Zusammenfassung
Familienunternehmen tragen viel Verantwortung. Darunter auch die Verantwortung für ihre eigene Zukunfts- oder auch „Enkelfähigkeit“. Doch das System der Unternehmerfamilie ist vielschichtig und heute besonders intensiven Veränderungen unterworfen. Dadurch entstehen Zwischenräume: Zonen des Nicht-Definiten und Unsicheren, die es den Entrepreneuren und Entrepreneurinnen zunächst nicht leicht machen, Werte sinnvoll an die nächsten Generationen weiterzugeben. Ganz speziell gilt das für den Zwischenraum der Lebenspartnerwahl innerhalb einer Unternehmerfamilie. Gleichzeitig können diese Zwischenräume sehr produktiv sein und gerade erst die gewünschte Kontinuität gewährleisten, da sie Familie und Unternehmen für wertvolle Transformationsprozesse öffnen. Es gilt also, diese Räume nicht zu umschiffen oder zu überbrücken, sondern sie bewusst zu betreten, zu gestalten und für eine kreative Strategiekultur zu nutzen. Ein hilfreiches Werkzeug dafür kann der Aufbau eines Familienbüros sein.
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Notes
- 1.
So wie die Unternehmerfamilien auf vielschichtiges Wissen zurückgreifen dürfen, so ist der Autor des vorliegenden Textes allen Lehrmeistern und Pionieren in Theorie und Praxis dankbar für die Vorarbeiten, auf denen die nachfolgenden Zeilen aufbauen, um eine weitere Erfahrungs- und Wissensschicht zu ergänzen.
- 2.
An dieser Stelle sei vermerkt, dass im Prozess der Transformation nicht ein Aufweichen oder Verweichlichen von klaren Standpunkten gefördert wird, sondern vielmehr eine Vitalisierung, Mobilisierung, Metamorphose und Dynamisierung der Bestandteile, die ein System braucht, um dynamische Stabilität in einer adaptiven Form zu entwickeln. Klare Standpunkte sind zwingend notwendig und geben Halt.
- 3.
Darüber hinaus kann es hilfreich sein, sich bewusst zu machen, dass es verschiedene Modelle der Lebenspartnerwahl gibt. Folgende fünf Typen hat der Autor in einer Forschungsarbeit (Megerle, 2017) identifizieren können: Liebes-Lebenspartnerwahl, Protest-Lebenspartnerwahl, entwickelte Lebenspartnerwahl, Gleichheitspartnerwahl, Zweck-Lebenspartnerwahl. Wer diese Modelle und die jeweils verbundenen Risiken, Fallstricke und Konsequenzen reflektiert (z. B. im Rahmen einer Gesellschafterqualifikationsmaßnahme), wird Entscheidungen bewusster fällen, klarer mit dem Partner kommunizieren und in der Familie besser argumentieren können.
- 4.
Wie zum Beispiel: Gesellschafterverträge, Testamente, Ehevertrag, Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen, Sorgerechtsklärungen etc.
- 5.
Der Begriff „Family-Office“ kommt aus dem englischen Sprachraum und bezeichnet eine Gesellschaft, deren Zweck die Verwaltung des privaten Großvermögens einer Eigentümerfamilie ist. Die Aufgaben eines Family-Offices sind aber grundsätzlich nicht beschränkt. Typischerweise übernimmt es neben der reinen Vermögensverwaltung weitere klassische Sekretariats-Dienstleistungen wie beispielsweise Strategieplanung, Mediation, Buchführung, Büroorganisation, Reiseplanung, Sicherheitsmanagement, Controlling u. ä. der Mandantenfamilien.
- 6.
Unterstützend könnte hierbei der AvS-Ansatz (orientiert an Rüsen, 2021) sein, welcher sich an zwei primären Faktoren orientiert: (a) das systematische Einbeziehen der Praxis in die theoriebildende Arbeit sowie (b) eine strukturelle Ankopplungsfähigkeit der handelnden Person an die Kontextbedingungen in Forschungs- und Praxisgemeinschaft.
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Megerle, M. (2021). Potenzialentfaltung zwischen Liebe, Vermögen und Macht. In: Jäkel-Wurzer, D., Megerle, M., Dahncke, S. (eds) Familienstrategie erleben und gestalten. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64523-9_16
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