Die Auswahl des Forschungsmaterials richtet sich ebenso wie das Festlegen des Untersuchungszeitraums nach der Forschungsfrage (vgl. dazu Abschnitt 1.3). Wie in Kapitel 1 erwähnt, werden bei der Erstellung des Textkorpus sowohl Unternehmens- als auch thematisch korrespondierende Medientexte herangezogen.

Entsprechend des Diskursbegriffs von Busse und Teubert können die Untersuchungskorpora, bestehend aus zwei unterschiedlichen Textsorten, den Unternehmenstexten von drei ausgewählten Unternehmen sowie den Medientexten, als ein gemeinsamer Diskursausschnitt angesehen werden, da sich die darin behandelten Themen dem Rahmen „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ zuordnen lassen. Das Erreichen des gewünschten Soll-ZustandsFootnote 1 von Nachhaltigkeit im Personalmanagement wird als verbindende Diskurspraxis angesehen.

Die Textsorten Unternehmenstexte (Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte) sowie Medientexte lassen sich unterschiedlichen KommunikationsbereichenFootnote 2 zuordnen, die mithilfe des in Kapitel 2 vorgestellten methodischen Vorgehens hinsichtlich ihrer intertextuellen (sub-)thematischen Beziehungen untersucht werden. Die textsortenspezifischen Unterschiede werden methodisch in der vorliegenden Diskursanalyse berücksichtigt. Die Vergleichskorpora zeichnen sich durch eine wechselseitige Einflussnahme aus: Die in den Unternehmenstexten behandelten Themen werden von den Massenmedien im gesellschaftlichen Diskurs aufgegriffen (vgl. Luhmann 2017, Meyn/Tonnemacher 2012), wie auch umgekehrt der in den Medien ausgetragene Diskurs Unternehmenskommunikation beeinflusst.

Korpuslinguistisches Arbeiten setzt Wissen über empirische Forschung voraus und erfordert einen großen Aufwand. Im Folgenden wird geklärt, welche Ressourcen und Werkzeuge ohne IT-Expertenwissen zur Beantwortung der Forschungsfrage eingesetzt wurden. In diesem Kapitel wird zuerst das Vorgehen bei der Auswahl der Unternehmen vorgestellt (4.1). Anschließend werden die Auswahlkriterien sowie die Vorgehensweise bei der Erstellung des Untersuchungskorpus der Unternehmenstexte geklärt (4.2). Die Auswahl der Medientexte orientiert sich thematisch am Untersuchungskorpus der Unternehmenstexte, weshalb die Korpuskonstitution der Medientexte nachgeordnet erfolgt. Die Vorgehensweise bei der Erstellung des medialen Vergleichskorpus wird in Abschnitt 4.3 vorgestellt.

4.1 Auswahl der Unternehmen

Die Auswahl der Unternehmen erfolgt nach verschiedenen Kriterien, die eine Beantwortung der Forschungsfrage und die Durchführbarkeit einer qualitativen Analyse ermöglichen. Für die vorliegende Untersuchung kommen Unternehmen als Forschungsgegenstand infrage, die

  1. 1.

    über eine Berichterstattung verfügen, insbesondere zu nachhaltigkeitsrelevanten Themen,

  2. 2.

    aus verschiedenen Branchen stammen und

  3. 3.

    durch ihr wirtschaftliches Handeln einen Einfluss auf die Nachhaltigkeitsentwicklungen haben.

Erstens: Im Sinne des Erkenntnisinteresses soll ein möglichst großer Untersuchungszeitraum festgelegt werden. Da die Nachhaltigkeitsberichterstattung erst seit 2016 gesetzlich geregelt ist, sind nicht nur die Nachhaltigkeitsberichte, sondern auch die Geschäftsberichte der Unternehmen relevant für die Untersuchung. Denn in den Geschäftsberichten werden bereits vor der gesetzlichen Regelung nachhaltigkeitsrelevante ThemenFootnote 3 behandelt. Zudem werden bei der Auswahl DAX-Unternehmen berücksichtigt, da sie über eine Berichterstattung verfügen, einen großen Wirkungsgrad ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten haben und folglich besonderen Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung ausüben.

Zweitens: Im Fokus der Untersuchung stehen Unternehmen aus unterschiedlichen Industriezweigen, um einen möglichst heterogenen Datensatz zu erhalten. So wird untersucht, inwieweit es Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen gibt.

Drittens: Große Unternehmen sind einer besonderen öffentlichen Aufmerksamkeit ausgesetzt. Ihr gesellschaftliches Ansehen ist mit der thematischen Behandlung von nachhaltigkeitsrelevanten Themen in den Unternehmenstexten verknüpft. Um eine Auswahl der nachhaltigkeitsfreundlichen DAX-Unternehmen zu treffen, bietet es sich an, Bewertungen der Unternehmen für ihr nachhaltiges Handeln in Bezug auf Personalmanagement heranzuziehen, die im Folgenden vorgestellt werden.

Lange Zeit existierte eine Vielzahl unterschiedlicher Nachhaltigkeitsstandards und Bewertungskriterien. Daher bestand ein Bedarf an einer einheitlichen und verbindlichen Informationsdarreichung, um Vergleichbarkeit zu garantieren. Hierauf reagierte der Rat für Nachhaltige Entwicklung, indem er den Deutschen Nachhaltigkeitskodex ins Leben rief.

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex orientiert sich stark an der international anerkannten Global Reporting Initiative (GRI) und dem United Nations Global Compact (UN Global Compact). Dabei wurden auch weitere Standards berücksichtigt, zum Beispiel die Standards der Deutschen Corporate Governance Kommission und der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK), der insbesondere auf die Einhaltung der Grundprinzipien guter Unternehmensführung abzielt. Der Deutsche Corporate Governance Kodex wurde von einer speziell gebildeten Regierungskommission erarbeitet und 2002 veröffentlicht. Im Zentrum stehen Werte und Normen für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Ziel des Deutschen Nachhaltigkeitskodex ist es, Nachhaltigkeit im unternehmerischen Kontext transparent, vergleichbar und verbindlich zu machen. Zudem soll nachhaltiges unternehmerisches Handeln für die Konsumenten einfacher verständlich gemacht werden, indem über Nachhaltigkeitsberichte verbindliche und verlässliche Informationen öffentlich zugänglich gemacht sowie Überwachungssysteme etabliert werden. Außerdem sollen durch nachhaltiges Wirtschaften internationale Investoren für Unternehmen gewonnen werden. Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex umfasst 20 Kriterien, die sich auf die ökologische, ökonomische und soziale Dimension unternehmerischen Handelns beziehen.

Interessant ist, dass sich bisher deutsche Unternehmen freiwillig dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex verpflichtet haben, auch wenn dies nicht verpflichtend war. Die Europäische Union sieht großes Potenzial im Deutschen Nachhaltigkeitskodex und hat sich daran bei der Etablierung von europäischen Richtlinien zur Berichterstattung orientiert: Seit 2016 unterstehen alle Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern einer europäischen Pflicht zur nicht-finanziellen Berichterstattung, wobei Nachhaltigkeitsthemen mit eingeschlossen sind.

In Deutschland wird der Deutsche Nachhaltigkeitskodex branchenübergreifend eingesetzt, um transparent über Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Darin werden ergänzend ausgewählte Punkte der Global Reporting Initiative (GRI, Richtlinie G4) und des Dachverbands der nationalen Verbände der europäischen Finanzanalysten (engl. European Federation of Financial Analysts Societies, EFFAS) aufgeführt. Im Deutschen Nachhaltigkeitskodex sind auch personalrelevante Kriterien auf der Grundlage von einheitlichen und vergleichbaren Standards der GRI und EFFAS verankert, die in der folgenden Tabelle systematisch aufgeführt sind.

Tab. 4.1 Personalrelevante Leistungsindikatoren im Deutschen Nachhaltigkeitskodex (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an den Deutschen Nachhaltigkeitskodex: Übersicht über die Inhalte einer DNK-Entsprechenserklärung)

Die in Tabelle 4.1 dargestellten personalrelevanten Punkte werden in der Berichterstattung deutscher Unternehmen thematisiert und sind etabliert. Die Unternehmen können dabei selbst entscheiden, zu welchen Indikatoren sie Bericht erstatten, das heißt die Themenbehandlung ist unternehmens- und branchenspezifisch. In der für die vorliegende Arbeit relevanten Berichterstattung werden die in der Tabelle aufgeführten Punkte jedoch nicht als Gliederung genutzt. Daher werden die Indikatoren im Rahmen des Forschungsprojekts zwar berücksichtigt, allerdings in Anlehnung an den Personalzyklus eines Unternehmens ergänzt (vgl. dazu Kapitel 5).

Da der Deutsche Nachhaltigkeitskodex erst seit 2011 besteht, gibt es wenige Informationen dazu, was nachhaltigkeitsfreundliche Unternehmen vor seiner Etablierung auszeichnete. Aus Gründen der Relevanz für die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird der Deutsche Nachhaltigkeitskodex an dieser Stelle vorgestellt. Allerdings wird für die Auswahl relevanter Unternehmen im Rahmen der nachfolgend dokumentierten Untersuchung der renommierte Dow Jones Sustainability Index (DJSI) herangezogen. Dieser berücksichtigt internationale Unternehmen und bezieht auch deutsche Unternehmen ein.

Der DJSI orientiert sich an den Standards der GRI, die detaillierte Kategorien zum Personalmanagement aufführt. Die GRI ist eine gemeinnützige Stiftung, die 1997 durch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen gegründet wurde. Neben der GRI gibt es weitere bekannte Leitlinien, die an Audits und Zertifizierungen zum Nachhaltigkeitsaspekt geknüpft sind, beispielsweise der UN Global Compact, die OECD-Leitsätze, die ISO 26000, das Eco-Management und Audit Scheme (EMAS), das Carbon Disclosure Project (CDP), das International Integrated Reporting Framework (IIRF), das Sustainability Accounting Standards Board (SASB) und der Deutsche Corporate Governance Kodex (vgl. Gabriel 2015).

Als Orientierungsmaßstab für die Auswahl der zu untersuchenden Unternehmen wurde ein Index gewählt, da Indizes ein Abbild über die wirtschaftliche Lage im Allgemeinen sowie die Leistung von nachhaltigkeitsorientierten Unternehmen geben. Allein mit Indizes können Stakeholder jedoch wenig anfangen. Daher werden die Unternehmen auch in Bezug auf ihr nachhaltiges Handeln bewertet. Dies geschieht auf Grundlage der Analyse der Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen.

Der DJSI wurde als Index ausgewählt, da er seit 1999 weltweit führend unter den Nachhaltigkeitsindizes ist und alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen (ökologisch, ökonomisch und sozial) unter besonderer Berücksichtigung des wirtschaftlichen Handelns und des langfristigen Unternehmenserfolgs integriert. Der DJSI ist eine weltweit führende Indexfamilie, die sich aus dem globalen (DJSI World), nordamerikanischen (DJSI North America) und europäischen Indizes (DJSI STOXX) zusammensetzt (vgl. Abb. 4.1). Darin sind die besten 10 %–20 % der börsennotierten Unternehmen einer Branche in Bezug auf ihre Nachhaltigkeitsumsetzung und ihre nachhaltige Unternehmensführung gemessen an ihrer Marktposition enthalten. Interessant ist, dass neben globalen Bewertungskriterien wie Unternehmensführung, Umweltmanagement, Menschenrechte, Risikomanagement, Versorgungskettenmanagement und Arbeitspraktiken auch branchenspezifische Bewertungsfaktoren berücksichtigt werden, weshalb hier Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen aufgeführt sind. Die Unternehmen werden jedes Jahr bewertet. Der DJSI ist der erste Index, der die Leistung von nachhaltigkeits-orientierten Unternehmen weltweit aufführt. Dabei werden neue Unternehmen hinzugefügt oder alte aus dem Index herausgenommen, wenn sie nicht mehr den Standards entsprechen. Jedes Jahr werden mehr als 3.000 börsennotierte Unternehmen eingeladen, an dem Verfahren teilzunehmen. Deloitte stellt sicher, dass dieser Prozess korrekt abläuft. Die Ergebnisse der jährlichen Messung des DJSI wurden 2014 von den S&P Dow Jones Indizes, einem der weltgrößten Anbieter von Finanzmarktindizes, und RobecoSAM, einem exklusiv auf Sustainability Investing fokussierten Investmentspezialisten, bekannt gegeben (vgl. Lackmann 2010). Ein Überblick über die Dow Jones Sustainability Indizes ist Abbildung 4.1 zu entnehmen:

Abb. 4.1
figure 1

(Quelle: Lackmann 2010: 21)

Übersicht über die Dow Jones Sustainability Indizes

Neben fiskalen, ökologischen und leistungsbezogenen Aspekten wurde im DJSI 2014 erstmals die Entwicklung von Nachhaltigkeitsaktivitäten im Personalmanagement unter der neuen Kategorie „Human Capital“ untersucht, um die Entwicklungen und Tendenzen in diesem Bereich besser aufzeigen zu können. Dies unterstreicht die zunehmende Wichtigkeit von Personalmanagement in Unternehmen und ermöglicht die Berücksichtigung des für die Forschungsarbeit relevanten Personalbereichs, der in anderen Nachhaltigkeitsindizes in dieser Form nicht berücksichtigt wird.

Nach dem Klassenbesten-Prinzip (engl. Best-in-Class) werden in dem Index die besten zehn Prozent der Unternehmen einer Branche aufgeführt, die am nachhaltigsten wirtschaften. Unternehmen, die aus dem Ranking herausfallen, strengen sich in den folgenden Jahren mehr an, um wieder aufgenommen zu werden (vgl. Lackmann 2010). Auf diese Art und Weise entsteht ein Wettbewerb um Nachhaltigkeitsleistungen. Außerdem erhalten Unternehmen Hinweise zu Verbesserungspotenzialen und können ihr Handeln entsprechend ausrichten. Für viele Unternehmen ist es eine Imagefrage, in den Nachhaltigkeitsindex aufgenommen zu werden, und sie veröffentlichen die Ergebnisse auch in ihrer Unternehmenskommunikation, zum Beispiel auf Internetseiten und in den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten. Ständig vertretene deutsche Unternehmen sind die Bayer AG, BMW AG und Siemens AG. Diese Unternehmen bieten sich hinsichtlich nachhaltigkeitsrelevanter Aktivitäten für die Untersuchung an. Zudem repräsentieren sie unterschiedliche Branchen:

Bayer AG:

– Chemie- und Pharmaindustrie sowie pharmazeutische Produkte

BMW AG:

– Automobilindustrie und Zulieferteile

Siemens AG:

– Maschinenbau und Elektrotechnologie

Als Pendant zum angelsächsischen DJSI ist in Deutschland das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) zu nennen, zusammen mit der Unternehmensinitiative „future – verantwortung unternehmen“, einem Zusammenschluss umweltbewusster Mittelständler und Unternehmen. Auf der Grundlage eines umfassenden Kriteriensets mit definierten Standards werden die besten Berichterstatter bestimmt. Auch in diesem Ranking gehören die ausgewählten Unternehmen – Bayer AG, BMW AG und Siemens AG – zu den besten Unternehmen. Damit wird die Relevanz der ausgewählten Unternehmen auch im deutschsprachigen Wirtschaftsraum bestätigt, wie Tabelle 4.2 veranschaulicht:

Tab. 4.2 Ranking der Nachhaltigkeitsberichte der untersuchungsrelevanten Unternehmen

Die Heterogenität der Branchen der ausgewählten Unternehmen ermöglicht eine kontrastive Untersuchung. Mithilfe der Analyse der Berichterstattung von Unternehmen aus den oben aufgeführten Industriezweigen kann ein möglichst heterogener Datensatz hinsichtlich der behandelten Themen und Subthemen sowie deren Gewichtung gewonnen werden. So wird untersucht, inwieweit es Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen gibt. Neben der Herkunft der Unternehmen aus unterschiedlichen Industriebranchen ist die Durchführbarkeit einer qualitativen Analyse ebenso zentral für die Auswahl der Unternehmen. Da die infrage kommenden Unternehmen über eine umfangreiche Berichterstattung und die einzelnen Unternehmenstexte über zahlreiche Subthemen verfügen, deren mediale Resonanz im Untersuchungszeitraum von 20 Jahren (1995–2014) ebenfalls beeindruckend ist, begrenzt sich die Auswahl auf drei Unternehmen. Außerdem sind die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit der Unternehmenstexte wichtig für die Untersuchung. Bei den ausgewählten Unternehmen ist es möglich, elektronisch auf die Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte zuzugreifen, was eine Analyse mithilfe elektronischer Programme ermöglicht.

Im Anschluss an die Auswahl der Unternehmen erfolgte die Korpuskonstitution der Unternehmenstexte. Wie die Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte der oben genannten Unternehmen recherchiert und in das Programm MaxQDA eingepflegt wurden, wird im folgenden Kapitel geklärt.

4.2 Unternehmenstextkorpus

Für die Untersuchung der Unternehmenstexte werden – wie in Abschnitt 4.1 erwähnt – Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte herangezogen. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist im Vergleich zur Geschäftsberichterstattung relativ jung (vgl. Benn/Bolton 2011). Während Geschäftsberichte ihren Fokus auf Zahlen und Fakten der wirtschaftlichen Leistung des Unternehmens legen, sind Nachhaltigkeitsberichte mit der Unternehmensstrategie verbunden. Dabei legt jedes Unternehmen unterschiedliche Schwerpunkte bei der Berichterstattung. Hierbei wird mittlerweile dem Personalmanagement eine wichtige Rolle zugesprochen, ähnlich wie dem Umweltbereich oder den Kundenbeziehungen. In den letzten Jahrzehnten wurden in den Geschäftsberichten unterschiedliche Schwerpunkte bei der Berichterstattung gesetzt: In den 1970er Jahren ähnelten sie Umwelt- und Sozialberichten, dann folgte eine Periode bis 1985, in der sie ereignis- und kosten-orientiert waren. Um 1990 wurden Ökobilanzen aufgestellt, bis Mitte der 1990er Jahre sind Umweltjahresberichte erschienen, gefolgt von Umwelterklärungen. Seit den 2000er Jahren wurden Nachhaltigkeitsberichte in der Unternehmensberichterstattung zunehmend beliebter. Die Datenauswahl spiegelt den Trend der letzten Jahre der Berichterstattung wider: Es ist ein vermehrter Anstieg bei der Implementierung nachhaltiger Ziele in die Unternehmensstrategie zu verzeichnen. Dafür wurden auch internationale Managementsysteme entwickelt, wie die ISO 14000-Systeme oder das Eco-Management und Audit Scheme (EMAS). Die Entwicklung macht deutlich, dass es in Zukunft vermehrt integrierte Berichte geben wird (vgl. Hofmann 2010).

4.2.1 Auswahlkriterien

Nachhaltigkeitsberichte stellen eine relativ junge Textsorte dar, die zwar in der Betriebswirtschaftslehre in Bezug auf unternehmensrelevante Themen erforscht werden, jedoch hinsichtlich linguistischer und kommunikationswissenschaftlicher Phänomene kaum beleuchtet werden (vgl. Hundt 2000). Synchrone und diachrone linguistische Analysen von unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichten, kombiniert mit einer vergleichenden Medientextanalyse, sind in der Forschungslandschaft ebenfalls selten. An dieses Forschungsdesiderat knüpft die vorliegende Untersuchung an: Wie oben erläutert, werden in der vorliegenden Untersuchung alle im Untersuchungszeitraum (1995–2014) verfügbaren Unternehmenstexte (Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte) der drei bedeutenden Unternehmen (Bayer AG, BMW AG und Siemens AG) untersucht. Zusätzlich zu der Analyse der Nachhaltigkeitsberichte werden die Geschäftsberichte berücksichtigt, um die Relevanz der zunehmenden Themabehandlung von Nachhaltigkeit im Personalmanagement im Unternehmen aufzuzeigen.

Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte sind Teil der Unternehmenskommunikation, deren Ziel es ist, die Stakeholder über das unternehmerische Handeln zu informieren und sich mit ihnen auszutauschen. So kann ein Geschäftsbericht unterschiedliche Ziele verfolgen: Entscheidungen können erklärt, gestützt und beeinflusst oder ein positives Unternehmensimage kann etabliert werden. Der Inhalt eines Nachhaltigkeitsberichts sollte in Bezug auf die Nachhaltigkeits-aspekte relevant und ausgewogen, klar formuliert, aktuell und zuverlässig sein, um den Prinzipien der Qualitätssicherung zu entsprechen (vgl. Gabriel 2015). Nachhaltigkeitsberichte werden in der Regel alle zwei Jahre veröffentlicht (BMW AG) oder auch jedes Jahr (Bayer AG und Siemens AG) (vgl. Tab. 4.3, S. 82). In ihnen werden Nachhaltigkeitsaspekte in allen Bereichen unternehmerischen Handelns sowie die Wechselwirkungen zwischen Ökologie, Ökonomie und Soziales dargestellt. Aus dem Datenmaterial geht hervor, dass die Berichtsinhalte häufig in Unternehmensstrategie, Organisation und Kennzahlen aufgeteilt sind.

Laut der PwC/CSM 2010-Studie ist Nachhaltigkeitsmanagement zum Teil fest in Unternehmen verankert. Jedoch existieren auch gegensätzliche Betrachtungen: Das Konzept Nachhaltigkeit sowie zugehörige Problemlösungsstrategien und deren Umsetzung sind zwar für Unternehmen faszinierend, allerdings ist es schwierig, die „richtigen“ Handlungsinhalte festzulegen (vgl. Mahammadzadeh 2012: 100). Seitens der Unternehmen wird mitunter kritisiert, dass die Möglichkeiten und Grenzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht klar definiert sind. So legt nur ein Drittel der 150 größten Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht vor, bei kleineren Unternehmen ist die Zahl noch geringer:

Ein Viertel der deutschen Konzerne legt sogar weder einen Nachhaltigkeits- noch einen Umweltbericht vor. Dazu zählen auch DAX-Unternehmen wie die Commerzbank, Continental der Thyssen-Krupp oder große Handelsketten wie Aldi und Lidl. (Grunwald/Kopfmüller 2006: 112)

Nachhaltigkeitsberichte spielen in der Öffentlichkeit eine immer wichtigere Rolle, sodass Unternehmen zunehmend daran interessiert sind, ihr wirtschaftliches Handeln transparent zu kommunizieren. Bei der Behandlung personalrelevanter Aspekte sind in den untersuchten Berichten folgende Themen besonders relevant: Talentgewinnung und Mitarbeiterbindung, Vielfalt, Vergütungssysteme, Personalentwicklung, Mitarbeitermitbestimmung und -feedback, Gesundheit und Arbeitssicherheit, Arbeitsrecht, soziales Engagement in der Gesellschaft und Kündigungen (vgl. BMW AG NB 2001/2002, BMW AG NB 2008, BMW AG NB 2014, Bayer AG NB 2008).

Nachhaltigkeitsberichte haben sich aus einer Orientierung an Geschäfts- und Finanzberichten heraus entwickelt (vgl. Benn/Bolton 2011). Dort ist es ebenfalls wichtig, dass die Informationen vollständig, genau und aktuell sind. Einen Referenzrahmen für Nachhaltigkeitsberichte bietet die GRI mit Sitz in Amsterdam, die einen Multi-Stakeholder-Ansatz verfolgt. Dabei handelt es sich um die am weitesten verbreiteten Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die international als Standard angesehen werden (vgl. Lackmann 2010: 39 f.). Bei der GRI handelt es sich um einen Zusammenschluss aus der US-amerikanischen NGO Coalition for Environmentally Responsible Economics (CERES) und dem UN-Umweltprogramm UNEP. Der Leitfaden enthält Vorschläge zu Format, Struktur und Inhalt wie Unternehmensprofil, -kennzahlen und -strategien. Zudem lassen sich darin Angaben zu Arbeitsplatzschaffung, Arbeitsunfällen, Weiterbildung, Vielfalt und Chancengleichheit, Geschlechteranteil in Führungspositionen, Teilzeitarbeitsplätzen, Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis oder Arbeitsausfällen finden (vgl. Gabriel 2015). In diesem Zusammenhang spielt das Controlling eine wichtige Rolle. Mithilfe von Kennzahlen kann beispielsweise überprüft werden, ob ausgefallene Arbeitstage aufgrund von Krankheit oder Weiterbildung entstanden sind. Entsprechend der Auswertungen lässt sich in bestimmten Bereichen ein Handlungsbedarf ausmachen.

Für die Untersuchung auf der thematischen Ebene der vorliegenden Arbeit sind Nachhaltigkeitsberichte besonders relevant, da Unternehmen darin ihren Einfluss darstellen. Mit der Behandlung spezifischer Themen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung erhöhen Unternehmen beispielsweise die Kundenbindung, erzielen Wettbewerbsvorteile, verbessern das Unternehmensimage und steigern damit einhergehend auch die Glaubwürdigkeit ihres unternehmerischen Handelns (vgl. Woitzik 2017). Auch das Vertrauen der eigenen Mitarbeiter in das Unternehmen kann mithilfe der Unternehmenskommunikation wachsen und potenzielle Mitarbeiter fühlen sich dadurch angesprochen. Nachhaltigkeitsberichte dienen schließlich dazu, zwischen dem Unternehmen und seinen Stakeholdern zu kommunizieren. Je nach Schwerpunkt und Informationsbedürfnis der einzelnen Stakeholder berichten Unternehmen über relevante ökologische, ökonomische und soziale Themen, die in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Im Anschluss an die Auswahl der Unternehmen erfolgt die Korpuskonstitution der Unternehmenstexte.

4.2.2 Korpuskonstitution

Für das Forschungsprojekt wurden relevante Unternehmenstexte (Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte) der ausgewählten Unternehmen (vgl. Abschnitt 4.1) recherchiert, die die Unternehmen auf ihren Websites öffentlich zur Verfügung gestellt haben. Somit übernimmt die Verfasserin der vorliegenden Arbeit die imaginäre Rolle eines Stakeholders, der mittels der zugänglichen Informationen versucht, sich über das Handeln des Unternehmens im Nachhaltigkeitskontext zu informieren, die Daten auszuwerten und daraus Rückschlüsse in Bezug auf die Nachhaltigkeitsidee im Personalmanagement abzuleiten. Zu den hier als relevant ausgewählten Unternehmenstexten vergleiche man die Aufstellung in Tabelle 4.3.

Tab. 4.3 Untersuchungsrelevante Unternehmenstexte der Bayer AG, BMW AG und Siemens AG

Auffällig ist in Bezug auf die Unternehmenstexte der Siemens AG die Umbenennung der Geschäftsberichte in „Jahresbericht 2013“ sowie „Jahresbericht 2014“. Die Siemens AG erklärt in ihrem Jahresbericht (2013), dass das Unternehmen Nachhaltigkeit in der gesamten Unternehmensstrategie verfolgt sowie praktisch umsetzt und daher keinen separaten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, sondern in einen Jahresbericht inkludiert:

UT2::

Nachhaltigkeit und unternehmerischer Erfolg sind für uns zwei Seiten einer Medaille, wie wir Ihnen bereits an zahlreichen Beispielen im Bericht gezeigt haben. Siemens wird nachhaltig geführt. Insofern haben wir bewusst auf die Formulierung einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie verzichtet […]. Dass mit diesem Jahresbericht erstmals ein kombinierter Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt wird, ist ein weiterer Beleg für unser umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis. (Siemens AG JB 2013: 81)

Für die Untersuchung bietet es sich an, die relevanten Unternehmenstexte (Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte) entsprechend der ausgewählten Unternehmen in drei unternehmensspezifische Subkorpora zu unterteilen. Diese dreigliedrige Unterteilung lässt sich auch auf die Korpuskonstitution der Medientexte (vgl. dazu Abschnitt 4.3) anwenden.

Die thematische Analyse der Unternehmenstexte ist der Korpuskonstitution der Medientexte vorgeschaltet. Die aus der Analyse der Einzeltexte des Unternehmenstextkorpus eruierten Themen und thematischen Ausdrücke werden zur Erstellung des Medientextkorpus herangezogen, indem diese die Such-anfragen ergänzen. Die Themenbehandlung „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ erfolgt in den Unternehmensberichten über den Untersuchungszeitraum unterschiedlich. Das heißt, personalrelevante Themen sind in den untersuchten Unternehmenstexten unterschiedlichen Kapiteln zuzuordnen: Während in den Geschäftsberichten zu Beginn des Untersuchungszeitraums das Thema „Nachhaltigkeit und Personal“ vorwiegend beiläufig im Zusammenhang mit anderen übergeordneten Themen wie der Unternehmensstrategie behandelt wird (vgl. BMW AG GB 1999, Siemens AG GB 1998),Footnote 4 wird das Thema Mitarbeiter in neueren Berichten der Untersuchung entweder im Zusammenhang mit gesellschaftlichem Engagement erwähnt (vgl. Siemens AG NB 2012) oder ihm wird ein eigenes Kapitel gewidmet (vgl. BMW AG NB 2013, BMW AG NB 2014, Siemens AG NB 2013), was die Relevanz von der Behandlung personalrelevanter Themen im Hinblick auf Nachhaltigkeit belegt.

Als Beispiel für die Untersuchung der Unternehmenstexte zur Eruierung von relevanten Themen und Subthemen sowie zentraler thematischer Termini für die weitere Verwendung von Korpussuchanfragen für die Erstellung des Medientextkorpus wird im Folgenden der Nachhaltigkeitsbericht „Sustainable Value Report 2014“ der BMW AG (BMW AG NB 2014) vorgestellt. Aus der in Abbildung 4.2 dargestellten Gliederung des Nachhaltigkeitsberichts ist ersichtlich, dass ökonomische Themen wie Unternehmensführung und -strategie (BMW AG NB 2014: Kapitel 1 und 2), ökologische Aspekte wie saubere Produktionsverfahren durch eine möglichst schonende und effiziente Ressourcennutzung (BMW AG NB 2014: Kapitel 3 und Kapitel 4) und soziale Themen wie der Umgang mit Lieferanten und das gesellschaftliche Engagement des Unternehmens für Projekte (BMW AG NB 2014: Kapitel 5 und 7) behandelt werden. Den Mitarbeitern wird in dem exemplarischen Unternehmenstext ein eigenes Kapitel gewidmet (BMW AG NB 2014: Kapitel 6).

Abb. 4.2
figure 2

Gliederung des Nachhaltigkeitsberichts „Sustainable Value Report 2014“ der BMW AG

Das übergeordnete Thema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ fällt, wie bereits erläutert, in den Bereich der sozialen Nachhaltigkeit in den untersuchten Berichten.Footnote 5 Die thematischen Ausdrücke und Schlüsselwörter sind ausdrucksseitig oder implizit in den Unternehmenstexten vorhanden. Für die Herangehensweise bei der Analyse der zu untersuchenden Unternehmenstexte bedeutet das, dass mithilfe der Themenanalyse (vgl. Abschnitt 2.3) die (Sub-)Themen sowie relevante thematische Konzepte erfasst werden und entsprechend mithilfe von Zusammenfassungen, Abstraktionen und Klassifikationen nominalisiert werden. Diese relevanten thematischen Einheiten, verstanden als spezifikationsbedürftige Konzeptframes, werden nicht immer explizit sprachlich ausgedrückt, sondern werden durch realisierte, subthematische Slots näher spezifiziert. Daher werden die Frame-Slot-Beziehungen durch Subthemen und deren einzelnen Spezifizierungen ermittelt und schließlich lexikalisch nominalisiert. Diese thematischen Wissenseinheiten werden für alle untersuchten Unternehmenstexte inhaltlich herausgearbeitet, um diachrone Entwicklungen von thematischen Ausdrücken zu berücksichtigen. Diese eruierten thematischen Ausdrücke werden unterstützend bei der Formulierung von Korpussuchanfragen der Medientexte (vgl. dazu Abschnitt 4.3.2) eingesetzt.

In diesem Abschnitt wurde die Korpuskonstitution anhand der als relevant bestimmten Unternehmenstexte geklärt. Nach Abschluss der Korpuskonstitution – unterteilt in die unternehmensspezifischen Subkorpora – stehen insgesamt 77 Unternehmenstexte (Bayer AG: 25, BMW AG: 23 und Siemens AG: 29) zur Verfügung, deren zu untersuchende Seitenzahl (DIN A4) sich auf 14.531 beläuft.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die in den Unternehmenstexten behandelten Themen, die spezifikationsbedürftigen Konzeptframes, nicht explizit erwähnt werden, jedoch über eine ausdrucksseitige Spezifizierung als realisierte, subthematisch belegte Slots kommuniziert werden. Durch die Zuordnung von Einzelaspekten zu den entsprechenden (Sub-)Themen können die Frame-Slot-Beziehungen erschlossen werden, die wiederum eine Lexikalisierung der inhaltlichen Wissenseinheiten zum Thema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ (Matrixframe Zustand) ermöglichen.Footnote 6 Diese erschlossenen nominalisierten Themen können für die Suchanfragen bei der Erstellung des Medientextkorpus eingesetzt werden. Im folgenden Kapitel wird das Vorgehen bei der Erstellung des Medientextkorpus beschrieben. Dabei wird die thematische Entfaltung von „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in den Einzeltexten der Unternehmenstexte für die Korpuskonstitution der Medientexte berücksichtigt, indem diese bei den Archivanfragen mittels allgemeiner Suchbegriffe und spezifischer (sub-)thematischer Begriffe eingesetzt werden.

4.3 Medientextkorpus

Nachdem die Auswahl der Unternehmen und die Erstellung des Unternehmenstextkorpus vorgestellt wurden, wird in diesem Kapitel auf die Auswahl der Medientexte als Untersuchungsgegenstand und deren Korpuskonstitution eingegangen.

In der vorliegenden Arbeit werden Diskurse in unternehmens- und massen-medialen Texten untersucht. Seit der Erfindung des Buchdrucks im 16. Jahrhundert erzielen Diskurse eine große räumliche und zeitliche Reichweite. Bis heute haben Zeitungen einerseits durch hohe Verkaufszahlen und andererseits durch eine große Reichweite – nicht zuletzt auch durch ihren Online-Auftritt – einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung:

Der Einfluss der Medien auf die individuelle Wirklichkeitskonstruktion des einzelnen gilt nach Erkenntnissen der Medienwirkungsforschung als desto stärker, je spärlicher die Primärkontakte sind. Der Einzelne orientiert sich in der Regel an den von ihm unterstellten Verhaltensweisen und Meinungen seiner Zeitgenossen, die er als die mehrheitliche und damit für die entsprechenden Situationen vergleichbare Verhaltensweisen unterstellt. Damit stellt sich eine wesentliche Abhängigkeit der Einzelnen von der Berichterstattung der Massenmedien ein, die sich mit dem Aufkommen weiterer Medien noch verstärkt. (Konerding 2009a: 173)

Besondere Bedeutung wird den Massenmedien zugesprochen, da sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Darin werden Alltagsdiskursstränge und Diskurs-stränge aus anderen Bereichen miteinander verknüpft. Diskursstränge können in unterschiedlichen Diskursebenen auftauchen, beispielsweise in der Politik, den Wissenschaften oder der Wirtschaft. Es ist „wissenschaftlich lohnenswert und gesellschaftlich unverzichtbar“ (Konerding 2009a: 174), sich mit der Analyse von Mediendiskursen zu beschäftigen. So werden in der vorliegenden Arbeit massenmediale Texte untersucht, denn:

Die Massenmedien bestimmen durch ihre Selektionen von Themen und die Promotion von Themenkarrieren wesentlich, was in einem bestimmten gesellschaftlichen Bereich zu einer Zeit auf welche Art öffentlich thematisierbar ist und welche Meinungen und Meinungsträger jeweils maßgeblich sind. (Konerding 2009a: 173)

Laut Früh ist bei der Korpuserstellung der sogenannte „Selektionsaspekt“ zu berücksichtigen. Medien können die Welt nicht vollständig darstellen. Nach welchen Kriterien soll die Auswahl erfolgen?“ (Früh 1994: 26). Bei der Erstellung des Medientextkorpus werden für die vorliegende Untersuchung prominente, auflagenstarke Leitmedien fokussiert, um so möglichst divergierende Darstellungen eines breiten politischen und wirtschaftlichen Spektrums in der Öffentlichkeit abbilden zu können. Zentral sind dabei das Aufzeigen der thematischen Breite und die Spezifizierung des Frames Zustand, spezifiziert auf die Thematik „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“, sowie das Vorstellen der unterschiedlichen Akteure und deren verbaler Handlungen.

Äußerungen innerhalb eines Diskurses beziehen sich auf ein bestimmtes Thema und stehen durch thematische und kontextuelle Konzepte in Beziehung zueinander (vgl. Bußmann 2008: 171). Der Vorteil von Textkorpora besteht darin, dass sie die Texte repräsentativ abbilden und die Texte somit analysierbar und bearbeitbar machen. Mit der Korpusbildung und seiner Reduzierung auf eine repräsentative Stichprobe können Rückschlüsse auf die gesamte Presse gezogen werden (vgl. Früh 2011).

In der Korpuslinguistik existieren unterschiedliche Korpusdefinitionen. In dieser Arbeit orientiert sich die Unterscheidung von Korpora an Konerding: Ein „imaginäres Korpus“ bezeichnet alle kommunikativen Äußerungen zu einem bestimmten Thema, in einem „virtuellen Korpus“ werden alle noch verfügbaren Texte zusammengefasst und ein „konkretes Korpus“ ist schließlich jenes Korpus, das nach Forschungsziel und -gegenstand angelegt wird (vgl. Konerding 2009a: 165). Demnach wird in der vorliegenden Forschungsarbeit ein „konkretes Korpus“ erstellt.

4.3.1 Auswahlkriterien

Im Folgenden werden die Auswahlkriterien, die der Erstellung des Medientextkorpus zugrunde liegen, vorgestellt. Hierbei wird zuerst auf die thematische Eingebundenheit, dann auf den Untersuchungszeitraum und schließlich auf die Verfügbarkeit der Medientexte eingegangen.

Thematische Eingebundenheit

Wesentlich bei der Erstellung des Textkorpus ist, dass in den betreffenden Texten für den Diskurs wichtige politische und wirtschaftliche Individuen sowie Organisationen zu Wort kommen und es sich dabei um für den Diskurs thematisch relevante und repräsentative Texte handelt. Es handelt sich letztlich um solche Texte bzw. Textausschnitte, die die gemeinsame Makro-Proposition „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ (und damit auch den hyperonymspezifisch ermittelten gleichen Makro-Rahmen Zustand) aufweisen (vgl. Kapitel 3). Sie sind damit diskurskonstitutiv, thematisch relevant und im Ideal repräsentativ. Wenn Texte nach Konerdings intertextuellem Modell der semantisch-thematischen Kohärenz in einer Kohärenzbeziehung zum Diskursthema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ stehen, sind sie für die Diskursanalyse in dieser Arbeit relevant.Footnote 7

Untersuchungszeitraum

Die für das Textkorpus relevanten Medientexte entstammen den Jahren 1995 bis 2014. Dieser Zeitraum stellt eine nicht nur aktuelle, sondern auch interessante Periode der Nachhaltigkeitsdebatte dar, da sich ein gesteigertes gesamtgesellschaftliches Interesse an dem Nachhaltigkeitsthema seit 1995 erkennen lässt, als die Enquête-Kommission ins Leben gerufen wurde (vgl. dazu Kapitel 1). Zudem bietet sich eine Analyse über einen größeren Zeitraum an, um inhaltliche und sprachliche Phänomene sowie deren intertextuelle Verschränkungen und Bezüge aufzuzeigen. Damit sind die Texte in ihrer zeitlichen Dimension in Bezug auf die Aktualität des Konzepts „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ relevant.

Verfügbarkeit

Da sich ein großes Interesse für Nachhaltigkeit in vielen alltäglichen Lebensbereichen widerspiegelt, nimmt das in diesem Zusammenhang von den Medien transportierte Bild des Nachhaltigkeitsdiskurses im Personalmanagement eine große Bedeutung ein. Dabei werden Meinungs- und Bewusstseinsbildungs-prozesse sowie Entscheidungen des öffentlichen Diskurses nachvollzogen bzw. kommentiert. Einen Großteil unseres Wissens erhalten wir durch Teilnahme an denjenigen Diskursen, die unsere gemeinsam bestimmte Wirklichkeit aufkonstruieren. Die Leser übernehmen häufig dieses in Ausschnitten in den Medien gezeichnete bzw. rekonstruierte Bild der diskursiven Bestimmung der Ereignisse und Sachverhalte der Lebenswelt. Massenmedien übermitteln so „Informationen über das Zeitgeschehen […] Dadurch erweitert sich der Blick des einzelnen, seine Welt wird größer, komplexer und vielfältiger“ (Früh 1994: 15). Es ist unumstritten, dass Medien sowohl als Vermittler wie auch als Konstrukteure der Wirklichkeit gelten.

Die Darstellung der Realität durch die Medien impliziert zunächst ein ontologisches und in der Folge ein erkenntnistheoretisches Problem. Die philosophische Frage, ob der Mensch mit seinen Erkenntnismöglichkeiten überhaupt einen direkten Zugang zur Welt außerhalb seiner selbst hat und damit eine gesicherte Aussage über deren Existenz und Aussehen machen kann, ist so alt wie die Philosophie selbst. Antworten gibt es viele, aber keine letztgültige. (Früh 1994: 21)

Laut der OECD lesen über 70 % der deutschen Bevölkerung täglich Zeitungen und die lokalen und regionalen Zeitungen genießen einen hohen Stellenwert, dies jedenfalls bis zum Jahr 2010 (vgl. Organisation for Economic Co-operation and Development 2010). Für das vorliegende Untersuchungsanliegen wurden prominente deutsche Qualitätszeitungen ausgewählt, da sie sich durch eine hohe Informationsdichte auszeichnen. Das Medientextkorpus beinhaltet Artikel, die innerhalb des Untersuchungszeitraums wichtige Ereignisse und verbale Handlungen von Akteuren im Zusammenhang mit dem vorliegenden Untersuchungsthema wiedergeben. Die einzelnen Zeitungen wurden aufgrund ihrer politischen Motivationen ausgewählt. Das für die Untersuchung relevante Textkorpus setzt sich schließlich aus Medientexten der folgenden überregionalen Printmedien zusammen: Die Welt, Die Zeit, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und Süddeutsche Zeitung (SZ). Die Auswahl der Zeitungen erfolgte nach deren politischer Orientierung, um somit die unterschiedlichen Positionen sowie diskursiven Unterschiede herausarbeiten zu können: Die FAZ weist eine eher konservative, die SZ eine eher sozialdemokratische und Die Welt eine konservative sowie marktliberale Berichterstattung auf. Zudem ist Die Zeit als angesehene überregionale Wochenzeitung für die Untersuchung relevant. Die für die vorliegende Untersuchung relevanten Texte waren elektronisch frei zugänglich.

Tab. 4.4 Untersuchungsrelevante Medien und ihre elektronischen Archive

Tabelle 4.4 zeigt die für die Erstellung des Textkorpus verwendeten Medien und deren elektronischen Zugriffsmöglichkeiten. Wie das Korpus für die Medientexte konkret erstellt und die Anzahl der zu untersuchenden Texte festgelegt wurde, wird im Folgenden erläutert.

4.3.2 Korpuskonstitution

Das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit ist thematisch-inhaltlich sowie sprachlich ausgerichtet.Footnote 8 Daher wird der Themabehandlung eine besondere Rolle zugeschrieben. In der Korpuslinguistik werden linguistische Fragen und Probleme mithilfe von Korpora gelöst, da über Textkorpora große Textmengen vergleichend behandelt und analysiert werden können. Entsprechend können Zusammenhänge von sprachlichen Mustern, Formen und Funktionen herausgearbeitet werden. Im angelsächsischen Raum wurde die Analyse von Korpora schon früh eingesetzt, da es die Forschung erleichtert (vgl. Olsen/Harvey 1988, Sinclair 1991, Stubbs 1996, Tognini-Bonelli 2001, Sinclair 2004, Biber/Jones 2005 und Gee 2005). In dieser Arbeit wird eine qualitative Analyse von Unternehmenstexten und einem umfangreichen Datensatz von Medientexten durchgeführt.

Die diskurslinguistische Analyse des hier skizzierten medialen Nachhaltigkeitskorpus setzt an der sprachlichen Oberfläche der Texte an, indem die thematische Entfaltung diskursiver Beiträge im Hinblick auf die Akteure und Handlungsakte sowie ihre Funktion bei der sprachlich-kommunikativen Wirklichkeitskonstitution untersucht werden. Die diskurskonstitutiven Medientexte werden, wie zuvor bereits dargelegt, einer Frame-basierten Analyse unterzogen (vgl. dazu Kapitel 2 und Kapitel 5). Im vorliegenden Fall wird die Datenanalyse mithilfe des Programms MaxQDA der VERBI Software GmbH durchgeführt. Die Analyse mittels des eingesetzten Programms erfasst alle untersuchten Artikel und Kodierungen, die entsprechend einer hier noch vorzustellenden Kategorienhierarchie (vgl. dazu Abschnitt 5.3) vorgenommen werden. Mithilfe des Programms können den in den Texten angeführten (relevanten) Akteuren und ihren verbalen Handlungen einzelne Attribute zugeordnet werden. Darüber lässt sich rekonstruieren, wie das Nachhaltigkeitsthema im Personalmanagement in der Darstellung der betreffenden Texte des Medienkorpus ausgehandelt wird bzw. wie über die Mediendarstellung der öffentliche Diskurs perspektivengeleitet beschrieben bzw. beeinflusst wird.

In dem vorliegenden Medientextkorpus wurde von linguistisch fundierten Hypothesen ausgegangen (vgl. Abschnitt 1.3), die erst operationalisiert und dann geprüft wurden. Die Korpuskonstitution der Medientexte erfolgte nach den folgenden Arbeitsschritten: Zuerst wurden die Korpussuchanfragen (KSAn) formuliert und der Suchrahmen definiert. Zweitens erfolgte die Relevanz-Entscheidung anhand der Informationen aus Überschriften und Textanfängen. Drittens wurden beim eingehenden Close Reading die für die Analyse relevanten Texte eruiert.

1. Formulierung der Korpussuchanfragen

Wenn ein Diskursstrang zu einem bestimmten Thema untersucht wird, liegt es nahe, dass die Textkorpuskonstitution nach dem Untersuchungsthema erfolgt, weil von dem Diskursthema bzw. der Forschungsfrage die Korpussuchanfragen (KSAn) abgeleitet werden können. In der vorliegenden Arbeit besteht eine Besonderheit darin, dass die Nachhaltigkeitsidee im Personalmanagement selten explizit thematisiert wird. Vielmehr wird sie durch andere Termini ausgedrückt. Somit wird das Textkorpus zwar durch die Leitvokabel „nachhaltig“ vorgegeben, jedoch durch andere Adjektive ergänzt, die das Nachhaltigkeitsthema im Personalmanagement sprachlich aufgreifen. Außerdem wurden für die KSAn die Themen und Subthemen berücksichtigt, die mithilfe der Korpuskonstitution der UnternehmenstexteFootnote 9 eruiert wurden. Bei der Korpuskonstitution der Medientexte wurden die KSAn entsprechend der thematischen Behandlung des Untersuchungsthemas „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ in Anlehnung an den Personalzyklus eines Unternehmens gewählt. Beispielsweise setzten sich die KSAn wie folgt zusammen: „nachhaltig“ UND „Personalgewinnung/Personalmarketing/Personalförderung/Personalfreisetzung und weitere“ UND „Name des Unternehmens“.

Für die Recherche des Medientextkorpus wurden die elektronischen Archive der Universitätsbibliotheken Heidelberg und Mannheim genutzt. In den elektronischen Archiven wurden die Artikel mithilfe der KSAn recherchiert. Im Anschluss einer KSA wurden die Artikel zuerst angelesen und eine erste Vorauswahl nach der Relevanz des Themas getroffen. Zum einen wurden Artikel recherchiert, in denen der Nachhaltigkeitsbegriff im Personalmanagement explizit thematisiert wird. Zum anderen wurden Artikel ausgewählt, in denen weitere thematisch relevante Suchwörter vorkommen, da das Konzept Nachhaltigkeit – wie bereits erwähnt – nicht immer explizit genannt wird. Damit wurden neben den aufgeführten Adjektiven Suchwörter für Handlungen, Ereignisse und Akteure formuliert, beispielsweise „langfristig“, „solide“, „Manager“, „Führungskräfte“, „Frauen und Führung“, „Frauenförderung“, „Vielfalt“ sowie „demografischer Wandel“.

Durch das erste explorative Scanning der Texte wurden repräsentative und prominente Themen erkannt und für die Erstellung weiterer KSAnFootnote 10 berücksichtigt. Auf diese Art und Weise konnten die relevanten Texte erfasst werden, die für den Untersuchungszeitraum infrage kommen. Im Fokus der Korpuskonstitution stehen Medientexte, die durch intertextuelle thematische Kohärenzbeziehungen miteinander verbunden sind, beispielsweise durch thematische Kongruenz, Variation, Elaboration oder Kontrastierung.Footnote 11 Die KSAn wurden dynamisch erweitert, indem die diskurskonstituierenden Themen und Subthemen des übergeordneten Matrixframes „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ für weitere KSAn berücksichtigt wurden. Außerdem wurden die semantische Umgebung von relevanten Termini sowie Wortfelder beachtet. Eine Auswahl der verwendeten KSAn unter Berücksichtigung der thematischen Entfaltung über den Personalzyklus sind in Abbildung 4.3 exemplarisch aufgeführt.

Abb. 4.3
figure 3

Auswahl von Korpussuchanfragen für die Erstellung des Textkorpus

Neben der Formulierung der KSAn wurde der Suchrahmen wie das Eingrenzen des Zeitraums, das Medium und die einzelnen Rubriken definiert. Zudem wurde für die Länge der Texte ein Minimum von 200 Wörtern festgelegt. Besonders hilfreich war in den elektronischen Archiven, dass die Trefferlisten nicht nur Medientexte anzeigten, in denen Wörter wie „Nachhaltigkeit“, „Mitarbeiter“ oder „Personalmanagement“ in unveränderter Form erschienen, sondern auch solche, in denen der Begriff in deklinierter Form oder als Wortverbindung gezeigt wurde. Somit konnten die Datenbanken optimal nach relevantem Material durchsucht werden. Bei der zu untersuchenden Forschungsfrage kam ein umfangreiches Datenmaterial infrage, was es einzugrenzen galt, indem eine repräsentative Teilmenge, also eine Stichprobe, untersucht wurde, die auf den gesamten Untersuchungsbereich der Forschungsfrage übertragen wird (vgl. Früh 2011: 104–105).

In Bezug auf das Thema „Nachhaltigkeit im Personalmanagement“ haben sich durch die erste Analyse der Untersuchungstexte zahlreiche Themen als relevant herausgestellt. Dazu zählen beispielsweise Outsourcing, Personalabbau, Einsatz von Teilzeitarbeitskräften, Ausbeutung von Personal, Personalentwicklung, arbeitsbezogene Stresssymptome, arbeitsabhängige psychosomatische Reaktionen, Burnout, Selbstausbeutungstendenzen, zunehmender Zeit- und Leistungsdruck, zunehmende Arbeitsgeschwindigkeit, Verfall von Vertrauen in Beschäftigungsverhältnisse, zunehmend schwindende Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben, Kosteneinsparung und Reduzierung von Arbeitsplätzen. Die KSAn und der Suchrahmen beziehen sich auf die drei Unternehmen – Bayer AG, BMW AG und Siemens AG – sowie auf die vier Medien – Die Welt, Die Zeit, FAZ und SZ – und decken einen Zeitraum von 20 Jahren ab. Die Ergebnisse der Recherche unter Berücksichtigung der eben beschriebenen Suchparameter sind in Tabelle 4.5 aufgeführt. Die Zahlen stehen für die gesamte Trefferanzahl entsprechend der KSAn für den Zeitraum von 1995 bis 2014.

Tab. 4.5 Primäre Anzahl der Rechercheergebnisse der Medientexte pro Unternehmen und Medienquelle nach der Formulierung der Korpussuchanfragen

Nicht alle Medientexte bildeten die Datenbasis für die korpuslinguistische Diskursanalyse der Nachhaltigkeitsdebatte. Einige Texte mussten aus dem Korpus ausgeschlossen werden, da sie sich als thematisch irrelevant herausstellten. Die nicht-relevanten Themen sind in Tabelle 4.6 alphabetisch aufgeführt.

Tab. 4.6 Nicht-relevante Themen und Rubriken pro Unternehmen und Medienquelle in alphabetischer Ordnung

2. Relevanz-Entscheidung nach Überschriften

Nach dem ersten Arbeitsschritt, der Formulierung der KSAn und der Lektüre des Textanfangs, erfolgte der zweite Arbeitsschritt, die Relevanz-Entscheidung nach Überschriften: Es wurde zunächst anhand der Überschriften und des Veröffent-lichungsdatums entschieden, ob der Text thematisch relevant ist. Wenn dem so war, wurde der Textanfang gelesen, da die thematische Einbettung häufig zu Beginn eines Textes erfolgt. Die Rechercheergebnisse sind in Tabelle 4.7 dargestellt.

Tab. 4.7 Rechercheergebnisse der relevanten Medientexte pro Unternehmen und Medienquelle nach der Relevanz-Entscheidung nach Überschriften

3. Close Reading

Nun folgte das Close Reading, um die zu bearbeitenden Texte auszuwählen. Bei einem aufmerksamen Lesen des gesamten Textes wurde untersucht, inwieweit der gesamte Text, einzelne Textpassagen, Details und Bedeutungsnuancen für die Korpuskonstitution relevant sind. Es wurde berücksichtigt, inwieweit die relevanten Textstellen in enger Beziehung zum Diskursthema stehen und ihnen unterschiedliche Fillers zu den Slots wie Ursachen oder Bewertung (vgl. dazu Abschnitt 5.2 und Abschnitt 5.3) der Frame-Analyse-Attribute bzw. -Raster zugeschrieben werden können. Texte, die diese Kriterien beim Close Reading nicht erfüllten, wurden für die Analyse nicht berücksichtigt. Dieses Vorgehen ist somit eine kritische, wissenschaftlich-hermeneutische Methode, um Texte für die weitere Analyse zu identifizieren. Sie findet auch in der Methodologie der empirischen Sozialforschung Anwendung gebracht.

Die zu untersuchenden Texte zeichnen sich durch ihren informierenden Charakter aus. Denn die thematische Entfaltung äußert sich bei den Medien Die Welt, FAZ und SZ zunächst deskriptiv und später argumentativ, bei der Zeitung Die Zeit zunächst narrativ und später argumentativ. Die Texte, die thematisch als relevant bestimmt wurden, wurden weiterbearbeitet. Es erfolgte die erste Einordnung der Texte in MaxQDA. Die erfolgte Reduktion ist Tabelle 4.8 zu entnehmen.

Tab. 4.8 Rechercheergebnisse der relevanten Medientexte pro Unternehmen und Medienquelle nach dem Close Reading

Die zu untersuchenden Medientexte erhielten beim Import in das Programm MaxQDA eine spezielle Beschriftung. Die Sigle beinhaltet den Namen des Unternehmens, Mediums und Datums: „Unternehmen_Printmedium_Jahr_Monat_Tag“, zum Beispiel: Bayer AG_FAZ_1998_08_01. Waren mehrere relevante Artikel an einem Tag erschienen, wurden sie wie folgt gekennzeichnet: Bayer AG_FAZ_2008_12_16_01 und Bayer AG_FAZ_2008_12_16_01_02. Die Gesamtzahl der resultierenden Texte – sortiert nach dem jeweiligen Medium – ist in Tabelle 4.9 abgebildet.

Tab. 4.9 Gesamtzahl der untersuchungsrelevanten Medientexte pro Medienquelle

Die Gesamtzahl der zu untersuchenden Medientexte entsprechend der unternehmensspezifischen Subkorpora lässt sich wie folgt aufschlüsseln:

Bayer AG:

– 102 Medientexte

BMW AG:

– 233 Medientexte

Siemens AG:

– 222 Medientexte

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Reduzierung des Datensatzes nach dem oben genannten Vorgehen es ermöglicht, die Texte im Rahmen der Untersuchung mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu analysieren. Es wurden 577 Medientexte inhaltlicher Tiefe recherchiert, die ein umfangreiches Textkorpus abbilden, das die Grundlage für die folgende qualitative Untersuchung bietet.

In Kapitel 4 wurden die Auswahl der Unternehmen und die Korpuskonstitution der Unternehmenstexte (Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte) sowie der Medientexte vorgestellt. Mithilfe der digitalen Werkzeuge wie auch dem Einsatz des elektronischen Datenverarbeitungsprogramms MaxQDA in dieser Arbeit berücksichtigt die vorliegende Untersuchung eine breite empirische Basis. Dadurch können einzelne Handlungen den einzelnen Akteuren in der öffentlichen Debatte (über die Darstellung in den jeweiligen Medientexten) zugesprochen werden. Das Textverständnis ist für die Analyse besonders wichtig, da sonst keine klaren Analysekategorien bestimmt werden können. Die Kategorien für die Analyse des Textkorpus sowie die Analyseergebnisse werden im folgenden Kapitel ausführlich vorgestellt.