Zusammenfassung
Die EMRK verpflichtet ihre Mitgliedstaaten „in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen“ („s’engagent à se conformer“; „undertake to abide“) (Art. 46 Abs. 1 EMRK). Zuständig für die Überwachung der Durchführung der Urteile ist nach Art. 46 Abs. 2 EMRK das Ministerkomitee. Über die Art, wie die Entscheidungen innerstaatlich umgesetzt werden sollen sowie die Wirkungen der Entscheidungen des Gerichtshofs im weiteren Sinne enthält die EMRK lediglich fragmentarische Aussagen. Allerdings hat der EGMR die Urteilswirkungen in seiner Praxis konkretisiert und weiterentwickelt. Während die Entscheidungen nach Art. 46 Abs. 1 EMRK lediglich im entschiedenen Einzelfall Bindungswirkung entfalten, ist inzwischen unbestritten, dass auch der Rechtsprechung im weiteren Sinne rechtliche Bedeutung zukommt (1.). Auch die aus den Entscheidungen im Einzelnen fließenden Pflichten hat der EGMR wesentlich konkretisiert und dabei – nicht unbestrittenermaßen, wie zu zeigen sein wird – vom rein deklaratorischen Modell weggeführt (2.).
You have full access to this open access chapter, Download chapter PDF
Die EMRK verpflichtet ihre Mitgliedstaaten „in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen“ („s’engagent à se conformer“; „undertake to abide“) (Art. 46 Abs. 1 EMRK). Zuständig für die Überwachung der Durchführung der Urteile ist nach Art. 46 Abs. 2 EMRK das Ministerkomitee. Über die Art, wie die Entscheidungen innerstaatlich umgesetzt werden sollen sowie die Wirkungen der Entscheidungen des Gerichtshofs im weiteren Sinne enthält die EMRK lediglich fragmentarische Aussagen. Allerdings hat der EGMR die Urteilswirkungen in seiner Praxis konkretisiert und weiterentwickelt. Während die Entscheidungen nach Art. 46 Abs. 1 EMRK lediglich im entschiedenen Einzelfall Bindungswirkung entfalten, ist inzwischen unbestritten, dass auch der Rechtsprechung im weiteren Sinne rechtliche Bedeutung zukommt (1.). Auch die aus den Entscheidungen im Einzelnen fließenden Pflichten hat der EGMR wesentlich konkretisiert und dabei – nicht unbestrittenermaßen, wie zu zeigen sein wird – vom rein deklaratorischen Modell weggeführt (2.).
1. Reichweite der Urteilswirkungen
1.1 Ausgangspunkt: res iudicata inter partes (Art. 46 Abs. 1 EMRK)
Nach Art. 46 Abs. 1 EMRK sind die Entscheidungen des EGMR für die am Verfahren beteiligten Parteien verbindlich (materielle Rechtskraft).Footnote 1 Dabei bezieht sich die Bindungswirkung im engeren Sinne lediglich auf den Urteilstenor.Footnote 2 Da sich alleine daraus allerdings nicht ergibt, worin das konventionswidrige Verhalten besteht, herrscht Einigkeit darüber, dass der Tenor im Lichte der rationes decidendi zu lesen ist.Footnote 3
Ein zentraler Unterschied zum interamerikanischen System besteht darin, dass im europäischen System eine interne Berufungsmöglichkeit besteht: In formelle Rechtskraft erwachsen Kammerentscheidungen erst, wenn keine der Parteien innerhalb einer bestimmten Frist eine Verweisung an die Große Kammer beantragt (Art. 44 Abs. 2 EMRK).Footnote 4
1.2. Wirkung über den Einzelfall hinaus („unechte“ Erga-omnes-Wirkung)
Die Rechtskraft der EGMR-Entscheidungen gilt nach dem Wortlaut der Konvention lediglich für die Parteien im entschiedenen Einzelfall (res iudicata inter partes).Footnote 5 Diese Regelung steht im Kontrast zu Bestimmungen wie § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, der eine Bindungswirkung sämtlicher deutscher Gerichte an den Tenor und die tragenden Gründe der Urteile des Bundesverfassungsgerichts statuiert.Footnote 6 Trotzdem wird der Rechtsprechung des EGMR auch über den entschiedenen Einzelfall hinaus Bedeutung zuerkannt. Der Gerichtshof machte schon früh deutlich, dass er seine Rolle nicht auf die Beurteilung von Einzelfällen beschränkt sieht.Footnote 7 Dies wird bereits daran deutlich, dass er sich, obwohl nicht formell dazu verpflichtet, grundsätzlich an seine eigene Rechtsprechung hält. Der EGMR betont, dass „while the Court is not formally bound to follow any of its previous judgments, it is in the interests of legal certainty, foreseeability and equality before the law that it should not depart, without cogent reason, from precedents laid down in previous cases.“Footnote 8
Von den Mitgliedstaaten und insbesondere innerstaatlichen Gerichten verlangt der EGMR, dass diese seine evolutive Auslegung der Konvention nachvollziehen.Footnote 9 Tun sie dies nicht, kann dies insofern zu einer „Sanktionierung“ führen, als dass der EGMR eine Konventionsverletzung feststellen kann.Footnote 10 In jüngerer Zeit wird deshalb vermehrt davon gesprochen, dass die Mitgliedstaaten zumindest die Pflicht träfe, die weitere Rechtsprechung des EGMR bzw. der verallgemeinerungsfähigen Teile der Urteile zu berücksichtigen.Footnote 11 Gerade wegen des dynamischen Charakters der Konventionsauslegung besteht indes keine Garantie, dass die Berücksichtigung des Entwicklungsstandes der EMRK vor einer „Verurteilung“ bewahrt.
Als Rechtfertigung für die Berücksichtigungspflicht der EGMR-Rechtsprechung wird vorgebracht, dass „erst die Judikatur […] den Text der Konvention mit Leben“ erfüllt.Footnote 12 Der Inhalt der offenen Konventionsrechte ergibt sich gleichsam erst „aus der Zusammenschau der Konvention und der dazu ergangenen Rechtsprechung“.Footnote 13 Polakiewicz spricht diesbezüglich von der „abstrakten Klärungsfunktion“ des EGMR.Footnote 14 Anders als die Befolgungspflicht im entschiedenen Einzelfall fließt die Berücksichtigungspflicht allerdings nicht aus der Bindungswirkung der Urteile des EGMR und somit nicht aus Art. 46 EMRK, sondern letztlich aus den in Rede stehenden Konventionsgarantien selbst. Die Rechtsprechung „partizipiert an der Verbindlichkeit der interpretierten Norm“.Footnote 15 Dies kommt darin zum Ausdruck, dass von res interpretata statt von res iudicata gesprochen wird.Footnote 16 Für die Parteien geht es nicht um die eigentliche Lösung von Einzelfällen und deren Umsetzung, sondern vielmehr um die Ermittlung der Konventionsgehalte. Die EMRK und die dazu ergangene Rechtsprechung werden in diesem Sinne manchmal auch als ein zusammenhängender „corpus iuris“ bezeichnet.Footnote 17
Diese Autorität des Gerichtshofs ergibt sich aus dessen besonderer Stellung als mit der Letztentscheidungsbefugnis zur Auslegung der Konvention ausgestattetes Organ. Sie gründet somit auf der Kompetenz zur Überwachung der Einhaltung der Konvention (Art. 19 EMRK), dem Letztentscheidungsrecht des EGMR in Konventionsfragen (Art. 32 EMRK) sowie der generellen Pflicht der Konventionsstaaten, die Konventionsrechte auf der innerstaatlichen Ebene zu gewährleisten (Art. 1 EMRK).Footnote 18 Es handelt sich also nicht um eine „echte“ Erga-omnes-Wirkung und damit eine Ausdehnung der Bindungswirkung, sondern vielmehr um eine Bindung an die „inhaltlich fortgebildete Konvention“.Footnote 19 Trotzdem ist die Berücksichtigungspflicht nach der hier vertretenen Ansicht de lege lata eine rechtliche – und nicht lediglich moralische,Footnote 20 faktischeFootnote 21 oder auf der Überzeugungskraft der EGMR-Urteile beruhende – Pflicht.Footnote 22 Wie zu zeigen sein wird, wenden zahlreiche Gerichte die Konvention in der Auslegung durch den EGMR an,Footnote 23 jedoch durchaus nicht immer schlicht aus Rechtsüberzeugung – im Vordergrund steht oft die Bestrebung, eine Verurteilung durch den EGMR abzuwenden.Footnote 24
1.3. Der gerichtliche Dialog als „Recht zu widersprechen“
Die Berücksichtigungspflicht oder res interpretata unterscheidet sich aber nicht nur hinsichtlich ihrer rechtlichen Grundlage, sondern auch qualitativ von der Befolgungspflicht entschiedener Urteile im Einzelfall. Denn aus der die gesamte Konvention durchziehenden Idee der Subsidiarität folgt, dass die primäre Verantwortung über die Konvention bei den innerstaatlichen Gerichten liegt. Sie sind die „principle guarantors of the Convention“, wie es im Erfordernis der Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges am deutlichsten zum Ausdruck kommt (Art. 35 Abs. 1 EMRK).Footnote 25 Die Zuständigkeit des EGMR folgt somit der Idee einer „supplementary subsidiarity“.Footnote 26 Im Rahmen der Reformbestrebungen der letzten Jahre vor dem Hintergrund der chronischen Überlastung des, aber auch der wachsenden Kritik am GerichtshofFootnote 27 rückte das Subsidiaritätsprinzip noch stärker in den Vordergrund.Footnote 28 Es wurde hervorgehoben, dass der Menschenrechtsschutz in Europa eine gemeinsame Aufgabe von EGMR und innerstaatlichen Gerichten sei („shared responsibility“),Footnote 29 was nicht zuletzt als Appell an die innerstaatliche Judikative zu verstehen ist. So wird betont, dass nationale Richter auch europäische Richter seienFootnote 30 und sogar die eigentlichen „guarantors of the respect and proper implementation“ der EMRK.Footnote 31 Auch die Group of Wise Persons hob in ihrem Bericht zu Reformen des EMRK-Systems 2006 die „überragende Wichtigkeit“ gerade oberster Gerichte im Konventionssystem hervor.Footnote 32
Aus dieser gemeinsamen Verantwortung für die Konvention folgt, dass innerstaatliche Gerichte auch aktiv an deren Weiterentwicklung beteiligt sein müssen.Footnote 33 In diesem Sinne erfolgt die Anwendung und damit immer auch Fortbildung der Konvention in einem „dialogischen Verfahren“ zwischen EGMR und innerstaatlichen Gerichten.Footnote 34 Das bedeutet, dass nationale Richter nach einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EGMR in gutem Glauben in eigenen Verfahren zu einem anderen Ergebnis kommen können müssen.Footnote 35 Wenn sie dies dem Straßburger Gericht in ihren Urteilen auf überzeugende Weise kommunizieren, kann es sein, dass sie diesen zum „Einschwenken“ bewegen. Insofern beinhaltet der gerichtliche Dialog bis zu einem gewissen Grad ein Recht zu widersprechen. Gerichtsurteile sind ein zentraler Schauplatz, an dem der so verstandene „Dialog der Gerichte“ stattfinden kann.Footnote 36 Dies kann als „communicative function of subsidiarity“ bezeichnet werden.Footnote 37 So gesehen ist der gerichtliche Dialog ein Instrument, das Responsivität und Legitimität erzeugen kann.Footnote 38 Die Kenntnis der Rechtsprechung des EGMR durch nationale Gerichte ist die Grundlage des gerichtlichen Dialogs.Footnote 39 Andererseits ist es für eine echte Teilhabe innerstaatlicher Gerichte an der Verantwortung im Konventionssystem unerlässlich, dass der EGMR innerstaatliche Gerichte auch tatsächlich hört. Wie wir sehen werden, legt die Praxis nahe, dass eine gewisse „cross-fertilization“ tatsächlich stattfindet. Darauf, aber auch auf die Grenzen des Dialogierens wird später zurückzukommen sein.Footnote 40
2. Die aus den EGMR-Urteilen fließenden Pflichten
2.1. Ausgangspunkt: der feststellende Charakter der EMGR-Urteile
Die EMRK äußert sich nur in aller Kürze zum Inhalt der Urteile des EGMR. So sieht die Konvention in Art. 41 vor, dass der Gerichtshof den Parteien unter Umständen eine „gerechte Entschädigung“ zusprechen kann.Footnote 41 Bei diesem Urteilsteil handelt es sich um ein Leistungsurteil im eigentlichen Sinne;Footnote 42 im Übrigen ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass die Entscheidungen des EGMR im Wesentlichen Feststellungscharakter haben („stellt der Gerichtshof fest“).Footnote 43 Anders als die AMRK ordnet die EMRK nicht die innerstaatliche Vollstreckbarkeit bestimmter Urteilsteile an; auch enthält sie keine Bestimmung, welche dem EGMR die Kompetenz zur Anordnung bestimmter Maßnahmen in seinen Urteilen zuspricht und bleibt damit auch in diesem Punkt hinter dem interamerikanischen Modell zurück.Footnote 44
Diese Regelung widerspiegelt die starke Orientierung der EMRK am völkerrechtlichen Modell.Footnote 45 Die Konsequenz ist nicht nur, dass dem EGMR – aus heutiger Perspektive selbstverständlich, bei den Vertragsverhandlungen aber ein durchaus diskutierter PunktFootnote 46 – die Kompetenz fehlt, innerstaatliche Akte zu kassieren oder aufzuheben, sondern vielmehr, dass überhaupt die Art, wie einem EGMR-Urteil Folge gegeben wird, grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen bleibt. Die Konvention konzipiert die Frage der Urteilswirkungen damit als eine Frage des nationalen Rechs; sie geht von einer „bewussten Zweiaktigkeit“ und der strikten Trennung zwischen völkerrechtlicher und innerstaatlicher Rechtssphäre aus.Footnote 47 Diese Trennung schlägt sich auch in der – ursprünglich strikten – Aufgabenverteilung zwischen dem EGMR und dem für die Überwachung der Urteilsumsetzung zuständigen Ministerkomitee – einem politischen Gremium – nieder.Footnote 48 Sie verdeutlicht, dass die Urteilsumsetzung als innerstaatliche und zudem politische Angelegenheit betrachtet wurde.Footnote 49 Insgesamt zeugt diese Regelung von einer großen Rücksichtnahme auf die nationalen Rechtsordnungen, was zusätzlich noch darin zum Ausdruck kommt, dass die EMRK es mit ihrer Schadenersatzregelung nach Art. 41 im Einzelfall erlaubt, das nationale Recht intakt zu lassen und stattdessen eine finanzielle Entschädigung zu tätigen.Footnote 50 Hinter dieser souveränitätsfreundlichen Regelung steht das Subsidiaritätsprinzip und damit der Respekt der Diversität der Rechtsordnungen im europäischen System.Footnote 51 Nicht zuletzt soll damit aber auch praktischen Schwierigkeiten vorgebeugt werden, die durch einheitliche Anordnungen „von oben“ entstehen könnten.Footnote 52
Obwohl die fehlende explizite Ermächtigung nicht zwangsläufig bedeutet, dass der EGMR nicht doch gewisse Anordnungen treffen könnte,Footnote 53 hat der Gerichtshof seine Kompetenzen lange sehr eng ausgelegt. Trotz der vielbeschriebenen Transformation der EMRK in ein „constitutional instrument of public order“Footnote 54 und des Vergleichs des EGMR mit einem VerfassungsgerichtFootnote 55 war die Rechtsprechung des Straßburger Gerichtshofs betreffend die Wirkungen seiner Urteile lange durch eine „Politik extremer Zurückhaltung“ geprägt.Footnote 56 Da er sich auf seine Gegenüber – Rechtsstaaten mit etablierten Grundrechtstraditionen – verlassen konnte, hat sich der EGMR lange damit begnügt Konventionsverstöße festzustellen und alles Weitere den Staaten zu überlassen. In seinen Urteilen betonte er stets die staatliche Freiheit in der Wahl der Umsetzungsmittel.Footnote 57 Ferner beließ der Gerichtshof es dabei, finanzielle Entschädigung anzuordnen und äußerte sich kaum zu alternativen Formen der Wiedergutmachung von Konventionsverletzungen.Footnote 58 Diese große Zurückhaltung gab der EGMR erst auf, als sich die Überlastungskrise abzuzeichnen begann, wie sogleich eingehender zu erläutern sein wird.
Allerdings sind auch die Feststellungsurteile durchaus so zu verstehen, dass die Staaten in Erfüllung der Urteile aktiv werden müssen.Footnote 59 Sie müssen sich nach den Urteilen „richten“, was sich aus der französischen und der englischen Sprachfassung deutlicher ergibt als aus der deutschen.Footnote 60 Ausgangspunkt für die Konkretisierung der sich aus den Konventionsverstößen ergebenden Pflichten bilden die allgemeinen Grundsätze über die Staatenverantwortlichkeit,Footnote 61 die mangels einer Regelung in der Konvention selbst zur Anwendung kommen.Footnote 62 Aus einer Konventionsverletzung folgen demnach dreierlei Pflichten: Der betreffende Staat hat noch andauernde Konventionsverstöße zu beenden (cessation, Art. 30 lit. a der Artikel über die Staatenverantwortlichkeit, i. F. ARSIWA), Zusicherung zu tätigen, den Verstoß nicht zu wiederholen (guarantees of non-repetition, Art. 30 lit. b ARSIWA), sowie Wiedergutmachung zu leisten (reparation, Art. 31 ARSIWA). Letztere kann in der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (restitutio in integrum), der Zahlung einer Entschädigung (compensation) sowie der Leistung von Genugtuung (satisfaction) bestehen (Art. 35–37 ARSIWA).Footnote 63
Während der EGMR dabei wie bereits erwähnt anfänglich sehr zurückhaltend und auf die Zahlung monetärer Entschädigung fokussiert war, entwickelte sich die Rechtsprechung im Laufe der Zeit stärker in Richtung eines auf restitutio in integrum ausgerichteten Wiedergutmachungsmodells. Diese Entwicklung setzte bereits Mitte der 90er-Jahre ein. Ein wichtiger Schritt weg vom Prinzip der rein pekuniären Entschädigung fand in der Entscheidung Papamichalopoulos statt.Footnote 64 Darin formulierte der Gerichtshof, die Feststellung einer Konventionsverletzung „imposes on the respondent State a legal obligation to put an end to the breach and make reparation for its consequences in such a way as to restore as far as possible the situation existing before the breach. […] If the nature of the breach allows of restitutio in integrum, it is for the respondent State to effect it […].“Footnote 65 Den entscheidenden Schritt weg von der auf finanzielle Entschädigung gerichteten Wiedergutmachung tätigte der EGMR in Scozzari, wo er statuierte, dass
„[…] a judgment in which the Court finds a breach imposes on the respondent State a legal obligation not just to pay those concerned the sums awarded by way of just satisfaction, but also to choose, subject to supervision by the Committee of Ministers, the general and/or, if appropriate, individual measures to be adopted in their domestic legal order to put an end to the violation found by the Court and to redress so far as possible the effects […].“Footnote 66
Diese Formel ist bis heute die Standardformulierung geblieben.Footnote 67 Inzwischen dürfte sich die Präferenz des EGMR gar zugunsten einer auf Wiederherstellung der Situation vor der Verletzung gerichteten Wiedergutmachung verschoben haben.Footnote 68
2.2. Eine beschränkte Wiedergutmachungspflicht (Art. 41 EMRK)
Der Wiedergutmachungspflicht sind jedoch durch die EMRK explizite Grenzen gesetzt: Aus Art. 41, wonach der EGMR der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zubilligen kann, wenn das innerstaatliche Recht lediglich eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen einer Konventionsverletzung erlaubt, ergibt sich, dass die EMRK grundsätzlich innerstaatlich geltende Rechtsakte respektiertFootnote 69 und insbesondere auf den „hohen Rang“, der dem Institut der Rechtskraft in manchen Staaten zuteil kommt, Rücksicht nimmt.Footnote 70 Somit liegt es bei in der Vergangenheit liegenden Konventionsverletzungen in der Hand der Mitgliedstaaten, ob restitutio in integrum möglich ist oder stattdessen eine Entschädigung zu entrichten ist. Die EMRK erlaubt also insbesondere, rechtskräftige Urteile nationaler Gerichte aufrecht zu erhalten und den Verstoß durch Geld zu kompensieren.Footnote 71 Daraus wurde auch geschlossen, dass die EMRK-Staaten nicht verpflichtet sind, Wiederaufnahmegründe für bereits abgeschlossene Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zu schaffen.Footnote 72 Der EGMR selbst merkt zuweilen in solchen Fällen an, dass die angemessenste Form der Wiedergutmachung „im Prinzip“ in der Wiederaufnahme des Verfahrens läge.Footnote 73
In der Literatur wird vertreten, dass diese Situation unbefriedigend sei.Footnote 74 Insbesondere bei Verletzungen von Verfahrensrechten spricht der EGMR grundsätzlich keine Entschädigung zu, weil in diesen Fällen mangels Kausalzusammenhangs nicht ermittelt werden kann, ob das Ergebnis auch im Falle einer Wahrung der Garantien zu einer Konventionsverletzung geführt hätte.Footnote 75 Das Ministerkomitee hat angesichts dieses Missstandes im Jahr 2000 die Mitgliedstaaten in einer Empfehlung dazu aufgefordert, insbesondere für die Situation andauernder schwerer Folgen der Konventionsverletzung Wiederaufnahmemöglichkeiten zu schaffen.Footnote 76 Von einer echten Rechtspflicht wird indes noch immer nicht ausgegangen.Footnote 77 Es erstaunt aber nicht, dass viele Staaten in Europa inzwischen Wiederaufnahmemöglichkeiten vor allem im besonders sensiblen Bereich des Strafrechts geschaffen haben.Footnote 78
2.3. Die Anordnung konkreter Maßnahmen: breaking the box?
Während die EMRK also die Verbindlichkeit der Sachurteile des EGMR im entschiedenen Einzelfall statuiert, äußerst sie sich nicht dazu, welche Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten daraus im Einzelnen folgen. In Einklang mit der Freiheit bei der Wahl der Mittel zur Umsetzung der EGMR-Urteile unterließ es der EGMR also während langer Zeit, die generellen Pflichten, die aus einem Konventionsverstoß folgen, zu konkretisieren und legte diesbezüglich große Zurückhaltung an den Tag. Denn die Urteilsumsetzung galt zum einen als Angelegenheit der Mitgliedstaaten und zum anderen als eine politische Frage, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministerkomitees fällt.Footnote 79
Dies änderte sich erst, als im Zuge der institutionellen Reform von 1998,Footnote 80 die zur Einsetzung eines ständigen Gerichtshofs führte, sowie der Erweiterung der EMRK nach Zentral- und Osteuropa die Arbeitsbelastung des Gerichtshofs massiv stieg. Der Grund war nicht nur, dass nun deutlich mehr Individuen Zugang zum EGMR hatten, sondern auch, dass nun auch neuartige, oft schwere und systematische Konventionsverletzungen vor dem Straßburger Gericht landeten.Footnote 81 Bald stellte sich heraus, dass sog. „repetitive cases“, also Fälle, die aufgrund mangelhafter Behebung zugrunde liegender struktureller Probleme auf der nationalen Ebene erneut nach Straßburg gelangen, zu einer ernsthaften Bedrohung für das Funktionieren des Systems wurden. In der Folge begann der EGMR nach Techniken zu suchen, um den Herausforderungen beizukommen und die Schlagkraft seiner Entscheidungen zu erhöhen. Ein wichtiger Anstoß bildete die Einladung des Ministerkomitees an den Gerichtshof, ihm im Falle von Konventionsverletzungen systematischer Natur unter die Arme zu greifen, indem diese bereits im Urteil bezeichnet würden.Footnote 82 Dies war die Geburtsstunde der sogenannten Piloturteile.Footnote 83 In der Folge lockerte der Gerichtshof seine Rechtsprechung bezüglich der rein feststellenden Natur seiner Entscheidungen und begann, konkretere Pflichten zu formulieren, die aus Konventionsverletzungen fließen.Footnote 84
Schätzungen zufolge hat der EGMR bis zum Jahr 2014 bereits über 150 Urteile mit konkreteren Anforderungen gefällt.Footnote 85 Diese Rechtsprechung lässt sich in einen generellen Trend der Verrechtlichung und Internationalisierung des Prozesses der Urteilsumsetzung im europäischen Menschenrechtssystem einordnen.Footnote 86 Während sich der Gerichtshof dabei manchmal damit begnügt, in der Urteilsbegründung Hinweise zu geben, wie eine Konventionsverletzung am besten behoben werden könnte, ordnet er in anderen Fällen „Abhilfemaßnahmen“ („consequencial orders“) im Urteilstenor selbst an. Dabei ist die Unterscheidung zwischen reinen Empfehlungen und verbindlichen Anordnungen nicht immer eindeutig und erfordert eine systematische Auslegung des gesamten Urteils.Footnote 87 Allerdings ist der EGMR noch nicht dazu übergegangen, die Anordnung konkreter Maßnahmen zum Normalfall zu erklären; vielmehr verwendet er immer noch seine Standardformulierung und betont, dass Abhilfemaßnahmen nur in Ausnahmefällen vorgeschrieben werden können.Footnote 88
Diese forschere Herangehensweise wirft nicht nur die Frage nach den Grenzen der Kompetenzen des EGMR – horizontal gegenüber dem Ministerkomitee,Footnote 89 vertikal gegenüber den MitgliedstaatenFootnote 90 – auf. Vielmehr, und dies betrifft direkt die Fragestellung dieser Studie, stellt sich die Frage, ob diese neuere Rechtsprechung das Verhältnis des EGMR zu innerstaatlichen Gerichten grundlegend verändert. Aufgrund des lediglich feststellenden Charakters der EGMR-Urteile wurde herkömmlicherweise geschlossen, dass sich diese schon von ihrer Natur her nicht als innerstaatlich vollstreckbare Titel eignen.Footnote 91 Ändert sich daran etwas durch die Anordnung konkreter Maßnahmen? Darauf soll nun vertieft eingegangen werden. Dabei wird sich zeigen, dass sich der EGMR in seiner Rechtsprechung zuweilen an den „Einheitsstaat“ herantastet und es zaghafte Zeichen für eine Aufweichung der starren „Zweiaktigkeit“ gibt, diese jedoch nicht komplett überwunden wird. Trotzdem hat der EGMR durch diese Rechtsprechung sicherlich den Grundsteil für eine vereinfachte Durchsetzbarkeit seiner Entscheidungen vor innerstaatlichen Gerichten gelegt.
Die vom EGMR angeordneten Maßnahmen können zweierlei Gestalt annehmen: Sie sind entweder individueller oder genereller Natur. Die beiden Formen unterscheiden sich sowohl bezüglich ihrer rechtlichen Grundlage als auch in der Zielsetzung. Während individuelle Maßnahmen eine noch andauernde Konventionsverletzung beenden bzw. der restitutio in integrum in einem Einzelfall dienen sollen, sind generelle Maßnahmen zukunftsgerichtet.Footnote 92 Sie richten sich gegen strukturelle Probleme in der innerstaatlichen Rechtsordnung, deren Behebung die Wiederholung ähnlicher Konventionsverletzungen in der Zukunft verhindern soll. Generelle Maßnahmen weisen damit definitionsgemäß über den entschiedenen Einzelfall hinaus.Footnote 93 Darin kommt auch die Unterscheidung zwischen dem Schutz von Einzelinteressen im Konventionssystem („justice individuelle“) und dem Schutz darüber hinausgehender, genereller Interessen („justice quasi-constitutionelle“) zum Ausdruck.Footnote 94
a) Individuelle Maßnahmen
Den entscheidenden Schritt für die Begründung der Doktrin individueller Maßnahmen tätigte der EGMR im Fall Assanidze.Footnote 95 Darin ordnete er im Urteilstenor die sofortige Freilassung des Beschwerdeführers an.Footnote 96 Der Kontrast dieser Anordnung zu den Urteilen, in denen der EGMR lediglich einen Verstoß gegen die Konvention feststellte und alle weiteren Schlüsse den Staaten überließ, ist offensichtlich. Zwar betonte der Gerichtshof auch in dieser Entscheidung die grundsätzliche staatliche Freiheit in der Wahl der Mittel zur Umsetzung des Urteils, kam aber zum Schluss, dass im vorliegenden Fall die Konventionsverletzung keine wirkliche Wahl bezüglich der Mittel zu deren Behebung lasse.Footnote 97
Zur Anordnung konkreter Maßnahmen greift der EGMR häufig im Zusammenhang mit sog. „Dauerdelikten“,Footnote 98 d. h. mit dem Ziel, noch andauernde Konventionsverstöße zu beenden. Andere Konstellationen, in denen der Gerichtshof neben der Anordnung der Freilassung Gefangener zu diesem Mittel greift, betreffen etwa die Bedingungen Inhaftierter oder die Durchsetzung nationaler Gerichtsurteile.Footnote 99 Wie in Assanidze begründet der EGMR den Griff zur Technik der „Abhilfemaßnahmen“ regelmäßig damit, dass die Natur des in Rede stehenden Konventionsverstoßes lediglich eine Möglichkeit lasse, um diesen zu beenden („Ermessensreduktion auf Null“).Footnote 100 Damit scheint er zum Ausdruck zu bringen, nichts anderes zu tun, als ohnehin bereits feststehende Pflichten zu benennen. Aus EGMR-Sicht besteht somit keine Kompetenzausdehnung.Footnote 101 In der Literatur wird die Anordnung individueller Maßnahmen demgegenüber mit einer „Annexkompetenz“ (implied power) des EGMR begründet.Footnote 102 Cremer verweist ferner darauf, dass die EMRK-Staaten die verfahrensrechtsfortbildende Praxis des EGMR stillschweigend akzeptiert hätten.Footnote 103
Eine der heikelsten Konstellationen, wie auch die untersuchten Fälle illustrieren werden, ergibt sich, wenn der EGMR eine Maßnahme wie etwa die Freilassung eines inhaftierten Beschwerdeführers anordnet, der Ausführung auf der innerstaatlichen Ebene jedoch ein rechtskräftiges innerstaatliches Urteil entgegensteht.Footnote 104 Dauert ein Konventionsverstoß noch an, wie es gerade bei einem konventionswidrigen Freiheitsentzug der Fall ist, kann die Verletzung nicht durch eine finanzielle Entschädigung nach Art. 41 EMRK abgegolten werden, sondern den Staat trifft die Pflicht, den Verstoß zu beenden.Footnote 105 Nicht nur wäre die Zahlung einer Geldsumme in diesen Situationen unbillig,Footnote 106 sie wäre auch rechtlich unzulässig. Denn bei der Beendigungspflicht handelt es sich um eine von der Wiedergutmachungspflicht, wie sie Art. 41 EMRK im Blick hat, gesonderten Pflicht, der keine Hindernisse des nationalen Rechts entgegengehalten werden können.Footnote 107 Gerade in diesen Fällen stellt sich die Frage also besonders dringlich, ob innerstaatliche Behörden und Gerichte nicht gehalten sind, den Anordnungen des EGMR unmittelbar zu folgen – allenfalls auch entgegen innerstaatlich geltenden Rechts. Diese vermöchten dann auf den staatlichen Innenraum „durchzuschlagen“Footnote 108 und innerstaatliche Gerichte und Behörden direkt zu binden, wie es Polakiewicz schon früh vertreten hat.Footnote 109
Problematisch wäre dies in allen Fällen, in denen keine Revisionsgründe im nationalen Recht bestehen und sich die Urteile nicht durch eine völkerrechtskonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts vollziehen lassen. Dann kommt es zu einem echten Konflikt mit dem Prinzip der res iudicata.Footnote 110 So könnten sich innerstaatliche Gerichte und Behörden in der Situation sehen, sich in Widerspruch zu rechtskräftigen Urteilen setzen zu müssen und den „Gehorsam gegenüber innerstaatlichem (Gesetzes-)Recht“ zu verweigern.Footnote 111 Dogmatisch wäre dies grundsätzlich nur zu erreichen, indem die Konvention, ähnlich wie es für das Europarecht gilt, für innerstaatlich unmittelbar geltend erklärt und ihr darüber hinaus Vorrang vor innerstaatlichem Recht eingeräumt würde.Footnote 112
Dass dies nicht der geltenden Praxis des EGMR entspricht, dürfte vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen einigermaßen klar sein. Nicht zuletzt stünde diese Annahme in Widerspruch zur traditionell vom EGMR vertretenen Auffassung, wonach den Mitgliedstaaten auch bezüglich der Frage, wie sie den Konventionsgarantien innerstaatlich Wirksamkeit verleihen wollen, Freiheit zukommt. In einzelnen Beispielen scheint der EGMR zwar einen Konflikt mit innerstaatlichem Recht in Kauf zu nehmen: So hat er in der Entscheidung in der Sache Sejdovic zunächst im Urteilstenor faktisch die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet, obwohl sich die innerstaatlichen Behörden dadurch in Widerspruch zur Rechtskraft hätten setzen müssen.Footnote 113 Die Große Kammer relativierte diese Entscheidung dann aber insofern, als dass sie nur noch eine Empfehlung in den Urteilsgründen formulierte.Footnote 114 In der Literatur wird denn auch geschlossen, dass der EGMR grundsätzlich Rücksicht auf die Rechtskraft nimmt und es sich bei solchen Fällen um „Ausreißer“ handelt.Footnote 115
Daraus ergibt sich, dass innerstaatliche Gerichte selbst bei einer andauernden Konventionsverletzung abgeschlossene Verfahren nur wiedereröffnen müssen, wenn diese Möglichkeit im nationalen Recht besteht. Der Consultative Council of European Judges (CCJE) ermutigte innerstaatliche Gerichte in seinem Gutachten aus dem Jahr 2006 dazu, „wherever possible, to use all resources available to them in interpreting the law or within existing procedural law […] to re-open cases if a breach of the convention occurred […].“Footnote 116 Besteht eine solche Möglichkeit nicht, gilt nach dem oben Gesagten, dass innerstaatliche Gerichte nicht verpflichtet sind, sich in Widerspruch zur innerstaatlichen Rechtskraft zu setzen. Dies gilt selbst dann, wenn der EGMR im Urteilstenor die Wiedereröffnung als individuelle Maßnahme anordnet, wie es wie gesehen in einzelnen Fällen vorgekommen ist. In solchen Fällen kommt eine Urteilsbefolgung durch die Exekutive in Frage, etwa in Form der Begnadigung.Footnote 117 So ist etwa die französische Regierung in der Folge des Urteils Mehemi contre France zur Umsetzung der Anordnungen aus Straßburg aktiv geworden.Footnote 118
Bei näherem Hinschauen und unter Berücksichtigung der gesamten Praxis ergibt sich also, dass der EGMR nicht „von Konventions wegen“ die unmittelbare Wirkung seiner individuellen Anordnungen und allenfalls gar die Missachtung von Rechtskaten durch innerstaatliche Stellen verlangt, sondern vielmehr – nach wie vor – um Rücksicht auf die innerstaatliche Rechtsordnung bemüht ist.Footnote 119 Auch in der Literatur ist die herrschende Ansicht nach wie vor, dass die EGMR-Urteile nicht „für den Rechtsanwender ‚gebrauchsfertig‘ aus- und vorgeformt“ sind und sich deren Wirkungen auf das völkerrechtliche Verhältnis beschränken.Footnote 120 Wie Cremer schreibt, würde „das interpretatorische Drehen an einer kleinen, aber wichtigen Schraube des Konventionssystems letztlich die ganze Mechanik der Verkoppelung von EMRK und nationalem Recht umbilden“.Footnote 121 Auch wenn dieser Schritt nicht ausgeschlossen ist, hat der EGMR ihn bislang nicht unternommen und es gibt gute Gründe, die dagegen sprechen, dass er dies in näherer Zukunft tun wird.
b) Generelle Maßnahmen
Neben individuellen kann der EGMR auch generelle Maßnahmen anordnen. Maßnahmen genereller Natur sind zunächst immer dann erforderlich, wenn ein Konventionsverstoß auf einem generell-abstraktem Gesetz beruht und damit sozusagen darin „programmiert“ ist.Footnote 122 Den betreffenden Staat trifft die Pflicht, die in Rede stehenden Gesetzesbestimmungen zu ändern, sofern diese nicht einer konventionskonformen Auslegung zugänglich sind.Footnote 123 Die bloße Nichtanwendung genügt in diesem Fall nicht.Footnote 124
Um der großen Zahl von Fällen beizukommen, in denen der Gerichtshof aufgrund struktureller Probleme mit gleichgelagerten Beschwerden konfrontiert ist („repetitive cases“), entwickelte er – auf Einladung des Ministerkomitees – seine Technik der Piloturteile, wie sie inzwischen in der Verfahrensordnung verankert ist (Art. 61).Footnote 125 Das Charakteristikum dieser Fälle ist, dass der EGMR das zugrunde liegende strukturelle Problem benennt und allenfalls im Urteilstenor Abhilfemaßnahmen anordnet. Die Behandlung gleichgelagerter Fälle wird suspendiert.Footnote 126
Die dahinterstehende Idee ist es, die Konventionsstaaten bei der Behebung dieser Probleme zu unterstützen.Footnote 127 Teilweise macht der Gerichtshof dabei detaillierteste Angaben darüber, was seiner Ansicht nach zur Behebung des Problems erforderlich ist. Auch wenn er dabei nicht explizit bestimmte staatliche Stellen anspricht, ergeben sich aus dem Gesamtzusammenhang zuweilen konkrete Pflichten für einzelne Teile des Staatsapparats. So beschreibt der EGMR etwa in Dimitrov und Hamanov gegen Bulgarien eingehend Kriterien einer wirksamen Beschwerde nach Art. 13 EMRK und richtet sich damit eindeutig an die Judikative. Mithilfe von Verweisen auf den Tenor partizipieren diese an der Verbindlichkeit des Urteils.Footnote 128 Dies kann als „assistance for national authorities doctrine“ bezeichnet werden.Footnote 129 Dass sich der EGMR in diesen Fällen „traut“, einzelne Staatsstellen herauszugreifen, dürfte mit dem „konsensualen Charakter“Footnote 130 des Piloturteilverfahrens zusammenhängen.
Auch über die Piloturteilstechnik hinaus ordnet der EGMR zuweilen generelle Maßnahmen an, wenn dem Konventionsverstoß ein strukturelles Problem in der Rechtsordnung zugrunde liegt („quasi-pilot judgments“ oder „Art. 46 judgments“).Footnote 131 Oft gründet der Verstoß in einem Gesetz. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Maßnahmen ist auch hier nicht immer ganz klar.Footnote 132
Anders als konkrete Maßnahmen sind generelle Maßnahmen zukunftsgerichtet: Es geht darum, durch strukturelle Anpassungen gleichartige Verletzungen der Konvention in Zukunft zu verhindern (guarantees of non-repetition).Footnote 133 Die Wirkungen von Entscheidungen, die generelle Maßnahmen beinhalten, weisen somit definitionsgemäß über den entschiedenen Einzelfall hinaus. Dem Gerichtshof wird in diesem Zusammenhang eine quasi-verfassungsgerichtliche Funktion zugesprochen.Footnote 134 Ein weiterer zentraler Unterschied zu individuellen Maßnahmen ist, dass hier der Ermessenspielraum gerade nicht „auf Null“ reduziert ist, sondern zumeist verschiedene Möglichkeiten in Betracht kommen, um den Konventionsverstoß zu beheben. Entsprechend ordnet der EGMR in der Regel nicht an, worin genau die Maßnahmen zu bestehen haben oder nennt verschiedene Alternativen.Footnote 135
Aus der Pflicht, die Nichtwiederholung gleichartiger Verletzungen für die Zukunft zu sichern, ergibt sich, dass für konventionswidrig erklärte Gesetze nicht mehr zur Anwendung kommen dürfen. Auch hier wiederum stellt sich die Frage, ob innerstaatliche Gerichte direkt durch eine entsprechende Feststellung des EGMR gebunden sind. Die Gelegenheit, sich dazu zu äußern, hat sich dem EGMR zum ersten Mal in der Sache Vermeire geboten. Jahre vor dieser Entscheidung hatte der Gerichtshof in Marckx Bestimmungen des belgischen Erbrechts für konventionswidrig erklärt, weil diese uneheliche Kinder gegenüber ehelichen schlechterstellten. Darin erkannte er eine Verletzung von Art. 14 und 8 EMRK.Footnote 136 In der Folge strengte eine ebenfalls von diesem Gesetz Betroffene ein Verfahren vor belgischen Gerichten an, in dem sie sich auf die Entscheidung des EGMR berief. Das zuständige Gericht kam in letzter Instanz jedoch zum Schluss, dass es die Aufgabe des Gesetzgebers sei, die sich aus der EGMR-Entscheidung ergebenden Pflichten umzusetzen.Footnote 137
Der in der Folge erneut mit den Bestimmungen befasste EGMR bestätigte zwar die grundsätzliche Umsetzungsfreiheit mit Bezug auf seine Urteile, wie sie Belgien geltend gemacht hatte. Das Argument der Regierung aber, dass einzig der Gesetzgeber in der Lage sei, die Marckx-Entscheidung umzusetzen, ließ der EGMR nicht gelten. Die Freiheit in der Wahl der Mittel dürfe nicht dazu führen, dass die Anwendung der Konvention in der Zwischenzeit ausgesetzt werde.Footnote 138 Er fügte hinzu: „It cannot be seen what could have prevented the Brussels Court of Appeal and the Court of Cassation from complying with the findings of the Marckx judgment, as the Court of First Instance had done. There was nothing imprecise or incomplete about the rule which prohibited discrimination against Astrid Vermeire compared with her cousins Francine and Michel, on the grounds of the ‚illegitimate‘ nature of the kinship between her and the deceased.“Footnote 139 Damit machte er Belgien für seine Untätigkeit verantwortlich und machte, wenn auch auf etwas umständliche und verklausulierte Weise, deutlich, dass er von den belgischen Gerichten erwartet hätte, in Umsetzung seiner Urteile aktiv zu werden.
Die Vermeire-Entscheidung wurde in der Literatur als Van-Gend-en-Loos-Moment im EMRK-System bezeichnet;Footnote 140 der EGMR habe damit einen „autonomous direct effect“ seiner Urteile begründet.Footnote 141 Insbesondere wurde daraus abgeleitet, dass innerstaatliche Gerichte die Pflicht treffe, für konventionswidrig befundene Gesetze nicht mehr anzuwenden.Footnote 142 Damit würde zwar, wie erwähnt, der Konventionsverstoß nicht behoben, aber dazu beigetragen, dass es nicht zu weiteren Verletzungen auf der gleichen Grundlage kommt. Problematisch ist diese Annahme vor dem Hintergrund des Gehorsams gegenüber innerstaatlich geltendem Recht. Kommt der EMRK nicht Vorrang vor innerstaatlichem Recht zu, kann es Gerichten Schwierigkeiten bereiten, Gesetzen die Anwendung zu versagen.Footnote 143
Eindeutig ist die Aussage des EGMR keinesfalls. Auch Autoren, die von einer direkten Verpflichtung der Judikative ausgehen, räumen ein, dass der EGMR eine solche Pflicht nicht explizit statuiert.Footnote 144 Was aus dem Urteil hervorgeht, ist, dass der EGMR verlangt, dass in der Folge eines Urteils über die Konventionswidrigkeit einer Gesetzesbestimmung den betreffenden Staat vom Tag des Urteils an auch für Parallelfälle die Pflicht trifft, dafür zu sorgen, dass diese nicht mehr zur Anwendung kommt. Dem Staat kommt also keine Übergangsfrist zu, wie der EGMR in späteren Fällen bestätigt hat.Footnote 145 In diesem Sinne macht ein Urteil des EGMR das innerstaatliche Gesetz unanwendbar.Footnote 146
Statt als direkte Verpflichtung innerstaatlicher Gerichte mit der Konsequenz, dass sie sich geltendem Recht widersetzen müssen, kann die Entscheidung des EGMR auch als Verpflichtung des Gesamtstaates gelesen werden, auf welche Art und Weise auch immer dafür zu sorgen, dass seine Gerichte die Urteile respektieren können. Denn auch wenn keine völkerrechtliche Pflicht der Judikative besteht, so ist zumindest klar, dass die weitere Anwendung des Gesetzes zu erneuten Konventionsverletzungen führt. Vorstellbar wäre deshalb die Anordnung von Übergangsmaßnahmen.Footnote 147 Eine entsprechende Anweisung der Regierung an innerstaatliche Gerichte wäre demgegenüber vor dem Hintergrund der gerichtlichen Unabhängigkeit problematisch.Footnote 148
Somit ist die Aussage des Gerichtshofs, wonach seine frühere Aussage in Marckx nicht „imprecise or incomplete“ gewesen sei, nicht notwendigerweise als Kriterium dafür zu verstehen, wann innerstaatliche Gerichte zu einer direkten Befolgung von EGMR-Urteilen verpflichtet sind, wie es in der Literatur zuweilen vertreten wurde.Footnote 149 Vielmehr greift der Gerichtshof damit lediglich die Argumentationslinie der innerstaatlichen Gerichte auf. So war das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Gericht gerade zum Schluss gekommen, dass „the prohibition on discrimination between legitimate and illegitimate children as regards inheritance rights [was] formulated in the judgment sufficiently clearly and precisely to allow a domestic court to apply it directly in the cases brought before it“.Footnote 150 Das Berufungsgericht wiederum urteilte, dass das Urteil Belgien positive Pflichten auferlege. Diesbezüglich kämen aber verschiedene Handlungsmöglichkeiten in Betracht. Deswegen sei „[…] the provision [is] no longer sufficiently precise and comprehensive and must be interpreted as an obligation to act, responsibility for which is on the legislature, not the judiciary.“Footnote 151 Dass der EGMR im Ergebnis in diesem Fall von den Gerichten verlangte, das Gesetz nicht mehr anzuwenden, ist somit nicht notwendigerweise eine verallgemeinerbare Forderung, sondern dürfte schlicht damit zusammenhängen, dass diese Möglichkeit in Belgien offensichtlich bestanden hätte. Denn es ist nichts Außergewöhnliches, dass der EGMR von den Konventionsstaaten verlangt, innerstaatlich bestehende Rechtsmittel zu ergreifen.Footnote 152
Deutlicher äußerte sich der EGMR demgegenüber jüngst in der Entscheidung Fabris gegen Frankreich.Footnote 153 Ähnlich wie in der Entscheidung Vermeire ging es auch darin um die erbrechtlichen Ansprüche nichtehelicher Nachkommen. Der EGMR hatte sich in Mazurek Jahre zuvor dazu geäußert und auch die französische Gesetzgebung für konventionswidrig befunden.Footnote 154 Der französische Gesetzgeber setzte diese Entscheidung unverzüglich um, beschränkte dessen Anwendungsbereich jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit auf Erbteilungen ab einem bestimmten Datum. Der EGMR kam jedoch zum Schluss, dass die für die zeitliche Begrenzung vorgebrachte Begründung der Rechtssicherheit im vorliegenden Fall nicht ausreiche, um die Einschränkung der Rechte des Beschwerdeführers zu rechtfertigen. Insbesondere bezweifelte er, dass angesichts der Rechtsentwicklungen auf europäischer Ebene zur Zeit der Erbteilung legitime Ansprüche der betroffenen Halbgeschwister hätten entstehen können. Interessanterweise verwies der Gerichtshof dabei neben der gegen Frankreich ergangenen Entscheidung in Mazurek auch auf seine Jahrzehnte zuvor ergangene Marckx-Entscheidung.Footnote 155 Der Gerichtshof betonte in der Folge die Umsetzungsfreiheit bezüglich der von ihm gefundenen Konventionsverstöße, die aus der „essentially declaratory nature of the Court’s judgments“ folge. Dann fügte er aber hinzu:
„[…] it should at the same time be pointed out that the adoption of general measures requires the State concerned to prevent, with diligence, further violations similar to those found in the Court’s judgments […]. This imposes an obligation on the domestic courts to ensure, in conformity with their constitutional order and having regard to the principle of legal certainty, the full effect of the Convention standards, as interpreted by the Court.“Footnote 156
Richter Popovic und Gyulumyan fügten in ihrem gemeinsamen Sondervotum hinzu, dass innerstaatliche Gerichte selbst bei Untätigkeit des Gesetzgebers aktiv werden müssten.
In dieser Entscheidung statuierte der EGMR somit eindeutig eine Pflicht für innerstaatliche Gerichte.Footnote 157 Die Formulierung erinnert stark an die interamerikanische Doktrin der Konventionalitätskontrolle (control de convencionalidad).Footnote 158 Allerdings relativiert der EGMR die Pflicht der Judikative, indem er diese auf die unter der Verfassungsordnung zulässigen Möglichkeiten beschränkt („in conformity with their constitutional order“). Ausserdem lässt er ausdrücklich Raum für Ausnahmen („having regard to the principle of legal certainty“). Richter Pinto de Albuquerque bezeichnet diesen Zusatz in seiner abweichenden Meinung als „unfortunate sentence“.Footnote 159 Seiner Meinung nach sind „all bodies and representatives of any public authority of the respondent State, at all levels of its organisation (national, federal, regional or local), [are] directly bound by the Court’s judgments […].“Footnote 160
Bevor allgemeine Schlüsse aus dieser Entscheidung gezogen werden können, wird die Bestätigung und Verfeinerung der Rechtsprechung durch den EGMR abgewartet werden müssen. So ist unklar, was genau der Gerichtshof damit meint, dass Gerichte diese Pflicht nur in Einklang mit ihrer Verfassungsordnung treffe. Sind also nur Verfassungsgerichte, denen die Kompetenz zur Aufhebung von Gesetzen zukommt, verpflichtet? Oder nur Gerichte, in deren Staat der Vorrang der Konvention vor innerstaatlichen Recht anerkannt ist? Oder ist die Entscheidung doch so zu deuten, dass der EMRK nunmehr Vorrang zumindest vor innerstaatlichem Gesetzesrecht zukommen muss? Bisher scheint der EGMR die europäische Version der Konventionalitätskontrolle nicht bestätigt zu haben. Nichtsdestotrotz scheint sich damit ein Trend zu einer verstärkten Inpflichtnahme der innerstaatlichen Judikative durch den EGMR abzuzeichnen, zumindest was die Überprüfung der korrekten Umsetzung zuvor angeordneter genereller Maßnahmen anbelangt.Footnote 161
Notes
- 1.
Hans-Joachim Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Rainer Grote & Thilo Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG. Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz (Tübingen: Mohr Siebeck 2. Aufl. 2013), Rn. 69.
- 2.
Ibid.; Anne Peters & Tilmann Altwicker, Europäische Menschenrechtskonvention. Mit rechtsvergleichenden Bezügen zum deutschen Grundgesetz (München: Beck 2. Aufl. 2012), Rn. 15; Jochen Frowein, Artikel 46 (Verbindlichkeit und Durchführung der Urteile), in Jochen Frowein & Wolfgang Peukert (Hrsg.), Europäische Menschenrechtskonvention. EMRK-Kommentar (Kehl am Rhein: N.P. Engel Verlag 3. Aufl. 2009), Rn. 1.
- 3.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 63; Kathrin Mellech, Die Rezeption der EMRK sowie der Urteile des EGMR in der französischen und deutschen Rechtsprechung (Tübingen: Mohr Siebeck 2012), 62 f.
- 4.
Über die Zulassung des Antrags auf Befassung der Großen Kammer entscheidet der Gerichtshof; es darf sich nur um Ausnahmefälle handeln (Art. 43 Abs. 1 EMRK). Dies ist der Fall, „wenn die Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung oder Anwendung“ der Konvention bzw. Protokolle oder „eine schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung“ aufwirft (Art. 43 Abs. 2 EMRK). Die Berufung ist also gerade keine Standardoption. Dazu statt vieler Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 49. Siehe für eine wichtige Ausnahme von der Endgültigkeit Art. 80 der Verfahrensordnung des EGMR, der die Möglichkeit der Revision unter bestimmten Bedingungen zulässt. Siehe Rules of the Court in der Fassung vom 14. November 2016, einsehbar unter http://www.echr.coe.int/Documents/Rules_Court_ENG.pdf (zuletzt besucht am 17. September 2019).
- 5.
Statt vieler Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 70.
- 6.
§ 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes vom 12. März 1951, BGBl. I 243 lautet: „Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.“
- 7.
EGMR, Case of Ireland v. the United Kingdom, Beschwerde-Nr. 5310/71, Urteil vom 18. Januar 1978, Rn. 154: „The Court’s judgments in fact serve not only to decide those cases brought before the Court but, more generally, to elucidate, safeguard and develop the rules instituted by the Convention, thereby contributing to the observance by the States of the engagements undertaken by them as Contracting Parties.“ Siehe für eine Übersicht Samantha Besson, The Erga Omnes Effect of Judgments of the European Court of Human Rights – What’s in a name?, in Samantha Besson (Hrsg.), La Cour européenne des droits de l’homme après le Protocole 14 – Premier bilan et perspectives (Paris/Genf: Lextenso Editions/Schulthess Médias Juridiques 2011), 127–175, Fn. 27 m. w. N.
- 8.
EGMR, Case of Chapman v. the United Kingdom, Beschwerde-Nr. 27238/95, Urteil (GK) vom 18. Januar 2001, Rn. 70.
- 9.
Siehe dazu Eirik Bjorge, National Supreme Courts and the Development of ECHR Rights, International Journal of Constitutional Law 9 (2011), 5–31. Bjorge zeigt auf, dass der EGMR gar verlangt, dass innerstaatliche Gerichte die Entwicklung der Konvention voraussehen und sich daran beteiligen.
- 10.
Lambert spricht von einer „indirekten“ Sanktionierung. Siehe Elisabeth Lambert, Les effets des arrêts de la Cour européenne des droits de l’homme (Bruxelles: Bruylant 1999), 307 ff. Besson, The Erga Omnes Effect, in Besson (Hrsg.), 141, Fn. 34 verweist auf Fälle, in denen der EGMR unter Bezugnahme auf seine frühere Rechtsprechung eine Konventionsverletzung anerkannt hat.
- 11.
Helen Keller & Cedric Marti, Berücksichtigung der EGMR-Praxis durch innerstaatliche Gerichte, Richterzeitung (2015), 1–14, 4 ff.; Besson, The Erga Omnes Effect, in Besson (Hrsg.). Vorsichtiger sind demgegenüber die Formulierungen in der Interlaken- und der Brighton-Deklaration, worin die Staaten lediglich aufgefordert werden, die Rechtsprechung des EGMR über den entschiedenen Einzelfall hinaus zu berücksichtigen. Siehe High Level Conference on the Future of the European Court of Human Rights, Interlaken Declaration, 19. Februar 2010, verfügbar unter http://www.echr.coe.int/Documents/2010_Interlaken_FinalDeclaration_ENG.pdf (zuletzt besucht am 17. September 2019), B.4: „The Conference […] calls upon the States Parties to commit themselves to: c) taking into account the Court’s developing case-law, also with a view to considering the conclusions to be drawn from a judgment finding a violation of the Convention by another State, where the same problem of principle exists within their own legal system“; Brighton Declaration, 19. und 20. April 2012, verfügbar unter http://www.echr.coe.int/Documents/2012_Brighton_FinalDeclaration_ENG.pdf (zuletzt besucht am 17. September 2019), A.7: „[…] National courts and tribunals should take into account the Convention and the case law of the Court. […]“ (hervorgehoben von der Verfasserin).
- 12.
Heiko Sauer, Die neue Schlagkraft der gemeineuropäischen Grundrechtsjudikatur. Zur Bindung deutscher Gerichte an die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 65 (2005), 35–69, 41.
- 13.
Ibid.
- 14.
Jörg Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Berlin/Heidelberg: Springer 1993), 354; siehe dazu auch Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 118.
- 15.
Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 354.
- 16.
Besson, The Erga Omnes Effect, in Besson (Hrsg.), 132; siehe dazu auch Adam Bodnar, Res Interpretata: Legal Effect of the European Court of Human Rights’ Judgments for other States Than Those Which Were Party to the Proceedings, in Yves Haeck & Eva Brems (Hrsg.), Human Rights and Civil Liberties in the 21st Century (Berlin/Heidelberg: Springer 2014), 223–262. Bodnar geht allerdings davon aus, dass es sich bei der Berücksichtigungspflicht lediglich um eine „soft obligation“ handelt.
- 17.
Siehe Besson, The Erga Omnes Effect, in Besson (Hrsg.), 139 m. w. N.
- 18.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), 118; Keller & Marti, Berücksichtigung, Richterzeitung, Rn. 9; Besson, The Erga Omnes Effect, in Besson (Hrsg.), 140.
- 19.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 118. Siehe aber das Sondervotum von Richter Pinto de Albuquerque in der Entscheidung Fabris v. France, Beschwerde-Nr. 16574/08, Urteil (GK) vom 7. Februar 2013.
- 20.
Dazu Lambert, Les effets, 303.
- 21.
Verschiedene Autoren sprechen, wohl in Anlehnung an das deutsche Bundesverfassungsgericht, von einer „Orientierungswirkung“ der Rechtsprechung des EGMR. So etwa Peters & Altwicker, EMRK, § 37 Rn. 18; Marten Breuer, Art. 46. Verbindlichkeit und Vollzug der Urteile, in Ulrich Karpenstein & Franz C. Mayer (Hrsg.), EMRK. Konvention zum Schutz der Menschenrechte. Kommentar (München: C. H. Beck 2. Aufl. 2015), Rn. 45.
- 22.
Siehe dazu Besson, The Erga Omnes Effect, in Besson (Hrsg.), 137 ff. Besson bedauert, dass über den Rechtsstatus der „Erga-omnes-Wirkungen“ von EGMR-Entscheidungen zuweilen Verwirrung herrscht und einige davon ausgehen, dass diese de lege lata bereits existiere, während andere eine solche lediglich de lege ferenda für wünschenswert halten. Die Verwirrung dürfte nicht zuletzt terminologisch begründet sein. Denn wie eben aufgezeigt geht es nicht eigentlich um die Wirkungen der Urteile, sondern die Bedeutung und den Inhalt der Konventionsrechte. Aus diesem Grund ist der Begriff „Berücksichtigungspflicht“ oder res interpretata vorzugswürdig.
- 23.
Consultative Council of European Judges (CCJE), Opinion no 9 (2006), The role of national judges in ensuring an effective application of international and European law, adopted by the CCJE at its 7th meeting (Strasbourg, 8–10 November 2006), verfügbar unter https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?p=&id=1063017&direct=true (zuletzt besucht am 17. September 2019), Nr. 42.
- 24.
Siehe dazu ausführlicher § 5. unter 1.2.
- 25.
Françoise Tulkens, How can we ensure greater involvement of national courts in the Convention system?, Dialogue Between Judges (2012), 6–10, 8.
- 26.
Ibid., 6.
- 27.
Derek Walton, Subsidiarity and the Brighton Declaration, in Anja Seibert-Fohr & Mark E. Villiger (Hrsg.), Judgments of the European Court of Human Rights – Effects and Implementation (Baden-Baden: Nomos 2014), 193–206, 194 ff. Zur Kritik am EGMR siehe grundlegend Patricia Popelier et al. (Hrsg.), Criticism of the European Court of Human Rights. Shifting the Convention System: Counter-Dynamics at the National and EU Level (Cambridge: Intersentia 2016).
- 28.
Vgl. die Interlaken Declaration (Fn. 11): „The Conference […] (2) Reiterates the obligation of the States Parties to ensure that the rights and freedoms set forth in the Convention are fully secured at the national level and calls for a strengthening of the principle of subsidiarity; (3) Stresses that this principle implies a shared responsibility between the States Parties and the Court; […].“ Ähnliche Äusserungen finden sich auch in der Izmir Declaration von 2011, der Brighton Declaration von 2012 und der Brussels Declaration von 2015.
- 29.
EGMR, Implementation of the judgments of the European Court of Human Rights: a shared judicial responsibility?, Background paper zum Seminar Dialogue between judges vom 31. Januar 2014, verfügbar unter http://www.echr.coe.int/Documents/Seminar_background_paper_2014_ENG.pdf (zuletzt besucht am 17. September 2019).
- 30.
Siehe dazu auch Opinion no 9 (2006) des Consultative Council of European Judges (CCJE) (Fn. 23), Nr. 5.
- 31.
Ibid., Nr. 49.
- 32.
Report of Group of Wise Persons to the Committee of Ministers vom 15. November 2006, ILM 46 (2007), 77, Rn. 78.
- 33.
Bjorge, I-CON, zeigt auf, dass der EGMR von innerstaatlichen Gerichten verlangt, dass sie ebenfalls eine evolutive Interpretationsmethode anwenden.
- 34.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), 118.
- 35.
Dies wird auch als „two-way dialogue“ bezeichnet. So Michael O’Boyle, The Role of Dialogue in the Relationship Between the European Court of Human Rights and National Courts, in Yves Haeck et al. (Hrsg.), The Realisation of Human Rights: When Theory Meets Practice. Studies in Honour of Leo Zwaak (Cambridge: Intersentia 2013), 91–105, 96.
- 36.
Daneben gibt es andere Foren des – dann eher informellen – Austauschs wie etwa an gemeinsamen Konferenzen, auf die der EGMR großen Wert legt. Siehe dazu ibid., 98 ff.; Janneke Gerards, The European Court of Human Rights and the national courts: giving shape to the notion of „shared responsibility“, in Janneke Gerards & Joseph Fleuren (Hrsg.), Implementation of the European Convention of Human Rights and of the judgments of the ECtHR in national case-law (Cambridge: Intersentia 2014), 13–93, 82 ff.
- 37.
Gertrude Lübbe-Wolff, How can we ensure greater involvement of national courts in the Convention system?, Dialogue between judges (2012), 11–16, 12.
- 38.
- 39.
O’Boyle, The Role of Dialogue in the Relationship Between the European Court of Human Rights and National Courts, in Haeck et al. (Hrsg.), 95.
- 40.
- 41.
Siehe dazu sogleich unter 2.2.
- 42.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 47.
- 43.
Peters & Altwicker, EMRK, Rn. 2.
- 44.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 1; dazu auch Thomas M. Antkowiak, Remedial Approaches to Human Rights Violations: The Inter-American Court of Human Rights and Beyond, Columbia Journal of Transnational Law 46 (2008), 351–419, 408.
- 45.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 75; Gerards, Shared responsibility, in Gerards & Fleuren (Hrsg.), 24; Mellech, Die Rezeption, 65 ff. Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 223 f.
- 46.
Siehe dazu die einleitenden Bemerkungen zu Teil I.
- 47.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 83.
- 48.
Seminar Background Paper, Implementation of the judgments of the European Court of Human Rights: a shared responsibility? (Fn. 29), Rn. 3: „The traditional approach to execution was therefore a strict division of labour between the Court, which rendered a judgment that was essentially declaratory, and the Committee of Ministers, which was considered to have exclusive responsibility for monitoring execution.“
- 49.
Courtney Hillebrecht, Implementing International Human Rights Law at Home: Domestic Politics and the European Court of Human Rights, Human Rights Review 13 (2012), 279–301. Siehe für eine empirische Analyse und Auswertung des europäischen Modells der Überwachung der Urteilsumsetzung Başak Çali & Anne Koch, Foxes Guarding the Foxes? The Peer Review of Human Rights Judgments by the Committee of Ministers of the Council of Europe, Human Rights Law Review 14 (2014), 301–325.
- 50.
Siehe dazu ausführlicher sogleich unter 2.2.
- 51.
Helen Keller & Cedric Marti, Reconceptualizing Implementation, The European Journal of International Law 26 (2016), 829–850, 843. Besson bezeichnet dies als „remedial subsidiarity“. Siehe Samantha Besson, Subsidiarity in International Human Rights Law – What is Subsidiary about Human Rights?, The American Journal of Jurisprudence 61 (2016), 69–107, 82 f.
- 52.
Zu den praktischen Schwierigkeiten bei der innerstaatlichen Urteilsumsetzung siehe Almut Wittling-Vogel, The Role of the Legislative Branch in the Implementation of Judgments of the ECtHR, in Anja Seibert-Fohr & Mark E. Villiger (Hrsg.), Judgments of the European Court of Human Rights – Effects and Implementation (Baden-Baden: Nomos 2014), 59–74, 62 f. Zum Problem, dass nicht allen innerstaatlichen Gerichten in Europa die Kompetenz zum Aufheben konventionswidriger Gesetze zukommt, siehe Gerards, Shared responsibility, in Gerards & Fleuren (Hrsg.), 24 f.; Mark E. Villiger, Binding Effect and Declaratory Nature of the Judgments of the European Court of Human Rights: An Overview, in Anja Seibert-Fohr & Mark E. Villiger (Hrsg.), Judgments of the European Court of Human Rights – Effects and Implementation (Baden-Baden: Nomos 2014), 33–37, 34 f.
- 53.
Dinah Shelton, Remedies in International Human Rights Law (Oxford: Oxford University Press 2006), 189; Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 2, der auf die Wichtigkeit hinweist, zwischen Kompetenz des EGMR und materiellen Rechtsfolgen zu unterscheiden.
- 54.
EGMR, Case of Loizidou v. Turkey, Beschwerde-Nr. 15318/89, Urteil vom 23. März 1995, Rn. 75.
- 55.
Statt vieler Steven Greer & Luzius Wildhaber, Revisiting the Debate about ‚constitutionalising‘ the European Court of Human Rights, Human Rights Law Review 12 (2012), 655–687.
- 56.
Marten Breuer, Zur Anordnung konkreter Abhilfemaßnahmen durch den EGMR. Der Gerichtshof betritt neue Wege im Fall Asanidse gegen Georgien, Europäische Grundrechte-Zeitschrift 31 (2004), 257–263, 257.
- 57.
Als Leitentscheidung gilt die Entscheidung in der Sache Marckx gegen Belgien. Siehe EGMR, Case of Marckx v. Belgium, Beschwerde-Nr. 6833/74, Urteil vom 13. Juni 1979, Rn. 58: „[…] the decision cannot of itself annul or repeal these provisions: the Court’s judgment is essentially declaratory and leaves to the State the choice of the means to be utilised in its domestic legal system for performance of its obligation under Article 53.“ Breuer verweist darauf, dass der EGMR darin ungenügend unterscheidet zwischen dem feststellenden Charakter der Urteile und seiner (fehlenden) Kompetenz zur Anordnung von Abhilfemaßnahmen. Siehe Breuer, Konkrete Abhilfemaßnahmen, EuGRZ, 257.
- 58.
Ibid., 258.
- 59.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 75.
- 60.
Siehe für den Wortlaut Einleitung zu § 2.
- 61.
Vgl. Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts, Text adopted by the International Law Commission at its fifty-third session in 2001 (UN Doc. A/56/10).
- 62.
EGMR, Proceedings under Article 46 § 4 in the Case of Ilgar Mammadov v. Azerbaijan, Beschwerde-Nr. 15172/13, Urteil (GK) vom 29. Mai 2019, Rn. 162. Siehe auch Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 2; Peters & Altwicker, EMRK, Kapitel 37 Rn. 1.
- 63.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 2 f.; Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 76; Peters & Altwicker, EMRK, Kapitel 37 Rn. 16.
- 64.
Breuer, Konkrete Abhilfemaßnahmen, EuGRZ, 259. Siehe zur Entwicklung der Rechtsprechung auch Hans-Joachim Cremer, Prescriptive Orders in the Operative Provisions of Judgments by the European Court of Human Rights: Beyond res judicanda?, in Anja Seibert-Fohr & Mark E. Villiger (Hrsg.), Judgments of the European Court of Human Rights – Effects and Implementation (Baden-Baden: Nomos 2014), 40 ff.
- 65.
EGMR, Case of Papamichalopoulos and Others v. Greece, Beschwerde-Nr. 14556/89, Urteil vom 31. Oktober 1995, Rn. 34.
- 66.
EGMR, Case of Scozzari and Giunta v. Italy, Beschwerde-Nrn. 39221/98 und 41963/98, Urteil vom 13. Juli 2000, Rn. 249.
- 67.
Siehe dazu sogleich unter 2.3.
- 68.
Siehe dazu auch EGMR, Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT) v. Switzerland (no. 2), Beschwerde-Nr. 32772/02, Urteil (GK) vom 30. Juni 2009, Rn. 86: „These obligations reflect the principles of international law whereby a State responsible for a wrongful act is under an obligation to make restitution, consisting in restoring the situation which existed before the wrongful act was committed, provided that restitution is not ‚materially impossible‘ and ‚does not involve a burden out of all proportion to the benefit deriving from restitution instead of compensation‘ (Article 35 of the Draft Articles of the International Law Commission on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts – see paragraph 36 above). In other words, while restitution is the rule, there may be circumstances in which the State responsible is exempted – fully or in part – from this obligation, provided that it can show that such circumstances obtain.“ Keller und Marti argumentieren, dass sich diese prinzipielle Präferenz nicht immer genügend widerspiegelt in der Praxis des EGMR und verlangen, dass der EGMR aufmerksamer sein sollte bezüglich der Frage, ob restitutio in integrum innerstaatlich möglich ist und erst in einem zweiten Schritt finanzielle Entschädigung anordnen sollte. Siehe Keller & Marti, Reconceptualizing Implementation, EJIL, 844 f.
- 69.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 77; Frowein, Artikel 46, in Frowein & Peukert (Hrsg.), Rn. 3.
- 70.
Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 336/85 (Pakelli), Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Oktober 1985, BVerfGE 74, 358=ZaöRV 46 (1986), 289–294, 292.
- 71.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 77.
- 72.
Ibid., Rn. 77 f.; Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 40; A. A. Frowein, Artikel 46, in Frowein & Peukert (Hrsg.), Rn. 15.
- 73.
Siehe für ein aktuelleres Beispiel EGMR, Case of Lagutin and others v. Russia, Beschwerde-Nrn. 6228/09, 19123/09, 19678/07, 52340/08 and 7451/09, Urteil vom 24. April 2014, Rn. 11: „[…] the most appropriate form of redress would, in principle, be the reopening of the proceedings, if requested.“ Siehe aber Case of Sejdovic v. Italy, Beschwerde-Nr. 56581/00, Urteil (GK) vom 1. März 2006, Rn. 125 ff., in welchem der Gerichtshof darüber hinaus zu gehen scheint. So Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), 79; Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 18.
- 74.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 79; Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 41.
- 75.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 41.
- 76.
Ministerkomittee, Recommendation No. R(2000)2 on the re-examination or reopening of certain cases at domestic level following judgements of the European Court of Human Rights, angenommen an der 694. Sitzung vom 19. Januar 2000, verfügbar unter https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectID=09000016805e2f06 (zuletzt besucht am 17. September 2019).
- 77.
Siehe aus jüngerer Zeit EGMR, Case of Moreira Ferreira v. Portugal (no. 2), Beschwerde-Nr. 19867/12, Urteil (GK) vom 11. Juli 2017, Rn. 48. Siehe aber die abweichende Meinung von Richter Pinto de Albuquerque in derselben Entscheidung, der zum Schluss kommt, dass inzwischen ein europäischer Konsens bestehe, dass ein individuelles Recht zur Wiedereröffnung EMRK-widriger Strafprozesse bestehe (Rn. 28–34).
- 78.
Siehe Elisabeth Lambert Abdelgawad, The execution of judgments of the European Court of Human Rights (Strasbourg: Council of Europe Publishing 2. Aufl. 2008), 19.
- 79.
Siehe bereits in diesem Kapitel unter 2.1.
- 80.
Protokoll Nr. 11 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Umgestaltung des durch die Konvention eingeführten Kontrollmechanismus vom 11. Mai 1994, ETS No. 155.
- 81.
Siehe dazu Wojciech Sadurski, Partnering with Strasbourg: Constitutionalisation of the European Court of Human Rights, the Accession of Central and East European States to the Council of Europe, and the Idea of Pilot Judgments, Human Rights Law Review 9 (2009), 397–453.
- 82.
Ministerkomitee, Resolution Res(2004)3 on judgments revealing an underlying systemic problem vom 12. Mai 2004, einsehbar unter https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectID=09000016805dd128 (zuletzt besucht am 17. September 2019).
- 83.
Siehe dazu ausführlicher unter 2.3.b).
- 84.
Siehe zum Ganzen unter 2.3.a).
- 85.
Linos-Alexander Sicilianos, The Role of the European Court of Human Rights in the Execution of its own Judgments: Reflections on Article 46 ECHR, in Anja Seibert-Fohr & Mark E. Villiger (Hrsg.), Judgments of the European Court of Human Rights – Effects and Implementation (Baden-Baden: Nomos 2014), 285–315, 286. Siehe für eine Studie aus jüngerer Zeit Alice Donald & Anne-Katrin Speck, The European Court of Human Rights’ Remedial Practice and its Impact on the Execution of Judgments, Human Rights Law Review 19 (2019), 83–117.
- 86.
Dazu Keller & Marti, Reconceptualizing Implementation, EJIL. Siehe schon Jean-François Flauss, L’effectivité des arrêts de la Cour européenne des droits de l’homme, Revue trimestrielle des droits de l’homme 77 (2009), 27–72.
- 87.
Keller & Marti, Reconceptualizing Implementation, EJIL, 842. Sicilianos spricht von einem Kontinuum. Siehe Sicilianos, Role of the ECtHR in the Execution, in Seibert-Fohr & Villiger (Hrsg.), 293 ff.
- 88.
Siehe dazu die empirischen Nachweise bei Donald & Speck, The European Court of Human Rights’ Remedial Practice, HRLR; kritisch zu dieser Praxis Keller & Marti, Reconceptualizing Implementation, EJIL, 842.
- 89.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 3. Siehe dazu ausführlich Cremer, Beyond res judicanda?, in Seibert-Fohr & Villiger (Hrsg.).
- 90.
Breuer, Konkrete Abhilfemaßnahmen, EuGRZ, 262, der von einer „Entziehung der Verhandlungsmasse“ spricht.
- 91.
Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 216.
- 92.
Keller & Marti, Reconceptualizing Implementation, EJIL, 838.
- 93.
Ibid.
- 94.
Valerio Colandrea, On the Power of the European Court of Human Rights to Order Specific Non-monetary Measures: Some Remarks in Light of the Assanidze, Broniowski and Sejdovic Cases, Human Rights Law Review 7 (2007), 396–411, 406 f. Siehe zur Unterscheidung zwischen individual und constitutional justice ausführlicher Greer & Wildhaber, Revisiting the Debate about ‚constitutionalising‘ the European Court of Human Rights, HRLR.
- 95.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 8.
- 96.
EGMR, Case of Assanidze v. Georgia, Beschwerde-Nr. 71503/01, Urteil vom 8. April 2004, Tenor Nr. 14: „Holds unanimously (a) that the respondent State must secure the applicant’s release at the earliest possible date […].“
- 97.
Ibid., Rn. 202: „As regards the measures which the Georgian State must take (see paragraph 198 above), subject to supervision by the Committee of Ministers, in order to put an end to the violation that has been found, the Court reiterates that its judgments are essentially declaratory in nature and that, in general, it is primarily for the State concerned to choose the means to be used in its domestic legal order in order to discharge its legal obligation under Article 46 of the Convention, provided that such means are compatible with the conclusions set out in the Court’s judgment […]. This discretion as to the manner of execution of a judgment reflects the freedom of choice attached to the primary obligation of the Contracting States under the Convention to secure the rights and freedoms guaranteed (Article 1) […]. However, by its very nature, the violation found in the instant case does not leave any real choice as to the measures required to remedy it.“
- 98.
Diesen Begriff verwendet Breuer, Konkrete Abhilfemaßnahmen, EuGRZ, 262. Dabei ist die Abgrenzung zwischen Beendigung einer Verletzung und Wiedergutmachung nicht immer problemlos vorzunehmen. Siehe ibid. Siehe zum Begriff des „Dauerdelikts“ schon Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 63 ff.
- 99.
Siehe für einen Überblick Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 10 ff.
- 100.
Ibid., Rn. 8.
- 101.
Cremer, Beyond res judicanda?, in Seibert-Fohr & Villiger (Hrsg.), 54.
- 102.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 8; Peters & Altwicker, EMRK, § 37 Rn. 8; Cremer, Beyond res judicanda?, in Seibert-Fohr & Villiger (Hrsg.), 53 f.; Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (Zürich: Schulthess 2. Aufl. 1999), Rn. 233.
- 103.
Cremer, Beyond res judicanda?, in Seibert-Fohr & Villiger (Hrsg.), 54 ff.
- 104.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 11; 18. Breuer findet, der EGMR nehme nicht immer ausreichend Rücksicht auf das Prinzip der Rechtskraft.
- 105.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 82.
- 106.
Lambert Abdelgawad, Execution of judgments, 19.
- 107.
Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 232; 91 ff.
- 108.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 83.
- 109.
Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 226 ff. Siehe auch Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 84.
- 110.
Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 233.
- 111.
Zum Ganzen Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 83.
- 112.
Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 240.
- 113.
EGMR, Case of Sejdovic v. Italy, Beschwerde-Nr. 56581/00, Urteil vom 10. November 2004.
- 114.
EGMR, Case of Sejdovic v. Italy, Beschwerde-Nr. 56581/00, Urteil (GK) vom 1. März 2006. Teilweise wurde diese Entscheidung dennoch als Praxisänderung dahingehend interpretiert, dass der EGMR nunmehr die Schaffung von Wiederaufnahmegründen im Zuge von EGMR-Entscheidungen verlange. Siehe Frowein, Artikel 46, in Frowein & Peukert (Hrsg.), Rn. 15. Die herrschende Ansicht dürfte aber, wie oben dargestellt, nach wie vor sein, dass die EMRK den Mitgliedstaaten aufgrund von Art. 41 diesbezüglich die Wahl belässt. Breuer bezeichnet diesen und ähnliche Fälle als „unbeabsichtigte Abweichungen“. Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 19. Eine in jüngerer Zeit – mit knapper Mehrheit und vier abweichenden Meinungen – ergangene Entscheidung der Großen Kammer macht deutlich, dass auch innerhalb der Richterschaft Uneinigkeit besteht über die Anordnung konkreter Maßnahmen und deren Wirkungen und dass die Entwicklung im Fluss sein könnte. Siehe EGMR, Case of Moreira Ferreira v. Portugal (no. 2), Beschwerde-Nr. 19867/12, Urteil (GK) vom 11. Juli 2017. Siehe dazu bereits unter 2.2.
- 115.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 19.
- 116.
Opinion no 9 (2006) des Consultative Council of European Judges (Fn. 23), Nr. 49.
- 117.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 39; Georg Ress, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Vertragsstaaten: Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im innerstaatlichen Recht und vor innerstaatlichen Gerichten, in Irene Maier (Hrsg.), Europäischer Menschenrechtsschutz. Schranken und Wirkungen (Heidelberg: C.F. Müller Juristischer Verlag 1982), 227–287, 240.
- 118.
Siehe dazu und zu den damit für den Beschwerdeführer verbundenen Schwierigkeiten § 5 unter 2.2.
- 119.
Siehe aber das Sondervotum von Richter Pinto de Albuquerque zur Entscheidung Fabris v. France (GK) (2013), 29: „[…] all bodies and representatives of any public authority of the respondent State, at all levels of its organisation (national, federal, regional or local), are directly bound by the Court’s judgments […]. In this context, the Court being tasked with the power to interpret and apply the Convention through final and binding judgments (Article 19 of the Convention), the direct and erga omnes effect of the Court’s judgments may not be restricted by the States Parties. Only the Court itself can determine a restriction of the effects of its judgments.“
- 120.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 85. Ress schreibt, dass keine Pflicht bestehe „to make judgments of the ECHR executable within the domestic legal system.“ Siehe Georg Ress, The Effect of Decisions and Judgments of the European Court of Human Rights in the Domestic Legal Order, Texas International Law Journal 40 (2004–2005), 359–382, 374. Siehe ferner Yuvji Iwasawa, Domestic Application of International Law, Recueil des Cours 378 (2016), 9–261, 215 f.
- 121.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 84.
- 122.
Ibid., Rn. 114.
- 123.
Ibid.; Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 34; Frowein, Artikel 46, in Frowein & Peukert (Hrsg.), Rn. 7.
- 124.
Ress, EMRK und Vertragsstaaten, in Maier (Hrsg.), 235; Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), Rn. 114; Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 34.
- 125.
Seit Case of Broniowski v. Poland, Beschwerde-Nr. 31443/96, Urteil (GK) vom 22. Juni 2004. Siehe Tenor Nr. 3 und 4: „3. Holds that the above violation has originated in a systemic problem connected with the malfunctioning of domestic legislation and practice caused by the failure to set up an effective mechanism to implement the ‚right to credit‘ of Bug River claimants; 4. Holds that the respondent State must, through appropriate legal measures and administrative practices, secure the implementation of the property right in question in respect of the remaining Bug River claimants or provide them with equivalent redress in lieu, in accordance with the principles of protection of property rights under Article 1 of Protocol No. 1; […].“ Siehe dazu Dominik Haider, The Pilot-Judgment Procedure of the European Court of Human Rights (Leiden: Brill 2013), 15 ff.; Markus Fyrnys, Expanding Competences by Judicial Lawmaking: The Pilot Judgment Procedure of the European Court of Human Rights, German Law Journal 12 (2011), 1231–1260, 1239 ff.
- 126.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 22. Siehe zu den Elementen im Einzelnen ibid., Rn. 23.
- 127.
EGMR, Case of Maria Atanasiu and Others v. Romania, Beschwerde-Nrn. 30767/05 und 33800/06, Urteil vom 12. Oktober 2010, Rn. 213: „The pilot-judgment procedure is primarily designed to assist the Contracting States in fulfilling their role in the Convention system by resolving such problems at national level, thereby securing to the persons concerned the Convention rights and freedoms as required by Article 1 of the Convention, offering to them more rapid redress and, at the same time, easing the burden on the Court […].“
- 128.
EGMR, Case of Dimitrov and Hamanov v. Bulgaria, Beschwerde-Nrn. 48059/06 and 2708/09, Urteil vom 10. Mai 2011, Rn. 124 ff. und Tenor Nr. 6: „Holds that the respondent State must set up, within twelve months from the date on which this judgment becomes final in accordance with Article 44 § 2 of the Convention, an effective remedy which complies with the requirements set out in this judgment.“
- 129.
Yota Negishi, The Subsidiarity Principle’s Role in Allocating Competences between Human Rights Courts and States Parties: The Hybrid Model of Centralized and Diffused Conventionality Control of Domestic Law, in Armin von Bogdandy et al. (Hrsg.), Ius Constitutionale Commune na América Latina. Diálogos Jurisdicionais e Controle de Convencionalidade (Curitiba: Juruá Editora 2016), 125–160, 148.
- 130.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 21.
- 131.
Keller & Marti, Reconceptualizing Implementation, EJIL, Fn. 60.
- 132.
Sicilianos, Role of the ECtHR in the Execution, in Seibert-Fohr & Villiger (Hrsg.), 288 f.
- 133.
Es handelt sich um eine Pflicht zur „Korrektur der Rechtsordnung“. Siehe Peters & Altwicker, EMRK, Kapitel 37 Rn. 17.
- 134.
Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, in Grote & Marauhn (Hrsg.), 116. Siehe dazu auch Fyrnys, Pilot Judgment Procedure, GLJ.
- 135.
Breuer, Art. 46, in Karpenstein & Mayer (Hrsg.), Rn. 25. So ordnete der EGMR in Case of Maria Atanasiu and Others v. Romania, Beschwerde-Nrn. 30767/05 und 33800/06, Urteil vom 12. Oktober 2010 lediglich „measures to ensure effective protection“ innert einer Frist von 18 Monaten an. Siehe Tenor Nr. 6.
- 136.
EGMR, Case of Marckx v. Belgium, Beschwerde-Nr. 6833/74, Urteil vom 13. Juni 1979.
- 137.
Siehe EGMR, Case of Vermeire v. Belgium, Beschwerde-Nr. 12849/87, Urteil vom 29. November 1991, Rn. 11.
- 138.
Ibid., Rn. 26: „The freedom of choice allowed to a State as to the means of fulfilling its obligation under Article 53 cannot allow it to suspend the application of the Convention while waiting for such a reform to be completed […].“
- 139.
Ibid., Rn. 25.
- 140.
Lambert, Les effets, 201. Der Wortlaut ist: „La jurisprudence Vermeire serait au système européen des droits de l’homme ce que les jurisprudences Van Gend en Loss et Waterkeyn sonst au système communautaire.“
- 141.
Ward Ferdinandusse, Out of the Black Box? The International Obligation of State Organs, Brooklyn Journal of International Law 29 (2003), 45–127, 85 f.
- 142.
Frédéric Lazaud, L’exécution par la France des arrêts de la Cour Européenne des Droits de l’Homme (Aix-en-Provence: Presses universitaires d’Aix-Marseille 2006), I, 216 ff. m. w. N.
- 143.
Siehe dazu auch Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 67 ff.; 68. Siehe dazu ausführlicher § 5 unter 4.
- 144.
Lambert, Les effets, 200; Lazaud, L’exécution des arrêts, I, 218.
- 145.
EGMR, Case of Grant v. the United Kingdom, Beschwerde-Nr. 32570/03, Urteil vom 23. Mai 2006, Rn. 41 ff.; Frowein, Artikel 46, in Frowein & Peukert (Hrsg.), Rn. 8; Xavier-Baptiste Ruedin, Exécution des arrêts de la Cour européenne des droits de l’homme (Basel: Helbing Lichtenhahn 2009), Rn. 435 f.
- 146.
Lambert, Les effets, 200. Allerdings hat er es in einigen Fällen zugelassen, wenn Verfassungsgerichte für eine Übergangszeit eine Bestimmung aus Gründen der Rechtssicherheit in Kraft ließen. EGMR, Case of Walden v. Liechtenstein, Beschwerde-Nr. 33916/96, Decision of admissibility vom 16. März 2000: „[…] it has also been accepted, in view of the principle of legal certainty that a constitutional court may set a time-limit for the legislator to enact new legislation with the effect that an unconstitutional provision remains applicable for a transitional period […].“
- 147.
Ibid., 202. Lambert Abdelgawad, Execution of judgments, 11 f.; Ruedin, Exécution des arrêts de la Cour européenne des droits de l’homme, 436. Lambert und Ruedin scheinen indes davon auszugehen, dass Gerichte direkt verpflichtet sind.
- 148.
Polakiewicz, Die Verpflichtungen der Staaten, 70.
- 149.
Lambert, Les effets, 199 ff., insbes. 200.
- 150.
Case of Vermeire v. Belgium (1991), Rn. 10.
- 151.
Ibid., Rn. 11.
- 152.
Siehe etwa die Entscheidung Lungoci c. Roumanie, in welcher der EGMR im Urteilstenor die Wiedereröffnung des innerstaatlichen Verfahrens anordnete, nachdem er in den Urteilsgründen auf die bestehenden Wiederaufnahmevorschriften verwiesen hat. Siehe EGMR, Affaire Lungoci c. Roumanie (2006), Tenor Nr. 3. Für weitere Beispiele, in welchen der EGMR Entscheidungen abhängig vom nationalen Recht trifft, siehe Gerards, Shared responsibility, in Gerards & Fleuren (Hrsg.), 49 f. Gerards bezeichnet dies als „in for a penny, in for a pound“-Methode.
- 153.
EGMR, Case of Fabris v. France (GK) (2013).
- 154.
EGMR, Case of Mazurek v. France, Beschwerde-Nr. 34406/97, Urteil vom 1. Februar 2000.
- 155.
EGMR, Case of Fabris v. France (GK) (2013), Rn. 72.
- 156.
Ibid., Rn. 75 (Hervorhebungen von der Verfasserin).
- 157.
Siehe auch Gerards, Shared responsibility, in Gerards & Fleuren (Hrsg.), 27.
- 158.
Siehe dazu sogleich § 3, insbes. unter 2.2.
- 159.
EGMR, Case of Fabris v. France (GK) (2013), Concurring Opinion of Judge Pinto de Albuquerque, 36.
- 160.
Ibid., 30.
- 161.
Siehe auch die Entscheidung Dumitru Popescu c. Roumanie (no 2), in welcher der EGMR unter Verweis auf Vermeire und die Tatsache, dass inzwischen alle Mitgliedstaaten die Konvention inkorporiert haben, die Pflicht „pour le juge national d’assurer le plein effet de ses normes [de la convention] en les faisant au besoin passer avant toute disposition contraire qui se trouve dans la législation nationale, sans devoir attendre son abrogation par le législateur“ statuierte. EGMR, Affaire Dumitru Popescu c. Roumanie (no 2), Beschwerde-Nr. 71525/01, Urteil vom 26. April 2007, Rn. 103.
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Kapitel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Copyright information
© 2020 The Author(s)
About this chapter
Cite this chapter
Kunz, R. (2020). § 2 Die Wirkungen der Sachentscheidungen des EGMR. In: Richter über internationale Gerichte?. Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht, vol 292. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61176-0_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-61176-0_2
Published:
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-61175-3
Online ISBN: 978-3-662-61176-0
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)