FormalPara Zusammenfassung

Die Covid-19-Pandemie hat bedingt durch die hohe Morbidität und Mortalität das deutsche Gesundheitssystem vor große Herausforderungen gestellt. Der Beitrag vergleicht die Charakteristika der Covid-19-Patienten in den ersten drei Pandemiewellen und zeigt die Versorgungsstrukturen auf. Darüber hinaus wird auf die medizinischen Veränderungen im Zeitverlauf eingegangen. Es zeigt sich ein Rückgang des Durchschnittsalters und der Verweildauer der stationär behandelten Patienten in der dritten Pandemiewelle. Die Sterblichkeit, insbesondere bei den beatmeten Patienten, bleibt hoch. Eine deutliche Verschiebung ist bei den Beatmungsverfahren zu beobachten. Im Laufe der Pandemie konnte es durch die Gabe von Medikamenten gelingen, schwere Verläufe abzumildern.

The COVID-19 pandemic posed major challenges to the German health care system due to high morbidity and mortality. The article compares the characteristics of Covid-19 patients in the first three waves of the pandemic and reports the related care structures. In addition, medical changes over time are discussed. The average age and length of stay of hospitalised patients have decreased in the third wave of pandemic. However, mortality, especially among patients with ventilation, remains high. A clear shift can be observed in ventilation techniques. In the course of the pandemic, it was possible to mitigate severe disease by administering medication.

1 Einleitung

Die Covid-19-Pandemie hat die deutsche Krankenhauslandschaft vor eine nie dagewesene Herausforderung gestellt, da sich das Coronavirus SARS-CoV-2 durch eine sehr hohe Verbreitungstendenz, aber gleichzeitig auch vergleichsweise hohe Morbidität und Mortalität auszeichnet (Karagiannidis et al. 2020; Hentschker et al. 2021; Günster et al. 2021; Karagiannidis et al. 2021). Im Herbst/Winter 2021 läuft mittlerweile die vierte Welle der Pandemie über Deutschland hinweg, mit einer erneut starken Belastung des Gesundheitssystems.

Insbesondere die erste Welle traf das deutsche Gesundheitssystem, genau wie alle anderen, unvorbereitet hinsichtlich der Fragen nach der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme für die verschiedenen Patientengruppen (insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Komorbidität), einer Verlegung auf die Intensivstation und der Einleitung einer Beatmung. Die therapeutischen, insbesondere medikamentösen Möglichkeiten waren begrenzt – und es war unbekannt, inwieweit sie die Prognose beeinflussen konnten. Im Laufe der Pandemie konnten sowohl im therapeutischen Bereich als auch vor allem mit der Möglichkeit der Impfung deutliche Erfolge erzielt werden (Malin et al. 2021; Kluge et al. 2021a, 2021b). So haben nicht-medikamentöse Maßnahmen wie die Bauchlage durch eine Reduktion der Intubationsrate bei schweren Verläufen mit respiratorischer Insuffizienz das Outcome im Laufe der Pandemie verändert (Ehrmann et al. 2021). Auf medikamentöser Seite ist insbesondere die Gabe von Steroiden bei schwerkranken, intensivpflichtigen Patienten zu nennen (RECOVERY Collaborative Group 2020), aber auch weitere antiinflammatorische und immunmodulatorische Medikamente wie Tocilizumab (RECOVERY Collaborative Group 2021) oder Baricitinib (Marconi et al. 2021) sowie die Gabe neutralisierender monoklonaler Antikörper (Dougan et al. 2021) haben Fortschritte gebracht. Mit Hilfe dieser Medikamente kann es in der Frühphase der Erkrankung gelingen, schwere Verläufe zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Arbeit ein Vergleich hinsichtlich der stationären Behandlung der Covid-19-Patienten während der drei Pandemiewellen gezogen werden.

2 Datengrundlage

Für die Analyse der Charakteristika der Covid-19-Patienten werden die AOK-Abrechnungsdaten (§ 301 SGB V) genutzt. Es werden alle Patienten eingeschlossen, die im Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis 31. Mai 2021 im Krankenhaus aufgenommen wurden und für die der ICD-Kode U07.1! (Covid-19, Virus nachgewiesen) kodiert wurde. Da die U07.1-Diagnose nicht als Hauptdiagnose in den Daten kodiert wird, kann in den Analysen grundsätzlich nicht unterschieden werden, ob der Patient mit oder wegen Covid-19 im Krankenhaus gelegen hat. In einem Sensitivitätscheck wurden nur Patienten in der Stichprobe belassen, für die eine Covid-19-relevante Hauptdiagnose wie beispielsweise eine Viruspneumonie oder eine Viruskrankheit kodiert worden war. Die Aussagen über die Charakteristika ändern sich dadurch nicht.

Es wurden nur Patienten eingeschlossen, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung mindestens 18 Jahre alt waren. In den Analysen wurden die Daten der Patienten mit direkter interhospitaler Verlegung – hier entspricht das Entlassungsdatum des einen Krankenhauses dem Aufnahmedatum des anderen Krankenhauses – in einem Fall zusammengeführt. Für die Analyse der Inanspruchnahme der Versorgungsstrukturen werden alle Krankenhausfälle einzeln betrachtet, um das Gesamtversorgungsgeschehen abzubilden. Patienten, die ein weiteres Mal mit einer Covid-19-Diagnose im Krankenhaus aufgenommen wurden, werden von der Analyse ausgeschlossen. Bei den Analysen handelt es sich um eine Erweiterung zu bereits erschienen Publikationen von Karagiannidis et al. (2020), Mostert et al. (2021) und Hentschker et al. (2021).

Bei den Charakteristika der Covid-19-Patienten sollen insbesondere die Unterschiede zwischen den Pandemiewellen herausgestellt werden. Die erste Pandemiewelle bezieht alle Patienten ein, die zwischen dem 1. Februar 2020 und 31. Mai 2020 im Krankenhaus aufgenommen worden sind, die zweite Pandemiewelle alle Patienten mit Aufnahmedatum zwischen dem 1. Oktober 2020 und 28. Februar 2021 und die dritte Pandemiewelle alle Patienten mit Aufnahmedatum zwischen dem 1. März 2021 und 31. Mai 2021. Patienten mit Aufnahmedatum zwischen dem 1. Juni 2020 und 30. September 2020 werden beim Pandemiewellenvergleich außer Acht gelassen; in diesem Zeitraum herrschte eine sehr niedrige Inzidenz in Deutschland, sodass keine Zuordnung zu einer Pandemiewelle erfolgt ist.

Es kann zwischen Covid-19-Patienten ohne und mit Beatmung unterschieden werden. Bei den Beatmungsverfahren wird zwischen einer invasiven Beatmung (OPS-Kode 8-701, 8-704, 5-311, 5-312) und einer nicht-invasiven Beatmung (OPS-Kode 8-706) unterschieden. Wenn die Beatmung länger als sechs Stunden erfolgte, werden die Patienten entsprechend in drei Gruppen eingeteilt: (i) Patienten mit ausschließlich invasiver BeatmungFootnote 1, (ii) Patienten mit ausschließlich nicht-invasiver Beatmung und (iii) Patienten, die zunächst eine nicht-invasive gefolgt von einer invasiven Beatmung erhalten haben.

3 Charakteristika der Covid-19-Patienten nach Pandemiewelle

Die Charakteristika der Covid-19-Patienten nach den ersten drei Pandemiewellen werden in Tab. 4.1 dargestellt. Auffallend ist insbesondere das niedrigere Durchschnittsalter in der dritten Pandemiewelle mit 62 Jahren. In den ersten beiden Pandemiewellen lag das Durchschnittsalter noch bei 68 beziehungsweise 70 Jahren. Mit dem geringeren Durchschnittsalter geht auch eine geringere Häufigkeit von Komorbiditäten einher. Weiterhin sinkt die durchschnittliche Verweildauer von 18 Tagen in der ersten Pandemiewelle auf 13 Tage in der dritten Pandemiewelle. Auch die Krankenhaussterblichkeit sank von 22 % (1. Pandemiewelle – PW) auf 15 % (3. PW).

Tab. 4.1 Charakteristika der Covid-19-Patienten nach Pandemiewelle

Tab. 4.2 stellt die Charakteristika der Covid-19-Patienten mit Beatmung dar. Entsprechend allen stationär behandelten Covid-19-Patienten ist auch hier das sinkende Durchschnittsalter in der 3. PW zu beobachten. Waren in den ersten beiden Pandemiewellen noch über 50 % der beatmeten Patienten 70 Jahre oder älter, sank der Anteil der Beatmeten in diesen Altersgruppen in der dritten Pandemiewelle auf 38 %. Der Anteil der beatmeten an allen stationär behandelten Fällen ist U-förmig: So wurden in der 1. PW 18,0 % beatmet, in der 2. PW hingegen nur noch 14,2 % – während der Anteil in der 3. PW wieder 18,3 % betrug.

Tab. 4.2 Charakteristika der Covid-19-Patienten mit Beatmung nach Pandemiewelle

Allerdings ist damit einhergehend auch eine Änderung der Beatmungsverfahren zu beobachten: Wurden in der ersten Pandemiewelle noch 75 % der Patienten primär invasiv beatmet, so waren es in der zweiten Pandemiewelle nur noch 37 % und in der dritten Pandemiewelle nur noch 31 %. Dementsprechend stieg der Anteil der Patienten, die ausschließlich eine nicht-invasive Beatmung erhalten haben, von 9 % (1. PW) auf 30 % (3. PW), aber auch der Anteil der Patienten, die zunächst eine nicht-invasive Beatmung gefolgt von einer invasiven Beatmung erhielten, stieg von 9 % auf 30 %. Des Weiteren sank die durchschnittliche Beatmungsdauer von 17,4 Tagen (1. PW) auf 14,3 Tage (3. PW). Zudem sank der Anteil der Patienten, die eine Dialyse benötigen. In der ersten Pandemiewelle lag der Anteil noch bei 30 %, in der zweiten und dritten Pandemiewelle nur noch bei 20 %. Die Krankenhaussterblichkeit blieb auf einem hohen Niveau um 50 % (51 % in 1. PW, 54 % in 2. PW und 47 % in 3. PW). Damit waren 41 % der in der 1. PW stationär verstorbenen Covid-19-Patienten beatmet worden; in der 2. PW sank dieser Anteil auf 35 % und stieg dann in der 3. PW auf 58 %.

4 Versorgung nach Krankenhäusern

Insgesamt waren 1.307 Krankenhäuser an der Versorgung von Covid-19-Patienten, die zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. Mai 2021 im Krankenhaus aufgenommen wurden, beteiligt. Die Verteilung der Krankenhäuser nach ihrer Covid-19-Fallzahl (AOK) ist in Abb. 4.1 dargestellt. Die Krankenhäuser werden dafür anhand ihrer Fallzahl in Quartile eingeteilt. 50 % der Krankenhäuser behandelten demnach 87 % der Covid-19-Fälle und die anderen 50 % entsprechend nur 13 % der Covid-19-Fälle. Ein Viertel der Krankenhäuser versorgte nur 2 % und damit durchschnittlich elf Fälle im Betrachtungszeitraum. Werden analog nur beatmete Covid-19-Fälle betrachtet, so ist eine ähnliche Verteilung über die 1.037 Krankenhäuser mit beatmeten Fällen zu beobachten (Abb. 4.2).

Abb. 4.1
figure 1

Verteilung der Krankenhäuser nach Covid-19-Fallzahl. Anmerkung: In Klammern ist der Anteil in % der Krankenhäuser beziehungsweise der Fälle dargestellt. Ein Krankenhaus im 4. Quartil mit mehr als 1.200 Fällen ist nicht dargestellt.

Abb. 4.2
figure 2

Verteilung der Krankenhäuser nach Covid-19-Beatmungsfallzahl. Anmerkung: In Klammern ist der Anteil in % der Krankenhäuser beziehungsweise der Fälle dargestellt. Quartilseinteilung der Krankenhäuser entspricht nicht immer 25 %, da Krankenhäuser mit gleicher Fallzahl dem gleichen Quartil zugeordnet werden.

Abb. 4.3 zeigt die standardisierte Sterblichkeitsrate der Krankenhäuser (SMR – standardized mortality ratio) für die beatmeten Fälle. Der SMR-Wert gibt das Verhältnis der beobachteten Sterbefälle zu den erwarteten Sterbefällen. Ein SMR-Wert kleiner als 1 bedeutet, dass die Zahl der beobachteten Sterbefälle geringer war als erwartet; ein SMR-Wert größer als 1 bedeutet, dass die Zahl der beobachteten Sterbefälle höher war als erwartet. Für die Berechnung der erwarteten Sterblichkeit erfolgt eine Risikoadjustierung mit den Variablen Alter, Geschlecht und den Elixhauser-KomorbiditätenFootnote 2. Für Patienten, die während ihres Krankenhausaufenthalts zwischen Krankenhäusern verlegt wurden, wurde das erste behandelnde Krankenhaus zugeordnet. Es werden nur Sterblichkeitsraten dargestellt, wenn im Krankenhaus mehr als zehn beatmete AOK-Patienten behandelt worden sind (N = 716 Krankenhäuser). In Abb. 4.3 werden die Unterschiede in der SMR zwischen den Krankenhäusern deutlich. 50 % der Krankenhäuser haben eine SMR zwischen 0,85 und 1,15. Jedoch weisen dementsprechend auch 25 % der Krankenhäuser eine SMR größer als 1,15 auf, wobei das 95 %-Konfidenzintervall jedoch die 1 beinhaltet. Aufgrund der hohen Heterogenität der Patienten ist die Risikoadjustierung möglicherweise nicht ausreichend, um einen fairen Vergleich zwischen den Krankenhäusern zu gewährleisten. Des Weiteren sind die Fallzahlen für viele Krankenhäuser relativ gering.

Abb. 4.3
figure 3

Verteilung der Krankenhäuser nach standardisierten Sterblichkeitsraten (beatmete Covid-19-Patienten)

5 Einordnung der Therapie der Covid-19-Patienten

Während der Pandemie haben sich auf verschiedenen Ebenen Änderungen in der Behandlung kritisch kranker Patienten ergeben. Dies betrifft sowohl die Altersstruktur, regionale Überlastungen in der intensivmedizinischen Versorgung, die Einführung der Impfung als auch den therapeutischen Fortschritt. Während das Durchschnittsalter in den ersten beiden Wellen noch bei etwa 70 Jahren lag, kam es in der dritten Welle zu einem deutlichen Abfall auf etwa 62 Jahre. Der Unterschied zwischen der zweiten und dritten Welle bestand insbesondere darin, dass viele ältere Patienten gemäß der Impfpriorisierung vom Beginn des Jahres 2021 an geimpft worden sind und sich der relative Anteil dieser Patientengruppen daher vermindert hat. Da das Alter der Hauptrisikofaktor für einen schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung darstellt, dürfte das Absinken der Krankenhaussterblichkeit in erster Linie auf den Rückgang des Durchschnittsalters zurückzuführen sein, der mit insgesamt acht Jahren substanziell war.

5.1 Beatmungsverfahren

Weiterhin sehr auffällig waren die Veränderungen in der Beatmungstherapie. Während in der ersten Welle noch etwa 75 % der Patienten primär invasiv beatmet wurden und nur wenige nicht-invasiv, waren es in der zweiten Welle nur noch 37 % mit einer primär invasiven Beatmung, in der dritten Welle sogar nur 30 %. Der Anteil der Patienten mit nicht-invasiver Beatmung, aber leider auch derer, die bei einem Versagen der nicht-invasiven Beatmung dann intubiert und invasiv beatmet werden mussten, hat in der zweiten und dritten Welle erheblich zugenommen. Damit bestand auch in der zweiten und dritten Welle ein insgesamt hoher Anteil invasiv beatmeter Patienten, lediglich der Intubationszeitpunkt hat sich in deutlich mehr Fällen nach hinten verschoben. Zugleich ist jedoch mit den strukturellen Verschiebungen im Beatmungsgeschehen kein Absinken der hohen Krankenhaussterblichkeit der Beatmungspatienten einhergegangen. Vergleicht man diesbezüglich die erste und zweite Pandemiewelle, können einerseits Unterschiede in den Charakteristika der Patienten eine Rolle spielen, die jeweils einer Beatmung zugeführt wurden. Es drängt sich andererseits aber auch die Frage auf, welche Bedeutung dem Zeitpunkt der Intubation für die Gesamtprognose, insbesondere auch mit Blick auf ein mögliches späteres NIV-Versagen, zukommt. Hier ist aus Sicht der Verfassenden eine randomisiert-kontrollierte Studie überfällig. Der geringe Rückgang der Sterblichkeit auf 47 % in der dritten Pandemiewelle lässt in diesem Kontext ohne differenziertere Analyse keine Rückschlüsse zu, da sich hier die Patientenpopulation von den vorhergehenden Wellen hinsichtlich Durchschnittsalter und vorliegender Komorbiditäten deutlich unterscheidet.

Auffällig ist ein im internationalen Vergleich sehr häufiger Einsatz künstlicher Lungen (8 % in der ersten Welle und dann 9 % in der dritten Welle), während bei den Organersatzverfahren die Dialyse zwischen der ersten und dann der zweiten und dritten Welle erheblich abgenommen hat. Der Rückgang um 10 Prozentpunkte könnte der verminderten systemischen Inflammation als Effekt der antiinflammatorischen Therapie mit Steroiden oder einem insgesamt verbesserten Patientenmanagement zugerechnet werden. Die hier vorliegenden Daten lassen aber keine kausalen Rückschlüsse zu. Sicherlich spielt aber die Verminderung der Endothelitis dieser Erkrankung eine wichtige Rolle.

5.2 Medikamentöse Therapie

Im Laufe der Pandemie haben sich viele Änderungen in der Leitlinien-gerechten Therapie ergeben. Während wir in der ersten Welle wenig Evidenz hatten, erfolgte die Einführung des Kortisons im Sommer 2020 als ein Gamechanger für kritisch Kranke und dann sukzessive des Tocolizumabs (spezifische antientzündliche Wirkung) und zuletzt des Baricitinibs zur anti-inflammatorischen Therapie. Alle drei Medikamente wirken direkt auf die überschießende Entzündungsreaktion des Körpers und haben zeigen können, dass die Sterblichkeit bei sachgerechtem Einsatz signifikant gesenkt werden kann. Weiterhin standen neutralisierende monoklonale Antikörper zur Frühtherapie im Jahr 2021 zumindest zur Verfügung. Diese neutralisierenden Antikörper sind sehr effektiv im Abfangen des Virus in der Frühphase der Erkrankung. Das Autorenteam rechnet den Therapeutika einen nicht unwesentlichen Effekt insbesondere bei Patienten in der Frühphase der Erkrankung vor der Verlegung auf die Intensivstation zu. Hier zeigt sich aber einmal mehr das Dilemma der unzureichenden Datenerhebung in Deutschland, da beispielsweise Daten zur Medikamentengabe im Krankenhausbereich nicht vorliegen.

5.3 Versorgungsstruktur

Auffällig in der Krankenhausbehandlung der Covid-19-Patienten war deren sehr ungleichmäßige Verteilung auf die Krankenhäuser. 62 % aller im Krankenhaus aufgenommenen Covid-19-Patienten wurden in gerade mal 326 Krankenhäusern behandelt (bei insgesamt 1.307 Krankenhäusern). Bei den Beatmungsfällen ist eine ähnliche Konzentration auf 252 Krankenhäuser mit 60 % der Patienten zu beobachten. Dies zeigt die sehr ungleichmäßige Belastung der Krankenhäuser während der Pandemie auf. Diese ist sicher auch dem Umstand geschuldet, dass eine akute respiratorische Insuffizienz im Kontext mit Covid-19 im Klinikalltag in vielen Fällen einer komplexen und aufwendigen Behandlung bedarf, die prädominant an Schwerpunktzentren geleistet werden sollte und wurde. Die Daten zeigen, dass die deutsche Krankenhauslandschaft mit der hohen Zahl einzelner Krankenhäuser und der Vielzahl von Intensivstationen differenziert betrachtet werden muss. Die Verteilung der Patienten auf die Krankenhäuser zeigte zwischen den drei Wellen keine wesentlichen Unterschiede. Die Hauptlast während der Pandemie haben insbesondere die großen Kliniken, etwa Universitätskliniken, Maximalversorger und Schwerpunktversorger, getragen.

In den Daten zeigt sich bei 25 % der Krankenhäuser mit mehr als zehn beatmeten Covid-19-Patienten eine SMR von mehr als 1,15; d. h. die beobachtete Anzahl der Todesfälle liegt bei diesen Krankenhäusern um mindestens 15 % höher als die erwartete Anzahl der Todesfälle. In die Analyse fließt dabei ein heterogenes Patientenklientel ein, d. h. die vorgenommene Risikoadjustierung könnte ggf. nicht ausreichend sein und die geringe Zahl der Beatmungsfälle in manchen Häusern vor dem Hintergrund einer schon stark zentralisierten Versorgung ist ein Limitierungsfaktor der Analyse. Gleichwohl verweist die Auswertung auch darauf, dass der Frage von möglichen Versorgungsunterschieden zwischen Krankenhäusern, die auch hinter der Streuung der SMR-Werte stehen könnten, weiter nachgegangen werden sollte.

6 Schlussfolgerungen

Die vorliegende Arbeit zeigt die Veränderungen im Verhalten der Intensivmedizin im Verlauf der ersten drei Pandemiewellen auf, insbesondere auch die Veränderung bei den eingesetzten Beatmungsverfahren, die jedoch nicht mit einer wesentlichen Veränderung der Sterblichkeit einhergeht. Diese kann natürlich durch gegenläufige Effekte (z. B. unterschiedliche Morbidität der beatmeten Patienten) und die sukzessiv einsetzende evidenzbasierte Therapie beeinflusst sein, allerdings unterstreicht es auch die Notwendigkeit einer strukturierten Datenerhebung und die Notwendigkeit klinisch-randomisierter Studien zur Klärung der relevanten therapeutischen Fragen (z. B. Indikationsstellung für Art der Beatmung oder den Zeitpunkt der Intubation). Derartige Studien sind aus Sicht der Verfassenden überfällig. Zukünftig sollte man sich auch intensiver mit den Mortalitätsunterschieden zwischen den Krankenhäusern befassen. Insofern hier Versorgungsunterschiede zugrunde liegen, gilt es diese in einem lernenden System zu reduzieren.