6.3.1 Monatsbezogene Betrachtung der Fallzahlen
Stationäre Fallzahlen
Im Zeitraum von 01.01.2020 bis 31.05.2021 sind im stationären Bereich mit Ausnahme der Monate Juni 2020 und März 2021 durchweg Rückgänge bei onkologischen Fällen im Vergleich zu 2019 zu erkennen (Abb. 6.2 und 6.3). Die stärksten relativen Rückgänge bei allen stationären onkologischen Fällen (Abb. 6.2) bzw. allen stationären KRK-Fällen (Abb. 6.3) sind dabei in den Monaten April und Mai 2020 sowie Januar und Februar 2021 gegenüber dem jeweiligen Monat des Jahres 2019 zu beobachten. Sie folgen auf die Inzidenzspitzen der ersten und zweiten Covid-19-Welle. Nach diesen Einbrüchen ist jeweils kein deutlicher kompensatorischer Fallzahlanstieg zu beobachten.
Die stationären Fallzahlen brachen während der ersten Welle von März auf April 2020 (−16,95 %; −18,20 %) abrupt ein. Der Rückgang zu Beginn der zweiten Welle erfolgte ab Oktober 2020 sukzessive und parallel zu dem erneuten Anstieg der Covid-19-Inzidenzen (vgl. Abb. 6.2 und 6.3). Die größten Rückgänge sind im Januar 2021 (−23,40 % alle C-Diagnosen, −28,56 % KRK) zu beobachten. Nach einer kurzen Annäherung an die Werte von 2019 im März 2021 gingen die stationären Fallzahlen mit Beginn der dritten Pandemie-Welle im April 2021 (−11,37 % alle C-Diagnosen, −16,11 % KRK) wieder deutlich zurück. Dieser Rückgang war jedoch weniger stark als bei der zweiten Welle, obwohl die monatlichen kumulierten Covid-19-Inzidenzen im April 2021 mit 558.232 Neuerkrankungen deutlich höher waren als im Januar 2021 mit 444.368 (Fallzahl −23,40 %). Bei den stationären Fällen mit operativer Resektion des KRK (Abb. 6.4) zeigen sich ähnliche relative Fallzahlentwicklungen wie bei den KRK-Fällen insgesamt (April 2020: −26,55 %; −23,64 %; Januar 2021: −30,28 %; April 2021: −14,20 % (für 2021 nur WIdO-Daten verfügbar) gegenüber 2019).
Der Anteil der stationären Fälle mit operativer Resektion des KRK an allen KRK-Fällen liegt für die Jahre 2019 (30,86 %; 32,97 %) und 2020 (31,10 %; 32,99 %) auf vergleichbarem Niveau.
Vertragsärztliche Fallzahlen
Für die vertragsärztlichen Fallzahlen (Abb. 6.5) liegen quartalsbezogene Daten des Zi vor, die somit ein weniger differenziertes Bild als die monatliche Betrachtung der stationären Fallzahlen ergeben. Bezogen auf alle onkologischen Diagnosen sind nur sehr geringe Fallzahleinbrüche zu beobachten: Das 2. Quartal 2020 zeigt dabei mit einem Minus von 3,45 % im Vergleich zum Vorjahresquartal den stärksten Einbruch. Beim KRK sind die Abnahmen deutlicher (Maximum auch hier im 2. Quartal 2020 mit −6,01 %).
Vergleich der kumulierten Gesamtfallzahlen
Vergleicht man die Gesamtfallzahlen der Jahre 2019 und 2020 (Summe der Fallzahlen aller Monate, vgl. Tab. 6.2) im stationären und ambulanten Bereich, so fallen insbesondere zwei Aspekte auf:
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Die prozentualen Fallzahlrückgänge beim KRK sind im stationären (−10,27 %; −10,57 %) und vertragsärztlichen Bereich (−4,85 %) stärker als die Rückgänge bei der Gesamtheit der C-Diagnosen (stationär: −5,86 %; −6,57 %; vertragsärztlich: −1,81 %).
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Dabei zeigt sich, dass die Fallzahlrückgänge im stationären Bereich höher waren als im vertragsärztlichen Bereich (alle C-Diagnosen: −4,85 %; KRK: −1,81 %), sowohl bei allen onkologischen Hauptdiagnosen (−5,86 %; −6,57 %) als auch beim KRK (−10,27 %, −10,57 %).
Tab. 6.2 Veränderung der kumulativen Fall- bzw. Koloskopiezahlen (vgl. Tab. Tab. 6.1) 2020 im Vergleich zu 2019 Insgesamt stimmen die monatsbezogenen Daten des Jahres 2020 von InEK und WIdO in hohem Maße überein. Die WIdO-Daten sind eine Teilmenge der InEK-Daten und entsprechen einem Anteil von ca. 30 %. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass 36,68 % der gesetzlich Versicherten in den AOKen versichert sind und in den InEK-Daten auch Privatversicherte eingeschlossen sind, plausibel (AOK-Bundesverband 2020). Es ist daher wahrscheinlich, dass der Vergleich der Monate Januar bis Mai 2021 mit den entsprechenden Monaten des Jahres 2019, für den lediglich WIdO-Daten vorliegen, repräsentativ für die Fallzahlentwicklung insgesamt ist.
Veränderung der Stadienverteilung beim KRK
Abb. 6.6 vergleicht anhand der Krebsregisterdaten die Anteile der jeweiligen UICC-Stadien der Monate des Jahres 2020 mit dem jeweiligen Vorjahresmonat 2019. Die Rückgänge der Stadien I bis IV sind gleichmäßig (Stadium I −3,30 %; Stadium II −3,25 %; Stadium III −2,68 %; Stadium IV −2,20 %) und der Anteil (noch) nicht klassifizierter KRK nimmt zum Jahresende 2020 zu (Jahresvergleich +11,43 % gegenüber 2019).
6.3.2 Monatsbezogene Betrachtung der Koloskopien
Monatsbezogene Betrachtung der WIdO-Daten für Koloskopien: Krankenhaus
Die Rückgänge der ambulant oder stationär im Krankenhaus durchgeführten Koloskopien ähneln in der monatsbezogenen Betrachtung (vgl. Abb. 6.7) vom Muster jenen bei den stationären Gesamtfallzahlen (vgl. Abb. 6.2 und 6.3), nahmen während der ersten Welle aber bereits einen Monat früher (März 2020) abrupt ab. Im April 2020, dem Monat mit den größten relativen Abnahmen, gingen die im Krankenhaus durchgeführten diagnostischen Koloskopien um 63,20 % (ambulant) bzw. 43,62 % (stationär) und die therapeutischen Koloskopien um 62,67 % (ambulant) bzw. 47,35 % (stationär) zurück. Ab Juli 2020 blieben die diagnostischen Koloskopien im Krankenhaus dann bis zum Ende der Untersuchung im Mai 2021 unter den Werten von 2019. Bei den therapeutischen Koloskopien im Krankenhaus gab es lediglich bei den ambulant durchgeführten Zuwächsen im September (+10,12 %) und Oktober (+6,16 %). Insgesamt zeigt sich jedoch bei den im Krankenhaus durchgeführten Koloskopien nach stabilen Zahlen von Juni bis September 2020, dass im Anschluss und parallel zur zweiten Welle die Zahl der Leistungen sukzessive abnimmt. Dies lässt sich insbesondere für die stationär im Krankenhaus durchgeführten Koloskopien nachvollziehen, für die bis Mai 2021 vollständige Daten vorliegen: Auf den Nadir im Januar 2021 (−36,1 % bei diagnostischen, −31,0 % bei therapeutischen Koloskopien) folgten im April (−20,7 % diagnostisch, −13,6 % therapeutisch) und Mai 2021 (−22,7 % diagnostisch, −17,8 % therapeutisch) weitere deutliche Reduktionen der Untersuchungszahlen im Vergleich zu 2019 im Rahmen der dritten Welle. Analog zu den Beobachtungen bei den stationären Fallzahlen waren die im Vergleich zu 2019 beobachteten prozentualen Monatsverluste der dritten Welle geringer als die der zweiten – trotz höherer Covid-19-Inzidenzen (siehe Abschn. Stationäre Fallzahlen).
Monatsbezogene Betrachtung der WIdO-Daten für Koloskopien: vertragsärztlicher Bereich
Im Vergleich zu 2019 waren die relativen Leistungsrückgänge bei im vertragsärztlichen Bereich durchgeführten Früherkennungs-, diagnostischen und therapeutischen Koloskopien (Abb. 6.7) deutlich geringer als die Rückgänge im Krankenhaus. Sie lagen bei den Früherkennungskoloskopien im April 2020, dem Monat mit den größten Rückgängen, bei −29,46 %, bei den diagnostischen Koloskopien bei −22,85 % und bei den therapeutischen Koloskopien bei −20,91 %.
Zeigten während der ersten Welle Krankenhäuser und vertragsärztlicher Bereich hinsichtlich der Leistungszahlen die gleiche Tendenz (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß), konnte nur der vertragsärztliche Bereich im Juni 2020 einen kurzzeitigen Anstieg der Koloskopien verzeichnen. Im Juli und August 2020 blieben die Zahlen ungefähr auf Vorjahresniveau. Entgegen der erneuten schrittweisen Abnahme in den Krankenhäusern (siehe Abschn. Monatsbezogene Betrachtung der WIdO-Daten für Koloskopien: Krankenhaus) zeigt der vertragsärztliche Bereich ab September 2020 bei der monatsbezogenen Betrachtung (Abb. 6.7) einen sukzessiven Anstieg der Koloskopien. Von September bis Dezember 2020 verhalten sich die prozentualen Reduktionen im Krankenhaus und die prozentualen Zunahmen des vertragsärztlichen Bereiches bei der graphischen Gegenüberstellung (Abb. 6.7) annähernd spiegelbildlich.
6.3.3 Quartalsbezogene Betrachtung der Zi-Daten (vertragsärztlicher Bereich)
Bei der quartalsbezogenen Betrachtung der verschiedenen Arten von Koloskopien (Abb. 6.8) fällt der hohe Zuwachs bei den Früherkennungskoloskopien im 1. Quartal (+16,58 %) im Vergleich zum Vorjahresquartal auf, der von geringen Rückgängen im 2. (−6,89 %) und annähernder Stabilität im 3. (+1,45 %) und 4. (−2,41 %) Quartal gefolgt wird. Bei den diagnostischen (1. Quartal −7,29 %; 2. Quartal −9,72 %) und therapeutischen (1. Quartal −6,47 %, 2. Quartal −9,34 %) Koloskopien ist in den ersten beiden Quartalen 2020 eine deutliche Abnahme zu verzeichnen, auf die erst im 4. Quartal (+4,76 % diagnostisch, +9,20 % therapeutisch) ein Anstieg folgt, sodass mit Blick auf die Gesamtzahlen (vgl. Tab. 6.2) im Jahr 2020 ein Minus von 3,29 % bei den diagnostischen und 1,36 % bei den therapeutischen Koloskopien verbleibt.
Vergleich der Gesamtkoloskopiezahlen
Vergleicht man die Gesamtzahlen der verschiedenen Indikationen von Koloskopien der Jahre 2019 und 2020 (Tab. 6.2), so wurden 2020
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etwas mehr vertragsärztliche Früherkennungskoloskopien (+2,89 %; +2,16 %),
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etwas weniger diagnostische Koloskopien vertragsärztlich (−2,47 %; −3,29 %),
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deutlich weniger diagnostische Koloskopien im Krankenhaus (ambulant −14,18 % und stationär −15,74 %),
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ungefähr gleich viele therapeutische Koloskopien vertragsärztlich (−0,31 %; −1,36 %),
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deutlich weniger therapeutische Koloskopien ambulant im Krankenhaus (−10,85 %) und
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deutlich weniger therapeutische Koloskopien stationär (−11,71 %)
durchgeführt. Lediglich die Daten des WIdO erfassen sowohl die in Krankenhäusern als auch die vertragsärztlich durchgeführten Koloskopien. Es zeigt sich, dass 2019 931.087 und 2020 873.621 Früherkennungs- und diagnostische Koloskopien durchgeführt wurden (Summe vertragsärztlich und Krankenhaus ambulant und stationär). Dies entspricht einem Minus von 57.466 Koloskopien bzw. Fällen oder −6,17 %. Leistungen (OPS-Codes) und Fälle (EBM-Ziffern) werden bei dieser Rechnung addiert, was die Aussagekraft etwas einschränkt, jedoch eine Abschätzung erlaubt. Die Mehrzahl der Koloskopien wird im vertragsärztlichen Bereich durchgeführt: Bei den WIdO-Daten hat der Anteil der im Krankenhaus durchgeführten diagnostischen Koloskopien (2019: 334.887, 2020: 284.042) an der Summe aller von uns untersuchten Früherkennungs- und diagnostischen Koloskopien (2019: 931.087; 2020: 873.621) von 35,97 % 2019 auf 32,51 % 2020 abgenommen.