronologisch abgearbeitet. Im Folgenden wird die theoretische Grundlage vorgestellt und deren praktische Anwendung exemplarisch mithilfe von ausgewählten Beispielen dargestellt.

5.1.1 Kategorienbildung

Die in Kapitel 4 als relevant erachteten Medientexte wurden für die Bearbeitung in die Analysesoftware MaxQDA eingepflegt und die relevanten Analysekategorien importiert. Das Kategoriensystem wurde anhand der Forschungsfrage und des Forschungsmaterials entwickelt. Die Hauptanalysekategorien wurden in Bezug auf die thematische Relevanz für den Diskursstrang „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ bestimmt. Bei der Analyse wurde eine thematische Klassifizierung vorgenommen, bei der ausgewählte Themen und Inhalte des Diskurses detailliert erörtert werden. Dabei wurde auch auf die Interessen und Motive der einzelnen Akteure eingegangen. Während der Analyse erfolgte eine Überprüfung und Überarbeitung der Kategorien.

Die Kategorien für die Medientexte leiteten sich aus den als relevant erachteten Themen aus den Unternehmenstexten ab (vgl. dazu Abschnitt 5.2.1, Abschnitt 5.2.2 und Abschnitt 5.2.3). Als nominalisierte Makro-Proposition beziehen sie sich auf den Matrixframe Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“. Denn:

Sortal bestimmte lexikal-semantische Relevanzrahmen in Form von Matrixframes fungieren als Modellierungsgrundlage für die thematische Makro-Struktur, die sich mit einer nominalisierten Makro-Proposition lexikongeleitet verbindet. (Konerding 2007: 136)

Aus den entsprechenden Frame-Attributen bzw. Makro-Rollen, die die entsprechenden Spezifikations- bzw. Leerstellen abbilden, leiteten sich die Hauptanalysekategorien ab, die in MaxQDA als Code-System entsprechend des Matrixframes Zustand (Ursachen und übergeordneter Zusammenhang, Eigenschaften, Zielzustand, Handlungen, Akteure, Folgen und Bewertungen, Forderungen) aufgeführt sind. Diese werden in der folgenden Ergebnispräsentation mit Beispielen an relevanten Stellen verdeutlicht.

Wichtig für die Bestimmung der Analysekategorien ist der „Typus des Kategoriensystems“ und die „Art und Struktur der zu erhebenden Daten“ (vgl. Früh 2011: 159). Zentral bei der Analyse war die Überprüfung der Kategorien in Bezug auf die repräsentative Abbildung des Untersuchungsgegenstands. Dafür wurden Definitionen der Kategorien sowie Ergänzungen, Korrekturen, Optimierungen und Auslassungen (Löschungen) von Kategorien des potenziellen Kategoriensystems vorgenommen. Die Kategorienzuordnung wurde stichprobenartig überprüft, um die Ergebnisse zu validieren. Das Kategoriensystem dient dazu, die Diskussion um den Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement angemessen zu beschreiben. Dabei wurden von den einzelnen Beschreibungen Rückschlüsse auf das gesamte Untersuchungskorpus gezogen (vgl. Früh 2011: 104).

In der Literatur findet sich zur induktiven und deduktiven Vorgehensweise eine bibliothekenfüllende Diskussion. Die vorliegende Arbeit orientiert sich an der Vorgehensweise nach Früh: Von der Forschungsfrage ausgehend werden die einzelnen Kategorien abgeleitet. „1. Selektion/Reduktion, 2. Bündelung, 3. Generalisierung/Abstraktion und 4. Rückbezug auf Theorie“ (Früh 2011: 73).

Die vorliegende Arbeit wendet die bereits vorgestellte Diskursanalyse nach Konerding unter Berücksichtigung des frameanalytischen Zugriffs an (vgl. Konerding 1993, 2005, 2007, 2008, 2009a):

Der methodische Zugriff über Frames [bietet] ein unvergleichlich starkes und zugleich kohärentes Instrument, um auf der Grundlage einer Operationalisierung von forschungspraktischen Begriffen wie ‚thematische Kongruenz‘, ‚thematische Variation‘, ‚thematische Kontrastierung‘ und ‚thematische Elaboration‘ (Konerding 2007: 124 ff.) die Dynamik einer Diskursentwicklung detailliert zu erschließen und in ihrem Verlauf methodisch kontrolliert zu modellieren. (Konerding 2009a: 172)

Ergänzend dazu werden – wie in Kapitel 2 vorgestellt – diskurslinguistische Überlegungen von Busse (1994, 2013), Warnke (2007, 2008, 2011) und Wengeler (2010) berücksichtigt, um die Forschungsfragen der vorliegenden Untersuchung zu klären. In der nachfolgend dokumentierten Analyse wurde untersucht, wie akteursspezifische Handlungen konstituiert werden und wie Prädikationen die entsprechenden Frameslots füllen. Für „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ wird als höchstes Hyperonym im Sinne der Hyperonymtypenreduktion nach Konerding (1993) das Hyperonym Zustand ermittelt und auf den Matrixframe Zustand (vgl. Konerding 2007) übertragen.

Die Matrixframes dienen – im Sine der Verbalisierungsforschung – als Produktionspläne und Textgerüste für die bereits genannten expositorischen Texte, die das stillschweigende stereotypische Bedeutungswissen zur Darstellung bringen sollen. (Konerding 1993: 283)

In diesem Zusammenhang wurde der Katalog an Detailfragen der Matrix-frames zur Bestimmung der Leerstellen des Matrixframes Zustand bestimmt und daran orientierend die Textkorpora untersucht. Die Leerstellen des Matrixframes Zustand wurden dem von Konerding (1993) aufgestellten Katalog von Detailfragen entnommen, der zur Orientierung und anschließenden Spezifizierung für das forschungspraktische Vorgehen diente.

Über die Detailfragen werden die Slots des Matrixframes Zustand, also das Wissen um das spezifizierte Themen-Konzept „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ als Zustand, über die Codes der Textstellen sichtbar gemacht. Aufbauend auf den methodischen Zugriff von Konerding (1993) werden in dieser Arbeit die Detailfragen im Sinne zur Beantwortung der Forschungsfrage (vgl. dazu Abschnitt 1.3) auf die folgenden kategorienbestimmenden Matrixframe-Slots, angewandt auf das vorliegende Forschungsthema, reduziert:

  1. 1.

    Die Frage nach den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“: Was führt zu dem Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“? Wodurch ist der Zustand bedingt und was hat er als Voraussetzung? In welche übergeordneten Zusammenhänge ist der Zustand einzuordnen? Welche Funktion nimmt der Zustand in diesen Zusammenhängen ein, insbesondere innerhalb der Unternehmensstrategie?

  2. 2.

    Die Frage nach dem Zielzustand, der durch den Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ erreicht werden soll: Welches Bedürfnis soll durch den intendierten Zielzustand erfüllt werden? Welche Ziele werden verfolgt und welcher Zustand wird angestrebt? Welche Motive gibt es für die entsprechende Handlung?

  3. 3.

    Die Frage nach den Eigenschaften von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“: Wie wird der Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement charakterisiert? Wie wird der Zustand von den Unternehmen definiert bzw. eingegrenzt und welche Attribute treten dabei auf? Wie wird nachhaltiges Personalmanagement in der Unternehmenskommunikation modifiziert? Lässt sich eine Veränderung über den Untersuchungszeitraum erkennen?

  4. 4.

    Die Frage nach den Handlungen, die den Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ konkret herbeiführen sollen: Welche Maßnahmen werden ergriffen, um nachhaltiges Personalmanagement zu erreichen? Wie wird „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ durch Handlungen konkret in die Teilprozesse unterteilt, insbesondere durch das Management? Wie werden diese Prozesse umgesetzt?

  5. 5.

    Die Frage nach den Akteuren zu „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“: Wer und aus welchen Gründen beeinflusst das Erreichen des Zielzustands „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“? Wer sind die prominentesten Akteure? Wodurch zeichnen sich die Akteure aus? Sind sie aktive Mitgestalter oder schaffen sie handlungsleitende Systeme in Form von Regularien, die nachhaltiges Personalmanagement begünstigen?

  6. 6.

    Die Frage nach den Folgen und Bewertungen von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“: Welche wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Folgen ergeben sich aus dem Zustand eines nachhaltigen Personalmanagements und wie wird dieser Zustand bewertet?

  7. 7.

    Die Frage nach den Forderungen für die zukünftige Entwicklung von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“: Welche Handlungen werden gefordert, um nachhaltiges Personalmanagement zu erreichen? Welche Forderungen für zukünftiges wirtschaftliches und gesellschaftliches Handeln lassen sich daraus ableiten?

  8. 8.

    Die Frage nach dem Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter innerhalb des Zustands „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“: Welchen Stellenwert nimmt der Zustand für den Menschen und insbesondere den Mitarbeiter ein? Welchen Stellenwert hat „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ im unternehmerischen und gesellschaftlichen Kontext?

Aus diesen Detailfragen und den zugehörigen Makro-Rollen wurden die Analysekategorien in Anlehnung an die Inhaltsanalyse bzw. Grounded Theory für die Kodierung der Textkorpora abgeleitet. Mithilfe der Detailfragen konnten aus dem Datenmaterial die offenen Propositionen über Hyponomiebeziehungen mit Wissen gefüllt werden. Daraus ließen sich die Hauptanalysekategorien – aufbau-end auf der Methode zur Kategorienbildung von Früh (2007) – generieren, die als Haupt-Codes in MaxQDA angewandt und für die zwei untersuchten Textkorpora modifiziert und reduziert wurden (Abbildung 5.1):

Abb. 5.1
figure 1

Hauptanalysekategorien für den Frame Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ für das Unternehmens- und Medientextkorpus

Die untersuchten Textkorpora wurden in Anlehnung an die Hauptanalyse-kategorien kodiert und entsprechend ihrer Relevanz und Wichtigkeit der kodierten Textstellen zueinander in Beziehung gesetzt. Die prominentesten Prädikationen wurden nominalisiert. Die nominalisierten Prototypen der Makro-Rollen bilden die Unter- bzw. Sub-Kategorien.

Die traditionelle Textlektüre bildete bei der Analyse der Unternehmenstexte die Grundlage für die weiterführende Untersuchung mithilfe automatisierter Suchverfahren. Somit hat die Arbeit einen stark induktiven Charakter: Von der intensiven Textlektüre wurden diskurskonstitutive Phänomene herausgearbeitet und vom individuellen Einzelkontext zum Gesamtkontext in Interpretationshypothesen formuliert. Bei dieser induktiven Analyse stehen Sprachgebrauchsmuster im Zentrum. Dieses Vorgehen „bietet […] die Chance, Diskurse nicht nur thematisch zu definieren, sondern ergänzend auch ausdrucksbezogen als Cluster von ähnlichem Sprachgebrauch“ (Bubenhofer 2008: 413). Es folgte die Untersuchung des Hauptthemas und der zugehörigen verschiedenen Unterthemen der jeweiligen Themenentfaltung, denn: „Nach Erkenntnissen der Textproduktionsforschung steuern Themengerüste als Produktionspläne eine differenzierte Textproduktion“ (Konerding 1993: 272). Bei der Analyse der Unternehmenstexte stand die Klärung des Nachhaltigkeitsbegriffs im Personalmanagement sowie der Themen, Akteure und ihrer Standpunkte im Vordergrund. Dabei wurden die Themen nach Oberbegriffen geordnet und hierarchisch gelistet sowie die Bewertungen und Forderungen den Akteuren zugeordnet. Primäres Ziel der Analyse der Unternehmenstexte war es, die Relevanz von nachhaltigkeits- und personalbezogenen Themen aufzuspüren. Diese wurden für die Kategorienbildung entsprechend der in der Wissenschaft angewandten Dreiteilung in Ökologie, Ökonomie und Soziales systematisiert und strukturiert.Footnote 2 Eine detaillierte und vollständige Darstellung der in den Unternehmenstexten herausgearbeiteten Themen findet sich in Abschnitt 5.2. Die in den Unternehmenstexten eruierten zentralen Themen dienten als Vorlage für die Analyse der Medientexte. Diese wurden in MaxQDA klassifiziert und systematisiert. Abbildung 5.2 zeigt exemplarisch eine Auswahl der nominalisierten Prototypen der Makro-Rollen als Unter- bzw. Sub-Kategorien der Medientexte für die Personalentwicklung:

Abb. 5.2
figure 2

Auswahl der nominalisierten Prototypen der Makro-Rollen als Unter- bzw. Sub-Kategorien der Medientexte für die Personalentwicklung

Das Kategoriensystem bestehend aus Hauptanalyse- und Subkategorien ist die Grundlage für die Kodierung des Textkorpus in MaxQDA.Footnote 3 Die Analysekategorien beziehen sich auf die zugehörigen Makro-Rollen. Die kodierten Textstellen können dann den Rollenwerten für die Makro-Rollen, also den Fillern für die Slots, zugeordnet werden.

5.1.2 Kodierung der relevanten Textsegmente

Die Feinanalyse und Kodierung bilden das Herzstück der Diskursanalyse, weil dabei die inhaltliche und formale Gestaltung eines Diskurses herausgearbeitet wird. Im Folgenden werden die zentralen Grundlagen zu den Prinzipien des in der Arbeit angewandten Kodierens geklärt. „Codiert wird die rekonstruierte Bedeutung, nicht die formale Zeichengestalt“ (Früh 2011: 137). Bei der Textanalyse geht es um die Strukturmerkmale von Textmengen im Textkorpus. Nur alle für die Beantwortung der Forschungsfrage relevanten Informationen sind von Bedeutung (vgl. Früh 2011: 82).

In der vorliegenden Arbeit wird „Code“ mit Kategorie gleichgesetzt. Der Begriff „Code“ findet in der Grounded Theory seine Anwendung, wobei darunter das Analysieren, Benennen, Kategorisieren und thematische Einordnen von Textsegmenten verstanden wird (vgl. Kuckartz 2012: 45 ff.). Als Kodiereinheit gelten Aussagen bzw. Textsegmente, die für die Beantwortung der Frame-spezifischen Fragen relevant sind und sich den Hauptanalysekategorien zuordnen lassen. Die in den Texten entsprechend dokumentierbaren relevanten Prädikationen (Rollenwerte bzw. Filler) werden damit den zugehörigen Makro-Rollen (Leerstellen bzw. Slots – den „W“-Stellen der zugehörigen Fragewörter der Fragen) zugeordnet. Die Frame-spezifischen Attribute alias Makro-Rollen definieren die Prädikationstypen, indem die Makro-Rollen durch Nominale semantisch charakterisiert werden und folglich als semantisch-konzeptuelle Markierungen für zu ermittelnde konkrete Füllwerte (Filler) dienen. Diese werden entsprechend der Hyperonymketten-Beziehungen durch nominalisierte Makro-Propositionen der relevanten Textsegmente in der Rolle von Prädikationen den semantisch-konzeptuellen Markierungen zugeordnet. Nach diesem Vorgehen erfolgt die Kodierung der relevanten Textsegmente mithilfe des Programms MaxQDA. Das Ziel des Prozesses ist es, die Frame-spezifischen Fragen für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand zu beantworten.

Die konkrete Umsetzung des analytischen Vorgehens in MaxQDA und zugleich eine zusammenfassende Darstellung des methodischen Ansatzes für die Analyse der Unternehmens- und MedientexteFootnote 4 ist in Abbildung 5.3 dargestellt. Bei der Analyse liegt die Besonderheit darin, zwei Dimensionen miteinander zu verbinden: den Frame Zustand und die thematische Entfaltung entsprechend des Personalzyklus innerhalb eines Unternehmens. Abbildung 5.3 zeigt, wie sich die beiden Dimensionen zusammenführen lassen und daraus die konkrete anwendbare Struktur für die Kodierung des Datenmaterials in MaxQDA ableiten lässt:

Abb. 5.3
figure 3

Kategoriensystem für die Analyse der Unternehmens- und Medientexte in Anlehnung an den Personalzyklus eines Unternehmens

Die Abbildung veranschaulicht schematisch den Zusammenhang zwischen den zwei Untersuchungsaspekten, dem Frame Zustand sowie der thematischen Entfaltung des Untersuchungsthemas. Die Themen und Subthemen in Bezug auf den Personalzyklus innerhalb eines Unternehmens werden mit den Sprachhandlungen verknüpft. Das heißt, die Sprachhandlungen (bspw. Bewertungen und Forderungen) beziehen sich auf thematisch relevante Einheiten (bspw. Ursachen, Handlungen und Folgen). Für die Auswertung des Textkorpus wurden die Themen in den Unternehmens- und Medientexten in MaxQDA in Anlehnung an die oben vorgestellte Frame-Analyse und den Personalzyklus eines Unternehmens kodiert. Abbildung 5.4 zeigt exemplarisch einen kodierten Textabschnitt aus dem Nachhaltigkeitsbericht der Bayer AG (NB 2007).



Abb. 5.4
figure 4

(Quelle: Bayer AG NB 2007: 22)

Beispiel eines kodierten Textabschnitts des Nachhaltigkeitsberichts der Bayer AG

Bei der Kodierung von relevanten Textstellen können mehrere (sub-)thematische Codes kodiert werden. So wird die in Abbildung 5.4 dargestellte Textstelle von mehreren Codes in Bezug auf den Frame Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ kodiert: Erhalt und Steigerung der Innovationsfähigkeit (Slot: Ursachen und übergeordneter Zusammenhang), Nachhaltigkeit eng an positive Zukunftsvisionen geknüpft und Positive Konjunkturaussichten durch nachhaltiges Handeln (Slot: Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter). Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch eine kodierte Textstelle eines Medientexts (Abbildung 5.5).

Abb. 5.5
figure 5

Beispiel eines kodierten Textabschnitts des Medientextes „Frau am Steuer!“ (Die Welt, 19.03.2011)

In der Medientextstelle wird eine Handlung zur Frauenförderung vorgestellt und daher entsprechend kodiert. Außerdem wird die Akteurin „Liza Hassel“, die für Diversity bei der BMW AG verantwortlich ist, kodiert.

5.1.3 Erstellung von Prototypen

Beim dritten Arbeitsschritt wurden die Prototypen gebildet, die für den Diskurs und die Beantwortung der frame- und attributspezifischen Textsegmente relevant und signifikant sind. Relevanzkriterien in nominalisierter Form wurden als Bezeichnungen für die Slots im Matrixframe zu einer diskursrelevanten Handlung aufgefasst. Textsegmente, die Informationen bereitstellen und dazu geeignet sind, die Slots auszufüllen, werden als diskursive Attribut-Spezifikationen verstanden. Folglich beschreibt ein Attribut Elemente in der „thematischen Umgebung“, also im Frame, in dem die semantischen Slots bzw. Makro-Rollen mit Werten ausgefüllt werden (vgl. Konerding 2005, 2007). Sie thematisieren die einzelnen „Dimensionen“ (vgl. Früh 2011) einer Handlung.

Bei der Untersuchung der Unternehmenstexte lag der Fokus auf dem Aufspüren von Nachhaltigkeits- und Personalthemen sowie dem Aufzeigen ihrer Relevanz. Die Hauptthemen zu Nachhaltigkeit wurden entsprechend der Dreiteilung in Ökologie, Ökonomie und Soziales und entsprechend den untersuchten Unternehmen systematisiert. Tabelle 5.1 gibt einen Einblick in die Nachhaltigkeitsthemen, die in den Unternehmenstexten behandelt werden.

Tab. 5.1 Auswahl der nominalisierten Hauptthemen zu Nachhaltigkeit in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Die in Bezug auf Nachhaltigkeit personalrelevanten Themen wurden entsprechend dem frameanalytischen Zugriff für den Frame Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ eruiert. Dabei wurden die in den Unternehmenstexten behandelten Themen – wie oben aufgeführt – in die Hauptanalysekategorien Zusammenhang und Funktion innerhalb der Unternehmensstrategie, Eigenschaften, Zielzustand und Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter systematisiert. Unter Vorgriff auf die Darstellung der Analyseergebnisse in Abschnitt 5.2 und Abschnitt 5.3 geben Tabelle 5.2 und 5.3 einen Überblick über die Hauptanalysekategorien in Bezug auf die Untersuchung der Unternehmenstexte und zeigen eine Auswahl der untersuchungsrelevanten nominalisierten Themen. In der Tabelle ist auch die Anzahl der Codings entsprechend der untersuchten Unternehmen aufgeführt:

Tab. 5.2 Hauptanalysekategorien und Auswahl der nominalisierten (Sub-)Themen des Zustands „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Die in Tabelle 5.2 aufgeführten Themen zeigen die Vorstellungen seitens der Unternehmen, wie der Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ aussehen soll. Mit welchen Handlungen der Zielzustand erreicht werden soll, wird in Tabelle 5.3 dargestellt. Tabelle 5.3 gibt einen Überblick über die Hauptanalysekategorien zur Handlung „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ und zeigt eine Auswahl der nominalisierten Themen in den Unternehmenstexten. Die Systematisierung der Themen erfolgt nach dem Personalzyklus innerhalb eines Unternehmens, das heißt – wie oben aufgeführt – vom Personalmarketing zur Gewinnung von Mitarbeitern bis zur Trennung von Mitarbeitern (vgl. Abb. 5.3: „Kategoriensystem für die Analyse der Unternehmens- und Medientexte in Anlehnung an den Personalzyklus eines Unternehmens.“, S. 109). In der Tabelle ist auch die Anzahl der Codings aufgeführt, geordnet nach den untersuchten Unternehmen:

Tab. 5.3 Hauptanalysekategorien und Auswahl der nominalisierten (Sub-)Themen der Handlungen zu „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Die in den Unternehmenstexten behandelten (Sub-)ThemenFootnote 5 dienten als Vorlage für die Kategorienbildung des Medientextkorpus. In dem Medientextkorpus wurden die kodierten Textsegmente nach Unternehmen, Medium und Jahr analysiert. Die prominentesten Prädikationen wurden nominalisiert, woraus sich die nominalisierten Prototypen der Makro-Rollen und schließlich die Unterkategorien ableiten ließen. Für jeden untersuchten Medientext wurde das Hauptthema kodiert. Die Auflistung der nominalisierten Prototypen der thematischen Entfaltung dieser Hauptthemen ist in Tabelle 5.4 aufgeführt.Footnote 6 Die Systematisierung und Strukturierung erfolgte nach dem Personalzyklus eines Unternehmens und die Hauptthemen sind innerhalb der einzelnen Kategorien nach Signifikanz aufgeführt:

Tab. 5.4 Nominalisierte Hauptthemen in den Medientexten in Bezug auf die untersuchten Unternehmen (1995–2014)

Die Analyseergebnisse zeigen deutlich, dass die Themen Gewinnung von neuen Talenten, Kampf um Talente (57), Frauenförderung (43), Vergütung von Managern, Aufsichtsräten, Vorständen (39), Führungsstil (30) sowie Prämien, Boni, Sonderzahlungen (25) in den Medientexten signifikant behandelt werden und damit die zentralen Trends des medialen Diskurses darstellen. Die Ergebnispräsentation ausgewählter Themen hinsichtlich der Prototypen des Frames Zustand erfolgt für die Unternehmenstexte in Abschnitt 5.2.4 und für die Medientexte in den Abschnitten 5.3.1, 5.3.2 und 5.3.3. Die Präsentation der Analyseergebnisse der Unternehmens- und Medientexte orientiert sich an den aufeinander aufbauenden thematischen Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil.

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die Kategorienbildung für die Themenanalyse der vorliegenden Arbeit erfolgte in Anlehnung an die spezifischen Detailfragen des Frames Zustand und den dazugehörigen Makro-Rollen (vgl. dazu Abschnitt 5.1.1). Die Textstellen wurden als Rollenwerte (Fillers) für die Leerstellen (Slots) den diskursiv zentralen Schlüssel-ausdrücken zugeordnet und als Codes identifiziert. Die Rollenwerte wurden als nominalisierte Prädikationen eruiert, aus denen die Prototypen abgeleitet wurden. Die Analyseergebnisse der Prototypen werden im Folgenden quantitativ und qualitativ vorgestellt. Dabei stehen die Besonderheiten der Unternehmenstexte (Abschnitt 5.2) und Printmedientexte (Abschnitt 5.3) in Bezug auf die Prototypen im Vordergrund. Es werden die Frame-Attribute und deren Prototypen entsprechend ihrer Signifikanz vorgestellt.

Die aus den Unternehmenstexten eruierten Themen sind zentral für die Kategorienbildung der Analyse der Medientexte. Das finale Kategoriensystem zum Frame Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ ist das zentrale Ergebnis der Analyse.Footnote 7 Daraus können unter Berücksichtigung wirtschaftspolitischer Ereignisse (vgl. Abschnitt 5.2 und Abschnitt 5.3) Rückschlüsse auf Themen mit besonderer Relevanz gezogen werden.

5.2 Analyse der Unternehmenstexte

Die theoretischen Ausführungen zur diskursanalytischen Methode (vgl. dazu Kapitel 2) und das forschungspraktische Vorgehen für die vorliegende Untersuchung (vgl. dazu Abschnitt 5.1) zeigen, wie mithilfe der linguistischen framebezogenen Analyse thematische Strukturen in den Unternehmens- und Medientexten eruiert werden können. Die Themenanalyse – und das daraus resultierende Kategoriensystem – der Unternehmenstexte dient nicht nur dazu, die Entfaltung und Entwicklung von unternehmensrelevanten Themen zu untersuchen, sondern bietet auch die Vorlage für die Konstitution des Vergleichskorpus der Medientexte. Das finale Kategoriensystem der Unternehmenstexte (vgl. Tab. 5.2, S. 113, und Tab. 5.3, S. 114) und Medientexte (vgl. Tab. 5.4, S. 117) zum Frame Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ ist das zentrale Ergebnis der Analyse. Um die Entfaltung und Entwicklung von Diskursthemen, die Beziehung von Text- und Subthemen sowie die intertextuellen Kohärenzbeziehungen zu untersuchen, erfolgt ein methodischer Zugriff nach Konerding (2005). Dieser Zugang zum Datenmaterial ermöglicht eine empirisch nachvollziehbare Korpuskonstitution und Analyse der Unternehmens- und Medientexte (vgl. dazu Abschnitt 4.2 und Abschnitt 4.3). Mit der Analyse der Unternehmenstexte soll die erste Forschungsfrage beantwortet werden:

  1. 1.

    Wie wird das Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalbereich“ in den Unternehmen (bzw. Unternehmenstexten) gezeichnet? Welche strittigen Diskurssubthemen existieren in Abhängigkeit von Ereignis, Zeit und Unternehmen? Wie wird Nachhaltigkeit im Personalmanagement definiert und wie soll sie erreicht werden?

In den Unternehmenstexten wurde untersucht, wie das Konzept „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ und dazugehörige Umsetzungsstrategien dargestellt werden. Dafür wurden neben der Untersuchung thematischer Strukturen auch Hintergrundinformationen zu den wirtschaftlichen Aktivitäten und Kennzahlen der ausgewählten Unternehmen – Bayer AG, BMW AG und Siemens AG – ermittelt, um den Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement kontextuell einordnen zu können. In diesem Kapitel werden zuerst die Analyseergebnisse in Bezug auf die Relevanz von Nachhaltigkeits- und Personalthemen in den Unternehmenstexten vorgestellt (5.2.1). Anschließend werden die Themen der personal- und nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte für die linguistische framebezogene Analyse ausführlich präsentiert (5.2.2). Dann wird unter frame-analytischen Aspekten eine detaillierte Darstellung der diskursiven (Sub-)Themen, der Prototypen, des Frames Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ (5.2.3) gegeben, die auch als Vorlage für die Bildung des Kategoriensystems der Medientexte dient. Abschließend folgt die Zusammenfassung der Analyseergebnisse der Unternehmenstexte (5.2.4).

5.2.1 Relevanz von Nachhaltigkeits- und Personalthemen

Die Ergebnisse der Analyse der Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte zeigen, dass die Relevanz des Nachhaltigkeitsaspekts und personalrelevanter Fragestellungen innerhalb des Untersuchungszeitraums auffallend zunimmt. Bei der Annotation der Unternehmenstexte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wurden insgesamt 13.621 Kodierungen vorgenommen. Die Analyseergebnisse der relevanten Nachhaltigkeits- und Personalthemen werden zuerst von allen Unternehmen und anschließend kontrastiv von der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG aufgeführt.

Für die Untersuchung der Daten der BMW AG, Bayer AG und Siemens AG ist die Überlappung von personal- und nachhaltigkeitsrelevanten Themen interessant. Die folgenden Abbildungen zeigen graphisch die signifikante Zunahme der Überlappung der Themen, indem sie den Anstieg der kodierten Textstellen in den Unternehmenstexten über den Untersuchungszeitraum zeigen.

Abb. 5.6
figure 6

Überblick über die Anzahl der kodierten nachhaltigkeits- und personalrelevanten Textstellen sowie deren Überlappung in den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Abbildung 5.6 zeigt die Zunahme von nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen in den Unternehmenstexten und belegt damit zudem die erhebliche Relevanz der vorliegenden Untersuchung. Im Folgenden werden die unternehmensspezifischen Charakteristika der Analyse vorgestellt. In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG lässt sich über den Untersuchungszeitraum hinweg eine Zunahme der Behandlung von nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen feststellen. Während im Nachhaltigkeitsbericht 2004 dem Thema „Mitarbeiter“ kein eigenes Kapitel vorbehalten ist und es nur kurz im Themenfeld „Ökologisches“ (Bayer AG NB 2004: 18) sowie im Unterkapitel unter „Gesellschaftliches Engagement“ genannt wird (Bayer AG NB 2004: 29), erhalten Mitarbeiter bereits im Jahr 2005 ein eigenes Kapitel, „Mitarbeiter und Gesellschaft“ genannt (Bayer AG NB 2005). Auffällig ist in den Berichten, dass die Nachhaltigkeitsterminologie nicht konsistent eingesetzt wird. So wird beispielsweise Diversity mit Chancengleichheit synonym verwendet (Bayer AG NB 2007), obwohl unter Diversity viel mehr als nur Chancengleichheit verstanden wird. Aus Abbildung 5.7 ist ersichtlich, welchen Stellenwert die Personalpolitik in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bayer AG einnimmt. Daraus lässt sich ableiten, dass wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen die Bedeutung nachhaltigen Handelns im Bereich des Personalmanagements für sich erkannt haben.

Abb. 5.7
figure 7

(Quelle: Bayer AG NB 2012: 9)

Nachhaltigkeitsstrategie der Bayer AG

Positiv ist das Engagement der Bayer AG in Bezug auf das Darstellen der Mitarbeiterthemen in ihrer Unternehmenskommunikation zu erwähnen und soll daher an dieser Stelle näher beleuchtet werden. Besonders hervorzuheben ist im Nachhaltigkeitsbericht 2010 der Bayer AG, dass Mitarbeiter häufig als „Partner“ definiert werden und die sexuelle Selbstbestimmung als Menschenrecht betont wird (vgl. Bayer AG NB 2010). Im Nachhaltigkeitsbericht 2011 finden „Leuchtturm-Projekte“ in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Klimaschutz besondere Erwähnung, was sicherlich mit einem starken Fokus auf die Außenwirkung durch gesellschaftliches Engagement zu erklären ist (vgl. Bayer AG NB 2011). Die gesellschaftliche und soziale Dimension bei der Bayer AG wird besonders anschaulich im Nachhaltigkeitsbericht 2007 zum Thema Kinderarbeit ausgedrückt. Positiv zu bewerten ist nicht nur das Nennen der Ziele, sondern auch das Vorstellen des Maßnahmenkatalogs und der Kontrollmechanismen.

UT3::

Auch in Bezug auf Kinderrechte ist unsere Position eindeutig: Wir dulden keine Kinderarbeit und gehen konsequent gegen Verstöße vor. In manchen Ländern, z. B. in Indien, ist Kinderarbeit leider immer noch verbreitet. Seit Bayer mit dem Erwerb von Aventis CropScience auch das zugehörige Saatgutgeschäft übernommen hat, sind wir mit der Herausforderung konfrontiert, Kinderarbeit in der Saatgutproduktion in Indien zu bekämpfen. Kurz nach der Übernahme haben wir deshalb gemeinsam mit verschiedenen Partnern zunächst in der Baumwollsaatgutproduktion begonnen, Maßnahmen gegen Kinderarbeit einzuleiten. Im Jahr 2007 haben wir hier ein mehrstufiges Aktionsprogramm gestartet: Neben einer umfassenden Überwachung der gesamten Baumwollsaatgutproduktion investieren wir in die Aufklärung der Eltern, Kinder und Dorfgemeinschaften und fordern ein klares Bekenntnis unserer Produzenten ein: Jeder Bauer muss sich vertraglich verpflichten, keine Kinder als Arbeitskräfte einzusetzen. Verstöße werden konsequent geahndet; die Maßnahmen reichen von einer mündlichen Verwarnung bis hin zur Vertragskündigung. Gleichzeitig wird Produktion ohne Kinderarbeit von uns öffentlich honoriert: Wir zahlen nach jeder Pflanzsaison einen Bonus, der die Einhaltung der Verträge honoriert. (Bayer AG NB 2007: 71)

Die folgenden Abbildungen zeigen einen signifikanten Anstieg der Behandlung von nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen in den Unternehmenstexten der Bayer AG. In den Nachhaltigkeitsberichten ist im Untersuchungszeitraum eine stetige Behandlung von nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen abzulesen, was sich damit erklären lässt, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Vergleich zur Geschäftsberichterstattung jung ist und sie sich durch nachhaltigkeitsrelevante Themen, auch in Bezug auf Mitarbeiter, auszeichnet (Abbildung 5.8 und 5.9).

Abb. 5.8
figure 8

Überblick über die Anzahl der kodierten nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen sowie deren Überlappung in den Geschäftsberichten der Bayer AG (1995–2014)

Abb. 5.9
figure 9

Überblick über die Anzahl der kodierten nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen sowie deren Überlappung in den Nachhaltigkeitsberichten der Bayer AG (1995–2014)

Nach der Darstellung der zunehmenden Relevanz von Nachhaltigkeits- und Personalthemen in den Unternehmenstexten der Bayer AG wird im Folgenden näher auf die Bedeutung dieser Themen in der Unternehmenskommunikation der BMW AG eingegangen. Die BMW AG informiert seit 1997 alle zwei Jahre in einem „Umweltbericht“ über nachhaltige Strategien des Unternehmens. Im Jahr 2001 entstand der „Sustainable Value Report“, der einem Nachhaltigkeitsbericht entspricht. Darin wird die nachhaltige Unternehmensstrategie in Bezug auf das Personalmanagement und das soziale Engagement vorgestellt. Dieser Bericht, „Umwelt, Wirtschaft, Soziales: Wege der Zukunftsfähigkeit“ genannt, fokussiert hauptsächlich den Bereich „Mobilität“. Ziel der BMW AG ist es, nachhaltige Produkte mit einem geringen Kraftstoffverbrauch zu entwickeln, denn gerade in Zeiten hoher Kraftstoffpreise soll das Interesse der Käufer am Fahren bestehen bleiben. Folglich steht Umweltschonung mit hohem Fahrkomfort im Zentrum. Das Definieren von langfristigen Nachhaltigkeitszielen in Bezug auf Mitarbeiter ist für die Unternehmenskommunikation der BMW AG charakteristisch, wie in Abbildung 5.10 dargestellt:

Abb. 5.10
figure 10

(Quelle: BMW AG NB 2014: 13)

Nachhaltigkeitsziele der BMW AG

Nicht nur bei potenziellen Kunden sollen die Nachhaltigkeitsberichte beeindrucken. Im Ranking der Nachhaltigkeitsberichte (2015) wird der BMW AG der beste Bericht mit ihrem „Sustainable Value Report 2014“ zugesprochen. Bereits im Jahr 2011 war die BMW AG mit ihrem Bericht der Gewinner des Wettbewerbs, da das Unternehmen mit einer hohen Qualität der Darstellungen über das gesamte Themenspektrum zu Nachhaltigkeit punktet (vgl. Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2015: 18). In dem Bericht werden Ziele, Managementansätze und konkrete Maßnahmen vorgestellt und diese mit Kennzahlen belegt. Im Bewertungsjahr überzeugt der „Sustainable Value Report 2014“ zudem im Ranking der Nachhaltigkeitsberichte (2015) und erhält in der Kategorie der Interessen der Mitarbeiter in der Personalpolitik die beste Bewertung aller teilnehmenden Unternehmen, da konkrete Aussagen zu Leitlinien und Strukturen gemacht werden. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies, dass umfassend über die Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitmodelle informiert wird. Die Aussagen werden mit Daten belegt und sind leserfreundlich in einem interaktiven PDF-Dokument aufbereitet (vgl. Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2015: 18).

Auffällig ist, dass sich die Berichte zu Beginn des Untersuchungszeitraums durch einen Nominalstil auszeichnen, der durch die damit erzielte Reduktion syntaktischer Komplexität eine hohe Informationsdichte aufweist (vgl. BMW AG NB 2001/2002, BMW AG NB 2003/2004). Allerdings gilt der Nominalstil als weniger lebendig und die Lesbarkeit leidet darunter. Aktuellere Berichte sind im Verbalstil verfasst, was beispielsweise auch schon die folgenden Titel illustrieren: „Wert schaffen“ (vgl. BMW AG NB 2012) und „Zusammen wirken“ (BMW AG NB 2013). Dieser Stil lässt die Berichte prozess- und aktivitätsbezogener sowie expliziter erscheinen, was den Lesefluss beschleunigt.

Ein weiteres Charakteristikum der Nachhaltigkeitsberichte der BMW AG ist die Betonung der Wichtigkeit von nachhaltigem Handeln und der Wichtigkeit des Zusammenhangs zwischen nachhaltigem Handeln und dem Erfolg des Unternehmens. So lauten die Kapitel in den Nachhaltigkeitsberichten der BMW AG wie folgt: „BMW: Nachhaltiges Wirtschaften bringt langfristigen Erfolg“ (BMW AG NB 2001/2002) und „1.0 Nachhaltig denken. Verantwortungsvoll handeln.“, „Dauerhaft erfolgreich sein“ sowie „1.1 Wirtschaftlicher Erfolg und Verantwortung“ (BMW AG NB 2003/2004). Im Nachhaltigkeitsbericht 2003/04 werden die Orientierung an der GRI sowie die Themen Menschenrechte und Soziales zu Beginn genannt (vgl. BMW AG NB 2003/2004). In den Kapiteln „1.2 Dialog schafft Vertrauen“ (BMW AG NB 2003/2004) und „Verantwortung wahrnehmen“ (BMW AG NB 2005/2006) werden das Vertrauenskonzept und damit einhergehend die Verantwortungskonzeption gegenüber den Stakeholdern betont. Außerdem wird das gesellschaftliche Engagement sehr ausführlich dargestellt, beispielsweise in zahlreichen unterschiedlichen Projekten im In- und Ausland (vgl. BMW AG NB 2003/2004). Hier ist gesellschaftliches Engagement speziell für Jugendliche zu nennen, denen das Prinzip „Clean Energy“ vermittelt werden soll. Darüber hinaus finden sich in dem Bericht sehr detaillierte Informationen zur Auswahl der Lieferanten (vgl. BMW AG NB 2003/2004). Besonderheiten des Nachhaltigkeitsberichts 2010 sind die ausführliche Darstellung der Vergütungssysteme und flexiblen Arbeitszeitmodelle sowie die Kategorie „Ausgezeichnetes in …“ (BMW AG NB 2010), in denen in Kästen am Seitenrand auf herausragende Punkte ihrer Arbeit hingewiesen wird (vgl. BMW AG NB 2010). Im Nachhaltigkeitsbericht 2012 ist das Kapitel zu den Mitarbeitern sehr ausführlich dargestellt, das gesellschaftliche Engagement ist sehr detailliert unterteilt und dem Lieferantenmanagement wird ein eigenes Kapitel gewidmet (vgl. BMW AG NB 2012). Der Nachhaltigkeitsbericht 2013 zeichnet sich durch viele Grafiken und die Darstellung des Dialogs mit den politischen Entscheidungsträgern aus. Er ist der umfangreichste Nachhaltigkeitsbericht der BMW AG im Untersuchungszeitraum. In den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der BMW AG ist der Anstieg von personalrelevanten Themen signifikant messbar (Abbildung 5.11 und 5.12):

Abb. 5.11
figure 11

Überblick über die Anzahl der kodierten nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen sowie deren Überlappung in den Geschäftsberichten der BMW AG (1995–2014)

Abb. 5.12
figure 12

Überblick über die Anzahl der kodierten nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen sowie deren Überlappung in den Nachhaltigkeitsberichten von der BMW AG (1995–2014)

Wie bei der Bayer AG und der BMW AG lässt sich auch bei der Siemens AG im Untersuchungszeitraum eine bedeutende Zunahme der nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen feststellen. In den Unternehmenstexten sind ebenfalls Besonderheiten auszumachen. Eine Besonderheit der Berichte besteht in den Titeln der Unternehmenstexte, in denen zentrale Schlüsselwörter genannt werden, beispielsweise „Siemens AG: Verantwortung für die Zukunft. Corporate Responsibility Report 2003“ (Siemens AG CRR 2003). Eine weitere Besonderheit ist das Ausmaß, in dem über nachhaltigkeitsrelevante Themen informiert wird. So sind die Berichte durch eine im wechselseitigen Vergleich stark variierende Anzahl von Seitenumfängen gekennzeichnet, was den vermeintlichen Einbruch nachhaltigkeits- und personalrelevanter Themen im Bericht 2005 erweckt. Dabei handelt es sich jedoch um einen insgesamt kurzen Bericht; hier sind ebenfalls entsprechende Personal- sowie Nachhaltigkeitsthemen relevant. Das Thema „Vielfalt“ nimmt eine große Bedeutung ein und wirkt sich auf viele Personalmanagement-Bereiche aus.

Die Siemens AG betont in den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten, dass sich das nachhaltige Wirtschaften eines Unternehmens positiv auf die Personalgewinnung auswirkt. In diesem Zusammenhang werden auch die Schlüsselwörter „Verantwortung, Mega-Trends, Wachstum und Effizienz“ (Siemens AG CRR 2005 und Siemens AG CRR 2006) aufgeführt. Besonders eindrücklich ist die Verwendung des Schlüsselworts „Verantwortung“, wie aus Abbildung 5.13 ersichtlich wird:

Abb. 5.13
figure 13

(Quelle: Siemens AG CRR 2002: 2)

Gliederung des Corporate Responsibility Reports der Siemens AG

Im Geschäftsbericht 1998 der Siemens AG wird „nachhaltig“ lediglich im Sinne von langfristigem und erfolgreichem wirtschaftlichen Handeln thematisiert, ebenso in den Geschäftsberichten aus den Jahren 1999 und 2000. Im Geschäftsbericht 2000 wird erstmals Vielfalt als Thema aufgeführt. Im Jahr 2002 erfolgt im Geschäftsbericht die Etablierung des „Code of ethics“ (vgl. Siemens AG GB 2002) und es erscheint auch der erste Nachhaltigkeitsbericht. Im Geschäftsbericht 2007 der Siemens AG erfolgt das erste Mal ein expliziter Dank an die Mitarbeiter: Nicht nur die Produkte werden gelobt, sondern auch deren Hersteller. Außerdem werden häufig die Ermittlungen gegen eigene Mitarbeiter bei Fehlverhalten im Rahmen von Corporate Governance erwähnt. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in den Berichten immer mehr an Bedeutung: So wird im Geschäftsbericht 2009 der Begriff „nachhaltig“ mehr als 190 Mal genannt (vgl. Siemens AG GB 2009). Diese Nennungen sind zwar nicht alle unmittelbar personalrelevant, belegen aber dennoch die Zunahme der Bedeutung von nachhaltigkeitsrelevanten Themen. Im Jahr 2013 werden der Geschäfts- und der Nachhaltigkeitsbericht erstmals miteinander zu einem Jahresbericht kombiniert (Abbildung 5.14 und 5.15).

Abb. 5.14
figure 14

Überblick über die Anzahl der kodierten nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen sowie deren Überlappung in den Geschäftsberichten der Siemens AG (1995–2014)

Abb. 5.15
figure 15

Überblick über die Anzahl der kodierten nachhaltigkeits- und personalrelevanten Themen sowie deren Überlappung in den Nachhaltigkeitsberichten der Siemens AG (1995–2014)

Die Untersuchung der personal- und nachhaltigkeitsrelevanten thematischen Behandlung in der Unternehmenskommunikation aller Unternehmen ergibt, dass diese Themen am stärksten in den Nachhaltigkeitsberichten behandelt werden. Ein weiteres zentrales Ergebnis der Untersuchung ist, dass eine stetige Zunahme der Behandlung nachhaltigkeits- und personalrelevanter Themen in den Geschäftsberichten erfolgt. Besonders auffällig dabei ist der Anstieg in den Jahren 2008 und 2009. Ein möglicher Grund ist die Finanzkrise, die ihren Höhepunkt in Deutschland in diesen Jahren erreicht. In den Geschäftsberichten werden zwar personalrelevante Themen diskutiert, allerdings sind die Daten stark auf Bilanzdaten, wie Löhne und Ausgaben, ausgelegt (vgl. BMW AG GB 2005 und Siemens AG CRR 2006).

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Aus der Analyse zur Relevanz von personal- und nachhaltigkeitsrelevanten Themen geht hervor, dass in den Unternehmenstexten diverse nachhaltigkeitsrelevante Themen behandelt wurden. Es wurden ökologische Aspekte wie Kohlendioxid-Emissionen oder der Energieverbrauch, ökonomische Gesichtspunkte wie Corporate Governance und soziale Themen wie die Mitarbeiterpolitik, Managementsysteme und Unternehmensführung aufgeführt. Auch hier lässt sich eine Zunahme der Behandlung personalrelevanter Themen erkennen. Während beispielsweise in den Berichten aus den ersten Jahren des Untersuchungszeitraums Mitarbeiter lediglich in wenigen Kapiteln, insbesondere in Bezug auf Bilanzen, aufgeführt wurden, entstanden in den folgenden Jahren eigene Kapitel zu den Themen Mitarbeiter und Soziales, was die zunehmende Bedeutung dieser Themen für die Unternehmen unterstreicht.

Weiterhin zeigt die Analyse, dass den Mitarbeitern große Anerkennung in den Nachhaltigkeitsberichten entgegengebracht wird. Besonders hervorzuheben ist, dass in den Geschäftsberichten der Bayer AG lediglich Kennzahlen zu Mitarbeitern oder Informationen zur Corporate Governance gegeben werden. Vereinzelt wird auf nachhaltigkeitsrelevante Themen eingegangen. Allerdings wird diesen Themen kein eigenes Kapitel oder Vergleichbares gewidmet, sondern sie werden als positive Nebeneffekte wirtschaftlichen Handelns erwähnt. Eine sehr ausführliche Darstellung der einzelnen Bereiche von Nachhaltigkeit findet sich hingegen in den Nachhaltigkeitsberichten der BMW AG.

In den Nachhaltigkeitsberichten der Unternehmen ist auffällig, dass Nachhaltigkeit häufig von den Unternehmen selbst definiert wird. Besonders stark wird dabei thematisiert, welchen wirtschaftlichen Mehrwert Nachhaltigkeit dem Unternehmen bietet und welche Maßnahmen für erfolgreiches Wirtschaften daraus abgeleitet werden können (vgl. BMW AG GB 2012). Aber auch Definitionen und konkrete Maßnahmen zur Mitarbeitergewinnung, -entwicklung und -bindung werden aufgeführt.

Nach der Darstellung der Analyseergebnisse der relevanten Nachhaltigkeits- und Personalthemen in den Unternehmenstexten wird im Folgenden auf die diversen Themen zu Nachhaltigkeit und Personal detailliert eingegangen. Besonders häufig sind personalrelevante Themen in Form von Bilanzdaten, Übersichten zu Lohnausgaben und zur Zusammensetzung der Belegschaft aufgeführt. Ein weiterer großer Aspekt sind Pensionszahlungen. Da es sich bei der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG um große internationale Unternehmen handelt, ist das Thema Pensionszahlungen mit den damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen von besonderer Wichtigkeit für die Unternehmen. Über den Untersuchungszeitraum werden zunehmend personalrelevante Themen in den Geschäftsberichten behandelt, die Teil eines nachhaltigen Personalmanagements sind. Dazu zählt die Förderung von Frauen sowie von Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung. Auch die Behandlung von Themen zur Mitarbeiterentwicklung nimmt über den Untersuchungszeitraum zu. Dies umfasst beispielsweise die Förderung von Fach- und Führungskräften sowie die Entsendung hoch qualifizierter Mitarbeiter ins Ausland (vgl. BMW AG GB 2008).

5.2.2 Nachhaltigkeitsrelevante Themen in den Unternehmenstexten

In diesem Teil des Analysekapitels werden die Themen vorgestellt, die bei der Analyse der Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG herausgearbeitet wurden. Von dem Thema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ wurden Schlüsselbegriffe und Ausdrücke mit besonderer Prominenz abgeleitet, die den Untersuchungsgegenstand wiedergeben. Die untersuchungsrelevanten Themen der Unternehmenstexte liefern zum einen wichtige thematische Einblicke in das Personalmanagement der Unternehmen und sind außerdem zentral für die Korpuskonstitution der Medientexte.Footnote 8

Die folgende Darstellung des Code-SystemsFootnote 9 zu Nachhaltigkeit soll einen schnellen und nachvollziehbaren Überblick zur Themenvielfalt des Nachhaltigkeitsbegriffs der Unternehmenstexte geben. Wichtig bei der Themenanalyse sind das Wiederaufnahmeprinzip und die Themenhierarchie, also die Differenzierung von Haupt- und Nebenthema. In diesem Zusammenhang sind die Identifikation und Klassifikation der relevanten Themen und der zugehörigen Akteure zentral. In den untersuchten Unternehmenstexten wurden untersuchungsrelevante ausdrucksseitig vorhandene Ausdrücke herausgearbeitet. Unternehmensspezifische Besonderheiten werden anhand von Textbeispielen aus den Unternehmenstexten aufgezeigt. Besonders auffällig in der Analyse ist, dass der Nachhaltigkeitsbegriff nicht nur im personalrelevanten Kontext, also in Bezug zur zugrundeliegenden Forschungsfrage der Arbeit, auftritt, sondern auch in anderen Themenfeldern. Diese verschiedenen Kontexte der Verwendung des Nachhaltigkeitsbegriffs in den Unternehmenstexten werden zur vollständigen Darstellung der Analyseergebnisse in Tabelle 5.5 aufgeführt.

Tab. 5.5 Allgemeine Verwendung des Nachhaltigkeitsbegriffs in den Unternehmenstexten

Die für die Analyse der Unternehmenstexte relevanten Äußerungen wurden entsprechend der Dreiteilung des Nachhaltigkeitsbegriffs in den Kategorien Ökologie, Ökonomie und Soziales systematisiert und strukturiert.Footnote 10 Um den Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement zu untersuchen, ist es unumgänglich, die nicht-personalrelevanten Aspekte des Nachhaltigkeitsbegriffs aufzuführen, um ein holistisches Verständnis des Nachhaltigkeitsbegriffs im Personalmanagement zu erhalten und diesen in der Nachhaltigkeitsdebatte einordnen zu können. Daher wird im Folgenden neben Gründen der Vollständigkeit und Relevanz der Bedeutung nachhaltigkeitsrelevanter Themen in den untersuchten Unternehmensberichten das Code-System Nachhaltigkeit inklusive der prominenten Themen aufgeführt. Erwähnenswert ist, dass einige Berichte Kennzahlen zum Nachhaltigkeitsbegriff aufweisen, die sich konkret auf einzelne Punkte nachhaltigen Handelns beziehen. Allerdings ist das nicht immer der Fall, da sich auch leere, floskelhafte Worthülsen finden lassen, die nicht zu dem in Kapitel 3 vorgestellten Nachhaltigkeitsbegriff zählen. Umso interessanter sind die annotierten Textstellen, in denen konkrete Inhalte und Maßnahmen zum Nachhaltigkeitsbegriff vorgestellt werden. Tabelle 5.6 zeigt die Codes und Anzahl der relevanten kodierten Textstellen (Codings) bezüglich der Behandlung nachhaltigkeitsrelevanter Themen nach der Dreiteilung in Ökologie, Ökonomie und Soziales. Die Analyse der nachhaltigkeitsrelevanten Themen in den Unternehmenstexten orientiert sich an der Dreiteilung von Nachhaltigkeit.

Tab. 5.6 Codes zu Nachhaltigkeit und Anzahl der Codings in den Unternehmenstexten

Tabelle 5.6 gibt einen Überblick über die prominenten Codes zu Nachhaltigkeit und ihren unternehmensspezifischen Besonderheiten. Besonders herausragende Themen sind im Bereich Ökologie der Umgang mit Ressourcen und Energieverbrauch und -effizienz sowie der Klima- und Artenschutz. Im Bereich Ökonomie sind die Produkte sowie Innovationen und Produktionswege von besonderer Relevanz. Besonders prominente Themen sind im Bereich Soziales das Gesellschaftliche Engagement und Corporate Citizenship sowie die Lieferanten und Partner, Korruptionsbekämpfung.

Was die Unternehmen anbelangt, so sind bei der Bayer AG die Themen Nachhaltige Landwirtschaft und Nachhaltiges Investment und bei der BMW AG Nachhaltige Mobilität, Innovationen und Produktionswege sowie Gesellschaftliches Engagement und Corporate Citizenship signifikant. Bei der Siemens AG sind der Klima- und Artenschutz, der Umgang mit Ressourcen und Energieverbrauch und -effizienz, Stadtentwicklung sowie Produkte und Lieferanten von besonderer Bedeutung.

Im Folgenden werden die unternehmensspezifischen Besonderheiten anhand von Textbeispielen aus den Unternehmensberichten aufgezeigt. Interessant ist, dass Natur- und Umweltprojekte häufig in Kombination mit gesellschaftlichem Engagement aufgeführt werden, insbesondere bei der Bayer AG. Die folgende Abhandlung orientiert sich an der oben aufgeführten tabellarischen Darstellung. Zuerst wird auf die Themen im Bereich Ökologie, dann im Themenfeld Ökonomie und abschließend im Bereich Soziales eingegangen. Das untersuchungsrelevante Thema „Personal“ in Bezug auf Nachhaltigkeit in den Unternehmenstexten wird detailliert in Abschnitt 5.2.3 vorgestellt.

Ö kologie

Ein erster großer Aspekt der nachhaltigkeitsrelevanten Themen bezieht sich auf den Bereich Ökologie. Darunter sind unterschiedliche Subcodes gelistet, die im Folgenden inhaltlich vorgestellt werden. Zum Thema Ökologie werden in den Texten allgemeine Aussagen getroffen, die nicht unmittelbar mit konkreten Vorstellungen oder Maßnahmen zum Nachhaltigkeitsbegriff in Beziehung stehen:

UT4::

Das BMW Werk Leipzig kann also atmen, ohne vorher erst einmal tief Luft holen zu müssen. Auch das ist Nachhaltigkeit, wie sie die BMW Group versteht. (BMW AG GB 2004)

UT5::

Energieeffizienz und Umweltschutz spielen für Investoren, die sich auf nachhaltige Investments spezialisiert haben, eine wichtige Rolle. (Siemens AG GB 2008)

Beim Klima- und Artenschutz gehen die Unternehmen auf den Klimawandel und seine Folgen ein. Es werden Maßnahmen aufgezeigt, wie dem Klimawandel begegnet werden kann:

UT6::

Bayer berücksichtigt in seiner Strategie den Klimawandel als ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Herausforderung. Das 2007 initiierte Bayer-Klimaprogramm wurde 2009 zu einer der wesentlichen Säulen des Bayer-Nachhaltigkeitsprogramms: Wir überprüfen die Energieeffizienz unserer Prozesse, bieten Lösungen für den Klimaschutz und die Bewältigung der Folgen des Klimawandels. Auch 2011 wurden wir aufgrund unserer hohen Transparenz in der Berichterstattung erneut in den „Carbon Disclosure Leadership Index“ (cdli) aufgenommen, in diesem Jahr branchenübergreifend als weltweit eines der vier besten Unternehmen. Aufgrund unserer Anstrengungen zur co2-Reduktion wurde Bayer darüber hinaus in den „Carbon Performance Leadership Index” (cpli) mit Prädikat „a“ aufgenommen. (Bayer AG GB 2011)

Zudem werden Programme zum Erhalt des Artenschutzes und der Artenvielfalt vorgestellt. Es werden auch die Auswirkungen der Aktivitäten der einzelnen Standorte auf die Artenvielfalt genannt und Projekte, die diese unterstützen:

UT7::

Siemens hat an seinen eigenen Standorten Einfluss auf Natur und Arten. Im Berichtsjahr haben wir eine Studie durchgeführt, in der ermittelt wurde, durch welche Aktivitäten unter Betrachtung des Kostenaspekts der Natur- und Artenschutz auf Siemens-Flächen gefördert werden kann. Ziel ist es, diese Erkenntnisse in das Gestalten und Betreiben von Standorten einfließen zu lassen. An unserem Standort Anhangüera in Brasilien unterhalten wir zum Beispiel ein großes Schutzgebiet im atlantischen Regenwald mit Naturlehrpfad. Auch unsere Mitarbeiter engagieren sich für den Natur- und Artenschutz, indem sie beispielsweise an unseren Standorten Flächen entsiegeln, renaturieren, das Mikroklima verbessern oder den Artenschutz unterstützen. (Siemens AG NB 2012)

Weitere Themen im Bereich Ökologie sind der Umgang mit Ressourcen sowie der Energieverbrauch und die -effizienz. Dabei wird zwischen den Subcodes Infrastruktur, Sicherheit, Stadtentwicklung, Transportlogistik, Nachhaltige Landwirtschaft und Nachhaltige Fahrzeuge unterschieden. Zum Umgang mit Ressourcen werden Maßnahmen und Produktionswege vorgestellt, die eine Ressourcenreduzierung bzw. einen Ersatz durch umweltfreundliche Ressourcen vorsehen. Außerdem werden Mitarbeiter in Schulungen für diese Themen sensibilisiert, damit die Ideen und Innovationen in dem Bereich umgesetzt werden können. Im Bereich Energieverbrauch und -effizienz werden ebenso Maßnahmen vorgestellt, die das Unternehmen entwickelt, um Risiken sowie Einsparpotenziale des Energieeinsatzes und der -nutzung zu erkennen und anzuwenden. Besonders auffällig ist das Aufzeigen des Nutzens erneuerbarer Energien, die mit der konventionellen Energienutzung verglichen werden. Außerdem wird die Entwicklung von innovativen Produkten vorgestellt, beispielsweise im Bereich Infrastruktur oder Transportlogistik, um den Energieverbrauch zu senken. Auch in diesem Bereich werden die Mitarbeiter sensibilisiert und geschult. Die folgenden Beispiele illustrieren diese Aspekte:

Umgang mit Ressourcen:

UT8::

Im Geschäftsjahr 2012 haben wir beim direkten Energieverbrauch einen Rückgang von ungefähr 50 % und beim indirekten Energieverbrauch von 24 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Der Verbrauchsrückgang ist zum größten Teil auf die nicht mehr berichteten Anteile von OSRAM zurückzuführen. Zum Rückgang beigetragen hat zudem das Siemens-Umweltprogramm »Serve the Environment«, mit dem unter anderem die Energieeffizienz verbessert wurde. Beispielsweise hat Siemens Real Estate (SRE) an ausgewählten Standorten Einsparpotenziale realisiert, die im Berichtsjahr mehr als 4,5 Mio. € pro Jahr an verringerten Energiekosten und rund 17.000 Tonnen an eingesparten CO2-Emissionen ausgemacht haben. (Siemens AG NB 2012)

Stadtentwicklung:

UT9::

Eine nachhaltige Stadt schafft es, ihre differenzierten Ansätze in den Bereichen Wasser, Energie, Müllentsorgung und Transport in einer ganzheitlichen Strategie zu bündeln, um so ihren urbanen Herausforderungen gerecht zu werden. Dabei ist es sehr hilfreich, wenn unsere Partner in der Industrie eine zentrale Anlaufstelle bereitstellen, so wie Siemens dies mit der Einrichtung des City-Account-Managements getan hat. (Siemens AG GB 2011)

Nachhaltige Fahrzeuge:

UT10::

Mit dem Technologiepaket Efficient Dynamics senken wir seit Jahren die CO2-Emissionen unserer Fahrzeuge. Seit 2013 ergänzt der rein elektrisch angetriebene BMW i3 die Fahrzeugflotte der BMW Group. Mit der zunehmenden Elektrifizierung, auch im Rahmen der Hybridtechnologie, werden wir weiterhin eine führende Rolle bei der Verringerung von CO2-Emissionen und Kraftstoffverbrauch einnehmen. Diese Technologien bilden einen wesentlichen Grundstein zur Erfüllung der zukünftigen gesetzlich vorgegebenen CO2- und Verbrauchsgrenzwerte. (BMW AG GB 2013)

In den Texten werden ebenfalls die Themen Natur- und Umweltschutz sowie Emissionen behandelt. Dabei wird auf konkrete Maßnahmen und Programme zum Erhalt des Naturschutzes sowie die Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf die Natur eingegangen, beispielsweise in Form von Naturschutzprojekten:

UT11::

Umwelt- und Naturschutz haben bei Bayer seit langem eine sehr hohe Bedeutung. Als international produzierendes Unternehmen sehen wir es als wesentlichen Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung, uns für den sorgfältigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen sowie den Schutz von Umwelt und Natur zu engagieren. (Bayer AG GB 2009)

Was die Emissionen anbelangt, werden hauptsächlich Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen präsentiert. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung von besonderen Produkten, beispielsweise der Kraftstoffverbrauch von neuen Autos bei der BMW AG. Auch in diesem Bereich wird das Bewusstsein der Mitarbeiter dafür geschärft und sie werden dementsprechend weitergebildet:

UT12::

BAUSTEINE EINER EMISSIONSFREIEN MOBILITÄT

Die BMW Group hatte vor über einem Jahrzehnt die Vision, die Wettbewerbsfähigkeit aller Modelle langfristig zu sichern und die effizientesten und dynamischsten Fahrzeuge anzubieten.

Damit rüstet sich BMW für veränderte Rahmenbedingungen (Entwicklung der Metropolen/Megacitys, gesetzliche Vorgaben, Ressourcenknappheit etc.) und passt sich dem stetigen Wertewandel an.

Efficient Dynamics ist das Bestreben, bei jedem Fahrzeug des Unternehmens das effizienteste Gesamtfahrzeugkonzept sowie das intelligenteste Energiemanagement bestmöglich zu gewährleisten.

  • Revolutionäre Leichtbaukonzepte und die Industrialisierung neuer Werkstoffe wie CFK sowie der Wiederverwertung von recyceltem Material

  • Optimale Aerodynamik durch Nutzung des hauseigenen Aerodynamischen Versuchszentrums, eines der modernsten Windkanäle der Welt

  • Intelligentes Management aller Energieströme im Fahrzeug und die konsequente Nutzung von Fahrerassistenzsystemen zur optimalen Nutzung von Energie über alle Modellreihen (BMW AG NB 2013)

Ein weiteres Thema ist das Abfallmanagement. Hier gehen die Unternehmen auf ihre Organisation und Verpackung ein:

UT13::

Die Umweltrelevanz von Abfällen hängt von der Abfallart und dem jeweiligen Entsorgungsverfahren ab. Daher unterscheiden wir gefährliche und nicht gefährliche Abfälle. Diese beiden Gruppen werden weiter unterteilt in Verwertungs- und Beseitigungsabfälle. Abfallströme aus Baumaßnahmen oder Abrissarbeiten berichten wir separat, da diese Materialien unabhängig von der Produktion entstehen. Das Abfallaufkommen ohne Bauschutt ist im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Insgesamt hat sich die Abfallmenge um 4 % verringert. Der Rückgang betrifft alle Abfallarten und ist im Wesentlichen auf die in der Berichterstattung weggefallenen Abfälle der OSRAM-Standorte zurückzuführen. Diese Reduktion wurde teilweise durch neu hinzugekommene Standorte sowie eine gestiegene Produktionsauslastung kompensiert. (Siemens AG NB 2012)

Ö konomie

Der zweite große Aspekt von nachhaltigkeitsrelevanten Themen ist der Bereich Ökonomie, der viele Subthemen umfasst. Im Zentrum steht die Betonung von Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor für unternehmerisches Handeln und einer damit einhergehenden Äußerung zum Selbstverständnis von nachhaltigem Handeln für das Unternehmen und die Gesellschaft im Allgemeinen:

UT14::

Das Unternehmen hat ökologische und soziale Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette, umfassende Produktverantwortung sowie ein klares Bekenntnis zur Schonung von Ressourcen fest in seiner Strategie verankert. Entsprechend sind wir seit vielen Jahren eines der nachhaltigsten Unternehmen der Automobilbranche. (BMW AG GB 2013)

Ein zentraler Punkt im Bereich Ökonomie ist das Aufführen von Innovationen unter ökologischem Aspekt, beispielsweise durch verbesserte Produkte und Produktionswege im Unternehmen. Bei der BMW AG stehen hier die Emissionen der Autos im Vordergrund und bei der Bayer AG der Beitrag von Medikamenten für das gesellschaftliche Gemeinwohl:

UT15::

Blickt man zurück auf die 165-jährige Geschichte des Unternehmens, dann wird klar: Innovationen waren, sind und bleiben stets das Lebenselixier von Siemens, denn sie sind Ausdruck eines verantwortlichen, auf die Zukunft ausgelegten und damit nachhaltigen Handelns. (Siemens AG NB 2012)

Ebenso werden Forschungsprojekte aufgezeigt, die auf nachhaltiges Handeln im Unternehmen abzielen.

UT16::

Unsere Forschungsaktivitäten zielen darauf ab, die notwendigen wegweisenden Technologien zu entwickeln, die es Siemens erlauben, in innovations- und technologiegetriebenen Wachstumsmärkten eine führende Position einzunehmen. (Siemens AG NB 2011)

Zum Nachhaltigkeitsbegriff im ökonomischen Bereich gehört ebenso die Wertschöpfung des Unternehmens an den einzelnen Standorten. Dazu zählen die konkreten Beiträge, die das Unternehmen zur lokalen Wertschöpfung leistet, beispielsweise durch die Beschäftigung von lokalen Mitarbeitern oder das Engagieren von Lieferanten und Partnern vor Ort. Dabei ist das Einbeziehen der Bevölkerung in die Projekte vor Ort ein zentraler Punkt. Dieses Engagement und die Initiativen, von denen die lokale Bevölkerung außerhalb des Unternehmens profitiert, werden in den untersuchten Unternehmenstexten aufgeführt:

UT17::

Wir sehen neben den Risiken auch Chancen im Zusammenhang mit der Standortauswahl für neue Produktionsstätten. So ist z. B. mit der Festlegung eines neuen Standorts eine positive Gestaltung des Umfelds verbunden (z. B. Arbeitsplatzbeschaffung, Ausbildung, Corporate Social Responsibility (CSR) Projekte). Unser Ziel ist es, bei der Standortauswahl weiterhin die Vorreiterrolle im Bereich Nachhaltigkeit einzunehmen. Wir platzieren bei unseren Produktionsstandorten Leuchtturmprojekte, die einen Nachhaltigkeitsfokus haben (z. B. Windräder in Leipzig). Des Weiteren wird auf mögliche Kapazitätskompensation unter den BMW Standorten und die Beeinflussung der Produktionstechnik im Hinblick auf Ressourceneffizienz stets geachtet. (BMW AG GB 2014)

Was die Produkte anbelangt, so werden damit einhergehend neben den Innovationen und Produktionswegen auch Gebäude, nachhaltiges Bauen, Nachhaltige Mobilität, Nachhaltiges Investment und Technologien und Prozesse thematisiert. Dabei werden Aspekte des Qualitätsmanagements und Zertifizierungen (vgl. EMAS, ISO 9000), die Auswirkungen der Produkte auf die Konsumenten, beispielsweise bei der BMW AG der geringe Treibstoffverbrauch, und Maßnahmen zur Verbesserung der Produktverantwortung und -herstellung vorgestellt. Dies geschieht häufig in Kombination mit Maßnahmen im Bereich Emissionen. Die Besonderheit der Produktverantwortung besteht in der sozialen Dimension, da diese die Gesundheit und Sicherheit von Mitarbeitern und Kunden betrifft.

UT18::

Die BMW Group hat ein umfassendes Verständnis von Produktverantwortung. Sie beginnt für uns mit der Entwicklung von Fahrzeugen, die verbrauchseffizient und sicher für Fahrer und Verkehrsteilnehmer sind. Unsere Produktverantwortung umfasst darüber hinaus ressourcen- und umweltschonende Entwicklungs- und Produktionsprozesse sowie die ganzheitliche und qualitativ hochwertige Kundenbetreuung. Nicht zuletzt sorgen Recyclingkonzepte dafür, dass unsere Fahrzeuge auch nach ihrer Nutzungsphase die Umwelt möglichst wenig belasten. (BMW AG NB 2013)

UT19::

Nachhaltigkeit fördern heißt für uns auch, Risiken, die durch die Herstellung, Anwendung oder Entsorgung unserer Produkte entstehen können, konsequent zu vermeiden. Sicherheit und Verträglichkeit unserer Produkte haben daher in allen Bereichen und Ländern, in denen wir tätig sind, höchste Priorität. Wir überprüfen alle Bayer-Produkte in uns bekannten Anwendungen und überwachen sie hinsichtlich möglicher Risiken für Gesundheit, Sicherheit, Umwelt und Qualität (hseq). Hierbei berücksichtigen wir die Wertschöpfungskette. (Bayer AG GB 2009)

Die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens bezieht sich auf nicht-monetäre Ziele, Chancen und Möglichkeiten nachhaltigen Handelns sowie deren Bedeutung für unternehmerisches Handeln. Es werden Strategien für die einzelnen Geschäftsfelder und die Verankerung von Nachhaltigkeit im Unternehmen aufgezeigt, beispielsweise im Management, in Sustainability Boards, Gremien oder in Form von Strategien und Programmen. Die Ziele und Programme zur Umsetzung von Nachhaltigkeit, beispielsweise in Form von besonderen Audits, werden ebenfalls aufgezeigt:

UT20::

In 2004 konnten wir in fast allen Schlüsselsegmenten unserer Nachhaltigkeits-Performance deutliche Verbesserungen erreichen. (Bayer AG GB 2004)

S oziales

Der dritte Themenkomplex, Soziales, bezieht sich auf den Menschen und umfasst folgende Themen: die Existenzsicherung durch gerechte Arbeit, Chancengleichheit und Partizipation. In den Unternehmenstexten wird deren Verankerung in der Geschäftsstrategie thematisiert:

UT21::

Wir „investieren in Menschen“ – innerhalb und außerhalb des Unternehmens: in ihre Bildung, in ihre beruflichen Qualifikationen, in ihre Leistungskraft und ihr Engagement und in ein gesellschaftliches Umfeld, das positive Entwicklung ermöglicht und fördert. Alle Maßnahmen und Projekte, die dazu beitragen, dass Menschen ihre Talente und Potenziale entfalten können, haben im besonderen Maß nachhaltige Wirkung. Die zielgerichtete Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, attraktive Arbeitsplätze und ein kontinuierliches Engagement für die Gesellschaft gehören deshalb in der Unternehmenskultur von Siemens zusammen. (Siemens AG CRR 2006)

Beim Gesellschaftlichen Engagement findet ein Dialog mit den Stakeholdern statt. Dabei werden Ergebnisse von konkreten Maßnahmen und Programmen aufgezeigt und auch das konkrete Engagement seitens der Mitarbeiter wird genannt, was unter Corporate Citizenship zusammengefasst wird:

UT22::

Gesellschaftliches Engagement ist ein fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie und der Unternehmenspolitik von Bayer. Zugleich tragen unsere Förderungsmaßnahmen zu positiven unternehmerischen Rahmenbedingungen bei. Das gesellschaftliche Engagement von Bayer zeigt sich in zahlreichen Projekten in drei Kernbereichen, die das Unternehmen zum Teil seit Jahren in vielen Regionen der Welt umsetzt. Dafür stellte der Konzern im Jahr 2012 rund 49 Mio € (Vorjahr: 54 Mio €) zur Verfügung. (Bayer AG GB 2012)

Im Bereich der Corporate Citizenship werden Maßnahmen und Projekte dargestellt, die besonders stark in der Bildungs- und Kulturarbeit verortet sind. Es erfolgt häufig eine detaillierte Darstellung einzelner Projekte und deren Zusammenhang mit den Unternehmenszielen und dem -image. Die Projekte reichen von Engagement im Umweltbereich bis hin zu Kooperationen mit Hochschulen oder Initiativen auf internationalen Konferenzen:

UT23::

Corporate Citizenship umfasst für uns zwei Aspekte: Zum einen wollen wir Geschäfte tätigen, die durch unsere Siemens spezifische Expertise dazu beitragen, den gesellschaftlichen Nutzen zu steigern, indem wir beispielsweise Lösungen für den Umwelt- und Klimaschutz anbieten. Zum anderen verstehen wir darunter unsere gemeinnützigen Beiträge. Ende des Geschäftsjahrs 2008 gründeten wir eine weltweit tätige, in München ansässige Stiftung (Siemens Stiftung), die mit einem Stiftungskapital von 390 Mio. EUR ausgestattet wurde. Sie verfolgt das Ziel, die Nachhaltigkeit und Außendarstellung unserer Corporate-Citizenship-Aktivitäten zu erweitern. (Siemens AG GB 2009)

Wichtige Themen sind die Lieferanten und Partner sowie die Korruptionsbekämpfung. Dabei werden die Bereiche im Unternehmen aufgezeigt, die von Korruption gefährdet sind. In diesem Zusammenhang werden Programme genannt, die Korruption bekämpfen sollen, beispielsweise zu Verträgen mit Lieferanten, Kodizes und Schulungen für Mitarbeiter:

UT24::

Ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für die BMW Group ist die partnerschaftliche Einbindung der Lieferanten bei der Fahrzeugentwicklung und -produktion. Für die Lieferantenauswahl sind neben technischem Know-how und Innovationskraft auch ökologische und soziale Kriterien von Bedeutung. (BMW AG NB 2003/2004)

Außerdem werden Korruptionsfälle vorgestellt und Maßnahmen daraus abgeleitet:

UT25::

Der Verhaltenskodex umfasst die Bereiche Ethik, Umgang mit Mitarbeitern, Managementsysteme sowie Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Qualität (hseq). Darunter fallen beispielsweise das Verbot von Korruption und Kinderarbeit, die Achtung der Menschenrechte, die Gewährleistung von Produktsicherheit, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz oder der sorgsame Umgang mit Ressourcen. (Bayer AG NB 2009)

Das Thema Menschenrechte findet in den Berichten große Beachtung. Es werden Bereiche unternehmerischen Handelns genannt, in denen die Einhaltung von Menschenrechten gefährdet ist. Hier werden Verträge, Kodizes, Programme und Schulungen sowie Maßnahmen für speziell ausgewählte Lieferanten und Partner vorgestellt, um die Einhaltung von Menschenrechten zu garantieren:

UT26::

Mit Unterzeichnung des UN Global Compact durch den Vorstand der BMW Group im Jahr 2001 und der „Gemeinsamen Erklärung über Menschenrechte und Arbeitsbedingungen in der BMW Group“, die 2005 durch Vorstand und Arbeitnehmervertretungen verabschiedet und 2010 erneut bestätigt wurde, haben wir uns ebenfalls zur weltweiten Einhaltung der international anerkannten Menschenrechte und der Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) verpflichtet. Hierzu gehören insbesondere die freie Wahl der Beschäftigung, das Diskriminierungsverbot, die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen, das Verbot von Kinderarbeit, eine angemessene Bezahlung, regelkonforme Arbeitszeiten sowie der Arbeits- und Gesundheitsschutz. (BMW AG GB 2014)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die Themenanalyse zu Nachhaltigkeit, entsprechend der Dreiteilung in Ökologie, Ökonomie und Soziales, zeigt die vielseitige Behandlung des Nachhaltigkeitsbegriffs in den Unternehmenstexten. Die Darstellung des Code-SystemsFootnote 11 zu Nachhaltigkeit bietet einen ersten Zugang zum Nachhaltigkeitsbegriff in den Unternehmenstexten, der für die Einordnung des Untersuchungsthemas „Nachhaltigkeit in Personalmanagement“ wichtig ist. Insgesamt wurden 13.621 Kodierungen in den Unternehmenstexten vorgenommen, was die Wichtigkeit des Nachhaltigkeitsthemas für die Unternehmen belegt. Der für die vorliegende Arbeit zentrale Aspekt im Bereich Soziales ist das Thema Mitarbeiter. Im Folgenden werden die personalrelevanten Themen des Code-Systems zu den Mitarbeitern vorgestellt. Eine detaillierte Darstellung des Kategoriensystems ist lohnenswert, da dieses als Vorlage zur Korpuskonstitution der Medientextanalyse sowie zur Weiterentwicklung des Kategoriensystems dient.

Auffällig ist in den Unternehmenstexten die Thematisierung von Mitarbeitern in Bilanzen, beispielsweise im Rahmen von Personal- oder Pensionskosten. Da diese Auflistungen für die Beantwortung der Forschungsfragen nicht relevant sind, werden diese hier nicht weiter beleuchtet. Die Themabehandlung zum Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ wird im folgenden Kapitel detailliert vorgestellt.

5.2.3 Themen in Relation zum übergeordneten Matrixframe Zustand

Im Zentrum des Forschungsinteresses steht die Untersuchung des Nachhaltigkeitsbegriffs im Personalmanagement durch theoretische Verallgemeinerung und Typenbildung. Im Folgenden werden die Analyseergebnisse der Unternehmenstexte detailliert für den Frame für den Substantivtyp Zustand vorgestellt (vgl. Konerding 1993: 472–473). Die Analyse der Unternehmenstexte richtet sich nach der theoretischen und methodischen Grundlage sowie den praktischen Handlungsanweisungen einer Diskursanalyse nach Konerding (vgl. Konerding: 2005, 2007). Bei der Analyse wurden zuerst die Hauptanalysekategorien bestimmt, danach die relevanten Textsegmente kodiert und anschließend die Prototypen erstellt. Die einzelnen Arbeitsvorgänge erfolgten chronologisch (vgl. dazu Abschnitt 5.1).

Die Vorstellung der korpusbasierten Analyseergebnisse zeichnet sich durch eine Systematisierung und Abstraktion einzelner Aussagen aus, wobei Besonderheiten über den Untersuchungszeitraum unternehmensspezifisch aufgeführt werden. Eine reine nummerische Aufzählung der Codings ist in diesem Analyseprozess der Arbeit nicht zielführend. Daher werden die inhaltlichen Themen detailliert beleuchtet, die für die Bildung des Kategoriensystems für die Analyse der Medientexte zentral sind. Für die Auswertung des Unternehmenstextkorpus wurden die Themen in den Unternehmenstexten in MaxQDA in Anlehnung an die in Kapitel 2 vorgestellte Diskursanalyse nach Konerding (1993, 2005, 2007) kodiert. Aus dem Frame Zustand und in Anlehnung an den Personalzyklus eines Unternehmens wurde das Kategoriensystem für das Thema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ generiert (vgl. dazu Abb. 5.3: „Kategoriensystem für die Analyse der Unternehmens- und Medientexte in Anlehnung an den Personalzyklus eines Unternehmens.“, S. 109). Die folgende Abhandlung entspricht den in Tabelle 5.2 und Tabelle 5.3 vorgestellten Kategoriensystemen (vgl. Tab. 5.2, S. 113, und Tab. 5.3, S. 114, in Abschnitt 5.1.3). Die Entwicklung der Kategorienbildung erfolgte induktiv am Forschungsmaterial. Die Analyse der Unternehmenstexte begann somit zunächst mit einem induktiven Forschungsprozess, der gegenüber dem Forschungsgegenstand offengehalten wurde, um bestmöglich die Fragestellung zu behandeln und fruchtbare Ergebnisse zu erzielen. Auf diese Art und Weise war es möglich, Ergänzungen, Revisionen, Reduktionen und theoretische Restrukturierungen des Kategoriensystems vorzunehmen.

Die Unternehmenstexte verfügen über diachrone thematische Schwerpunkte, die im Folgenden vorgestellt werden. Innerhalb des gesamten Untersuchungszeitraums (1995–2014) sind Themen aus den Bereichen Personalmarketing, -betreuung und -entwicklung prominent wie „Weiterbildung und Qualifizierung“, „Ideenmanagement“, „Frauenförderung“ sowie „Führungsstil“ (vgl. Tabelle 5.7, 5.8, 5.9, 5.10, 5.11, 5.12, 5.13 und 5.14). Über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg kommt es zu diachronen thematischen Änderungen der prominenten Themen.

Tab. 5.7 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2004)
Tab. 5.8 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der Bayer AG (1995–2004)
Tab. 5.9 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der BMW AG (1995–2004)
Tab. 5.10 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der Siemens AG (1995–2004)

Aus den Tabellen 5.7, 5.8, 5.9 und 5.10 geht hervor, dass in der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums (1995–2004) die prominentesten Themen in den untersuchten Unternehmenstexten in der Personalbetreuung und -entwicklung aufzufinden sind. Zu Beginn des Untersuchungszeitraums (1995–2004) werden – wie in Tabelle 5.7, 5.8, 5.9 und 5.10 dargestellt – die Themen „Weiterbildung und Qualifizierung“, „Ideenmanagement“, „Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz“ sowie „Flexible Arbeitszeiten“ in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG fokussiert.

In der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums (2005–2014) werden Themen aus den Bereichen Personalmarketing, -betreuung und -entwicklung sowie Vielfalt schwerpunktmäßig behandelt, beispielsweise „Arbeitgeberattraktivität“, „Führungsstil“, „Frauenförderung“, „Karriereentwicklung von Fach- und Führungskräften“ und „Demografischer Wandel“ (vgl. Tab. 5.11, 5.12, 5.13, 5.14).

Tab. 5.11 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (2005–2014)
Tab. 5.12 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der Bayer AG (2005–2014)
Tab. 5.13 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der BMW AG (2005–2014)
Tab. 5.14 Prominente Themen in den Unternehmenstexten der Siemens AG (2005–2014)

Aus den Tabellen 5.11, 5.12, 5.13 und 5.14 geht hervor, dass die prominenten Themen weiterhin im Bereich Personalbetreuung und -entwicklung vorzufinden sind wie „Weiterbildung und Qualifizierung“. Allerdings kommen neue thematische Aspekte hinzu: Die Themen „Arbeitgeberattraktivität“, „Führungsstil“, „Frauenförderung“, „Karriereentwicklung von Fach- und Führungskräften“ und „Demografischer Wandel“ sind in den Unternehmenstexten aller untersuchten Unternehmen relevant. Dies belegt die Signifikanz der Themen für eine genaue Analyse in der vorliegenden Untersuchung in Form der Schwerpunktthemen „Frauenförderung“, „Kampf um Talente“ und „Führungsstil“.

In der folgenden Analyse werden die diskursiven Themen der Unternehmenstexte der drei untersuchten Unternehmen aufgeführt. Die einzelnen Prototypen werden ausdrucksseitig oder implizit in den Unternehmenstexten thematisiert. Für das Vorgehen bei der Analyse der untersuchten Unternehmenstexte bedeutet das konkret, dass die (Sub-)Themen eruiert wurden und entsprechend mithilfe von Zusammenfassungen, Abstraktionen und Klassifikationen nominalisiert wurden. In der folgenden Abhandlung werden die in den untersuchten Unternehmenstexten nominalisierten Ausdrücke der (Sub-)Themen aufgeführt und exemplarisch mit Textbeispielen belegt. Dabei werden nicht für jedes Unternehmen Textbeispiele aufgeführt, vielmehr dienen sie der Exemplifikation der genannten Prototypen. Die Analyseergebnisse zum Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ werden wie folgt präsentiert: Zielzustand (5.2.3.1), Eigenschaften (5.2.3.2), Ursachen und übergeordneter Zusammenhang (5.2.3.3), Handlungen (5.2.3.4) Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter (5.2.3.5) sowie Akteure (5.2.3.6).

5.2.3.1 Diskursive Themen zu Zielzustand

In diesem Kapitel werden die Analyseergebnisse zum Zielzustand für den Substantivtyp Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ präsentiert. Im Folgenden werden die diskursiven (Sub-)Themen bzw. Prototypen zum Zielzustand in den Unternehmenstexten vorgestellt. Tabelle 5.15 gibt einen Überblick über die Prototypen bzw. Hauptanalysekategorien in den Unternehmenstexten.

Tab. 5.15 Überblick über die Prototypen von Zielzustand in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

In den untersuchten Texten wurden die Vorstellungen seitens der Unternehmen untersucht, die „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ als erstrebenswerten Zielzustand definieren. Als Analyseergebnisse sind die folgenden acht prominenten Prototypen entsprechend ihrer Häufigkeit zu nennen: Nachhaltigkeit als Unternehmensziel, Einhaltung von Corporate Governance, Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor im Personalmanagement und im Unternehmen, Nachhaltigkeit als Selbstverständnis, Einhaltung von Audit-Standards, Erreichen von nachhaltigem Wirtschaften und Gutes Abschneiden bei Preisen, Indizes, Rankings. Die thematischen intertextuellen Kohärenzbeziehungen zwischen den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen zeigen sich kongruent und kontrastiv sowie in Form von Variation und Elaboration.

Von allen drei Unternehmen wird der erste Aspekt – Nachhaltigkeit als Unternehmensziel – in den untersuchten Texten ausdrucksseitig und dabei kongruent, kontrastiv und in Form von Variation thematisiert. „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ ist eng an das Ziel, die strategische Ausrichtung und die Kultur eines Unternehmens geknüpft. Für erfolgreiches unternehmerisches Handeln ist die Förderung einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung, insbesondere im Personalmanagement, wichtig (vgl. BMW AG GB 2010, BMW AG NB 2012, Siemens AG CCR 2000, Siemens AG CRR 2003, Siemens AG CRR 2006, Siemens AG NB 2010, Siemens AG JB 2013 und Siemens AG JB 2014). Aus den untersuchten Unternehmenstexten geht hervor, dass die Nachhaltigkeitsidee und deren Umsetzung im Zusammenhang mit der Unternehmenstradition steht, da sie zusammen mit dem Unternehmensverständnis die strategisch-operative Ausrichtung des Unternehmens bestimmt:

UT27::

Erfolgreich sein. Der Anspruch, stets etwas mehr zu leisten. Die Tradition, mit eigenen Lösungen Maßstäbe zu setzen: Für die BMW Group gilt all das auch in puncto Nachhaltigkeit. (BMW AG GB 2005)

UT28::

Unser Nachhaltigkeitsverständnis ist eng mit unserer Unternehmensgeschichte verbunden und basiert auf unseren Werten. Verantwortungsvoll mit Mitarbeitern, unserem gesellschaftlichen Umfeld und mit natürlichen Ressourcen umzugehen: Diesen Auftrag hat uns Werner von Siemens bereits vor rund 125 Jahren ins Stammbuch geschrieben. Seinem Credo – »Für einen kurzfristigen Gewinn verkaufe ich nicht die Zukunft des Unternehmens« – fühlen wir uns verpflichtet. Exzellent zu sein und an den Märkten der Zukunft führende Positionen einzunehmen; innovativ auf technologischem Gebiet an der Zukunft der modernen Zivilisation mitzuarbeiten – all dies war und bleibt für uns Anspruch und Herausforderung. […] Unser Anspruch ist es, eine Balance zwischen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Zielen zu erreichen. In ökologischer Hinsicht verbessern wir durch innovative Produkte und Lösungen unsere eigene Umweltbilanz und die unserer Kunden. In ökonomischer Hinsicht setzen wir auf langfristige Wertschöpfung mit innovativen Produkten und Lösungen. Und in gesellschaftlich-sozialer Hinsicht fördern wir unsere Mitarbeiter und engagieren uns für unser Umfeld. (Siemens AG GB 2010)

In allen untersuchten Unternehmenstexten wird Nachhaltigkeit als zentrales Element für die Unternehmenswerte und Führungsprinzipien angesehen:

UT29::

Gemeinsame Werte und Führungsprinzipien

In Ergänzung des „Programms für gesetzmäßiges und verantwortungsbewusstes Handeln“ hat Bayer bereits 2004 ein Konzern-Leitbild erarbeitet, das als Richtschnur für die Unternehmensstrategie dient. Es verdeutlicht Aktionären, Kunden, Öffentlichkeit und den Mitarbeitern den Rahmen für unser unternehmerisches Denken und Handeln. Gemeinsame Werte und Führungsprinzipien werden als Basis für das tägliche Handeln aller Mitarbeiter gesehen. Dazu zählen der Wille zum Erfolg, der engagierte Einsatz für unsere Aktionäre, Geschäftspartner, Mitarbeiter und die Gesellschaft, Integrität, Offenheit und Ehrlichkeit, der Respekt gegenüber Mensch und Natur sowie die Nachhaltigkeit unseres Handelns. Damit diese Handlungsgrundsätze eingehalten werden, erfolgt die Beurteilung leitender Mitarbeiter nach Führungsprinzipien, die auf den dargestellten Werten beruhen. (Bayer AG GB 2007)

Die Analyse der untersuchten Unternehmenstexte aller drei Unternehmen zeigt, dass Nachhaltigkeitsziele nicht nur in Bezug auf Produkte und deren Herstellungs- bzw. Entstehungsprozesse sowie im Bereich „Gesellschaftliches Engagement“ formuliert und verfolgt werden, sondern auch in der Personalpolitik besondere Berücksichtigung finden. Die Personalpolitik richtet sich an der Nachhaltigkeitsidee aus, was in dem folgenden Zitat detailliert ausdrückt wird:

UT30::

NACHHALTIGKEITSZIELE DURCH STRATEGISCHE PROJEKTE ERREICHEN

Aus den strategischen Projekten leiten wir zum großen Teil auch unsere langfristigen Nachhaltigkeitsziele bzw. -ansprüche im Bereich Mitarbeiter ab. Im Jahr 2012 verabschiedeten wir langfristige Ansprüche, die wir kontinuierlich weiterentwickeln.

Die Ziele sind in internen Zielsystemen (zum Beispiel Balanced Scorecard) verankert, deren Erreichung regelmäßig überwacht wird. Dazu gehören beispielsweise die Attraktivität als Arbeitgeber, exzellente Führung und die Mitarbeitervielfalt, Reduzierung von Arbeitsunfällen, die Förderung der Gesundheit unserer Mitarbeiter und deren kontinuierliche Weiterbildung.

Zu den zentralen Messgrößen der Personalpolitik gehört die Anzahl der Mitarbeiter der BMW Group. Sie wuchs unter anderem durch Einstellungen von Fachkräften aufgrund der hohen Nachfrage nach unseren Fahrzeugen zum Ende des Jahres 2013 weltweit um 4,2 % auf insgesamt 110.351 siehe Grafik 21.

Wesentliche Entscheidungen mit Auswirkung auf die Beschäftigung trifft der Gesamtvorstand. Die Verantwortung für Beschäftigungsaspekte trägt der Personalvorstand der BMW AG. Der Umsetzungsfortschritt zur Personalstrategie wird regelmäßig an den Gesamtvorstand berichtet. Die Verantwortung für die erfolgreiche Umsetzung liegt gleichermaßen in der Personalorganisation wie auch in den Fachbereichen. In unserer langfristigen Personalpolitik formulieren wir den Anspruch, an dem wir uns als Unternehmen messen lassen. (BMW AG NB 2013)

Der Aspekt – Nachhaltigkeit als Unternehmensziel – wird in den untersuchten Texten am häufigsten in Bezug auf den gewünschten Zielzustand thematisiert. Ein Grund für das Darstellen der Nachhaltigkeitsziele in den übergeordneten Unternehmenszielen besteht darin, dass in der Unternehmensstrategie bzw. -kultur die Ausrichtung eines Unternehmens, die „Unternehmensphilosophie“, bestimmt wird. Dabei nimmt die Nachhaltigkeitsidee eine zentrale Rolle ein, an der sich – neben anderen zentralen Aspekten – die praktische Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee im Unternehmen orientiert. Die Unternehmensziele beinhalten schließlich die Nachhaltigkeitsziele. Daran anknüpfend erfolgt die strategische Ausrichtung des Unternehmens zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele im Sinne der Erreichung des Soll- bzw. Zielzustands „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“.

Die Verankerung der Nachhaltigkeitsziele in den Unternehmenszielen, der -strategie und -kultur erfolgt hauptsächlich im Fließtext in den untersuchten Unternehmenstexten. Darüber hinaus werden die Nachhaltigkeitsziele tabellarisch dargestellt, indem diese in die allgemeinen Unternehmensziele aufgenommen werden (vgl. BMW AG NB 2008: 101). Die Darstellung der konkreten Verankerung von Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie erfolgt in den untersuchten Texten auch in Abbildungen und Schaubildern, wie Abbildung 5.16 illustriert:

Abb. 5.16
figure 16

(Quelle: Siemens AG NB 2010: 60)

Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen der Siemens AG

Für die Bayer AG ist auffällig, dass Personalthemen, insbesondere ihre Ziele, in Bezug auf Nachhaltigkeit als Notiz am Rand zusammengefasst werden:

UT31::

Im Fokus

  • Nachhaltig angelegte Personalpolitik

  • Soziale Absicherung auf hohem Niveau

  • Vielfalt und Gleichberechtigung aller Beschäftigten

  • Antworten auf den demographischen Wandel

  • Förderung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (Bayer AG NB 2009)

Im Zusammenhang mit der Verankerung der Nachhaltigkeitsidee in der Unternehmensstrategie bzw. in den Unternehmenszielen ist in den untersuchten Texten auffällig, dass ein Dialog für das Erreichen der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen favorisiert wird. Ziel der Unternehmen ist es, ihre Mitarbeiter für das Thema Nachhaltigkeit zu begeistern. Dies erfolgt über unterschiedliche Kommunikationskanäle und Maßnahmen:

UT32::

Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickelt sich am besten im Dialog. So haben wir im Jahr 2010 das Siemens Sustainability Advisory Board mit internationalen Experten gegründet, um die Vielfalt externer Meinungen zu nutzen. Mit einem Ideenwettbewerb und Schulungen fördern wir die Begeisterung unserer Mitarbeiter für das Thema und machen sie so zu Botschaftern für Nachhaltigkeit. (Siemens AG NB 2010)

UT33::

Unsere führende Rolle im Bereich Nachhaltigkeit trägt wesentlich zur hohen Identifikation unserer Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Produkten bei und ist einer der Gründe für unsere niedrige Fluktuationsquote und in Folge Vermeidung von Personalbeschaffungsaufwendungen. (BMW AG NB 2014)

In den untersuchten Texten aller drei Unternehmen erfährt der zweite Aspekt, Einhaltung von Corporate Governance, eine thematische Kongruenz, Variation und Elaboration. Die Analyse der untersuchten Unternehmenstexte zeigt, dass sich die Unternehmen der Bedeutung von Corporate Governance – einer guten Unternehmensführung und -leitung – für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee im Personalmanagement bewusst sind. In den Unternehmenstexten aller drei Unternehmen wird darauf aufmerksam gemacht, dass die für das Unternehmen geltenden Regelwerke und Richtlinien zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards und Corporate Governance auf andere Unternehmen angewandt werden:

UT34::

Unsere Nachhaltigkeitsbestrebungen basieren auf den Siemens Business Conduct Guidelines, die den ethisch-rechtlichen Rahmen für unsere Geschäftsaktivitäten abstecken. Sie enthalten die grundlegenden Prinzipien und Regeln für unser Verhalten innerhalb und außerhalb des Unternehmens. […] Für alle Unternehmen, auf die Siemens einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, sind die Business Conduct Guidelines bindend. (Siemens AG JB 2013)

UT35::

Zusätzlich sind wir auch internationalen Nachhaltigkeitsstandards und -richtlinien verpflichtet. So traten wir im Jahr 2003 dem Global Compact der Vereinten Nationen bei und haben im Jahr 2008 das CEO Water Mandate des Global Compact unterzeichnet. Seit dem Geschäftsjahr 2011 sind wir bei der Global-Compact-Initiative »Caring for Climate« Mitglied des Steuerungsgremiums. Wir berichten regelmäßig über unsere Nachhaltigkeitsleistungen in Einklang mit den Richtlinien (G3.0) der Global Reporting Initiative (GRI), die für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in der Nachhaltigkeitsberichterstattung stehen. (Siemens AG JB 2013)

Im Zusammenhang mit Corporate Governance werden auch der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK), Code of Conduct und Global Compact genannt. Außerdem werden in den untersuchten Unternehmenstexten auch Klagen und Gerichtsprozesse thematisiert, bei denen Mitarbeiter beteiligt sind. Die thematische Behandlung dieser Klagen und Prozesse in der Unternehmenskommunikation mithilfe eines transparenten Vorgehens wirkt vertrauensbildend gegenüber den Stakeholdern. Die untersuchten Unternehmen geben in ihren Unternehmensberichten einen Überblick, wie über Leistungsindikatoren, Key-Performance-Indicators (KPIs) genannt, Nachhaltigkeitsaktivitäten im Bereich Corporate Governance umgesetzt werden (vgl. Bayer AG NB 2008: 22, 63).

Der dritte Aspekt, der in Bezug auf den Zielzustand eines nachhaltigen Personalmanagements in den untersuchten Unternehmenstexten thematisiert wird, lautet Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor im Personalmanagement und im Unternehmen und wird kongruent und kontrastiv behandelt. Nachhaltigkeit wird in den untersuchten Unternehmenstexten nicht nur für das Personalmanagement als Erfolgsfaktor definiert, sondern auch für das gesamte Unternehmen, da durch die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee neben dem monetären Aspekt auch der Unternehmenswert beeinflusst wird:

UT36::

Die BMW Group versteht Nachhaltigkeit als dauerhaft positiven Beitrag zum ökonomischen Erfolg und somit zur kontinuierlichen Steigerung des Unternehmenswerts. (BMW AG GB 2014)

UT37::

Exzellente Mitarbeiter und Führungskräfte sind die Grundlage unseres wirtschaftlichen Erfolgs. (Siemens AG CRR 2007)

UT38::

Unsere Mitarbeiter sind unser größtes Potenzial. Mit ihrem Engagement, ihrer Qualifikation und ihrem Ideenreichtum tragen sie entscheidend zu unserem Erfolg bei – sie sind die»Kraft von Siemens«. (Siemens AG NB 2011)

In diesem Zusammenhang wird Nachhaltigkeit als Garant für erfolgreiches wirtschaftliches Handeln gesehen. Denn ein Unternehmen ist erfolgreich, wenn es über zufriedene und leistungsfähige Mitarbeiter verfügt:

UT39::

Die Mitarbeiter als Erfolgsgaranten. […] Wir vertrauen auf unsere Mitarbeiter, ihre Fähigkeiten und ihre Motivation zu lebenslangem Lernen. (Bayer AG NB 2004)

UT40::

Der Erfolg der BMW Group ist im Wesentlichen ein Erfolg ihrer Mitarbeiter. Alle personalrelevanten Aspekte werden daher ganzheitlich betrachtet. Während für viele Personalthemen bereits etablierte Abläufe existieren, müssen andere noch in die unternehmensinternen Prozesse integriert beziehungsweise neugestaltet werden. (Siemens AG NB 2008)

In den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen wird die Wichtigkeit von Mitarbeitern für den Unternehmenserfolg thematisiert:

UT41::

Qualifizierte Mitarbeiter sind eine wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg. (BMW AG NB 2003/2004)

UT42::

Unternehmen werden von Menschen gemacht. Mitarbeiter sind unser stärkster Erfolgsfaktor. Deshalb gehören Personalentscheidungen zu den wichtigsten Entscheidungen. (BMW AG GB 2012)

Eine Besonderheit der Analyse ist in Bezug auf den Geschäftsbericht (2010) der Siemens AG zu nennen: Darin wird Barack Obama zur Bedeutung von Mitarbeitern zitiert. Obama betont im folgenden Zitat, welche bedeutende Rolle Mitarbeitern bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee in den USA zugesprochen wird:

UT43::

Jeder einzelne Mitarbeiter trägt hier mit seinem persönlichen Einsatz dazu bei, die USA in eine wirtschaftliche Zukunft der >grünen< , erneuerbaren Energien zu führen. (Siemens AG GB 2010)

Aus der Analyse geht hervor, dass die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens durch Nachhaltigkeit gesichert wird. Die Annahme besteht darin, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee das Unternehmen zum Erfolg führt und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit dient:

UT44::

Mit einer zukunftsweisenden und verantwortungsvollen Personalpolitik wollen wir die hohe Leistungsbereitschaft und das große Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten und fördern. Denn darauf basiert im Wesentlichen der Erfolg unseres Unternehmens. (Bayer AG NB 2010)

UT45::

Um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, müssen wir kontinuierlich die besten und fähigsten Mitarbeiter weltweit für Siemens gewinnen und sie an unser Unternehmen binden. (Siemens AG JB 2013)

Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee soll Mitarbeiter für das Unternehmen gewinnen und eine Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen bewirken, um zukunftsfähig zu sein (vgl. Bayer AG GB 2000, BMW AG NB 2014, Siemens AG CRR 2002, Siemens AG CRR 2003, Siemens AG CRR 2007, Siemens AG NB 2009 und Siemens AG GB 2010). Zugleich soll damit auch eine Bindung an das Unternehmen erzielt werden:

UT46::

Ein Motor für nachhaltiges Wirtschaften ist unsere „Eigentümerkultur“, bei der jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter Verantwortung für den Erfolg von Siemens übernimmt. „Handle stets so, als wäre es Dein eigenes Unternehmen“ – diese Maxime soll für alle gelten, vom Vorstand bis zum Auszubildenden. (Siemens AG JB 2014)

Ziel der Unternehmen ist es, Spitzenleistungen durch die Schaffung und den Erhalt einer dauerhaft leistungsfähigen Belegschaft zu erzielen sowie die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der Mitarbeiter zu fördern. In diesem Zusammenhang wird in den untersuchten Texten ein thematischer Bezug zu Vielfalt hergestellt. Tabelle 5.16 zeigt die Häufigkeit der thematischen Behandlung von Vielfalt in den Unternehmenstexten.

Tab. 5.16 Behandlung von Vielfalt in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)
Tab. 5.17 Überblick über die Prototypen von Eigenschaften in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Die hohe Anzahl der Codings zeigt die Relevanz des Themas für die untersuchten Unternehmen. Zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee im Bereich Vielfalt werden von den Unternehmen beispielsweise Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Schaffung von verbesserten Arbeitsbedingungen, individuelle Arbeitszeitmodelle und die Gestaltung eines zukunftsorientierten Arbeitsumfeldes vorgestellt:

UT47::

Nachhaltige Personalpolitik

Bayer verfolgt eine nachhaltig angelegte Personalpolitik, die auf Vielfalt und Chancengleichheit, persönliche und fachliche Entwicklung unserer Beschäftigten sowie auf soziale Absicherung setzt. (Bayer AG GB 2009)

UT48::

Bei Siemens sind wir uns bewusst darüber, dass der Unternehmenserfolg zu einem ganz entscheidenden Teil von der hohen Qualifikation und der Leistungsbereitschaft unserer Mitarbeiter abhängt. (Siemens AG CRR 2002)

Von den Unternehmen wird Vielfalt als Wettbewerbsvorteil für erfolgreiches Wirtschaften definiert:

UT49::

Die gesellschaftliche Vielfalt in der Belegschaft der BMW Group erhöht die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Durch die produktiven Vorteile einer vielfältigen Belegschaft bleiben wir auch dauerhaft in der Lage, bestehende Absatzmärkte kundenorientiert zu bedienen und neue Absatzmärkte zu erschließen. (BMW AG GB 2011)

UT50::

Diversity als Erfolgsfaktor. (Siemens AG NB 2008)

UT51::

Diversity ist kein Altruismus, sondern Grundvoraus­setzung für den nachhaltigen Erfolg unseres Unternehmens. Denn je vielfältiger das Denken und die Erfahrungen eines Talentpools sind, desto mehr Ideen für Innovationen bringt dieser hervor. (Siemens AG NB 2008)

Dabei wird ein enger Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit, Unternehmenserfolg und sozialer Verantwortung angenommen:

UT52::

Unsere Personalpolitik folgt der Überzeugung, dass wirtschaftlicher Erfolg und soziale Verantwortung einander bedingen. Wir bieten unseren Beschäftigten daher nicht nur vielfältige berufliche Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten sowie eine leistungs- und marktgerechte Vergütung mit zahlreichen Zusatzleistungen, sondern auch ein hohes Maß an sozialer Absicherung. (Bayer AG GB 2008)

Das Zitat verdeutlicht, dass die unternehmerischen Nachhaltigkeitsaktivitäten im Personalmanagement nicht nur auf den eigenen Unternehmenserfolg abzielen, sondern dass im Unternehmen auch im Sinne sozialer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern nachhaltig gehandelt wird. Eine Besonderheit der Analyseergebnisse in Bezug auf die BMW AG besteht darin, dass sie das Unternehmen mit ihrer Unternehmenskultur zu anderen Unternehmen abgrenzt:

UT53::

Schon immer hat sich die BMW Group von anderen Unternehmen durch eine eigene, typische Kultur unterschieden. Die Basis dafür bildeten Werte, die von allen Mitarbeitern gelebt wurden. Tag für Tag. Auch dieses Wertesystem haben wir vor dem Hintergrund der vor uns liegenden Herausforderungen hinterfragt und an manchen Stellen weiterentwickelt. Denn: Wer ein Unternehmen auf die Zukunft ausrichten will, muss darauf bedacht sein, dass ein Klima entsteht, in dem die Mitarbeiter ihr Denken und Handeln an die neuen Anforderungen anpassen können. Mit individuellen Freiräumen, um zu gestalten und unternehmerisch zu handeln. Und mit festen Leitplanken, die die gemeinsame Richtung bestimmen. (BMW AG GB 2007)

Der vierte Aspekt, der in Bezug auf den Zielzustand eines nachhaltigen Personalmanagements in den untersuchten Unternehmenstexten thematisiert wird, ist Nachhaltigkeit als Selbstverständnis, der eine kongruente und kontrastive Thematisierung erfährt. Darin werden von den Unternehmen das Selbstbild und damit einhergehend die Selbstverpflichtung von nachhaltigem Handeln im Personalmanagement dargestellt. Die Nachhaltigkeitsidee steht im Zusammenhang mit der Unternehmenstradition und dem -verständis, das die strategisch-operative Ausrichtung des Unternehmens bestimmt:

UT54::

Erfolgreich sein. Der Anspruch, stets etwas mehr zu leisten. Die Tradition, mit eigenen Lösungen Maßstäbe zu setzen: Für die BMW Group gilt all das auch in puncto Nachhaltigkeit. (BMW AG GB 2005)

UT55::

Unser Nachhaltigkeitsverständnis ist eng mit unserer Unternehmensgeschichte verbunden und basiert auf unseren Werten. Verantwortungsvoll mit Mitarbeitern, unserem gesellschaftlichen Umfeld und mit natürlichen Ressourcen umzugehen: Diesen Auftrag hat uns Werner von Siemens bereits vor rund 125 Jahren ins Stammbuch geschrieben. Seinem Credo – »Für einen kurzfristigen Gewinn verkaufe ich nicht die Zukunft des Unternehmens« – fühlen wir uns verpflichtet. Exzellent zu sein und an den Märkten der Zukunft führende Positionen einzunehmen; innovativ auf technologischem Gebiet an der Zukunft der modernen Zivilisation mitzuarbeiten – all dies war und bleibt für uns Anspruch und Herausforderung. […] Unser Anspruch ist es, eine Balance zwischen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Zielen zu erreichen. In ökologischer Hinsicht verbessern wir durch innovative Produkte und Lösungen unsere eigene Umweltbilanz und die unserer Kunden. In ökonomischer Hinsicht setzen wir auf langfristige Wertschöpfung mit innovativen Produkten und Lösungen. Und in gesellschaftlich-sozialer Hinsicht fördern wir unsere Mitarbeiter und engagieren uns für unser Umfeld. (Siemens AG GB 2010)

Aus den Unternehmenstexten geht hervor, dass der Nachhaltigkeitsbegriff eng an den Verantwortungsbegriff geknüpft ist. Damit einher geht auch die Selbstverpflichtung der Unternehmen zu verantwortlichem Handeln:

UT56::

Wir arbeiten nachhaltig und stellen uns unserer Verantwortung als sozial und ethisch handelndes Unternehmen. Unsere Bayer-Werte „Führung“ („Leadership”), „Integrität“, „Flexibilität“ und „Effizienz“, zusammengefasst unter dem Begriff LIFE, sind dabei unsere Richtschnur in der Umsetzung unserer Mission „Bayer: Science For A Better Life“. (Bayer AG GB 2012)

UT57::

Zusammengefasst: Wir verfolgen ein evolutionäres Ziel. Wir werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch besser entwickeln, und durch die angekündigten Effizienzmaßnahmen gewinnen wir den finanziellen Spielraum, um fokussiert in unsere Zukunft zu investieren. (Bayer AG GB 2010)

Auffällig in den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen ist das Gleichsetzen von Nachhaltigkeit mit erfolgreicher Zukunftsfähigkeit. Diese Vorstellung wird von der Unternehmensstrategie festgelegt und entlang der gesamten Produktionslinie umgesetzt:

UT58::

Nachhaltigkeit bedeutet für Bayer erfolgreiche Zukunftsgestaltung. Sie ist als Teil der Unternehmensstrategie in unsere täglichen Arbeitsabläufe integriert. (Bayer AG NB 2012)

Außerdem wird in den Unternehmenstexten die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie thematisiert, deren strategischer Anspruch darin besteht, dass Nachhaltigkeit im Unternehmen über allem steht und von allen Mitarbeitern getragen wird:

UT59::

Nachhaltig zu handeln – das bedeutet für uns, in unsere Zukunft zu investieren. Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und setzen Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette um. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass nachhaltiges Handeln im Unternehmen strukturell verankert und von den Mitarbeitern gelebt wird. (BMW AG NB 2014)

UT60::

Als innovativer Marktführer kann Siemens nur mit leistungsfähigen und motivierten Mitarbeitern im weltweiten Wettbewerb bestehen. (Siemens AG NB 2009)

UT61::

Unsere Unternehmenskultur sowie der Umgang mit Menschen innerhalb des Unternehmens miteinander und mit unseren Geschäftspartnern sind geprägt durch Werte wie Anstand, Loyalität und Toleranz sowie die Achtung von Recht und Gesetz. (Siemens AG CRR 2002)

Nachhaltigkeit wird von den untersuchten Unternehmen – wie oben gezeigt – als Teil der Unternehmens- und Nachhaltigkeitsstrategie verstanden. Daran knüpft auch die Selbstverpflichtung der Unternehmen zu ethisch korrektem Handeln und die Rückbesinnung auf Unternehmenswerte an, gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten:

UT62::

Nachhaltigkeit ist ein leitendes Prinzip in unserem Unternehmen, verankert in unserer Philosophie, zentrales Element unserer Unternehmensstrategie und integraler Bestandteil des Siemens-Management-Modells. (Siemens AG JB 2014)

UT63::

Als innovativer Marktführer kann Siemens nur mit leistungsfähigen und motivierten Mitarbeitern im weltweiten Wettbewerb bestehen. (Siemens AG NB 2009)

In den untersuchten Unternehmenstexten wird aufgezeigt, dass die unternehmerische Verantwortung zu praktischem Handeln führt:

UT64::

Wir verpflichten uns zu ethischem und verantwortungsvollem Handeln. (Siemens AG GB 2009)

UT65::

Dabei werden wir unser Tun immer an den Bedürfnissen unserer Kunden, unserer Eigentümer, unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie an den gesellschaftlichen Werten ausrichten. Ich persönlich stehe dafür gerade, dass die nachfolgende Generation ein besseres Unternehmen weiterführen kann. Das ist meine Vision. Das ist meine Verantwortung. Das ist mein Versprechen. (Siemens AG JB 2014)

UT66::

Peter Löscher startete mit seiner Unterschrift am 15. Dezember 2010 die Einführung der Siemens Diversity Charter. Seitdem haben sich nahezu 15.000 Siemens-Mitarbeiter aktiv dazu bekannt, die Vielfalt zu fördern. (Siemens AG GB 2011)

In dem Corporate Responsibility Report der Siemens AG (2002) sticht der Ausdruck „echt“ im Zusammenhang mit Globalität und kultureller Vielfalt hervor:

UT67::

Unser Unternehmen ist geprägt von echter Globalität und kultureller Vielfalt. (Siemens AG CRR 2002)

Dieses Zitat führt zu der Annahme, dass es eine „echte“ und „unechte“ Globalität bzw. kulturelle Vielfalt gebe. Der Terminus „echt“ beschreibt die Existenz einer wahrhaftigen Globalität bzw. kulturellen Vielfalt. Gleichzeitig weist der Begriff „echt“ einen geringen Informationswert bzw. einen floskelhaften Charakter auf und ist demnach in diesem Zusammenhang nicht ausdrucksstark und wirkt überflüssig.

Eine weitere Besonderheit in den untersuchten Unternehmensberichten der Siemens AG ist die Selbstverpflichtung zu nachhaltigem Handeln in Bezug auf die Wahrung und Fortführung der Tradition, gemäß dem Credo „Erbe verpflichtet“ (Siemens AG GB 2009). Das eigene Handeln wird in den untersuchten Unternehmenstexten durch die positive Berichterstattung und Aufnahme in den Dow Jones Sustainability Index betont:

UT68::

Siemens steht für Nachhaltigkeit. Lange bevor dieser Begriff in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen wurde, hat schon unser Unternehmensgründer Werner von Siemens gesagt, »für einen kurzfristigen Gewinn verkaufe ich nicht die Zukunft des Unternehmens«. Das war prägend und ist ein Erbe aus der Gründerzeit unserer Firma. Dieses Erbe verpflichtet. Wir sind angetreten, es zu bewahren. Damit finden wir auch extern Anerkennung. Wir freuen uns über die Spitzenposition, die wir im Dow Jones Sustainability Index – dem weltweit meistverbreiteten Maßstab für Nachhaltigkeit von Unternehmen – im Segment der diversifizierten Industrieunternehmen erzielt haben. (Siemens AG GB 2009)

Von den drei Unternehmen wird die Einhaltung von Audit-Standards, insbesondere die der Dow Jones Sustainability Indizes (DJSI)-Standards, in den untersuchten Texten kongruent und elaborativ thematisiert. Neben dem erwünschten Zielzustand, bei dem Nachhaltigkeit als Garant für erfolgreiches Wirtschaften gesehen wird, wird die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee auch als Motiv gesehen, um die rechtlichen Rahmenbedingungen zu erfüllen und Standards einzuhalten. Dazu zählen Audit-Standards sowie der DJSI-Standard. Die Einhaltung der Nachhaltigkeitsstandards ist in den Unternehmen fest verankert und bietet ihnen aus gesamtunternehmerischer Perspektive einen Mehrwert:

UT69::

Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit

Im Jahr 2003 wurde die BMW Group zum fünften Mal in Folge in die Familie der führenden Nachhaltigkeitsindizes von Dow Jones Indexes, Stoxx Limited und SAM Group gewählt.

Zudem erreichte die BMW Group im Corporate Responsibility Rating der Münchener oekom research AG erneut den ersten Platz und damit die beste Bewertung für die Wahrnehmung ökologischer und sozialer Verantwortung.

Weiterhin gehört die BMW Group zur Spitzengruppe der Unternehmen, die in den wichtigsten Nachhaltigkeitsindizes auf den globalen Finanzmärkten vertreten sind. Die BMW Aktie partizipiert damit am weltweit starken Wachstum der nachhaltigkeitsbasierten Investments. (BMW AG GB 2003)

UT70::

Kooperation – Voraussetzung für Nachhaltigkeit

Komplexe, vernetzte Nachhaltigkeitsherausforderungen und -themen – wie wir sie in unserem Materialitätsportfolio dargestellt haben – erfordern nach unserem Verständnis stärker als andere Themen die Kooperation verschiedener Stakeholder.

Hierbei legen wir großen Wert auf den intensiven Austausch mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette, externen Anspruchsgruppen und Institutionen, denn Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Handeln können nicht im Alleingang verwirklicht werden, sondern erst durch gemeinsame Initiativen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Siemens Integrity Initiative, die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten für mehr Nachhaltigkeit in der Lieferkette oder die gemeinsame Produktentwicklung zusammen mit unseren Kunden sind hierfür Beispiele […].

Zudem verpflichten wir uns dazu, internationale Nachhaltigkeitsstandards und -richtlinien einzuhalten. Unter anderem sind wir bereits im Jahr 2003 dem Global Compact der Vereinten Nationen beigetreten […]. (Siemens AG NB 2010)

Zudem wird in den untersuchten Unternehmensberichten Nachhaltigkeit in Bezug auf das Einhalten von Nachhaltigkeitsstandards als Managementaufgabe für erfolgreiches Wirtschaften verstanden:

UT71::

Wirtschaftlicher Erfolg ist für die BMW Group das oberste Ziel und gleichzeitig die stabile Basis für die Übernahme von Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft. Nachhaltigkeit ist damit Managementaufgabe und Erfolgsfaktor zugleich. (BMW AG GB 2003)

In den vorgestellten Unternehmenstexten der drei Unternehmen erfährt der Aspekt Erreichen von nachhaltigem Wirtschaften eine thematische Kongruenz und Elaboration. Die Unternehmen halten nachhaltiges Wirtschaften für ihr Nachhaltigkeitsinvestment wichtig:

UT72::

Bayer ist mehrfach in Indizes und Investmentfonds vertreten, die ausschließlich nachhaltig wirtschaftende Unternehmen listen. Dies ist eine Anerkennung unserer Unternehmensstrategie. Neben rein ökonomischen Kriterien wie Rendite auf das eingesetzte Kapital spielen bei der Anlageentscheidung von Nachhaltigkeitsfonds auch der langfristig angelegte, verantwortungsbewusste Umgang mit Ressourcen und Corporate-Governance-Kriterien eine Rolle. (Bayer AG NB 2006)

UT73::

Nachhaltigkeit mit wachsender Bedeutung

Nachhaltiges Wirtschaften und Handeln eines Unternehmens rückt bei Investorenentscheidungen immer stärker in den Blickpunkt. (BMW AG GB 2007)

UT74::

Unser übergeordnetes Ziel heißt: nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften. Um dies zu erreichen, wollen wir wirtschaftlichen Erfolg auf der Basis solider Geschäftsmodelle in Einklang bringen mit den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter und der Gesellschaft sowie mit dem Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen. Dabei stehen wir zu den Grundsätzen des Sustainable Development und den zehn Prinzipien des un Global Compact. Kurz: Wir wollen Nachhaltigkeit erreichen – in allem, was wir tun. (Bayer AG NB 2008)

Die Siemens AG betont in ihren Unternehmenstexten, dass nachhaltiges Wirtschaften eine Vielzahl von Geschäftschancen bewirken kann:

UT75::

Geschäftschancen nachhaltigen Wirtschaftens

Nachhaltigkeit bedeutet im vorgenannten Sinne auch eine Geschäftschance, die wir konsequent nutzen wollen, wie der vorliegende Bericht an konkreten Beispielen zeigt.

»Vorbild sein«, so lautet eine zentrale Säule des Siemens-Nachhaltigkeitsprogramms. Dahinter steht der Anspruch, mit unseren Aktivitäten konkrete Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten und Geschäftschancen zu realisieren. Wie das genau funktioniert, welche Erfolge zu verzeichnen sind, welche Herausforderungen es zu meistern gilt und nicht zuletzt, welche Schritte in Zukunft notwendig sind – zu all diesen Fragen steht Barbara Kux im Interview Rede und Antwort. Als Mitglied des Vorstands und Chief Sustainability Officer verantwortet sie seit 2008 Nachhaltigkeit auf Vorstandsebene, bringt das Thema mit zahlreichen Initiativen voran und verleiht ihm im Unternehmen sichtbar Ausdruck. (Siemens AG NB 2012)

Für die BMW AG ist nachhaltiges Wirtschaften für die Zukunftsfähigkeit und Sicherung der unternehmerischen Handlungsfähigkeit eines Unternehmens wichtig:

UT76::

Nachhaltiges Wirtschaften ist für uns eine Investition in unsere Zukunftsfähigkeit: So erschließen wir neue Geschäftschancen, minimieren Risiken und suchen frühzeitig nach Lösungen für gesellschaftliche und unternehmerische Herausforderungen wie Ressourcenknappheit, Klimawandel oder den demografischen Wandel. (BMW AG NB 2012)

Ein weiterer Aspekt, der in Bezug auf den Zielzustand eines nachhaltigen Personalmanagements in den untersuchten Unternehmenstexten kongruent thematisiert wird, ist Gutes Abschneiden bei Preisen, Indizes und Rankings. Aus der Analyse geht hervor, dass das Ziel aller drei untersuchten Unternehmen darin besteht, in Bezug auf ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten Preise zu erhalten und einen guten Platz – wenn nicht sogar die Spitzenposition (vgl. BMW AG GB 2009) – bei Rankings und Indizes zu erreichen:

UT77::

Sustainalytics hat im Winter 2009 die Nachhaltigkeitsleistung der DAX-30®-Unternehmen untersucht. Mit 74,3 von 100 möglichen Bewertungspunkten erhält die BMW Group die beste Nachhaltigkeitsbewertung. Vor allem die Umwelt- und Sozialstandards für Zulieferer, eine starke Personal- und Sozialpolitik für die Belegschaft und das gesellschaftliche Engagement zeichnen unser Unternehmen aus. Sustainalytics ist ein unabhängiger, innovativer Dienstleister von „Responsible Investment Services“ und zählt zu den Marktführern in Europa und Nordamerika. (BMW AG GB 2009)

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG werden auch Preise für Nachhaltigkeitsberichte aufgeführt:

UT78::

Mit dem „Deutschen Umwelt Reporting Award 2006“ wurde die Bayer AG für den besten Nachhaltigkeitsbericht in Deutschland ausgezeichnet. Bestnoten gab es in fast allen Beurteilungskriterien. (Bayer AG NB 2006)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG werden unterschiedliche Aspekte des erstrebenswerten Zielzustands „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ thematisiert. In der untersuchten Berichterstattung der drei Unternehmen sind die folgenden diskursiven Themen in Bezug auf den Zielzustand eines nachhaltigen Personalmanagements ausdrucksseitig oder implizit vorhanden: Nachhaltigkeit als Unternehmensziel, Einhaltung von Corporate Governance, Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor im Personalmanagement und im Unternehmen, Nachhaltigkeit als Selbstverständnis, Einhaltung von Audit-Standards, Erreichen von nachhaltigem Wirtschaften und Gutes Abschneiden bei Preisen, Indizes, Rankings. Die einzelnen Themen erfahren eine intertextuelle thematische Kongruenz, Variation, Kontrastierung oder Elaboration. Von den Unternehmen wird die Nachhaltigkeitsidee als wünschenswerter Zielzustand in der Unternehmensstrategie über Ziele und in der Unternehmenstradition bzw. -philosophie verankert. Dabei sind nicht nur die wirtschaftlichen, erfolgsmotivierten Aspekte von Bedeutung, sondern auch die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Mitarbeiter im Sinne der unternehmerischen Verpflichtung zu sozialer Verantwortung. Das Streben nach einem nachhaltigen Personalmanagement erfolgt neben der Festlegung der Unternehmensziele und strategischen Ausrichtung des Unternehmens durch die selbst auferlegte Verpflichtung seitens der Unternehmen. Dies erfolgt in Anlehnung an die Unternehmenstradition, wie bei der Siemens AG (GB 2009), oder motiviert durch Rankings, die als Motivation dienen (vgl. Bayer AG, BMW AG).

5.2.3.2 Diskursive Themen zu Eigenschaften

In diesem Kapitel werden die typischen Eigenschaften für den Substantivtyp Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ vorgestellt. Im Folgenden werden die diskursiven (Sub-)Themen bzw. Prototypen zu den Eigenschaften in den Unternehmenstexten vorgestellt. Tabelle 5.17 gibt einen Überblick über die Prototypen bzw. Hauptanalysekategorien in den Unternehmenstexten.

In den untersuchten Unternehmenstexten präsentieren die Unternehmen ihre Vorstellungen und ihr Verständnis zu „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“. Als Analyseergebnisse zu den Eigenschaften sind die folgenden vier prominenten Prototypen entsprechend ihrer Häufigkeit zu nennen: Transparenz durch nachhaltiges Handeln, Nachhaltigkeit durch mitarbeiterorientiertes Personalmanagement, Nachhaltigkeit als Wertemanagement und Dialog mit den Stakeholdern durch nachhaltiges Handeln. Die thematischen Kohärenzbeziehungen zwischen den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen zeigen sich kongruent, kontrastiv, in Form von intertextueller Variation und Elaboration.

Von allen drei Unternehmen wird der erste Aspekt – Transparenz durch nachhaltiges Handeln – in den untersuchten Texten thematisiert. Aus den untersuchten Unternehmenstexten geht hervor, dass Nachhaltigkeit für die Unternehmen mehr als ein theoretisches Konstrukt ist. Als Handlungsmaxime bestimmt Nachhaltigkeit wesentliche Prozesse im Unternehmen:

UT79::

Nachhaltigkeit ist unser leitendes Prinzip und zugleich wesentliche Handlungsmaxime. (Siemens AG NB 2011)

In den untersuchten Texten der drei Unternehmen wird dargestellt, wie die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee die Offenlegung von Verfahren und Strukturen ermöglicht, die nachhaltige unternehmerische Handlungen begünstigen. Dabei werden die zentrale Verankerung von Nachhaltigkeit und die Überprüfung von nachhaltigkeitsrelevanten Handlungen in der Organisation eines Unternehmens thematisiert (vgl. Siemens AG JB 2014). In diesem Zusammenhang werden in den Unternehmenstexten der Siemens AG die Kontrollgremien, beispielsweise das Siemens Sustainability Board (vgl. Siemens AG NB 2011), sowie deren personelle Besetzung vorgestellt, zum Beispiel der Einsatz des sogenannten Chief Sustainability Officers Barbara Kux (vgl. Siemens AG GB 2006 und Siemens AG GB 2009):

UT80::

Wir glauben darüber hinaus, dass eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Anspruchsgruppen hilfreich ist, komplexe, miteinander verkettete Nachhaltigkeitsherausforderungen und -themen zu adressieren. Der dauerhafte und intensive Dialog mit den Partnern entlang der Versorgungskette sowie mit externen Interessengruppen und Organisationen hat große Bedeutung für uns. Deshalb arbeitet Siemens aktiv mit weltweit führenden Nachhaltigkeitsorganisationen wie dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) und dem World Resources Institute (WRI) zusammen. Alle zwei Jahre tauschen wir uns mit einem weiten Kreis von Anspruchsgruppen über wichtige Nachhaltigkeitsthemen aus und führen deren wichtigste Anmerkungen in einer Materialitätsmatrix zusammen, die auch in unserem Nachhaltigkeitsprogramm berücksichtigt wird. (Siemens AG JB 2013)

Das Zitat belegt die Bedeutung des Austauschs mit den Anspruchsgruppen genauso wie die Zusammenarbeit mit Nachhaltigkeitsorganisationen. In den untersuchten Texten wird die Transparenz zudem durch die Orientierung unternehmerischen Handelns am DCGK (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.1) betont (vgl. Bayer AG GB 2014, BMW AG NB 2012 und Siemens AG GB 2008). Die untersuchten Unternehmenstexte bedienen sich eines tabellarischen Überblicks zur Darstellung der erreichten Handlungen im Bereich Nachhaltigkeit (vgl. Bayer AG NB 2011: 6). Dabei werden die Nachhaltigkeitsaktivitäten im Zusammenhang mit dem Einhalten der GRI-Lichtlinien abgebildet und es erfolgt ein Verweis auf die Behandlung der Themen in den einzelnen Kapiteln (vgl. BMW AG NB 2008: 105).

In den untersuchten Texten aller drei Unternehmen erfährt der zweite Aspekt – Nachhaltigkeit durch mitarbeiterorientiertes Personalmanagement – eine thematische Kongruenz, Variation und Elaboration. Aus der Untersuchung geht hervor, dass sich die Unternehmen der Bedeutung eines auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Personalmanagements bewusst sind. An Nachhaltigkeit im Personalmanagement ist – wie in Abschnitt 5.2.3.1 dargestellt – die wechselseitige Bedingung zwischen unternehmerischem Erfolg und Mitarbeitern geknüpft:

UT81::

Die Kunst, langfristig erfolgreich zu sein, beruht nicht nur auf dem Geschäftsergebnis und der Vision eines Unternehmens, sondern auch auf einer Unternehmenskultur, die es schafft, die Mitarbeiter für das Unternehmen zu begeistern. (Siemens AG CCR 2001)

In den Unternehmenstexten der Bayer AG wird explizit das Umsetzen einer „wertebasierten und nachhaltig angelegten Personalpolitik“ thematisiert, die sich an dem Verantwortungsbegriff orientiert:

UT82::

Bayer verfolgt eine wertebasierte und nachhaltig angelegte Personalpolitik, die soziale Verantwortung und eine leistungsorientierte Unternehmenskultur miteinander verbindet. (Bayer AG NB 2011)

In den Unternehmenstexten der Siemens AG wird betont, dass die unterschiedlichen Arbeitnehmer für das Unternehmen gewonnen, begeistert und schließlich daran gebunden werden sollen. Dabei nimmt die Arbeitgeberattraktivität eine besondere Rolle ein:

UT83::

Als attraktiver Arbeitgeber räumen wir […] der Personalpolitik einen hohen Stellenwert ein – einer Personalpolitik, die auf die verschiedenen Lebensphasen, Generationen und die vielseitigen Anforderungen der Mitarbeiter flexibel reagiert. (Siemens AG NB 2012)

In diesem Zusammenhang wird in den untersuchten Texten der drei Unternehmen die Attraktivität des Arbeitgebers häufig thematisiert. Neben der Arbeitgeberattraktivität ist die Nachwuchsförderung ein zentrales Element des Personalmarketings, um Mitarbeiter zu gewinnen und an das Unternehmen zu binden. Die hohe Zahl der Codings (vgl. Tab. 5.18) belegt die Bedeutung des Personalmarketings für die untersuchten Unternehmen.

Tab. 5.18 Behandlung von Personalmarketing in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Aus den untersuchten Texten der drei Unternehmen geht hervor, dass Nachhaltigkeit den Arbeitnehmern als „Motivation und Inspiration“ dient:

UT84::

Außerdem dient Nachhaltigkeit inzwischen vielen Mitarbeitern als Motivation und Inspiration. (Siemens AG NB 2012)

Schließlich ist die Motivation der Mitarbeiter entscheidend für ein Unternehmen und ist daher für ein am Mitarbeiter orientiertes Personalmanagement innerhalb des Unternehmens zentral. Zur Exemplifikation für ein mitarbeiterorientiertes Personalmanagement sollen hier die Vergütungssysteme herangezogen werden. Diese wurden in den untersuchten Texten häufig thematisiert, wie die folgende Tabelle zeigt (Tabelle 5.19):

Tab. 5.19 Behandlung von Leistungsbeurteilung und Vergütungssystemen in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Entsprechend der Analyse besteht eine nachhaltige, mitarbeiterorientierte Vergütung darin, dass sich Vergütungsmaßstäbe an Leistung und Erfolg orientieren. Das heißt, Nachhaltigkeit wird in der Vergütung über Leistungsabhängigkeit umgesetzt:

UT85::

Das System der leistungs- und erfolgsabhängigen Bezahlung aller Mitarbeiter bauen wir weiter aus. (Bayer AG GB 1999)

UT86::

Die beschriebene Vergütungsphilosophie mit ihren Prinzipien und Strukturen trägt wesentlich zu einer nachhaltigen Personalpolitik bei. Das wird von unseren Mitarbeitern und Führungskräften auf breiter Basis akzeptiert und geschätzt. (BMW AG GB 2009)

UT87::

Darüber hinaus sind Nachhaltigkeitsaspekte über die Kaskadierung des Unternehmensziels Nachhaltigkeit auch in persönlichen Zielvereinbarungen für Führungskräfte integriert und damit Teil der leistungsabhängigen Vergütung. (BMW AG NB 2012)

In den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der drei Unternehmen werden konkrete Bestandteile und Prinzipien von nachhaltigen, personalorientierten Vergütungssystemen vorgestellt:

UT88::

Vergütungssysteme

Unser Anspruch ist es, Nachhaltigkeit auch in unseren Vergütungssystemen zum Ausdruck zu bringen. Die BMW Group setzt auf hoch motivierte Mitarbeiter, für die hoher Einsatz und Leistungsbereitschaft zum Selbstverständnis gehören. Das Jahreseinkommen ist nach diesem Verständnis nicht nur Anreiz, sondern Gegenleistung des Unternehmens und somit Ausdruck von Wertschätzung für die erbrachte Leistung des Mitarbeiters.

Das Vergütungssystem der BMW Group zeichnet sich durch folgende grundlegende Prinzipien aus:

  • Fairness, Transparenz und Nachvollziehbarkeit

  • Durchgängigkeit über alle Hierarchieebenen im Unternehmen, aus der sich ein Gleichklang bei der Einkommensentwicklung ergibt

  • Förderung einer leistungsorientierten Unternehmenskultur durch gezielte Verwendung von fixen und variablen Vergütungskomponenten

  • Leistungsträger werden an das Unternehmen gebunden und für potenzielle Mitarbeiter ist die BMW Group ein äußerst attraktiver Arbeitgeber (BMW AG GB 2009)

Für die Vergütung ist das sogenannte Performance Management von Bedeutung, bei dem zusammen mit den Mitarbeitern Zielvereinbarungen getroffen werden, die als Bemessungsgrundlage für die Vergütung dienen. Bei der Bemessung der Vergütung nehmen Erfolge im Bereich Nachhaltigkeit eine immer größer werdende Bedeutung ein, wie im folgenden Zitat der Bayer AG ausgedrückt wird:

UT89::

Nachhaltigkeit als Bemessungsgrundlage

Wir haben damit begonnen, die variable Vergütung von Führungskräften im Bayer-Konzern direkt an Nachhaltigkeitserfolge zu koppeln, indem wir Nachhaltigkeitsziele in die individuellen Zielvereinbarungen von Führungskräften integrieren. Unser Ziel ist es, eine enge Verknüpfung von Nachhaltigkeitszielen und variablen Gehaltsbestandteilen konzernweit umzusetzen. (Bayer AG NB 2009)

Aus den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen geht hervor, dass ein mitarbeiterorientiertes Vergütungssystem außerdem darauf abzielt, Mitarbeiter über die Vergütung am Unternehmenserfolg zu beteiligen:

UT90::

Hohe Beteiligung am Unternehmenserfolg

Eine weitgehend einheitliche Vergütungssystematik für alle Mitarbeitergruppen sowie die regelmäßige Beteiligung am Unternehmenserfolg sind wesentliche Elemente unserer Personal- und Entgeltpolitik. Allein im Rahmen des konzernweiten Incentivierungsprogramms wurden für das Berichtsjahr mehr als 460 Millionen Euro an variablen Einmalzahlungen an die rund 25.000 teilnehmenden Beschäftigten ausbezahlt. Die individuelle Höhe der Erfolgsbeteiligungen wurde erstmals nach einer neuen Systematik ermittelt, die die persönliche Leistung noch stärker und nachvollziehbarer als bisher honoriert. […] Um die variable Vergütung an Nachhaltigkeits-aspekte zu koppeln, werden in den individuellen Zielvereinbarungen auch Nachhaltigkeitsziele integriert, wo immer der Verantwortungsbereich oder die Tätigkeit des jeweiligen Mitarbeiters dies sinnvoll zulässt. (Bayer AG NB 2009)

Die BMW AG betont zudem, dass eine mitarbeiterorientierte vom Geschlecht unabhängige Entlohnung im Vergütungssystem erzielt werden soll:

UT91::

Unser Vergütungssystem ist geschlechtsneutral. Um dies sicherzustellen, befragen wir regelmäßig unsere Gesellschaften weltweit. Weder für die tariflichen Mitarbeiter in Verwaltung, IT, Entwicklung und Produktion noch für die außertariflichen Mitarbeiter besteht eine erkennbare Abweichung des Grundgehalts zwischen Frauen und Männern. (BMW AG NB 2012)

Die Analyse der Unternehmenstexte zeigt, dass für die drei Unternehmen die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee in der Personalpolitik neben einer leistungsgerechten Bezahlung auch die betriebliche Altersvorsorge sowie die Kranken- und Sozialversicherung gehören, die nicht in allen Ländern gesetzlich geregelt ist:

UT92::

Nachhaltige Personalpolitik

Bayer verfolgt eine nachhaltig angelegte Personalpolitik, die auf Vielfalt und Chancengleichheit, persönliche und fachliche Entwicklung unserer Beschäftigten sowie auf soziale Absicherung setzt. Als Ausdruck unserer sozialen Verantwortung haben konzernweit 74 % der Beschäftigten Zugang zu einer Form der betrieblichen Altersvorsorge. Zusätzlich sind nahezu sämtliche unserer Mitarbeiter weltweit entweder gesetzlich krankenversichert oder können entsprechende Angebote des Unternehmens nutzen. Hohe soziale Standards, eine leistungs- und marktgerechte Vergütung mit vielen Zusatzleistungen und vielfältige berufliche Entwicklungsmöglichkeiten machen Bayer für unsere Beschäftigten zu einem attraktiven Arbeitgeber – die Fluktuationsrate betrug 2009 konzernweit 7 %. (Bayer AG GB 2009)

Für die drei Unternehmen ist wie in anderen unternehmerischen Teilprozessen des Personalmanagements Transparenz bei der Vergütung wichtig:

UT93::

Vergleichbarkeit und Transparenz

Insgesamt bewegt sich die Vergütung der BMW Group im oberen Drittel des relevanten Arbeitsmarkts und damit auf einem auch im externen Vergleich sehr attraktiven Wettbewerbsniveau. Unternehmensintern sorgt die BMW Group mit ihrer im Jahr 2008 überarbeiteten Vergütungssystematik für Fairness und Ausgewogenheit. Gemäß dem Grundsatz „Leistung und Gegenleistung“ kommt es zwar naturgemäß zu individuellen Einkommensunterschieden zwischen einzelnen Mitarbeitern. Das Einkommen der Entgeltgruppen entwickelt sich aber grundsätzlich ähnlich. Ein Auseinandergehen der „Einkommensschere“ zwischen hohen und niedrigen Einkommensgruppen ist seither bei der BMW Group ausgeschlossen. (BMW AG NB 2008)

UT94::

Auch durch eine weltweit einheitliche Vergütungssystematik schafft Bayer konzernweit Transparenz und gewährleistet eine leistungsgerechte Bezahlung und Incentivierung seiner Beschäftigten. Auf der Basis kontinuierlicher Analysen der Wettbewerber bieten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Grundgehalt, das Leistung und Verantwortungsgrad berücksichtigt. Ergänzt wird es durch attraktive erfolgs- und leistungsabhängige Vergütungsbestandteile sowie umfangreiche Nebenleistungen. Bayer hat für das Geschäftsjahr 2010 allein im Rahmen des konzernweiten „Short-Term-Incentive“ (sti)-Programms Zahlungen in Höhe von über 500 MIO € an seine Beschäftigten vorgenommen. (Bayer AG NB 2010)

Zusätzlich zur Transparenz orientieren sich die untersuchten Unternehmen am DCGK. In allen untersuchten Unternehmenstexten wird ausführlich die Vergütung des Vorstands oder des oberen Managements sowie der Führungskräfte thematisiert. Dabei kann festgehalten werden, dass sich die Vergütung an konkreten Vorgaben wie dem DCGK orientiert:

UT95::

Die BMW Group unterstützt die Bestrebungen des Deutschen Corporate Governance Kodex, die Transparenz hinsichtlich der Vergütungsbestandteile zu erhöhen. Es werden deshalb die Prinzipien beschrieben, die für die Vergütung des Vorstands gelten, sowie die Festlegungen der Satzung für die Vergütung des Aufsichtsrats. Neben der Struktur der Vergütung wird auch das Verhältnis der Vergütungsbestandteile in Zahlen erläutert. Gemäß den Empfehlungen des DCGK wird die Vergütung jedes Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieds schließlich individualisiert und nach Bestandteilen aufgegliedert ausgewiesen. (BMW AG GB 2007)

UT96::

Damit Bayer auch in Zukunft bei der Vergütung des Vorstands die Anforderungen des neuen VorstAG und die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex voll erfüllt, hat der Aufsichtsrat im Dezember 2009 Anpassungen beschlossen. (Bayer AG GB 2009)

UT97::

Diese betrifft die von der Regierungskommission 2012 geänderte Empfehlung zur Struktur der Aufsichtsratsvergütung in Ziffer 5.4.6 Abs. 2 Satz 2 des Kodex („Wird den Aufsichtsratsmitgliedern eine erfolgsorientierte Vergütung zugesagt, soll sie auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet sein.“). Vor diesem Hintergrund haben wir nach einer Vorprüfung im Präsidium mit dem Vorstand verschiedene Modelle zur zukünftigen Vergütung des Aufsichtsrats untersucht, um der Hauptversammlung 2013 einen Vorschlag zur Änderung der Satzung unterbreiten zu können. (BMW AG GB 2012)

Für alle untersuchten Unternehmen ist es wichtig, durch die Förderung von hoch qualifizierten Führungskräften im Sinne eines mitarbeiterorientierten Personalmanagements die Wettbewerbsfähigkeit und -vorteile eines Unternehmens zu sichern. Dies kann beispielsweise mithilfe eines attraktiven Vergütungssystems geschehen, das dazu dient, die Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und einen Verlust von Wissen zu vermeiden:

UT98::

Damit wir an den lokalen Märkten jeweils die besten Mitarbeiter rekrutieren und halten können, bieten wir in allen relevanten Arbeitsmarktsegmenten wettbewerbsfähige Vergütungsstrukturen. (Siemens AG NB 2008)

UT99::

Unsere führende Rolle im Bereich Nachhaltigkeit trägt wesentlich zur hohen Identifikation unserer Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Produkten bei und ist einer der Gründe für unsere niedrige Fluktuationsquote und in Folge Vermeidung von Personalbeschaffungsaufwendungen. (BMW AG NB 2014)

Der dritte Aspekt, der in Bezug auf die Eigenschaften eines nachhaltigen Personalmanagements in den untersuchten Unternehmenstexten behandelt wird, lautet Nachhaltigkeit als Wertemanagement. Dieser Aspekt erfährt eine kongruente, kontrastive und elaborative thematische Behandlung. Der folgende Ausschnitt aus dem Geschäftsbericht 2011 der Bayer AG verdeutlicht die Vorstellungen eines wertebasierten Personalmanagements. Der in dem Unternehmenstext relevante Abschnitt zum Thema Nachhaltigkeit und Mitarbeiter wird mit „Nachhaltige Personalpolitik“ betitelt:

UT100::

NACHHALTIGE PERSONALPOLITIK

Bayer verfolgt eine wertebasierte und nachhaltig angelegte Personalpolitik, die soziale Verantwortung und eine leistungsorientierte Unternehmenskultur miteinander verbindet. Das Fundament dieser Personalstrategie bilden die neuen Werte und Führungsprinzipien des Bayer-Konzerns, die im vergangenen Jahr unter dem Kürzel „life“ weltweit eingeführt und implementiert wurden. LIFE steht für Leadership (Führung), Integrität, Flexibilität und Effizienz.

Um die Führungskomponente von life zu stärken und die Leistungsorientierung im Unternehmen zu fördern, haben wir im Berichtsjahr beispielsweise ein innovatives Trainingsprogramm entwickelt, das unsere Führungskräfte dabei unterstützen soll, ihren Mitarbeitern regelmäßig eine offene und konstruktive Rückmeldung zu den gezeigten Leistungen und Verhaltensweisen zu geben. Ziel ist es, im gesamten Unternehmen eine authentische Feedbackkultur zu etablieren, die die individuellen Stärken der Beschäftigten fördert, vorhandene Defizite adressiert und so die persönliche und berufliche Entwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig verbessert. (Bayer AG GB 2011)

Die Bayer AG betont in ihrem Geschäftsbericht (2008), dass die Werteorientierung auch für die Nachwuchsgewinnung zentral ist:

UT101::

Und Unternehmen, die das Prinzip Nachhaltigkeit als festen Bestandteil ihres Leitbilds leben, können auch die Leistungsträger von morgen begeistern. Denn für immer mehr talentierte Nachwuchskräfte ist eine werteorientierte Unternehmensführung eines der zentralen Kriterien der Arbeitsplatzwahl. (Bayer AG GB 2008)

Zu Nachhaltigkeit als Wertemanagement wird demnach auch kontinuierlicher Wissens- und Erfahrungsaustausch gezählt (vgl. dazu auch Siemens AG GB 2012). Die berufliche und persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter kann hier als Beteiligung am Unternehmenserfolg verstanden werden. Der Abschnitt zeigt, dass Mitarbeitern dauerhaft Perspektiven geboten werden sollen. Die Siemens AG erweitert die Idee, dass für das Unternehmen nicht nur die Kunden im Fokus wirtschaftlichen Handelns stehen, sondern auch die Mitarbeiter und deren Entwicklung entsprechend eines wertebasierten Personalmanagements (vgl. Siemens AG GB 2006). So betont auch die BMW AG, dass Nachhaltigkeitsstrategien nur dann erfolgreich sind, wenn sie täglich von den Mitarbeitern gelebt werden (vgl. BMW AG NB 2014).

Die Nachhaltigkeitsidee im Unternehmen geht einerseits mit dem Verständnis einer wertebasierten Personalpolitik einher, andererseits aber auch mit einer Definition von langfristigen Werten. Dabei werden in den untersuchten Unternehmenstexten klare Leitlinien und Maßnahmen im Rahmen des Nachhaltigkeitsmanagements festgelegt:

UT102::

Bayer ist dem Konzept einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet: Ökonomische, ökologische und gesellschaftlich-soziale Belange sind gleichrangige Ziele unserer Unternehmenspolitik. Um diese Balance weltweit umzusetzen, haben wir effektive Steuerungsmechanismen entwickelt und konkrete Ziele definiert, an denen wir uns messen lassen. Unser Nachhaltigkeitsmanagement basiert auf langfristigen Werten und klaren Leitlinien, die für alle Unternehmensbereiche Gültigkeit haben. (Bayer AG NB 2008)

Aus der Analyse geht hervor, dass sich die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG darin einig sind, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfolgt. Nur so kann ein ganzheitlicher Einsatz der Nachhaltigkeitsidee erzielt werden:

UT103::

Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, indem wir Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette implementieren. Dies betrachten wir als Investition in die Zukunft. So stellen wir sicher, dass nachhaltiges Handeln im Unternehmen strukturell verankert und flächendeckend gelebt wird. (BMW AG NB 2013)

In diesem Zusammenhang wird im Nachhaltigkeitsbericht der Bayer AG ausgedrückt, dass Nachhaltigkeit auf einem „Wertekonzept“ basiert, an dem sich nachhaltiges Handeln orientiert:

UT104::

Für unsere Mitarbeiter bildet unsere Mission zusammen mit unserem Wertekonzept life […] die Basis für nachhaltiges Handeln. In der „Bayer Sustainable Development Policy“ haben wir ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit formuliert, das für den gesamten Konzern einschließlich der Teilkonzerne und Servicegesellschaften gültig ist. (Bayer AG NB 2012)

In den Unternehmenstexten der Siemens AG wird ein Werteverständnis thematisiert, das sowohl in Bezug auf die Kunden über nachhaltige Produkte und Produktionsprozesse Anwendung findet als auch bei den Mitarbeitern über ein entsprechendes auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Personalmanagement:

UT105::

Sustainability oder der Nachhaltigkeitsgedanke, wie wir ihn verstehen, ist eng an unser Werteverständnis gebunden. In seiner Vielschichtigkeit ist er unser Beitrag für eine gerechtere Weltwirtschaft und für ein auf Energieeffizienz und Dauerhaftigkeit ausgerichtetes Produkt- und Lösungsangebot an unsere Kunden. Zugleich ist er Ausdruck für eine verantwortungsvolle Mitarbeiterkultur und stets Zeichen für die kompromisslose Einhaltung von Recht und Gesetz. (Siemens AG NB 2008)

Auffällig in Bezug auf die thematische Behandlung einer wertebasierten Personalpolitik ist der Einsatz des Verantwortungskonzepts. Verantwortung stellt in den untersuchten Unternehmenstexten ein Schlüsselwort dar. In den untersuchten Unternehmensberichten betonen die drei Unternehmen, dass ein verantwortungsbewusstes Verhalten gegenüber allen Stakeholdern mittels der Nachhaltigkeitsidee garantiert werden soll, die in allen Bereichen nachhaltigen Handelns umgesetzt und auch überprüft werden soll. Insbesondere bei der Personalbetreuung ist das Thema Nachhaltigkeit eng an die Übernahme von Verantwortung geknüpft:

UT106::

Zum zweiten wollen wir uns entlang der gesamten Wertschöpfungskette verantwortungsbewusst verhalten – gegenüber allen unseren Interessengruppen, vor allem unseren Mitarbeitern, Kunden und Zulieferern sowie unseren Aktionären. (Bayer AG NB 2008)

UT107::

Unternehmerisches Handeln im Sinne von Sustainable Development bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – auf ökonomischem, ökologischem und sozialem Gebiet. Es bedeutet aber auch eigene Strukturen regelmäßig zu überprüfen und im Interesse der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und seiner Mitarbeiter ständig neu zu gestalten und weiterzuentwickeln. (Bayer AG GB 2004)

UT108::

Wir begegnen einander mit Respekt. Führung basiert auf gegenseitigem Vertrauen, Vertrauen basiert auf Berechenbarkeit und Fairness. (BMW AG GB 2011)

Der vierte Aspekt, der in Bezug auf die Eigenschaften eines nachhaltigen Personalmanagements in den untersuchten Unternehmenstexten thematisiert wird, ist der Dialog mit den Stakeholdern durch nachhaltiges Handeln. Dieser Aspekt wird kongruent, kontrastiv und in thematischer Elaboration behandelt. In den Unternehmenstexten der drei Unternehmen werden die Kooperation und der Austausch von Stakeholdern bzw. Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette behandelt (vgl. Siemens AG NB 2010).

UT109::

Die regelmäßige und aktuelle Information unserer Beschäftigten, aber auch das Einbinden der Belegschaft durch einen aktiven und zielgerichteten Dialog, gehören für das Unternehmen zu einem modernen Personal- und Talentmanagement mit wettbewerbsfähigen Strukturen und Prozessen. (Bayer AG GB 2014)

UT110::

Stakeholderengagement

Die BMW Group führt an allen Standorten und in den relevanten Märkten einen kontinuierlichen Dialog mit ihren Stakeholdern. Unser Ziel ist es, Trends frühzeitig zu erkennen und in unseren Strategieprozess einfließen zu lassen. Im Austausch mit unseren Stakeholdern lassen sich nicht alle Meinungsverschiedenheiten bereinigen, aber beide Seiten bekommen ein besseres Verständnis für die Sichtweisen des anderen. (BMW AG NB 2014)

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG werden in Bezug auf den Austausch und die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Anspruchsgruppen zahlreiche Veranstaltungen aufgeführt, die einen Dialog zwischen den einzelnen InteressensgruppenFootnote 12 begünstigen sollen (BMW AG NB 2013 und BMW AG NB 2014: 19, 141). Außerdem wird in den Unternehmenstexten die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern, insbesondere mit den Führungskräften, bei der Erarbeitung von Lösungen und Maßnahmen betont:

UT111::

Der Führungsstil in der BMW Group ist gekennzeichnet durch Kooperation und Dialog. Die Führungskräfte fördern und fordern ihre Mitarbeiter. Das Ziel: Freiräume so gestalten, dass jeder Mitarbeiter unternehmerisch handeln kann und befähigt wird, sein Bestes für das Unternehmen zu geben. (BMW AG NB 2007/2008)

UT112::

Zuhören, erklären, verstehen. Die BMW Group reagiert nicht nur auf Anfragen, die von außen an sie herangetragen werden, sondern sucht selbst aktiv und systematisch das Gespräch mit ihren Stakeholdern. Schließlich birgt der offene, unvoreingenommene Dialog große Chancen. Er hilft dem Unternehmen, Risiken und Potenziale frühzeitig zu identifizieren, neue Wege zu finden sowie Fehler frühzeitig zu korrigieren oder gar zu vermeiden. Und nicht zuletzt stärkt es die Reputation der BMW Group, wenn die Motive und Ziele ihres Handelns transparent werden. (BMW AG NB 2007/2008)

UT113::

Die Einführung der Mobilarbeit 2014 ist für uns ein weiterer, innovativer Schritt in Richtung selbstbestimmten Arbeitens, Ergebnisorientierung und mehr Flexibilität bei der individuellen Gestaltung der Arbeitsumgebung. Sie wird von der Unternehmensleitung und dem Betriebsrat befürwortet und gemeinsam in der Umsetzung unterstützt. Mit dem dabei eingeforderten Dialog zwischen Mitarbeitern und Führungskräften, insbesondere zum Thema Erreichbarkeit, nimmt die BMW Group eine Vorreiterrolle ein. (BMW AG NB 2013)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die diskursiven Themen in Bezug auf die Eigenschaften eines nachhaltigen Personalmanagements – Transparenz durch nachhaltiges Handeln, Nachhaltigkeit durch mitarbeiterorientiertes Personalmanagement, Nachhaltigkeit als Wertemanagement und Dialog mit den Stakeholdern durch nachhaltiges Handeln – sind in den Unternehmenstexten der drei untersuchten Unternehmen ausdrucksseitig oder implizit vorhanden. Aus der Abhandlung zu den Eigenschaften eines auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Personalmanagements geht hervor, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee nur dann erfolgreich ist, wenn sie täglich von den Mitarbeitern gelebt wird und deren Umsetzungsstrategien weiterentwickelt werden (vgl. BMW AG NB 2014). Dafür sollte die Nachhaltigkeitsidee in der Unternehmensstrategie verankert sein und konkrete Handlungen und Kontrollmechanismen definiert werden.

5.2.3.3 Diskursive Themen zu Ursachen und übergeordnetem Zusammenhang

In diesem Kapitel werden die Analyseergebnisse zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang für den Substantivtyp Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ präsentiert. Im Folgenden werden die diskursiven (Sub-)Themen bzw. Prototypen zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang in den Unternehmenstexten vorgestellt. Tabelle 5.20 gibt einen Überblick über die Prototypen bzw. Hauptanalysekategorien in den Unternehmenstexten.

Tab. 5.20 Überblick über die Prototypen von Ursachen und übergeordnetem Zusammenhang in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

In den untersuchten Unternehmenstexten werden die Vorstellungen seitens der Unternehmen in Bezug auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang zum erstrebenswerten Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ präsentiert. Dabei sind die folgenden vier prominenten Prototypen entsprechend ihrer Häufigkeit zu nennen: Verpflichtung zu ethischem und verantwortungsvollem Handeln, Erhalt und Steigerung der Innovationsfähigkeit, Nachhaltigkeit für die Unternehmenskommunikation, insbesondere für Nachhaltigkeitsberichte, von Bedeutung und Nachhaltigkeit für das gesamte unternehmerische Handeln zentral. Die thematischen Kohärenzbeziehungen zwischen den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen zeigen sich kongruent, kontrastiv, in Form von intertextueller Variation und Elaboration.

Von allen drei Unternehmen wird der erste Aspekt – Verpflichtung zu ethischem und verantwortungsvollem Handeln – in den untersuchten Unternehmenstexten kongruent und kontrastiv thematisiert. Neben dem unternehmerischen Selbstverständnis von ethischem und verantwortungsvollem HandelnFootnote 13 wird auch dessen Umsetzung von den drei Unternehmen in den untersuchten Unternehmenstexten thematisiert. Hierbei ist nachhaltiges unternehmerisches Handeln eng an die Einhaltung von Compliance-Richtlinien geknüpft (vgl. Siemens AG NB 2008).Footnote 14 Daran knüpft die Wahrung der Verantwortung als Arbeitgeber in Bezug auf Nachhaltigkeitsbestrebungen an:

UT114::

Zu unserem Anspruch als verantwortungsvoller Arbeitgeber gehört für uns auch, unseren Beschäftigten weltweit ein hohes Maß an sozialer Absicherung zu bieten. (Bayer AG NB 2006)

Die Transparenz von Nachhaltigkeitsaktivitäten wird in den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen thematisiert. Durch eine transparente und verantwortungsbewusste Kommunikation sollen unternehmerische Nachhaltigkeitsaktivitäten glaubwürdig übermittelt werden, wie die folgenden Zitate belegen:

UT115::

Für Siemens ist Nachhaltigkeit kein Lippenbekenntnis. Die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung − Ökonomie, Ökologie und Soziales − bestimmen unser Handeln. […] Und schließlich in sozialer Hinsicht, indem wir unsere Mitarbeiter fördern und uns für unser gesellschaftliches Umfeld engagieren. Nicht immer sind Entscheidungen dabei frei von Zielkonflikten – unser Anspruch ist es, diese transparent zu machen und die bestmögliche Lösung zu finden. (Siemens AG NB 2009)

UT116::

Wir verpflichten uns zu ethischem und verantwortungsvollem Handeln. (Siemens AG GB 2009)

Der zweite Aspekt der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs – Erhalt und Steigerung der Innovationsfähigkeit – thematisiert den Zusammenhang von nachhaltigem Personalmanagement und der Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter. Dieser Aspekt wird kongruent, kontrastiv und in thematischer Elaboration thematisiert. In den untersuchten Unternehmenstexten wird betont, dass Nachhaltigkeit im Personalmanagement von jedem einzelnen Mitarbeiter gelebt werden sollte, um bestmögliche Erfolge zu erzielen. Hierzu wird von der Siemens AG der Zusammenhang von Mitarbeitern und Erfolg wie folgt bezeichnet: „Träger unseres Erfolgs: Exzellente Mitarbeiter“ (Siemens AG CRR 2003: 20). In dem Untersuchungsmaterial wird die Bedeutung des Zusammenhangs zwischen Nachhaltigkeit und Innovation thematisiert, da durch nachhaltiges Handeln Antworten auf komplexe Fragen gegeben werden sollen:

UT117::

Innovation ist von jeher der Schlüssel zur Bewältigung von Nachhaltigkeitsherausforderungen. Mit der Verankerung von Innovation als zentraler Aufgabe und mit innovativen Konzepten sichern wir dauerhaft unsere Vorreiterposition als integrierter, nachhaltig agierender Technologiekonzern und bauen sie weiter aus. (Siemens AG NB 2010)

Die Innovationsfähigkeit jedes einzelnen Mitarbeiters ist demnach für erfolgreiches Wirtschaften von Bedeutung. Die Erhöhung der Innovationsfähigkeit und die damit einhergehende Effizienz der Mitarbeiter wird in den untersuchten Unternehmenstexten der Siemens AG im Zusammenhang mit Vielfalt definiert. Um die Fähigkeiten der Mitarbeiter bestmöglich für das Unternehmen einsetzen zu können, werden auch Mitarbeiterbefragungen durchgeführt:

UT118::

Vielfalt und Engagement in der Mitarbeiterschaft weltweit unterstützen

Als großes und weltweit präsentes Unternehmen verfügt Siemens über eine vielfältig zusammengesetzte Belegschaft – allein in unseren zehn größten Landesgesellschaften arbeiten Menschen aus rund 140 Nationen. Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Diversity-Ansatz: Vielfältig zusammengesetzte Teams mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten, Erfahrungen und Qualifikationen mehren den Ideenreichtum im Unternehmen und stärken damit seine Innovationskraft. Engagierte Mitarbeiter machen Siemens stark. Damit wir wissen, wie wir ihren Einsatz weiter stärken können, fragen wir sie regelmäßig nach ihrer Meinung – weltweit in 40 Sprachen. Die Ergebnisse werden konsequent dazu genutzt, unsere Unternehmensprozesse zu verbessern. (Siemens AG GB 2012)

Die Behandlung des Themas – Erhalt und Steigerung der Innovationsfähigkeit – und die damit verbundene große Anzahl an kodierten Textstellen in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG unterstreicht die Wichtigkeit von Innovationen für die Sicherung des Unternehmenserfolgs sowie die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens (vgl. Bayer AG GB 2012, Bayer AG GB 2014, BMW AG NB 2014 und Siemens AG NB 2012):

UT119::

Unsere führende Rolle im Bereich Nachhaltigkeit trägt wesentlich zur hohen Identifikation unserer Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Produkten bei und ist einer der Gründe für unsere niedrige Fluktuationsquote und in Folge Vermeidung von Personalbeschaffungsaufwendungen. (BMW AG NB 2014)

In dem Geschäftsbericht der Bayer AG bezeichnet sich das Unternehmen als „Innovationsunternehmen von Weltrang“ (Bayer AG GB 2014: 47). Dies zeigt, dass der Erhalt und die Steigerung der Innovationsfähigkeit für das Unternehmen lohnenswert sind, da daran der Ruf des Unternehmens gekoppelt ist. Dieser Punkt wird auch in den Unternehmenstexten der Siemens AG betont, indem das Unternehmen Innovationen als „Lebenselixier“ bezeichnet (Siemens AG NB 2012: 9).

Der dritte Aspekt – Nachhaltigkeit für die Unternehmenskommunikation, insbesondere für Nachhaltigkeitsberichte, von Bedeutung – wird in den untersuchten Texten der drei Unternehmen kongruent und kontrastiv behandelt. Nachhaltigkeit und deren Umsetzung wird von der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG als wichtig für die Unternehmenskommunikation, insbesondere für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, angesehen. Ziel der Unternehmenskommunikation ist die Übermittlung der unternehmerischen Nachhaltigkeitsziele und -aktivitäten. Dies erfolgt mit der Verknüpfung von ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Allen Unternehmen ist gemein, dass sie in ihren Unternehmensberichten die Ausführlichkeit und Transparenz ihrer Berichterstattung betonen:

UT120::

Um eine größtmögliche Transparenz zu gewährleisten, unterrichten wir unsere Aktionäre, die Finanzanalysten, die Aktionärsvereinigungen, die Medien und die interessierte Öffentlichkeit regelmäßig und zeitnah über die Lage des Unternehmens sowie über wesentliche geschäftliche Veränderungen. Damit entspricht die Berichterstattung unseres Unternehmens den im Kodex definierten Regelungen: Bayer informiert seine Aktionäre vier Mal pro Jahr über die Geschäftsentwicklung, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie über dessen Risiken. Gemäß der gesetzlichen Verpflichtung versichern die Mitglieder des Vorstands der Gesellschaft, dass nach bestem Wissen der Jahresabschluss, der Konzernabschluss und der zusammengefasste Lagebericht ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln. (Bayer AG GB 2010)

UT121::

In unserem jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht informieren wir detailliert über unsere Nachhaltigkeitsleistung. Der Prozess der Datenerhebung und die Aussagen im gesamten Nachhaltigkeitsbericht wurden von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfungsunternehmen einer prüferischen Durchsicht unterzogen und auf Konsistenz, Angemessenheit und Glaubwürdigkeit überprüft. Unser aktueller Bericht erfüllt die international anerkannten g3-Richtlinien der Global Reporting Initiative (gri) entsprechend dem höchsten Standard (Level a+ ). In einer Fortschrittsmitteilung stellen wir im Bericht auch unsere Maßnahmen, Managementsysteme und Leistungen zur Umsetzung der zehn Prinzipien des un Global Compact dar. (Bayer AG GB 2011)

UT122::

Deshalb zielt ein Großteil der Maßnahmen darauf ab, das Bewusstsein im Umgang mit Wissen zu stärken und für Nachhaltigkeit zu sorgen, zum Beispiel durch Implementierung dieser „Geisteshaltung“ in Firmengrundsätze, Qualifizierung im Rahmen von zielgruppenspezifischen Trainings sowie die Schaffung von geeigneten Anreiz- und Beurteilungssystemen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Bereitstellung und Gestaltung von Kommunikationsplattformen, die dafür sorgen, dass vor allem Erfahrungswissen über Abteilungs- und Werksgrenzen hinweg fließen kann. Dies beinhaltet zum Beispiel die Förderung von Erfahrungsaustausch durch Intranetplattformen, Face-to-face-Veranstaltungen und Kommunikationsplätzen in den Werken. Nur durch größtmögliche Vernetzung von Wissensträgern und Wissenstransfer gewinnt Wissen im Unternehmen seine Wirksamkeit. (BMW AG NB 2001/2002)

UT123::

Kommunikation spielt eine herausgehobene Rolle bei der Umsetzung unserer Diversity-Initiative: Wir wollen das Bewusstsein und das Verständnis für Diversity stärken. Deshalb fördert Jill Lee aktiv den internen und externen Dialog mit verschiedenen Stakeholdern. Sie führt beispielsweise einen internen Blog, bei dem unsere Mitarbeiter aus der ganzen Welt mit ihr in Kontakt treten können. Außerdem engagiert sie sich dafür, dass unsere Diversity-Netzwerke mit externen Organisationen zusammenarbeiten, beispielsweise mit Bildungseinrichtungen, weltweiten Diversity-Organisationen und anderen Institutionen. (Siemens AG NB 2008)

In Zusammenhang mit der Unternehmenskommunikation wird in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG die Wichtigkeit des Dialogs für die Zukunftssicherung ihrer Unternehmen ausgedrückt:

UT124::

Wir berichten transparent und nachvollziehbar über die Erfolge und He-rausforderungen auf dem Gebiet nachhaltigen Wirtschaftens. Indem wir aktiv den Dialog mit verschiedenen Interessengruppen suchen, greifen wir wichtige Themen und Entwicklungen in unserem Umfeld frühzeitig auf. Entwicklungen, die die Rahmenbedingungen für unser wirtschaftliches Handeln prägen – und damit entscheidend für unseren künftigen Erfolg sind. Dieser Dialog ist für die BMW Group ein wichtiges Instrument zur Zukunftssicherung des Unternehmens. (BMW AG NB 2007/2008)

UT125::

Mit dem zweijährlich erscheinenden Sustainable Value Report, einem eigenen Online-Auftritt sowie öffentlichen Veranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit sucht die BMW Group den kontinuierlichen Dialog mit ihren Stakeholdern. Indem sie ihre Rolle als aktiver Corporate Citizen kommuniziert, fördert sie die Wertschätzung des Unternehmens bei Kunden und Investoren – eine Wertschätzung, die sich unter anderem über Sustainability Rankings direkt auf den Unternehmenswert auswirkt. Unternehmensintern wird der Nachhaltigkeitsgedanke durch die BMW Group Mitarbeiterzeitung, das Intranet, Führungskräfteveranstaltungen und Schulungen für Mitarbeiter stetig breiter gestreut und verankert. (BMW AG NB 2007/2008)

Die Siemens AG betont in den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten, dass Nachhaltigkeit nicht nur für die Nachhaltigkeitsberichte, sondern für die gesamte Kommunikation bedeutend ist. In ihrem Corporate Responsibility Report bezeichnet die Siemens AG Kommunikation in Verbindung mit den Megatrends wie demografischer Wandel als zentral für das gesamte Geschäftsfeld (vgl. Siemens AG CRR 2003). Folglich sollten geeignete Kommunikationswege, beispielsweise die Tele-Kommunikation, entwickelt werden (vgl. ebd.).

Der vierte Aspekt – Nachhaltigkeit für das gesamte Unternehmerische Handeln zentral – wird in den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der drei untersuchten Unternehmen thematisiert. Nachhaltigkeit und deren Umsetzung wird für das gesamte unternehmerische Handeln als wichtig angesehen und von allen drei Unternehmen in den untersuchten Texten kongruent und in thematischer Elaboration behandelt. Dabei werden die Verankerung von Nachhaltigkeitszielen und die Vernetzung mit der praktischen Umsetzung der Nachhaltigkeitsaktivitäten innerhalb der Unternehmensstruktur aufgezeigt, beispielsweise in den Unternehmenswerten, Führungsgrundsätzen und Leitlinien. Es werden eigens für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele gegründete Abteilungen oder Positionen wie das „Corporate Sustainability Board“ (Bayer AG), das „Nachhaltigkeitsboard“ (BMW AG) und der „Chief Diversity Officer“ (Siemens AG) vorgestellt und Mechanismen der Zusammenarbeit aufgezeigt:

UT126::

Unterstützt und beraten wird das „Corporate Sustainability Board” durch unsere „Sustainable Development (sd) Planning Group“. Der Konzernbereich „Environment & Sustainability“ arbeitet eng mit den Nachhaltigkeitsverantwortlichen der Teilkonzerne und Servicegesellschaften und weiteren Konzernfunktionen zusammen und steuert die Umsetzung der beschlossenen Ziele. Gremien auf der Ebene der Regionen und Teilkonzerne ergänzen die weltweite Organisation. (Bayer AG NB 2007)

Zusätzlich werden in den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen das Nachhaltigkeitsmanagement sowie Steuerungsmechanismen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen und deren Strategien vorgestellt:

UT127::

Für Steuerung und Ausrichtung unserer konzernweiten Nachhaltigkeits-strategie ist der Konzernvorstand für Innovation, Technologie und Nachhaltigkeit sowie ein Konzerngremium unter der Leitung des Konzernbereichsleiters Environment & Sustainability verantwortlich. Das Gremium identifiziert und bewertet die nachhaltigkeitsrelevanten Chancen und Risiken für unser Unternehmen, legt Ziele, Initiativen, Managementsysteme und Regelungen fest und ist für das Monitoring verantwortlich. (Bayer AG GB 2012)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die Ursachen und der übergeordnete Zusammenhang im Bereich „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ zeigen auf, dass unternehmerisches Handeln durch gesamtunternehmerisches Handeln motiviert ist und nicht isoliert betrachtet werden kann.

In den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen sind die folgenden diskursiven Themen in Bezug auf den Zielzustand eines nachhaltigen Personalmanagements ausdrucksseitig oder implizit vorhanden: Verpflichtung zu ethischem und verantwortungsvollem Handeln, Erhalt und Steigerung der Innovationsfähigkeit, Nachhaltigkeit für das gesamte unternehmerische Handeln zentral und Nachhaltigkeit für die Unternehmenskommunikation, insbesondere für Nachhaltigkeitsberichte, von Bedeutung. Die einzelnen Themen erfahren eine intertextuelle thematische Kongruenz, Variation, Kontrastierung und Elaboration. Die diskursiven Subthemen zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang sind seitens der Unternehmen, beispielsweise Erhalt und Steigerung der Innovationsfähigkeit, in einen größeren unternehmerischen Zusammenhang einzuordnen und bei der praktischen Umsetzung für das Personalmanagement in verschiedenen Bereichen von Bedeutung. Ein Grund für die kongruente Behandlung der Motive in Bezug auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang für nachhaltiges Handeln im Personalmanagement in den Unternehmenstexten besteht darin, dass erfolgreiches Handeln im Interesse der untersuchten Unternehmen ist. Folglich lassen sich für die oben aufgeführten diskursiven Themen Berührungspunkte zu konkreten Bereichen des Personalmanagements festmachen, die den Ursachen übergeordnet zugeschrieben werden können: In Führungsfragen betrifft dies beispielsweise die Vorbildfunktion, in Bezug auf die Mitarbeiterentwicklung die Wertschätzung sowie Motivation der Mitarbeiter als Erfolgsfaktor und in der Unternehmenskultur die Schaffung einer Leistungs-, Dissens- und Innovationskultur.

In den untersuchten Unternehmensberichten wird ein modernes, auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Personalmanagement mit wettbewerbsfähigen Strukturen und Prozessen thematisiert, das Instrumente der Mitarbeiterbefragung und andere Feedbacksysteme beinhaltet, um die Wirkung der unternehmerischen Maßnahmen im Personalmanagement abzufragen (vgl. BMW AG NB 2014). Ebenso wird in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG betont, dass Entscheidungsprozesse und die Qualifikation von Schnittstellenverantwortlichen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaktivitäten im Personalmanagement optimiert werden sollen (vgl. BMW AG NB 2014). Die Festlegung und Steuerung dieser Aktivitäten sind ganzheitlich im Unternehmen verankert, insbesondere bei der praktischen Umsetzung.

5.2.3.4 Diskursive Themen zu Handlungen

In diesem Kapitel werden die Analyseergebnisse zu den Handlungen näher beleuchtet, die innerhalb des Personalzyklus zum Substantivtyp Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ beitragen. Bei der Präsentation der Analyseergebnisse stehen die einzelnen Teilprozesse und Maßnahmen im Vordergrund, die ergriffen werden, um die Nachhaltigkeitsidee im Personalmanagement umzusetzen. Auffällig ist, dass die untersuchten Unternehmen sehr ausführlich über ihre Handlungen berichten. Hier ist anzunehmen, dass die untersuchten Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten ein positives Selbstbild präsentieren möchten, indem sie aufzeigen, in welchen Bereichen sie besonders aktiv sind, und dies mit den entsprechenden Messgrößen belegen.

Die herausgearbeiteten und für die Forschungsarbeit relevanten Themen bezüglich der Handlungen sind in den Unternehmenstexten vielschichtig. Von der Personalgewinnung, -betreuung, -entwicklung und -beteiligung bis zur Trennung von Mitarbeitern sind viele Aspekte des Personalmanagements unter dem Nachhaltigkeitsbegriff vertreten. Für die diskurslinguistische Frame-Analyse wurden die Themen entsprechend des Personalzyklus innerhalb eines Unternehmens systematisiert, wie die folgende Abbildung zeigt:

Abb. 5.17
figure 17

Thematische Entfaltung des Zustands „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ entsprechend des Personalzyklus innerhalb eines Unternehmens

Ein zentrales Ergebnis der Analyse ist, dass eine Vielzahl von Handlungen in den untersuchten Unternehmenstexten thematisiert wird. Ein Überblick über alle Handlungen, die in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG thematisiert werden, ist in Tabelle 5.21 aufgeführt. Die Tabelle zu den Hauptanalysekategorien und nominalisierten (Sub-)Themenn der Handlungen in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014) (S. 189) orientiert sich in ihrer Struktur an dem in Abbildung 5.17 vorgestellten Personalzyklus innerhalb eines Unternehmens. So lassen sich die diskursiven (Sub-)Themen vom Personalmarketing bis zur Personalfreisetzung strukturiert und nach Relevanz ordnen.

Tab. 5.21 Hauptanalysekategorien und nominalisierte (Sub-)Themen der Handlungen zu „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Die in den Unternehmenstexten behandelten Themen werden für die linguistische vergleichende Analyse (mit dem Vergleichskorpus der Medientexte) auf ausgewählte Themen reduziert. Unter Vorgriff auf die Ergebnisse der Themenanalyse der Medientexte (siehe hierzu Abschnitt 5.3) und aufgrund ihrer Relevanz während des gesamten Untersuchungszeitraums (vgl. Tab. 5.21, S. 189) konzentriert sich die linguistisch vergleichende Untersuchung der unternehmerischen bzw. medialen Be- und Aushandlung auf folgende drei Themen:

  1. (1)

    Frauenförderung,

  2. (2)

    Kampf um Talente und

  3. (3)

    Führungsstil.

Im Folgenden werden die Analyseergebnisse für den Substantivtyp Handlung entsprechend der Schwerpunktthemen vorgestellt.Footnote 15 An entsprechender Stelle werden relevante (Sub-)Themen aus anderen Personalbereichen wie der Personalentwicklung oder dem Personalmarketing herangezogen.

Schwerpunktthema 1: Frauenförderung

Für das erste Schwerpunktthema Frauenförderung ist der Teilprozess Vielfalt relevant. Im Bereich Vielfalt werden Ziele und Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, Menschen mit Behinderung oder Migrationshintergrund und älteren Arbeitnehmern vorgestellt. Außerdem sind hier Maßnahmen zur Förderung von Interkulturalität relevant. In diesem Zusammenhang werden in den untersuchten Unternehmenstexten Kennzahlen zu den Unternehmensaktivitäten aufgeführt. Hervorzuheben sind die Kennzahlen zum Frauenanteil, insbesondere in Führungspositionen, zur Struktur der Belegschaft bezüglich des kulturellen Hintergrunds der Arbeitnehmer sowie zur Anzahl älterer Arbeitnehmer und von Mitarbeitern mit Behinderung. Die Behandlung des Themas Vielfalt lässt sich in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG sehr ausführlich feststellen. An dieser Stelle werden die für die Frauenförderung relevanten Aspekte vorgestellt, die in der folgenden Tabelle hervorgehoben sind (Tabelle 5.22).

Tab. 5.22 Überblick über die diskursiven (Sub-)Themen von Vielfalt in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Das Thema Frauenförderung erhält in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG insgesamt 239 Kodierungen und zeigt damit die Relevanz der thematischen Be- und Aushandlung des Schwerpunktthemas. Abbildung 5.18 gibt einen Überblick über die thematische Behandlung von Frauenförderung in den Unternehmenstexten während des Untersuchungszeitraums:

Abb. 5.18
figure 18

Überblick über die Relevanz von Frauenförderung in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Die Abbildung zeigt die über den Untersuchungszeitraum hinweg zunehmende Behandlung des Themas Frauenförderung in allen Unternehmen. Während Frauenförderung in den ersten fünf Jahren des Untersuchungszeitraums (1995–1999) in den untersuchten Unternehmenstexten nicht thematisiert wird, lässt sich in den darauf folgenden Jahren eine stetige Zunahme der Behandlung des Themas erkennen. Eine signifikante zunehmende Thematisierung ist seit dem Jahr 2010 vorzufinden. Unter Vorgriff auf die Einordnung des Themas Frauenförderung in den historischen Kontext (vgl. dazu Abschnitt 5.3.1) soll hier angemerkt werden, dass vom Jahr 2000 an zahlreiche Ereignisse stattgefunden haben, die einen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung hatten und damit einhergehend auch für die Unternehmen und deren Berichterstattung relevant waren. Für das Jahr 2000 ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu nennen, das die Vereinbarkeit gesetzlicher Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen und Männer mit der europäischen Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG bestätigt. Nennenswerte Gesetze und Ereignissen für die darauf folgenden Jahre sind unter anderem:

  • die Einführung der Elternzeit (2001),

  • die Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit in der Privatwirtschaft, die zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft geschlossen wurde (2001),

  • die Änderung des Mutterschutzgesetzes (2002),

  • das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (2004),

  • das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (2006),

  • das Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (2006),

  • die „Berliner Erklärung“, die die Gleichberechtigung von Frauen und Männern als gemeinsames Ideal der Europäischen Union erklärt (2006),

  • das Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ (2008),

  • der 1. Equal Pay Day (Tag der Entgeltgleichheit) (2008),

  • das Kinderförderungsgesetz zur Förderung des Ausbaus eines qualitativ hochwertigen Betreuungsangebots (2008) sowie

  • der Vertrag von Lissabon, der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (2009), in dem die Gleichstellung der Geschlechter ein verankertes Grundprinzip und Handlungsziel der Europäischen Union ist. Artikel 8 lautet: „Bei allen ihren Tätigkeiten wirkt die Union darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern“ (Art. 8 des AEUV). Die Gleichstellung der Geschlechter ist ebenfalls in Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert, was die geforderte Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen bekräftigt.

Zur Erklärung der starken thematischen Behandlung seit dem Jahr 2010 kann eine Vielzahl von historischen Ereignissen aufgeführt werden, die der Prominenz von Frauenförderung in der Wahrnehmung und folglich in der thematischen Behandlung in den untersuchten Unternehmenstexten zugrunde liegen: Im Jahr 2010 wurde die Frauen-Charta der Europäischen Kommission unterzeichnet, um jede Form von Diskriminierung der Frau zu beseitigen. Zudem wird Deutschland für eine weitere Amtszeit im Vorsitz des Verwaltungsrats des Europäischen Gleichstellungsinstituts in Vilnius bestätigt. Außerdem wird am 21. September 2010 die Strategie der Europäischen Union zur Gleichstellung von Frauen und Männern angenommen, die das Ziel verfolgt, die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter gesetzlich verpflichtend zu machen. Diese Strategie zeigt den Nutzen der Gleichstellung der Geschlechter bezüglich Wirtschaftswachstums und nachhaltiger Entwicklung und soll die Umsetzung der Gleichstellungsmaßnahmen im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewirken. Im Jahr 2010 wird die Einheit „UN WOMEN“ der Vereinten Nationen zur Förderung von Frauen und Geschlechtergleichheit gegründet, die die Gleichstellungspolitik international stärken und eine effizientere Arbeitsweise gewährleisten soll. Zudem legt Bundesministerin Schröder ihr Konzept für die Privatwirtschaft im Sinne des im Koalitionsvertrag geforderten Stufenplans zur Förderung von Frauen in Führungspositionen vor: Eine gesetzliche „FlexiQuote“ soll für mitbestimmte und börsennotierte Unternehmen transparente und verbindliche Zielquoten für Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen verpflichtend werden. Im Jahr 2011 legen DAX-30-Unternehmen erstmals konkrete individuelle Zielvereinbarungen für Frauen in Führungspositionen vor. Außerdem werden in den letzten Jahren des Untersuchungszeitraums die sogenannten Equal Pay Days (Tag der Entgeltgleichheit) sowie das Forum Equal Pay Day eingeführt. Die genannten Ereignisse wirken auf die öffentliche Wahrnehmung und haben folglich einen Einfluss auf die Erstellung von Unternehmensberichten, indem die Unternehmen versuchen, die Themen in ihren Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten aufzugreifen und zu behandeln, die für die Stakeholder relevant sind.

Das Thema Frauenförderung ist dem Bereich „Vielfalt“ innerhalb des Personalzyklus zuzuordnen. Daher wird im Folgenden die thematische Behandlung von „Vielfalt“ in den Unternehmenstexten vorgestellt, bevor auf die thematischen Besonderheiten von Frauenförderung eingegangen wird. Unter Vielfalt wird die zentrale Aufgabe einer nachhaltigen Personalbetreuung verstanden, einerseits die Individualität eines Mitarbeiters zu berücksichtigen und andererseits Raum dafür zu schaffen, die Vielfalt der Belegschaft im Unternehmen zu ermöglichen. Die Definition und Verankerung des Vielfaltsbegriffs und von Aktivitäten im Bereich Vielfalt werden in den Unternehmenswerten und -strategien in den untersuchten Unternehmenstexten ausführlich aufgeführt:

UT128::

Diversity & Inklusion ist ein zentrales Thema in den verpflichtenden Qualifizierungsprogrammen für Führungskräfte. (BMW AG NB 2014)

In den Unternehmenstexten wird die Entwicklung eines Diversity-Konzepts mit einer geeigneten Strategie und unternehmensinternen Strukturen für den weltweiten Einsatz zur Förderung von Vielfalt vorgestellt. Dies geht einher mit einer Definition von Zielen und Leistungskennzahlen auf globaler, nationaler und regionaler Ebene zur Anleitung und Umsetzung der Strategien und Maßnahmen (vgl. Bayer AG GB 2011, BMW AG NB 2014 und Siemens AG CRR 2002).

Weitere Handlungen im Bereich Vielfalt in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG sind die Förderung des Dialogs und die Kommunikation von Messgrößen. So ist es beispielsweise für die europäischen Gesellschaften der Bayer AG seit Jahren ein zentrales Element, den sozialen Dialog zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zu fördern und als grenzüberschreitendes Element zum Informations- und Meinungsaustausch einzusetzen. Auch die Siemens AG verfügt über ein spezielles Programm, die „Diversity Strategy 2009“, zur Erfassung und Analyse von relevanten Daten und Messgrößen bei den Abläufen im Personalwesen. Es dient dazu, Personalprozesse transparent zu gestalten und Fortschritte nachzuweisen. Außerdem sollen damit die Nachhaltigkeitsaktivitäten überprüft, das Bewusstsein für nachhaltigkeitsrelevante Themen geschärft und die Kommunikation sichtbar gemacht werden. Zudem werden durch die Ermittlung von Stakeholdererwartungen mittels Mitarbeiterbefragungen und durch die Organisation zahlreicher Veranstaltungen die Aktivitäten im Bereich Vielfalt bei der Siemens AG belegt. Stellvertretend ist hier der „Diversity Day“ zu nennen. Dabei handelt es sich um eine zweitägige Veranstaltung mit Workshops, Vorträgen und Podiumsdiskussionen zum Thema Vielfalt.

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird das Ziel von Frauenförderung thematisch kongruent behandelt. Frauenförderung soll dazu dienen, zur Wertsteigerung und zum Erfolg des Unternehmens beizutragen, indem die Qualifikationen, das Wissen und das Potenzial der Frauen genutzt werden, wie die Bayer AG in ihrem Geschäftsbericht darstellt:

UT129::

Ebenso wollen wir das Potenzial der vielen hoch qualifizierten Frauen auf der ganzen Welt noch stärker nutzen. (Bayer AG GB 2011)

Ziel der untersuchten Unternehmen ist es, Frauen für das Unternehmen zu begeistern, zu gewinnen und daran zu binden. Aus diesem Grund werden in den untersuchten Unternehmenstexten zahlreiche Strategien und Maßnahmen vorgestellt, die die Arbeitgeberattraktivität für Frauen steigern sollen. Im Folgenden werden die Analyseergebnisse in Bezug auf die Maßnahmen bzw. Handlungen zur Frauenförderung unternehmensspezifisch vorgestellt. Das Thema Frauenförderung erfährt in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG eine thematische Kongruenz, Variation und Elaboration. Eine Auswahl der konkreten unternehmensspezifischen Maßnahmen zur Frauenförderung wird im Folgenden gegeben, aus der sich die untersuchungsrelevanten nominalisierten Themen für die Medientextanalyse ableiten lassen.

Zu den Maßnahmen zur Frauenförderung der Bayer AG zählen die Programme „Women in Leadership Series“ und „Women’s Leadership Initiative“, bei denen Frauen im Rahmen des Talent Managements gefördert werden und die Familienfreundlichkeit verbessert wird (vgl. Bayer AG NB 2009). Neben dem Engagement beim „Girl’s Day“ und der geschlechtsspezifischen Analyse der Leistungsbeurteilungen möchte die Bayer AG den Frauenanteil im Aufsichtsrat schrittweise auf 20 % erhöhen (vgl. Bayer AG NB 2011). Seit 2014 ist das Unternehmen Mitglied im „Beirat für Gleichstellung der Geschlechter“ (engl. Gender Parity Council) des Weltwirtschaftsforums Davos. Die Bayer AG erhielt zudem den Preis für das Programm „Frauen bei Bayer – Führungskräfte für den globalen Markt“, wobei speziell bei der Personalgewinnung und -rekrutierung auf die Frauenförderung geachtet wird (vgl. Bayer AG NB 2008). Außerdem führt die Bayer AG Jahres-Arbeitszeit-Konten, die um bis zu 200 Stunden variieren können, was zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben hilfreich ist. Außerdem besteht die Möglichkeit, Sabbaticals zur Weiterbildung oder Auszeit zu nehmen. Das Home Office kann durch spezielle Kommunikations- und Informationstechnik genutzt werden und es bestehen Gleitzeit- und Teilzeitregelungen sowie innovative Arbeitssysteme, die Flexibilität und Gestaltungsfreiheit ermöglichen (vgl. Bayer AG NB 2008). Zur Förderung von Frauen werden in den untersuchten Unternehmenstexten außerdem zahlreiche Mitarbeiternetzwerke genannt, beispielsweise von der Bayer AG: „Women Advocacy Networking Group“ (WAVE), „Women Initiative Networking Group“ (WING), „Women in Leadership Initiative“ (WLI), „African Employer Network“, „Sandwich Generation Networking Group“ (SGNG), „Bayer Asian Society in America“ (BASIA), „Network of Gay and Lesbian Employees at Bayer“ (ANGLE-B) und „Chinese American Leaders in Berkely“ (CALIBOR). In der „Bayer Diversity Conference“ diskutieren Mitarbeiter und Führungskräfte über Fortschritte und Verbesserungsmaßnahmen. Erwähnenswert ist die Aufnahme in den „Corporate Equality Index“ in den USA.

In den Unternehmenstexten der BMW AG werden ebenfalls zahlreiche Maßnahmen zur Frauenförderung detailliert vorgestellt. Diese umfassen Mentoring-Programme und unternehmensinterne Netzwerke, zum Beispiel das Programm „Cross Mentoring“, in dem erfahrene Führungskräfte Mitarbeiterinnen in Führungspositionen aus einem anderen Unternehmen betreuen und sie bei ihrem Werdegang unterstützen (vgl. BMW AG NB 2012). Ebenfalls nennenswert sind das Netzwerk für Mitarbeiterinnen „Weibliche Führungskräfte im Dialog“ (vgl. BMW AG NB 2012), das Programm „BMW Women – High Ambition, High Impact“ zur Schärfung des Bewusstseins für die eigenen Stärken und Identifikation der Erfolgsfaktoren in einem männerdominierten Umfeld sowie das 100-Tage-Coaching-Programm zur Vermittlung von Aufstiegskompetenz in einem technik- und männerdominierten Umfeld (vgl. BMW AG NB 2012). Außerdem werden Teilzeit- und Telearbeitsmodelle zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorgestellt (vgl. BMW AG NB 2012). Darüber hinaus arbeitete die BMW AG an einem Gesetzesentwurf für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Deutschland mit (vgl. BMW AG NB 2012). Innovative Arbeitsstrukturen existieren bei der BMW AG bereits seit 1986, als flexible Arbeitszeitmodelle in der Industrie weitgehend unbekannt waren. Insgesamt verfügt die BMW AG über mehr als 300 bestehende Arbeitszeitmodelle, die auch Frauen eine berufliche Selbstverwirklichung ermöglichen sollen.

In den Unternehmenstexten der Siemens AG wird ebenfalls die Gewinnung und Förderung von Frauen betont. So führten beispielsweise die systematisierten Einstellungsverfahren und Besetzungsprozesse zu einem Anstieg des Frauenanteils in Führungspositionen (vgl. Siemens AG GB 2011: 74). Zudem verzeichnet das Unternehmen eine signifikante Zunahme des Frauenanteils in den Studenten- und Graduiertenprogrammen. So hat sich die Siemens AG das Ziel gesetzt, jedes zweite Stipendium an eine Frau zu vergeben (vgl. Siemens AG CCR 2001: 17). Dazu tragen besondere Programme bei, beispielsweise die Initiative „FemTech“ mit der Technischen Universität Berlin (vgl. Siemens AG CCR 2001: 17). Dabei handelt es sich um ein Qualifizierungsprogramm für den weiblichen Führungsnachwuchs in den Natur- und Ingenieurswissenschaften. Außerdem werden Informationstage, Computer-Kurse, Outdoor-Trainings und Technik-Abenteuer-Camps für Abiturientinnen angeboten. Aus den Unternehmenstexten der Siemens AG geht hervor, dass Frauen nicht nur bei der Personalgewinnung besonders gefördert werden. Der Frauenanteil konnte im Management erhöht werden, da das Präsidium auf die Beteiligung von Frauen bei der Berufung des Vorstandes achtet. Erwähnenswert ist auch das Netzwerk „Global Leadership Organization for Women“ (GLOW), in dem Frauen in Führungspositionen andere talentierte Frauen fördern. Bei der Siemens AG ist ebenfalls – wie bei der Bayer AG und BMW AG – eine bessere Abstimmung von Arbeits- und Betreuungszeiten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen zu verzeichnen. Es existieren Teilzeit- und Telearbeit (vgl. Siemens AG NB 2009), Sabbaticals und gleitende Übergangsregelungen in den Ruhestand (vgl. Siemens AG CRR 2002).

Aus der Analyse der untersuchten Unternehmenstexte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG geht hervor, dass in Bezug auf Frauenfördermaßnahmen flexible Arbeitszeiten, -orte, -formen und -modelle ausführlich vorgestellt werden, die an die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen angepasst sind und zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben dienen:

UT130::

Die Möglichkeit des ortsunabhängigen Arbeitens trägt ebenfalls zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben bei. (BMW AG NB 2014)

Die flexible Arbeitszeitgestaltung wird häufig zur Pflege von Angehörigen und/oder Kindern genutzt. In den untersuchten Texten werden zahlreiche Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorgestellt. Beispielsweise ist bei der Bayer AG neben Kinderbetreuungsangeboten eine Elternzeitregelung bis zu einer 7-jährigen Unterbrechung der Berufstätigkeit möglich. Auch die BMW AG ermöglicht zahlreiche Kinderbetreuungsmöglichkeiten und eine Elternzeit, die über den gesetzlichen Standard hinausgeht. In Großbritannien beispielsweise kann die Elternzeit bis zu 40 Wochen bei voller Bezahlung in Anspruch genommen werden. Auch die Siemens AG verfügt über international flexible Lösungen und individuelle Angebote, die den Mitarbeitern eine Balance zwischen Arbeits- und Privatleben ermöglichen sollen.

Aus der Analyse geht hervor, dass die untersuchten Unternehmen ihre Handlungen in Bezug auf die Arbeitszeiten und -formen an den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiterinnen ausrichten. Die Aktivitäten der Unternehmen in Bezug auf flexible Arbeitszeiten und -formen sind – wie oben vorgestellt – vielschichtig und zielen darauf ab, Frauen zu gewinnen und zu fördern, um sie somit an das Unternehmen zu binden.

Bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau liegt es am Personalmanagement, den Rahmen dafür zu schaffen, dass Frauen Führungspositionen einnehmen können. Individuelle Förder- und Mentoring-Programme sowie Coachings bieten – wie oben dargestellt – eine Möglichkeit des Personalmanagements. Eine andere Möglichkeit ist die Verankerung eines Prozentsatzes von Frauen in Führungspositionen oder Vorstandsposten, was mittlerweile auch in der Personalpolitik ein zentrales Thema geworden ist:

UT131::

Ebenso wollen wir das Potenzial der vielen hoch qualifizierten Frauen auf der ganzen Welt noch stärker nutzen. In diesem Zusammenhang haben wir uns das Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in den obersten fünf Vertragsstufen von gegenwärtig rund 22 Prozent bis zum Jahr 2015 konzernweit in Richtung 30 Prozent zu entwickeln. (Bayer AG GB 2011)

In den Unternehmenstexten wird die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen weder wertend noch fordernd thematisiert. Dies steht im Gegensatz zu den Ergebnissen der Medientextanalyse (vgl. dazu Abschnitt 5.3.1.4 und Abschnitt 5.3.1.5). Im Sinne der Positionierung als attraktiver Arbeitgeber für Frauen werden in den Unternehmenstexten Kennzahlen zum Frauenanteil sachlich gelistet. An dieser Stelle soll unter Vorgriff auf die Ergebnisse der Medientextanalyse erwähnt werden, dass die Frauenquote in den Medientexten eine signifikante thematische Behandlung in Bezug auf die Bewertungen (siehe Abschnitt 5.3.1.4) und Forderungen (siehe Abschnitt 5.3.1.5) erfährt.

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die untersuchungsrelevanten Handlungen zur Frauenförderung in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG ähneln thematisch denen in den Medientexten (vgl. Tab. 5.43, S. 281). Die Maßnahmen zur Frauenförderung, beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle und -formen, zielen auf eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf ab. Ziel der Unternehmen ist es, Frauen für das Unternehmen zu begeistern, zu gewinnen und daran zu binden. Dafür werden eine Vielzahl von Handlungen in den untersuchten Unternehmenstexten vorgestellt. In den Medientexten werden die in den Unternehmenstexten behandelten Themen ebenfalls ausdrucksseitig. Diese werden von unterschiedlichen Akteuren in den Medientexten thematisiert (siehe Abschnitt 5.3.1).

Schwerpunktthema 2: Kampf um Talente

Für das zweite Scherpunktthema Kampf um Talente sind die Teilprozesse Personalmarketing, Vielfalt und Personalgewinnung relevant. Von allen Unternehmen wird im Zusammenhang mit der Gewinnung neuer Talente der Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels genannt, was so zentral für unternehmerisches Handeln angesehen wird wie das Angehen anderer Herausforderungen, beispielsweise die Bekämpfung des Klimawandels (vgl. Bayer AG NB 2006).

Die Behandlung des Themas Kampf um Talente lässt sich in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG sehr ausführlich feststellen. An dieser Stelle werden die für den Kampf um Talente relevanten Aspekte vorgestellt, die in der folgenden Tabelle hervorgehoben sind.

Tab. 5.23 Überblick über die Prototypen von Handlungen zum Kampf um Talente in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Das Thema Kampf um Talente erhält in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG insgesamt 135 Kodierungen und zeigt damit die Relevanz der thematischen Aushandlung. Abbildung 5.19 gibt einen Überblick über die thematische Behandlung des Kampfes um Talente in den Unternehmenstexten während des Untersuchungszeitraums:

Abb. 5.19
figure 19

Überblick über die Relevanz vom Kampf um Talente in den Unternehmenstexten (1995–2014)

Die Abbildung zeigt die Übersicht der thematischen Behandlung des Kampfes um Talente in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG über den Untersuchungszeitraum hinweg. Während der Kampf um Talente in den ersten fünf Jahren des Untersuchungszeitraums (1995–1999) in den untersuchten Unternehmenstexten nicht thematisiert wird, so lässt sich in den darauf folgenden Jahren eine stetige Zunahme mit einem erneuten Rückgang von 2004 bis 2005 erkennen. Ein signifikanter Anstieg ist in den darauf folgenden Jahren, insbesondere im Jahr 2008, vorzufinden. Unter Vorgriff auf die Einordnung des Themas Kampf um Talente in den historischen Kontext (vgl. dazu Abschnitt 5.3.2) soll hier angemerkt werden, dass das Problem der Nachwuchsgewinnung als Folge des demografischen Wandels sowie der Finanzkrise (2008) mit ihren ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen die öffentliche Wahrnehmung und folglich auch Unternehmen geprägt hat. In der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums wird das Thema in den untersuchten Unternehmenstexten vergleichsweise konstant thematisiert. Auffällig ist, dass das Thema teilweise ausschließlich in einzelnen Unternehmen behandelt wird, beispielsweise 2002 und 2005 in den Unternehmenstexten der BMW AG und Siemens AG. Im Jahr 2006 ist ein signifikanter Anstieg der Themabehandlung zu verzeichnen, der sich bis zum Jahr 2008 mehr als verdoppelt und fortan vergleichsweise hoch bleibt. Vermutlich sind sich die untersuchten Unternehmen des Fach- und Führungskräftemangels bewusst und reagieren darauf in ihrer Berichterstattung.

In Tabelle 5.23 sind die für das zweite Schwerpunktthema Kampf um Talente relevanten Subthemen aufgeführt. Daher werden im Folgenden die Analyseergebnisse der thematischen Behandlung des Kampfes um Talente im Personalmarketing sowie die diskursiven Themen in Bezug auf Vielfalt und Personalgewinnung in den Unternehmenstexten vorgestellt. Die thematische Behandlung der diskursiven Themen erfolgt in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG kongruent sowie in thematischer Variation und Elaboration.

Um im Kampf um Talente mithalten zu können, wird von den untersuchten Unternehmen ein umfassendes Personalmarketing betrieben. In diesem Kontext spielt die Arbeitgebermarkenbildung (engl. employer branding) eine wichtige Rolle. Auch in den Bildungseinrichtungen, zum Beispiel an Universitäten und Fachhochschulen, spielt die Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle. Beispielsweise haben durch die Behandlung von Nachhaltigkeitsberichten und CSR viele Studierende ein geschärftes Bewusstsein für Nachhaltigkeitsaktivitäten innerhalb eines Unternehmens. Daher liegt es auch im Interesse der Unternehmen, bereits beim Personalmarketing anzusetzen und die Nachhaltigkeitsaktivitäten transparent zu gestalten, beispielsweise im Bereich soziales Engagement, im Umgang mit Ressourcen oder in Bezug auf die Personalbetreuung, zum Beispiel hinsichtlich der Maßnahmen im Gesundheitsmanagement. Nachhaltigkeit in Bezug auf ökonomisches Handeln wird von Bewerbern zunehmend nachgefragt. Es liegt an den Unternehmen, die konkrete Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu kommunizieren, um die besten potenziellen Arbeitnehmer für das Unternehmen zu begeistern und zu gewinnen. Wenn zukünftige Mitarbeiter die Nachhaltigkeitsstrategie miterarbeiten, ist die Arbeitgebermarkenbildung auch glaubwürdig. Daher gibt es viele Initiativen, beispielsweise durch Hochschulkooperationen und die Finanzierung von Lehrstühlen, die gezielt daran anzuknüpfen:

UT132::

Bayer engagiert sich bei der Förderung hochqualifizierten naturwissenschaftlichen Nachwuchses. Wir setzen daher schon seit langem auf die Kooperation mit Hochschulen und vergeben Stipendien an besonders begabte Studenten. […] Einige Beispiele zeigen, wie unterschiedlich unsere Gesellschaften in verschiedenen Ländern die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses handhaben – jeweils den landesspezifischen Bedürfnissen angepasst. (Bayer AG NB 2004)

Aus der Analyse geht hervor, dass Preise und Indizes eine besondere Erwähnung in den Unternehmenstexten finden, was auf die Schaffung eines positiven Unternehmensbildes abzielt. Personalmarketing wird oft in Zusammenhang mit der Personalgewinnung, -entwicklung und -fluktuation erwähnt. Auch die Nachwuchsförderung findet Beachtung. Besonders stark sticht die Positionierung des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber im Bereich der Nachhaltigkeit in den Unternehmenstexten hervor. Hier werden attraktive Rahmenbedingungen, überdurchschnittliche Vergütungen, sichere und attraktive Arbeitsplätze sowie eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Vereinbarung von Berufs- und Privatleben vorgestellt. Außerdem werden attraktive Altersvorsorgemodelle und Sozialleistungen, flexible Arbeitszeitmodelle, beispielsweise die 4-Tage-Woche, Teilzeit, Telearbeitszeit und Sabbaticals, sowie Möglichkeiten für Zuschüsse zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs aufgeführt. Diese Handlungen zielen darauf ab, in Bezug auf Nachhaltigkeit als attraktives Unternehmen bei jungen Arbeitnehmern zu wirken und sie dafür zu begeistern:

UT133::

Zunehmend steigert sich insbesondere bei der sogenannten Generation Y unsere Arbeitgeberattraktivität auch durch unsere führende Rolle im Bereich der Nachhaltigkeit. (Bayer AG NB 2013)

In den untersuchten Unternehmenstexten wird besonderes Augenmerk auf die Förderungsmöglichkeiten von qualifiziertem Nachwuchs und das Informationsangebot über Einstiegs- und Karrieremöglichkeiten gelegt. Dazu zählen internationale Trainee-, Bachelor- und Doktoranden- sowie Graduiertenprogramme für Hochschulbewerber und Bewerber mit erster Berufserfahrung. Ein besonderer Aspekt ist der Export des Modells der dualen Ausbildung in die Landesgesellschaften. Außerdem werden spezielle Einarbeitungsprogramme, Weiterbildungsmöglichkeiten für Auszubildende mit Fachhochschulreife und die Entwicklung von Ausbildungskonzepten für verschiedene, teilweise neue Berufsbilder vorgestellt:

UT134::

Wir setzen dabei auf unsere hoch qualifizierte, motivierte Belegschaft, deren Kompetenzen und Talente wir mit zukunftsorientierten Aus- und Weiterbildungsangeboten gezielt weiterentwickeln. (BMW AG NB 2010)

Der Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement geht in Bezug auf das Personalmarketing in den untersuchten Texten mit einer Überarbeitung der Arbeitgebermarkenbildung und der Personaleinstellungsprozesse sowie der Entwicklung einer zielgruppengenauen Kommunikation einher. Dabei erfolgt die Auswahl des geeigneten Instruments entsprechend der Zielgruppe: vom Bewerbungsgespräch bis hin zum Assessment Centre. Beispiele hierfür sind das E-Recruiting, globale Job- und Karriere-Seiten sowie die Präsenz in sozialen Netzwerken, beispielsweise auf Facebook-Karriereseiten oder LinkedIn (vgl. BMW AG NB 2010). Daneben gibt es auch die klassischen Instrumente, zu denen Anzeigen, Kontakte mit Hochschulen sowie intensives Hochschulmarketing, Jobmessen und -börsen, Career Days und eigens entwickelte Personalsoftware-Programme zählen. Bei allen Aktivitäten ist ein funktionierendes Personalmarketing besonders wichtig:

UT135::

Entscheidend bei der Personalauswahl ist ein schneller, professioneller und transparenter Prozess, da die attraktivsten Bewerber in der Regel nur für kurze Zeit auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. (Siemens AG CRR 2002)

Zudem verfügen die Unternehmen über zahlreiche Programme und Angebote, die zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz beitragen. Diese werden auch nach außen kommuniziert und durch Preise belegt. So wurde die Bayer AG von der US-amerikanischen Employee Services Management Association zum „Arbeitgeber des Jahres“ gewählt (vgl. Bayer AG NB 2009). Außerdem verfügen die Unternehmen über diverse Kooperationen und einen intensiven Austausch mit Hochschulen, um potenzielle Mitarbeiter zu gewinnen, beispielsweise durch Berufspraktika für Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen sowie durch die Vergabe von Preisen zur Honorierung von innovativen Lösungen für exzellente Schüler oder Studierende und deren Projekte.

Aus den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG geht hervor, dass die Arbeitgeberattraktivität durch eine Vielzahl von Maßnahmen erreicht werden soll, beispielsweise durch die Mitarbeiterförderung, diverse Sozial- und Gesundheitsleistungen sowie durch eine attraktive Vergütung und Pensionszusagen:

UT136::

Die Pensionszusagen sind ein wichtiger Teil des BMW Gesamtvergütungspakets und unterstützen so das Ziel, als attraktiver Arbeitgeber qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren und nachhaltig an das Unternehmen zu binden. (BMW AG GB 2013)

Auch unternehmerische Nachhaltigkeitsaktivitäten werden in Bezug auf die Arbeitgeberattraktivität des Unternehmens in den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten aller drei Unternehmen thematisiert:

UT137::

Wir benötigen die besten Mitarbeiter, um erstklassige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten. Es ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, dass wir in vielen Märkten zu den beliebtesten Arbeitgebern gehören. Diesen Vorteil wollen wir weiter ausbauen. Dabei setzen wir nicht nur auf eine überdurchschnittliche Vergütung und soziale Zusatzleistungen. Zunehmend steigert sich insbesondere bei der sogenannten Generation Y unsere Arbeitgeberattraktivität auch durch unsere führende Rolle im Bereich der Nachhaltigkeit. (BMW AG NB 2013)

Aus der Analyse der Unternehmenstexte geht hervor, dass die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG in Bezug auf die Nachwuchsförderung den hohen Anteil hoch qualifizierter Arbeitskräfte in ihren Unternehmen betonen. Alle Unternehmen stellen zahlreiche Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten in den untersuchten Unternehmenstexten ausführlich vor, die zur Gewinnung von jungen Talenten dienen. In dem folgenden Zitat werden die unternehmerischen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität im Sinne der Personalgewinnung von hoch qualifizierten Arbeitskräften im Rahmen des Unternehmens-programm der Siemens AG vorgestellt. Besonders eindrücklich ist in Bezug auf die Siemens AG, dass die Nachwuchsgewinnung im Rahmen des Bildungsprogramms „Siemens Generation21“ bereits in der Vorschule, also im Kindergarten, mit sogenannten „Forscherkisten“ beginnt und über Maßnahmenpakete in der Schule bis zur Hochschule fortgeführt wird:

UT138::

Die Ziele von Generation21

Da auch Siemens dringend talentierte junge Menschen benötigt, verbinden wir damit als weitere Ziele, das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren, über Karrieremöglichkeiten zu informieren und damit mittelbar eine erfolgreiche Personalgewinnung zu unterstützen sowie gute Beziehungen zu Lehrkräften, Bildungsinstitutionen und zur Wissenschaft zu pflegen.

Siemens Generation21 konzentriert sich auf drei Bildungsbereiche:

Vorschule: Es ist uns ein Anliegen, dass schon kleine Kinder die Möglichkeit erhalten, sich auf altersgerechte und spielerische Weise den Naturwissenschaften und der Technik zu nähern. Siemens Aktivitäten sind hier:

  • „Forscherkisten“ für Kindergärten (deutsche Version)

  • „Discovery Boxes for natural sciences“ (internationale Version)

  • Engagement in Kindergarten-Initiativen (Haus der kleinen Forscher)

Schule: Für Schulen, Lehrkräfte und Schüler haben wir ein ganzes Maßnahmenpaket geschnürt. Dazu gehören:

  • Programme für hervorragende Schüler (z. B. die Talent Academy)

  • Durchführung von Schülerwettbewerben (Siemens Competition in Math, Science and Technology)

  • Unterstützung von Lehrkräften (z. B. Unterrichtsmaterialien, Auszeichnungen)

  • Schulpartnerschaften

  • Siemens-Mitarbeiter als Referenten an Schulen (z. B. Expertenvorträge, Siemens Science Days)

  • Programme zur Förderung des naturwissenschaftlichen Interesses von Schülerinnen (z. B. Siemens Science Camp)

Hochschule: Wir fördern hochbegabte Studenten durch die Vergabe von Stipendien und unterstützen Hochschulen in vielen Ländern der Welt.

Unser Programm umfasst folgende Maßnahmen:

  • Stipendien für Master Studierende, Post Graduates und Promovierende in naturwissenschaftlichen Studiengängen

  • Auszeichnung besonderer Leistungen (z. B. Werner v. Siemens Excellence Award)

  • Mehr als 220 Siemens Experten (überwiegend in Deutschland und Österreich) als Lehrbeauftragte an Hochschulen

  • Einbringen der Siemens Kompetenz bei Studienreformen (Mitgestaltung aktueller Lehrinhalte, Beratung bei bildungspolitischen Entscheidungen)

  • Mentoring-Programme (z. B. YOLANTE für Studentinnen)

  • Bildung eines globalen Netzwerks von Siemens Stipendiaten und -Preisträgern

  • Hochschul-Patenschaften durch Mitglieder des obersten Führungskreises

  • Unterstützung des Nobelpreisträgertreffens am Bodensee (Sponsoring für die Teilnahme von 30 international ausgewählten Nachwuchswissenschaftlern). (Siemens AG CRR 2006)

In den untersuchten Unternehmenstexten der BMW AG ist auffällig, dass nicht nur die sogenannten Top-Talente gefördert werden, sondern auch Jugendliche ohne Ausbildung, denen über die besonderen Programme eine Perspektive geboten wird:

UT139::

Zusammen mit der Boston Consulting Group hat sie im Jahr 2007 das Projekt „Joblinge“ gestartet, bei dem Jugendlichen ohne Ausbildung oder Arbeitsplatz in einem sechs monatigen Programm durch individuelle Betreuung und Praxiseinsätze der Einstieg ins Arbeitsleben ermöglicht werden soll. (BMW AG NB 2010)

Ein weiterer Aspekt innerhalb des Personalzyklus, der für die Analyse des zweiten Schwerpunktthemas Kampf um Talente relevant ist, lautet Demografischer Wandel. Ein weiteres Analyseergebnis ist, dass die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG in kongruenter thematischer Behandlung den demografischen Wandel als Grund für den Kampf um Talente in ihrer Berichterstattung definieren. Demnach verändert sich durch den demografischen Wandel, bedingt durch die gestiegene Lebenserwartung, die Altersstruktur und Zusammensetzung der Belegschaft (vgl. BMW AG GB 2003). Allen Unternehmen ist gemein, dass sie einen Handlungsbedarf zur Begegnung des demografischen Wandels und dem damit verbundenen Kampf um Talente definieren, der zum Unternehmenserfolg beiträgt und als Herausforderung bewältigt werden muss:

UT140::

Der demografische Wandel, also der anhaltende Rückgang der Geburtenzahlen und die fortschreitende Alterung der Gesellschaft, ist in vielen Industrienationen eine Herausforderung, die für die Wirtschaft mit Chancen und Risiken verbunden ist. (Bayer AG GB 2013)

Die veränderte Altersstruktur der Belegschaft wirkt sich auf die Arbeitsplatzgestaltung sowie die Förderung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen aus, um die Arbeitsfähigkeit der älteren Arbeitnehmer zu erhalten und einen Wissensverlust zu vermeiden (vgl. Bayer AG GB 2010). In diesem Zusammenhang wird in den untersuchten Unternehmenstexten die Problematik in Bezug auf die Gewinnung von hoch qualifizierten Arbeitskräften genannt.

Aus den Analyseergebnisse geht hervor, dass der Fokus bei den Aktivitäten zur Personalgewinnung darauf liegt, hoch qualifizierte Absolventen für das Unternehmen zu begeistern und zu überzeugen, wie im Geschäftsbericht (2008) der BMW AG formuliert:

UT141::

In den Jahren 2007/2008 hat die BMW AG insgesamt 8.844 Praktikanten, Diplomanden und Doktoranden beschäftigt. Neu ist, dass die BMW Group auch Teilzeitpraktika bzw. auf mehrere Zeiträume aufgeteilte Praktika sowie weitere Praxisangebote ermöglicht. Außerdem setzt die BMW Group die in der Initiative „Fair Company“ formulierten Grundsätze für faire Beschäftigungsbedingungen und Chancen für Praktikanten um.

Die akademischen Nachwuchsprogramme der BMW Group werden laufend an veränderte interne und externe Anforderungen angepasst. Der neuen Bachelor- und Masterstruktur an den Hochschulen wurde insbesondere in zwei Nachwuchsprogrammen „Speed Up“ und „Fastlane“ Rechnung getragen. (BMW AG NB 2008)

Alle Unternehmen setzen ganzheitliche Ansätze in Bezug auf die Maßnahmen zur Personalgewinnung ein. Stellvertretend ist die Siemens AG zu nennen, die mit dem Bildungsprogramm „Siemens Generation21“ – wie oben vorgestellt – bereits in der Vorschule, Schule und in den Hochschulen besondere Aktivitäten und Maßnahmen durchführt, um Kindergartenkinder, Schüler und Studierende für das Unternehmen zu begeistern (vgl. Siemens AG CRR 2007).

Neben dem Kampf um Talente, insbesondere in Bezug auf die hoch qualifizierten Arbeitnehmer, stellen die untersuchten Unternehmen in ihren Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten weitere Maßnahmen vor, um Mitarbeiter zu gewinnen. Dazu zählen die Schaffung von Ausbildungsplätzen und -programmen. In diesem Zusammenhang betont die Siemens AG in ihrem Corporate Responsibility Report (2003), dass ihr erfolgreiches Ausbildungsprogramm aus Deutschland auf andere Länder übertragen wird:

UT142::

Das deutsche duale System der Ausbildung, das theoretische Bildung in Berufsschulen mit Praxiserfahrung im Betrieb kombiniert, wird von Siemens vielfach in seine Regionalgesellschaften „exportiert“ und trägt dort zum hohen Qualifikationsstand der Mitarbeiter und somit auch zur hohen Qualität der Wertschöpfung vor Ort bei. Nach diesem Prinzip erlernen in 27 Ländern Europas, Asiens, Amerikas und Afrikas – angepasst an die jeweiligen Gegebenheiten des Landes – 3.600 Lehrlinge einen Beruf. (Siemens AG CRR 2003)

Außerdem wird in den untersuchten Unternehmenstexten der BMW AG das Zurückholen von älteren Arbeitnehmern und Rentnern thematisch behandelt. Mit dieser Maßnahme soll ebenfalls dem Fachkräftemangel entgegengewirkt und das Wissen von älteren Arbeitnehmern genutzt werden. In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird in Bezug auf den demografischen Wandel thematisiert, dass ältere Mitarbeiter die Belegschaft bereichern sollen. Allerdings finden sich nur in den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der BMW AG konkrete Maßnahmen zur Einstellung von älteren Arbeitnehmern, beispielsweise die Einstellungen bei der Öffnung eines neuen Werks in Leipzig (vgl. BMW AG GB 2004: 27).

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG liegt der Fokus auf der Darstellung der Problematik des demografischen Wandels und dem damit zusammenhängenden Fachkräftemangel. Daran anknüpfend werden zielgruppenorientierte Maßnahmen und Programme als Lösungsvorschlag präsentiert, die marketing-wirksam zur Begeisterung zukünftiger Arbeitnehmer vorgestellt werden. So werden in den Unternehmenstexten in Bezug auf die Personalgewinnung konkrete Maßnahmen zur Gewinnung von Fach- und Führungskräften sowie Auszubildenden und Studierenden vorgestellt. Dazu zählen beispielsweise Hochschulkooperationen, die Finanzierung von Lehrstühlen oder Vertretungen in Forschungseinrichtungen. Dadurch werden potenzielle Arbeitnehmer für das Unternehmen begeistert. Neben ganzheitlichen Bildungsansätzen (vgl. Siemens AG CRR 2007) können über weltweit zugängliche Stellenbörsen potenzielle Arbeitnehmer gewonnen werden, beispielsweise durch das internationale Bewerberportal „mybayerjob“ (Bayer AG NB 2008) und das „Bayer Global Internal Job Board“ (Bayer AG GB 2012). Auch die gezielte Rekrutierung von älteren Mitarbeitern oder Nachwuchskräften wird in den untersuchten Texten thematisiert (vgl. BMW AG GB 2005): In speziellen Arbeitslosenprogrammen, beispielsweise „Poleposition“ der BMW AG, werden Langzeitarbeitslose auf Bewerbungen und den Wiedereinstieg ins Berufsleben vorbereitet. Durch spezielle Ausbildungsinitiativen, zum Beispiel „Rheinland“ der Siemens AG, werden Schulabgänger aufgenommen. Außerdem gibt es Ausbildungskooperationen der Bundesregierung mit der deutschen Wirtschaft wie das Förderprogramm TOPAZ. Darüber können besonders leistungsstarke Studierende einen akademischen Abschluss erwerben, ein Auslandssemester oder Praktikum absolvieren (vgl. Siemens AG CRR 2003). Die Übertragung des dualen Ausbildungssystems wird in den untersuchten Texten ebenfalls thematisiert (vgl. BMW AG NB 2007/2008). Während in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG der demografische Wandel und die damit einhergehende Problematik des Fachkräftemangels sowie die daran anknüpfenden Maßnahmen zur Beseitigung des Fachkräftemangels thematisiert werden, werden in den Medientexten konkrete Bewertungen und Forderungen ausgedrückt (vgl. Abschnitt 5.3.2).

Schwerpunktthema 3: Führungsstil

Für das dritte Schwerpunktthema Führungsstil sind die Teilprozesse Personalbetreuung, Personalentwicklung und Weiterbildung relevant. Die Behandlung der Themen Führungsstil sowie Führungsqualitäten von Managern lässt sich in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG sehr ausführlich feststellen. Aus Unternehmensperspektive ist es primär bedeutend, genügend Personal mit den entsprechenden Fähigkeiten und Kompetenzen für die anstehenden Aufgaben bereit zu stellen. Die Personalentwicklung ist dabei eng mit dem Fordern und Fördern individueller Stärken und Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter verbunden. In diesem Bereich stehen Personalentwicklungsprogramme und Weiterbildungsmaßnahmen im Vordergrund. Aber auch Feedbacksysteme und damit einhergehend persönliche Entwicklungsziele werden in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG vorgestellt. In diesem Zusammenhang werden auch Investitionen in die Personalentwicklung und -weiterbildung anhand konkreter Programme und Ziele dargestellt. Im Folgenden werden die für den Führungsstil relevanten Aspekte vorgestellt, die in der folgenden Tabelle enthalten sind (Tabelle 5.24):

Tab. 5.24 Überblick über die Prototypen von Handlungen zum Führungsstil in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Die Themen Führungsstil und Führungsqualitäten von Managern erhalten in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG insgesamt 252 Kodierungen und das Thema „Führungsqualitäten von Managern“ 207 Kodierungen. Dies verdeutlicht die Relevanz der thematischen Aushandlung. Abbildung 5.20 gibt einen Überblick über die thematische Behandlung des Führungsstils in den Unternehmenstexten während des Untersuchungszeitraums:

Abb. 5.20
figure 20

Überblick über die Relevanz des Führungsstils in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Das dritte Schwerpunktthema Führungsstil wird zunehmend in den untersuchten Unternehmenstexten über den Untersuchungszeitraum thematisiert. Für alle Unternehmen ist die Behandlung des Führungsstils und von Führungsqualitäten relevant. Die Abbildung verdeutlicht die Zunahme der thematischen Behandlung des Führungsstils in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG über den gesamten Untersuchungszeitraum.

Abbildung 5.20 zeigt die Übersicht zur thematischen Behandlung des Führungsstils in den Unternehmenstexten. Die Abbildung lässt erkennen, dass das Thema in den ersten Jahren des Untersuchungszeitraums (1995–1997) nicht behandelt wird. Zwischen den Jahren 1998 bis 2000 erfolgt eine geringe Behandlung des Themas Führungsstil in den Unternehmenstexten, wobei im Jahr 2001 ein signifikanter Anstieg der thematischen Behandlung erfolgt, der bis zum Jahr 2002 ansteigt und sich bis zum Jahr 2004 wieder verringert. Im Jahr 2005 ist eine Verdopplung der Themabehandlung im Vergleich zum Vorjahr zu erkennen, die sich bereits zwei Jahr später, 2007, ein weiteres Mal verdoppelt und dann konstant hoch bleibt und in einer Anstiegsphase einen Höhepunkt im Jahr 2008 erreicht. Unter Vorgriff auf die Einordnung des Themas Führungsstil in den historischen Kontext (vgl. dazu Abschnitt 5.3.3) soll darauf hingewiesen werden, dass die New Economy die wirtschaftliche Entwicklung in den 1990er Jahren und darüber hinaus geprägt hat und folglich die öffentliche Wahrnehmung sowie die Unternehmen und deren Berichterstattung beeinflusst hat.

Mit dem Einzug der New Economy erscheinen verschiedene Gründer- und Führungspersönlichkeiten sowie neue Vorstellungen zur Arbeitswelt, zu Arbeitsverhältnissen und hierarchischen Strukturen in Unternehmen. Dies erklärt die zunehmende thematische Behandlung seit dem Jahr 2001. Der signifikante Anstieg der thematischen Behandlung des Führungsstils in den darauf folgenden Jahren lässt sich mit den ökonomischen und sozialen Veränderungen erklären, die in dieselbe Zeit fallen: Die zunehmende Liberalisierung und Verflechtung der Märkte sowie damit einhergehend auch der Gesellschaften bewirken einen globalen Marktdruck, der seitens der Unternehmen Innovationsfähigkeit und Flexibilität erfordert. Allerdings streben die Arbeitnehmer zur selben Zeit nach mehr Selbstverwirklichung und -bestimmung und lehnen zunehmend hierarchische Fremdbestimmung und Abhängigkeit vom Arbeitgeber ab. Diese veränderte Arbeitswelt lässt im Vergleich zu früheren Generationen neue Ansprüche an die Arbeit entstehen, was zu einer Herausforderung der Unternehmen führt, insbesondere in Bezug auf den Führungsstil und die Führungspersönlichkeiten. Allein flexible Arbeitsmodelle und -zeiten können das Problem nicht lösen. Vielmehr bedarf es eines neuen Führungsstils, der zukünftige Fach- und Führungskräfte für das Unternehmen begeistert und daran bindet.

Für die Themen Führungsstil sowie Führungsqualitäten von Managern sind die Teilprozesse Personalbetreuung, Personalentwicklung und Weiterbildung relevant. Im Folgenden werden die Analyseergebnisse der thematischen Behandlung des Führungsstils und der Führungsqualitäten von Managern um diskursive Themen aus dem Bereich der Personalentwicklung und Weiterbildung ergänzt. Die thematische Behandlung der diskursiven Themen erfolgt in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG kongruent, variierend und elaborativ.

Die Personalentwicklung hat die Aufgabe, die Mitarbeiter durch einen geeigneten Personaleinsatz und eine entsprechende Förderung auf ihre Einsatzbereiche und Projekte vorzubereiten. Bei der nachhaltigen Förderung und Entwicklung von Mitarbeitern wird nachhaltige Personalpolitik in der Unternehmensstrategie verankert und eine offene Entwicklungskultur praktiziert. Besonders wichtig ist neben den Themen „Engagement der Mitarbeiter“, „Vielfalt“ und „Gesundheit“ die Schaffung beruflicher Weiterbildungsmöglichkeiten für den einzelnen Mitarbeiter entsprechend seiner Kompetenzen und Fähigkeiten:

UT143::

Einen Schwerpunkt unserer Personalpolitik bildet das konzernweite Talent-Management, also die Maßnahmen und Instrumente zur beruflichen und persönlichen Entwicklung unserer Mitarbeiter. Dabei sind wir von der Überzeugung geleitet, dass jeder Beschäftigte persönliche Stärken und Talente besitzt, die anerkannt und gefördert werden sollten. […] Ziel ist es, im gesamten Unternehmen eine authentische Feedbackkultur zu etablieren, die die individuellen Stärken der Beschäftigten fördert, vorhandene Defizite adressiert und so die persönliche und berufliche Entwicklung der Mitarbeiter langfristig verbessert. (Bayer AG NB 2012)

Das Thema Personalentwicklung ist eng an die Führungskräfteentwicklung geknüpft, weshalb im Folgenden zentrale Subthemen vorgestellt werden, die für die Führungskräfteentwicklung wichtig sind. Die Auswahl und Förderung von Führungskräften ist von entscheidender Bedeutung, da Führungskräfte bei der Gestaltung der Unternehmenskultur und der Repräsentation des Unternehmens sowohl nach innen als auch nach außen mitwirken. Führungskräfte sollten eine Vielzahl von Kompetenzen besitzen. Dies reicht von der Kommunikationskompetenz über das Anleiten bis zum Motivieren von Mitarbeitern. Aus der Analyse geht hervor, dass für die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG Führung auf der Basis von Respekt und Vertrauen geschieht:

UT144::

Respekt, Vertrauen, Fairness

Wir begegnen einander mit Respekt. Führung basiert auf gegenseitigem Vertrauen, Vertrauen basiert auf Berechenbarkeit und Fairness. (BMW AG GB 2010)

Die BMW AG betont in ihrem Nachhaltigkeitsbericht (2008), dass sich Führungskräfte zu Nachhaltigkeit verpflichten sollen:

UT145::

Darüber hinaus sind die Führungskräfte der BMW Group über ihre persönlichen Zielvereinbarungen, die sich aus den Unternehmens- und Ressortzielen ableiten, dezidiert dem Unternehmensziel Nachhaltigkeit verpflichtet. (BMW AG NB 2008)

Außerdem geht aus den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der BMW AG hervor, dass Führungskräfte ihr eigenes Führungsverständnis reflektieren sollen:

UT146::

„Nur wenige Führungskräfte sehen ein, dass sie letztendlich nur eine Person führen müssen. Diese Person sind sie selbst“, erkannte schon der legendäre Managementlehrer Peter F. Drucker. Mit dem „Treffpunkt Führung“ in der Münchener Unternehmenszentrale hat die BMW Group im Juni 2010 eine Plattform eröffnet, auf der Vorgesetzte das Führungsverständnis des Unternehmens erfahren und zu einem gemeinsamen Führungsverständnis weiterentwickeln können. Über zehn sogenannte Stationen reflektieren Führungskräfte gemeinsam mit ihrem Führungskreis in eintägigen Workshops ihr Rollenverständnis – ein Angebot, das seither intensiv genutzt wird. Für das gesamte Jahr 2011 ist die Plattform bereits ausgebucht. (BMW AG NB 2010)

Ein weiteres Anliegen der BMW AG ist die Förderung der Eigenverantwortung von Führungskräften und Mitarbeitern:

UT147::

Bei der Entwicklung von Führungskräften arbeitet die BMW Group mit einem Programm, das sich aus drei Bausteinen zusammensetzt: strategischer Managementqualifizierung, Stärkung und Ausbau der individuellen Managementkompetenz sowie strategischen Diskussionen von Trends und Entwicklungen. (BMW AG NB 2005/2006)

In dem Nachhaltigkeitsbericht (2011) der Bayer AG sowie in dem Jahresbericht (2014) der Siemens AG wird die Vorbildfunktion der Führungskraft und deren Bedeutung bei der Umsetzung einer strategischen Unternehmensausrichtung hervorgehoben:

UT148::

Unsere Führungskräfte sind besonders dazu verpflichtet, Vorbild für ihre Mitarbeiter zu sein, unsere Compliance-Anforderungen verstärkt in die Organisation zu tragen und deren Durchsetzung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Führungskräfte können ihre Ansprüche auf variable Vergütungsanteile verlieren und müssen mit weiteren disziplinarrechtlichen Maßnahmen rechnen, wenn es in ihrem Verantwortungsbereich systematische Verstöße gegen das geltende Recht mit finanziellem Schaden für Bayer gegeben hat, die durch geeignete Maßnahmen hätten verhindert werden können. Das Thema „Compliance“ ist in den Zielvereinbarungen mit den Konzernführungskräften fest verankert. (Bayer AG NB 2011)

UT149::

Unsere Führungskräfte sollen als Vorbilder die strategische Richtung vorgeben und für einen nachhaltigen Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen sorgen. Denn auf diese Weise können sie ihre Teams dazu inspirieren und ermuntern, das Beste für das Unternehmen zu geben. (Siemens AG JB 2014)

In Bezug auf das Einhalten von geltendem Recht und die Vermeidung von Rechtsverstößen lässt die BMW AG den Führungskräften eine besondere Verantwortung zukommen:

UT150::

Bei der Vermeidung von Rechtsverstößen kommt den Führungskräften eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion zu. Jede Führungskraft ist verpflichtet, ihre Mitarbeiter über Inhalt und Bedeutung des Verhaltenskodex zu informieren und für Rechtsrisiken zu sensibilisieren. Führungskräfte haben aus eigener Initiative regelmäßig die Beachtung des geltenden Rechts zu überprüfen und suchen hierzu das Gespräch mit ihren Mitarbeitern. Falls es Anhaltspunkte für Rechtsverstöße gibt, ist diesen konsequent nachzugehen. (BMW AG GB 2010)

UT151::

Die Führungskräfte haben aus eigener Initiative regelmäßig die Beachtung des geltenden Rechts zu überprüfen und suchen dazu das Gespräch mit ihren Mitarbeitern. (BMW AG GB 2008)

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG und BMW AG wird auch die Bedeutung von Führung in Zusammenhang mit der Beachtung von Menschenrechten thematisiert.

UT152::

Die Werte und Führungsprinzipien von Bayer beruhen auf der Wahrung und Achtung der Grundrechte des Einzelnen. Bayer wird sich auch künftig für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte gemäß den international anerkannten Menschenrechtsstandards der Vereinten Nationen einsetzen. (Bayer AG NB 2005)

Im Nachhaltigkeitsbericht (2012) der BMW AG wird die Sensibilisierung der Führungskräfte für Menschenrechte hervorgehoben:

UT153::

Um unsere Belegschaft für das Thema Menschenrechte zu sensibilisieren, führen wir Schulungen für Mitarbeiter und Führungskräfte durch. Unsere Lieferanten informieren und verpflichten wir im Rahmen unseres Lieferantenmanagementprozesses zur Einhaltung der Menschenrechte. Zudem adressieren wir auch bei unseren weiteren Geschäftspartnern, z. B. in der Handelsorganisation, unsere Standards und Anforderungen über Schulungen und integrieren diese sukzessive in die vertraglichen Vereinbarungen. (BMW AG NB 2012)

Im Zusammenhang mit der Beachtung und Einhaltung von Rechtsvorschriften werden in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG die Bedeutung von Compliance und Führungskräften sowie die damit zusammenhängenden Schulungen thematisch behandelt:

UT154::

Im August 2007 hat die Konzernspitze im Rahmen einer internen Kommunikationskampagne alle Führungskräfte, Compliance-Manager und Kommunikationsfunktionen weltweit aufgerufen, die Inhalte des Compliance-Programms bei den Mitarbeitern in Erinnerung zu rufen und dabei den Schwerpunkt auf die Prävention und Bekämpfung von Korruption zu legen. (Bayer AG GB 2007)

UT155::

Im Zuge der ersten Implementierungsstufe wurden im Jahr 2008 über 4.500 Führungskräfte zu den Compliance-Grundlagen geschult. Die Schulung ist für alle Führungskräfte der BMW Group verpflichtend und wird als web-basiertes Training in Deutsch und Englisch angeboten. Der erfolgreiche Abschluss des Trainings wird durch ein Zertifikat dokumentiert. Die Grundlagenschulung wird durch zielgruppenspezifische Trainings zu bestimmten Compliance Themen ergänzt. (BMW AG GB 2008)

Ein weiterer Aspekt, der von den drei untersuchten Unternehmen thematisiert wird und Führungskräfte unmittelbar betrifft, ist die Bedeutung und Bewertung von Führungsqualitäten für die Leistungsbeurteilung, wie im Geschäftsbericht (2014) der Bayer AG formuliert:

UT156::

KONZERNWEIT EINHEITLICHE LEISTUNGSBEURTEILUNG

Im Geschäftsjahr 2014 haben wir damit begonnen, sogenannte Bayer Competencies im Konzern einzuführen. Diese sollen die Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter stärken und gleichzeitig eine Orientierung für den weiteren Berufsweg geben. Dabei handelt es sich um 16 eindeutig definierte Kern- und Führungskompetenzen, die in allen Bereichen der Mitarbeiterführung als Referenz eingeführt werden. Sie sollen zukünftig sicherstellen, dass Manager und Mitarbeiter bei der Einschätzung des beruflichen Handelns in allen Situationen eine einheitliche Sprache sowie einheitliche Kriterien nutzen. Das Spektrum reicht hier vom Bewerbungsgespräch bis zum Entwicklungsdialog. Die Bayer-Competencies tragen dazu bei, die life-Werte in praxisnahe Verhaltensweisen zu übersetzen und sorgen für einen fairen und transparenten Dialog. (Bayer AG GB 2014)

Die Bedeutung von speziellen Programmen zur Weiterentwicklung von Führungskräften wird in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG thematisiert, wie die folgenden Zitate zeigen:

UT157::

Unser im Jahr 2005 aufgelegtes Weiterbildungsprogramm für Führungskräfte (Siemens Leadership Excellence) sowie das dazugehörige Rahmenwerk (Siemens Leadership Framework) enthalten klare Kriterien für die Bewertung von Führungsqualitäten. Sie dienen dazu, Führungskräfte einerseits individuell weiterzuentwickeln und sie andererseits auf gemeinsame Ziele auszurichten. Hoch qualifizierte Fach- und Führungskräfte entscheiden sich heute bewusst für ein Unternehmen, das ihnen mehr bieten kann als einen interessanten Arbeitsplatz. (Siemens AG NB 2011)

UT158::

Auch auf Weiterbildung und Entwicklung auf der oberen Führungsebene richten wir ein besonderes Augenmerk. Diese Führungskräfte werden von einer eigenen Abteilung betreut. Die Angebote dienen dazu, Führungskräfte einerseits individuell weiterzuentwickeln und sie andererseits auf gemeinsame Ziele auszurichten. Hoch qualifizierte Fach- und Führungskräfte entscheiden sich heute bewusst für ein Unternehmen, das ihnen mehr bietet als einen interessanten Arbeitsplatz. (Siemens AG NB 2012)

UT159::

Führungskräfte bis zu den höchsten Ebenen der Organisation werden durch Siemens-Leadership-Excellence-Programme auf ihre künftige Aufgabe vorbereitet. (Siemens AG JB 2013)

UT160::

[…] hierbei steht die Stärkung der Verantwortung der Führungskräfte und ihrer Vorbildrolle für Compliance im Mittelpunkt. (Siemens AG JB 2013)

Aus den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG geht hervor, dass Führungskräfte zum Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie zur Unfallvermeidung sensibilisiert und geschult werden sollen:

UT161::

Während sich „Fit for Job“ an alle Mitarbeiter richtet, ist „Fit for Leadership“ speziell für Führungskräfte zugeschnitten. In beiden Seminaren wird den Teilnehmern aufgezeigt, wie sie im Alltag stärker auf eine gesunde Ernährung, körperliche Fitness und mentale Ausgeglichenheit achten können. (BMW AG GB 2007)

UT162::

Entscheidend für ein erfolgreiches Gesundheitsmanagement ist das aktive und sichtbare Engagement der obersten Führungsebene. Alle Führungskräfte sind daher besonders verantwortlich, dass die rechtlichen Anforderungen und Standards entsprechend den Richtlinien und den jeweils geltenden nationalen Vorschriften umgesetzt werden. (Siemens AG NB 2009)

UT163::

Auf den Grundlagen der weltweit gültigen Standards der BMW Group kreiert jeder Werksstandort unter Berücksichtigung der länderspezifischen Vorgaben ein individuelles Konzept. So werden beispielsweise in den USA künftig individuelle und anforderungsspezifische Trainings zur Unfallvermeidung für Mitarbeiter und Führungskräfte angeboten. Das BMW Werk Spartanburg will damit seine führende Rolle unter den Automobilherstellern Nordamerikas in Bezug auf Arbeitssicherheit bis 2015 weiter ausbauen. (BMW AG NB 2013)

UT164::

Die unterschiedlichen Geschäftstätigkeiten von Siemens sind mit verschiedenen Gefährdungsrisiken für unsere Mitarbeiter verbunden. Dem begegnen wir auf zweifache Weise: Einerseits sorgen wir für zentrale, weltweit gültige Vorgaben, anderer­seits passen wir Programme dezentral an. Im Rahmen unseres globalen Zero-Harm-Culture-Programms wollen wir durch intensive Schulungen von Führungskräften und Mitarbeitern das Bewusstsein für Risiken in der Arbeitssicherheit schärfen und diese so minimieren. (Siemens AG NB 2010)

Ein weiterer Aspekt, der in Bezug auf Führungskräfte in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG signifikant thematisiert wird, ist Vielfalt. Führungskräfte sollen sich ihrer Bedeutung bei der Umsetzung von Maßnahmen im Bereich Vielfalt bewusst sein und dafür sensibilisiert werden:

UT165::

Wir verbinden damit zwei Ziele: Zum einen soll sich die Vielfalt in der Gesellschaft und bei unseren Kunden auch in unserer Belegschaft widerspiegeln. Zum anderen wollen wir unsere Mitarbeiter motivieren, ihre jeweiligen Fähigkeiten voll einzubringen. Die Förderung der Vielfalt zielt zudem darauf ab, weiterhin „Employer of Choice“ – also bevorzugter Arbeitgeber – für unsere Mitarbeiter zu bleiben und dies für viele neue Kandidaten zu werden. Denn im zunehmenden Wettbewerb um Talente wird Diversity am Arbeitsplatz immer wichtiger. Daher besitzt dieses Thema auch in unserer Führungskräftefortbildung einen hohen Stellenwert. So haben wir beispielsweise für unsere Führungskräfte in Deutschland ein verpflichtendes Online-Training zum Thema Antidiskriminierung entwickelt. In der Region Asien/Pazifik intensivieren wir seit Anfang 2008 die Talentförderung, da die dortige, rasch wachsende Bevölkerung sich auch in einer breit gefächerten Mitarbeiter- und Management-Struktur im Bayer-Konzern widerspiegeln soll. In den USA hat Diversity eine besonders lange Tradition. So findet z. B. in Nordamerika alle zwei Jahre die „Bayer Diversity Conference“ statt, auf der Mitarbeiter und Führungskräfte gemeinsam über Fortschritte und weitere Verbesserungsmaßnahmen diskutieren. (Bayer AG NB 2007)

UT166::

FÜHRUNGSKRÄFTE FÜR DIVERSITY & INKLUSION SENSIBILISIEREN

Diversity & Inklusion ist ein zentrales Thema in den verpflichtenden Qualifizierungsprogrammen für Führungskräfte. Die Teilnehmer dieser Programme reflektieren das Thema, indem sie unterschiedliche Perspektiven einnehmen. Darüber hinaus lernen sie die spezifischen Potenziale von Teams zu nutzen, die hinsichtlich des Geschlechts, des Alters und der kulturellen Hintergründe ihrer Mitglieder besonders vielfältig sind. 2014 wurden rund 2.000 Führungskräfte zu diesen Schwerpunkten geschult. (BMW AG NB 2014)

UT167::

Auch die Führungskräfte werden dafür geschult, Mitarbeiter unterschiedlicher Herkunft in Teams zusammenzubringen und ein Umfeld zu schaffen, das die Vielfalt fördert. Siemens soll dadurch zu einem bevorzugten Arbeitgeber für alle Bevölkerungsgruppen werden. (Siemens AG CCR 2001)

Die Analyseergebnisse der untersuchten Unternehmenstexte zeigen, dass sich Führungskräfte nicht nur in Bezug auf Diversität hinsichtlich heterogener Teams aufgrund ihrer kulturellen Herkunft bewusst werden sollen, sondern dass sie auch für Mitarbeiter mit Behinderungen sensibilisiert werden:

UT168::

Zur Chancengleichheit gehört bei Bayer selbstverständlich auch die Förderung von schwerbehinderten oder gesundheitlich eingeschränkten Mitarbeitern. Moderne Integrationskonzepte gewährleisten die Wahrung ihrer Interessen und die Berücksichtigung bei Stellenbesetzungen. So haben wir im Berichtsjahr beispielsweise in Brasilien ein Programm zur Integration von Behinderten eingeführt. In dessen Verlauf sollen Arbeitsplätze behindertengerecht gestaltet, Führungskräfte und Mitarbeiter sensibilisiert und weitere behinderte Mitarbeiter eingestellt werden. (Bayer AG NB 2007)

In den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der Bayer AG und BMW AG werden auch Schulungen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) thematisiert:

UT169::

Im August 2006 ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft getreten. Dies haben wir zum Anlass genommen, allen Führungskräften in Deutschland eine Schulung mithilfe eines Web-Based-Training anzubieten. (Bayer AG NB 2006)

UT170::

Die Mitarbeiter und Führungskräfte insbesondere des Personalwesens wurden und werden zu den Inhalten des AGG geschult. Das Bekenntnis zu den Zielstellungen des AGG wurde in der Vereinbarung „Fairer Umgang am Arbeitsplatz“ mit der Formulierung entsprechender Handlungsleitlinien für Führungskräfte und Mitarbeiter dokumentiert. (BMW AG GB 2006)

In den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen werden Frauen und eine entsprechende Führungskräfteentwicklung thematisiert, beispielsweise spezielle Trainings zur Vorbereitung von Führungsaufgaben für Frauen:

UT171::

Auf ihrem Weg in Führungspositionen werden Mitarbeiterinnen der BMW AG durch ein 100-Tage-Coaching-Programm unterstützt, das ihnen die in einem technik- und noch männerdominierten Umfeld hilfreiche Aufstiegskompetenz vermittelt. Das von Mitarbeiterinnen initiierte Netzwerk „Weibliche Führungskräfte im Dialog“ umfasst mittlerweile 90 weibliche Führungskräfte und wird seit 2009 durch ein Netzwerk für tarifliche Mitarbeiterinnen ergänzt. (BMW AG NB 2010)

Ein weiterer Aspekt, der für die vorliegende Untersuchung nicht nur in Bezug auf den Führungsstil, sondern auch für das zweite Schwerpunktthema Kampf um Talente relevant ist, beschäftigt sich mit der Sensibilisierung der Führungskräfte für die Herausforderungen des demografischen Wandels:

UT172::

Führungskräfte werden in „Age-Management-Seminaren“ gezielt zu Konzepten und Instrumenten einer altersgerechten Führung geschult. (BMW AG NB 2007/2008)

Ein besonderes Instrument zur Förderung der sozialen Kompetenz von Führungskräften wird in dem Corporate Citizenship Report (2001) von der Siemens AG vorgestellt. In dem Programm „Switch – die andere Seite“ arbeiten Führungskräfte eine Woche in sozialen Einrichtungen und erhalten dadurch eine andere Perspektive auf die Themen „Helfen und Lernen“:

UT173::

„Switch – die andere Seite“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Siemens-Bereichs Information and Communication Networks und der Stadt München. Im Rahmen einer Weiterbildung arbeiten Führungskräfte eine Woche lang in ausgewählten sozialen Einrichtungen mit Jugendlichen, Obdachlosen, Aidskranken oder Behinderten. Beide Seiten profitieren davon: Soziale Organisationen können in einigen Fällen Manager langfristig für bürgerschaftliches Engagement gewinnen – und erhalten neue Impulse für ihre Arbeit. Siemens beschreitet damit einen neuen Weg in seinem gesellschaftlichen Engagement und fördert gleichzeitig die soziale Kompetenz der Führungskräfte. Diese erfahren die Bedeutung sozialer Arbeit und lernen den konstruktiven Umgang mit schwierigen zwischenmenschlichen Situationen. Im vergangenen Geschäftsjahr haben 17 Siemens-Mitarbeiter an dem Programm teilgenommen, das vor kurzem auch beim Bereich Information and Communication Mobile in Berlin gestartet wurde. Andere Städte und Unternehmensbereiche sollen folgen. (Siemens AG CCR 2001)

Verschwiegenheit sowie Kenntnisse zum verantwortungsvollen Umgang mit dem Datenschutz werden als Kompetenz von Führungskräften besonders in den untersuchten Unternehmenstexten der Siemens AG betont:

UT174::

Da HIV-Infizierte in Indien noch häufig ihren Arbeitsplatz verlieren oder schwerster Diskriminierung ausgesetzt sind, setzte Siemens Indien mit seiner „Policy on HIV/AIDS“ ein wichtiges Zeichen. Diese legt fest, dass neue Mitarbeiter keinem HIV-Screening unterzogen werden und die Führungsebene absolutes Stillschweigen über medizinische Daten von Mitarbeitern zu bewahren hat. Die Policy verbietet jegliche Form der Diskriminierung und sichert Mitarbeitern jedwede Unterstützung zu. (Siemens AG NB 2008)

UT175::

Zum Geschäftsjahr 2014 haben wir unternehmensweit die operative Verantwortung für den Datenschutz auf die Compliance-Organisation übertragen. Zu den Aufgaben zählen das Bewerten von Risiken, Überwachungs- und Kontrollaktivitäten, Trainings für alle Führungskräfte und Mitarbeiter sowie das Behandeln von Beschwerden. Die rechtliche Beratung liegt bei der Konzernrechtsabteilung. Die Prozesse des Compliance-Systems passen wir entsprechend an, zum Beispiel indem wir den Datenschutz in die Bewertung der Compliance-Risiken für unsere Geschäftseinheiten aufnehmen. (Siemens AG JB 2013)

Die Förderung von Führungskräften erfolgt in vielen Unternehmen über Talentpools, Weiterbildungen und individualisierte Coachings. Aus der Berichterstattung der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG geht hervor, dass es für die drei Unternehmen im Sinne einer nachhaltigen Personalentwicklung zentral ist, dass die Maßnahmen transparent erfolgen und die Mitarbeiter miteinbezogen werden:

UT176::

Zu den wesentlichen globalen strategischen Projekten gehören:

  • Leadership Qualification and Development: Entwicklung derzeitiger und zukünftiger Führungskräfte und Ausbau ihrer Fähigkeiten, effektiv zu führen sowie auf ihre Mitarbeiter einzuwirken und es ihnen zu ermöglichen, persönliche und Unternehmensziele zu erreichen.

  • Future Talent Program: Gewinnung und Entwicklung von Akademikern und zukünftigen Führungskräften außerhalb der BMW Group, um einen nachhaltigen und vielfältigen globalen Talent Pool aufzubauen.

  • Diversity & Inclusion: Weiterentwicklung des bestehenden Diversity-Konzepts in eine geeignete Diversity-&-Inclusion-Strategie für den weltweiten Einsatz. Definition von Zielen und Leistungskennzahlen auf globaler, nationaler und regionaler Ebene zur Ableitung und Umsetzung angemessener Maßnahmen.

  • Health and Work Environment: Förderung der bestmöglichen Leistungserbringung der Mitarbeiter der BMW Group durch nachfrageorientierte Maßnahmen im Bereich Gesundheitsverhalten und Arbeitsumfeld. (BMW AG NB 2014)

Führungskräften kommt eine erhebliche Verantwortung bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit im Unternehmen zu, denn sie bestimmen maßgeblich mit ihrem Führungs- und Entscheidungsverhalten den Kurs und die Richtung eines Unternehmens. Somit personifizieren sie nicht nur die Unternehmenskultur, sondern haben auch einen Einfluss auf die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen im Unternehmen: „Nachhaltige zukunftsfähige Führung im Sinne eines Sustainable Leadership ist darum immer ein zentraler Bestandteil einer nachhaltigen Unternehmensführung“ (Mödinger/Armutat 2011: 28). Die Analyseergebnisse zeigen, dass Führungskräfte zahlreiche Eigenschaften benötigen, um den Nachhaltigkeitsaspekt im Unternehmen umzusetzen und das Unternehmen zum Erfolg zu führen: Eine Führungskraft sollte konstruktiv an den Entwicklungen des Unternehmens mitwirken und diese zielorientiert und professionell umsetzen. Dabei ist es wichtig, dass die Führungskraft die internationalen Märkte kennt und über kulturelles Einfühlungsvermögen verfügt. Außerdem sind ein gutes Netzwerk und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, an denen das Handeln ausgerichtet wird, ebenfalls von Bedeutung. Daraus lassen sich für die Unternehmen konkrete Personalmanagementmaßnahmen ableiten (vgl. Mödinger/Armutat 2011: 28). In den untersuchten Texten nimmt die unternehmensinterne Personalentwicklung zur Nachwuchsentwicklung einen besonderen Stellenwert ein:

UT177::

Besonderen Wert legt die BMW Group auf die Entwicklung von Führungskräften aus den eigenen Reihen. Durch ihre mehrjährige Erfahrung kennen Führungskräfte und Mitarbeiter bereits verschiedene Bereiche und viele Prozesse des Unternehmens. Gezielte Personalentwicklung öffnet ihnen Führungspositionen im Unternehmen. (BMW AG NB 2003/2004)

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird eine Vielzahl von speziellen Programmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Bezug auf die Personalentwicklung aufgeführt. Bei der Personalentwicklung ist es nicht von Bedeutung, ausschließlich Karrieren im „General Management“ zu fördern, sondern auch anderen internen Experten attraktive Karrieren anzubieten (vgl. Siemens AG GB 2005). In der untersuchten Berichterstattung wird eine Vielzahl von Eigenschaften der Führungskräfte thematisiert, die – wie oben dargestellt – in Bezug auf zahlreiche spezielle Förderungsmöglichkeiten für Führungskräfte geschult werden sollen. Gemein ist allen Unternehmen, dass die Führungskräfteentwicklung durch eine strategische Managementqualifizierung in den Unternehmen erfolgt, indem individuelle Managementkompetenzen gestärkt und ausgebaut werden sowie strategische Trends und Entwicklungen berücksichtigt werden (vgl. BMW AG NB 2005/2006). Eine Auswahl der unternehmensweiten nationalen und internationalen Programme für Förderungsmöglichkeiten für Führungskräfte wird im Folgenden vorgestellt.

In den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der Bayer AG sind das Führungskräfteentwicklungsprogramm „BayWay“ (vgl. Bayer AG NB 2007), der „Development Dialogue“ und das „Bayer-360-Grad-Feedback“ (vgl. Bayer AG NB 2008) sowie die „Bayer Leadership Excellence“ (vgl. Bayer AG GB 2011) nennenswert. Die „Bayer Academy“ bietet den Mitarbeitern der Bayer AG umfangreiche Weiterbildungsangebote (vgl. Bayer AG GB 2014). Zu den Programmen zählen beispielsweise „Diversity Workshops“ (vgl. Bayer AG NB 2012), der Arbeitskreis „Chancengleichheit“ (vgl. Bayer AG NB 2004) sowie das onlinebasierte Training zur Sicherheit am Arbeitsplatz „Pegasus“ (vgl. Bayer AG NB 2012). Auch die Talentförderung wird in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG thematisiert:

UT178::

Einen Schwerpunkt unserer Personalpolitik bildet das konzernweite Talent-Management, also die Maßnahmen und Instrumente zur beruflichen und persönlichen Entwicklung unserer Mitarbeiter. (Bayer AG NB 2012)

Die BMW AG gestaltet die Führungskräfteentwicklung und Weiterbildung entsprechend des Führungsleitbilds „Managing Business“, „Leading People“ und „Leading Yourself“ (vgl. BMW AG NB 2010) und richtet danach ihre Maßnahmen aus:

UT179::

Neben dem Dialog rückt auch die Entwicklung von Führungskräften stärker in den Mittelpunkt. Eigene Potenzialprogramme bereiten das Management frühzeitig auf zukünftige Aufgaben und Funktionen in einem zunehmend komplexen und volatilen Umfeld vor. (BMW AG GB 2011)

Zudem bietet die BMW AG ihren Mitarbeitern zahlreiche Weiterentwicklungsmöglichkeiten, beispielsweise das Talentförderungsprogramm „Future Talent Program“, das Programm „Health and Work Environment“ (vgl. BMW AG NB 2013) und das Weiterbildungsprogramm „Fit for Job“ (vgl. BMW AG GB 2007), an. Das Unternehmen setzt auf eine gezielte Förderung von Mitarbeitern (vgl. BMW AG NB 2005/2006) mit dem Bestreben, Methoden- und Sozialkompetenzen weiterzuentwickeln. Dazu dienen Seminare, zum Beispiel „Führen und Verhalten“ sowie „Fit for Leadership“ (vgl. BMW AG GB 2007), „Arbeitsrecht für Führungskräfte“ und „Gesund führen“ (vgl. BMW AG NB 2008). In den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der BMW AG liegt ein besonderer Fokus auf Schulungen zum Thema Menschenrechte (vgl. BMW AG NB 2012):

UT180::

Wir schulen unsere Mitarbeiter zur Position der BMW Group und zu den konkreten Anforderungen im Bereich Unternehmen und Menschenrechte. Das Thema ist ein fester Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsschulungen, die sich insbesondere an neue Mitarbeiter und Auszubildende richten, sowie eines Web-Based Trainings zu Nachhaltigkeit für alle Mitarbeiter. (BMW AG NB 2014)

Auch in den untersuchten Unternehmensberichten der Siemens AG existieren Programme mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Dazu zählen beispielsweise das virtuelle Weiterbildungsangebot „Learning Campus“ (vgl. Siemens AG CRR 2003) und das Nachwuchskräfteprogramm „Top Talents“ (vgl. Siemens AG NB 2009). Das Programm „Fit4 2010“ dient der Etablierung einer Hochleistungskultur und dem Ausbau eines globalen Nachwuchspotenzials sowie der Aufwertung von Expertenlaufbahnen (vgl. Siemens AG CRR 2007). Das Programm „Siemens Qualification and Training (SQT)“ soll internationale Business Skills, Multimediaapplikationen, Führungskompetenz und Methodenkenntnisse vermitteln (vgl. Siemens AG CCR 2001). Das „Siemens-Leadership-Excellence-Programm (SLE)“ wurde speziell für Führungskräfte und ihre Aufgaben in der Führung entwickelt. Führungskräfte sollen dabei einerseits individuell gefördert, andererseits für gemeinsame Ziele begeistert werden (vgl. Siemens AG GB 2012). Das Vorantreiben von Weiterentwicklungsmöglichkeiten von Führungskräften ist für das Unternehmen zentral (vgl. Siemens AG GB 2009) und unterstützt zudem den Erwerb eines berufsbegleitenden Studienabschlusses für Fach- und Führungskräfte (vgl. Siemens AG NB 2012). Ein weiteres Instrument ist das fünfteilige „Management Learning Program“, das zur Qualifikation von Mitarbeitern für Führungs- und Schlüsselpositionen dient (vgl. Siemens AG CCR 2001). Außerdem werden flexible Arbeitszeitmodelle in den Unternehmenstexten vorgestellt, beispielsweise Gleit- und Teilzeitmodelle, Telearbeit und die Möglichkeit längerer Auszeiten (vgl. Siemens AG CRR 2003), die für potenzielle Führungspositionen attraktiv sein sollen. Die Etablierung einer Feedbackkultur und Mitarbeitergespräche werden in den untersuchten Unternehmenstexten ebenfalls thematisiert. Ein Beispiel dafür ist der „Staff Dialogue“, der den Stand der Zielerreichung und Vereinbarung von verbindlichen neuen Zielen, Stärken und Schwächen sowie das Potenzial des Mitarbeiters analysiert, woraus sich individuelle Maßnahmen ableiten lassen (vgl. Siemens AG CRR 2002).

Neben den zahlreichen Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung von Führungskräften werden in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG konkrete Leitbilder zum Führungsstil vorgestellt. Allen Unternehmen ist gemein, dass sie in ihren Unternehmenstexten Führung als zentrales Element der Personalpolitik betonen:

UT181::

Auswahl, Bewertung, Führung und Entwicklung sind Schlüsselelemente unserer Personalpolitik. (Siemens AG GB 2005)

Die Bayer AG äußert in ihrem Geschäftsbericht (2004), dass Führung und Führungsverhalten nach Werten bestimmt werden:

UT182::

Das Einhalten dieser Handlungsgrundsätze spielt für uns eine große Rolle. Deshalb beurteilen wir unser Management nach Führungsprinzipien, die auf unseren Werten beruhen. (Bayer AG GB 2004)

Die Definition von diesen Werten in Bezug auf den Führungsstil wird hier allerdings nicht konkret benannt, sondern an anderer Stelle vorgestellt, beispielsweise in Bezug auf allgemeine Prinzipien der Konzernführung bzw. in den Leitbildern der Unternehmen (vgl. Bayer AG 2004: 147). In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird Führung in Verbindung mit „Kultur“ gebracht:

UT183::

Lebenslang lernen und sich weiterzuentwickeln sowie Vielfalt und Engagement der Mitarbeiter zu fördern sind deshalb Grundsätze unserer Mitarbeiter- und Führungskultur. (Siemens AG GB 2012)

Aus der Analyse der Unternehmenstexte geht zudem hervor, dass Führung mithilfe von Performance-Management-Prozessen bewertet und gesteuert werden soll, woraus sich Handlungen, beispielsweise in Bezug auf die Vergütung oder Personalentwicklung, ableiten lassen:

UT184::

Der weltweit einheitlich eingeführte Performance Management Process unterstützt unsere Führungskräfte und Mitarbeiter dabei, klare persönliche Ziele festzulegen, und erlaubt ein konkretes und offenes Feedback, das für die Zielerreichung notwendig ist. PMP unterstützt uns auch bei der Festlegung der Einkommen, der beruflichen Weiterentwicklung sowie der Identifikation von Top Talents und Key Experts. (Siemens AG GB 2008)

Neben des Performance-Management-Prozesses verfügt die Siemens AG über ein spezielles Beurteilungsinstrument von Führungskräften, das Siemens Management Review, das das Verhalten von Führungskräften bewertet. Außerdem hebt die Siemens AG in ihren Unternehmenstexten die Bedeutung einer entschlossenen Führung hervor:

UT185::

Technologische Lösungen funktionieren nur auf Basis entschlossener Führung und durchdachter Vorgaben. (Siemens AG GB 2011)

In dem Jahresbericht (2014) der Siemens AG wird erklärt, dass Führung mit kurzen Entscheidungswegen einhergeht:

UT186::

Auf allen anderen Ebenen unseres Unternehmens wird Führungsverantwortung hingegen stets Einzelpersonen zugeordnet, die eigenständig entscheiden und für ihre Aufgabenbereiche persönlich Verantwortung tragen (CEO-Prinzip). Dieses Prinzip schafft klare und direkte Verantwortlichkeiten und damit kurze Entscheidungswege. (Siemens AG JB 2014)

Bereits im Corporate Responsibility Report des Jahres 2002 unterstreicht die Siemens AG – im Vergleich zur Bayer AG und BMW AG – die Wichtigkeit von Führung für die persönliche Entfaltung der Mitarbeiter:

UT187::

Dauerhafte Motivation erfordert außerdem bei Zusammenarbeit und Führung eine Unternehmenskultur, die die persönliche Entfaltung der Mitarbeiter ermöglicht. (Siemens AG CRR 2002)

Die untersuchten Unternehmenstexte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG zeigen, dass für Führungskräfte die Arbeitssouveränität ohne Zeiterfassung gilt. Das heißt, es zählen die Ergebnisse und die Leistung der Führungskräfte, woran auch der Sinn für die intrinsische Ergebnisorientierung und unternehmerisches Handeln geknüpft ist:

UT188::

Im Vordergrund stehen nicht die Anwesenheitsdauer, sondern die vereinbarten Ziele. Im mittleren und oberen Management sind Eigenverantwortung und individuelle Gestaltungsspielräume am stärksten ausgeprägt. (BMW AG NB 2005,06)

Daran anknüpfend benötigt flexible Führung variable Arbeitszeitmodelle, wie in dem Corporate Citizenship (2002) der Siemens AG formuliert. Zudem soll die flexible Arbeitszeitgestaltung den Führungskräften eine Regeneration im Privatleben ermöglichen:

UT189::

Voraussetzungen dafür sind ein flexibler Führungsstil und ein verantwortungsbewusster Umgang mit der hinzugewonnenen Selbstbestimmung. (Siemens AG CRR 2002)

UT190::

Das Kampagnen-Motto ‚Flexibel arbeiten, bewusst abschalten‘ verdeutlicht: Optimale Leistung in der Arbeit erfordert echte Regeneration in der Freizeit. Außerhalb von abgestimmten Zeiten der Erreichbarkeit hat der Mitarbeiter das Recht, nicht erreichbar zu sein. (BMW AG NB 2014)

Eine thematisch kongruente Behandlung in der untersuchten Berichterstattung der drei Unternehmen erfolgt hinsichtlich der Nachhaltigkeitsidee und ihrer Bedeutung für Unternehmenswerte und Führungsprinzipien, was die folgenden Zitate belegen:

UT191::

Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Bayer-Leitbilds sowie unserer Werte und Führungsprinzipien. Unser Bekenntnis zu den Grundsätzen des Sustainable Development haben wir durch unsere „Sustainable Development Policy“ klar definiert und mit unternehmensinternen Richtlinien und Positionen im Unternehmen verankert. Verschiedene Selbstverpflichtungen, z. B. im Rahmen der „Responsible Care Global Charter“ und des „un Global Compact“ unterstreichen unsere Einstellung. […] Gemeinsame Werte und Führungsprinzipien werden als Basis für das tägliche Handeln aller Mitarbeiter gesehen. Dazu zählen der Wille zum Erfolg, der engagierte Einsatz für unsere Aktionäre, Geschäftspartner, Mitarbeiter und die Gesellschaft, Integrität, Offenheit und Ehrlichkeit, der Respekt gegenüber Mensch und Natur sowie die Nachhaltigkeit unseres Handelns. Damit diese Handlungsgrundsätze eingehalten werden, erfolgt die Beurteilung leitender Mitarbeiter nach Führungsprinzipien, die auf den dargestellten Werten beruhen. (Bayer AG GB 2007)

UT192::

Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Werte und Führungsprinzipien. Um entsprechend unserem Leitbild „Bayer: Science For A Better Life“ nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften, wollen wir ökonomischen Erfolg auf Basis solider Geschäftsmodelle in Einklang bringen mit den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter und der Gesellschaft sowie dem Schutz der Umwelt. Um dieses Selbstverständnis zu unterstreichen, haben wir uns internationalen Nachhaltigkeitsinitiativen wie dem „un Global Compact“ und der „Responsible Care Global Charter“ verpflichtet. (Bayer AG GB 2009)

In dem Geschäftsbericht (2009) der BMW AG wird das Bekenntnis zu einem neuen Führungsverständnis betont:

UT193::

Die Umsetzung der Strategie Number ONE bringt auch neue Anforderungen an das Verständnis von Führung im Unternehmen. Besondere Aufgabe der Führungskräfte ist es, bei unseren Mitarbeitern das Verständnis zu fördern, dass Veränderungen allgegenwärtig sind und unsere Führungskräfte diese Veränderungen begleiten. Auf diese Weise werden die Mitarbeiter den Wandel besser verstehen, mittragen und aktiv unterstützen. (BMW AG GB 2009)

Alle Unternehmen äußern in ihrer Berichterstattung, dass sie eigene Führungskräfte fördern und Führungspositionen aus den eigenen Reihen besetzen möchten:

UT194::

Dabei setzen wir zum Beispiel verstärkt auf unsere eigenen Führungskräfte, die ihre Erfahrungen aus der Praxis an die zukünftige Führungsgeneration weitergeben. (Siemens AG GB 2006)

UT195::

Führungskräfte von innen. Besonderen Wert legt die BMW Group auf die Entwicklung von Führungskräften aus den eigenen Reihen. Durch ihre mehrjährige Erfahrung kennen Führungskräfte und Mitarbeiter bereits verschiedene Bereiche und viele Prozesse des Unternehmens. Gezielte Personalentwicklung öffnet ihnen Führungspositionen im Unternehmen. (BMW AG NB 2003/2004)

In dem Jahresbericht (2014) der Siemens AG sticht hervor, dass das Unternehmen Führungsstrukturen reduzieren möchte, um wirtschaftlich besser handeln zu können:

UT196::

Gleichzeitig wollen wir unser Portfolio weiter optimieren und unsere Führungsstrukturen und -prozesse verschlanken sowie eine »Eigentümerkultur« im gesamten Unternehmen fördern. (Siemens AG JB 2014)

Ein weiteres Thema im Zusammenhang mit Führung und Führungsqualitäten in der untersuchten Berichterstattung der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG ist die Förderung weiblicher Führungskräfte, was die Relevanz des Themas Frauenförderung für die vorliegende Untersuchung betont. Dies kann über Programme erzielt werden wie das Programm „BMW Women – High Ambition, High Impact“ (vgl. BMW AG NB 2012) und durch die Festlegung der Anzahl der weiblichen Führungskräfte, beispielsweise in Form einer Verdopplung der Frauen in Führungspositionen (vgl. Bayer AG NB 2004). In den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen werden auch Anreizsysteme über die Vergütung für Führungskräfte thematisiert:

UT197::

Damit sind die strategischen Zielfelder Wachstum und Profitabilität unmittelbar mit der Führungskräftevergütung in der BMW AG verknüpft. (BMW AG GB 2008)

In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird neben der Thematisierung der Förderung weiblicher Führungskräfte auch das Streben nach gleicher Vergütung ausgedrückt. In dem Zusammenhang äußern sich die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG dahingehend, dass die Chancengleichheit in der Vergütung im individuellen Entgelt durch die fachliche und persönliche Qualifikation des Mitarbeiters sowie durch dessen Übernahme von Verantwortung bestimmt werden soll. Die Grundlage dafür ist eine personenunabhängige Stellenbewertung, die nach der international anerkannten Hay-Methode vorgenommen wird. Dabei wird die Stelle ausschließlich auf der Grundlage der Kompetenzanforderungen an die Position innerhalb eines Unternehmens bewertet. Außerdem nimmt die Bedeutung von Compliance-Aktivitäten bei der Festlegung des Vergütungssystems zu:

UT198::

Wie in den Jahren zuvor sind die Compliance-bezogenen-Ergebnisse dieser Befragungen ein Bestandteil unseres Vergütungssystems für das obere Management. (Siemens AG GB 2010)

Ein auffälliges Ergebnis der Analyse des Führungsstils und der Führungsqualitäten besteht darin, dass die Siemens AG in ihren Unternehmenstexten bis zum Jahr 2008 die Attraktivität der Vergütung von Führungskräften behandelt, seit 2009 jedoch das Thema nicht mehr in den untersuchten Unternehmenstexten ausdrucksseitig oder implizit kommuniziert.

Aus der Analyse geht hervor, dass allen Unternehmen gemein ist, dass die Business Conduct Guidelines für den Führungsstil bedeutend sind:

UT199::

Unsere Business Conduct Guidelines sind weltweit für alle Führungskräfte und Mitarbeiter sowie die Mitglieder des Vorstands verbindlich. (Siemens AG JB 2013)

Ein weiteres diskursives Subthema der untersuchten Unternehmenstexte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG ist die Transparenz von Führung. Die Unternehmen präsentieren in ihren Berichten detailliert die Organisation von Führungshierarchien, insbesondere nach Neustrukturierungen, wie im Corporate Responsibility Report (2003) der Siemens AG:

UT200::

Im vergangenen Geschäftsjahr haben wir unser Führungssystem überarbeitet. Unser Ziel war, es noch transparenter und eingängiger zu gestalten. Deshalb haben wir unser Business Excellence Programm top+ erweitert und in das neu geordnete top+ Siemens Management System (SMS) weiterentwickelt, das aus drei unternehmensweiten Programmen besteht: Innovation, Kundenfokus und Globale Wettbewerbsfähigkeit [...]. (Siemens AG CRR 2003)

In den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG sind die Kooperation und der Dialog in Bezug auf den Führungsstil zentral:

UT201::

Der Führungsstil in der BMW Group ist gekennzeichnet durch Kooperation und Dialog. Die Führungskräfte fördern und fordern ihre Mitarbeiter. Das Ziel: Freiräume so gestalten, dass jeder Mitarbeiter unternehmerisch handeln kann und befähigt wird, sein Bestes für das Unternehmen zu geben. (BMW AG NB 2007/2008)

Der Dialog im Führungsstil wird nicht nur in Bezug auf die Mitarbeiter betont, sondern auch hinsichtlich weiterer Stakeholder, beispielsweise Kunden:

UT202::

Ein wichtiger Treiber für die Kundenorientierung bei Siemens ist unser Executive Relationship Program, das auf unsere großen Kunden ausgerichtet ist und das wir im Geschäftsjahr 2011 noch einmal erweitert haben. Es dient dem Aufbau und der Pflege langfristiger Beziehungen mit den oberen Führungskräften von etwa 100 unserer Kunden. Wir haben dieses Programm auf Vorstandsebene eingerichtet: Alle Vorstandsmitglieder stehen in direktem Kontakt mit wichtigen Kunden, pflegen dabei einen kontinuierlichen Dialog und nehmen sich persönlich der Geschäftsbedürfnisse unserer Kunden an. Ergänzend wurde dieses Programm unter Einbindung der oberen Führungsebene unserer Regionalgesellschaften auch auf Länderebene eingeführt. (Siemens AG GB 2011)

In den untersuchten Unternehmenstexten werden Plattformen für den Austausch von Mitarbeitern und Führungskräften vorgestellt, beispielsweise Mitarbeiterbefragungen und Feedbacksysteme:

UT203::

Wertschätzung zeigt sich aber auch in der konstruktiven Zusammenarbeit beider Seiten, im neuen, verhaltensorientierten Führungsmodell und in den regelmäßigen Mitarbeiterbefragungen, mit denen die BMW Group systematisch das Feedback ihrer Belegschaft erfragt. (BMW AG NB 2008)

UT204::

Mitarbeiterorientiert führen

Im vergangenen Jahr hat die BMW Group ihr Führungsverständnis weiterentwickelt und im Führungsmodell des neuen „Management Hauses“ niedergelegt. Dieses dient als Basis der Beurteilung von Führungskräften. Die wichtigste Neuerung: Von Führungskräften wird heute noch mehr als bisher neben ausgezeichneten Ergebnissen ein vorbildliches Führungsverhalten erwartet. Entscheidend ist sowohl, was erreicht wurde, als auch, wie eine Führungskraft gemeinsam mit ihrem Team Ergebnisse erzielt hat. (BMW AG NB 2008)

UT205::

Feedback als Führungsinstrument

Mitarbeiterbefragungen und andere Feedbacksysteme sind ein zentrales Instrument unserer Führung. Damit überprüfen wir nicht nur die Zielerreichung im Bereich exzellente Führung, sondern messen auch die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter und ermitteln Verbesserungspotenziale. (BMW AG NB 2012)

Im Geschäftsbericht (2007) der Siemens AG wird aufgezeigt, wie in Mitarbeiterfeedbacks die Führungsqualitäten von Managern ermittelt werden:

UT206::

Im Performance Management Process wird auch die Führungsfähigkeit der Führungskräfte beurteilt. Die sogenannten Führungsgespräche, in denen Mitarbeiter ihre Führungskräfte bewerten, dienen den Managern als Feedback für ihre eigene Arbeitsweise und ihre Führungsqualitäten. Durch das 180-Grad-Feedback werden Entwicklungspotenzial und Stärken aufgezeigt. (Siemens AG GB 2007)

In Bezug auf die Transparenz wird in den untersuchten Texten der Bayer AG auch die Transparenz unternehmensinterner Stellenbörsen behandelt. Hier ist das „Bayer Global Internal Job Board“ (Bayer AG GB 2012) zu nennen, eine weltweit verfügbare Stellenbörse, in der offene Stellen bis hin zu höheren Führungspositionen konzernweit ausgeschrieben werden. Dies gewährleistet Transparenz für den internen Stellenmarkt (vgl. Bayer AG NB 2012).

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die untersuchungsrelevanten Handlungen zum Führungsstil und zu den Führungsqualitäten von Managern in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG ähneln thematisch denen in den Medientexten (vgl. Tab. 5.43, S. 281).

Die Thematisierung der Maßnahmen zum Führungsstil und zu den Führungsqualitäten lassen unternehmensspezifische Besonderheiten in der Berichterstattung erkennen. In der Berichterstattung der Bayer AG erfolgte bis zum Jahr 2004 eine geringe thematische Auseinandersetzung mit dem Thema „Führung“. Lediglich in Bezug auf Aktienprogramme, Vergütung oder auf die Werte des Unternehmens werden Führung und Führungsqualitäten erwähnt. Seit dem Nachhaltigkeitsbericht 2005 ist ein starker Anstieg der Behandlung des Themas zu erkennen. Mithilfe von Ziel- und Maßnahmenkatalogen – tabellarisch strukturiert, detailliert und übersichtlich – wird in der unternehmerischen Berichterstattung dargestellt, wie Führung zu einem nachhaltigen unternehmerischen Handeln im Unternehmen beitragen kann. In den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der BMW AG ist seit dem Jahr 2001 ein starker Anstieg der Behandlung des Themas „Führung“ zu erkennen. In diesem Zusammenhang werden häufig Frauen thematisiert, die Führungspositionen besetzen können. In den Unternehmenstexten der Siemens AG wird – genau wie in der Berichterstattung der Bayer AG und BMW AG – zu Beginn des Untersuchungszeitraums „Führung“ wenig thematisiert, abgesehen von der Idee, dass Führung zum Unternehmenserfolg führen soll. Das folgende Textbeispiel des Geschäftsberichts (1999) der Siemens AG zeigt eindrücklich, dass Führung thematisiert wird, allerdings ohne konkrete Maßnahmen zur Umsetzung vorzustellen:

UT207::

Wichtig ist uns auch die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur, vor allem auf den Feldern Führung und Zusammenarbeit. (Siemens AG GB 1999)

Allen Unternehmen ist in ihrer Berichterstattung gemein, dass sie flexible Arbeitszeitmodelle und -formen thematisieren, die auf eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf abzielen. Ziel der Unternehmen ist es, Führungskräfte für das Unternehmen zu gewinnen und daran zu binden. Die oben vorgestellten Maßnahmen dienen einerseits dazu, dass das Unternehmen für die Führungskräfte attraktiv ist. Zugleich sollen diese ihr Handeln entsprechend am unternehmerischen Leitbild ausrichten.

In den untersuchten Unternehmenstexten werden eine Vielzahl von Handlungen vorgestellt. In den Medientexten werden die in den Unternehmenstexten behandelten Aspekte zu den Handlungen ebenfalls ausdrucksseitig und von unterschiedlichen Akteuren thematisiert (siehe Abschnitt 5.3.3 und 5.3.4).

5.2.3.5 Diskursive Themen zu Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter

In diesem Kapitel werden die Analyseergebnisse der diskursiven (Sub-)Themen bzw. Prototypen zu den Folgen sowie dem Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter für den Substantivtyp Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ vorgestellt. Tabelle 5.25 gibt einen Überblick über die Prototypen bzw. Hauptanalysekategorien in den Unternehmenstexten.

Tab. 5.25 Überblick über die Prototypen von Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Nachhaltigkeit ist ein diskursrelevantes Thema, da es den Menschen unmittelbar betrifft. In Anlehnung an die Analyseergebnisse der Unternehmenstexte wird im Folgenden aufgezeigt, welchen Stellenwert der Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ für den Menschen bzw. Mitarbeiter hat. In diesem Zusammenhang werden auch die in den untersuchten Unternehmenstexten thematisierten Folgen von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ im unternehmerischen und gesellschaftlichen Kontext vorgestellt. Folgende fünf prominente Prototypen sind entsprechend ihrer Häufigkeit zu nennen: Nachhaltigkeit eng an positive Zukunftsvisionen geknüpft, Verantwortungsübernahme im Unternehmen und weltweit, Kooperation mit und Transparenz gegenüber Stakeholdern, positive Konjunkturaussichten durch nachhaltiges Handeln und positive Beeinflussung der Arbeitsorganisation und des Arbeitsumfelds im Unternehmen durch nachhaltiges Handeln. Die thematischen Kohärenzbeziehungen zwischen den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen zeigen sich kongruent, kontrastiv, in Form von intertextueller Variation und Elaboration

Von allen drei Unternehmen wird der erste Aspekt – Nachhaltigkeit eng an positive Zukunftsvisionen geknüpft – in den untersuchten Texten thematisiert. Die drei Unternehmen betonen in ihren Unternehmenstexten, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee zu einer positiven Entwicklung für ihre Unternehmen führen werde: Im Geschäftsbericht (2014) der Bayer AG wird eine positive Unternehmensentwicklung vorausgesagt, wenn es dem Unternehmen gelingt, in den aufstrebenden Schwellenländern Mitarbeiter zu gewinnen und an sich zu binden.

UT208::

Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter sind eine entscheidende Voraussetzung für den Unternehmenserfolg. Insbesondere in Ländern mit Vollbeschäftigung und in den aufstrebenden Schwellenländern Asiens und Lateinamerikas werden qualifizierte Fachkräfte von den Unternehmen intensiv umworben. Sollte es uns nicht gelingen, in diesen Ländern im erforderlichen Ausmaß Mitarbeiter zu rekrutieren und an Bayer zu binden, könnte dies erhebliche negative Auswirkungen auf die künftige Unternehmensentwicklung haben. Basierend auf Analysen des zukünftigen Bedarfs entwickeln wir entsprechende Maßnahmen zur Personalrekrutierung und -entwicklung. So möchten wir u. a. durch ein umfassendes Personalmarketing (Employer-Branding-Kampagne) unsere Zielgruppen von den Vorteilen unseres Unternehmens überzeugen. Eine wettbewerbsfähige Vergütung mit erfolgsabhängigen Komponenten sowie umfangreiche Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten sind wichtige Bestandteile unserer auf den Grundsätzen unserer Menschenrechtsposition, Unternehmenswerten und Corporate Compliance Policy basierenden Personalpolitik. Die Ausrichtung auf personelle Vielfalt (Diversity) ermöglicht zudem die Ausschöpfung des gesamten Arbeitsmarktpotenzials. (Bayer AG GB 2014)

UT209::

Dabei werden wir unser Tun immer an den Bedürfnissen unserer Kunden, unserer Eigentümer, unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie an den gesellschaftlichen Werten ausrichten. Ich persönlich stehe dafür gerade, dass die nachfolgende Generation ein besseres Unternehmen weiterführen kann. Das ist meine Vision. Das ist meine Verantwortung. Das ist mein Versprechen. (Siemens AG JB 2014)

Die Siemens AG betont in ihrem Geschäftsbericht (2012), dass die effektive Nutzung des Innovationspotenzials der Mitarbeiter zu den positiven Folgen von nachhaltigem Personalmanagement zählt:

UT210::

Exzellente Mitarbeiter gehören zu unseren großen Stärken; sie tragen entscheidend zu unserem Erfolg bei und sind die wahre Kraft von Siemens. (Siemens AG GB 2012)

Der zweite Aspekt – Verantwortungsübernahme im Unternehmen und weltweit – wird in den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten aller drei untersuchten Unternehmen thematisiert. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee in Zusammenhang mit Verantwortungsübernahme wird für das gesamte unternehmerische Handeln sowie für die Welt als wichtig angesehen und von allen drei Unternehmen in den untersuchten Texten kongruent, kontrastiv und in thematischer Elaboration behandelt. In den untersuchten Unternehmenstexten werden Projekte und Initiativen vorgestellt, um das nachhaltige Handeln im Unternehmen und weltweit zu verdeutlichen (vgl. Siemens AG CRR 2006 und Siemens AG CRR 2008). Die Wahrnehmung von unternehmerischer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und Menschen wird in den Unternehmensberichten allgemein betont, beispielsweise im Geschäftsbericht (2006) der BMW AG:

UT211::

Verantwortung aus Überzeugung – zur Steigerung des Unternehmenswerts Unternehmerische Verantwortung wahrzunehmen, ist aus Sicht der BMW Group also weit mehr als „nur“ Philanthropie oder Mäzenatentum. Es geht darum, das Unternehmen zukunftsfähig zu machen und so seinen Wert langfristig und dauerhaft zu steigern. Konkret heißt dies: Wir wollen, dass unser Unternehmen von Jahr zu Jahr wertvoller wird. (BMW AG GB 2006)

In den untersuchten Unternehmensberichten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG liegt ein Fokus auf den unternehmerischen Nachhaltigkeitsaktivitäten im Bereich Corporate Citizenship und dem daraus resultierenden Nutzen für die Gesellschaft und die zukünftige Entwicklung:

UT212::

Unsere Grundhaltung zu gesellschaftlicher Verantwortung. Auf längere Sicht ist unternehmerischer Erfolg am ehesten in stabilen Gesellschaften zu erreichen, die ihre grundlegenden Herausforderungen und Aufgaben bewältigen können. Aus dieser Erfahrung heraus engagiert sich Siemens für eine Verbesserung der Lebens- und Umfeldbedingungen in allen Gesellschaften und an allen Standorten, an denen Siemens unternehmerisch tätig ist, – als verantwortlicher Bürger und Nachbar. Corporate Citizenship bei Siemens zielt auf nachhaltigen Nutzen für die Gesellschaft. Mit unseren Programmen, Projekten und Engagements tragen wir zur Lösung relevanter gesellschaftlicher Aufgaben bei – weltweit, regional oder lokal. (Siemens AG CRR 2006)

UT213::

Für die Lebensqualität künftiger Generationen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich Unternehmen mit ihren Aktivitäten und Produkten den Prinzipien der Nachhaltigkeit verpflichten. (Siemens AG NB 2011)

Aus den Analyseergebnissen geht hervor, dass die unternehmerischen Aktivitäten in rechtliche Rahmenbedingungen und Corporate Codizes eingebettet sind:

UT214::

Die Siemens Business Conduct Guidelines stecken den ethisch-rechtlichen Rahmen für unsere Geschäftsaktivitäten ab. Unser Compliance-System soll sicherstellen, dass unsere Geschäftspraktiken weltweit im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und unseren internen Regelungen stehen. (Siemens AG GB 2011)

Hierzu betont die Siemens AG in ihren Unternehmenstexten das Einhalten von (Verhaltens-)Kodizes im Rahmen von verantwortungsvollem Handeln für das Unternehmen und die Gesellschaft (vgl. Siemens AG JB 2014):

UT215::

Hierbei legen wir großen Wert auf den intensiven Austausch mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette, externen Anspruchsgruppen und Institutionen, denn Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Handeln können nicht im Alleingang verwirklicht werden, sondern erst durch gemeinsame Initiativen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. (Siemens AG NB 2010)

Außerdem wird die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit für die Standortauswahl betont:

UT216::

Unser Ziel ist es, bei der Standortauswahl weiterhin die Vorreiterrolle im Bereich Nachhaltigkeit einzunehmen. (BMW AG GB 2014)

Die Bedeutung von Nachhaltigkeit in Krisenzeiten wird bereits 2009 explizit genannt:

UT217::

Eine allgemeine Lehre aus der Krise ist, dass Nachhaltigkeit des Handelns durch kein kurzfristiges Kalkül verdrängt werden darf. Was wie eine Binsenweisheit klingt, war an zu vielen Stellen und bei vielen Akteuren abhandengekommen. Heute ist offensichtlich: Wo Nachhaltigkeit verloren geht, da fehlt es auch an Verantwortungssinn, da wird Vertrauen zerstört, entsteht wirtschaftlicher Schaden und kommen Menschen in Nöte und in Bedrängnis. (Siemens AG GB 2009)

Der dritte Aspekt in Bezug auf die Folgen sowie den Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter eines nachhaltigen Personalmanagements lautet Kooperation mit und Transparenz gegenüber Stakeholdern. Alle drei untersuchten Unternehmen äußern in ihren Unternehmenstexten, dass der Dialog mit den Stakeholdern wichtig für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee ist. Die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG definieren ihr Verhältnis zu den Anspruchsgruppen in den untersuchten Berichten wie folgt:

UT218::

Wir suchen den zielgerichteten Dialog sowohl mit Stakeholdern, die durch unsere Geschäftstätigkeit unmittelbar beeinflusst werden, als auch solchen, die ihrerseits direkten oder indirekten Einfluss auf unsere Geschäftstätigkeit ausüben. Wir unterscheiden dabei vier Gruppen, mit denen wir hauptsächlich interagieren: Partner, Finanzmarktteilnehmer, Regulierer und die sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessengruppen. (Bayer AG GB 2013)

UT219::

Hierbei legen wir großen Wert auf den intensiven Austausch mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette, externen Anspruchsgruppen und Institutionen, denn Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Handeln können nicht im Alleingang verwirklicht werden, sondern erst durch gemeinsame Initiativen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. (Siemens AG NB 2010)

Zudem werden in den untersuchten Unternehmenstexten der drei Unternehmen der offene Dialog und das Interesse am Klären von Meinungsverschiedenheiten betont:

UT220::

Wir wollen durch Leistungsfähigkeit, Flexibilität und einen offenen Dialog überzeugen. Es gilt, den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern und eine hohe Wertschöpfung zu erwirtschaften – im Interesse unserer Aktionäre, unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der gesamten Gesellschaft in allen Ländern, in denen wir tätig sind. (Bayer AG GB 2007)

UT221::

Im Austausch mit unseren Stakeholdern lassen sich nicht alle Meinungsverschiedenheiten bereinigen, aber beide Seiten bekommen ein besseres Verständnis für die Sichtweisen des anderen. (BMW AG NB 2014)

Besonders in den Unternehmenstexten der BMW AG wird die Bedeutung aller Stakeholder im Rahmen unternehmerischen Handelns betont:

UT222::

Transparente Berichterstattung und Unternehmenskommunikation, eine an den Interessen aller Stakeholder ausgerichtete Unternehmensführung, die vertrauensvolle Zusammenarbeit sowohl von Vorstand und Aufsichtsrat als auch der Mitarbeiter untereinander sowie die Einhaltung geltenden Rechts sind wesentliche Eckpfeiler der Unternehmenskultur. (BMW AG GB 2010)

In den untersuchten Unternehmenstexten der Siemens AG werden Mitarbeiter als Stakeholder angesehen, deren Bedeutung für den Dialog wichtig ist. Das folgende Zitat illustriert, wie Vielfalt im Unternehmen umgesetzt werden soll:

UT223::

Stakeholderdialog Diversity

Unsere Mitarbeiter sind unsere wichtigsten Stakeholder. Sie untereinander zu vernetzen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen beschreibt ein wichtiges Ziel unserer Diversity-Initiative. Sie versteht die Vielfalt unserer Mitarbeiter als Potenzial und will helfen, sie weiter zu verbessern. (Siemens AG NB 2008)

Auffällig ist in den Unternehmenstexten, dass die Unternehmen ihr vorbildliches Verhalten in Bezug auf den Stakeholder-Dialog betonen:

UT224::

Gemeinsam mit dem dabei eingeforderten Dialog zwischen Mitarbeitern und Führungskräften, insbesondere zum Thema Erreichbarkeit, nimmt die BMW Group eine Vorreiterrolle ein. (BMW AG NB 2014)

Der Dialog mit den Anspruchsgruppen bzw. Stakeholdern wird in den Unternehmenstexten auch in Form von tabellarischen Auflistungen von Stakeholder-Aktivitäten (vgl. Bayer AG NB 2009: 29) sowie in Abbildungen dargestellt (Abbildung 5.21 und 5.22):

Abb. 5.21
figure 21

(Quelle: Bayer AG GB 2014)

Stakeholder der Bayer AG

Abb. 5.22
figure 22

(Quelle: BMW AG NB 2014)

Stakeholder der BMW AG

Der vierte Aspekt – Positive Konjunkturaussichten durch nachhaltiges Handeln – wird in den untersuchten Texten von allen drei Unternehmen kongruent, kontrastiv und in thematischer Elaboration behandelt. Der Nachhaltigkeitsidee werden von den Unternehmen positive Attribute im Sinne einer erfolgreichen volkswirtschaftlichen Entwicklung zugeschrieben. Durch die praktische Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee sollen beispielsweise Arbeitsplätze gesichert werden (vgl. Siemens AG CRR 2007) und nachhaltiges Handeln soll zu Wohlstand führen (vgl. Siemens AG GB 2008). In den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG wird betont, dass Mitarbeiter für den unternehmerischen Erfolg bedeutend sind und folglich der daraus resultierende Unternehmenserfolg zu einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung positiv beiträgt:

UT225::

Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter sind eine entscheidende Voraussetzung für den Unternehmenserfolg. Insbesondere in Ländern mit Vollbeschäftigung und in den aufstrebenden Schwellenländern Asiens und Lateinamerikas werden qualifizierte Fachkräfte von den Unternehmen intensiv umworben. Sollte es uns nicht gelingen, in diesen Ländern im erforderlichen Ausmaß Mitarbeiter zu rekrutieren und an Bayer zu binden, könnte dies erhebliche negative Auswirkungen auf die künftige Unternehmensentwicklung haben. Basierend auf Analysen des zukünftigen Bedarfs entwickeln wir entsprechende Maßnahmen zur Personalrekrutierung und -entwicklung. So möchten wir u. a. durch ein umfassendes Personalmarketing (Employer-Branding-Kampagne) unsere Zielgruppen von den Vorteilen unseres Unternehmens überzeugen. Eine wettbewerbsfähige Vergütung mit erfolgsabhängigen Komponenten sowie umfangreiche Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten sind wichtige Bestandteile unserer auf den Grundsätzen unserer Menschenrechtsposition, Unternehmenswerten und Corporate Compliance Policy basierenden Personalpolitik. Die Ausrichtung auf personelle Vielfalt (Diversity) ermöglicht zudem die Ausschöpfung des gesamten Arbeitsmarktpotenzials. (Bayer AG GB 2014)

In den untersuchten Unternehmenstexten aller drei Unternehmen erfährt der fünfte Aspekt – Positive Beeinflussung der Arbeitsorganisation und des -umfelds im Unternehmen durch nachhaltiges Handeln – eine thematische Kongruenz, Kontrastierung und Elaboration. Die Unternehmen betonen die Bedeutung sowie die Wichtigkeit nachhaltigen Wirtschaftens in Bezug auf eine positive unternehmerische Entwicklung. Diese Vorstellung wird von einem selbstverpflichtenden Verhalten seitens der Unternehmen getragen und ist eng an den Verantwortungsbegriff geknüpft:

UT226::

Hierbei legen wir großen Wert auf den intensiven Austausch mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette, externen Anspruchsgruppen und Institutionen, denn Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Handeln können nicht im Alleingang verwirklicht werden, sondern erst durch gemeinsame Initiativen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. (Siemens AG NB 2010)

UT227::

Unsere Grundhaltung zu gesellschaftlicher Verantwortung. Auf längere Sicht ist unternehmerischer Erfolg am ehesten in stabilen Gesellschaften zu erreichen, die ihre grundlegenden Herausforderungen und Aufgaben bewältigen können. Aus dieser Erfahrung heraus engagiert sich Siemens für eine Verbesserung der Lebens- und Umfeldbedingungen in allen Gesellschaften und an allen Standorten, an denen Siemens unternehmerisch tätig ist, – als verantwortlicher Bürger und Nachbar. Corporate Citizenship bei Siemens zielt auf nachhaltigen Nutzen für die Gesellschaft. Mit unseren Programmen, Projekten und Engagements tragen wir zur Lösung relevanter gesellschaftlicher Aufgaben bei – weltweit, regional oder lokal. (Siemens AG CRR 2006)

UT228::

Für die Lebensqualität künftiger Generationen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich Unternehmen mit ihren Aktivitäten und Produkten den Prinzipien der Nachhaltigkeit verpflichten. (Siemens AG NB 2011)

In den untersuchten Unternehmenstexten wird die Bedeutung der Mitarbeiter bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee thematisiert. Mitarbeiter sollen über Mitarbeitertrainings für das Thema „Nachhaltigkeit“ sensibilisiert werden:

UT229::

Die BMW Group strebt nach ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Wir sensibilisieren unsere Mitarbeiter daher von Anfang an im Rahmen von Trainings und Einführungsveranstaltungen für diese Themen. (BMW AG NB 2013)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die Folgen sowie der Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter in Bezug auf „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ zeigen, dass sich nachhaltiges unternehmerisches Handeln nicht nur auf die unternehmerische Entwicklung auswirkt, sondern Unternehmensaktivitäten im Bereich „Corporate Citizenship“ auch gesamtgesellschaftliche Zustände positiv beeinflussen, die wiederum positiv auf das Arbeits- und Lebensumfeld der Mitarbeiter wirken.

Die Analyse zeigt, dass das unternehmerische Handeln eng mit den in den untersuchten Unternehmenstexten behandelten Themen wie Nachhaltigkeit eng an positive Zukunftsvisionen geknüpft sowie positive Konjunkturaussichten durch nachhaltiges Handeln verbunden ist. Aber auch die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Anspruchsgruppen wird von der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG in ihren Unternehmenstexten betont wie Kooperation mit und Transparenz gegenüber Stakeholdern sowie Verantwortungsübernahme im Unternehmen und weltweit. Wie die oben vorgestellten Prototypen des Zielzustands sowie der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs sind die diskursiven (Sub-)Themen der Folgen sowie des Stellenwerts für Mensch und Mitarbeiter in einen größeren unternehmerischen und gesellschaftlichen Zusammenhang einzuordnen: Demnach sind bei der praktischen Umsetzung im Personalmanagement verschiedene Bereiche im Unternehmen bedeutend, beispielsweise die Konzernführung bei der Festlegung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens, die Personalabteilungen bei der konkreten Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee in Bezug auf die Mitarbeiter sowie die Schulungs- und Weiterbildungseinheiten bei der praktischen Vermittlung von Schlüsselkompetenzen, zum Beispiel in Bezug auf Vielfalt.

Ein Motiv für die thematische Kongruenz der Folgen sowie für den Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter könnte darin liegen, dass die Folgen mit den Zielen verbunden sind: Für die Unternehmen ist es ein wichtiges Ziel, erfolgreich zu wirtschaften. Wie aus den oben dargestellten Zitaten hervorgeht, werden von allen drei Unternehmen die Mitarbeiter als Erfolgsfaktor für den Unternehmenserfolg angesehen (vgl. BMW AG GB 2012). Daher ist es im Sinne des unternehmerischen Handelns zentral, positive Folgen des Personalmanagements bei den Mitarbeitern zu bewirken: direkt im Unternehmen und darüber hinaus über gesellschaftliches Engagement, beispielsweise bei der Verbesserung der Lebensbedingungen vor Ort.

5.2.3.6 Untersuchungsrelevante Akteure

Im Folgenden werden die Akteure patientiv und ihre zugehörigen Interessen in Bezug auf Nachhaltigkeit im Personalmanagement vorgestellt. Nachhaltigkeit in Bezug auf wirtschaftliches Handeln ist nicht nur für einen kleinen ausgewählten Kreis von Anspruchsgruppen wie etwa aktiven Befürwortern des Nachhaltigkeitsbegriffs von Bedeutung. Alle Akteure bzw. StakeholderFootnote 16, die Teil wirtschaftlichen Handelns im unternehmerischen Kontext sind, haben aus unterschiedlichen Motiven Zugang zum und somit Interesse am Nachhaltigkeitsbegriff. In der Wirtschaft wird der Unternehmenserfolg zunehmend von Möglichkeiten und Umsetzungsstrategien des Nachhaltigkeitsprinzips bestimmt, das den langfristigen Unternehmenserfolg sichern soll.Footnote 17 Dabei gibt es unterschiedliche Stakeholder im unternehmerischen Kontext, die untereinander Interdependenzen aufweisen. Die GRI definiert den Stakeholder-Begriff, an dem sich auch die vorliegende Untersuchung orientiert, wie folgt:

Stakeholders are defined as entities or individuals that can reasonably be expected to be significantly affected by the reporting organization’s activities, products, or services; or whose actions can reasonably be expected to affect the ability of the organization to implement its strategies or achieve its objectives. This includes, but is not limited to, entities or individuals whose rights under law or international conventions provide them with legitimate claims vis-à-vis the organization.

Stakeholders can include employees and other workers, shareholders, suppliers, vulnerable groups, local communities, and NGOs or other civil society organizations, among others. (Global Reporting Initiative 2016: 8)

Bei der Untersuchung wird auf die Bedürfnisse und Interessen der Stakeholder eingegangen. In der Unternehmensberichterstattung nehmen Transparenz und Vollständigkeit in Bezug auf unternehmerische Verantwortung eine besondere Bedeutung ein. In Zeiten der Finanzkrise hat die Corporate Responsibility eine neue Stellung im Rahmen unternehmerischer Verantwortung und unternehmerischen Handelns eingenommen. In Abbildung 5.23 werden die Interessen einzelner Stakeholder zu Nachhaltigkeitsaktivitäten im Unternehmen aufgeführt, die sich anhand der untersuchten Unternehmenstexte festmachen lassen.

Abb. 5.23
figure 23

Beteiligte Stakeholder und ihre Interessen an unternehmerischen Nachhaltigkeitsaktivitäten

Neben den in Abbildung 5.23 aufgeführten Stakeholdern gibt es weitere Stakeholder, beispielsweise Betriebsräte, Gewerkschaften, politische Gruppen, Handelsvereinigungen, Lieferanten, die Regierung und die konkurrierenden Unternehmen. Die einzelnen Stakeholder verfolgen unterschiedliche Interessen und haben folglich diverse Blickwinkel auf Nachhaltigkeitsthemen und deren Umsetzung in Unternehmen. Da die Stakeholder-Gruppen unterschiedliche Bedeutungen im Rahmen unternehmerischen Handelns einnehmen, entstehen daraus unterschiedliche Machtpositionen, die die Behandlung und praktische Anwendung bestimmter Nachhaltigkeitsthemen fördern oder behindern. Die Beziehungen der einzelnen Stakeholder zueinander werden in einem stetig komplexer werdenden Kontext immer vielfältiger und intensiver. Die einzelnen Akteure haben unterschiedliche Motivationen zum Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement. Dass sich Unternehmen so stark mit den Belangen der Mitarbeiter auseinandersetzen, ist ein Zeichen dafür, dass der Mensch zunehmend im Mittelpunkt wirtschaftlicher Aktivitäten steht und zum Hauptakteur wird. An dieser Stelle ist auf die vorbildliche Darstellung zu Nachhaltigkeits- und Personalthemen sowie deren Relevanz für die einzelnen Stakeholder in den Texten der BMW AG zu verweisen (Abbildung 5.24):

Abb. 5.24
figure 24

(Quelle: BMW AG NB 2012)

Zusammenhang von den Nachhaltigkeitsthemen und den Stakeholdern bei der BMW AG

In Tabelle 5.26 sind die Stakeholder aufgeführt, deren Aussagen für die vorliegende Untersuchung relevant sind. Darin werden die Interessen der einzelnen Stakeholder im unternehmerischen Kontext aufgezeigt, die bei der Analyse der Textkorpora herausgearbeitet wurden.Footnote 18 Die einzelnen Interessen und Überschneidungen werden dabei deutlich:

Tab. 5.26 Interessen der Stakeholder am Nachhaltigkeitsthema in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Tabelle 5.26 zeigt, dass die verschiedenen Stakeholder mitunter gemeinsame Interessen verfolgen, was nachhaltiges Handeln im Unternehmen und folglich die Anforderungen an Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte anbelangt. Für Mitarbeiter ist die Ausrichtung eines nachhaltigen Personalmanagements bei der Auswahl des Arbeitgebers und der späteren Identifikation wichtig. So erwarten Mitarbeiter verbindliche und verlässliche Informationen über die Verantwortung, Regeln und Kontrolle von Prozessen im Unternehmen. Ebenso sind Informationen zur Vergütungspolitik in Bezug auf höhere Kontrollorgane und Führungskräfte sowie die eigenen Vergütungsmöglichkeiten relevant. Wichtig sind auch die Themen um die Kategorien „Gesundheit“, „Personalentwicklung“ und „Sicherheit am Arbeitsplatz“, beispielsweise die Aus- und Weiterbildung und die damit verbundenen durchschnittlichen Ausgaben für Weiterbildungen pro Jahr. Die Zusammensetzung der konkreten Kontrollorgane, Themen zu Vielfalt wie die Altersstruktur und -verteilung sowie die Anzahl weiblicher Mitarbeiter in Führungspositionen sind ebenfalls relevant.

Unternehmen sind primär daran interessiert, den Unternehmenserfolg langfristig zu sichern. Dieser kann auch von Möglichkeiten und Umsetzungsstrategien des Nachhaltigkeitsprinzips bestimmt werden. Zudem streben Unternehmen die Aufnahme in Nachhaltigkeitsindizes an, was der Imagepositionierung dient. Die Aufnahme in die entsprechenden Indizes wird in die Unternehmenskommunikation aufgenommen und den Stakeholdern kommuniziert, beispielsweise über die Internetseiten. So verweist zum Beispiel die Siemens AG explizit auf die Kommunikation im Internet zu unternehmerischen Nachhaltigkeitsaktivitäten (vgl. Siemens AG NB 2012: 73).

Da nachhaltiges Wirtschaften als Aushängeschild dienen kann, sind Investoren besonders daran interessiert, wie die Leistungen eines Unternehmens in Bezug auf nachhaltigkeitsorientiertes Wirtschaften sind. Nachhaltiges Handeln zahlt sich immer mehr aus, um auch langfristig erfolgreich zu wirtschaften, und gilt daher als messbare Erfolgsgröße für Investoren.

Das Hauptinteresse der Konsumenten besteht darin, nachhaltiges unternehmerisches Handeln zu verstehen und über Nachhaltigkeitsberichte verbindliche und verlässliche Informationen, zum Beispiel zu den Produktionsprozessen, zum Einhalten der Menschenrechte bei Lieferanten oder den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, zu erhalten. An diesen Informationen können sie ihre Kaufentscheidungen ausrichten.

Die Öffentlichkeit erwartet Informationen zum unternehmerischen Handeln, insbesondere zu den Werten und Grundsätzen. Dies schließt Verhaltens- und Ethikkodizes des Unternehmens sowie die Einbringung von Stakeholdern und ihren relevanten Themen in die Berichterstattung ein. Dazu zählen beispielsweise Arbeitnehmerrechte, soziale Prozesse, das Beschäftigungsfeld und Vielfalt. Ein immer wichtiger werdendes Thema ist die Wahrung von Menschenrechten entlang des gesamten Produktionsprozesses bzw. der Wertschöpfungskette. Hier sind beispielsweise Vereinbarungen und Verträge, die Menschenrechtsklauseln enthalten, sowie Geschäftsstandorte und Lieferanten, die auf Menschenrechte hin geprüft werden, relevant.

Anliegen der Politik ist das Schaffen von institutionellen Rahmenbedingungen, beispielsweise durch Gesetze, Audits und Zertifizierungen. Damit reagiert die Politik im besten Fall auf die unterschiedlichen Motivationen der einzelnen Akteure. Beispiele für die institutionellen Rahmenbedingungen sind die GRI, das UN Global Compact, die OECD-Leitsätze, die ISO 26000, das Eco-Management und Audit Scheme (EMAS), das Carbon Disclosure Project (CDP), der International Integrated Reporting Framework (IIRF), das Sustainability Accounting Standards Board (SASB) sowie der Corporate Governance Bericht. Die Europäische Union beschloss, dass seit 2016 alle Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, einer Pflicht zur nicht-finanziellen Berichterstattung unterstehen. Das schließt auch das Thema Nachhaltigkeit mit ein. Bei der Gesetzesentwicklung erfolgte eine starke Orientierung am Deutschen Nachhaltigkeitsindex. In dem Bericht soll die strategische Ausrichtung des Unternehmens unter Berücksichtigung der Folgen und Risiken von ökologischen, ökonomischen und mitarbeiterrelevanten Aspekten transparent gemacht werden. Dies umfasst zum Beispiel die Themen Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Bestechung. Die EU macht keine konkreten Vorgaben zur formalen Gestaltung des Berichts. Stattdessen werden Empfehlungen ausgesprochen, die sich an den Richtlinien der GRI, dem UN Global Compact, der ISO 26000 und dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex orientieren.

Die Perspektive der Wissenschaftler zeigt kein einheitliches Bild und es existieren viele Widersprüche sowie Fragen in Bezug auf eine moderne Unternehmensführung (vgl. Mintzberg 2013). Wissenschaftler gehen davon aus, dass im Unternehmen „Nachhaltigkeit […] auf einzelwirtschaftlicher Ebene primär als ein freiwilliger, offener, langfristiger und kontinuierlicher Verständigungs-, Such-, Lern- und Gestaltungsprozess zu verstehen“ (Mahammadzadeh 2012: 100) ist. Die bis heute erschienene wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Literatur zu Nachhaltigkeit im Personalbereich ist divers. Zudem wird bisher das Thema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ als Konzept in der Wissenschaft häufig ignoriert, auch wenn in der Personalpraxis ein Interesse an dem Thema besteht (vgl. Thom/Zaugg 2004).Footnote 19 Allerdings bleibt in der einschlägigen Fachliteratur ungeklärt, wie Nachhaltigkeit konkret als Strategie genutzt werden kann, um gesamtunternehmerisches Handeln konkret an der Nachhaltigkeitsidee auszurichten. Daraus können Fragen nach dem Stellenwert der Nachhaltigkeitsidee für das Personalmanagement abgeleitet werden.

Im Folgenden werden die Besonderheiten der Darstellung der Stakeholder und ihrer Interessen in den untersuchten Unternehmenstexten präsentiert. Eine vollständige Ausführung zum Vorkommen und zu den Interessen der Stakeholder in den untersuchten Unternehmensberichten ist im Anhang im elektronischen Zusatzmaterial aufgeführt. Zuerst werden die Charakteristika der Unternehmensberichterstattung der Bayer AG vorgestellt. Eine Besonderheit in den Nachhaltigkeitsberichten der Bayer AG ist, dass das Unternehmen eine sehr gute Übersicht zu den einzelnen Stakeholdern präsentiert. Die einzelnen „Anspruchsgruppen und ihre Haupt-Interessensbereiche“ (Bayer AG NB 2010: 9), auf die im Nachhaltigkeitsbericht eingegangen wird, werden in der Unternehmensberichterstattung übersichtlich präsentiert (Abbildung 5.25):

Abb. 5.25
figure 25

(Quelle: Bayer AG NB 2010: 9)

Stakeholder der Bayer AG

Folgende Besonderheiten lassen sich für die Unternehmenstexte der Bayer AG festhalten: Im Bereich Wissenschaft wird in den Unternehmenstexten Bezug auf die Qualifikation und Weiterbildung der Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit den Universitäten genommen. Zudem werden Lehrstühle und Finanzierungen sowie das Sponsoring vorgestellt. Interessant ist, dass bezüglich der Investoren die Nachhaltigkeitspotenziale diskutiert werden, die für diesen Stakeholder und seine Investitionen interessant sind. Was die Kunden anbelangt, thematisieren die Unternehmen häufig ihre Verantwortung gegenüber dieser Stakeholder-Gruppe. Auffällig ist in den Geschäftsberichten, dass der Stakeholder Öffentlichkeit nur kurz in der Berichterstattung erwähnt wird. Auch die Politik findet nur kurze Erwähnung, beispielsweise die Fiskal- oder Klimaschutzpolitik in ihrer Anlehnung an die länderspezifischen Regelungen, die die Ausrichtung des wirtschaftlichen Handelns vorgeben. Besonders positiv fällt die übersichtliche Darstellung des Mitarbeiterdialogs der Bayer AG auf. In Abbildung 5.26 wird der Dialog in den einzelnen Bereichen mit den entsprechenden konkreten Aktivitäten aufgeführt:

Abb. 5.26
figure 26

(Quelle: Bayer AG GB 2013: 90)

Mitarbeiterdialog der Bayer AG

Im Folgenden wird auf die Besonderheiten der Darstellung der Stakeholder in den Unternehmenstexten der BMW AG eingegangen. Für die Unternehmenstexte der BMW AG ist hervorzuheben, dass in den Geschäftsberichten über die Lage des Unternehmens und damit auch über Mitarbeiterzahlen informiert wird. Sie enthalten primär Informationen über die Kennzahlen des Unternehmens. Die Politik, Öffentlichkeit und Kunden werden darin erwähnt, allerdings nur in Bezug auf die Vorstellung von Roadshows oder Auto-Präsentationen. Auffällig ist, dass seit 2008 Investoren eine stärkere Erwähnung in den Unternehmensberichten finden, beispielsweise in Bezug auf Investoren-Konferenzen. Die Visualisierung von Nachhaltigkeitszielen zur besseren Gewinnung von Investoren nimmt dabei eine besondere Bedeutung ein. Bezüglich der Stakeholder-Gruppe Wissenschaft werden nur Aktivitäten vorgestellt, die innerhalb einer wissenschaftlichen Disziplin zur Entwicklung von neuen Unternehmensprodukten beigetragen haben. In Bezug auf die Kunden werden hauptsächlich Zahlen ohne Erklärungen genannt, beispielsweise Verkaufszahlen und Absatzmärkte. Der Bezug zu Nachhaltigkeit wird in den einzelnen Kapiteln innerhalb der Berichte häufig implizit aufgeführt.

An dieser Stelle werden die Besonderheiten der Stakeholder in den Unternehmenstexten der Siemens AG vorgestellt. Positiv zu erwähnen ist, dass in den untersuchten Unternehmenstexten der Siemens AG nahezu alle Stakeholder-Gruppen in allen Berichten angesprochen werden. Eine Besonderheit ist, dass die Siemens AG im Verlauf des Untersuchungszeitraums den Investoren ein eigenes Kapitel eingeräumt hat. Allen Unternehmenstexten ist gemein, dass sie die Wichtigkeit des Dialogs mit den Stakeholdern für den Unternehmenserfolg betonen:

UT230::

Erst durch das Zusammenwirken aller relevanten Zielgruppen im Unternehmen und einen lösungsorientierten Dialog mit unseren externen Anspruchsgruppen kommen wir zu den Konzepten und Lösungen, die dazu beitragen, unsere gesteckten Unternehmensziele zu erreichen. (Siemens AG NB 2011)

Zudem wird in den Unternehmenstexten der Dialog nach innen und außen betont:

UT231::

Unternehmensintern wird der Nachhaltigkeitsgedanke durch die BMW Group Mitarbeiterzeitung, das Intranet, Führungskräfteveranstaltungen und Schulungen für Mitarbeiter stetig breiter gestreut und verankert. (BMW AG NB 2007/2008)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Über den Untersuchungszeitraum hinweg sind sich die drei Unternehmen – Bayer AG, BMW AG und Siemens AG – der Bedeutung von Stakeholdern und ihren Interessen an erfolgreichem unternehmerischen Handeln bewusst. In den untersuchten Unternehmenstexten werden unterschiedliche Stakeholder dargestellt: Mitarbeiter, Investoren, Konsumenten, Öffentlichkeit und Politik werden mit ihren entsprechenden unterschiedlichen Vorstellungen am Nachhaltigkeitsthema adressiert (vgl. dazu Tab. 5.26, S. 245). Auffällig ist in der untersuchten Berichterstattung der Fokus auf die Kundenadressierung. Aber auch die Öffentlichkeit und Politik werden angesprochen.

5.2.4 Zusammenfassung der Analyseergebnisse der Unternehmenstexte

Die obige Abhandlung zur Ergebnispräsentation der Analyse bietet einen detaillierten Einblick in die Behandlung des Themas „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG im Untersuchungszeitraum von 1995 bis 2014. Aus den Analyseergebnissen wird ersichtlich, dass der Nachhaltigkeitsbegriff in der Personalpolitik und in Personalprozessen eine zentrale Position einnimmt.

Nachhaltigkeit als Metathema ist nach Konerding (1993) dem Matrixframe Zustand zuzuordnen (vgl. Konerding 1993: 349 ff.).Footnote 20 Alle untergeordneten Themen – von dem erstrebenswerten Zielzustand bis zu den Folgen – sind als einzelne Aspekte des Beschreibungsrahmens zu sehen. Neben den theoretischen Ausführungen zur Methode (vgl. dazu Abschnitt 2.3)Footnote 21 und zur Korpuskonstitution (Abschnitt 4.2) versucht die thematische Analyse der Unternehmenstexte (Abschnitt 5.2) die folgende erste Forschungsfrage zu beantworten:

  1. 1.

    Wie wird das Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalbereich“ in den Unternehmen (bzw. Unternehmenstexten) gezeichnet? Welche strittigen Diskurssubthemen in Abhängigkeit von Ereignis, Zeit und Unternehmen existieren? Wie wird Nachhaltigkeit im Personalmanagement definiert und wie soll sie erreicht werden?

Bei der Analyse der Unternehmenstexte wurden von dem erstrebenswerten Zielzustand bis zu den Folgen sowie dem Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter die in den Unternehmenstexten ausdrucksseitig oder implizit vorhandenen Themen vorgestellt. Zur Klärung der Forschungsfrage bleibt festzuhalten, dass in den untersuchten Unternehmenstexten konkrete personalpolitische Ziele zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee im Personalmanagement genannt werden. Die Analyse der untersuchten Unternehmenstexte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG weist viele in Kongruenz, Variation, Kontrastierung und Elaboration behandelte diskursive (Sub-)Themen auf. Die einzelnen Slots des Matrixframes Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ werden in den untersuchten Unternehmenstexten detailliert belegt und in den unterschiedlichen Unternehmenstexten weiterentwickelt. Wichtig für die vorliegende Untersuchung ist, dass die untersuchungsrelevanten diskursiven (Sub-)Themen einen Bezug zum Diskursthema aufweisen.

Die vielschichtigen (Sub-)Themen, die von den Unternehmen vorgestellt werden, könnten als eigenständige Diskursthemen definiert werden. Die in Abschnitt 5.2 vorgestellten diskursiven (Sub-)Themen, beispielsweise zum Zielzustand, zu den Handlungen oder Folgen, verfügen über eine Verbindung zum Thema des Konzepttyps Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“. Matrixframes können mithilfe von Paraphrase, epistemischer Gewichtung und Auswahl auf einen Minimalframe reduziert werden (vgl. Konerding 1993: 234). Die aus den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG eruierten Diskurssubthemen wurden in Relation zum Matrixframe Zustand gesetzt. Dabei wurden folgende Aspekte vorgestellt: Zielzustand, Eigenschaften, Ursachen und übergeordneter Zusammenhang, Handlungen, Folgen sowie Stellenwert für Mensch und Mitarbeiter. Die Verbindung der untersuchungsrelevanten diskursiven Subthemen zum Matrixframe Zustand wird mithilfe von Reduktion auf einen minimierten Matrixframe in der folgenden Tabelle dargestellt. Darin sind die untersuchungsrelevanten Diskursthemen der belegten Slots aufgeführt, die den Frame als minimierten Matrixframe zugänglich machen. Slots, die von diesem Diskursausschnitt nicht belegt werden, werden nicht aufgeführt.

Tab. 5.27 Minimierter Matrixframe Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ für die Unternehmenstexte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (1995–2014)

Der in Tabelle 5.27 dargestellte minimierte Matrixframe präsentiert alle eruierten Diskurssubthemen in Verbindung zum Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ der wirtschaftlichen Akteure (Bayer AG, BMW AG und Siemens AG). In den einzelnen untersuchungsrelevanten Unternehmenstexten wird von den Unternehmen spezifiziert, was unter Nachhaltigkeit in Bezug auf Mitarbeiter verstanden wird und wie diese mithilfe von konkreten Handlungen erreicht werden kann. Die in Tabelle 5.27 vorgestellten Diskurssubthemen, die in den Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG ausdrucksseitig und implizit aufgeführt werden, können auch als eigenständige Diskurssubthemen definiert werden, abhängig von der Perspektive und der Zusammenfassung thematisch ähnlicher Inhalte. Dafür müssten jedoch weitere Medientexte sowie Unternehmenstexte von anderen Unternehmen recherchiert und analysiert oder der Fokus auf andere Slots der entsprechenden Frames gesetzt werden, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Für die vorliegende Untersuchung ist es zentral, dass die für die Analyse relevanten Themenbereiche einen unmittelbaren Bezug zum Untersuchungsthema aufweisen.

Es bleibt festzuhalten, dass die in Tabelle 5.27 vorgestellten Diskurssubthemen und ihre Relation zum übergeordneten Metathema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ die erste Forschungsfrage darüber verifizieren, wie das Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalbereich“ in den Unternehmen (bzw. Unternehmenstexten) gezeichnet wird. Außerdem wird geklärt, welche strittigen Diskurssubthemen in Abhängigkeit von Ereignis, Zeit und Unternehmen existieren sowie wie Nachhaltigkeit im Personalmanagement definiert und erreicht werden soll.

Die Analyse der Unternehmenstexte zeigt, dass über Nachhaltigkeit im Personalmanagement die Bedeutung von Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht wird. Die in den untersuchten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten vorgestellten Handlungen zielen darauf ab, dass alle Themen, die etwas mit dem Erreichen eines nachhaltigen Personalmanagements zu tun haben, explizit in den Unternehmenstexten aufgeführt werden. Die detaillierte Behandlung der Schwerpunktthemen zeigt die thematische Veränderung und Elaboration über den Untersuchungszeitraum. Wie in Abschnitt 5.2.1 und 5.2.2 vorgestellt, weisen Unternehmensberichte zu Beginn des Untersuchungszeitraums wesentlich mehr technische Details auf, die in späteren Berichten ergänzend zu ausführlichen Erläuterungen genannt werden. Bewertungen sind in den untersuchten Unternehmenstexten selten zu finden, dafür – unter Vorgriff auf die Analyse der Medientexte – explizit und häufig in den Medientexten.

Die recherchierten Medientexte dienen als Vergleichskorpus zum Unternehmenstextkorpus, worauf im folgenden Kapitel näher eingegangen wird. Die Medientexte bilden den Diskursstrang ab, der dem Unternehmenstextkorpus vergleichend gegenübergestellt wird. Dabei sind die untersuchungsrelevanten Themen der Unternehmenstexte für die Analyse der Medientexte zentral. Die Analyse der Medientexte beschäftigt sich damit, welche der in der Unternehmenstextanalyse vorgestellten Themen in den Medientexten zum Ausdruck gebracht werden. Im folgenden Kapitel werden die untersuchungsrelevanten Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil ausführlich beleuchtet und in Relation zum Matrixframe Zustand gesetzt.

5.3 Analyse der Medientexte

In Abschnitt 5.2 wurde aufgezeigt, wie mithilfe der linguistischen framebezogenen AnalyseFootnote 22 thematische Strukturen in den Unternehmenstexten eruiert wurden. Die Themenanalyse und das daraus resultierende Kategoriensystem der Unternehmenstexte zeigen die Entfaltung und Entwicklung von unternehmensrelevanten Themen und ist zudem die Vorlage für die Konstitution des Vergleichskorpus der Medientexte. Die eruierten Diskurssubthemen der Unternehmenstexte können bei der Konstitution und Analyse des Medientextkorpus erweitert werden. Das finale Kategoriensystem der Unternehmenstexte (vgl. Tab. 5.2, S. 113, und Tab. 5.3, S. 114) und Medientexte (vgl. Tab. 5.4, S. 117) zum Frame Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ ist das zentrale Ergebnis der Analyse. Zur Untersuchung der Entfaltung und Entwicklung von Diskursthemen sowie der Beziehung von Text- und Subthemen und intertextuellen Kohärenzbeziehungen der Medientexte erfolgt ein methodischer Zugriff nach Konerding (2005), der eine empirisch nachvollziehbare Korpuskonstitution und Analyse der Medientexte ermöglicht (vgl. dazu Abschnitt 4.3). Mit der Analyse der Medientexte soll die zweite Forschungsfrage beantwortet werden:

  1. 2.

    Wie wird das Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalbereich“ in den Medien (bzw. Medientexten) gezeichnet? Welche strittigen Diskurssubthemen existieren in Abhängigkeit von Ereignis, Zeit und Medium? Wie wird Nachhaltigkeit im Personalmanagement definiert und wie soll sie erreicht werden?

Die Analyseergebnisse der Medientexte zeigen, dass die Relevanz der Nachhaltigkeitsidee und ihrer Umsetzung sowie Bewertung innerhalb des Untersuchungszeitraums signifikant zunimmt. Bei der Annotation der Medientexte der Medien Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ wurden insgesamt 9.183 Kodierungen vorgenommen. In den Medientexten wurde untersucht, wie das Konzept „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ und dazugehörige Umsetzungsstrategien dargestellt werden. Dazu werden in diesem Kapitel die Analyseergebnisse der thematischen Entfaltung der diskursiven (Sub-)Themen vorgestellt. Unter frame-analytischen Aspekten erfolgt eine detaillierte Darstellung der diskursiven (Sub-)Themen, der Prototypen, des Frames Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“. Dabei werden die Analyseergebnisse der nominalisierten Prototypen der Makro-Rollen in Relation zum Matrixframe Zustand quantitativ und qualitativ exemplarisch für die Themen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil vorgestellt. Diese Themen haben in den letzten Jahren die Diskussion im Personalmanagement geprägt und sind daher für den Diskurs „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ signifikant (vgl. Abschnitt 5.1.3 und Tab. 5.3, S. 114, Tab. 5.7, 5.8, 5.9, 5.10, 5.11, 5.12, 5.13 sowie 5.14 in Abschnitt 5.2.3).

Die Darstellung der Analyseergebnisse der Themabehandlung in den Medientexten wird um bedeutende historische Ereignisse sowie Gesetze, Richtlinien und wirtschaftspolitische Vorgänge ergänzt: Auf diese Weise kann gezeigt werden, wie politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ereignisse die diskursive Themenentwicklung beeinflussen. In der folgenden Tabelle werden bedeutende historische sowie politische Ereignisse aufgezeigt, beispielsweise die Einführung von Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen, die den Kontext dafür bilden, in dem die Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil im Rahmen eines auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Personalmanagements in den untersuchten Medientexten diskursiv be- bzw. ausgehandelt werden.

Tab. 5.28 Bedeutende politische Gesetze, Regelungen und Verordnungen im Untersuchungszeitraum (1995–2014)

Wirtschaftspolitische Ereignisse haben einen Einfluss auf die thematische Aus- und Behandlung von Inhalten im Diskurs. Dazu zählen bedeutende Ereignisse, beispielsweise die Einführung von Regelungen, Gesetzen und Verordnungen, sowie Geschehnisses auf lokaler, nationaler und globaler Ebene, die auf die untersuchten diskursiven Aushandlungen Einfluss haben. Tabelle 5.28 zeigt den für die vorliegende Arbeit relevanten historischen Kontext. Darin werden neben Gesetzen, Richtlinien oder Verordnungen auch bedeutende Ereignisse wie der Equal Pay Day aufgeführt. Die Tabelle gibt einen Überblick über bedeutende historische Ereignisse, auf die bereits in Abschnitt 5.2.3.4 in Bezug auf die Handlungen in den Unternehmenstexten eingegangen wurde.

In Abschnitt 5.1.3 wurde die Relevanz der Schwerpunktthemen hinsichtlich ihrer thematischen Behandlung in den Unternehmens- und Medientexten für den gesamten Untersuchungszeitraum aufgezeigt (vgl. Tab. 5.2, S. 113, Tab. 5.3, S. 114, und Tab. 5.4, S. 117). Im Folgenden wird darauf eingegangen, wie sich die nominalisierten Hauptthemen in den untersuchten Medientexten in der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums gegenüber der zweiten Hälfte verhalten. Wenn mehrere Hauptthemen für einen Medientext relevant waren, dann wurden mehrere Hauptthemen kodiert.

Tab. 5.29 Prominente Themen in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2004)
Tab. 5.30 Prominente Themen in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (2005–2014)

Aus den Tabellen 5.29 und 5.30 geht hervor, dass sich die prominenten Themen im Verlauf des Untersuchungszeitraums unterscheiden. Die hervorgehobenen Themen beziehen sich unmittelbar auf die Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente oder Führungsstil. Während in der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums (1995–2004) vier Themen einen Bezug zu einem Schwerpunktthema aufweisen, sind in der zweiten Hälfte neun der zehn prominenten Themen der Frauenförderung, dem Kampf um Talente oder dem Führungsstil zuzuordnen. Dies unterstreicht die Signifikanz der ausgewählten Schwerpunktthemen für die Untersuchung.

Im Folgenden werden zuerst die (Sub-)Themen der personal- und nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte in Bezug auf die Frauenförderung für die linguistische framebezogene Analyse ausführlich präsentiert (Abschnitt 5.3.1). Anschließend erfolgt die Ergebnispräsentation der thematischen Behandlung des zweiten Schwerpunktthemas Kampf um Talente (Abschnitt 5.3.2). Drittens werden die Analyseergebnisse der untersuchungsrelevanten diskursiven (Sub-)Themen zum Führungsstil vorgestellt (Abschnitt 5.3.3).

Bei der Präsentation der Analyseergebnisse stehen die Besonderheiten der Printmedien und der Unternehmen in Bezug auf die Prototypen im Vordergrund. Die Frame-Attribute und deren Prototypen werden entsprechend ihrer Signifikanz vorgestellt, wobei sich die Darstellung hierbei aus Gründen der Übersichtlichkeit zahlreicher Tabellen bedient. An entsprechenden Stellen werden die Prototypen mit Textbeispielen belegt. Außerdem werden die Kohärenzbeziehungen zwischen den Medientexten und den Unternehmen sowie die Besonderheiten in Bezug auf die Analyse des Unternehmenstextkorpus erläutert.

5.3.1 Intertextuelle Kohärenzbeziehungen am Beispiel von Frauenförderung

Der Diskurs um Frauenförderung wird nicht nur um Führungspersonen und Frauen in Chefetagen geführt, sondern bezieht alle Mitarbeiterinnen mit ein. Den Ergebnissen der Medientextanalyse nach ist das Thema im Vergleich zur Analyse der Unternehmenstexte noch immer nicht in allen Bereichen unternehmerischen Handelns angekommen. Beispielsweise ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen immer noch sehr gering.

Das Thema Frauenförderung ist – genau wie in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG – in den untersuchten Printmedientexten präsent und wird vielschichtig diskursiv behandelt. Das Thema Frauenförderung wird in 81 von insgesamt 577 untersuchten Medientexten behandelt (FAZ: 23, SZ: 12, Die Welt: 14 und Die Zeit: 32). Die folgende Abbildung zeigt die Behandlung des Themas über den Untersuchungszeitraum hinweg:

Abb. 5.27
figure 27

Überblick über die Relevanz von Frauenförderung in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Die Entwicklung von Themen(-karrieren) in den Medientexten kann mit der Einordnung in den historischen Kontext (vgl. dazu Tab. 5.28, S. 257) besser nachvollzogen werden, da auch die unternehmerische Entwicklung durch wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen bedingt ist. Aus diesem Grund wird im Folgenden der historische Kontext näher beleuchtet, um die Themenentwicklung in Bezug auf die einzelnen Unternehmen in den Medientexten über den Untersuchungszeitraum nachvollziehen und in der anschließenden Präsentation der Analyseergebnisse die thematischen intertextuellen Kohärenzbeziehungen in Bezug zum Kontext besser einordnen zu können.

Die Übersicht zur thematischen Behandlung von Frauenförderung in den Medientexten (Abb. 5.27, S. 263) lässt erkennen, dass das Thema in den ersten fünf Jahren des Untersuchungszeitraums (1995–1999) ausschließlich in Bezug auf die Bayer AG und BMW AG medial behandelt wurde, wohingegen in den darauf folgenden Jahren (2001–2008) das Thema ebenfalls in Bezug auf die Siemens AG thematisiert wird. Auffällig ist, dass es keine mediale Auseinandersetzung mit Frauenförderung in vereinzelten Jahren gibt, so auch 1996 und 2000, auch wenn sich in diesen Jahren die gesetzlichen Rahmenbedingungen für berufstätige Frauen verbesserten. So trat beispielsweise im Jahr 1996 der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab Vollendung des dritten Lebensjahres in Kraft und im Jahr 2000 bestätigte der Europäische Gerichtshofs (EuGH) das Urteil zur Vereinbarkeit gesetzlicher Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen und Männer, insbesondere durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleichheiten, mit der europäischen Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG. Seit dem Jahr 2009 ist eine Zunahme der thematischen Behandlungen von Frauenförderung in den Medien zu erkennen, mit einem bedeutenden Anstieg im Jahr 2011.

Im Jahr 1997 ist eine signifikante Zunahme der Themabehandlung zu erkennen. In diesem Jahr werden eine Vielzahl von Maßnahmen hinsichtlich Frauenförderung beschlossen und umgesetzt: Nennenswert sind das Gesetz zur Änderung des Mutterschutzrechts, die Mutterschutzrichtlinienverordnung sowie der Beschluss des Europäischen Rates in Amsterdam mit der Zielsetzung der Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, die in Art. 2 und 3 EG-Vertrag festgeschrieben ist. In Art. 119 EG-Vertrag wird der Grundsatz des gleichen Entgelts bei gleicher Arbeit um gleichwertige Arbeit erweitert. Im Jahr 1999 ist ebenfalls ein Anstieg der thematischen Behandlung von Frauenförderung zu verzeichnen. In diesem Jahr erfolgt auch die Verabschiedung des Programms „Frau und Beruf“, das die Bundesregierung in Anlehnung an die Beschlüsse der Weltfrauenkonferenz in Peking und den Amsterdamer Vertrag einführt.

Zwischen den Jahren 2001 bis 2008 ist im Vergleich zum Ende des Untersuchungszeitraums eine geringe thematische Behandlung von Frauenförderung in den Medientexten festzustellen. In dieser Zeit werden zahlreiche Regelungen und Richtlinien auf den Weg gebracht. Beispielsweise ersetzt die neue Elternzeit den alten Erziehungsurlaub (2001), der 1. Girls’ Day – Mädchen-Zukunftstag findet statt (2001), die Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit in der Privatwirtschaft wird zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft geschlossen (2001), das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes tritt in Kraft, das für die Beteiligung von Frauen an den Mitgliedern des Betriebsrats eine Anteilsregelung vorsieht, die dem Anteil der Frauen an den Beschäftigten folgt (2001). Im Jahr 2004 wird das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt beschlossen, in dem Arbeitsmarktförderung eine gleichstellungspolitische Zielsetzung erhält. Bei den Agenturen für Arbeit, den Regionaldirektionen und der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit werden hauptamtliche Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt (BCA) bestellt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) tritt in Kraft (2006) und das Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG) wird 2007 verabschiedet. Im selben Jahr wird in der „Berliner Erklärung“ die Gleichberechtigung von Frauen und Männern als gemeinsames Ideal der Europäischen Union unterschrieben. Der 1. Equal Pay Day (Tag der Entgeltgleichheit) findet 2008 statt, der jährlich abgehalten wird. Veranstaltungen, die über das ganze Jahr und das gesamte Bundesgebiet verteilt sind wie der Equal Pay Day, rücken die Problematik der Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern sowie die Ursachen und Maßnahmen zur Überwindung von Unterschieden noch stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Das Kinderförderungsgesetz (2008) zur Förderung des Ausbaus eines qualitativ hochwertigen Betreuungsangebotes wurde beschlossen. Demnach soll ab dem 1. August 2013 nach Abschluss der Ausbauphase ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr eingeführt werden.

Seit dem Jahr 2009 nimmt die thematische Behandlung stetig zu, mit einem signifikanten Anstieg im Jahr 2011. Diese Zunahme kann auf die beschlossenen Gesetze und Richtlinien der vorangegangenen Jahre zurückgeführt werden. Auch in den letzten Jahren des Untersuchungszeitraums werden für die Frauenförderung zahlreiche Gesetze und Richtlinien beschlossen und umgesetzt. Dazu zählt beispielsweise der Vertrag von Lissabon und der damit im Zusammenhang stehende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der am 1. Dezember 2009 in Kraft tritt. Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein im AEUV verankertes Grundprinzip der Europäischen Union und gehört zu den Zielen und Aufgaben der Europäischen Union. Artikel 8 des AEUV lautet: „Bei allen ihren Tätigkeiten wirkt die Union darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern“ (AEUV Art. 8). Die Gleichstellung der Geschlechter ist auch in Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert, was die bereits im Amsterdamer Vertrag geforderte durchgängige Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen bekräftigt. Im Jahr 2010 erlässt die Europäische Kommission die Frauen-Charta anlässlich des 15. Jahrestags der Erklärung und der Aktionsplattform der Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Peking und des 30. Jahrestags des Übereinkommens der Vereinten Nationen. Die Frauen-Charta hat zum Ziel, jede Form von Diskriminierung der Frau zu beseitigen. Am 21. September 2010 wird die Strategie der Europäischen Union zur Gleichstellung von Frauen und Männern (2010–2015) angenommen. Die Strategie verpflichtet sich zu einer Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Außerdem verdeutlicht sie den Nutzen der Gleichstellung der Geschlechter im Hinblick auf Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung und soll zur Umsetzung der Gleichstellungsmaßnahmen im Rahmen der Strategie Europa 2020 beitragen.

Zum 1. Januar 2011 nimmt die neue Einheit der Vereinten Nationen für die Förderung von Frauen und Geschlechtergleichheit „UN WOMEN“ ihre Arbeit auf. Ziel ist es, die Wirksamkeit der Gleichstellungspolitik international zu stärken und eine effizientere Arbeitsweise zu gewährleisten. Im selben Jahr legt Bundesministerin Schröder (CDU) ihr Konzept für den privatwirtschaftlichen Teil des vom Koalitionsvertrag geforderten Stufenplans zur Förderung von Frauen in Führungspositionen vor: Mit einer gesetzlichen „FlexiQuote“ sollen mitbestimmte und börsennotierte Unternehmen zu transparenten und verbindlichen Zielquoten für Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen verpflichtet werden. In den darauf folgenden Jahren wird die öffentliche Diskussion um Frauenförderung von der Frauenquote und unternehmerischen Maßnahmen zur Förderung von Frauen bestimmt.

Für die Beantwortung der Frame-spezifischen Fragen im Zusammenhang von Nachhaltigkeit in der Frauenförderung im Unternehmen wurden die Rollenwerte im Medientextkorpus ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Abbildung 5.28 zeigt die Signifikanz der Behandlung des Themas Frauenförderung in Bezug auf die Slots, beispielsweise Zielzustand, Handlungen und Bewertungen, in den untersuchten Medientexten.

Abb. 5.28
figure 28

Jahresüberblick zur Frauenförderung nach Slot in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

In Bezug auf die Frauenförderung nimmt die thematische Behandlung der Slots Zielzustand, Ursachen und übergeordneter Zusammenhang und Handlungen in den untersuchten Medientexten bis zum Jahr 2010 konstant zu. Seit dem Jahr 2010 werden Bewertungen und Forderungen in den Medientexten auffällig stark thematisiert.

Im Folgenden werden die Ränge der ermittelten Prototypen, also der Subthemen, im Medientextkorpus zur Frauenförderung in Bezug auf die untersuchungsrelevanten Unternehmen vorgestellt. Neben der Präsentation der Analyseergebnisse zur subthematischen Be- bzw. Aushandlung von Frauenförderung werden auch die Anzahl der kodierten Textstellen und Besonderheiten hinsichtlich der Thematisierung in den einzelnen Medien entsprechend der folgenden Reihenfolge vorgestellt:

  1. 1

    Zielzustand-Prototypen,

  2. 2

    Ursachen und übergeordneter Zusammenhang-Prototypen,

  3. 3

    Handlungen-Prototypen,

  4. 4

    Bewertungen-Prototypen sowie

  5. 5

    Forderungen-Prototypen.

In Bezug auf die thematischen intertextuellen Kohärenzbeziehungen zwischen den Printmedientexten sind Kongruenzen, Kontrastierungen, Variationen und Elaborationen des Subthemas Frauenförderung sichtbar. Die Analyseergebnisse zeigen Slots, die kongruent, aber auch kontrastiv sowie in thematischer Variation und Elaboration belegt werden.

5.3.1.1 Zielzustand-Prototypen

Im Folgenden sind die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des ZielzustandsFootnote 23 der Frauenförderung sowie die Anzahl der kodierten Textstellen in Tabelle 5.31 aufgeführt.

Tab. 5.31 Prototypen von Zielzustand zur Frauenförderung in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

In Tabelle 5.31 sind die unterschiedlichen Prototypen zum Code Zielzustand aufgeführt. Aus der Tabelle geht hervor, dass zwei der vier Prototypen des Codes Zielzustand im Zusammenhang mit der Frauenförderung für Unternehmen besonders wichtig sind: Arbeitnehmergewinnung durch Investitionen in betriebliche Kindertagesstätten und Unternehmenserfolg durch volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer. Beim ersten Prototyp des Zielzustands der Frauenförderung – Unternehmenserfolg, volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer – handelt es sich um die ökonomischen Vorteile, die sich Unternehmen in einer globalisierten Welt von Maßnahmen im Bereich Vielfalt, insbesondere der Frauenförderung, versprechen. Ein wichtiger Effekt des Vielfalt-Managements im Rahmen der Frauenförderung ist der unternehmerische Erfolg bei Kunden. Denn das Erreichen von Kunden in einer globalisierten Welt und der damit zusammenhängende Unternehmenserfolg sind wichtige Kriterien für die Festlegung und Umsetzung von Unternehmensaktivitäten. Insgesamt sind 16 Codings zu verzeichnen, wobei die meisten Rollenwerte (Fillers) im Medium Die Zeit auftreten, wohingegen es in der Süddeutschen Zeitung nicht thematisiert wird.

Tab. 5.32 Unternehmenserfolg durch volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Unternehmenserfolg durch volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer des Codes Zielzustand (Tabelle 5.32):

MT1::

Doch nicht nur die Werbewirkung und die Angst vor Strafe haben zu einem Umdenken geführt. Intelligentes „Diversity Management“ macht Sinn, da ein Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Führungskräften aus dem Vollen schöpfen kann und sich nicht selbst von vornherein beschränkt auf eine allzu übersichtliche Gruppe an Kandidaten. (Die Welt, 06.10.2010, Diversity)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT2::

Voraussetzung ist, dass die Vielfalt zunächst einmal erkannt, wertgeschätzt und richtig gemanagt wird. Dann bringt sie einen Mehrwert für alle Beteiligten inklusive der Stakeholder. (Die Zeit, 03.05.2012, Vielfalt in der Belegschaft zahlt sich aus)

Akteur der verbalen Handlung: Michael Stuber, Diversity-Experte (Engineering D&I)

MT3::

Den Unternehmen, die sich um Vielfalt bemühen, geht es also keineswegs um einen sozialen Anstrich. Sie verfolgen ökonomische Ziele. (Die Zeit, 03.05.2012, Vielfalt in der Belegschaft zahlt sich aus)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT4::

Diversity Management heißt im Fachjargon die Strategie, mit der immer mehr Unternehmen auf die Anforderungen einer internationalen Integration der Wirtschaft antworten wollen. Das ursprünglich amerikanische Konzept aus der Bürgerrechtsbewegung hat sich wegbewegt von der Idee der Gleichberechtigung hin zu einem betriebswirtschaftlichen Instrument zur besseren Nutzung des Humankapitals. (FAZ, 20.07.2008, Die Multikulti-Offensive)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der zweite Prototyp des Zielzustands der Frauenförderung – Arbeitnehmergewinnung durch Investitionen in betriebliche Kindertagesstätten – thematisiert das Interesse der Unternehmen an der Investition in lukrative Kinderbetreuungsmöglichkeiten, um qualifizierte Frauen in Zeiten des Fachkräftemangels für das Unternehmen zu gewinnen oder zu halten. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit und in Bezug auf die Bayer AG sowie die Siemens AG zu finden. Dort wird der Prototyp als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während er in den Medien Süddeutsche Zeitung sowie Die Welt und in Bezug auf die BMW AG nicht zum Ausdruck gebracht wird (Tabelle 5.33).

Tab. 5.33 Arbeitnehmergewinnung durch Investitionen in betriebliche Kindertagesstätten

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Arbeitnehmergewinnung durch Investitionen in betriebliche Kindertagesstätten des Codes Zielzustand:

MT5::

Wenn Eltern nicht wissen, wohin mit ihren Kindern, sind sie auch im Job nicht so flexibel, wie die Arbeitgeber das gernhätten. Deshalb kümmern sich viele Unternehmen neuerdings selbst um den Nachwuchs. (Die Zeit, 31.03.2013, Wir gehen arbeiten)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT6::

Früher lockten die Firmen gute Leute mit Dienstwagen, Boni oder Aktienpaketen, inzwischen ist die Edel-Kita mit Wellness und Englischkurs, mit qualifizierten Erziehern und langen Öffnungszeiten ein wichtiges Argument im Vorstellungsgespräch. (Die Zeit, 31.03.2013, Wir gehen arbeiten)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der dritte Prototyp des Zielzustands und der Bedürfnisse der Frauenförderung – Arbeitnehmerbindung und Sabbatjahr als Anreiz für Top-Arbeitnehmer – thematisiert den von Unternehmen erwünschten Zielzustand der Gewinnung und Bindung von Arbeitnehmern an das Unternehmen. Ebenfalls soll der Verlust von Mitarbeitern durch das Engagement im Bereich von Vielfalt wie dem Ermöglichen eines Sabbatjahres vermieden werden. Ein Sabbatjahr ist bei Arbeitnehmern beliebt, um eine persönliche Auszeit für private Projekte zu nutzen oder sich weiterzubilden. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. Dort wird es als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während in den Medien Süddeutsche Zeitung und Die Welt das Thema nicht angesprochen wird. Auffällig ist auch, dass der Aspekt nicht in Bezug auf die Bayer AG thematisiert wird (Tabelle 5.34).

Tab. 5.34 Arbeitnehmerbindung und Sabbatjahr als Anreiz für Top-Arbeitnehmer

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Arbeitnehmerbindung und Sabbatjahr als Anreiz für Top-Arbeitnehmer des Codes Zielzustand:

MT7::

Das Sabbatical kann eine sehr wirksame Maßnahme im Krisenmanagement sein. (FAZ, 10.01.2009, Auszeit mit Risiko)

Akteur der verbalen Handlung: Tiemo Kracht, Geschäftsführer (Kienbaum Consultants International)

MT8::

Der Vorteil des Gehaltsverzichts gegenüber angesparten Zeitguthaben ist, dass der Mitarbeiter sofort freimachen kann. Wir nutzen das natürlich auch zur Beschäftigungssicherung. (Die Zeit, 10.04.2003, Freiheit für die Mitarbeiter, Profit für das Unternehmen)

Akteur der verbalen Handlung: Heiko Brockbartold, Personaler (Siemens AG)

MT9::

Aus dem biblischen Gebot ist über die Jahrtausende ein unternehmerisches An-Gebot geworden; aus dem Sabbatjahr während derselben Zeit ein Sabbatical. Jeder große internationale Konzern bietet seinen Mitarbeitern heute an, für ein halbes oder ganzes Jahr zu pausieren. Denn die Top-Personaler wissen längst, dass ihren Top-Ingenieuren oder Top-Bankern oft ein Jugendtraum geblieben ist. Diesen konnten sie bisher ja gerade deshalb nicht wahrmachen, weil sie während ihres Studiums und Berufseinstiegs alle Zeit darauf verwendet haben, zu den Top-Leuten zu werden, die sie sind. (FAZ, 19.07.2009, Ganz entspannt ins Sabbatical)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT10::

„Unsere Mitarbeiter sollen das Gefühl haben, dass sie bei einem tollen Unternehmen arbeiten“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Das Sabbatical sei eine wichtige Säule der BMW-Mitarbeiterbindung. Die Arbeitnehmer müssen keine Überstunden für ihre Pause machen. Ihr Grundgehalt läuft wie gewohnt weiter. (Die Zeit, 15.01.2001, „Die Batterien aufladen“)

Akteur der verbalen Handlung: Pressesprecher/in (BMW AG)

Beim vierten Prototyp des Zielzustands der Frauenförderung – Arbeitnehmergewinnung und -bindung durch flexible Arbeitszeitmodelle – werden flexible Arbeitszeitmodelle von Unternehmen zur Gewinnung und Bindung von qualifizierten Arbeitnehmern thematisiert. Dies ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels von besonderer Bedeutung. Die Rollenwerte (Fillers) sind in dem Medium Die Welt und in Bezug auf die BMW AG am häufigsten aufgeführt. Auffällig ist, dass dieser Aspekt in Bezug auf die Bayer AG keine Erwähnung in den untersuchten Medienexten findet.

Tab. 5.35 Arbeitnemergewinnung und -bindung durch flexible Arbeitszeitmodelle

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Arbeitnehmergewinnung und -bindung durch flexible Arbeitszeitmodelle des Codes Zielzustand (Tabelle 5.35):

MT11::

Auch die Arbeitszeiten müssen flexibel angepasst werden: Familie und ständige Weiterbildung wollen schließlich auch noch in einem Alltag untergebracht werden, in dem – auch auf Wunsch der Wirtschaft – meis beide Elternteile arbeiten. Neben den Bemühungen, die besten Bewerber anzulocken und zu halten, werden die Unternehmen aber nicht darum herumkommen, künftig auch Schwächere einzustellen – diejenigen, die nur einen Hauptschulabschluss haben, schlecht Deutsch sprechen oder nur eine branchenfremde Qualifikation haben. (Die Welt, 20.08.2013, Die neue Mitarbeitermacht)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT12::

Angesichts des sich abzeichnenden demografischen Wandels ist das ein wichtiger Wettbewerbsfaktor für Unternehmen, wenn sie qualifizierte Mitarbeiter bekommen und halten möchten. (SZ, 17.07.2004, Dienstpläne, selbst gebastelt)

Akteur der verbalen Handlung: Wolfgang Clement, Wirtschaftsminister (SPD)

MT13::

Außerdem sind kurzfristige betriebswirtschaftliche Vorteile nicht von der Hand zu weisen. Eine Studie des Familienministeriums kommt zu dem Ergebnis, dass Firmen, die flexible, familienfreundliche Arbeitsbedingungen bieten, mit weniger Personalfluktuation und Krankheitstagen zu kämpfen haben. (SZ, 17.07.2004, Dienstpläne, selbst gebastelt)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

5.3.1.2 Ursachen und übergeordneter Zusammenhang-Prototypen

Die Ränge der ermittelten Prototypen von den Ursachen und dem übergeordneten ZusammenhangFootnote 24 der Frauenförderung sowie die Anzahl der kodierten Textstellen im Medientextkorpus sind in der folgenden Tabelle aufgeführt (Tabelle 5.36).

Tab. 5.36 Prototypen von Ursachen und übergeordnetem Zusammenhang zur Frauenförderung in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Tabelle 5.36 zeigt unterschiedliche Prototypen zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang. Aus der Tabelle geht hervor, dass die Prototypen Geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen und mangelndes Engagement der Unternehmen am häufigsten kodiert wurden. Der erste Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs der Frauenförderung – geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen – kritisiert den geringen Anteil von weiblichen Führungskräften in Unternehmen und die damit zusammenhängende Negativentwicklung im Unternehmen und in der Gesellschaft. Die meisten Rollenwerte sind im Medium Die Zeit (16) zu finden. Dort wird der Prototyp als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während in der FAZ nur zwei kodierte Textstellen aufzufinden sind. Außerdem ist auffällig, dass das Thema im Zusammenhang mit der BMW AG am häufigsten thematisiert wird (Tabelle 5.37).

Tab. 5.37 geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungs-positionen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps geringer, teilweise rückläufiger Anteil von Frauen in Führungspositionen des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT14::

Wir liegen im unteren Mittelfeld, was den Anteil von Frauen in Führungspositionen angeht. (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft.)

Akteur der verbalen Handlung: Claudia Funke, Partnerin (McKinsey)

MT15::

Die Vorstände der großen deutschen Unternehmen werden nur langsam weiblicher, 13 Frauen gibt es inzwischen in den Dax-Vorstandsetagen. Aber es hat den Anschein, als häuften sich die Abgänge von Frauen. Siemens hatte Brigitte Ederer und Barbara Kux in den Vorstand geholt, beide mussten bald wieder gehen. (SZ, 05.07.2014, Sag mir, wo die Frauen sind.)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT16::

Man könnte es für ausgleichende Gerechtigkeit halten. Über Jahrtausende wurden Frauen benachteiligt, und die Wirtschaftswelt war da besonders beharrlich: Bis vor wenigen Jahren glichen Vorstandsetagen geschlossenen Herrenclubs, in denen Damen allenfalls gestattet waren, um Kaffee zu servieren. Noch immer ist der Frauenanteil im Top-Management mickrig. (Die Zeit, 27.08.2012, Frauenquote lässt manche Männer um Karrierechancen bangen.)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT17::

Noch immer gilt für die deutsche Wirtschaft die Einsicht: Je größer das Unternehmen, desto weniger Frauen arbeiten in der obersten Chefetage. (Die Welt, 15.03.2008, Mitmischen beim Global Player)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Beim zweiten Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs der Frauenförderung – mangelndes Engagement der Unternehmen – werden die unternehmerischen Rahmenbedingungen und das Personalmanagement kritisiert. Aus den Texten geht hervor, dass sich die untersuchten Unternehmen nicht genug für Frauen einsetzen, was bei Stellenbesetzungen oder auch in Bezug auf die Diskriminierung von Frauen ersichtlich wird. In den Texten ist die Rede von der sogenannten „Teilzeit-Falle“, wenn beispielsweise Frauen nach der Elternzeit wieder ins Berufsleben zurückkehren und die Wiederaufnahme der Karriere nur erschwert möglich ist. Insgesamt wurden 22 Textstellen kodiert, wobei die meisten Rollenwerte im Medium Die Zeit zu finden sind, während das Thema für Die Welt nicht relevant ist. Besonders häufig wird das Thema in Bezug auf die Siemens AG angesprochen (Tabelle 5.38).

Tab. 5.38 mangelndes Engagement der Unternehmen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps mangelndes Engagement der Unternehmen des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT18::

Auf der Frauenmesse Top '97 in Düsseldorf machten die Frauenbeauftragten der Unternehmen keinen Hehl daraus, wieviel hinhaltenden Widerstand sie erleben. (Die Zeit, 14.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT19::

Viele Unternehmen bemühen sich nicht genug darum, gute Frauen zu finden. (Die Zeit, 25.11.2013, Die Chefinnen der Zukunft)

Akteur der verbalen Handlung: Angela Hornberg, Personalberaterin (Advance Human Capital)

MT20::

Obgleich die meisten Führungskräfte großer Unternehmen inzwischen von Chancengleichheit redeten, rangiere das Thema im Unternehmensalltag weiter als Nebensache. (Die Zeit, 24.20.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT21::

Wobei es immer noch eine gläserne Decke in Firmen gibt, die zu durchstoßen für Frauen viel schwieriger ist. (FAZ, 23.03.2013, „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

Der dritte Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs der Frauenförderung – Frauenförderung in vielen Großunternehmen ein Thema – belegt die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema für Unternehmen in der Öffentlichkeit. Insgesamt sind 18 Codings zu verzeichnen, von denen die meisten in den Medien FAZ und Die Zeit vorkommen, wohingegen in Die Welt das Thema nicht aufgegriffen wird. In Bezug auf die Bayer AG und Siemens AG wird das Thema gleichermaßen oft behandelt (Tabelle 5.39).

Tab. 5.39 Frauenförderung in vielen Großunternehmen ein Thema

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Frauenförderung in vielen Großunternehmen ein Thema des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT22::

Gleichzeitig jedoch ergriffen viele Firmen bereits Maßnahmen, um das Potenzial ihrer weiblichen Belegschaft gezielter zu nutzen. Und das nicht aus Political Correctness, sondern aus handfesten betriebswirtschaftlichen Motiven. (Die Zeit, 16.09.1999, In Feindesland)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT23::

Vor allem in Großunternehmen haben die Aktivitäten zur Frauenförderung in den vergangenen zehn Jahren stark zugenommen. (FAZ, 12.07.1999, Mit Geschick zum Wissen über die Konkurrenz)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT24::

Der Marsch der Frauen an die Macht, Towards Power, kommt langsam, aber stetig voran. Den Trend hat das Wirtschaftsmagazin Economist schon 1996 erkannt und als benachteiligtes Geschlecht von morgen die Männer ausgemacht. Dies wird auch in Deutschland immer deutlicher sichtbar: Mädchen und Frauen befinden sich inzwischen in führender Position bei der Aneignung der Kernressource des 21. Jahrhunderts, der Bildung. (SZ, 17.06.2004, Mit Macht nach oben)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Beim vierten Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs der Frauenförderung – Positive Bewertung der Frauenförderung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive – handelt es sich um Äußerungen, die die positiven Aspekte der Frauenförderung für Unternehmen betonen. Eine positive Einstellung gegenüber der Frauenförderung wird hier nicht nur aus sozialen Gründen betont, sondern auch aus betriebswirtschaftlichen Motiven wie dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitgeberattraktivität. Es wurden insgesamt zehn Codings vorgenommen, wobei der Großteil in Die Zeit und im Zusammenhang mit der Bayer AG aufgeführt wird (Tabelle 5.40).

Tab. 5.40 Positive Bewertung der Frauenförderung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Positive Bewertung der Frauenförderung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT25::

Die Frauen profitieren vom Rationalisierungsdruck, dem die Arbeitgeber ausgesetzt sind. Für immer mehr Unternehmen werden längere und flexible Arbeitszeiten zur betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit. Zudem zahlt es sich aus, qualifizierte Mitarbeiterinnen über die Familienpause hinaus ans Unternehmen zu binden. (Die Zeit, 24.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT26::

Auch als Imagefaktor ist Frauenfreundlichkeit nicht zu unterschätzen. (Die Zeit, 24.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT27::

Je mehr die Weltwirtschaft zusammenwächst, je schärfer Konkurrenz- und Rationalisierungsdruck werden, desto wichtiger ist jeder einzelne Mitarbeiter. Wer das optimale Team zusammenstellen will, muss auch die Kapazitäten der Frauen im Betrieb bestmöglich ausschöpfen und darf sich nicht davon blenden lassen, dass männliche Bewerber meist lauter trommeln. (Die Zeit, 16.09.1999, In Feindesland)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT28::

Gleichzeitig jedoch ergriffen viele Firmen bereits Maßnahmen, um das Potenzial ihrer weiblichen Belegschaft gezielter zu nutzen. Und das nicht aus Political Correctness, sondern aus handfesten betriebswirtschaftlichen Motiven. (Die Zeit, 16.09.1999, In Feindesland)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT29::

Die Forums-Frauen versuchen, dem Führungspersonal ihrer Unternehmen die Erkenntnis zu vermitteln, daß Frauenförderung keine soziale Aufgabe ist, sondern betriebswirtschaftliche Notwendigkeit. „Um im globalen Wettbewerb zu bestehen, müssen wir mehr als hundert Prozent Leistung bringen“, argumentiert Monika Rühl, „dafür brauchen wir die besten Leute, und das sind aufgrund der Qualifikation eben oft Frauen.“ (Die Zeit, 24.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Monika Rühl, Beauftragte für Chancengleichheit (Lufthansa AG)

Der fünfte Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs der Frauenförderung – Keine Einigkeit bei der Frauenförderung – setzt sich mit konkreten Maßnahmen der Frauenförderung auseinander, beispielsweise mit der Frauenquote oder dem Gleichbehandlungsgesetz der Bundesregierung. Auffällig ist, dass es kein einheitliches Verständnis beim praktischen Vorgehen der Frauenförderung gibt und dieser Prototyp am häufigsten in dem Medium Die Zeit und in Bezug auf die BMW AG vorkommt.

Tab. 5.41 Keine Einigkeit bei der Frauenförderung

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Keine Einigkeit bei der Frauenförderung des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang (Tabelle 5.41):

MT30::

Angesichts dieser verfahrenen Situation scheint eine Einigung über die Frauenquote in absehbarer Zeit nicht möglich. (Die Zeit, 30.03.2011, Der Glaubenskrieg um die Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Beim sechsten Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs der Frauenförderung – Frauen im Osten Deutschlands in mehr Führungspositionen vertreten als im Westen – wird aufgezeigt, dass in Ostdeutschland mehr Frauen führende Positionen in Unternehmen einnehmen. Auch wenn es sich dabei nur um wenige Codings handelt, so wird damit ein interessanter Aspekt des Frauenanteils in der Führungsetage thematisiert.

Tab. 5.42 Frauen im Osten Deutschlands in mehr Führungspositistionen vertreten als im Westen

Folgende Äußerung ist ein Beispielauszug der Textstellen, die im Rahmen des Prototyps Frauen im Osten Deutschlands in mehr Führungspositionen vertreten als im Westen des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang annotiert wurden (Tabelle 5.42):

MT31::

Jenseits der Wahrnehmung liegt auch, dass der Osten dem Westen voraus ist. Einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zufolge, stellen Frauen dort schon 30 Prozent der Geschäftsführer und Vorstände. (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

5.3.1.3 Handlungen-Prototypen

Basierend auf der Frame-spezifischen Frage nach den Handlungen, die zum erwünschten Zustand von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ führen sollen, wurden die Rollenwerte im Medientextkorpus ermittelt, aus denen die folgenden Prototypen eruiert wurden. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes HandlungenFootnote 25 der Frauenförderung sowie die Anzahl der kodierten Textstellen werden in Tabelle 5.43 aufgeführt.

Tab. 5.43 Prototypen von Handlungen zur Frauenförderung in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.43 sind unterschiedlichen Prototypen zu den Handlungen abzulesen. Der am häufigsten kodierte Prototyp Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung stellt die unterschiedlichen unternehmerischen Aktivitäten im Bereich der Frauenförderung vor. Der erste Prototyp der Handlungen der Frauenförderung – Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung – bezieht sich auf die unterschiedlichen unternehmerischen Programme und Initiativen zur Frauenförderung, die den Anteil von weiblichen Führungskräften erhöhen und allgemein zur Frauenförderung im Unternehmen beitragen sollen. Hierbei sind unternehmerische Maßnahmen in Bezug auf finanzielle Anreizsysteme, spezielle Netzwerke und Mentoringprogramme sowie Möglichkeiten zu flexiblen Arbeitszeiten und Home Office-Optionen zu nennen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medien Die Zeit zu finden. Dort wird der Prototyp als die wichtigste Handlung angesehen, während er im Medium Süddeutsche Zeitung nur einmal thematisiert wird. Die Rollenwerte (Fillers) sind in allen Medientexten und in Bezug auf alle untersuchten Unternehmen aufzufinden (Tabelle 5.44).

Tab. 5.44 Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Diverse Maßnahmen zur Frauenförderung des Codes Handlungen:

MT32::

Mit Aktionen wie der Teilnahme am Girls Day, der Initiative Schule-Wirtschaft oder eigenen Aktivitäten wie dem Junior Campus in der BMW Welt oder Schnupperpraktika versucht BMW auch Mädchen stärker für Technik zu begeistern. (Die Welt, 19.03.2011, Frau am Steuer!)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT33::

Statt einer Frauenquote, die für alle Unternehmen gilt, sieht die Vereinbarung nur individuelle Ziele für die Unternehmen vor. Sie verpflichten sich etwa dazu, mehr Frauen im mittleren und höheren Management zu beschäftigen und weiblichen Arbeitskräften mehr Trainee-Stellen anzubieten. Außerdem wollen sie die eigenen Betriebskindergärten ausbauen und Frauen bei der Personalentwicklung besonders fördern. (Die Zeit, 17.10.2011, Vorerst keine Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT34::

Es ist fast schwieriger, den Frauen das schlechte Gewissen zu nehmen, damit sie rasch wieder in den Beruf zurückkommen. Wir setzen da finanzielle Anreize: Wir zahlen jeder Frau, die im ersten Lebensjahr des Kindes wieder Teilzeit arbeitet, 500 Euro zusätzlich im Monat. (FAZ, 24.03.2013, „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT35::

In den 1980er-Jahren wurde Mentoring erstmals zur innerbetrieblichen Förderung von Frauen in amerikanischen Großkonzernen eingesetzt. Auch heute noch haben die meisten Mentoring-Programme ihren Schwerpunkt in der Frauenförderung. So fördert Siemens Ingenieurinnen in Deutschland mit dem Programm Yolante (Young Ladies Network of Technology). […] Mit Yolante will Siemens auch dem anhaltend niedrigen Anteil von Frauen in den technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen und in den Ingenieurberufen entgegenwirken. (Die Welt, 02.02.2008, Mentoring auch für Ingenieurinnen)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT36::

Um unsere Innovationskraft langfristig zu entfalten, können wir auf die technisch-naturwissenschaftlichen Potenziale von Frauen nicht verzichten. Deshalb fördern wir angehende Ingenieurinnen und bereiten sie auf spätere Karrieren im Zukunftsfeld Technik und Naturwissenschaft vor. (Die Welt, 02.02.2008, Mentoring auch für Ingenieurinnen)

Akteur der verbalen Handlung: Siegfried Russwurm, Personalvorstand (Siemens AG)

Beim zweiten Prototyp der Handlungen der Frauenförderung – Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Telearbeit – wird Telearbeit als ein Instrument zur praktischen Frauenförderung behandelt. Es sind insgesamt acht Rollenwerte (Fillers) zu verzeichnen, von denen die meisten in den Medien Die Zeit und Süddeutsche Zeitung zu finden sind, während es im Medium Die Welt nicht aufgeführt wird. Die Rollenwerte (Fillers) sind in Bezug auf alle Unternehmen aufzufinden (Tabelle 5.45).

Tab. 5.45 Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Telearbeit

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Telearbeit des Codes Handlungen:

MT37::

Außerdem ist bei geeigneter Tätigkeit und persönlicher Eignung seit dem Sommer 1997 Telearbeit möglich. Bisher haben rund 1400 Beschäftigte die betriebliche Familienpause bei der Bayer AG in Anspruch genommen. Die Rückkehrquote beträgt rund 57 Prozent. (FAZ, 12.09.1998, Zur Sache)

Akteur der verbalen Handlung: Wolfgang Böckly, Leiter Personal (Bayer AG)

MT38::

Heimarbeit in der einen oder anderen Form ermöglichen die meisten Firmen. Bei Siemens darf jeder Büromitarbeiter einen Tag pro Woche zu Hause arbeiten. (Die Zeit, 28.10.2014, Es zählt nur das Ergebnis)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der dritte Prototyp der Handlungen der Frauenförderung – Förderung von Teilzeit auf allen Unternehmensebenen – thematisiert den Einsatz von Teilzeitmaßnahmen in Unternehmen. Eine Besonderheit besteht darin, dass neben Frauen auch Männer die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit erhalten. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind in den Medien Die Zeit und in der FAZ zu finden. Bezüglich der BMW AG und Siemens AG sind die Rollenwerte (Fillers) gleichmäßig verteilt, wohingegen der Aspekt in Bezug auf die Bayer AG nicht thematisiert wird (Tabelle 5.46).

Tab. 5.46 Förderung von Teilzeit auf allen Unternehmensebenen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Förderung von Teilzeit auf allen Unternehmensebenen des Codes Handlungen:

MT39::

Auch andere Konzerne geben sich gelassen beim Thema Teilzeit. „Wir praktizieren das schon“, erklärt der Autokonzern BMW. (SZ, 30.11.2013, Gelassen bis mürrisch)

Akteur der verbalen Handlung: Pressesprecher (BMW AG)

MT40::

Die meisten Maßnahmen helfen allerdings nur, die Beschäftigten von Familienlasten zu befreien. Weit seltener geht es in der Praxis darum, Eltern mehr Zeit für die Familie zu geben, ohne sie gleich aufs Abstellgleis zu schieben. Teilzeit bedeutet in den meisten Fällen: Verzicht auf berufliches Vorankommen. Das kennen Frauen schon lange, aber es gilt in besonderer Weise für Männer. (Die Zeit, 26.06.2014, Von wegen Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der vierte Prototyp der Handlungen der Frauenförderung – Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Reintegration, Fortbildung und Wiedereinstellungsgarantie – beschäftigt sich mit den praktischen Instrumenten zur Wiedereingliederung von Frauen und Männern nach einer Elternzeit. In dem unten aufgeführten Medientextbeispiel 42 aus dem Artikel „Mit Geschick zum Wissen über die Konkurrenz“ (FAZ, 12.07.1999) ist von „Erziehungsurlaub“ die Rede. Heute wird der Terminus „Elternzeit“ benutzt, was der Idee gerecht wird, dass die Erziehung und Pflege von Kindern nicht mit einem Urlaub gleichzusetzen ist. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium FAZ zu finden. Dort wird es als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während es in den Medien Süddeutsche Zeitung und Die Welt nicht thematisiert wird. Auffällig ist auch, dass dieser Aspekt nicht in Bezug auf die BMW AG zum Ausdruck gebracht wird (Tabelle 5.47).

Tab. 5.47 Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Reintegration, Fortbildung und Wiedereinstellungsgarantie

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Reintegration, Fortbildung und Wiedereinstellungsgarantie des Codes Handlungen:

MT41::

Obwohl in unserer Regelung noch nicht als „Muß“ vorgesehen, hat die Praxis gezeigt, daß Vertretungstätigkeiten für eine Reintegration in das Berufsleben mindestens ebenso wichtig sind wie Fortbildungsaktivitäten. (FAZ, 12.09.1998, Zur Sache)

Akteur der verbalen Handlung: Wolfgang Böckly, Leiter Personal (Bayer AG)

MT42::

Für die Rückkehr geben viele Firmen über den gesetzlichen Erziehungsurlaub von drei Jahren hinaus eine Wiedereinstellungsgarantie. (FAZ, 12.07.1999, Mit Geschick zum Wissen über die Konkurrenz)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

5.3.1.4 Bewertungen-Prototypen

Als Antworten auf die Frame-spezifische Frage nach den BewertungenFootnote 26 wurden verschiedene Rollenwerte in den Medientexten ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Bewertungen der Frauenförderung sowie die Anzahl der kodierten Textstellen sind in Tabelle 5.48 dargestellt:

Tab. 5.48 Prototypen von Bewertungen zur Frauenförderung in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.48 geht hervor, dass in den untersuchten Texten einerseits die Kritik an Maßnahmen zur Frauenförderung zum Ausdruck gebracht wird und andererseits positive Bewertungen zum Eigenengagement der Frauen geäußert werden. Der wichtigste Prototyp der Bewertungen ist Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen. Dieser Prototyp kritisiert den geringen Anteil von weiblichen Führungskräften und den damit zusammenhängenden Misserfolg von Frauenförderprogrammen in Unternehmen. Es werden Frauenförderprogramme kritisiert, die nicht dazu dienen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen. Auch die Frauenquote erweist sich als erfolglos. In diesem Zusammenhang wird die Wichtigkeit von anderen Maßnahmen erwähnt, beispielsweise individuelle Frauenförderprogramme und Regelungen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. Dort wird der Prototyp als die wichtigste Bewertung angesehen, während er im Medium Die Welt nur zwei Male genannt wird. Außerdem wird dieser Aspekt häufig in Bezug auf die BMW AG und Siemens AG angebracht (Tabelle 5.49).

Tab. 5.49 Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Kritik an geringem Frauenanteil in Führungspositionen des Codes Bewertungen:

MT43::

Frauenförderprogramme haben nicht dazu geführt, den Anteil von Frauen in qualifizierten Fach- und Führungspositionen zu erhöhen. (FAZ, 01.08.1998, Auch Männer träumen manchmal von flexiblen Arbeitszeiten)

Akteur der verbalen Handlung: Gertraude Krell, Professorin für BWL mit Schwerpunkt Personalpolitik (Freie Universität Berlin)

MT44::

„Diversity“ richtig angewandt, verändert die Kultur eines Unternehmens und möglicherweise einer ganzen Volkswirtschaft. In Deutschland geht es damit jedoch recht langsam voran. So leitet weiterhin keine Frau ein Dax30-Unternehmen, und auch in den Aufsichtsräten sind Frauen höchst selten anzutreffen. (Die Welt, 06.01.2010, Diversity)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT45::

Nicht nur empfinden viele Entscheider eine solche Vielfalt als überflüssig. Dem einen oder anderen verschafft sie sogar Unbehagen. So ist es häufig nicht einmal bewusste Diskriminierung von Frauen, wenn deutsche oder japanische Männer in Spitzenpositionen jeweils andere deutsche oder japanische Männer als Nachfolger wählen. Sie tun dies, weil sie das Vertraute suchen. „Der ist mir ähnlich, dem traue ich das zu“, ist ein Reflex dahinter (und „der kann mir nicht gefährlich werden“ manchmal der zweite). Es gehört Größe dazu, sich für das Fremde, das Andere zu entscheiden. (SZ, 03.04.2010, Wirtschaft braucht Werte)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT46::

Wir sind, was Frauen in den Führungspositionen angeht, auf Höhe mit Indien, hinter Russland, hinter Brasilien, hinter China. (SZ, 07.20.2011, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Ursula von der Leyen, Bundesarbeitsministerin (CDU)

Der zweite Prototyp der Bewertungen der Frauenförderung – Frauenförderung positiv für den unternehmerischen Erfolg – betont die positive Auswirkung der Frauenförderung auf den Unternehmenserfolg. In diesem Zusammenhang wird der positive Aspekt von Frauenförderprogrammen thematisiert, da diese konkurrierende Unternehmen zum Handeln motivieren. Außerdem werden flexible Arbeitszeiten für Frauen sowie Unternehmensaktivitäten zur Frauenförderung positiv bewertet. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. Dort wird es als die wichtigste Bewertung angesehen, während es im Medium FAZ nur einmal thematisiert wird. Am häufigsten wird der Aspekt in Bezug auf die BMW AG thematisiert.

Tab. 5.50 Frauenförderung positiv für den unternehmerischen Erfolg

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Frauenförderung positiv für den unternehmerischen Erfolg des Codes Bewertungen (Tabelle 5.50):

MT47::

Die Frauen, die während der Mutterschaft durch mobile Arbeitszeiten dem Betrieb verbunden bleiben können, sind loyaler als Männer und überkompensieren die vermeintlichen Ausfälle. Frauen brauchen andere Lebensarbeitszeitmodelle als Männer. Unternehmen, die ihnen dies ermöglichen, werden erfolgreicher sein, weil die gegenseitige Bindung stark ist. Beweisen läßt sich das übrigens nur durch ökonomischen Erfolg. Aber man muß es erst einmal versuchen. (Die Zeit, 03.01.1997, Besser als die Quote)

Akteur der verbalen Handlung: Eva-Maria Roer, Unternehmerin (DT&SHOP)

MT48::

Die bisherigen Erfahrungen sind positiv. Der Hinweis, bei der Konkurrenz seien bestimmte Maßnahmen der Frauenförderung schon selbstverständlich, wirke manchmal Wunder. (Die Zeit, 24.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT49::

Meßbare Erfolge, wie beispielsweise einen schnelleren Wiedereinstieg von Mitarbeiterinnen nach einer Familienpause, verbuchen deshalb gerade die Unternehmen, die beispielsweise Kinderbetreuungseinrichtungen anbieten. (FAZ, 08.03.1999, Frauenförderung als Wettbewerbsvorteil)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT50::

Die Wettbewerbsfähigkeit einer Nation hängt maßgeblich davon ab, wie sie talentierte Frauen fördert (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Laura D. Tyson, Ökonomin (Barkley-Universität)

MT51::

Frauen wenden bestimmte Führungspraktiken etwas häufiger an als Männer. Sie kümmern sich eher um Mitarbeiterentwicklung, führen Entscheidungen häufiger im Team herbei als im Alleingang, setzen auf Inspiration und arbeiten häufiger mit Belohnungen. Wer also Männer und Frauen im Management mischt, kann eher darauf hoffen, von allen für den Erfolg notwendigen Führungsmethoden zu profitieren. (Die Zeit, 23.07.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT52::

Das Dilemma der abwesenden Frauen gerade auf deutschen Chefetagen illustriert anschaulich, dass Fortschritt verordnet werden muss, wie es die Deutsche Telekom nun als erster Konzern im Deutschen Aktienindex mit einer Frauenquote versucht. Denn hinter diesem Mangel verbirgt sich noch ein ganz anderer, sehr gravierender: der Mangel an der Entwicklung von Führungskräften überhaupt. (SZ, 03.04.2010, Wirtschaft braucht Werte)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT53::

Viele Unternehmen haben verstanden, dass die alte Männertour nicht mehr weiterführt und sie ein Zeichen setzen müssen. Die großen Konzerne machen sogar den Eindruck, als sei ihnen die Dominanz der Männer inzwischen peinlich. (SZ, 07.02.2010, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der dritte Prototyp der Bewertungen der Frauenförderung – Keine Einigung bei der Frauenquote zwischen Politik und Wirtschaft – thematisiert das uneinheitliche Verständnis und Vorgehen bei der praktischen Umsetzung der Frauenquote: Zwischen der Wirtschaft und Politik, insbesondere zwischen den Parteien, herrscht Uneinigkeit darüber, was Frauenförderungsmaßnahmen beinhalten und wie diese praktisch umgesetzt werden. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. Dort wird es als die wichtigste Bewertung angesehen, während es in den Medien Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung nicht vorkommt. Auffällig ist, dass in Bezug auf die Bayer AG der Aspekt in den Texten nicht zum Ausdruck gebracht wird.

Tab. 5.51 Keine Einigung bei der Frauenquote zwischen Politik und Wirtschaft

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Keine Einigung bei Frauenquote zwischen Politik und Wirtschaft des Codes Bewertungen (Tabelle 5.51):

MT54::

Die Pressekonferenz nach dem Spitzentreffen von Wirtschaft und Politik zur Frauenquote war nur kurz. Das habe Termingründe, hieß es. Doch in der knappen Zeit wollten die vier anwesenden Bundesminister und drei Wirtschaftsvertreter nicht verbergen, dass sie nach wie vor uneins über die gesetzliche Notwendigkeit der Frauenförderung sind. Die Gräben verlaufen dabei nicht nur zwischen Bundesregierung und Wirtschaft. Auch innerhalb von CDU und FDP sind sie offensichtlich tiefer denn je. Von „Licht und Schatten“ während des rund eineinhalbstündigen Treffens sprach Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lächelnd, während ihre Familienministerin Kristina Schröder (CDU) versteinert wirkte. Schröder hatte für das Treffen extra einen „Vier-Stufen-Plan“ zu einer gesetzlich festgeschriebenen Frauenquote erarbeitet, die den Unternehmen jedoch Spielraum lassen soll. Doch weder ihre Amtsvorgängerin und Rivalin von der Leyen, noch die FDP und natürlich schon gar nicht die Wirtschaft fanden Gutes an Schröders Vorschlag. Am Ende einigte man sich darauf, dass alle 30 Dax-Unternehmen erst einmal von sich aus unverbindliche Zielvereinbarungen erarbeiten und diese noch in diesem Jahr vorlegen. Dabei liest sich Schröders Vorschlag zu einer gesetzlichen Verpflichtung bereits wie ein Kompromiss: Aus eigener Kraft sollen die großen börsennotierten Unternehmen in Deutschland bis 2013 den Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten verdreifachen, was dann einem Anteil von 30 Prozent entsprechen würde. Wer diese Vorgabe bis dahin nicht erfüllt, soll gesetzlich verpflichtet werden, eine eigene Quote festzulegen. Jedes Unternehmen soll sie selbst bestimmen können, sie aber auch öffentlich machen und innerhalb der kommenden Jahre verwirklichen müssen. Andernfalls drohen Sanktionen. Die Familienministerin spricht von einer „Flexiquote“, die „praxistauglich“ und „realitätsnah“ sei, weil sie jeder Branche quasi ihre eigene Lösung ermögliche, sie aber dennoch gesetzlich verpflichte. Schröder wird ihren Vorschlag nun dem Kabinett vorlegen. Doch nach den Reaktionen ihrer Kollegen zu urteilen, dürfte die 33-Jährige scheitern. (Die Zeit, 30.03.2011, Der Glaubenskrieg um die Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT55::

Schwesig und Justizminister Heiko Maas hatten sich eigentlich vorgenommen, die gesetzliche Frauenquote gleich zu Beginn der gemeinsamen Regierungszeit festzuschreiben. Doch in den vergangenen Wochen sind sie auf Widerstände gestoßen, die nicht nur aus der Wirtschaft kamen, sondern bis hinein in die SPD-Parteiführung gingen. (Die Zeit, 25.03.2014, Der Kampf um die Frauenquote hat erst begonnen)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT56::

Wir sind durchaus dafür, dass mehr Frauen in führende Positionen kommen und wir werden das auch fördern. Aber wir halten nichts von genauen Vorgaben und starren Quoten. Die Bedingungen bei den jeweiligen Konzernen sind einfach zu unterschiedlich. (Die Welt, 17.11.2011, Konzerne lehnen starre Quote ab)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

Der vierte Prototyp der Bewertungen der Frauenförderung – Kritik an unseriösen Frauenfördernetzwerken – umfasst kritische Äußerungen zu Frauenförderungsmaßnahmen. Diese werden als berufliche Sackgasse bezeichnet, da Frauen aufgrund der sogenannten „Teilzeitfalle“ nach der Elternzeit die Rückkehr bzw. der Aufstieg in eine Führungsposition verwehrt bleibe. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit und in Bezug auf die Bayer AG zu finden. In Bezug auf die BMW AG und die Siemens AG wird dieser Aspekt nicht thematisiert (Tabelle 5.52).

Tab. 5.52 Kritik an unseriösen Frauenfördernetzwerken

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Kritik an unseriösen Frauenfördernetzwerken des Codes Bewertungen:

MT57::

Doch der Beitrag, den solche Frauenförderprogramme zur Chancengleichheit von Frauen im Beruf leisten, ist umstritten. Rund neunzig Prozent der Frauenförderprogramme beschränken sich nämlich auf flexible Arbeitszeitmodelle – und sind damit eher Familien- denn Frauenförderprogramme. Für die Frauen wird die Teilzeitarbeit schnell zur Sackgasse. Bei der betrieblichen Fort- und Weiterbildung, bei Beförderungen und der Auswahl des Führungsnachwuchses bleiben die Teilzeitler – zu neunzig Prozent Frauen – in der Regel außen vor. (Die Zeit, 24.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT58::

Andere Firmen überschütten weibliche High Potentials mit Mentoring- und Förderprojekten, ohne zu merken, dass sie die Frauen dadurch zur „Außenseiterin“ machen: „Gender-Programme untergraben manchmal die Akzeptanz der Frauen.“ Sie verstärken erst die Auffassung, dass Frauen Defizite haben, die mit speziellen Maßnahmen beseitigt werden müssen. Nach dem Motto: Natürlich haben Frauen auch Fähigkeiten, man muss sie nur ein bisschen an die Hand nehmen, dann lernen sie auch den Rest. (FAZ, 04.11.2012, Warum nur werden so wenige Frauen Chefin?)

Akteur der verbalen Handlung: Martina Schraudner, Projektleiterin (Fraunhofer Gesellschaft) und Textautor (Redakteur)

Beim fünften Prototyp der Bewertungen der Frauenförderung – Lob für das Eigenengagement der Frauen – werden die Aktivitäten der Frauen positiv bewertet. Das Eigenengagement der Frauen, selbst aktiv zu werden und nicht auf den Gesetzgeber zu warten, wird in den untersuchten Texten gelobt. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. In der FAZ und in Bezug auf die BMW AG sind keine Rollenwerte (Fillers) zu verzeichnen.

Tab. 5.53 Lob für das Eigenengagement der Frauen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Lob für das Eigenengagement der Frauen des Codes Bewertungen (Tabelle 5.53):

MT59::

Jung, talentiert, zielstrebig: Während Politik, Verbände und Unternehmen in einer zunehmend ermüdenden Diskussion über Pro und Contra der Frauenquote feststecken, machen immer mehr hoch qualifizierte Frauen unbeirrt Karriere. Übernehmen hochrangige Managementposten und Aufsichtsratssitze in global agierenden Unternehmen. Schaffen durch ihren Aufstieg Fakten, statt sich im Klein-Klein einer leidigen Quotendiskussion aufzureiben. Vertrauen lieber ihrem Können statt darauf, dass ein Gesetz den Weg nach oben frei räumt. (Die Zeit, 03.12.2004, Die Chefinnen der Zukunft)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der sechste Prototyp der Bewertungen der Frauenförderung – Kritik am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und der Frauenquote – umfasst kritische Äußerungen zu den Schwierigkeiten bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen in Unternehmen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden, während es im Medium Die Welt und in Bezug auf die BMW AG nicht vorkommt (Tabelle 5.54).

Tab. 5.54 Kritik am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und der Frauenquote

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Kritik am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und der Frauenquote des Codes Bewertungen:

MT60::

Nicht nur Arbeitgeber klagen über die ehrgeizigen Quotenpläne. Auch die Gewerkschaften kommen bei dem Berliner Prestigeprojekt in die Bredouille. Sie können kaum öffentlich die Pläne der Bundesregierung zur Förderung von Frauen angreifen. Aber sie sind verärgert. Sie tun sich ebenfalls schwer, genügend geeignete Frauen für die Arbeitnehmerseite der Aufsichtsräte zu finden. Das gilt vor allem für Unternehmen, deren Belegschaften männlich dominiert sind wie bei Stahlherstellern oder Autobauern. (SZ, 05.07.2014, Sag mir, wo die Frauen sind)

Akteur der verbalen Handlung: Gewerkschaften

MT61::

Auf seiten der Unternehmen stößt diese Initiative auf geteilte Meinungen. Lufthansa Vorstandsmitglied Heiko Lange hält die Bindung öffentlicher Aufträge an frauenfördernde Maßnahmen „für ein völlig untaugliches Mittel“. Insgesamt begrüße er jedoch die Initiative der Ministerin für ein Aktionsprogramm „Frau und Beruf“. Der Versuch, mit gesetzlichem Druck Fragen der Unternehmenskultur klären zu wollen, wird seiner Meinung nach jedoch keinen Erfolg haben. Quoten für Unternehmen zu fordern, die für ihre Berufsbilder weder ausreichend weibliche Auszubildende noch ausgebildete Fachkräfte finden, mache wenig Sinn; genausowenig wie man Frauenbeauftragte in Betrieben vorschreiben könne, die schon allein wegen ihrer Produktionsstruktur vorwiegend Männer beschäftigen müßten. (FAZ, 08.03.1999, Frauenförderung als Wettbewerbsvorteil)

Akteur der verbalen Handlung: Heiko Lang, Vorstandsmitglied (Lufthansa AG)

MT62::

Als „zumindest problematisch“ bezeichnet auch ein Sprecher des Bundeskartellamts die Kopplung staatlicher Auftragsvergabe mit dem Kriterium Frauenförderung. Zwar habe das neue Vergaberecht mit Öffnungsklauseln die Möglichkeit geschaffen, daß der Gesetzgeber auch andere Kriterien als die der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigen könne, gleichzeitig dürfe die öffentliche Auftragsvergabe aber nicht dazu instrumentalisiert werden, politische Ziele durchzusetzen. (FAZ, 08.03.1999, Frauenförderung als Wettbewerbsvorteil)

Akteur der verbalen Handlung: Pressesprecher (Bundeskartellamt)

Beim siebten Prototyp der Bewertungen der Frauenförderung – Staatliche Regeln zur Ausübung von Druck auf die Frauenförderung – wird der geringe Anteil von weiblichen Führungskräften kritisiert. In diesem Zusammenhang wird der Ruf nach staatlichem Eingreifen geäußert. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Frankfurter Allgemein Zeitung zu finden, während der Aspekt in den anderen Medien nicht thematisiert wird. Die Bewertung wird in den Medientexten nur in Bezug auf die Bayer AG zum Ausdruck gebracht (Tabelle 5.55).

Tab. 5.55 Staatliche Regeln zur Ausübung von Druck auf die Frauenförderung

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Staatliche Regeln zur Ausübung von Druck auf die Frauenförderung des Codes Bewertungen:

MT63::

Ministerin Bergmann ist jedoch der Auffassung, daß die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt „ohne etwas gesellschaftlichen Druck“ nicht nach vorne gebracht werden könne. Die Erfahrungen der Vergangenheit hätten gezeigt, daß sich nur wenig geändert habe, obwohl es in vielen Unternehmen nicht an qualifizierten Frauen mangele. (FAZ, 08.03.1998, Frauenförderung als Wettbewerbsvorteil)

Akteur der verbalen Handlung: Christine Bergmann, Bundesfamilienministerin (SPD)

5.3.1.5 Forderungen-Prototypen

Zur Beantwortung der Frame-spezifischen Frage nach den ForderungenFootnote 27 für die Zukunft wurden die Rollenwerte ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Forderungen in Bezug auf die Frauenförderung sowie die Anzahl der kodierten Textstellen werden in Tabelle 5.56 aufgeführt.

Tab. 5.56 Prototypen von Forderungen zur Frauenförderung in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.56 lassen sich die unterschiedlichen Prototypen zu den Forderungen erkennen. Als dominant im Diskurs gilt der Prototyp Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen. Der erste Prototyp der Forderungen an die Frauenförderung – Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen – kommuniziert den Wunsch, dass sich Unternehmen stärker engagieren sollen, um Frauen in Führungspositionen zu befördern. Dies ist allerdings allein mit dem Engagement seitens der Unternehmen kaum zu erreichen. Daher besteht eine Besonderheit des Diskurses darin, dass die aufgeführten Forderungen eng an die Diskussion um die Frauenquote geknüpft sind. Insgesamt wurden 47 Codings vorgenommen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. Dort wird es als die wichtigste Forderung angesehen, während der Prototyp in den anderen untersuchten Medien deutlich weniger vorkommt. In Bezug auf die BMW AG wird die Forderung am häufigsten thematisiert (Tabelle 5.57).

Tab. 5.57 Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen des Codes Forderungen:

MT64::

Eine feste Quote erscheint uns nicht zielführend. Wir haben uns deshalb für Zielkorridore des Frauenanteils bei Nachwuchsprogrammen, Gesamtbelegschaft und Führungskräften entschieden. Das ist nachhaltiger und lässt den notwendigen Handlungsspielraum. Der Korridor für den Frauenanteil bei Führungskräften liegt beispielsweise bei 15 bis 17 Prozent bis 2020. Das bedeutet, ausgehend von der Situation heute, nahezu eine Verdoppelung. (Die Welt, 26.02.2011, „Die Verwirklichung individueller Wünsche wird wichtiger“)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

MT65::

Die Dax-Konzerne wollen mehr Frauen in Führungspositionen bringen und haben dazu erstmals konkrete Ziele präsentiert. Bis spätestens 2020 soll der Anteil von Frauen im Management oder in anderen Spitzenjobs auf bis zu 35 Prozent steigen, wie aus dem am Montag vorgestellten Katalog der Konzerne hervorgeht. Diese Quote soll aber nicht für Vorstände und Aufsichtsräte gelten. (Die Welt, 18.10.2011, 2020 soll jeder dritte Manager eine Frau sein)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT66::

Verzweifelt sind wir ganz und gar nicht, aber unsere Ziele sind anspruchsvoll: Wir wollen in den technischen Ausbildungsberufen einen Anteil von mindestens 15 bis 20 Prozent junger Frauen. Derzeit haben wir bereits 18,5 Prozent. Das wollen wir auf jeden Fall halten. Bei Hochschulabsolventen, die in unseren Nachwuchsprogrammen einsteigen, wollten wir einen Frauenanteil von 20 bis 30 Prozent und liegen derzeit bei 35 Prozent. (Die Welt, 05.03.2013, Elektroautos schaffen neue Arbeitsplätze)

Akteur der verbalen Handlung: Milagros Caiña-Andree, Personalvorstand (BMW AG)

MT67::

Es gibt genügend Frauen, die Vorstandsposten übernehmen können, man muss sie nur suchen. (Die Zeit, 25.11.2013, Die Chefinnen der Zukunft)

Akteur der verbalen Handlung: Heiner Thorborg, Headhunter und Personalberater (Personalberatung Heiner Thorborg)

MT68::

Wir wollen mehr Frauen in der gesamten Belegschaft, nicht nur im Management. Aber wir haben keine starre Quote festgelegt, sondern Zielkorridore für Frauen (FAZ, 21.11.2010, Wir brauchen mehr Frauen in den oberen Führungsetagen)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

MT69::

Ich suche im Moment viele Frauen. (SZ, 07.02.2011, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Hermann Sendele, Personalberater (Board Consultants)

MT70::

Vielfalt – insbesondere Vielfalt der Geschlechter – ist dabei, so sie denn entsteht, nicht mehr als ein netter Nebeneffekt. Nur selten wünscht sich jemand wie Siemens-Chef Peter Löscher öffentlich, die Chefetage habe bunter zu werden: mehr Frauen, mehr Ausländer, mehr Vertreter verschiedener Kulturen. (SZ, 03.04.2010, Wirtschaft braucht Werte)

Akteur der verbalen Handlung: Peter Löscher, Vorstandsvorsitzender (Siemens AG)

Beim zweiten Prototyp der Forderungen an die Frauenförderung – Freiwillige Initiativen statt Frauenquote – werden die Argumente der Gegner der Frauenquote thematisiert, die eine gesetzliche Frauenquote ablehnen und auf freiwillige Initiativen setzen. Häufig wird in den untersuchten Texten damit argumentiert, dass es in manchen Unternehmensbereichen unmöglich sei, den geforderten prozentualen Anteil der Belegschaft mit Frauen in Führungspositionen zu besetzen, da in den entsprechenden Abteilungen verhältnismäßig wenige Frauen arbeiten würden. Die Unternehmen könnten dann die gesetzliche Regelung nicht einhalten. Besser sei ein Umdenken im gesamten Unternehmen, insbesondere bei der Besetzung von neuen Stellen und Positionen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit aufgeführt. Dort wird es als die wichtigste Forderung angesehen, während das Medium Süddeutsche Zeitung nur drei Codings enthält. Die Forderung wird in Bezug auf die BMW AG am häufigsten zum Ausdruck gebracht und hinsichtlich der Bayer AG nicht thematisiert (Tabelle 5.58).

Tab. 5.58 Freiwillige Initiativen statt Frauenquote

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Freiwillige Initiativen statt Frauenquote des Codes Forderungen:

MT71::

Wir sind durchaus dafür, dass mehr Frauen in führende Positionen kommen und wir werden das auch fördern. Aber wir halten nichts von genauen Vorgaben und starren Quoten. Die Bedingungen bei den jeweiligen Konzernen sind einfach zu unterschiedlich. (Die Welt, 17.01.2011, Konzerne lehnen starre Quote ab)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

MT72::

Wo man ein Gesetz vermeiden kann, sollte man es lassen. (Die Welt, 18.10.2011, 2020 soll jeder dritte Manager eine Frau sein)

Akteur der verbalen Handlung: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin (FDP)

MT73::

Weil ich glaube, dass eine Quote allein keine echte Frauenförderung darstellt und schon gar keine nachhaltige. Es geht doch im Kern um etwas ganz anderes: Junge Frauen, aber auch junge Männer wollen sich heute nicht mehr zwischen Familie oder Beruf entscheiden müssen. Wenn wir als Arbeitgeber attraktiv und wettbewerbsfähig bleiben wollen, dann müssen wir auf diesen Wandel reagieren und die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben verbessern – für Frauen wie für Männer. (Die Welt, 05.03.2013, Elektroautos schaffen neue Arbeitsplätze)

Akteur der verbalen Handlung: Milagros Caiña-Andree, Personalvorstand (BMW AG)

MT74::

Eine starre Quote verkennt die Realität in deutschen Unternehmen. (Die Zeit, 07.10.2011, Vorerst keine Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Joachim Sauer, Präsident (Bundesverband der Personalmanager)

MT75::

Am Mittwoch teilte Kanzlerin Angela Merkel mit, die Regierung werde genau das nicht tun. Eine Quote werde es nicht geben. Die Wirtschaft solle die Chance haben, „freiwillig zu Fortschritten zu kommen“. (SZ, 07.02.2011, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Angela Merkel, Kanzlerin (CDU)

MT76::

Ich bin gegen eine Frauenquote. Nehmen wir nur einmal an, wir würden eine Quote für den Aufsichtsrat oder den Vorstand einführen: Was bringt das einer 30-jährigen Mitarbeiterin im Unternehmen? Ich bin dafür, konkrete Zielgrößen zu formulieren, an denen wir uns selbst messen und andere uns messen können. Die breit geführte öffentliche Diskussion um die Quote hat sicherlich geholfen, das Thema Frauenförderung in den Mittelpunkt zu rücken. (Die Welt, 16.09.2011, „Die Lage ist besser als die Stimmung“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT77::

Mit der CSU wird es ein Gesetz zur Frauenquote nicht geben. (Die Welt, 18.10.2011, 2020 soll jeder dritte Manager eine Frau sein)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Seehofer, Parteivorsitzender (CSU)

MT78::

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle nahm die Wörter „Quote“ und „gesetzlich“ am Mittwoch gar nicht in den Mund. Es sei wichtig, dass sich in den Firmen das „Denken“ ändere, sagte er betont unkonkret. Nach Zwang zur Frauenförderung klingt das nicht. (Die Zeit, 30.03.2011, Der Glaubenskrieg um die Frauenquote)

Akteur der verbalen Handlung: Rainer Brüderle, Partei- und Fraktionsvorsitzender (FDP)

Der dritte Prototyp der Forderungen an die Frauenförderung – Ruf nach einer Frauenquote – thematisiert den Ruf nach einer gesetzlich geregelten Frauenquote. Eine besondere Anforderung der Frauenquote bezieht sich auf die Männer und verlangt die beidseitige Gleichheit, die besagt, dass Männer bei gleicher Qualifikation nicht diskriminiert werden. Außerdem soll es nicht zu Nachteilen bei Stellenbesetzungen kommen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden, wohingegen in der Süddeutschen Zeitung kein Coding zu verzeichnen ist. Die FAZ und Die Welt weisen gleich viele Codings auf. Die häufigsten Rollenwerte (Fillers) dieser Forderung werden in Bezug auf die Siemens AG zum Ausdruck gebracht, während der Prototyp bezüglich der Bayer AG nicht thematisiert wird (Tabelle 5.59).

Tab. 5.59 Ruf nach einer Frauenquote

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Ruf nach einer Frauenquote des Codes Forderungen:

MT79::

Nach einer Studie der Beratung Simon-Kucher hat er sich in den vergangenen zwölf Monaten in Dax-Vorständen von drei auf sechs Prozent verdoppelt. Jede dritte Besetzung ging an eine Frau. Und mancher Mann war etwas irritiert. (Die Zeit, 27.08.2012, Frauenquote lässt manche Männer um Karrierechancen bangen)

Akteur der verbalen Handlung: Simon Kucher, Berater (Simon Kucher & Partners)

MT80::

Auf den Empfehlungslisten der Headhunter sind Frauen längst in der Überzahl. Die Männer, die dort aufgelistet sind, haben mitunter nur noch Alibi-Funktion. […] Selbst wenn sie besser qualifiziert sein sollten als ihre Konkurrentinnen, ist davon auszugehen, dass derzeit meistens Frauen den Vorzug erhalten. Das könnte man als umgekehrte Diskriminierung bezeichnen. (Die Zeit, 30.04.2011, Frauenquote bedroht Männerkarrieren)

Akteur der verbalen Handlung: Manfred Gentz, Aufsichtsratschef (Deutschen Börse)

MT81::

Wir machen uns nichts vor. Um dieses Gesetz wird es viele Diskussionen geben. Es geht um Macht, Einfluss und Geld. […] Die Frauenquote kommt! Es geht nicht mehr um das ob, sondern nur noch um das wie. (Die Zeit, 25.03.2014, Der Kampf um die Frauenquote hat erst begonnen)

Akteur der verbalen Handlung: Manuela Schwesig, Familienministerin (SPD)

MT82::

Jeder, der über die Frauenquote redet, muss zugeben, dass sie im Einzelfall gegenüber Männern ungerecht sein kann. Der Mann, der wegen der Quote nicht zum Zuge kommt, kann ja nichts dafür, dass er ein Y-Chromosom hat und dass jahrhundertelang Männer dominiert haben. […] Wer Frauen fördert, darf Männer nicht diskriminieren. Jede Quote ist eine Krücke. (Die Zeit, 30.04.2011, Frauenquote bedroht Männerkarrieren)

Akteur der verbalen Handlung: Kristina Schröder, Bundesfrauen- und Familienministerin (SPD)

Beim vierten Prototyp der Forderungen an die Frauenförderung – Mehr Frauenförderprogramme, nicht nur Quote für den Aufsichtsrat – handelt es sich um den Ruf nach konkreten Frauenförderprogrammen. In den untersuchten Texten wurde geäußert, dass mehr für Frauenförderung getan werden solle, beispielsweise durch offensive Mentoring-Programme für Frauen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medien FAZ zu finden. Dort wird es als die wichtigste Forderung angesehen, während es im Medium Die Zeit nicht vorkommt. Die Rollenwerte (Fillers) dieser Forderung sind in Bezug auf alle drei untersuchten Unternehmen in den Texten präsent (Tabelle 5.60).

Tab. 5.60 Mehr Frauenförderprogramme, nicht nur Quote für den Aufsichtsrat

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Mehr Frauenförderprogramme, nicht nur Quote für den Aufsichtsrat des Codes Forderungen:

MT83::

Eine heute 30-jährige Frau hat nichts davon, wenn es eine Quote im Aufsichtsrat gibt. Der hilft man, indem man Förderprogramme im Unternehmen anbietet, um ihr die nächsten Schritte zu ermöglichen. Dass es mir ein Anliegen ist, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, können Sie mir schon abnehmen. (SZ, 19.04.2011, „Wir sind gegen eine Quote“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT84::

Wir müssen unter Beweis stellen, dass wir es ernst meinen mit der Beschäftigung von Frauen. Wir stehen zum Beispiel nicht nur in München im Kampf um talentierte Frauen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen, und auf diesen Wettbewerb hat auch eine politische Vorgabe wenig Einfluss. Siemens muss sich hier beweisen und attraktiv für Bewerberinnen sein. Für Banken und Versicherer ist es sicher einfacher, Betriebswirtschaftlerinnen oder Juristinnen zu bekommen. Als Technologiekonzern suchen wir jedoch eher Maschinenbauerinnen oder Elektrotechnikerinnen, und da ist der Teich, in dem wir in Deutschland fischen, doch relativ klein. Gerade mal neun Prozent der Studienanfänger im Fach Elektrotechnik in Deutschland sind Frauen. (Die Welt, 16.09.2011, „Die Lage ist besser als die Stimmung“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT85::

Nein, ich bin nicht überzeugt von einer Frauenquote, sondern von einer Frauenförderung. Eine Quote schert alle Unternehmen über einen Kamm. Aber es ist nun einmal so, dass es manchen Branchen leichter fällt, weibliche Führungskräfte anzuziehen als anderen. BMW muss Frauen gerade in der technischen Berufsausbildung fördern, und das ist ungleich schwieriger, weil es dort weniger weibliche Interessenten gibt. Wir haben uns dazu verpflichtet, den Frauenanteil in den technischen Ausbildungsberufen auf 20 Prozent zu erhöhen, und haben bereits 18,5 Prozent erreicht. Bei den Akademikern, die zum Beispiel in unsere Management-Nachwuchsprogramme einsteigen, liegt der Frauenanteil schon bei über 35 Prozent. (FAZ, 29.05.2013, Wir holen junge Spanier nach München)

Akteur der verbalen Handlung: Milagros Caiña-Andree, Personalvorstand (BMW)

Der fünfte Prototyp der Forderungen an die Frauenförderung – Frauenförderung durch Selbstverpflichtung der Unternehmen – stellt die Frauenquote als letztes Mittel von Frauenförderungsmaßnahmen dar. Statt der Einführung einer gesetzlichen Frauenquote wird in den Medientexten die Verantwortung von Unternehmen in Form von selbstverpflichtendem eigenverantwortlichem Handeln betont. Insgesamt wurden neun Codings vorgenommen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden, während die Forderung im Medium Süddeutsche Zeitung nicht vorkommt. Der Aspekt wird in Bezug auf die BMW AG am häufigsten thematisiert. Bezüglich der Siemens AG wird er allerdings nicht zum Ausdruck gebracht (Tabelle 5.61).

Tab. 5.61 Frauenförderung durch Selbstverpflichtung der Unternehmen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Frauenförderung durch Selbstverpflichtung der Unternehmen des Codes Forderungen:

MT86::

Bloß keine Quote, bloß nichts Verbindliches. Diese Strategie der Konzerne geht auf: Am heutigen Montag werden die Personalverantwortlichen der 30 großen deutschen Unternehmen, die den Börsenleitindex Dax bilden, eine freiwillige Selbstverpflichtung vorlegen und damit die Regierung ruhig stellen. „Im Rahmen eines Spitzengesprächs mit den Bundesministerinnen Kristina Schröder, Ursula von der Leyen und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie Bundesminister Philipp Rösler“ hätten die Firmenvertreter „eine Übersicht verbindlicher Zielvorgaben für die jeweiligen Unternehmen“ übergeben. (Die Zeit, 16.01.2011, Für jeden Konzern eine eigene Quote)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Beim sechsten Prototyp der Forderungen an die Frauenförderung – Mehr Engagement bei der Wiedereingliederung von Frauen – wird die Forderung geäußert, dass sich Unternehmen mehr für Frauen nach einer Elternzeit engagieren sollten, indem Unternehmen mehr Arbeitszeit durch gute Betreuungsmöglichkeiten ermöglichen und die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Dies sollte gesamtgesellschaftlich umgesetzt werden und die Verantwortung nicht nur bei den Unternehmen liegen. Die Rollenwerte (Fillers) sind in den Medien FAZ und Die Welt gleich verteilt. Diese Forderung wird ausschließlich in Bezug auf die Siemens AG thematisiert.

Folgende Äußerung dient als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Mehr Engagement bei der Wiedereingliederung von Frauen des Codes Forderungen (Tabelle 5.62):

Tab. 5.62 Mehr Engagement bei der Wiedereingliederung von Frauen
MT87::

Nicht nur Siemens sucht nach den klügsten Köpfen. Da müssen wir uns natürlich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Und da kann es für junge Frauen, aber auch junge Männer durchaus ein Argument sein, zu uns zu kommen, weil wir einen Kinderbetreuungsplatz anbieten. (Die Welt, 16.09.2011, „Die Lage ist besser als die Stimmung“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Das Thema Frauenförderung erfährt in den untersuchten Unternehmenstexten (vgl. Abb. 5.18, S. 194) wie auch in den Medientexten (vgl. Abb. 5.27, S. 263) eine zunehmende relevante Behandlung über den Untersuchungszeitraum (1995–2014). Der thematischen Behandlung in den Unternehmens- und Medientexten über den Untersuchungszeitraum hinweg ist gemein, dass seit den Jahren 2009 und 2010 ein bedeutender Anstieg zu verzeichnen ist. In den Unternehmenstexten bleibt sie konstant hoch, während sie in den Medientexten einen signifikanten Anstieg 2010 verzeichnet und seit 2011 gemäßigt ansteigt.Footnote 28

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den Unternehmens- und Medientexten besteht darin, dass Handlungen ausführlich thematisiert werden. In den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten werden diese – wie in Abschnitt 5.2.3.4 vorgestellt – ausführlich von den Unternehmen (vor dem Hintergrund zur Schaffung eines positiven Selbstbilds) aufgeführt. In den Medientexten wird ebenfalls auf diverse Maßnahmen zur Frauenförderung eingegangen (vgl. dazu Abschnitt 5.3.1.3). Dies geschieht nicht in der thematischen Breite wie in den Unternehmenstexten, dafür aber in inhaltlicher Tiefe hinsichtlich einzelner Themen wie der Frauenquote, gerade in Bezug auf die damit zusammenhängenden Bewertungen (vgl. Abschnitt 5.3.1.4) und Forderungen. (vgl. Abschnitt 5.3.1.5).

Die Medientextanalyse gibt das Bild der in der Öffentlichkeit diskursiven Be- und Aushandlung von Frauenförderung im Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit wieder. In den Medientexten sind Kongruenzen sowie Kontrastierungen, Variationen und Elaborationen des Subthemas Frauenförderung sichtbar, beispielsweise in Bezug auf die Frauenquote. Die thematische Be- bzw. Aushandlung zu den Bewertungen von Frauenförderung zeigt, wie die Medientexte zueinander in Beziehung stehen: In dem Artikel „Es tut sich was“ (SZ, 07.02.2011) wird kritisiert, dass es nicht genügend Maßnahmen zur Förderung von Frauen gebe und daher Führungspositionen nicht mit Frauen besetzt würden. So kritisiert auch von der Leyen in dem Artikel den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen. Während in dem Artikel „Die Chefinnen der Zukunft“ (Die Zeit, 03.12.2004) der Textautor das Eigenengagement der Frauen lobt und feststellt, dass sie es dank ihres Könnens und ihres Willens in Führungspositionen geschafft haben. Dies zeigt, dass derselbe Slot bezüglich der Bewertungen von Frauenförderung kontrastiv spezifiziert wird.

Die Analyse der Medientexte zeigt, dass unternehmerisch wichtige Themen auch von der Gesellschaft medial reflektiert werden. Dazu zählen beispielsweise das Sicherstellen des Unternehmenserfolgs durch volles Ausschöpfen des Potenzials der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmergewinnung und -bindung sowie die Vermeidung des Verlusts von Arbeitnehmern (Zielzustand), die positive Betrachtung von Frauenförderung von Seiten der Unternehmen (Ursachen und übergeordneter Zusammenhang), diverse Maßnahmen, die auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie abzielen (Handlungen), die positive und negative Bewertung des Frauenanteils in Führungspositionen und der damit verbundenen Frauenquote sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (Bewertungen) und der Ruf nach mehr unternehmerischer bzw. staatlicher Frauenförderung in Form von unternehmerischem Engagement oder der Frauenquote (Forderungen).

5.3.2 Intertextuelle Kohärenzbeziehungen am Beispiel vom Kampf um Talente

Der Diskurs um den Kampf um Talente wird in den untersuchten Medientexten unter unterschiedlichen Aspekten geführt. Der Kampf um Talente thematisiert das Problem der Unternehmen, geeignetes Personal zu finden, insbesondere in Bezug auf junge, hoch qualifizierte Arbeitnehmer. Dabei stehen Unternehmen in Konkurrenz zueinander, um die besten Arbeitnehmer für sich zu gewinnen. Die Ursachen für den Kampf um Talente sind primär auf den demografischen Wandel zurückzuführen, da die geburtenstarken Jahrgänge in Rente sind oder in absehbarer Zeit gehen und aufgrund der niedrigen Geburtenrate nicht genügend Nachwuchskräfte, insbesondere in technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen, auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Aus der Medientextanalyse geht hervor, dass das Thema eine unternehmerische sowie gesamtgesellschaftliche Brisanz aufweist, da sich der demografische Wandel und die daraus resultierenden Probleme und Folgen wie der Fach- und Führungskräftemangel unmittelbar auf die Arbeitnehmer auswirken. Den Ergebnissen der Medientextanalyse nach wird das Thema Kampf um Talente – genau wie das Thema Frauenförderung – im Vergleich zur Analyse der Unternehmenstexte noch immer nicht in allen Bereichen unternehmerischen Handelns angewandt. Beispielsweise stellen die Unternehmen in ihren Unternehmenstexten ausführlich und detailliert ihre Maßnahmen zur Talentgewinnung vor, diese werden jedoch in den Medientexten kritisiert.

Das Thema Kampf um Talente ist – genau wie in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG – in den untersuchten Printmedientexten präsent und wird vielschichtig diskursiv behandelt. Das Thema Kampf um Talente wird in 65 von insgesamt 577 untersuchten Medientexten behandelt (FAZ: 27, SZ: 13, Die Welt: 16 und Die Zeit: 9). Die folgende Abbildung zeigt die Behandlung des Themas über den Untersuchungszeitraum:

Abb. 5.29
figure 29

Überblick über die Relevanz vom Kampf um Talente in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Abbildung 5.29 zeigt die thematische Behandlung des Kampfes um Talente in den Medientexten. Im Folgenden werden bedeutende historische sowie politische Ereignisse aufgezeigt, beispielsweise die Einführung von Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen, die den Kontext dafür bilden, in dem der Kampf um Talente im Rahmen eines auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Personalmanagements in den untersuchten Medientexten diskursiv be- bzw. ausgehandelt wird.

Die Beleuchtung der historischen Rahmenbedingungen ist bedeutend, um die Themenentwicklung in Bezug auf die einzelnen Unternehmen in den Medientexten über den Untersuchungszeitraum nachzuvollziehen und in der anschließenden Präsentation der Analyseergebnisse die thematischen intertextuellen Kohärenzbeziehungen in Bezug zum Kontext besser einordnen zu können. Dabei wird Tabelle 5.28 „Bedeutende politische Gesetze, Regelungen und Verordnungen zwischen 1995 und 2014“ berücksichtigt, die zu Beginn von Abschnitt 5.3 vorgestellt wurde.

Abbildung 5.29 zur Übersicht der thematischen Behandlung des Kampfes um Talente in den Medientexten lässt erkennen, dass das Thema über den gesamten Untersuchungszeitraum medial behandelt wird. In den ersten Jahren des Untersuchungszeitraums (1995–2002) wurde das Thema wenig in den Medien zum Ausdruck gebracht. Auffällig ist, dass es keine mediale Auseinandersetzung mit dem Kampf um Talente in vereinzelten Jahren gibt, so auch 1995, 2001, 2003 und 2004, auch wenn in diesen Jahren das Problem der Nachwuchsgewinnung, bedingt durch den demografischen Wandel, weiter bestehen bleibt. Teilweise wird das Thema ausschließlich in Bezug auf einzelne Unternehmen medial behandelt, so beispielsweise 2005 hinsichtlich der BMW AG und Siemens AG sowie 2007 in Bezug auf die Bayer AG und BMW AG.

In den ersten Jahren bis 2002 ist eine geringe mediale thematische Behandlung des Kampfes um Talente zu erkennen. In den 1990er Jahren vollziehen sich im Zusammenhang mit der New Economy Firmengründungen junger Unternehmen in den Zukunftsbranchen, von denen aber einige mit der Dotcom-Blase ihre Geschäftstätigkeit aufgeben müssen. Diese Entwicklung kann dazu geführt haben, dass die jungen Entrepreneure nach den negativen unternehmerischen Erfahrungen zurück in die großen, etablierten Unternehmen gegangen sind. Folglich wurde der Fach- und Führungskräftemangel in Bezug auf die untersuchten Unternehmen – im Gegensatz zu kleinen und mittleren Unternehmen – im medialen Diskurs weniger stark thematisiert.

Ein signifikanter Anstieg der thematischen Behandlung lässt sich 2005, 2007 und 2008 erkennen, was zugleich die Höchstwerte der thematischen Behandlung über den Untersuchungszeitraum hinweg darstellt. Im Jahr 2005 ist die thematische Behandlung mehr als zehnmal so hoch im Vergleich zum Jahr 2004. Zwischen den Jahren 2009 bis 2014 ist im Vergleich zur Mitte des Untersuchungszeitraums eine geringe thematische Behandlung des Kampfes um Talente in den Medientexten zu verzeichnen. Im Vergleich zum Jahr 2008 erfolgt im Jahr 2009 ein drastischer Rückgang der thematischen Behandlung des Kampfes um Talente um mehr als 60 %. In diesen Jahren ereignet sich die weltweite Bankenkrise und die damit zusammenhängende Rettung von verschiedenen Landesbanken in Deutschland. Daher ist zu vermuten, dass die Krise die Printmedien in Deutschland thematisch dominierte und andere Themen wie Fragen nach dem Kampf um Talente in Unternehmen zurückdrängte.

Im Jahr 2010 ist ein Anstieg der thematischen Behandlung der Nachwuchsgewinnung für Unternehmen zu verzeichnen, allerdings hält die Zeit der Krisen an: Neben der Wirtschaftskrise (2009) führt die Griechenland-Krise (2010) zu einer Schuldenkrise in mehreren europäischen Ländern. Der Wirtschaftsdiskurs wird in den folgenden Monaten und Jahren von den Krisen und Rettungsmechanismen dominiert, sodass andere Themen in den Hintergrund rücken. Dies erklärt auch den Rückgang der thematischen Behandlung der Nachwuchsgewinnung in Unternehmen seit 2009. Die thematische Behandlung des Kampfes um Talente ist un unterschiedlichem Maße präsent. Dennoch bleibt festzuhalten, dass das Thema in den Printmedientexten prominent und von Bedeutung ist – besonders vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse.

Für die Beantwortung der Frame-spezifischen Fragen, beispielsweise nach dem Zielzustand, den Handlungen und Bewertungen, im Zusammenhang von Nachhaltigkeit beim Kampf um Talente im Unternehmen wurden die Rollenwerte im Medientextkorpus ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Abbildung 5.30 zeigt die Signifikanz der Behandlung des Themas Kampf um Talente in den untersuchten Medientexten.

Abb. 5.30
figure 30

Jahresüberblick zum Kampf um Talente nach Slot in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

In Bezug auf den Kampf um Talente verzeichnen die Slots Handlungen und Forderungen im Vergleich zu den Slots Zielzustand, Ursachen und übergeordneter Zusammenhang und Bewertungen eine niedrige Anzahl thematisch relevanter Textpassagen. Die Forderungen erfahren einen Anstieg im Jahr 2008 und nehmen – genau wie die Handlungen – stetig zu. Die Slots Zielzustand, Ursachen und übergeordneter Zusammenhang sowie Bewertungen erfahren eine stärkere Thematisierung in den untersuchten Medientexten.

Im Folgenden werden die Ränge der ermittelten Prototypen, also der Subthemen, im Medientextkorpus zum Kampf um Talente in Bezug auf die untersuchungsrelevanten Unternehmen vorgestellt. Neben der Präsentation der Analyseergebnisse zur subthematischen Be- bzw. Aushandlung eines nachhaltigen Vorgehens bei der Talentgewinnung werden auch die Anzahl der kodierten Textstellen und Besonderheiten hinsichtlich der Thematisierung in den einzelnen Medien entsprechend der folgenden Reihenfolge vorgestellt:

  1. 1

    Zielzustand-Prototypen,

  2. 2

    Ursachen und übergeordneter Zusammenhang-Prototypen,

  3. 3

    Handlungen-Prototypen,

  4. 4

    Bewertungen-Prototypen sowie

  5. 5

    Forderungen-Prototypen.

In Bezug auf die thematischen intertextuellen Kohärenzbeziehungen zwischen den Printmedientexten sind Kongruenzen, Kontrastierungen, Variationen und Elaborationen des Subthemas Kampf um Talente sichtbar. Die Analyseergebnisse zeigen Slots, die kongruent, aber auch kontrastiv sowie in thematischer Variation und Elaboration belegt werden.

5.3.2.1 Zielzustand-Prototypen

Im Folgenden sind die Analyseergebnisse zum Zielzustand hinsichtlich des Kampfes um Talente sowie die Anzahl der kodierten Textstellen in Tabelle 5.63 aufgeführt.

Tab. 5.63 Prototypen von Zielzustand zum Kampf um Talente in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

In Tabelle 5.63 ist nur ein Prototyp zum Code Zielzustand aufgeführt, der im Zusammenhang mit dem Kampf um Talente in den Medientexten thematisiert wird: Erhalt und Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. Aus den untersuchten Medientexten geht hervor, dass die Unternehmen bei der Talentgewinnung ein positives Selbstbild schaffen möchten, um bei potenziellen Arbeitnehmern, insbesondere bei hoch qualifizierten Absolventen, aber auch bei Mitarbeitern als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Durch dieses Vorgehen versprechen sich die Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber unmittelbaren Konkurrenten, aber auch branchenübergreifend. Insgesamt sind 108 Codings zu verzeichnen, wobei die meisten Rollenwerte (Fillers) im Medium FAZ auftreten. Die Thematisierung der Arbeitgeberattraktivität erfolgt auffällig stark in Bezug auf die BMW AG (Tabelle 5.64).

Tab. 5.64 Erhalt und Steigerung der Arbeitgeberattraktivität

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Erhalt und Steigerung der Arbeitgeberattraktivität des Codes Zielzustand:

MT88::

Wir wollen einer der attraktivsten Arbeitgeber bleiben. Das geht vom Produkt bis zum Entgelt. (SZ, 11.01.2008, BMW ist nach wie vor sexy)

Akteur der verbalen Handlung: Ernst Baumann, Personalvorstand (BMW AG)

MT89::

Wissensmanagement ist nicht mehr nur ein Mittel, um ein Unternehmen produktiver zu machen – der wertschöpfende Umgang mit Wissen macht Unternehmen auch im Wettbewerb um neue Mitarbeiter attraktiv. (FAZ, 21.06.1999, Informationstechnik beim Wissensmanagement überbewertet)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT90::

Wir müssen bei der Hochschulförderung und Ausbildung aktiv mitwirken, um junge Menschen gewinnen zu können. (Die Welt, 02.10.2012, Mehr als nur Turbinen und Waggons)

Akteur der verbalen Handlung: Eduard Janßen, Werksleiter am Görlitzer Standort (Bombardier)

5.3.2.2 Ursachen und übergeordneter Zusammenhang-Prototypen

Die Ränge der ermittelten Prototypen von den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang in Bezug auf den Kampf um Talente sowie die Anzahl der kodierten Textstellen im Medientextkorpus sind in der folgenden Tabelle aufgeführt.

Tab. 5.65 Prototypen von Ursachen und übergeordnetem Zusammenhang zum Kampf um Talente in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Tabelle 5.65 zeigt unterschiedliche Prototypen zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang. Aus der Tabelle geht hervor, dass der erste Prototyp Arbeitgeber- und Standortattraktivität Deutschlands am häufigsten kodiert wurde. Der erste Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs der Talentförderung beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen, die die Attraktivität von Unternehmen und des Standorts Deutschland bewirken, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Arbeitgeber versuchen durch ihre Maßnahmen wie Führungskräfteförderung für potenzielle Arbeitnehmer auch in Krisenzeiten attraktiv zu sein, um ihren Fachkräftebedarf zu decken. Vorrangig sind die Rollenwerte im Medium FAZ (13) zu finden. Dort wird der Prototyp als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während er in dem Medium Die Zeit nicht thematisiert wird. Außerdem ist auffällig, dass das Thema in den Medientexten in Zusammenhang mit der BMW AG am häufigsten thematisiert wird und in Bezug auf die Bayer AG und Siemens AG nicht behandelt wird (Tabelle 5.66).

Tab. 5.66 Arbeitgeber- und Standortattraktivität Deutschlands

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Arbeitgeber- und Standortattraktivität Deutschlands positiv des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT91::

Im so genannten „War for Talent“, dem Wettbewerb um die Besten, hängt viel davon ab, wie sich ein Arbeitgeber seinen künftigen Mitarbeitern präsentiert. Um die zum Unternehmen passenden Mitarbeiter zu finden und langfristig an sich zu binden, müssen sich die Firmen als attraktive Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt positionieren. Denn für Berufseinsteiger ist längst nicht mehr nur das Gehalt entscheidend. Nach einer Studie von Kienbaum sind für Berufseinsteiger vor allem Entwicklungsperspektiven, ein kollegiales Umfeld und eine gute Work-Life-Balance wichtig. Ein Konzern wie Google, der laut verschiedenen Studien der Wunscharbeitgeber für junge Absolventen ist, hat sich auf die Wünsche seiner Mitarbeiter bereits eingestellt. (Die Welt, 02.07.2011, Der Arbeitgeber als Marke)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT92::

Gutes Führungspersonal ist ein knappes Gut und wird sich in Zukunft noch weiter verknappen. Obwohl dieser Umstand den Unternehmenslenkern bewusst und die Klage darüber allerorts zu hören ist, belegt die aktuelle Studie eindeutig, dass ein Großteil des Problems hausgemacht ist. Die aufwendigsten Recruitingaktivitäten, die höchsten Gehälter oder besten Förderprogramme tragen nur ungenügend Früchte, wenn Unternehmen es versäumen, die internen Strukturen für eine systematische Identifizierung, Entwicklung und Verwendung ihrer Führungskräfte von morgen zu etablieren. (FAZ, 02.09.2008, Hausgemachter Mangel)

Akteur der verbalen Handlung: Franz-Josef Seidensticker, Managing Director (Bain & Company)

MT93::

Dennoch, Löscher wagt es, damit ein Thema öffentlich zu adressieren, das in den Unternehmen zumeist hinter verschlossener Tür diskutiert wird: die Güte der Führungskräfte. Und auf sie kommt es an. Die richtige Kraft an der richtigen Position – das ist nach Ansicht der meisten Unternehmenslenker heute die wichtigste Voraussetzung für nachhaltigen Unternehmenserfolg. (FAZ, 22.09.2008, Hausgemachter Mangel)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT94::

Wir hatten in unserem Werk in Dingolfing eine Produktionsstraße eingerichtet, an der Mitarbeiter mit einem Altersquerschnitt arbeiteten, wie er dem der Belegschaft im Jahr 2017 entspricht. Dort konnten wir ausprobieren, wie wir mit einer älter werdenden Belegschaft umgehen müssen. Das betrifft alle Bereiche: Arbeitszeit, Kommunikation, Gesundheit, Coaching oder etwa die Einrichtung ergonomischer Arbeitsplätze. Es gab Lupen, um kleine Schrift zu entziffern, eine Sprossenwand, an der man sich in der Pause strecken konnte, und einen Schuhmacher, der die Arbeitsschuhe individuell anpasste. Die Haupterkenntnis war, dass eine alternde Belegschaft mindestens ebenso gute Qualität bei gleich bleibender Produktivität liefern kann, wenn man die richtigen Voraussetzungen schafft. Jetzt dehnen wir dieses Projekt auf unsere gesamte Werklandschaft aus. (Die Welt, 26.02.2011, „Die Verwirklichung individueller Wünsche wird wichtiger“)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

Beim zweiten Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Kampfes um Talente – Deutschland ist unattraktiver Standort – wird Deutschland als unattraktiver Standort thematisiert, indem die Unternehmen hinsichtlich ihrer Maßnahmen zur Talentgewinnung und Bekämpfung des Fachkräfte- und Führungskräftemangels kritisiert werden, aber auch die bürokratischen Hürden des Staates. Insgesamt wurden 21 Textstellen kodiert, wobei die meisten Rollenwerte im Medium Die Welt zu finden sind. Besonders auffällig wird das Thema in Bezug auf die BMW AG angesprochen, wohingegen es hinsichtlich der Bayer AG nicht behandelt wird (Tabelle 5.67).

Tab. 5.67 Deutschland ist unattraktiver Standort

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Deutschland ist unattraktiver Standort des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT95::

Gegen eine Arbeitsaufnahme in Deutschland sprechen vor allem die ausufernde Bürokratie […], aber auch die schwierige Integration und Steuern. Bürokratische Hürden werden immer wieder als Hinderungsgrund empfunden. Dazu gehören die komplizierten Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen. (SZ, 07.03.2006, Die Kraft der zwei Wahrheiten)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT96::

Nachwuchsförderung, Talentsuche, die Entwicklung von Führungskräften – das sind Kernaufgaben für deutsche Personalabteilungen. Aber offensichtlich haben die Personalchefs in deutschen Firmen noch erheblichen Nachholbedarf. (Die Welt, 21.06.2013, …und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der dritte Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Kampfes um Talente – Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel – belegt die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel in der Öffentlichkeit. Insgesamt sind 17 Codings zu verzeichnen, von denen die meisten in den Medien FAZ und Die Zeit vorkommen, wohingegen in dem Medium Die Welt das Thema nicht aufgegriffen wird. In Bezug auf die Bayer AG und Siemens AG wird das Thema gleichermaßen oft behandelt (Tabelle 5.68).

Tab. 5.68 Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Veränderte Situation am Arbeitsmarkt sowie Umbrüche in der Branche verantwortlich für Personalmangel des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT97::

Die schrumpfende Zahl junger Menschen in den westlichen Ländern und die steigende Nachfrage nach Mitarbeitern in den boomenden Schwellenländern machen die Suche nach Spitzenkräften in Zukunft keineswegs leichter. (SZ, 02.06.2008, Ist der Ruf erst ruiniert…).

Akteur der verbalen Handlung: Boston Consulting Group

MT98::

Wer sucht, der findet. Doch schon in wenigen Jahren wird sich die Situation am Arbeitsmarkt dramatisch ändern. Zwischen 2015 und 2025 werden viele der Baby-Boomer-Generation in Rente gehen, gleichzeitig wird die Zahl der Hochschulabsolventen sinken. Und dann droht ein massiver Mangel an Nachwuchs- und Führungskräften, da sind sich die Experten einig. Den Kampf um die klügsten Köpfe entscheidet letztlich für sich, wer als Top-Arbeitgeber punkten kann. (Die Welt, 24.02.2007, Die Suche nach der Führungselite. Schätze aus dem Goldfischteich)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Beim vierten Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Kampfes um Talente – Globale Vernetzung dient als Personalquelle – wird die Talentgewinnung von ausländischen Arbeitnehmern thematisiert, die dem Fach- und Führungskräftemangel infolge des demografischen Wandels entgegenwirken sollen. Die positiven Aspekte der Talentgewinnung aus dem Ausland werden in Zusammenhang mit einer positiven unternehmerischen Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen geäußert. Es wurden insgesamt 15 Codings vorgenommen, wobei der Aspekt nicht in dem Medium Die Zeit behandelt wird (Tabelle 5.69).

Tab. 5.69 Globale Vernetzung dient als Personalquelle

Folgende Äußerung dient als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Globale Vernetzung dient als Personalquelle des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT99::

Wir werden unsere Mitarbeiter noch globaler rekrutieren müssen, um die besten Köpfe zu haben. (SZ, 17.04.2010, Kampf um die Köpfe)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

5.3.2.3 Handlungen-Prototypen

Basierend auf der Frame-spezifischen Frage nach den Handlungen, die zum erwünschten Zustand von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ führen sollen, wurden die Rollenwerte im Medientextkorpus ermittelt, aus denen die folgenden Prototypen eruiert wurden. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Handlungen in Bezug auf den Kampf um Talente sowie die Anzahl der kodierten Textstellen werden in Tabelle 5.70 aufgeführt.

Tab. 5.70 Prototypen von Handlungen zum Kampf um Talente in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.70 sind drei Prototypen zu den Handlungen abzulesen. Die Prototypen der Handlungen des Kampfes um Talente – Finanzielle Anreizsysteme wie die Steigerung des Gehalts, Attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen und Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung – thematisieren unternehmerische Programme und Initiativen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität in Form von interessanten Vergütungssystemen sowie Entwicklungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer. Die Prototypen werden im Vergleich zu den in den Unternehmenstexten vorgestellten Handlungen in den Medientexten wenig thematisiert und weisen geringe Kodierungen auf. Auffallend geringe Rollenwerte (Fillers) sind in Bezug auf die Bayer AG aufzufinden. In den untersuchten Medien SZ und Die Zeit werden die Handlungen nicht thematisiert (Tabelle 5.71, 5.72 und 5.73).

Tab. 5.71 Finanzielle Anreizsysteme wie die Steigerung des Gehalts
Tab. 5.72 Attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen
Tab. 5.73 Maßnahmen zur Fort- und Weiterbldung

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen der Prototypen Finanzielle Anreizsysteme wie die Steigerung des Gehalts, Attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung des Codes Handlungen:

MT100::

In fünf Punkte fasst der Personalvorstand sein Streben zusammen: Image, Entwicklungsfähigkeit, Entgelt, Beschäftigungssicherheit und Work-Life-Balance. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Mitarbeiter, ob jung oder alt, regelmäßig die Möglichkeit zur Veränderung und Fortentwicklung haben. (FAZ, 28.04.2007, BMW: Erfolg macht sexy)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT101::

Um die Talente von morgen zu finden, setzt auch der Leverkusener Chemieriese Bayer heute auf eine weltweit einheitliche Strategie, strukturierte seine Human-Resources-Abteilung dafür komplett um. Einmal jährlich kommen weltweit Führungskräfte zu sogenannten „talent conferences“ zusammen, um über ihre Goldfische zu diskutieren. […] Kandidaten, die die Königsmacher für gut genug halten, bekommen eine Einladung zu einem Development Center. (Die Welt, 24.02.2007, Die Suche nach der Führungselite. Schätze aus dem Goldfischteich)

Akteur der verbalen Handlung: Wolfgang Böckly, Leiter Personal (Bayer AG)

5.3.2.4 Bewertungen-Prototypen

Als Antworten auf die Frame-spezifische Frage nach den Bewertungen wurden verschiedene Rollenwerte in den Medientexten ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Bewertungen des Kampfes um Talente sowie die Anzahl der kodierten Textstellen sind in Tabelle 5.74 dargestellt:

Tab. 5.74 Prototypen von Bewertungen zum Kampf um Talente in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.74 geht hervor, dass in den untersuchten Texten einerseits die Kritik an Maßnahmen im Kampf um Talente zum Ausdruck gebracht wird und andererseits positive Bewertungen zu den Maßnahmen der Talentgewinnung geäußert werden. Der wichtigste Prototyp ist Deutschland als Standort ist unattraktiv für die Talentgewinnung. Der erste Prototyp der Bewertungen zur Talentgewinnung kritisiert, dass Deutschland im globalen Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte nicht attraktiv genug ist. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Welt zu finden. Dort wird es als die wichtigste Bewertung angesehen. Außerdem wird dieser Aspekt am häufigsten in Bezug die Siemens AG thematisiert (Tabelle 5.75).

Tab. 5.75 Deutschland als Standort ist unattraktiv für die Talentgewinnung

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Deutschland als Standort ist unattraktiv für die Talentgewinnung des Codes Bewertungen:

MT102::

Die Politik insgesamt erliegt immer wieder der Versuchung, Handlungsmöglichkeiten und Versprechungen vorzuführen, die weder existieren noch einzulösen sind. (Die Zeit, 26.01.1996, Notfalls am Tarifvertrag vorbei)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur

MT103::

Der einstige Vorsprung der Deutschen an technischer Intelligenz und an Kreativität ist geschrumpft und häufig in sein Gegenteil umgeschlagen. Die Zeit, 26.01.1996, Notfalls am Tarifvertrag vorbei)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der zweite Prototyp der Bewertungen der Talentgewinnung – Maßnahmen zur Gewinnung von Talenten durch Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sichert Arbeitsplätze und macht Deutschland zu einem attraktiven Standort – betont die positiven Auswirkungen der Maßnahmen zur Talentgewinnung. In diesem Zusammenhang wird der positive Aspekt von Programmen und Maßnahmen im Kampf um Talente thematisiert. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium SZ zu finden. Dort wird es als die wichtigste Bewertung angesehen, während es im Medium Die Welt nicht thematisiert wird (Tabelle 5.76).

Tab. 5.76 Maßnahmen zur Gewinnung von Talenten durch Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sichert Arbeitsplätze und macht Deutschland zu einem attraktiven Standort

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Maßnahmen zur Gewinnung von Talenten durch Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sichert Arbeitsplätze und macht Deutschland zu einem attraktiven Standort des Codes Bewertungen:

MT104::

Wer in der Gunst der Mitarbeiter punkten kann, verschafft sich also einen klaren Wettbewerbsvorteil. (Die Welt, 24.04.2010, Bei Anruf Job)

Akteur der verbalen Handlung: Prof. Wolfgang Jäger, Fachbereich Design, Informatik, Medien (Hochschule RheinMain)

MT105::

Weil es immer schwerer wird, gute Mitarbeiter zu bekommen, haben schon in der jüngsten Krise die meisten Unternehmen versucht, ihre Beschäftigten über Kurzarbeit zu halten statt sie zu entlassen. Vielen Unternehmen ist durch Demographieberater erst in diesen Wochen klar geworden, wie gefährlich ihr innerbetrieblicher Altersaufbau ist und wie wenig sie auf die zunehmende Alterung der Belegschaft eingestellt sind. Altersstruktursimulationen ergeben für viele Unternehmen, dass sie das steigende Durchschnittsalter ihrer Belegschaften nicht einmal mehr aufhalten, geschweige denn senken können. (FAZ, 21.08.2010, Jenseits der 50)

Akteur der verbalen Handlung: Ernst Baumann, Personalvorstand (BMW AG)

Der dritte Prototyp der Bewertungen der Frauenförderung – Positive Bewertung von Maßnahmen zur Talentgewinnung – thematisiert die unternehmerischen Maßnahmen im Kampf um Talente. Diese sollen durch attraktive Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen angesprochen werden. Hier werden Aufstiegschancen über die Inhouse-Beratungsfirmen vorgestellt, bei denen neben einer fachlichen Qualifikation auch Führungsaufgaben zentral sind. Dieser Prototyp wird in den Medientexten geringfügig thematisiert. Die einzigen Rollenwerte (Fillers) sind in den Medien FAZ und SZ sowie in Bezug auf die Siemens AG zu finden (Tabelle 5.77).

Tab. 5.77 Positive Bewertung von Maßnahmen zur Talentgewinnung

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Positive Bewertung von Maßnahmen zur Talentgewinnung des Codes Bewertungen:

MT106::

Der Einstieg ins Inhouse-Consulting bietet die steile Lernkurve einer Beratung plus anschließender Linienverantwortung. (FAZ, 23.07.2005, Beratung, die von innen kommt)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT107::

Wir haben mit diesem Verfahren bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. (FAZ, 05.08.2000, Auf Dauer geht's nur gut, wenn die Chemie stimmt)

Akteur der verbalen Handlung: Jim Broome, Zentralabteilung Personal (Siemens AG)

5.3.2.5 Forderungen-Prototypen

Zur Beantwortung der Frame-spezifischen Frage nach den Forderungen für die Zukunft wurden die Rollenwerte ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Forderungen in Bezug auf den Kampf um Talente sowie die Anzahl der kodierten Textstellen werden in Tabelle 5.78 aufgeführt.

Tab. 5.78 Prototypen von Forderungen zum Kampf um Talente in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.78 lassen sich die unterschiedlichen Prototypen zu den Forderungen erkennen. Als dominant im Diskurs gilt der Prototyp Talentsuche im eigenen Unternehmen, insbesondere zur Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses. Der erste Prototyp der Forderungen zur Talentförderung thematisiert den Aspekt, dass sich Unternehmen in Bezug auf ihre Maßnahmen zur Gewinnung von Talenten stärker darauf konzentrieren sollten, Führungspositionen aus den eigenen Reihen zu besetzen. In diesem Zusammenhang wird auch betont, dass Frauen für Führungspositionen berücksichtigt werden sollten. Insgesamt wurden 9 Codings vorgenommen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind in den Medien FAZ und Die Zeit zu finden, während der Prototyp in den Medien SZ und Die Welt nicht vorkommt. In Bezug auf die Unternehmen wird die Forderung gleich häufig thematisiert (Tabelle 5.79).

Tab. 5.79 Talentsuche im eigenen Unternehmen, insbesondere zur Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Talentsuche im eigenen Unternehmen, insbesondere zur Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses des Codes Forderungen:

MT108::

Daß Eigengewächse gegenüber Fremdeinkäufen bevorzugt werden, mag man unterschiedlich bewerten. Unternehmen, jedoch, die wie Siemens dieses Ziel verfolgen, tun gut daran, in die Entwicklung eigener Mitarbeiter zu investieren und dieser Entwicklung gebührend Aufmerksamkeit zu zollen. (FAZ, 22.05.1999, Den Goldfischteich stets mit den richtigen Kandidaten füllen)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT109::

Führungskräfte sollen Patenschaften für einzelne Mitarbeiterinnen übernehmen, wie sie in Sachen Qualifizierung beraten und darüber wachen, daß sie im Rennen sind, wenn es um Beförderungen geht. (Die Zeit, 24.10.1997, Sackgasse Teilzeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der zweite Prototyp der Forderungen an die Talentförderung – Ruf nach effizienteren Talent-Management-Prozessen – thematisiert den Ruf nach besseren Maßnahmen und Aktivitäten seitens der Unternehmen zur Gewinnung von Talenten. Die Rollenwerte (Fillers) sind ausschließlich im Medium FAZ zu finden, wohingegen das Thema in den Medien SZ, Die Welt und Die Zeit nicht thematisch behandelt wird. Das Thema wird in Bezug auf die BMW AG und Siemens AG zum Ausdruck gebracht, während es bezüglich der Bayer AG nicht behandelt wird (Tabelle 5.80).

Tab. 5.80 Ruf nach effizienteren Talent-Management-Prozessen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Ruf nach effizienteren Talent-Management-Prozessen des Codes Forderungen:

MT110::

Sollten die Sirenen des Fachkräftemangels einen Funken mehr Wahrheit in sich tragen als ein Märchen, dann müsste es doch in einer gemeinsamen Initiative aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gelingen, schon möglichst bald die zur Deckung dieser Lücke zusätzlich benötigten Ausbildungskapazitäten im mittleren Ausbildungssegment bereitzustellen. (FAZ, 28.01.2008, Das Märchen vom Fachkräftemangel)

Akteur der verbalen Handlung: Marcus Kottmann, Leiter des NRW-Zentrum für Talentförderung (Westfälische Hochschule Gelsenkirchen), und Bernd Kriegsmann, Prof. für Unternehmensführung (Westfälische Hochschule Gelsenkirchen)

MT111::

Die erfolgskritischen Positionen klar zu definieren, damit beginnt ein effizienter Talent-Management-Prozess. Denn eine konsequente Ausrichtung des gesamten Prozesses auf diese Positionen reduziert die Komplexität und sichert größtmöglichen Erfolg. Viele Unternehmen neigen dazu, aufgrund fehlender oder falscher Bewertungsstandards die Art und Anzahl der erfolgskritischen Positionen falsch und zu hoch einzuschätzen. Um die nötige Trennschärfe zu erreichen, müssen Führungspositionen auf ihren tatsächlichen Einfluss auf das Gesamtgeschäft untersucht werden. Die Kenngrößen variieren je nach Unternehmenstyp und Branche. Neben dem Geschäftsergebnis, strategischer und operativer Verantwortung können auch Zugang zu Kundennetzwerken oder Beiträge zur Mitarbeiterentwicklung von Bedeutung für den nachhaltigen Unternehmenserfolg sein. (FAZ, 22.09.2008, Hausgemachter Mangel)

Akteur der verbalen Handlung: Franz-Josef Seidensticker, Managing Director (Bain & Company)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Das Thema Kampf um Talente erfährt in den untersuchten Unternehmenstexten (vgl. Abb. 5.19, S. 202) und in den Medientexten (vgl. Abb. 5.29, S. 307) eine zunehmende relevante Behandlung über den Untersuchungszeitraum hinweg (1995–2014). Der thematischen Behandlung in den Unternehmens- und Medientexten über den Untersuchungszeitraum hinweg ist gemein, dass seit den Jahren 2005 und 2006 ein signifikanter Anstieg zu erkennen ist. Während das Thema in den Unternehmenstexten bis zum Ende des Untersuchungszeitraums konstant präsent ist, erfährt es in den Medientexten im Jahr 2009 einen signifikanten Rückgang, um dann noch einmal anzusteigen – allerdings nicht so stark wie 2005.Footnote 29

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den Unternehmens- und Medientexten besteht darin, dass der Zielzustand und die Ursachen ausführlich thematisiert werden. In den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten werden diese ausführlich von den Unternehmen aufgeführt, um ein positives Selbstbild im Sinne der Arbeitgeberattraktivität zu schaffen (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.1 und Abschnitt 5.2.3.2). In den Medientexten wird in thematischer Breite auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang eingegangen (vgl. dazu Abschnitt 5.3.2.2).

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Unternehmens- und Medientextkorpus besteht hinsichtlich der Handlungen. Diese werden in den Unternehmenstexten in inhaltlicher Tiefe vorgestellt (vgl. Abschnitt 5.2.3.4). In den Medientexten erfahren sie kaum Beachtung. Dagegen werden einzelne Themen wie unternehmerische und staatliche Maßnahmen in Bezug auf die Bewertungen (vgl. Abschnitt 5.3.2.4) und Forderungen (vgl. Abschnitt 5.3.2.5) medial behandelt.

Die Medientextanalyse gibt das Bild der in der Öffentlichkeit diskursiven Be- und Aushandlung des Kampfes um Talente im Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit wieder. Die Analyseergebnisse zeigen Slots, die kongruent, aber auch kontrastiv, variiert und elaboriert belegt werden, beispielsweise die Bewertungen in Bezug auf unternehmerische Maßnahmen.

Die Analyse der Medientexte zeigt, dass für die Unternehmen wichtige Themen wie die Sicherung der Nachwuchskräfte auch von der Öffentlichkeit in den Printmedientexten behandelt werden. Dazu zählen beispielsweise das Sicherstellen des Unternehmenserfolgs durch die Arbeitnehmergewinnung und -bindung sowie die Vermeidung des Verlusts von Arbeitnehmern (Zielzustand), die positive Bewertung des eigenen Unternehmens bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme (Ursachen und übergeordneter Zusammenhang), diverse Maßnahmen, die auf die Talentgewinnung abzielen (Handlungen), die positive und negative Kritik von unternehmerischen Maßnahmen (Bewertungen) sowie der Ruf nach mehr unternehmerischem und staatlichem Engagement (Forderungen).

5.3.3 Intertextuelle Kohärenzbeziehungen am Beispiel vom Führungsstil

Der Diskurs um den Führungsstil wird unter unterschiedlichen Aspekten geführt. Die Rolle von Führungspersönlichkeiten geht über die des Vorgesetzten gegenüber seinen Mitarbeitern hinaus: Führungskräfte sind auch Vertrauensperson, Coach oder Ansprechpartner für Mitarbeiter und ihre Anliegen sowie in herausfordernden Konfliktsituationen. Den Ergebnissen der Medientextanalyse nach ist das Thema für zahlreiche Personen im unternehmerischen Handeln zentral, da der Führungsstil Einfluss auf das psychische und gesundheitliche Befinden von Arbeitnehmern, den Führungspersönlichkeiten selbst und ihren Vorgesetzten hat.

Aus den Ergebnissen der Medientextanalyse geht hervor, dass das Thema Führungsstil in vielen Bereichen unternehmerischen Handelns Beachtung findet. Beispielsweise werden die Themen Führungsstil sowie Führungsqualitäten von Managern in Bezug auf die Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Kompetenzen und Motivation durch Vergütungsanreize beleuchtet.

Das Thema Führungsstil ist – genau wie in den untersuchten Unternehmenstexten der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG (vgl. dazu Abschnitt 5.2) – in den untersuchten Printmedientexten präsent und wird vielschichtig diskursiv behandelt. Die Themen Führungsstil und Führungsqualitäten von Managern werden in 130 von insgesamt 577 untersuchten Medientexten behandelt (FAZ: 38, SZ: 28, Die Welt: 27 und Die Zeit: 37). Die folgende Abbildung zeigt die Behandlung des Themas über den Untersuchungszeitraum:

Abb. 5.31
figure 31

Überblick über die Relevanz vom Führungsstil in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Abbildung 5.31 zeigt die thematische Behandlung des Führungsstils in den Medientexten. Im Folgenden werden bedeutende historische sowie politische Ereignisse aufgezeigt, zum Beispiel die Einführung von Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen, die den Kontext dafür bilden, in dem der Führungsstil und das Führungsverhalten von Managern im Rahmen eines auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Personalmanagements in den untersuchten Medientexten diskursiv be- bzw. ausgehandelt wird. Tabelle 5.28 (S. 257) gibt einen Überblick über bedeutende historische Ereignisse, auf die bereits in Abschnitt 5.2.3.4 in Bezug auf die Handlungen in den Unternehmenstexten eingegangen wurde.

Führungskräfte sind für die ihnen unterstellten Mitarbeiter verantwortlich. In diesem Zusammenhang beachten Führungskräfte eine Vielzahl von Gesetzen, Regelungen und Vorschriften, beispielsweise das Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz, das Infektionsschutzgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz, das Mutterschutzgesetz, die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung, die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge und die Gefahrstoffverordnung. Diese Gesetze und Vorschriften sind für die Führungskräfte von Bedeutung. Allerdings wird im Folgenden nicht näher auf sie eingegangen, weil sie für die vorliegende Arbeit nicht relevant sind. Vielmehr stehen die historischen Ereignisse hinsichtlich gesamtwirtschaftlicher und wirtschaftskultureller Aspekte im Vordergrund, da sie maßgeblich Einfluss auf die Führungspersönlichkeiten und folglich den Führungsstil haben. Dazu zählen beispielsweise Krisen und wirtschaftspolitische Vorstellungen, die in Tabelle 5.28 aufgeführt wurden und an dieser Stelle in Beziehung zu der thematischen Behandlung des Führungsstils in den Medientexten über den Untersuchungszeitraum gesetzt werden.

Im Folgenden wird der historische Kontext näher beleuchtet, um die Themenentwicklung in Bezug auf die einzelnen Unternehmen in den Medientexten über den Untersuchungszeitraum hinweg nachvollziehen und in der anschließenden Präsentation der Analyseergebnisse die thematischen intertextuellen Kohärenzbeziehungen besser einordnen zu können. Abbildung 5.31 zur Übersicht der thematischen Behandlung des Führungsstils in den Medientexten lässt erkennen, dass das Thema im ersten Jahr des Untersuchungszeitraums (1995) nicht thematisiert wird. In den Jahren 1996 bis 2001 erfolgt eine stetige Behandlung des Themas Führungsstil in den Medientexten, wobei in den Jahren 1997 und 2000 ein signifikanter Anstieg der thematischen Behandlung zu erkennen ist. Für die wirtschaftliche Entwicklung in den 1990er Jahren ist die New Economy ein Schlüsselbegriff. Die New Economy bezeichnet eine Wirtschaftsweise, die weniger auf Massenproduktion und mehr auf Zukunftstechnologien in der Informations- und Kommunikationsbranche, Multimedia sowie webbasierte Güter wie Software und Musik ausgerichtet ist. Charakteristisch für diese Wirtschaftsweise sind Firmengründungen im digitalen Bereich. Eine Vielzahl von Geschäftsmodellen sowie der Handel mit Penny Stocks endete jedoch in der Hochzeit mit der Dotcom-Blase. Nachdem sich Mitte der 1990er Jahre die New Economy gesamtwirtschaftlich in den USA etabliert hatte, breitete sie sich auch auf andere Wirtschaftsräume aus. So wurde 1997 der Neue Markt an der Deutschen Börse gestartet, der den Bereich der Deutschen Börse abbildet, der nach dem Vorbild der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ eingerichtet wurde und als Aktienindex die „Neuen Technologien“ sowie junge Unternehmen in den Zukunftsbranchen widerspiegelt. Dadurch bekamen insbesondere junge Unternehmen über einen Börsengang die Möglichkeit zur Eigenkapitelfinanzierung. Ein wichtiger Unterschied zwischen der New Economy und der Old Economy sind die verschiedenen Gründer- und Führungspersönlichkeiten sowie deren Vorstellungen zur Arbeitswelt und zu den Hierarchieformen in Unternehmen. Dies kann als Grund für die zunehmende thematische Behandlung des Führungsstils im Jahr 1997 herangezogen werden.

Für das Jahr 1998 ist das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich zu nennen, das Aktiengesellschaften den zuvor untersagten Erwerb eigener Aktien unter bestimmten Bedingungen erlaubt. In den untersuchten Unternehmenstexten werden spezifische Programme zur Beteiligung von Führungskräften an Aktienprogrammen vorgestellt:

Verschiedene Aktienbeteiligungsprogramme ermöglichen unseren Beschäftigten den vergünstigten Erwerb von Unternehmensanteilen. Sie ergänzen in zahlreichen Ländern unsere umfangreichen Zusatzleistungen und sind für weltweit fast 60 Prozent der Beschäftigten eine weitere Möglichkeit, am Unternehmen und seinem wirtschaftlichen Erfolg teilzuhaben. (Bayer AG NB 2009: 72)

Die Europäische Zentralbank ersetzt das Europäische Währungsinstitut, das die Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung vorbereitet. Der Euro wird 1999 in elf Staaten der EU als Buchgeld eingeführt. Mit dem Strukturwandel und der Technisierung gewinnen der Tertiär- (Dienstleistungs-) und der Quartärsektor (Informationssektor) zunehmend an Bedeutung, was auf die technischen Entwicklungen zurückzuführen ist. Dies bewirkt, dass mehr Arbeitsverhältnisse in der Dienstleistungs- und Informationsbranche angesiedelt sind und folglich ein stärkerer Fokus auf das Humankapital gelegt wird.

Seit dem Jahr 2002 wird das Thema Führungsstil und Führungsqualitäten zunehmend in den untersuchten Medientexten behandelt, mit signifikanten Ausschlägen in den Jahren 2002, 2003 und 2006. Im Jahr 2002 ist die thematische Behandlung doppelt so hoch im Vergleich zum Jahr 2000. Im Jahr 2006 ist der Anstieg fast dreimal so hoch im Vergleich zum Jahr 2000.

In diesen Zeitraum fällt die Schließung des Neuen Markts an der Börse (2003). Im Jahr 2005 vollzieht sich der Stellenabbau besonders stark, beispielsweise bei der Siemens AG, Deutschen Bank oder Opel, was zum Anstieg der Arbeitslosenquote führt. Im Jahr 2006 kommt es zur Immobilienkrise in den USA, die sich auf günstige Häuserkredite mit dem Ziel der Wachstumssteigerung zurückführen lässt. Die Kredite werden jedoch auch denjenigen gewährt, die allein auf die Wertsteigerung ihrer Häuser setzen – ohne die Kredite bedienen zu können. Als die Kreditzinsen ansteigen, platzt die Immobilienblase und die Preise fallen. Die zunehmende Liberalisierung sowie Verflechtung der Märkte und damit zusammenhängend auch der Gesellschaften bewirkt einen globalen Marktdruck, um das Bestehen im internationalen Wettbewerb sichern zu können, was seitens der Unternehmen Innovationsfähigkeit und Flexibilität erfordert. Zugleich sind die individuellen Wünsche der Menschen ausgeprägter und differenzierter als in der Vergangenheit und die Arbeitnehmer streben nach mehr Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung anstelle der Fremdbestimmung durch den Arbeitgeber. Aufgrund der veränderten Arbeitswelt entstehen andere Ansprüche an die Arbeit als im Vergleich zu früheren Generationen. Dies führt zu einer Ambivalenz in Bezug auf die Arbeitsverhältnisse, die nicht nur mithilfe flexibler Arbeitsmodelle und -zeiten gelöst werden kann.

Im Vergleich zum Jahr 2006 erfolgt im Jahr 2007 ein drastischer Rückgang der thematischen Behandlung des Führungsstils um mehr als die Hälfte. Im Jahr 2007 ereignet sich die weltweite Bankenkrise, die nicht nur diejenigen belastet, die die Kredite vergeben haben, also vor allem die US-amerikanischen Hypothekenbanken, sondern auch Banken, Fonds und Versicherungen in nahezu allen Ländern der Welt. Daher ist anzunehmen, dass die Bankenkrise und die damit zusammenhängende Rettung von verschiedenen Landesbanken in Deutschland auch die Printmedien in Deutschland thematisch dominieren und andere Themen wie Fragen nach dem Führungsstil in Unternehmen zurückdrängen.

Im Jahr 2008 steigt die thematische Behandlung des Führungsstils an, mit einem Rückgang im Jahr 2009, um dann 2010 wieder anzusteigen. Ein Rückgang der thematischen Behandlung ist im Jahr 2011 zu verzeichnen. Die Finanzkrise von 2007 hat negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. In den Jahren 2008 und 2011 ereignen sich mehrere Krisen, die den Deutschen Aktienindex sowie den Dow Jones Index auf Rekordtiefs in der Geschichte seit dem 2. Weltkrieg sinken lassen. Die Lehman-Pleite (2008) führt zu Finanzierungsproblemen der Banken, sodass Milliardenhilfen mithilfe des „Emergency Economic Stabilization Act“ in Höhe von 700 Milliarden US-Dollar für die Rettung des Bankensystems in den USA ausgegeben werden. Auch in Deutschland wird ein Banken-Rettungspaket in Höhe von 480 Milliarden Euro eingesetzt. Die Krise der Finanzwirtschaft wirkt sich auf die Wirtschaft aus, indem sich die Auftragslage der Unternehmen verschlechtert und Arbeitsplätze abgebaut werden, besonders in der Automobilindustrie, sodass die globale Wirtschaftskrise (2009) eintritt. Firmeninsolvenzen steigen an, beispielsweise Karstadt, Quelle und Arcandor, und durch Hilfspakete der Bunderegierung sowie Kurzarbeit wird versucht, die Pleitewellen abzufedern. Die Griechenland-Krise (2010) eskaliert in einer Schuldenkrise, sodass mehrere europäische Länder wie Portugal, Spanien und Italien aufgrund des Drucks auf Finanzmärkte in Schwierigkeiten kommen. Es werden finanzielle Rettungsschirme der Euro-Länder gespannt sowie die Umschuldung in Form eines 50-prozentigen Schuldenschnitts für Griechenland vorgenommen. Die EU beschließt im sogenannten Fiskalpakt, dass zukünftig nationale Schuldenbremsen und automatische Sanktionen durch solides Haushalten gewährleistet werden. Diese Krisen sowie Rettungsmechanismen, deren politische Aushandlung zum Teil über Monate erfolgt, dominieren den Wirtschaftsdiskurs, sodass andere Themen in den Hintergrund rücken. Dies erklärt auch die geringe Thematisierung des Führungsstils seit dem Jahr 2007.

Ein signifikanter Anstieg der thematischen Behandlung des Führungsstils und der Führungsqualitäten erfolgt im Jahr 2012 und ist mehr als doppelt so hoch im Vergleich zum Jahr 2000. Trotz der Schuldenkrise in Griechenland, der Angst vor einem Verfall der Euro-Zone und der diskutierten Euro-Bonds im Jahr 2012 wird das Thema signifikant in den Printmedien behandelt. Ein anderes Thema, das in den Printmedien diskutiert wird, ist der Kampf um Talente und der damit zusammenhängende demografische Wandel. Wie bereits in Abschnitt 5.3.2 vorgestellt, haben eine niedrige Geburtenrate sowie die steigende Lebenserwartung Auswirkungen auf die Lebensarbeitszeit und Arbeitsverhältnisse in den Unternehmen. Neue Fragen nach der Führung von altersgemischten Teams werden thematisiert. In diesem Zusammenhang ist auch der Fachkräftemangel zu nennen, was ein verändertes Personalmanagement und einen veränderten, an den Bedürfnissen und Interessen der Arbeitnehmer orientierten Führungsstil erfordert.

Seit den Jahren 2013 und 2014 ist ein langsamer Rückgang der thematischen Behandlung des Führungsstils und der Führungsqualitäten zu erkennen. Dies lässt sich aber nicht mit einem mangelnden Interesse an den Themen begründen, da in diesen Jahren wirtschaftliche und politische Ereignisse von besonderem Interesse stattfinden und folglich in den Medien behandelt werden. So tritt im Jahr 2013 der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) zur Stabilisierung des Euros in Kraft und die Wahlkampfzeit für die Bundestagswahl findet statt, was zur Folge hat, dass neben unternehmensrelevanten Themen auch Wahlkampfthemen im medialen Diskurs abgebildet werden. Außerdem werden in dem Zeitraum Themen diskutiert, wie Finanzkrisen von 2007/2008 vermieden werden können. Auch wenn die Themabehandlung von Anstiegen und Rückgängen geprägt ist, ist die thematische Behandlung in den Printmedientexten prominent und von Bedeutung – besonders vor dem Hintergrund der (internationalen) Krisen.

Für die Beantwortung der Frame-spezifischen Fragen, beispielsweise nach dem Zielzustand, den Handlungen und Bewertungen, im Zusammenhang von Nachhaltigkeit im Führungsstil im Unternehmen wurden die Rollenwerte im Medientextkorpus ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Abbildung 5.32 zeigt die Signifikanz der Behandlung des Themas Führungsstil in den untersuchten Medientexten.

Abb. 5.32
figure 32

Jahresüberblick zum Führungsstil nach Slot in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

In Bezug auf den Führungsstil verläuft die thematische Behandlung der Slots Zielzustand, Handlungen und Forderungen im Vergleich zu den Slots Ursachen und übergeordneter Zusammenhang und Bewertungen auf einem niedrigen Niveau. Die Ursachen und der übergeordnete Zusammenhang sowie die Bewertungen erfahren eine stärkere Thematisierung in den untersuchten Medientexten. Während der Zielzustand, die Handlungen und Forderungen stetig linear ansteigen, ist in Abbildung 5.32 in Bezug auf die Ursachen und den übergeordneten Zusammenhang sowie die Bewertungen ein bemerkenswerter starker Anstieg seit dem Jahr 2001 zu erkennen.

Im Folgenden werden die Ränge der ermittelten Prototypen, also der Subthemen, im Medientextkorpus zum Führungsstil und zu den Führungsqualitäten in Bezug auf die untersuchungsrelevanten Unternehmen vorgestellt. Neben der Präsentation der Analyseergebnisse zur subthematischen Be- bzw. Aushandlung eines nachhaltigen Führungsstils werden auch die Anzahl der kodierten Textstellen und Besonderheiten hinsichtlich der Thematisierung in den einzelnen Medien entsprechend der folgenden Reihenfolge vorgestellt:

  1. 1

    Zielzustand-Prototypen,

  2. 2

    Ursachen und übergeordneter Zusammenhang-Prototypen,

  3. 3

    Handlungen-Prototypen,

  4. 4

    Bewertungen-Prototypen sowie

  5. 5

    Forderungen-Prototypen.

In Bezug auf die thematischen intertextuellen Kohärenzbeziehungen zwischen den Printmedientexten sind Kongruenzen, Kontrastierungen, Variationen und Elaborationen des Subthemas Führungsstil sichtbar. Die Analyseergebnisse zeigen Slots, die kongruent, aber auch kontrastiv sowie in thematischer Variation und Elaboration belegt werden.

5.3.3.1 Zielzustand-Prototypen

Für die Beantwortung der Frame-spezifischen Frage nach dem Zielzustand im Zusammenhang von Nachhaltigkeit im Führungsstil wurden die folgenden Rollenwerte im Medientextkorpus ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Zielzustand des Führungsstils sowie die Anzahl der kodierten Textstellen werden in Tabelle 5.81 aufgeführt.

Tab. 5.81 Prototypen von Zielzustand zum Führungsstil in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

In Tabelle 5.81 sind die unterschiedlichen Prototypen zum Code Zielzustand aufgeführt. Aus der Tabelle geht hervor, dass es zwei Prototypen des Codes Zielzustand gibt, die im Zusammenhang mit dem Führungsstil für Unternehmen besonders wichtig sind: Steigerung des Unternehmenserfolgs und Kosteneinsparung durch den Führungsstil.

Der erste Prototyp des Zielzustands des Führungsstils – Steigerung des Unternehmenserfolgs – thematisiert den von Unternehmen erwünschten Zielzustand eines Führungsstils, bei dem Arbeitnehmer für das Unternehmen gewonnen und auch daran gebunden werden. In den untersuchten Texten wird darauf eingegangen, dass ein Führungsstil eine Senkung des Krankenstandes und eine Steigerung der Produktivität durch die Förderung von vielfältigen Teams positiv beeinflusst. In diesem Zusammenhang finden auch die Frauengewinnung und -bindung sowie die Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben Erwähnung, was einen klaren Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor für Unternehmen darstellt. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium FAZ (22) zu finden. Dort wird der Prototyp als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während er in dem Medium SZ am wenigsten thematisiert wird. Am häufigsten erscheint der Prototyp in Zusammenhang mit der BMW AG und Siemens AG. Auffällig ist, dass der Aspekt nicht in Bezug auf die Bayer AG thematisiert wird (Tabelle 5.82).

Tab. 5.82 Steigerung des Unternehmenserfolgs

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Steigerung des Unternehmenserfolgs des Codes Zielzustand:

MT112::

Auch wenn jeder Fall anders liegt – die Frage, wie Wirtschaftsführer geprägt werden, ist aktueller denn je. Universitäten bauen ihre Lehrpläne um, Unternehmen investieren Millionen in neue Instrumente, um die Führungsleistungen ihrer Manager zu prüfen und zu verbessern. Führung wird als Faktor erkannt, der eine Firma zum Gewinner machen oder sie vernichten kann. (Die Zeit, 23.12.2002, Führungskrise in Deutschland)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT113::

Diese Leute sind intelligent und neugierig. […] Auch das Verantwortungsbewusstsein spielt eine Rolle. Die Manager sehen, dass es auf der Welt auch nicht materielle Probleme gibt. Und sie wissen, dass sie den Einfluss haben, etwas zu ändern. […] Manager kommen viel herum, treffen sich und reden dann natürlich über solche Praktika. Mit der Zeit gehört es zum guten Ton, so etwas einmal gemacht zu haben. (SZ, 31.01.2004, Herr Wunderlich geht ins Gefängnis)

Akteur der verbalen Handlung: Gerd Lüer, Leiter der Abteilung für Arbeitspsychologie (Universität Göttingen)

Der zweite Prototyp des Zielzustands des Führungsstils – Kosteneinsparung durch den Führungsstil – thematisiert das Interesse der Unternehmen an der Umsetzung eines neuen Führungsstils zur Minimierung von unternehmerischen Aufwendungen. Durch die interne Besetzung von Führungspositionen sollen Kosten zur Arbeitnehmergewinnung von Fachkräften reduziert werden. Kosteneinsparungen sollen auch durch eine größere Arbeitnehmermotivation erreicht werden, indem ein verbessertes Ideenmanagement im Rahmen eines neuen Führungsstils eingesetzt wird. Zudem sind arbeitsplatzgestaltende Maßnahmen, die in Zusammenhang mit einem neuen Führungsstil umgesetzt werden, nicht nur wichtig für erfolgreiches Arbeiten, sondern führen auch zu kostenreduzierenden Effekten. Dazu zählt zum Beispiel das non-territoriale Büro, auch Desk Sharing genannt. Die freien Arbeitsplätze führen zu mehr Mobilität und Flexibilität, was sich wiederum positiv auf die Kostenbilanz eines Unternehmens auswirkt. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium FAZ und bei der BMW AG sowie der Siemens AG zu finden. Dort wird der Prototyp als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während er in dem Medium Die Welt und hinsichtlich der Bayer AG nicht zum Ausdruck gebracht wird (Tabelle 5.83).

Tab. 5.83 Kosteneinsparung durch den Führungsstil

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Kosteneinsparung durch den Führungsstil des Codes Zielzustand:

MT114::

Ursprünglich dachte man auch daran, die Schreibtischanzahl zu verringern, damit das Personal sich gezwungenermaßen öfter ‚draußen‘, beim Kunden, aufhält. […] Man muss auch etwas finden können, wenn der Kollege nicht da ist. (Die Zeit, 02.12.1999, Gerangel wie am Hotelpool)

Akteur der verbalen Handlung: Katharina Dietze, Geschäftsführerin (Beratungsunternehmen IBT)

MT115::

Wir entwickeln einen Großteil unserer Führungskräfte selbst. […] Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. (FAZ, 27.10.2007, Mit dem Vorstand auf Geschäftsreise)

Akteur der verbalen Handlung: Joachim Hoffmann, Leiter der Personalentwicklung (BMW AG)

MT116::

Die Erfahrungen bei Mitarbeitern und Führungskräften sind bisher durchweg positiv. […] Führungskräfte loben die hohe Arbeitsplatzzufriedenheit und Motivation und – auf der wirtschaftlichen Seite – die spürbaren Kosteneinsparungen. (FAZ, 24.08.2003, Die Zukunft der Arbeit hat bereits begonnen)

Akteur der verbalen Handlung: Zsolt Sluitner, Leiter des Geschäftsbereichs Vermietung (Siemens AG)

Der dritte Prototyp des Zielzustands des Führungsstils – Steigerung der Arbeitnehmermotivation und Gesundheit durch den Führungsstil – beschreibt die Vorteile des Führungsstils in Bezug auf die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter, die für den Unternehmenserfolg wichtig ist. Demnach knüpft der Führungsstil direkt an die Motivation der Arbeitnehmer an. In den untersuchten Texten wird ein veränderter Führungsstil beschrieben, der dazu dient, das Unternehmen erfolgreich zu machen, indem Mitarbeiter durch ihre Motivation leistungsfähig sind. Beispielsweise soll sich der Erwerb von sozialen Kompetenzen von Managern positiv auf die Motivation der Arbeitnehmer auswirken. Außerdem geht aus den Analyseergebnissen hervor, dass Spitzenmanager ihre Handlungen danach ausrichten sollten, eine Leistungssteigerung und Motivationssteigerung bei den Mitarbeitern zu erzielen. Insgesamt sind sechs Codings zu verzeichnen, wobei die meisten Rollenwerte (Fillers) in den Medien FAZ und SZ auftreten, wohingegen es in dem Medium Die Welt nicht thematisiert wird (Tabelle 5.84).

Tab. 5.84 Steigerung der Arbeitnehmermotivation und Gesundheit durch den Führungsstil

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Steigerung der Arbeitnehmermotivation und Gesundheit durch den Führungsstil des Codes Zielzustand:

MT117::

So lässt sich mit wenig Aufwand Stress abbauen, die Leistungsbereitschaft deutlich steigern – und man spart dabei, weil es zu weniger Ausfällen kommt. (SZ, 29.03.2003, Arbeit ist kein Störfaktor)

Akteur der verbalen Handlung: Elena de Graat, Personalberaterin (Work & Life)

MT118::

Die deutschen Unternehmen sind längst dabei, sich subtil in das Privatleben ihrer Mitarbeiter einzuschalten. Das fängt damit an, dass sich die Unternehmen verstärkt darum bemühen, dass Mitarbeiter gesund leben, damit sie länger arbeiten können. (Die Welt, 21.10.2014, Wie Vollkasko gefährlich werden kann)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT119::

Mitarbeiter bei der BMW-Motorradproduktion in Berlin etwa sollen „belastbar und top-motiviert dauerhaft zur Verfügung stehen“. (Die Welt, 21.10.2014, Wie Vollkasko gefährlich werden kann)

Akteur der verbalen Handlung: Per Ankerer, Personalchef (BMW AG)

MT120::

Wenn wir für sehr gute Nachwuchskräfte attraktiv sein wollen, müssen wir ihnen ermöglichen, Privat- und Arbeitsalltag unter einen Hut zu bringen. (Die Zeit, 11.01.2011, Abends wird der Schreibtisch leer geräumt)

Akteur der verbalen Handlung: Herbert K. Meyer, Leiter der Region West (Siemens AG)

MT121::

Wenn sich Krankheiten in der Firma auswirken mit Fehlzeiten und Leistungsminderung, dann ist das auch ein Wirtschaftsfaktor. (FAZ, 07.04.2013, Gesunde arbeiten besser)

Akteur der verbalen Handlung: Ralf Franke bzw. Textautor (Redakteur)

5.3.3.2 Ursachen und übergeordneter Zusammenhang-Prototypen

Zur Beantwortung der Frame-spezifischen Frage nach den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang des Führungsstils wurden die Rollenwerte ermittelt, aus denen sich die Prototypen ableiten lassen. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang in Bezug auf den Führungsstil sowie die Anzahl der kodierten Textstellen werden in Tabelle 5.85 aufgeführt.

Tab. 5.85 Prototypen von Ursachen und übergeordnetem Zusammenhang zum Führungsstil in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Tabelle 5.85 zeigt unterschiedliche Prototypen zu den Ursachen und dem übergeordneten Zusammenhang. Aus der Tabelle geht hervor, dass die Prototypen Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen sowie Neue Art von Managern in den untersuchten Medientexten am häufigsten kodierten wurden. Der erste Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Führungsstils – Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen – umfasst zahlreiche Aspekte des Führungsstils und seiner praktischen Umsetzung im Unternehmen. Dazu zählt das Aufzeigen der Bedeutung des Führungsstils für das Unternehmen und seine Mitarbeiter. In den Texten werden Aussagen zu unterschiedlichen Führungsstilen sowie zur Bevorzugung von altbewährten Methoden zum Führungskräftetraining versus Führungsmethoden zur Förderung flexiblen Arbeitens vorgenommen. In dem Artikel „Richtig verstanden ist Balanced Scorecard das künftige Managementsystem“ wird thematisiert, dass der Führungsstil abhängig vom „Reifegrad des Unternehmens“ (FAZ, 30.08.1999) ist. In diesem Zusammenhang wird in den Unternehmenstexten das Prinzip „Führen durch Angst“ aufgeführt, wohingegen andere Unternehmen ihre Mitarbeiter fördern. Ebenso wird thematisiert, dass es einen größeren Bedarf an Führungspersonen gibt, der durch die Verschlankung in den Unternehmen in den 1990er Jahren entstanden ist. Aus den Unternehmenstexten geht hervor, dass zum Führen mehr als nur gute Noten gehört: Neben der fachlichen Kompetenz gewinnt die soziale Kompetenz immer mehr an Bedeutung und auch Deutsch als Kernkompetenz für Positionen in der Führungsspitze ist ein Thema in den untersuchten Texten. Außerdem wird geäußert, dass ein stabiles Privatleben zentral für den Führungsstil sei. Die Bewertung von Führungskräften ist für deren Weiterentwicklung wichtig und auch für die Führungskräfteentwicklung zentral. Außerdem wird in den Texten thematisiert, dass Führungspersönlichkeiten wie Vorstände und Manager für ihr Handeln zur Verantwortung gezogen werden können. Die meisten Rollenwerte sind im Medium FAZ (43) zu finden. Dort wird der Prototyp als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während er in der SZ (4), Die Welt (2) und Die Zeit (9) signifikant seltener aufgeführt wird. Außerdem ist auffällig, dass das Thema in den Texten im Zusammenhang mit der BMW AG besonders häufig aufgeführt wird (Tabelle 5.86).

Tab. 5.86 Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Definitionen zum Führungsstil und Bedeutung für die Umsetzung im Unternehmen des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT122::

Obwohl die Zahl der ungewöhnlichen Angebote für Coaching und Führungstraining groß ist und unter anderem Pferde, Wölfe und Zen bemüht werden, um Chefs das richtige Führen zu zeigen, fragen Unternehmen angesichts der Krise derzeit eher bodenständige, zielorientierte Angebote nach. Es zählt weniger die Form als der Inhalt. (FAZ, 08.09.2012, Der Samurai coacht nur noch selten)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT123::

„Ich komme nicht hierher, um alles um 180 Grad umzudrehen.“ Bayer sei ein „bestens geführtes Unternehmen“ und besitze einen „hervorragendem Ruf“. (SZ, 22.01.2010, Der Bayer-Schreck)

Akteur der verbalen Handlung: Marijn Dekkers, Konzernchef (Bayer AG)

MT124::

Vor allem für die Bewertung der Führungskräfte, deren Leistung die Basis für den Erfolg des Unternehmens ist, wurden umfangreiche Zahlensysteme entwickelt. Dabei ist unter „Bewertung von Führungskräften“ sowohl der Prozeß bei der Einstellung des Führungskräftenachwuchses oder neuer Führungskräfte zu verstehen als auch der Prozeß zur Entscheidung, welche Führungskräfte im Unternehmen weitergehende Verantwortung erhalten sollen. (FAZ, 02.06.2003, Die schwierige Bewertung von Führungskräften)

Akteur der verbalen Handlung: Klaus Leciejewski, Gründer (KDL-Consulting GmbH)

MT125::

Nicht nur Siemens stellt seine Führungskräfte auf den Prüfstand. Die als „Management Audits“ bezeichneten Beurteilungen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Nicht nur Siemens stellt seine Führungskräfte auf den Prüfstand. (FAZ, 19.01.2008_2, Manager im Prüfungsstress)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT126::

Wie immer man Führung definiert – die Anforderungen an den Chef stecken voller Widersprüche. Nur ein Fabelwesen kann sie alle erfüllen. Durchsetzungsfähig wie ein Bulle soll ein Manager sein, um an den Zielen, die er als richtig erkannt hat, festzuhalten, auch wenn sie dem Zeitgeist oder einer Lobby im Unternehmen zuwiderlaufen. Anschmiegsam wie ein Reh muss er sein, um sich den Sorgen und Wünschen seiner Mitarbeiter zu öffnen, ihnen zuzuhören, sie gewähren zu lassen. Mal wird Leidenschaft verlangt, dann wieder analytische Kühle, mal Zähigkeit und Ehrgeiz, dann Bescheidenheit und Anpassungsfähigkeit. (Die Zeit, 23.12.2002, Führungskrise in Deutschland)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT127::

Volatile Lebensverhältnisse werfen Fragen auf, in Bezug auf Integrität, Stabilität und soziale Kompetenzen. Deshalb stellen sich die Unternehmen Fragen zur Person. Übernimmt der Manager auch privat Verantwortung? Kann er langfristige soziale Beziehungen aufbauen? Oder ist er eher ein auf Selbstoptimierung ausgerichteter Narzisst? (Die Zeit, 27.09.2013, „Die Zeit der Ertragsmaximierer ist vorbei“)

Akteur der verbalen Handlung: Jochen Kienbaum, Unternehmensberater und Vorsitzender der Geschäftsführung (Kienbaum Consultants International GmbH)

MT128::

Aber entscheidend sind andere Faktoren. Zum Beispiel Intelligenz. Kommunikationstalent. Nicht zu vergessen das Elternhaus. […] Die Werte müssten von den Managern gelebt werden. Entscheidend sei, dass eine Führungsperson stets die Sache in den Vordergrund stelle. Wenn es ihr nur um die Darstellung der eigenen Person gehe, könne sie Mitarbeiter und Kollegen nie wirklich hinter sich bringen. (FAZ, 24.11.2007, Wie aus dem Matrosen ein Kapitän wird)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT129::

Nachhaltige Wettbewerbsvorteile erwachsen aus den weichen Organisationskompetenzen: flexibles Arbeiten jenseits formaler Strukturen und Regelwerke, situatives Fokussieren auf die richtigen Themen, Durchtragen von Projekten, Kooperieren und Schmieden von Koalitionen, Nutzen von Kompetenzen und Ressourcen anderer Organisationsbereiche. (FAZ, 22.02.2010, Divisionale Führung löst die Matrixorganisation ab)

Akteur der verbalen Handlung: Boston Consulting Group

Beim zweiten Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Führungsstils – Existenz einer neuen Art von Managern – wird ein neu definierter Führungsstil bzw. Managertyp thematisiert. In den Texten werden einerseits Manager vorgestellt, die neue Werte in ihrem Führungsstil verfolgen. Andererseits wird ein Managertyp thematisiert, der bei der Bewertung von Mitarbeitern und ihren Vergütungen unfair vorgeht. Außerdem werden im Zusammenhang mit dem neuen Managertyp ein höherer Leistungsdruck und Stresssymptome geäußert. Insgesamt wurden 50 Textstellen kodiert, wobei die meisten Rollenwerte im Medium Die Zeit (21) zu finden sind, während das Thema für die SZ und Die Welt nicht relevant ist. Besonders auffällig wird das Thema in Bezug auf die BMW AG (17) angesprochen (Tabelle 5.87).

Tab. 5.87 Existenz einer Neuen Art von Managern

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Existenz einer neuen Art von Managern des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT130::

Der Spitzenmanager braucht heute Zustimmung von außen. Doch die Gesellschaft will ihn nicht exkulpieren, wenn er Menschen entlässt – und dabei hohe Boni kassiert. Die wachsende Kluft zwischen Fremd- und Eigenwahrnehmung führt dazu, dass Spitzenmanager sich abkapseln oder sich selbst verlieren – und stürzen. Schlimmstenfalls in den Tod. Die Frage ist: Was macht der Druck aus Chefs, die das Schicksal von Millionen Beschäftigten beeinflussen? (Die Zeit, 06.02.2014, Manager unter Druck)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT131::

Deutschland hat eine neue Generation von CEOs, wie die Chefs heute heißen. Sie sind offen, zugänglich und unprätentiös. Sie beantworten ihre E-Mails selbst, tragen ihren Aktenkoffer, wissen, wie man im Internet einen Flug bucht oder per Smartphone eincheckt. Sie tun Dinge, mit denen sich ihre Vorgänger nicht abgaben. Sie lassen ihre Autorität nicht raushängen. Man merkt es auch an ihrer Sprache. Sie sagen öfter »wir« als »ich«. Sie lieben Wörter, die mit Team beginnen. Teamgeist, Teamwork, Teamerfolg. Sie reden auch plötzlich von ihrer Familie, der angeblich das Wochenende gehört. Von ihrem Partner, der zu Hause das Sagen hat. Und den Kindern, die sie abends noch sehen wollen, und davon, dass sie deshalb Geschäfte lieber beim Lunch als beim Dinner machen. Sie essen gesund, trinken maßvoll, in der Freizeit gehen sie joggen. Am Sonntag holen sie Brötchen beim Bäcker, nach dem Frühstück räumen sie den Tisch ab. Die neuen Chefs erzählen von einem Leben, das nicht hinter der Firmenausfahrt endet. Die Neuen sind smarter als die Alten. Aber sind sie auch die besseren Chefs? […] Sind Herkunft und Habitus nicht mehr so entscheidend, werden auch die Insignien der Macht subtiler. Die neuen Chefs tragen keine Siegelringe, keine goldenen Manschettenknöpfe, nicht einmal mehr monogrammbestickte Hemden. […] Bei den neuen CEOs steht kein Humidor auf dem Schreibtisch, die Kennzeichen ihrer Autos enden nicht mit einer Null oder Eins. […] Das Verbindende wird wichtiger als das Trennende. (Die Zeit, 28.06.2012, Die Super-Männchen)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT132::

Die Alphatiere sterben aus. (Die Zeit, 28.06.2012, Die Super-Männchen)

Akteur der verbalen Handlung: Herbert Henzler, ehem. Chef (McKinsey Deutschland)

MT133::

Spitzenmanager haben bis in die 1990er Jahre in einer von der Außenwelt weitgehend immunisierten Umgebung gelebt. […] Sie [Manager] müssen nun aus ihrer Sicht rein ökonomische Fragen auch nach moralischen Kriterien bewerten. (Die Zeit, 06.02.2014, Manager unter Druck)

Akteur der verbalen Handlung: Eugen Buß, Soziologe

Beim dritten Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Führungsstils – Die Frage des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen nicht richtig angegangen – handelt es sich um Äußerungen, die die negativen Aspekte der Planung des Führungskräftenachwuchses betonen. In den untersuchten Texten wird thematisiert, dass die Chefauswahl für Unternehmen unwichtig ist und die Nachfolgeplanung für Vorstandsposten nicht richtig gefördert wird. Ebenso wird aufgeführt, dass unbekannte Führungspersönlichkeiten von der Unternehmensspitze inszeniert würden und die Auswahl der Führungskräfte nach keinem transparenten Vorgehen erfolge. Es wurden insgesamt 17 Codings vorgenommen, wobei der Großteil in der SZ und im Zusammenhang mit der BMW AG aufgeführt wird (Tabelle 5.88).

Tab. 5.88 Die Frage des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen nicht richtig angegangen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Die Frage des Führungskräftenachwuchses in Unternehmen nicht richtig angegangen des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT134::

Viele Dax-Konzerne kümmern sich nur mangelhaft darum, mögliche Nachfolger für den Posten des Vorstandsvorsitzenden auszuwählen und vorzubereiten. […] Dabei seien Allianz, Siemens und BMW Positivbeispiele. (SZ, 06.04.2006, Chefsuche bleibt Nebensache)

Akteur der verbalen Handlung: Managementberatung Booz Allen Hamilton und Mercer Delta

MT135::

Nirgendwo verweilen Vorstandschefs dabei so kurz auf ihrem Posten wie in Deutschland. (SZ, 06.04.2006, Chefsuche bleibt Nebensache)

Akteur der verbalen Handlung: Klaus-Peter Gushurst, Booz-Allen-Chef

Der vierte Prototyp der Ursachen und des übergeordneten Zusammenhangs des Führungsstils – Zunehmendes Interesse an Führungspositionen – beschäftigt sich mit einem Anstieg der Arbeitnehmer an Führungskarrieren. In den Texten wird das starke Interesse von Berufsanfängern am Personalmanagement und das steigende Interesse von Frauen für Führungspositionen im Personalwesen thematisiert. Außerdem finden im Zusammenhang mit Führungsfragen im Unternehmen auch Personalquerelen Erwähnung. Insgesamt sind neun Codings zu verzeichnen, von denen die meisten in der FAZ und in der SZ vorkommen, wohingegen das Thema in Texten aus Die Welt und Die Zeit das Thema nicht aufgegriffen wird. Das Thema wird ausschließlich in Bezug auf die BMW AG behandelt (Tabelle 5.89).

Tab. 5.89 Zunehmendes Interesse an Führungspositionen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Zunehmendes Interesse an Führungspositionen des Codes Ursachen und übergeordneter Zusammenhang:

MT136::

Die Frauen sind fast immer in der Überzahl – sei es in den Uni-Hörsälen, in den Auswahlverfahren der Traineeprogramme oder auch bei den Aufbau- und Zusatzstudiengängen. (FAZ, 07.06.1997, Erfolg im Personalwesen für Persönlichkeiten mit hoher sozialer Kompetenz)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT137::

Frauen bringen einfach die bessere soziale Kompetenz mit. […] Und auf die kommt es im Personalwesen ganz besonders an. (FAZ, 07.06.1997, Erfolg im Personalwesen für Persönlichkeiten mit hoher sozialer Kompetenz)

Akteur der verbalen Handlung: Günther Schanz, Prof. und Leiter des Instituts für Unternehmensführung (Universität Göttingen)

5.3.3.3 Handlungen-Prototypen

Als Antworten auf die Frame-spezifische Frage nach den Handlungen wurden verschiedene Rollenwerte in den Medientexten ermittelt, aus denen die Prototypen abgeleitet wurden. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Bewertungen des Führungsstils sowie die Anzahl der kodierten Textstellen sind in Tabelle 5.90 dargestellt:

Tab. 5.90 Prototypen von Handlungen zum Führungsstil in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Tabelle 5.90 zeigt, dass in den untersuchten Texten die Anzahl der Handlungen gering ausfällt. Aus den Unternehmenstexten der untersuchten Unternehmen geht hervor, dass es eine Vielzahl von Programmen zu Entwicklungs- und Fördermöglichkeiten von Führungskräften gibt. Der wichtigste Prototyp der Handlungen des Führungsstils – Angebot von Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Führungskräfte – umfasst Unternehmensaktivitäten, die die Führungskräfte weiterbilden und damit zu deren beruflicher Entwicklung beitragen. Dazu zählen die Begleitung von Führungskräften bei der Einarbeitung, die jährliche Beurteilung der eigenen Leistung, Ethik-Coachings für Manager, beispielsweise von Mönchen durchgeführt, und auf Führungskräfte abgestimmte Projektarbeiten. Auch die Förderung des Eigeninteresses für Weiterbildungen und eine Sensibilisierung der Führungskräfte für Burnout werden in den Texten thematisiert. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium FAZ zu finden. Dort wird es als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während es in den Medien Die Welt und Die Zeit eine untergeordnete Rolle spielt und in der SZ nicht thematisiert wird. In der FAZ wird es nur einmal behandelt. Am häufigsten wird der Aspekt in Bezug auf die Siemens AG thematisiert (Tabelle 5.91).

Tab. 5.91 Angebot von Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Führungskräfte

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Angebot von Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Führungskräfte des Codes Handlungen:

MT138::

Viele vor allem größere Unternehmen belassen es wegen der zahlreichen Fallen nicht dabei, ihre neuen Führungskräfte einfach ins kalte Wasser zu werfen. Beispielsweise gibt es bei Siemens einen systematischen Prozeß der Einarbeitung inklusive freiwilligem begleitendem Coaching. (FAZ, 28.02.2004, 100 Tage Einsamkeit)

Akteur der verbalen Handlung: Siemens AG

MT139::

Oft werden die ersten Anzeichen einer Überlastung aber übersehen. Krause und seine Kollegen aus der Führungsriege erfuhren in einem Seminar über psychosoziale Gesundheit, woran sie Überlastung erkennen können: chronische Müdigkeit, Energiemangel, zunehmende Fehlzeiten, Aggressionen, Konzentrationsstörungen, ständige Kopf- und Rückenschmerzen etwa kennzeichnen verschiedene Phasen eines Burn-out-Syndroms. […] „Auch wenn im Seminar noch gescherzt wurde, wie dicht man selbst an den Symptomen ist – einige fühlten sich ertappt“, berichtet Krause. „Mit einem Mal war jeder Führungskraft bewusst, dass diese Problematik nicht zu unterschätzen ist.“ (FAZ, 29.11.2008, Heute wird es wieder spät)

Akteur der verbalen Handlung: Norbert Krause, Vertriebsabteilungsleiter (Siemens AG)

MT140::

Dafür gibt es in den Großkonzernen die Segnungen der Personalentwicklung. Mitarbeiter werden mit System gefördert. Mancher darf auf Firmenkosten an einer Business School studieren. Andere bekommen einen Profi-Coach zur Seite gestellt oder dürfen interne und externe Kurse besuchen. (Die Welt, 15.03.2008, Mitmischen beim Global Player)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der zweite Prototyp der Handlungen des Führungsstils – Schaffung von Einsatzmöglichkeiten für Führungskräfte – umfasst Maßnahmen, um die Führungskräftegewinnung und -bindung im Unternehmen zu erleichtern. Dazu zählen die Job-Rotation und das Inhouse-Consulting als eine Art Ausbildungs- und Rotationszentrum zur Gewinnung von Führungskräften. In den untersuchten Texten werden außerdem Aufstiegschancen ohne Führung durch die Fachkarriere thematisiert. Die Rollenwerte (Fillers) sind in den Medien Die Welt, FAZ und SZ sowie in Bezug auf alle Unternehmen gleichmäßig vertreten. Im Medium Die Zeit wird das Thema nicht thematisiert (Tabelle 5.92).

Tab. 5.92 Schaffung von Einsatzmöglichkeiten für Führungskräfte

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Schaffung von Einsatzmöglichkeiten für Führungskräfte des Codes Handlungen:

MT141::

Job-Rotation, begleitet durch Schulungen, ist ein Weg, den wir gehen. (SZ, 28.02.2006, „Ältere Mitarbeiter wirken positiv“)

Akteur der verbalen Handlung: Ernst Baumann, Personalvorstand (BMW AG)

MT142::

Siemens, Daimler-Chrysler oder Krupp-Thyssen versuchen beispielsweise die „mittlere Reife“ ihrer künftigen Spitzenkräfte durch eine innerbetriebliche Elitebildung zu erreichen. Hoch bezahlte jüngere Führungskräfte werden so als Leiter von Crash-Projekten im In- und Ausland eingesetzt. Dabei lässt man sie nacheinander quer durch möglichst viele Funktions- und Produktionsbereiche laufen, in denen sie fast alles und jedes verantwortlich entscheiden dürfen – so lange sie sich dafür befähigt zeigen. Mit personeller Unterstützung werden sie kurz gehalten, um zu erfahren, wie sie – allein gelassen mit ihrem Wissen, ihrem Arbeitseifer, ihrer Selbstbeherrschung und ihren noch unbekannten Talenten – das Beste aus der jeweiligen Situation machen. (FAZ, 29.05.2000, Goldene Zeiten für das mittlere Management)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

5.3.3.4 Bewertungen-Prototypen

Als Antworten auf die Frame-spezifische Frage nach den Bewertungen wurden verschiedene Rollenwerte in den Medientexten ermittelt, aus denen die Prototypen eruiert wurden. Die Ränge der ermittelten Prototypen im Medientextkorpus des Codes Bewertungen des Führungsstils sowie die Anzahl der kodierten Textstellen sind in Tabelle 5.93 dargestellt:

Tab. 5.93 Prototypen von Bewertungen zum Führungsstil in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.93 geht hervor, dass in den untersuchten Texten einerseits negative Kritik zum Führungsstil zum Ausdruck gebracht wird und andererseits positive Bewertungen zum Eigenengagement der Führungspersonen geäußert werden. Der erste Prototyp der Bewertungen des Führungsstils – Negative Kritik am Führungsstil – beinhaltet kritische Äußerungen zum Führungsstil im Allgemeinen und Besonderen. Zudem wird der neue Führungsstil kritisiert, weil es sich dabei um alte Ideen handele, die neu vermarktet würden. Es erfolgt auch eine negative Bewertung des Führungsstils von Konzernspitzen und es wird ein Unterschied zwischen Anspruch und Realität bei der Umsetzung des Führungsstils in Unternehmen thematisiert. Aus den untersuchten Texten geht hervor, dass der Vorbildcharakter des Führenden noch nicht bei allen Führungskräften angekommen sei. In den Texten wird zudem geäußert, dass der Führungsbegriff in Deutschland historisch belastet sei.

Außerdem wird Kritik an Managern geäußert, dass sie zu wenig international ausgerichtet seien und kein Gespür für Arbeitnehmer mitbrächten. Dabei wird vor allem die mangelnde Führungsverantwortung negativ bewertet, die aus einem angelsächsischen Wertekanon resultiere. Der Zerfall der sozialen Marktwirtschaft am Beispiel des Angriffs auf Manager und die New Economy werden als Gründe für das schlechte Führungsverhalten der Manager aufgeführt. Auch das Entstehen eines neuen Managertypus, der rational und nicht einfühlsam sei, wird kritisiert. Die Bewertungsmaßstäbe für Manager werden ebenfalls in den untersuchten Texten negativ bewertet. In diesem Zusammenhang wird geäußert, dass das 360°-Feedback von den Führungskräften nicht ernst genommen werde und daraus keine Konsequenzen abgeleitet würden. In den untersuchten Texten wird auch thematisiert, dass Manager heute früher zu Vorständen gewählt werden, aber auch schneller aus dem Unternehmen ausscheiden als früher. Es wird kritisch angemerkt, dass ein narzisstisches Verhalten von Führungspersönlichkeiten nicht länger ausreiche. Stattdessen sollten Manager neue Kompetenzen erwerben. Insgesamt sind 124 Codings zu verzeichnen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. Dort wird der Prototyp als die wichtigste Bewertung angesehen, während er im Medium Die Welt (15) am wenigsten vorkommt. In Bezug auf die Siemens AG wurde der Aspekt in den untersuchten Texten am häufigsten zum Ausdruck gebracht (Tabelle 5.94).

Tab. 5.94 Negative Kritik am Führungsstil

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Negative Kritik am Führungsstil des Codes Bewertungen:

MT143::

Die Bilanzskandale einiger Weltkonzerne, undurchsichtige Börsengeschäfte deutscher Manager, die Verabschiedung von Ron Sommer, das Mißmanagement bei ABB, Ahold und vielen anderen Unternehmen, die Krise der Banken und Lebensversicherer sowie die Hilflosigkeit der aktiven Manager als gesellschaftliche Leitfiguren nähren den Verdacht, daß es mit der Führungsverantwortung auf der Topetage oft nicht weit her ist. Wenn es so ist, liegt das nicht zuletzt daran, daß es keinen verbindlichen Wertekanon gibt. In der hektischen Entwicklung der vergangenen Jahre wechselten und wuchsen die Anforderungen an die Unternehmensführung mit hohem Tempo. Die Forderung nach Neugestaltung der sozialen Netze, Globalisierung, Umweltschutz, der Abbau der Hierarchien, der Aufstieg des Outsourcing- und des Internet-Managements sowie die Entwicklung vernetzter Strukturen mit verteilter Führungsverantwortung sind nur ein Teil der Vorschläge, mit denen sich die Unternehmensführung auseinandersetzen muß. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für Betriebswirtschaftslehre (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

MT144::

Wenn die Führungskräfte auf allen Ebenen so daherkommen wie das sorgsam gepflegte Markenimage – sportlich, elegant, dynamisch –, dann drohen Wühler oder Querdenker zu fehlen, wenn es darauf ankommt. (Die Zeit, 27.10.2005, Besessen von drei Buchstaben)

Akteur der verbalen Handlung: Prof. Oswald Neuberger, Lehrstuhl für Psychologie (Universität Augsburg)

MT145::

Zu sehr auf Macht fixierten Chefs gelingt es jedoch nicht, diese Best-in-class-Manager an sich zu binden. Für die Regelung der Nachfolge bedeutet dies in Unternehmen mit einem zu autoritären Führungsstil, dass geeignete Kandidaten längst das Weite gesucht haben, wenn der Wechsel ansteht. Machtmenschen dulden nur selten starke Persönlichkeiten neben sich, ganz abgesehen davon, dass sie den richtigen Zeitpunkt der Stabübergabe gerne verpassen. (FAZ, 03.04.2008, Warum es in Deutschland so viele Fehlbesetzungen gibt)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT146::

Hinzu kommt, dass das Karrieremachen häufig andere Eigenschaften erfordert als das Führen. So werden oft diejenigen befördert, die so viel Energie auf den Aufstieg verwendet haben, dass ihnen der Kompass fehlt, wenn sie oben angekommen sind. Oder es geraten Mitarbeiter allein ihrer herausragenden Fachkenntnisse wegen in Leitungsfunktionen. Die können dann unter Umständen großartig erfinden oder verkaufen, mit Mitarbeitern umgehen können sie nicht immer. Nur ist genau dies – neben strategischem Denken – eine der wichtigsten Fähigkeiten in Spitzenjobs. Ein Chef muss nicht der beste Forscher oder der findigste Finanzmann sein. Er muss aber die besten Forscher und Finanzleute finden und einbinden. Er sollte zuhören können. Und Menschen mögen. (SZ, 08.08.1998, Verschwommene Persönlichkeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT147::

All das passiert, und so muss jeder Manager auch ein Stück weit narzisstisch sein, um sich jeden Tag diese Machtspiele anzutun. (Die Zeit, 14.12.2006, Die Welt der Bosse)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der zweite Prototyp der Bewertungen des Führungsstils – Positive Kritik am Führungsstil – thematisiert die positiven Auswirkungen des Führungsstils im Rahmen unternehmerischen Handelns. In den untersuchten Texten wird das Führungsverhalten von Managern gelobt. In diesem Zusammenhang wird die Funktion von Führungspersönlichkeiten für den positiven Ruf eines Unternehmens positiv beurteilt, denn Manager präsentierten ein Unternehmen und bestimmten dessen Unternehmenskultur mit. In Bezug auf einen positiven Führungsstil wird Führung nach demokratischen Prinzipien im Gegensatz zu starren Regeln positiv bewertet. Außerdem wird ein transparentes Verhalten von Managern nach innen und außen gelobt. In den Texten wird ein neuer Führungsstil thematisiert, der eine Führungspersönlichkeit mit neuen Qualitäten wie Einfühlungsvermögen auszeichnet. Des Weiteren wird ein Lob auf die Manager für ihren unternehmerischen Mut und ihr Verhalten in der Krise ausgesprochen. In den untersuchten Texten lässt sich eine positive Haltung gegenüber 360°-Feedbacks erkennen: Demnach überdenken Führungskräfte als Resultat der Feedbacks ihre Kompetenzen. Außerdem dient das Mitarbeiter-Feedback zur Bestimmung von Kommunikations- und Führungsqualitäten. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium SZ zu finden. Dort wird es als der wichtigste übergeordnete Zusammenhang angesehen, während es in den Medien FAZ und Die Zeit weniger thematisiert wird. Am häufigsten wird der Aspekt in Bezug auf die Bayer AG thematisiert (Tabelle 5.95).

Tab. 5.95 Positive Kritk am Führungsstil

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Positive Kritik am Führungsstil des Codes Bewertungen:

MT148::

Auch bei Siemens, BMW und Daimler-Chrysler arbeiten außergewöhnliche Talente. (Die Welt, 29.06.2005, „Arbeiten Sie hart daran!“)

Akteur der verbalen Handlung: James Citrin, US-amerikan. Personalberater (SpencerStuart)

MT149::

In diesem Feld indes gibt es Signale des Wandels. Mit der zunehmenden Zahl an deutschen Managern, die an angelsächsischen Hochschulen ausgebildet sind und im Ausland gearbeitet haben, steigt die Lernkurve in Deutschland an. Wenn diese Leute auf feste Hierarchien treffen, werden alte Spielregeln langsam geschleift. Besetzungen beginnen sich dann zunehmend an Leistung, Teamfähigkeit und Transparenz zu orientieren. (FAZ, 03.04.2008, Warum es in Deutschland so viele Fehlbesetzungen gibt)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT150::

Mir geht es um den Sinn der Arbeit. Materielle Anreize reichen heute einfach nicht mehr aus. Wer seine Kollegen nur als Kostenfaktor sieht, kann kein positives Arbeitsklima schaffen. (SZ, 10.04.2004, Exerzizien des Erfolgs)

Akteur der verbalen Handlung: Edward Bednarek, Abteilungsleiter (BMW AG)

MT151::

Siemens rückte in Tutzing nicht mit einem Menschen-Ideal heraus. Allerdings war zu erfahren, daß Schlüsselfunktionen nur noch mit international erfahrenen Managern besetzt werden. Durch den Abbau der vielstufigen Siemens-Hierarchie, so Hubertus von Dewitz, verliefen die Karrieren jetzt häufiger seitwärts – auf derselben Ebene im anderen Bereich oder im anderen Land. (SZ, 08.08.1998, Verschwommene Persönlichkeit)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT152::

Wenn ein Manager weiß, wie er von anderen gesehen wird, kann er wirksamer arbeiten. […] Das direkte Gespräch ist durch 360-Grad-Beurteilungen nicht zu ersetzen. Das Instrument bietet aber oft den Anlaß für solche Gespräche, die es so sonst nicht gegeben hätte. (FAZ, 30.09.2006, Willkommen im Panoptikum)

Akteur der verbalen Handlung: Christina Aldering, Beraterin (Kienbaum Consultants International GmbH)

MT153::

Ob sich ein Unternehmen erfolgreich entwickelt oder untergeht, hängt entscheidend von seinen Führungsteams ab. Je mehr Vielfalt dort herrscht, desto mehr Ideen und Temperamente fließen in die Arbeit ein. Nur so lässt sich erklären, warum Firmen einer vielzitierten Mc-Kinsey-Studie zufolge wirtschaftlich besser abschneiden, wenn sie von Männern und Frauen gleichermaßen geführt werden. In Unternehmen ist es wie beim Fußball: Aus einer Ansammlung von Stars wird nicht unbedingt die beste Mannschaft. Die Mischung zählt. (SZ, 03.04.2010, Wirtschaft braucht Werte)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

Der dritte Prototyp der Bewertungen des Führungsstils – Kritik an Fachkarrieren – thematisiert den Aufschwung und die Bedeutung von Fachkarrieren im Vergleich zu Führungskarrieren. Durch Fachkarrieren sollen ungeeignete Führungspersönlichkeiten verhindert werden. Allerdings wird in den Texten kritisiert, dass Fachkarrieren schlechter als Führungspositionen gestellt seien und sich nicht jeder Arbeitnehmer für eine Fachkarriere eigne. Insgesamt sind 12 Codings zu verzeichnen. Die einzigen Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Welt sowie in Bezug auf die Bayer AG und Siemens AG zu finden. Dort wird es als die wichtigste Bewertung angesehen, während es in den anderen Medien und in Bezug auf die BMW AG nicht thematisiert wird (Tabelle 5.96).

Tab. 5.96 Kritik an Fachkarrieren

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Kritik an Fachkarrieren des Codes Bewertungen:

MT154::

Die ganz großen Perspektiven winken Fachkarrieristen allerdings nicht. Die Unternehmensspitze bleibt weiterhin Führungskräften vorbehalten. Auch beim Gehalt können Spezialisten nicht mit ihren Managerkollegen gleichziehen. Nach Berechnungen der Vergütungsberatung Towers Perrin verdient ein Spezialist im Schnitt 69 400 Euro – 13 Prozent weniger als ein Gruppenleiter, der vergleichbare Job mit Mitarbeiterverantwortung. Zwei Karrierestufen höher, streicht ein Superexperte durchschnittlich 116 800 Euro ein – 17 Prozent weniger als ein vergleichbarer Hauptabteilungsleiter. (Die Welt, 17.05.2008, Führung, nein danke!)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT155::

Man hatte einen guten Experten verloren und eine schlechte Führungskraft gewonnen. (Die Welt, 17.05.2008, Führung, nein danke!)

Akteur der verbalen Handlung: Franz Biehal, Unternehmensberater, Moderator, Coach und Psychotherapeut (Trigon Entwicklungsberatung)

Der vierte Prototyp der Bewertungen des Führungsstils – Bewertung zum Status von Führungspersönlichkeiten – beschäftigt sich mit Führungspersönlichkeiten. In den untersuchten Texten wird zum Ausdruck gebracht, dass Manager unter Druck stehen und körperlich sowie psychisch Stress erfahren. Insgesamt sind zehn Codings zu verzeichnen. Die meisten Rollenwerte (Fillers) sind im Medium Die Zeit zu finden. Dort wird es als die wichtigste Bewertung angesehen, während es in den Medien FAZ und Die Welt am wenigstens vorkommt. In Bezug auf die Bayer AG wurde der Aspekt in den untersuchten Texten am häufigsten zum Ausdruck gebracht (Tabelle 5.97).

Tab. 5.97 Bewertung zum Status von Führungspersönlichkeiten

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Bewertung zum Status von Führungspersönlichkeiten des Codes Bewertungen:

MT156::

Es ist die Angst, die vielen körperlich zusetzt. Sie können schlecht einschlafen, sie wachen schweißgebadet auf, sie haben Magenschmerzen und Herzrhythmusstörungen. Jeder fünfte Manager fühlt sich überfordert, hat der Angstforscher Winfried Panse von der Fachhochschule Köln ermittelt, jeder dritte sieht sich von Investoren gejagt. (Die Zeit, 14.12.2006, Die Welt der Bosse)

Akteur der verbalen Handlung: Winfried Panse, Angstforscher (Fachhochschule Köln)

MT157::

Führungskräfte prägen ein Unternehmen, denn sie sind Vorbilder. Sie leben die Werte vor, die in der Firma gelten. Ihre Verantwortung ist immens. (SZ, 03.04.2010, Wirtschaft braucht Werte)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT158::

Sie haben einen ausgeprägten Sinn für verantwortbare Geschäfte. Außerdem müssen sie in Kategorien langfristiger Wertschöpfung denken und für nachhaltiges Unternehmertum stehen. (Die Zeit, 27.09.2013, „Die Zeit der Ertragsmaximierer ist vorbei“)

Akteur der verbalen Handlung: Jochen Kienbaum, Unternehmensberater und Vorsitzender der Geschäftsführung (Kienbaum Consultants International GmbH)

5.3.3.5 Forderungen-Prototypen

Zur Beantwortung der Frame-spezifischen Frage nach den Forderungen für die Zukunft wurden die Rollenwerte ermittelt, aus denen sich die Prototypen in Bezug auf den Führungsstil ableiten ließen. Die Prototypen der Forderungen sind in Tabelle 5.98 dargestellt.

Tab. 5.98 Prototypen von Forderungen zum Führungsstil in den Medientexten von Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ (1995–2014)

Aus Tabelle 5.98 lassen sich die Prototypen zu den Forderungen erkennen. Auffällig ist, dass im untersuchten Medientextkorpus zwei Forderungen signifikant sind: Ruf nach einer neuen Führungskultur und Anpassung der Führungskräfte.

Der erste Prototyp der Forderungen an den Führungsstil – Ruf nach einer neuen Führungskultur – kommuniziert den Wunsch, dass sich Führung stärker an einem demokratischen Wertekanon und dem Verantwortungsprinzip orientieren sollte. In den untersuchten Medientexten kommt zum Ausdruck, dass stärker über Ziele und nicht über Anwesenheit geführt werden soll. Außerdem soll es eine bessere Vorbereitung von Feedback-Gesprächen geben und Führung mehr Kontrolle unterliegen, beispielsweise durch Corporate Governance-Maßnahmen. Durch Unternehmensaktivitäten allein wäre dies kaum zu erreichen. Daher besteht eine Besonderheit des Diskurses darin, dass der Ruf nach einer neuen Führungskultur eng an die Diskussion um Unternehmenswerte geknüpft ist. Insgesamt wurden für den Prototyp acht Codings vorgenommen. Die Rollenwerte (Fillers) sind in den Medien FAZ und Die Zeit zu finden, während das Thema in den Medien SZ und Die Welt nicht vorkommt. In Bezug auf die Bayer AG und Siemens AG wird die Forderung thematisiert, wohingegen sie in Bezug auf die BMW AG nicht geäußert wird (Tabelle 5.99).

Tab. 5.99 Ruf nach einer neuen Führungskultur

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Ruf nach einer neuen Führungskultur des Codes Forderungen:

MT159::

Wir müssen über Ziele führen, nicht über physische Anwesenheit. (FAZ, 24.03.2013, „Wir verlieren zu viele Top-Frauen“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT160::

Die Intention jedoch – Führungskräfte in die Verantwortung für die Operationalisierung zu nehmen – ist der richtige Schritt. Denn Führen heißt Vorbild sein, und das Leitbild im gesamten Unternehmen zu „leben“ fängt bei den Führungskräften an. (FAZ, 25.02.2007, Leitbilder schaffen Mehrwert)

Akteur der verbalen Handlung: Klaus Schmidt, Inhaber (Henrion Ludlow Schmidt)

MT161::

Zur Führungsverantwortung gehört, über den Dingen zu stehen, einen weiteren Blick zu haben als ein Geschäftemacher. Eine der schwierigsten Aufgaben ist die Entwicklung demokratischer Unternehmen. Das rechte Maß von Mitsprache, Vertrauen und gegenseitiger Kontrolle gedeiht in einem liberalen Umfeld am besten. Das System der vertrauensvollen Zusammenarbeit in der Unternehmensführung, das auf blinde Gefolgschaft hinausläuft, taugt für die Zukunft nicht. Führungskräfte müssen ermutigt werden, nein zu sagen. Die Forderung nach mehr Corporate Governance kann schnell erledigt werden: Wenn alle Mitglieder der Führung eines Unternehmens Unstimmigkeiten oder Verstöße gegen Gesetze nicht einfach hinnehmen, weil sie von oben angeordnet wurden, wird Missetätern das Handwerk gelegt. In der Praxis zeigt sich immer wieder, daß gerade bei starken Führungspersönlichkeiten das Management zu einer vertrauensvollen Kooperation neigt. Dabei wird Widerspruch als Unloyalität gebrandmarkt. Das ist die falsche Führungskultur. Widerspruch und Diskussion führen zu besseren Entscheidungen. Es ist besser, wenn Entscheidungen von unten nach oben angeregt werden als in der umgekehrten Richtung. Als Leitlinie für die Verantwortung der Führungskräfte werden sich Demokratisierung und gesellschaftliche Verantwortung stärker durchsetzen. Daß wir dafür, wie häufig gefordert, eine Revolution der Unternehmensverfassung brauchen, ist nicht zwingend. Es wäre zu begrüßen, wenn ein völlig neuer Ansatz gefunden wird. Doch bis dahin wäre schon viel erreicht, wenn die Aktivierung der Mitarbeiter über die Einführung demokratischer Strukturen beschleunigt vorangetrieben wird. Durch den Werteset der Individuen ist der Boden dafür bereitet. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für BWL (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

Der zweite Prototyp der Forderungen an den Führungsstil – Anpassung der Führungskräfte – bezieht sich auf die Führungskräfte. Diese sollen sich einem Führungsstil anpassen und entsprechend ihrer Kompetenzen eingesetzt werden. Außerdem wird in den untersuchten Texten thematisiert, dass durch die Schulung von Führungskräften zu Compliance-Themen Manager mehr Glaubwürdigkeit erhalten sollen. Insgesamt gibt es sechs Rollenwerte (Fillers). Die Forderung wird in der FAZ nicht thematisiert, jedoch in Bezug auf alle drei untersuchten Unternehmen gleichermaßen häufig zum Ausdruck gebracht (Tabelle 5.100).

Tab. 5.100 Anpassung der Führungskräfte

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Prototyps Anpassung der Führungskräfte des Codes Forderungen:

MT162::

Heute ist eher der besonnene Unternehmertypus mit Risikogespür gefragt. Die Zeit der Ertragsmaximierer, die immer auf ihren persönlichen Nutzen achten, ist vorbei. Erfahrung ist wichtiger als Ehrgeiz. (Die Zeit, 27.09.2013, „Die Zeit der Ertragsmaximierer ist vorbei“)

Akteur der verbalen Handlung: Jochen Kienbaum, Unternehmensberater und Vorsitzender der Geschäftsführung (Kienbaum Consultants International GmbH)

MT163::

Das höchste Gut eines Managers sollte ohnehin die Glaubwürdigkeit sein. (Die Welt, 02.01.2006, Zwölf goldene Regeln für deutsche Manager)

Akteur der verbalen Handlung: Textautor (Redakteur)

MT164::

Deutsche Manager müssen vielfach noch lernen, was sie dürfen und was nicht. Die Amerikaner sind ihnen da schon weit voraus. (Die Welt, 31.03.2008, Der Kampf gegen Korruption gewinnt an Bedeutung)

Akteur der verbalen Handlung: Kajus Rottok, Geschäftsführer (Personalberatung Ray & Berndtson)

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Die Themen Führungsstil und Führungsqualitäten von Managern werden in den untersuchten Unternehmenstexten (vgl. Abb. 5.20, S. 212) wie auch in den Medientexten (vgl. Abb. 5.31, S. 327) zunehmend über den Untersuchungszeitraum (1995–2014) behandelt. In der untersuchten unternehmerischen Berichterstattung nimmt das Thema über den Untersuchungszeitraum signifikant zu, während in den untersuchten Printmedien das Thema präsent ist, jedoch auch Anstiege und Rückgänge der thematischen Behandlung erfährt. Eine Gemeinsamkeit hinsichtlich der thematischen Behandlung in den Unternehmens- und Medientexten über den Untersuchungszeitraum hinweg besteht darin, dass die Themen signifikant und prominent behandelt werden sowie sprunghafte Zunahmen zu verzeichnen sind. In den Unternehmenstexten erfährt das Thema eine starke Zunahme in den Jahren 2001, 2005, 2007, 2008 und 2012. In den Medientexten ist ein bedeutender Anstieg in den Jahren 1997, 2000, 2002, 2006 sowie ebenfalls 2012 abzulesen.Footnote 30 In den Unternehmenstexten steigt die thematische Behandlung signifikant über den Untersuchungszeitraum an, während sie in den Medientexten sprunghaft verläuft.

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den Unternehmens- und Medientexten besteht darin, dass gemeinsame Aspekte hinsichtlich des Zielzustands wie Steigerung des Unternehmenserfolgs und Kosteneinsparungen thematisiert werden. Auffällig ist, dass in den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten die Handlungen ausführlich und differenziert von den Unternehmen aufgeführt werden (vgl. dazu Abschnitt 5.2.3.4). In den Medientexten werden die Handlungen zu den Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten von Führungskräften hingegen allgemein und nicht in der thematischen Breite wie in den Unternehmenstexten vorgestellt (vgl. dazu Abschnitt 5.3.3.3). Dafür erfolgt in den Medientexten eine ausführliche Darstellung einzelner Themen, beispielsweise zum Führungsstil, in Bezug auf die damit zusammenhängenden Bewertungen (vgl. Abschnitt 5.3.3.4) und Forderungen. (vgl. Abschnitt 5.3.3.5).

Die Medientextanalyse zeigt die in der Öffentlichkeit diskursive Be- und Aushandlung eines an Nachhaltigkeit ausgerichteten Führungsstils und den entsprechenden Führungsqualitäten von Managern im Unternehmen. Es lassen sich Kongruenzen sowie Kontrastierungen, Variationen und Elaborationen des Subthemas Führungsstil in den Medientexten erkennen. Die Analyseergebnisse zeigen Slots, die kongruent, aber auch kontrastiv, variiert und elaboriert belegt werden, beispielsweise in Bezug auf die Kritik am Führungsstil. Die thematische Be- bzw. Aushandlung von den Bewertungen des Führungsstils zeigt, wie die Medientexte zueinander in Beziehung stehen: In dem Artikel „Die Führungskraft auf unsicherem Terrain“ (FAZ, 05.05.2003) kritisiert Horst Wildemann, Prof. für Betriebswirtschaftslehre an der TU München und Geschäftsführer der TCW-Unternehmensberatung, das mangelnde Verantwortungsbewusstsein von Führungspersönlichkeiten und fordert eine Neuausrichtung von Hierarchien und Vorstellungen zum Führungsverhalten. Den negativen Bewertungen des Führungsstils stehen die in den untersuchten Medientexten positiven Bewertungen gegenüber. In dem Artikel „Warum es in Deutschland so viele Fehlbesetzungen gibt“ (FAZ, 03.04.2008) erklärt der Textautor, dass es zunehmend gute Besetzungen von Führungspositionen gibt und die Teams in Anlehnung an Leistungsfähigkeit und Transparenz geführt werden, vorausgesetzt sie wurden an einer angelsächsischen Hochschule ausgebildet. Dieser Idee stimmt auch James Citrin, US-amerikanischer Personalberater bei SpencerStuart, zu, der die Führungspersönlichkeiten in deutschen Unternehmen lobt, namentlich die Siemens AG und BWM AG. Dies zeigt, dass derselbe Slot bezüglich der Bewertungen des Führungsstils kontrastiv und kongruent spezifiziert wird.

Aus der Analyse der Medientexte geht hervor, dass für die Unternehmen wichtige Themen auch von der Gesellschaft medial reflektiert werden. Nennenswert sind hierfür beispielsweise das Einsparen von Kosten durch den Führungsstil sowie die Steigerung der Motivation und der Erhalt der Gesundheit der Arbeitnehmer (Zielzustand), die Behandlung der Frage des Führungsnachwuchses in Unternehmen (Ursachen und übergeordneter Zusammenhang), Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Führungskräfte (Handlungen), die positive und negative Betrachtung von Führung (Bewertungen) sowie der Ruf nach einem neuen Führungsstil (Forderungen).

5.3.4 Untersuchungsrelevante Akteure

Im Nachhaltigkeitsdiskurs existieren unterschiedliche Einstellungen der einzelnen Akteure. Das Akteursinteresse ist eng an die Vorstellung eines kompetitiven „Ringens“ um die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Gestaltungsmacht zur Durchsetzung der eigenen Interessen und zur Realisierung zugehöriger Zielsetzungen geknüpft (vgl. Konerding 2009a: 23). Auch in Zeiten der ansteigenden Internetnutzung spiegeln Zeitungen die Wertevorstellungen einer Gesellschaft wider, da sie zum öffentlichen Diskurs beitragen (vgl. dazu Kapitel 2).

Hinsichtlich des Akteursbegriffs gibt es eine gewisse Unschärfe bzw. Uneinheitlichkeit in der Wissenschaftsliteratur. Unumstritten ist, dass der Akteursbegriff eine zunehmend wichtige Bedeutung in der Forschung einnimmt:

Zugleich hat der Anschluss an Arbeiten aus der ‚Discourse Analysis‘ und der soziologischen Diskursanalyse dazu geführt, dass die Kategorie des ‚Akteurs‘ wiederholt als eigenständige Analyseebene für die Diskurslinguistik postuliert wird. (Spitzmüller/Warnke 2011: 9).

Akteuren wird mittlerweile ein prominenter Platz zugewiesen, denn sie sind

nicht nur ‚Spielfiguren‘ des Diskurses […], sondern aktiv Handelnde, das heißt Handelnde, deren Handeln nicht nur diskursgeprägt ist, sondern auch diskursprägend und diskurskonstituierend. (Spitzmüller 2013: 65)

Daran anknüpfend wird den Akteuren besonders in der Soziolinguistik eine wichtige Bedeutung eingeräumt, beispielsweise in der Kritischen Diskursanalyse oder in den Social Semiotics. Der Ursprung des Akteurs in der Diskurstheorie geht auf Foucaults Frage: „Wer spricht“ (Foucault 1973: 75) zurück. Seitdem existieren unterschiedliche Bezeichnungen, beispielsweise „Subjekt“, „Rolle“, „Akteur“, „locuteur“ und „discoursive being“. Je nach Forschungstradition gibt es einen anders gewichteten analytischen Zugang. Schwierig in diskursanalytischen Untersuchungen ist, dass nicht jeder Akteur eine Stimme hat und nicht jeder Stimme ein Akteur zugeordnet werden kann. Ebenso sind die Beziehungen zu anderen Akteuren wichtig. Das Phänomen des Sprechens ist für andere Akteure ebenso zu berücksichtigen: Ein Akteur kann beispielsweise durch die Stimme eines anderen Akteurs sprechen. In diesem Zusammenhang ist zu klären, wer und in welcher sozial-kommunikativen Rolle spricht sowie welche Rollen dabei eingenommen werden (vgl. Dreesen 2012: 229), wie im Folgenden aufgeführt wird:

  1. 1.

    Taucht die Position desjenigen, der vom Diskurs (z. B. in einer Debatte oder einer Verhandlung eines bestimmten Themas) ausgeschlossen ist, wirklich nicht im Diskurs auf?

  2. 2.

    Ist der, der spricht, immer autorisiert, im eigenen oder fremden Namen zu sprechen?

  3. 3.

    Spricht jemand, gemessen am Kontext, konsistent? Anders gefragt: Wechselt jemand seine locuteur-Rolle?

  4. 4.

    Welches Muster liegt einer Ordnung zugrunde, die fremde Stimmen zulässt/nicht zulässt? Anders gefragt; Unter welchen medialen, thematischen etc. Produktions- und ggf. Rezeptionsbedingungen lässt ein Diskurs fremde Stimmen zu. (Dreesen 2012: 230)

Die Forschungsarbeit untersucht, welche Akteure in den untersuchten Unternehmenstexten von den Unternehmen adressiert werden (patientiv) und welche Akteure sich in den Medientexten zu ausgewählten Themen und anderen Akteuren äußern (agentiv). Die vorliegende Arbeit orientiert sich an dem Akteursbegriff von Warnke/Spitzmüller: „Akteure gebrauchen Sprache in der Kontextualisierung jeweiliger Wissensbestände, um Wissen wiederum zu generieren, zu reformulieren, zu affirmieren etc.“ (Warnke/Spitzmüller 2008a: 16). Außerdem wird in dieser Arbeit auf die Erkenntnisse des von Prof. Konerdings geleiteten Forschungskolloquiums aufgebaut. Demnach ist ein Akteur eine Person, Personengruppe, Institution oder Personifikation, von der verbale oder nonverbale Akte ausgehen, die in thematischem Bezug zum Diskurs stehen und ausreichend relevant sowie signifikant sind, um im Diskurs aufgegriffen zu werden. Dabei können Akteure sowohl nicht-natürliche als auch natürliche Personen bzw. Personengruppen oder der Textautor sein.

In Bezug auf die Nachhaltigkeitsforschung konstatieren Grunwald/Kopfmüller, dass Akteure staatliche oder nicht-staatliche, institutionalisierte oder nicht-institutionalisierte Individuen oder im Kollektiv handelnde Personen sein können (Grunwald/Kopfmüller 2006: 127). Eine klassische Unterscheidung erfolgt bei Grunwald/Kopfmüller (2006) zwischen dem Staat und den Institutionen, der Politik, den Unternehmen, privaten Haushalten und Konsumenten, zivilgesellschaftlichen Akteuren, beispielsweise Umwelt-, Verbraucher- oder Sozialverbänden, der Kirche und Wissenschaft. Auch Medien werden als eigenständige Akteure aufgeführt. Aufgrund der Heterogenität der Akteure ist die Verständigung auf gemeinsame Ziele und Vorgehensweisen im Nachhaltigkeitsdiskurs von zentraler Bedeutung. Denn:

Unterschiedliche staatliche und nicht-staatliche Akteure besitzen verschiedene Kompetenzen und bewegen sich in Gefügen mitunter sehr unterschiedlicher Regeln, Normen, Wertmuster und Interessen, die ihr Handeln prägen. (Grunwald/Kopfmüller 2006: 106)

Daraus resultierend unterscheiden sich auch ihre Ideen maßgeblich darüber, wie der Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement definiert wird. Damit einhergehend bestehen laut Grunwald/Kopfmüller (2006) drei wesentliche Herausforderungen: Erstens sollten Akteure Übereinstimmungen in Bezug auf den Nachhaltigkeitsbegriff aufweisen, damit Zielvereinbarungen, Instrumente und Richtlinien entwickelt werden können. Zweitens sollten Akteure die Bereitschaft mitbringen, Handlungsmuster zu verändern. Drittens sollten sich politische und institutionelle Rahmenbedingungen gesamtgesellschaftlich positiv auswirken (vgl. Grunwald/Kopfmüller 2006: 106). Die Analyse orientiert sich an der Klassifikation von Grunwald und Kopfmüller (2006). Auf die Frame-spezifische Frage nach den Akteuren wurden als Antworten die Rollenwerte in der Untersuchung herausgearbeitet, aus denen heraus durch Klassifikation die Sphären der Akteure eruiert wurden:

  • Wirtschaft und Unternehmen,

  • wissenschaftliche Institutionen und Wissenschaftler,

  • Politik, Staat und Justiz sowie

  • Gewerkschaften.

Ausgewählte Akteure und ihre Einstellungen werden im Folgenden detailliert präsentiert.

Wirtschaft und Unternehmen

Akteure aus der Wirtschafts- und Unternehmenswelt wurden in den untersuchten Medientexten am häufigsten kodiert. Dies unterstreicht die enorme Bedeutung von Unternehmen für den Menschen, da sie mit ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung erheblich zum Erfolg einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können:

Als Hersteller von Gütern und Dienstleistungen beeinflussen sie mit ihren investitions-, produkt- und produktionsprozessbezogenen Entscheidungen sowie mit der Durchführung (und dem Unterlassen) von Forschung, Aus- und Weiterbildung direkt die Entwicklung von Ressourcenverbrauch, Umweltbelastungen oder von Art und Umfang des Einsatzes der Faktoren Kapital, Arbeit und Wissen. (Grunwald/Kopfmüller 2006: 107)

Wirtschaftliches Handeln bezieht sich demnach auf produkt-, herstellungs- und investitionsbezogene Prozesse, die nicht nur den Ressourcenverbrauch und die Umweltveränderungen beeinflussen. Durch personalrelevante Entscheidungen werden auch Mitarbeiter sowie ihre Arbeit, ihr Wissen und schließlich ihre persönliche Entwicklung beeinflusst. Nicht zuletzt erfolgt dadurch eine Beeinflussung der Lebensstile, die wiederum Einfluss auf gesamtgesellschaftliche Prozesse haben. Unternehmen können nachhaltig handeln, sind es aber nicht zwangsläufig. Dafür bedarf es steuernder Prozesse und Zielfestlegungen (vgl. Grunwald/Kopfmüller 2006: 107). Beispielsweise werden unter Corporate Governance und Corporate Sustainability die unternehmerischen Handlungen zu Nachhaltigkeit definiert, so auch im Bereich Humankapital. Die Dokumentation dieser Nachhaltigkeitsaktivitäten erfolgt in Nachhaltigkeitsberichten, wird aber auch in den Medien thematisiert, wie die vorliegende Arbeit aufzeigt. Dadurch wird überhaupt erst eine Diskussion um den Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement möglich. Fraglich bleibt dabei, inwieweit ethische und moralische Interessen bei den Akteuren im Vordergrund stehen und nicht das einseitige Interesses am unternehmerischen Erfolg und der Imagepositionierung der Unternehmen in der Öffentlichkeit.

Im Folgenden werden die Akteure exemplarisch für den Bereich der Frauenförderung vorgestellt. Dabei werden zuerst die Akteure aus dem Bereich Wirtschaft und Unternehmen, dann aus der Sphäre Wissenschaft und Wissenschaftler, anschließend aus dem Bereich Politik, Staat und Justiz und abschließend aus der Sphäre Gewerkschaften vorgestellt. Tabelle 5.101 zeigt eine Auswahl der Prototypen in Bezug auf die Frauenförderung für die Akteure aus dem Bereich Wirtschaft und Unternehmen:

Tab. 5.101 Prominente Diskursakteure aus der Sphäre Wirtschaft und Unternehmen

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Codes Akteure aus der Sphäre Wirtschaft und Unternehmen:

MT165::

Eine feste Quote erscheint uns nicht zielführend. Wir haben uns deshalb für Zielkorridore des Frauenanteils bei Nachwuchsprogrammen, Gesamtbelegschaft und Führungskräften entschieden. Das ist nachhaltiger und lässt den notwendigen Handlungsspielraum. Der Korridor für den Frauenanteil bei Führungskräften liegt beispielsweise bei 15 bis 17 Prozent bis 2020. Das bedeutet, ausgehend von der Situation heute, nahezu eine Verdoppelung. (Die Welt, 26.02.2011, „Die Verwirklichung individueller Wünsche wird wichtiger“)

Akteur der verbalen Handlung: Harald Krüger, Personalvorstand (BMW AG)

MT166::

Ich kann dem noch nicht im Detail vorgreifen. Es geht aber beispielsweise darum, dass wir noch mehr für die Kinderbetreuung tun müssen. Bis Jahresende haben wir zwar 800 Kinderbetreuungsplätze und damit unser 2009 ausgerufenes Ziel erreicht. Ich finde aber, das ist bei Weitem noch nicht genug, auch weil das Thema Kinderbetreuung zu lange der Politik überlassen wurde. Wir müssen deutlich mehr Kinderbetreuungsplätze schaffen. Außerdem müssen wir es schaffen, Frauen nach der Geburt ihres Kindes wieder schneller zurück in den Beruf zu holen. (Die Welt, 16.09.2011, „Die Lage ist besser als die Stimmung“)

Akteur der verbalen Handlung: Brigitte Ederer, Personalvorstand (Siemens AG)

MT167::

Im Management gebe es ihm zu viele »weiße, deutsche Männer«, sagte Löscher und setzte im April den ersten Chief Diversity Officer ein: Ihr Name ist Jill Lee (45), und sie hat viele Jahre für Siemens in Asien gearbeitet, zuletzt war sie Finanzchefin der Konzerntochter in China. Kaum angetreten, durchsuchte Lee den Konzern nach Frauen und konnte feststellen:»20 Prozent unserer Toptalente sind weiblich.« Es gehe nun nicht mehr darum, ob man sie fördere, sondern wie, weil er dahinterstehe, gemeint ist Löscher. (Die Zeit, 23.09.2009, Die Weiberwirtschaft)

Akteur der verbalen Handlung: Peter Löscher, Vorstandsvorsitzender (Siemens AG)

Wissenschaftliche Institutionen und Wissenschaftler

Zu den Akteuren aus der Sphäre wissenschaftliche Institutionen und Wissenschaftler zählen Bildungseinrichtungen wie Universitäten und Forschungsinstitute, die ethische und soziale Aspekte des Nachhaltigkeitsbegriffs vermitteln. NGOs zählen ebenfalls zu den Akteuren in diesem Bereich. Da es sich dabei um glaubwürdige Institutionen handelt, kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu. Aus der Untersuchung geht hervor, dass die Akteure aus dieser Sphäre in zahlreichen Gebieten zum Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement forschen. In den kodierten Textstellen stellen sie Wissen zum Nachhaltigkeitsbegriff bereit, zeigen Verursacher- und Abhängigkeitsketten auf und stellen ihre Theorien zu einer Praxisfähigkeit des Nachhaltigkeitsbegriffs im Personalmanagement vor. Tabelle 5.102 zeigt eine Auswahl der Prototypen in Bezug auf die Frauenförderung für die Akteure aus dem Bereich wissenschaftliche Institutionen und Wissenschaftler:

Tab. 5.102 Prominente Diskursakteure aus der Sphäre wissenschaftliche Institutionen und Wissenschaftler

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Codes Akteure aus der Sphäre wissenschaftliche Institutionen und Wissenschaftler:

MT168::

Die Linienführungskräfte sind für die Personalarbeit verantwortlich. Sie verändern das Humankapital und sind an den daraus abzuleitenden Teilzielen zu messen. Oberste Kontrollinstanz ist für sie der Personalvorstand. Mit ihm werden Zielvereinbarungen abgeschlossen: nicht nur zu Personalkosten und -budgets, sondern zu allen notwendigen Komponenten eines Humankapitalmanagements wie Personalkonfigurationen oder Personalbindung. Durch eine Humankapitalbewertung bekommt die Personalabteilung letztlich ein wirksames Steuerungsinstrument an die Hand – das sie im Interesse des Gesamtunternehmens ergreifen sollte. (FAZ, 15.09.2008, Die Dax-30-Unternehmen und ihr Humankapital)

Akteur der verbalen Handlung: Christian Scholz, Prof. für BWL (Universität des Saarlandes)

MT169::

Die Frage nach der Führungsverantwortung eines Managers ist nicht nur schwer zu beantworten. Sie ist letzten Endes überhaupt nicht schlüssig zu beantworten. Das liegt vor allem daran, daß ohne die Heranziehung ethischer oder moralischer Kategorien, unabhängig von gesetzlichen Regelungen, kein verbindliches Konzept für Führungsverantwortung entwickelt werden kann. Ethik und Moral aber unterliegen dem ständigen Wechsel durch Wertewandel und – was noch schwerer wiegt – der Interpretation der beteiligten Individuen. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Horst Wildemann, Prof. für BWL (Technische Universität München) und Geschäftsführer (TCW-Unternehmensberatung)

MT170::

Personalmanager sind im Schockzustand. Ihre Steuerungsinstrumente seien zu langsam für die sich überschlagenden Anforderungen von außen, lautet Rumps Befund. (FAZ, 05.05.2003, Die Führungskraft auf unsicherem Terrain)

Akteur der verbalen Handlung: Jutta Rump, Prof. für BWL (Universität Ludwigshafen)

MT171::

Im Unterschied zur Frauenförderung, die, so Krell, „häufig gleichgesetzt wird mit Entwicklungshilfe für defizitäre weibliche Wesen“ und relativ schlicht an der Trennlinie „Geschlecht“ entlang differenziere, ziele eine Politik der Chancengleichheit darauf, „in Organisationen Bedingungen zu schaffen, unter denen alle Beschäftigten ihre Leistungsfähigkeit und ihre Leistungsbereitschaft uneingeschränkt entwickeln und entfalten können“. (FAZ, 01.08.1998, Auch Männer träumen manchmal von flexiblen Arbeitszeiten)

Akteur der verbalen Handlung: Gertraude Krell, Prof. für BWL (Freie Universität Berlin)

Politik, Staat und Justiz

Die Bundesrepublik hat mit der Bildung der Enquête-Kommission der Nachhaltigkeitsidee eine entscheidende Bedeutung beigemessen (vgl. dazu Kapitel 1 und Kapitel 4). Zudem wurde im Jahr 2002 die Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, die sich auf die folgenden vier Punkte stützt: Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, sozialer Zusammenhalt und internationale Verantwortung (vgl. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Fortschrittsbericht 2012.). In diesem Zusammenhang wurden Managementkonzepte und Schlüsselindikatoren bestimmt, die konkrete Handlungsziele und deren Umsetzungsstrategien vorgeben. Alle vier Jahre wird ein Bericht vorgelegt, der das Erreichen der Ziele prüft und zukünftigen Handlungsbedarf definiert.

In den letzten Jahren standen zahlreiche Handlungsfelder im Vordergrund. Aus den folgenden Handlungsfeldern stehen Themen wie der demografische Wandel und der Einsatz älterer Arbeitnehmer im Zusammenhang mit den Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit:

  • die Nutzung der Energieeffizienz und der Einsatz neuer Energieversorgungsstrukturen unter Einbeziehung der erneuerbaren Energien sowie alternativer Kraftstoffe und Antriebstechnologien,

  • der Umwelt- und Klimaschutz,

  • der Schutz und die Nutzung der biologischen Vielfalt,

  • eine moderne Stromversorgung,

  • nachhaltige Produktionsprozesse,

  • Mobilitätsfragen,

  • die Gestaltung des demografischen Wandels,

  • das Nutzen der Potenziale älterer Menschen in Wirtschaft und Gesellschaft sowie

  • Themen einer gesunden Ernährung (vgl. Nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Fortschrittsbericht 2012.).

Auch andere staatliche Institutionen leisten einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung, zum Beispiel der „Rat für nachhaltige Entwicklung“ (RNE), der die Bundesregierung zu Fragen der Nachhaltigkeitsstrategie berät sowie Ziele, Vorgaben und Projekte empfiehlt. Des Weiteren gehört die Schaffung politischer Rahmenbedingungen zum Aufgabenbereich des Staates, zum Beispiel Aktionsprogramme, die finanzielle Förderung von Nachhaltigkeitsaktivitäten und Subventionierungsprojekte. Tabelle 5.103 zeigt eine Auswahl der Prototypen in Bezug auf die Frauenförderung für die Akteure aus den Bereichen Politik, Staat und Justiz.

Tab. 5.103 Prominente Diskursakteure aus den Sphären Politik, Staat und Justiz

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Codes Akteure aus der Sphäre Politik, Staat und Justiz:

MT172::

Wir müssen über dieses Thema eine breite Diskussion führen. Die Regierung wird noch in diesem Jahr einen Vorschlag vorlegen. (SZ, 07.02.2011, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Ursula von der Leyen, Bundesarbeitsministerin (CDU)

MT173::

Jeder, der über die Frauenquote redet, muss zugeben, dass sie im Einzelfall gegenüber Männern ungerecht sein kann. Der Mann, der wegen der Quote nicht zum Zuge kommt, kann ja nichts dafür, dass er ein Y-Chromosom hat und dass jahrhundertelang Männer dominiert haben […] Wer Frauen fördert, darf Männer nicht diskriminieren. Jede Quote ist eine Krücke. (Die Zeit, 30.04.2011, Frauenquote bedroht Männerkarrieren)

Akteur der verbalen Handlung: Kristina Schröder, Bundesfrauen- und Familienministerin (SPD)

MT174::

Am Mittwoch teilte Kanzlerin Angela Merkel mit, die Regierung werde genau das nicht tun. Eine Quote werde es nicht geben. Die Wirtschaft solle die Chance haben, „freiwillig zu Fortschritten zu kommen“. (SZ, 07.02.2011, Es tut sich was)

Akteur der verbalen Handlung: Angela Merkel, Bundeskanzlerin (CDU)

G ewerkschaften

Die Akteure aus der Sphäre der Gewerkschaften vertreten die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer. Durch Aktionen wie Streiks und Lohnkämpfe können sie bei der Umsetzung nachhaltiger Ziele mitwirken. Die Akteure aus der Sphäre Gewerkschaften setzen sich in zahlreichen Bereichen für die Belange der Arbeitnehmer ein. Dazu zählen beispielsweise verbesserte Arbeitsbedingungen, höhere Löhne, mehr Mitbestimmung oder verbesserte Arbeitszeiten und -formen. So nehmen sie entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Arbeitswelt und damit auch auf die gesellschaftliche Entwicklung. Tabelle 5.104 zeigt eine Auswahl der Prototypen in Bezug auf die Bezahlung von Mitarbeitern für die Akteure aus dem Bereich Gewerkschaften.

Tab. 5.104 Prominente Diskursakteure aus der Sphäre Gewerkschaften

Folgende Äußerungen dienen als Beispielauszug der kodierten Textstellen des Codes Akteure aus der Sphäre Gewerkschaften:

MT175::

Die Beschäftigten haben den wirtschaftlichen Aufschwung des Unternehmens möglich gemacht. Dafür erhalten sie jetzt einen Konjunkturbonus. (SZ, 11.11.2010, Siemens zahlt Konjunkturbonus)

Akteur der verbalen Handlung: Berthold Huber, Vorsitzender (IG-Metall) und Aufsichtsrat (Siemens AG)

MT176::

Wir wollen versuchen, den Ansatz der Mitbestimmung in Deutschland, also eine gleichberechtigte Teilhabe bei Unternehmensentscheidungen, auf Europa zu übertragen. (SZ, 05.06.2007, Betriebsräte besser bezahlen)

Akteur der verbalen Handlung: Hubertus Schmoldt, Vorsitzender (IG BCE)

Besonderer Akteur: Papst Franziskus

Eine Besonderheit des Codes Akteure ist das Auftreten des Papstes Franziskus, der sich zum Personalmanagement äußert. Als kirchlicher Vertreter setzt er sich für die Etablierung eines gesamtgesellschaftlichen Leitbildes ein, das Anregungen für ein friedliches Zusammenleben bietet. Das folgende Textbeispiel illustriert seine diskursrelevante Äußerung zur allgemeinen Kapitalismuskritik: „Der Mächtige macht den Schwachen zunichte. Massen von Menschen werden ausgeschlossen. Die Ausgeschlossenen sind nicht mehr Ausgebeutete, sondern Abfall“ (Die Zeit, 09.01.2014, Die Moralapostel).

Zusammenfassend kann festgehalten werden:

Mithilfe der framebezogenen Diskursanalyse wird untersucht, welche Makro-Rollen in Bezug auf die Akteure des Frames Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ im Untersuchungszeitraum auftreten. Die Analyseergebnisse der Unternehmens- und Medientexte zeigen, welche Themen im Diskurs relevant und welche Prototypen für die untersuchten Unternehmen signifikant sind. In der Analyse wurden unterschiedliche Umsetzungsstrategien der Nachhaltigkeitsidee in Bezug auf die Frauenförderung, den Kampf um Talente und den Führungsstil in den Unternehmen detailliert vorgestellt.

Ein zentrales Merkmal des untersuchten Diskurses ist, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee eng an einen Wandel geknüpft ist, der in den Unternehmen genauso wie in der Gesellschaft stattfinden soll. Das heißt, nicht nur Produktions-, Planungs- und Entscheidungsprozesse sollten im Sinne der Nachhaltigkeitsidee verändert werden, sondern auch die Lebensweisen des Einzelnen. Ein interdisziplinärer Ansatz und eine aktive Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren ist dabei unumgänglich. Wenn als gesamtgesellschaftliches Ziel Nachhaltigkeit angestrebt wird, ist die Gesellschaft darauf angewiesen, dass alle daran mitwirken.

Die Untersuchung zeigt, dass die Akteure auf unterschiedlichen Ebenen und institutionellen Bereichen agieren. Der Erfolg der Umsetzung hängt folglich von den einzelnen Akteuren ab. Eine besondere Stellung nimmt die gesamtgesellschaftliche Dimension ein, denn die Gesellschaft stellt die Schnittstelle zwischen dem Staat und der Wirtschaft dar (vgl. Nohlen 2011). In ihr werden Werte bestimmt und nur gemeinsam können die verschiedenen Akteure in der Gesellschaft eine nachhaltige Entwicklung positiv beeinflussen. Sie sind für das Gelingen oder Scheitern der Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee verantwortlich.

5.3.5 Zusammenfassung der Analyseergebnisse der Medientexte

Die Analyseergebnisse der Medientexte der Medien Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ liefern einen detaillierten Einblick in die Ergründung des Themenspektrums „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in Bezug auf die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG im Untersuchungszeitraum von 1995 bis 2014. Aus den Analyseergebnissen der drei Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil wird ersichtlich, dass der Nachhaltigkeitsbegriff in den Medien diskursiv behandelt wird. Die Medientexte dienen als Vergleichskorpus und bilden den Diskursstrang ab, der dem Unternehmenstextkorpus vergleichend gegenübergestellt wird. Die Analyse der Medientexte beschäftigt sich damit, welche der in der Unternehmenstextanalyse vorgestellten Themen in den Medientexten zum Ausdruck gebracht werden. Für die Analyse der Medientexte sind die untersuchungsrelevanten Themen der Unternehmenstexte zentral. Dies ermöglicht das Aufzeigen von thematischen Kohärenzbeziehungen zwischen den Unternehmens- und Medientexten. Die Themen werden kongruent, kontrastiv sowie in Form thematischer Elaboration und Variation behandelt.

In der obigen Ergebnispräsentation wurde das Metathema „Nachhaltigkeit“ nach Konerding (1993) dem Matrixframe Zustand zugeordnet und die einzelnen Aspekte – Zielzustand, Ursachen und übergeordneter Zusammenhang, Handlungen, Bewertungen und Forderungen – wurden thematisch untersucht (vgl. Konerding 1993: 349 ff.). Die theoretischen Ausführungen zur Methode werden in Abschnitt 2.3 und die Korpuskonstitution in Abschnitt 4.2 sowie Abschnitt 4.3 vorgestellt. Die thematische Analyse der Medientexte dient der Beantwortung der zweiten Forschungsfrage:

  1. 2.

    Wie wird das Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalbereich“ in den Medien (bzw. Medientexten) gezeichnet? Welche strittigen Diskurssubthemen existieren in Abhängigkeit von Ereignis, Zeit und Medium? Wie wird Nachhaltigkeit im Personalmanagement definiert und wie soll sie erreicht werden?

Bei der Analyse der Medientexte wurden von dem erstrebenswerten Zielzustand bis zu den Forderungen die ausdrucksseitig oder implizit vorhandenen Themen vorgestellt. Dabei ließen sich eine Vielzahl relevanter Subthemen feststellen, die ein differenziertes Verständnis von Nachhaltigkeit im Personalmanagement zeichnen. Zur Klärung der Forschungsfrage bleibt festzuhalten, dass in den untersuchten Medientexten der von den Unternehmen wünschenswerte Zielzustand und die Handlungen zur Erreichung des Zielzustands sowie die Ursachen und der übergeordnete Zusammenhang, in dem die Handlungen umgesetzt werden, kritisch beleuchtet werden. In den Forderungen werden für die Unternehmen und teilweise für den Staat konkrete personalpolitische Maßnahmen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsidee im Personalmanagement genannt. Die Analyse der untersuchten Medientexte der Medien Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ weist viele in Kongruenz, Variation, Kontrastierung und Elaboration behandelte diskursive (Sub-)Themen auf. Die einzelnen Slots des Matrixframes Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ werden in den untersuchten Medientexten detailliert belegt und weiterentwickelt. Wichtig für die vorliegende Untersuchung ist, dass die untersuchungsrelevanten diskursiven (Sub-)Themen einen Bezug zum Diskursthema aufweisen.

Die in Abschnitt 5.3 vorgestellten vielschichtigen diskursiven (Sub-)Themen verfügen über eine Verbindung zum Thema des Konzepttyps Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“. Die aus den untersuchten Medientexten eruierten Diskurssubthemen wurden in Relation zum Matrixframe Zustand gesetzt. Dabei wurden folgende Aspekte vorgestellt: Zielzustand, Ursachen und übergeordneter Zusammenhang, Handlungen, Bewertungen und Forderungen. Die Verbindung der untersuchungsrelevanten diskursiven Sub-themen zum Matrixframe Zustand wird – wie bei den UnternehmenstextenFootnote 31 – mithilfe von Reduktion auf einen minimierten Matrixframe in der folgenden Tabelle dargestellt. Darin sind die untersuchungsrelevanten Diskursthemen der belegten Slots aufgeführt, die den Frame als minimierten Matrixframe zugänglich machen. Slots, die von diesem Diskursausschnitt nicht belegt werden, werden nicht aufgeführt.

Tab. 5.105 Minimierter Matrixframe Zustand „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ für die Medientexte Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ

Der in Tabelle 5.105 dargestellte minimierte Matrixframe präsentiert alle eruierten Diskurssubthemen in Verbindung zu den Schwerpunktthemen Frauenförderung, Kampf um Talente und Führungsstil. In den einzelnen Medientexten wird spezifiziert, was unter Nachhaltigkeit im Personalmanagement verstanden wird und wie diese mithilfe von konkreten Maßnahmen erreicht werden kann. Die in Tabelle 5.105 präsentierten Diskurssubthemen können auch als eigenständige Diskurssubthemen definiert werden, abhängig von der Perspektive und der Bündelung thematisch ähnlicher Inhalte. Dafür müssten jedoch weitere Medientexte sowie Unternehmenstexte von weiteren Unternehmen recherchiert und analysiert werden oder der Fokus auf andere Slots der entsprechenden Frames gesetzt werden, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Für die vorliegende Untersuchung ist es zentral, dass die für die Analyse relevanten Themenbereiche einen unmittelbaren Bezug zum Untersuchungsthema aufweisen.

Es bleibt festzuhalten, dass die in Tabelle 5.105 vorgestellten Diskurssub-themen und ihre Relation zum übergeordneten Metathema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ die zweite Forschungsfrage darüber verifizieren, wie das Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalbereich“ in den Medien (bzw. Medientexten) gezeichnet wird und welche strittigen Diskurssubthemen in Abhängigkeit von Ereignis, Zeit und Unternehmen existieren sowie wie „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ definiert und erreicht werden soll.

Die Analyse der Medientexte zeigt die Relevanz des Themas „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ für die Öffentlichkeit. Die in den Medientexten vorgestellten Handlungen werden in den übergeordneten Zusammenhang eingebettet und bewertet. Bewertungen und Forderungen werden in den untersuchten Medientexten stark thematisiert.

Aus der Analyse der Unternehmenstexte geht hervor, dass in den Unternehmenstexten die Selbstdarstellung bzw. -bewertung der Unternehmen darauf abzielt, sich als nachhaltig agierende Unternehmen zu verstehen. Dies steht den Analyseergebnissen der Medientextanalyse gegenüber: Die Analyse der Medientexte zeigt, dass das Selbstbild der Unternehmen als nachhaltig agierende Akteure nicht mit dem im Unternehmensdiskurs abgebildeten Bild übereinstimmt. Im Gegenteil: In den Medientexten werden Unternehmen nicht immer als nachhaltig handelnd dargestellt. Gerade in Bezug auf strittige Themen werden kritische Bewertungen kommuniziert und Forderungen zu Handlungen in den untersuchten Medientexten kommuniziert, wie in Bezug auf die in Abschnitt 5.3 vorgestellten Schwerpunkthemen ersichtlich wurde. Mit der medialen Behandlung thematisch strittiger Themen kann die Gesellschaft Einfluss auf die Unternehmen ausüben.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass in der Öffentlichkeit zahlreiche Nachhaltigkeitsthemen in Bezug auf die untersuchten Unternehmen thematisiert werden. Im folgenden Kapitel wird das aus den Analyseergebnissen entstandene Leitbild zum Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement diskutiert, um die gesellschaftliche und globale Dimension des Nachhaltigkeitsbegriffs besser nachvollziehen zu können.