7.1 Einführung

Zur Illustration der vorgestellten Methoden wird die Verringerung des Abflussscheitels durch Aufweitung eines Grabens und Veränderung der Flächenbewirtschaftung durchgespielt. Gegenstand des Planungsbeispiels ist die Ortschaft Birnbach im südlichen Landkreis Regensburg, die in der Vergangenheit häufiger von kleineren Überschwemmungen betroffen war. Der Siedlungsbereich liegt im Kopfeinzugsgebiet des Allersdorfer Bachs, der bei Schierling in die Große Laaber mündet. Ursache der Überschwemmungen ist die Kessellage der Ortschaft (Abb. 7.1, oben). Auf dem Weg von der Wasserscheide zum Allersdorfer Bach verlaufen die Entwässerungswege verschiedener Teileinzugsgebiete durch die südöstlichen bzw. nordwestlichen Ortsrandlagen. Das Einzugsgebiet ist rund 1,5 km2 groß und überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Vor allem im Bereich westlich der Hauptverbindungsstraße, die in Nord-Süd-Richtung und durch die Ortschaft verläuft, beträgt der Ackeranteil fast 100 %.

Abb. 7.1
figure 1

(Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung)

Übersichtskarte des Einzugsgebietes der Ortschaft Birnbach (oben). Im Gebiet sind fein verästelte Grabensysteme vorhanden, die exemplarisch für ein Teileinzugsgebiet dargestellt sind (unten). Durch die Gräben wird wiederum in vier weitere Teilflächen (A bis D) untergliedert.

Das Gebiet wird durch ein langes, verästeltes Grabensystem sehr feingliedrig erschlossen. Die Gräben sind parallel zu den Feldwegen angelegt, die überwiegend in den Tiefenlinien verlaufen (siehe das kleine, im Nordwesten gelegene, 47 ha große Teileinzugsgebiet in Abb. 7.1, unten). Die Gräben untergliedern das Teileinzugsgebiet in noch feinere Einzugsgebiete (A-D) und entwässern schließlich gemeinsam über einen in der Tiefenlinie verlaufenden Sammelgraben in den Allersdorfer Bach. Die Länge des künstlichen Grabensystems übersteigt die Länge des Allersdorfer Bachs um ein Vielfaches. Allein im nordwestlichen Teileinzugsgebiet ist das künstliche Grabensystem sechsfach länger als der zugehörige Abschnitt des Allersdorfer Bachs.

7.2 Methoden

Um die Abflusssituation im Gebiet quantitativ zu fassen, wird für das ausgewiesene Teileinzugsgebiet exemplarisch der Scheitel einer Abflusswelle ermittelt, der am Bezugspunkt im Graben vor der Ortschaft (vgl. Abb. 7.1, unten) auftreten kann. Dazu wird zunächst der Anteil des Niederschlags bestimmt, der bei einem typischen Starkregen abfließt. Dann wird die Konzentrationszeit des Gebietes ermittelt, indem der Fließweg des Oberflächenabflusses von der Wasserscheide bis zum Bezugspunkt analysiert wird. Aus der Höhe des abflusswirksamen Niederschlags, der Einzugsgebietsgröße und der Konzentrationszeit ergibt sich der zu erwartende Scheitelabfluss.

In einem zweiten Schritt wird der Einfluss der Gräben auf die Abflusskonzentration und damit auf den Wellenscheitel untersucht, indem fiktiv von einer Aufweitung der Gräben und der Herstellung hydraulisch rauer Bedingungen ausgegangen wird, z. B. durch das Tolerieren eines dichten Bewuchses und den Verzicht auf eine regelmäßige Mahd. Der Effekt dieser Maßnahmen lässt sich abschätzen, indem die veränderte Konzentrationszeit und damit der veränderte Scheitelabfluss ermittelt und der aktuellen Situation gegenübergestellt wird. Und schließlich wird noch die Wirkung einer flächendeckenden Mulchdirektsaat betrachtet. Das Vorgehen entspricht dem Rechenweg typischer Bemessungs- und Dimensionierungsaufgaben und lässt sich auf viele Anwendungsfälle übertragen.

7.2.1 Bemessungsniederschlag und abflusswirksame Niederschlagshöhe

Die Bestimmung der abflusswirksamen Niederschlagshöhe mit dem CN-Verfahren (vgl. Kap. 4) erfordert die Vorgabe eines Bemessungsniederschlags sowie Informationen zur Landnutzung und hydrologischen Bodengruppe (vgl. Anhang 8.6).

Als Niederschlagsszenario wird ein Regen mit 51 mm in 1 h angenommen. Im Einzugsgebiet entspricht dies einem Starkregen mit einem Wiederkehrintervall von 100 Jahren nach KOSTRA (zum Vergleich, ein 30-jährlicher, einstündiger Regen hätte eine Höhe von 41 mm) [1]. Die Landnutzung wurde aus Luftbildern und einer Geländebegehung erhoben und mit einer Karte der hydrologischen Bodengruppe (für Bayern verfügbar über das Landesamt für Umwelt) in einem Geographischen Informationssystem verschnitten. Die Auswertung ergab, dass das Gebiet nahezu vollständig ackerbaulich genutzt wird (Grünland- und Waldanteil betragen jeweils etwa 5 %; der Anteil der Straßen an der Gesamtfläche beträgt < 2 %) und dass die Fläche zu über 2/3 der hydrologischen Bodengruppe C zugeordnet ist (nicht graphisch dargestellt). Die Bewirtschaftung erfolgte zum Zeitpunkt der Geländebegehung etwa zu gleichen Teilen in Hauptgefällerichtung wie parallel dazu.

Es wird von mittleren Feuchtebedingungen ausgegangen und vereinfachend angenommen, dass die hydrologische Bodengruppe C das Gebiet adäquat repräsentiert und dass die Gesamtfläche ackerbaulich genutzt wird. Für das Planungsbeispiel wird daher einheitlich ein CN-Wert von 80 unterstellt. Das entspricht nach Abb. 4.3 einer mittleren Bodenbedeckung von 10 % bzw. nach Tab. 4.2 einem CN-Wert, der z. B. bei Sommergetreide im April und Anfang September und bei Mais Ende Mai und Anfang Oktober zu erwarten ist.

Für reale Planungsfälle sollte eine detailliertere Berechnung erfolgen, indem die existierenden Landnutzungsformen mit den hydrologischen Bodengruppen verschnitten und die Abflussbildung dann für jede resultierende Einheit individuell bestimmt wird. Die Dauerstufe des Niederschlags sollte zudem der Konzentrationszeit des Oberflächenabflusses im Einzugsgebiet entsprechen. Da die Konzentrationszeit auf Ackerflächen über das Jahr variiert, sollten ggf. Modellregen unterschiedlicher Dauerstufen (je nach Konzentrationszeit) und Jährlichkeiten betrachtet werden, um die Größenordnung typischer Abflussreaktionen einschätzen zu können. Hier wird aber vereinfachend nur ein einziger, mittlerer Fall betrachtet. Tab. 7.1 enthält eine Zusammenfassung der Eingangsparameter für die Ermittlung der abflusswirksamen Niederschlagshöhe nach dem CN-Verfahren.

Tab. 7.1 Eingangsparameter zur Bestimmung der abflusswirksamen Niederschlagshöhe im nordwestlichen Teil des Einzugsgebietes des Allersdorfer Baches bei Birnbach (Landkreis Regensburg)

7.2.2 Ermittlung der Konzentrationszeit

Zur Abschätzung der Konzentrationszeit wird die Geschwindigkeitsmethode (vgl. Abschn. 5.3.3) verwendet. Dazu wird zunächst der längste Entwässerungsweg im Einzugsgebiet bestimmt und anhand von Abflusstyp, Gefälle und Fließpfadquerschnitt in hydraulisch ähnliche Abschnitte untergliedert. Im Beispielgebiet gliedert er sich in vier Abschnitte (Abb. 7.2). Der erste (A1) beginnt an der Wasserscheide und erstreckt sich über die landwirtschaftliche Nutzfläche bis zum Hangfuß. Bei Starkregen ist hier schichtförmiger Abfluss und flacher, konzentrierter Abfluss in Rinnen und Rillen zu erwarten. Am Hangfuß tritt das Wasser in ein Grabensystem über, das das Wasser bis in den Allersdorfer Bach leitet (Abschnitte A2, A3 und A4). Über die hydraulischen Eigenschaften der einzelnen Fließpfade und die GMS-Gleichung lässt sich die Fließzeit des Oberflächenabflusses in den einzelnen Abschnitten des Fließpfades abschätzen. Die Summe dieser Fließzeiten ergibt die Konzentrationszeit des Gebietes. Mit dem gleichen Ansatz kann auch der Einfluss der Grabengestaltung auf die Abflusskonzentration ermittelt werden, indem Gerinnequerschnitt und Rauheit verändert und die Fließzeiten der einzelnen Abschnitte bei gleicher Abflussrate neu ermittelt werden.

Abb. 7.2
figure 2

(Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung)

Darstellung des längsten Fließwegs ausgehend von einem Weg nahe der Wasserscheide bis zur Mündung in den Ortsbereich. Die einzelnen Pfeile (A1 bis A4) gliedern den Fließweg in Abschnitte mit ähnlichen hydraulischen Eigenschaften.

Zur Parametrisierung der GMS-Gleichung werden Neigung und Länge der einzelnen Fließpfadabschnitte aus der topographischen Karte bzw. dem digitalen Höhenmodell ermittelt. Repräsentative Querprofile der einzelnen Grabenabschnitte wurden im Gelände erfasst (A2, A3 und A4 sind überwiegend als steile, geräumte Trapeze ausgebildet). Anhand der kartierten Oberflächenbeschaffenheit wurden Rauheitsbeiwerte für Schichtabfluss und den Abfluss in Gräben aus Tab. 8.2 und Tab. 5.1 entnommen. Tab. 7.2 enthält eine Zusammenfassung der hydraulischen Parameter der genannten Fließpfadabschnitte.

Tab. 7.2 Hydraulische Eigenschaften der Fließpfadabschnitte A1, A2, A3 und A4 (vgl. Abb. 7.2) im Teileinzugsgebiet des Allersdorfer Bachs

7.2.3 Abschätzung der Scheitelhöhe

Zur Abschätzung der Scheitelhöhe wird das Dreiecksganglinienverfahren verwendet. Dabei bestimmen Abflusshöhe, Einzugsgebietsgröße, Scheitelanstiegs- und -ablaufzeit die Scheitelhöhe (vgl. Abschn. 3.2.1). Die Einzugsgebietsgröße (AEZG) ergibt sich aus Gebietseigenschaften. Abflusshöhe (Neff) und Scheitelanstiegszeit (tP) werden mit dem CN-Verfahren bzw. der Geschwindigkeitsmethode ermittelt, indem angenommen wird, dass die Scheitelanstiegszeit (tP) der Konzentrationszeit (tC) des Gebietes entspricht. Die Ablaufzeit der Abflusswelle (tfal) hängt von den Retentionseigenschaften des Einzugsgebietes ab. Sie berechnet sich aus dem Produkt von Konzentrationszeit und einem Formfaktor F (−) (hier F = 1,5) (vgl. Tab. 3.2 und Gl. 3.2). Sind alle erforderlichen Parameter und Größen bekannt, ergibt sich der Scheitelabfluss (qP) nach (vgl. Gl. 3.3):

$$ q_{P} = \frac{{N_{eff}}}{{0{,}5 \cdot \left({t_{c} + t_{fal}} \right) \cdot 0{,}06}} \cdot A_{EZG} $$

7.3 Ergebnisse

7.3.1 Abflussentstehung

Die maximal mögliche Retention (S) wird nach Gl. 4.1 ermittelt. Für den CN-Wert von 80 ergibt sie sich zu:

$\begin{aligned} S = 254 \cdot \left( {\frac{100}{CN} - 1} \right) &= 254 \cdot \left( {\frac{100}{80} - 1} \right) \\&= 63{,}5\;{\text{mm}} \end{aligned} $

Für die gewählte Niederschlagshöhe von 51 mm errechnet sich mit Gl. 4.2 ein abflusswirksamer Niederschlag Neff von:

$$\begin{aligned} N_{eff} &= \frac{{\left({N - 0{,}2 \cdot S} \right)^{2}}}{{N + 0{,}8 \cdot S}} = \frac{{\left({51 - 0{,}2 \cdot 63{,}5} \right)^{2}}}{{51 + 0{,}8 \cdot 63{,}5}} \\&= 14{,}4\;{\text{mm}} \end{aligned}$$

Aufgrund der Teileinzugsgebietsfläche von 47 ha ist bei dem gewählten Niederschlag ein Gesamtabflussvolumen zu erwarten in Höhe von (Gl. 2.4):

$$ Q = 0{,}0144\;{\text{m}}\; \cdot \;470.000\;{\text{m}}^{2} = 6772\;{\text{m}}^{3} $$

7.3.2 Konzentrationszeit

7.3.2.1 Bestimmung der Fließzeit von Schichtabfluss und flachem, konzentriertem Abfluss in Rinnen und Rillen

Der erste Abschnitt A1 führt über eine Ackerfläche von der Wasserscheide nahezu senkrecht nach Süden bis zum ersten Graben. Es wird angenommen, dass der Oberflächenabfluss in diesem Abschnitt zunächst als Schichtabfluss auftritt, dessen Länge rechnerisch zu bestimmen ist, weil dies aus Luftbildern und auch im Gelände, außer bei einem entsprechenden Starkregen, nicht zu ermitteln ist. Danach fließt der Abfluss immer noch im Feld in flachen Rinnen und Rillen bis zum Hangfuß. Da die Hänge bei A1 relativ kurz, gerade und ohne nennenswerte Einmuldung ausgebildet sind, ist eine Konzentration des Abflusses in Hangmulden nicht zu erwarten.

Die Länge des Schichtabflusspfades wird mithilfe von Gl. 8.1 im Anhang anhand der Rauheit der Bodenoberfläche abgeschätzt. Für einen Acker mit spärlicher Bedeckung (Bedeckung < 5 %), weist Tab. 8.2 eine Rauheit von k = 17 (m1/3 s−1) aus. Demnach ergibt sich für den Schichtabfluss eine Fließpfadlänge von:

$$ l_{s} = \frac{200}{\sqrt k} = \frac{200}{{\sqrt {17}}} = 49\;{\text{m}} $$

Aus der Differenz der Gesamtlänge des Abschnitts A1 und der Fließstrecke des Schichtabflusses ergibt sich die mittlere Länge des Rinnen- und Rillenabflusses:

$$ l_{R} = 200 - 49 = 151\;{\text{m}} $$

Auf diese beiden Fließstrecken wird nun die GMS-Gleichung (Gl. 5.5) angewendet. Eingangsgrößen für den Schichtabfluss sind ein Gefälle J von 7 % (bestimmt aus der topographischen Karte), die bereits festgelegte Rauheit der Oberfläche k von 17 m1/3 s−1 und der hydraulische Radius R. Letzterer wird nach Anhang 8.2.1 vereinfachend für einen schichtförmigen Abfluss mit 2 mm geschätzt. Als Fließgeschwindigkeit ergibt sich:

$$ \begin{aligned}v &= R^{\frac{2}{3}} \cdot J^{\frac{1}{2}} \cdot k \\&= 0{,}002^{\frac{2}{3}} \cdot 0{,}07^{\frac{1}{2}} \cdot 17 \\&= 0{,}07\;{\text{m}}{\,} {\text{s}}^{{ - 1}} \\&= 7\;{\text{cm}}{\,} {\text{s}}^{{ - 1}} \end{aligned} $$

Dies ist ein typischer Wert für den Schichtabfluss. Wird diese Geschwindigkeit durch die Länge des Schichtabflusspfades dividiert, ergibt sich nach Gl. 5.7 eine Fließzeit von

$$ t_{S} = \frac{49}{{60 \cdot 0{,}07}} = 11{,}3\;{ \hbox{min} } $$

Für den Abfluss in Rinnen und Rillen wird ebenfalls von einem Gefälle J von 7 % ausgegangen. Durch die kastenförmige Ausspülung der Fließpfade liegt die Rauheit analog Tab. 8.2 im Anhang bei k = 25 m1/3 s−1. Der hydraulische Radius R wird pauschal mit 0,04 m angesetzt (Anhang 8.2.2). Damit ergibt sich die Fließgeschwindigkeit zu:

$$ v = 0{,}04^{\frac{2}{3}} \cdot 0{,}07^{\frac{1}{2}} \cdot 25 = 0{,}8\;{\text{m}}{\,} {\text{s}}^{{ - 1}} $$

Durch die Konzentration des Abflusses in flachen Rillen und die geringere Rauheit fließt der Abfluss hier bereits fast 10-mal schneller als der Schichtabfluss. Würde die Konzentration des Abflusses in Rillen durch eine höhere Rauheit, z. B. durch eine Mulchschicht, hinausgezögert, würde die Gesamtzeit, die der Abfluss sich im Fließabschnitt A1 bewegt, deutlich verlängert. Wird die Länge der Rinnen und Rillen durch die Fließgeschwindigkeit dividiert, resultiert eine mittlere Fließzeit von:

$$ t_{R} = \frac{151}{{60\; \cdot \;0{,}8}} = 3{,}3\;{ \hbox{min} } $$

7.3.2.2 Bestimmung der Fließzeit in den Wegseitengräben

Erreicht der Oberflächenabfluss am Hangfuß das Ende von Abschnitt A1, tritt er in den Wegseitengraben über. Letzterer verläuft zunächst nach Osten bis zur T-Kreuzung der Straße (Abschnitt A2). Dort führt eine Verrohrung in einen kurzen, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Graben (Abschnitt A3), der am südlichsten Punkt an den Sammelgraben (Abschnitt A4) angeschlossen ist (Abb. 7.2).

Die Fließzeit in den Grabenabschnitten wird indirekt geschätzt, da für die GMS-Gleichung die Fließtiefe erforderlich ist. Daher muss zunächst die Fließtiefe näherungsweise berechnet werden. Dazu werden die Gleichungen aus Abb. 8.4 zur Bestimmung von Gerinnequerschnittsfläche (A) und hydraulischem Radius (R) von Trapezen,

$$ A = \frac{1}{2}\left({B + b} \right) \cdot h = \frac{1}{2}\left({2b + 2m \cdot h} \right) \cdot h $$

und

$$ R = \frac{{\left({b + m \cdot h} \right) \cdot h}}{{b + 2\;h\sqrt {1 + m^{2}}}} $$

und die GMS-Gleichung (vgl. Gl. 5.5),

$$ v = R^{\frac{2}{3}} \cdot J^{\frac{1}{2}} \cdot k $$

sowie die allgemeine Fließgleichung benötigt (vgl. Gl. 5.1)

$$ q = v \cdot A $$

Dabei sind B, b und h Wasserspiegelbreite, Sohlbreite und Fließtiefe des trapezförmigen Grabens in m. Die Böschungsneigung (m) ist dimensionslos, R ist der hydraulische Radius in m, J das Gefälle (dimensionslos) und k der Rauheitsbeiwert in m1/3 s−1. In der letzten Formel steht v für die Fließgeschwindigkeit in m s−1, die Querschnittsfläche hat die Einheit m2.

Werden die Gleichungen aus Abb. 8.4, 5.5 und 5.1 ineinander eingesetzt und durch die Einzugsgebietsfläche dividiert, ergibt sich die Abflussspende (qs) in Abhängigkeit von der Fließtiefe (h) nach:

$$\begin{aligned} q_{s} \left( h \right) =& \left( {\frac{{\left( {b + m \cdot h} \right) \cdot h}}{{b + 2\;h\sqrt {1 + m^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot J^{\frac{1}{2}} \cdot k \\&\cdot \frac{1}{2}\left( {2b + 2m \cdot h} \right) \cdot h \cdot \frac{1}{{A_{{EZG}} }}\end{aligned} $$

Die Gleichung kann nun gelöst werden, indem die Werte eingesetzt und die Fließtiefe h schrittweises (iterativ) verändert wird, bis das resultierende qs etwa der erforderlichen Abflusshöhe von 14,4 mm h−1 entspricht. Dazu wird der Abfluss im Graben unter Berücksichtigung der Einzugsgebietsfläche (AEZG) am Übergang von A2 nach A3 (AEZG = 10 ha bzw. 100.000 m2) berechnet (stationäre Bedingungen). Für das gewählte Regenereignis ergibt sich eine Fließtiefe im ersten, 470 m langen Grabenabschnitt von rund 34 cm:

$\begin{aligned} q_{s} {\text{ }} &= \left( {\frac{{\left( {0{,}35 + 1 \cdot 0{,}34} \right) \cdot 0{,}34}}{{0{,}35 + 2\; \cdot 0{,}34\sqrt {1 + 1^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot 0{,}024^{{\frac{1}{2}}} \cdot 35 \\&\quad\cdot \frac{1}{2}\left( {2\; \cdot 0{,}35 + 2 \cdot 1 \cdot 0{,}34} \right) \cdot 0{,}34 \cdot \frac{{1000 \cdot 3600}}{{100.000}} \\& \approx 14{,}3\;{\text{mm}}{\,} {\text{h}}^{{ - 1}} \end{aligned} $

Ist die Fließtiefe bekannt, lässt sich die Fließgeschwindigkeit abschätzen:

$$ \begin{aligned}v &= R^{{\frac{2}{3}}} \cdot J^{{\frac{1}{2}}} \cdot k = \left( {\frac{{\left( {b + m \cdot h} \right) \cdot h}}{{b + 2\;h\sqrt {1 + m^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot J^{{\frac{1}{2}}} \cdot k \\&= \left( {\frac{{\left( {0{,}35 + 0{,}34} \right) \cdot 0{,}34}}{{0{,}35 + 2\; \cdot 0{,}34\sqrt {1 + 1} }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot 0{,}024^{{\frac{1}{2}}} \cdot 35 \\&= \;1{,}7\,{\text{m\,s}}^{ - 1} \end{aligned}$$

Durch Division von Fließstrecke und -geschwindigkeit ergibt sich die Fließzeit im ersten Grabenabschnitt zu:

$$ t = \frac{l}{v} = \frac{470}{{1{,}7 \cdot 60}} = 4{,}6\;{ \hbox{min} } $$

Für den in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Grabenabschnitt A3 und den Teil des Sammelgrabens bis zum Beginn der Ortschaft (A4) werden die Rechenschritte analog wiederholt. Die Einzugsgebietsfläche am Übergang von A3 zu A4 beträgt etwa 12 ha. In A3 ergibt sich eine ähnliche mittlere Fließtiefe von rund 0,35 m, da sich die entgegengesetzt gerichteten Wirkungen der größeren Einzugsgebietsfläche und des höheren Gefälles kompensieren:

$$\begin{aligned} q_{s} &= \left( {\frac{{\left( {0{,}35 + 1 \cdot 0{,}35} \right) \cdot 0{,}35}}{{0{,}35 + 2 \cdot 0{,}35\sqrt {1 + 1^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot 0{,}03^{{\frac{1}{2}}} \cdot 35 \\&\quad\cdot \frac{1}{2}\left( {2 \cdot 0{,}35 + 2 \cdot 0{,}35} \right) \cdot 0{,}35 \cdot \frac{{1000 \cdot 3600}}{{120.000}} \\&\approx 14{,}4\;{\text{mm}}{\,} {\text{h}}^{{{\text{ - 1}}}} \end{aligned}$$

Gegenüber dem ersten Grabenabschnitt ist die mittlere Fließgeschwindigkeit in A3 durch das höhere Gefälle geringfügig höher:

$$\begin{aligned} v &= R^{{\frac{2}{3}}} \cdot J^{{\frac{1}{2}}} \cdot k \\&= \left( {\frac{{\left( {b + m \cdot h} \right) \cdot h}}{{b + 2\;h\sqrt {1 + m^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot J^{{\frac{1}{2}}} \cdot k \\&= \left( {\frac{{\left( {0{,}35 + 1 \cdot 0{,}35} \right) \cdot 0{,}35}}{{0{,}35 + 2\; \cdot 0{,}35\sqrt {1 + 1} }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot 0{,}03^{{\frac{1}{2}}} \cdot 35 \\&= \;2{,}0\;{\text{m}}{\,} {\text{s}}^{{ - 1}} \end{aligned}$$

Daraus errechnet sich die mittlere Fließzeit zu:

$$ t = \frac{l}{v} = \;\frac{180}{2{,}0 \cdot 60} = 1{,}5\; \hbox{min} $$

Der Sammelgraben (A4) entwässert nun nahezu das komplette Teileinzugsgebiet von 47 ha bis zum Bezugspunkt. Die Bestimmung der Fließzeit erfolgt analog zu dem Vorgehen bei A2 und A3 mit den in Tab. 7.2 genannten Größen. Um die gewünschte Abflusshöhe zu erreichen, ist eine Fließtiefe von 68 cm erforderlich.

$$ \begin{aligned}q_{s} &= \left( {\frac{{\left( {0{,}7 + 0{,}6 \cdot 0{,}68} \right) \cdot 0{,}68}}{{0{,}7 + 2 \cdot 0{,}68\sqrt {1 + 0.6^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot 0{,}022^{{\frac{1}{2}}} \cdot 35 \\&\quad\cdot \frac{1}{2}\left( {2 \cdot 0{,}7 + 2 \cdot 0{,}6 \cdot 0{,}68} \right) \cdot 0{,}68 \cdot \frac{{1000 \cdot 3600}}{{470.000}}{\text{ }} \\&\approx 14{,}3\;{\text{mm}}{\,} {\text{h}}^{{{\text{ - 1}}}} {\text{ }} \end{aligned} $$

Nach den gleichen Prinzipien wie oben ergeben sich die mittlere Fließgeschwindigkeit zu

$ \begin{aligned} v &= R^{{\frac{2}{3}}} \cdot J^{{\frac{1}{2}}} \cdot k = \left( {\frac{{\left( {b + m \cdot h} \right) \cdot h}}{{b + 2h\sqrt {1 + m^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot J^{{\frac{1}{2}}} \cdot k\\& = \left( {\frac{{\left( {0{,}7 + 0{,}6 \cdot 0{,}68} \right) \cdot 0{,}68}}{{0{,}7 + 2 \cdot 0{,}68\sqrt {1 + 0{,}6^{2} } }}} \right)^{{\frac{2}{3}}} \cdot 0{,}022^{{\frac{1}{2}}} \cdot 35{\text{ }} \\&= 2{,}5\;{\text{m}}{\,} {\text{s}}^{{ - 1}} \end{aligned}$

und die mittlere Fließzeit zu:

$$ t = \frac{l}{v} = \;\frac{300}{{2{,}5 \cdot 60}} = 2{,}0\; \hbox{min} $$

Entsprechend der einzelnen Abschnitte des Fließpfads ergibt sich von der Wasserscheide bis zum Erreichen des Bezugspunktes im Sammelgraben am Ortseingang von Birnbach für den Oberflächenabfluss eine mittlere Konzentrationszeit (tC) von:

$$ t_{C} = 11{,}3 + 3{,}3 + 4{,}6 + 1{,}5 + 2{,}0 \approx 23\; \hbox{min} $$

Obwohl der Fließweg, auf dem der Abfluss schichtförmig fließt, nur 49 m oder 5 % der gesamten Fließstrecke bis zum Ende von A3 ausmacht, verweilt hier der Abfluss 50 % der gesamten Abflussdauer. Das heißt, dass in diesem Fall die Dämpfung der Hochwasserwelle auf den ersten 49 m genauso stark ist wie auf den folgenden 1100 m. Dies zeigt die fatale Wirkung der Bündelung des Abflusses bzw., wie nützlich es ist, wenn der Abfluss möglichst lange schichtförmig fließt. Das ist der wesentliche Vorteil von Grünland oder einer Mulchdirektsaat mit einer durchgehenden Bodenbedeckung ≥ 30 %, wo das Einschneiden in Rillen und Rinnen normalerweise nicht erfolgt. Für Grünland hätte man über die ganzen 200 m von Abschnitt A1 schichtförmiges Fließen mit einer entsprechend starken Dämpfung der Hochwasserwelle annehmen können.

Selbst im unteren Teilstück von A1, in dem der Abfluss bereits in Rillen und Rinnen fließt, ist die Fließgeschwindigkeit nur halb so hoch wie in den Gräben, obwohl die Neigung des Feldes mehr als doppelt so stark ist, wie die der Gräben. Dies zeigt die starke Beschleunigung, die ein Abfluss durch Einengung in ein glattes Gerinne erfährt. Je länger der Abfluss breit fließen kann und je breiter er fließt, nachdem er gebündelt wurde, umso länger und stärker gedämpft ist er unterwegs. Der moderne Wege- und Straßenbau kann also höchst problematisch für den Landschaftswasserhaushalt sein, weil dadurch oft ein sekundäres Gewässernetz entsteht, dass durch Oberflächen- und Zwischenabfluss bei starken Niederschlägen aktiviert wird (Abb. 7.3). Es leitet Abfluss und Abtrag aus den Hanglagen, wo der Abtrag mindestens um Faktor 10 bis 100 höher ist als in den Tallagen, direkt und ungepuffert in das primäre Fließgewässernetz. Daher ist es wenig verwunderlich, dass Zusammenhänge zwischen Landnutzungseffekten, Feinsedimentdeposition und den aquatischen Lebensgemeinschaften nachgewiesen wurden [2, 3].

Abb. 7.3
figure 3

Selbst kleine Entwässerungsgräben (hier der Wegseitengraben eines Feldwegs) beschleunigen den Abfluss stark, wie deutlich am unterschiedlichen Strömungsmuster im Graben links und auf dem Feld rechts zu erkennen ist

7.3.3 Scheitelabflussrate bei Starkregen

Anhand der Oberflächenabflusshöhe Neff in mm, der Scheitelanstiegszeit tP in min (die tC gleichgesetzt wird), der Zeit des fallenden Wellenastes tfal in min und der Gesamtgröße des Teileinzugsgebietes AEZG in km2 lässt sich über das Dreiecksganglinienverfahren der Abflussscheitel qP in l s−1 für das gewählte Starkregenszenario abschätzen. Wird vereinfachend davon ausgegangen, dass die Teilgebiete B und C identische Konzentrationszeiten wie Teilgebiet A aufweisen, überlagern sich die Abflusswellen der einzelnen Teilflächen beim Eintritt in den Sammelgraben A4 linear (ungünstigster Fall). Für diesen Fall bestimmt die Flächengröße die Scheitelhöhe und bei einem 100-jährlichen Starkregen muss mit einem Spitzenabfluss von knapp 4000 l s−1 gerechnet werden.

$$ \begin{aligned} q_{P} &= \frac{{N_{eff}}}{{0{,}5 \cdot \left({t_{c} + t_{fal}} \right) \cdot 0{,}06}} \cdot A \\&= \frac{{14{,}4}}{{0{,}5 \cdot \left({23 + 1{,}5 \cdot 23} \right) \cdot 0{,}06}} \cdot 0{,}47 \\&= 3970\;1\;\text{s}^{- 1}\end{aligned} $$

7.3.4 Einfluss der Grabengestaltung auf Abflusskonzentration und Scheitelabflussrate

Um Möglichkeiten der Grabengestaltung zur Minderung des Abflussscheitels einzuschätzen, wird angenommen, dass die bestehenden Wegseitengräben aufgeweitet und abgeflacht werden (Sohlbreite b = 1,5 m für A2 und A3 bzw. 2 m für A4, Böschungsneigung m einheitlich 2,5) und sich durch den Verzicht auf eine regelmäßige Mahd ein dichter, hydraulisch rauer Bewuchs einstellt (Rauheitsbeiwert k von 20 m1/3 s−1). Werden die dargestellten Rechenschritte für diese Randbedingungen wiederholt, erhöht sich die Fließzeit gegenüber dem aktuellen Zustand um 30 % von rund 23 auf 30 min. Tab. 7.3 fasst die Berechnungsergebnisse für einen Abfluss von 14,4 mm zusammen.

Tab. 7.3 Zusammenfassung der Berechnungen für die Grabenabschnitte A2, A3 und A4 bei einer Abflussrate von 14,4 mm h-1 eines 100-jährlichen Regens. „Aktuell“ gilt für die gegenwärtige Grabengestalt, das Szenario „Aufgeweitet + Bewuchs“ gilt für flachere und hydraulisch raue Verhältnisse

Wird nun die längere Fließzeit von rund 30 min verwendet, um den Abflussscheitel am Bezugspunkt zu schätzen, errechnet sich aus dem Dreiecksganglinienverfahren eine um 25 % reduzierte Scheitelhöhe von rund 3000 l s−1:

$$\begin{aligned} q_{P} &= \frac{{N_{eff}}}{{0{,}5 \cdot \left({t_{c} + t_{fal}} \right) \cdot 0{,}06}} \cdot A \\& = \frac{{14{,}4}}{{0{,}5 \cdot \left({29{,}5 + 1{,}5 \cdot 29{,}5} \right) \cdot 0{,}06}} \cdot 0{,}47\\& = 3055\;\text{l}\;\text{s}^{- 1}\end{aligned} $$

7.3.5 Wirkung einer flächendeckenden Mulchdirektsaat

Würde dagegen die Bewirtschaftungsrichtung um 90° gedreht, was z. B. im Teilgebiet A einfach möglich wäre, und würde flächendeckend auf Mulchdirektsaat umgestellt, könnte für das flächenhafte Fließen statt einem Rauheitsbeiwert von 17 m1/3 s−1 einer von 8 m1/3 s−1 angenommen werden (vgl. Tab. 8.2). Dieser niedrige Rauheitsbeiwert kommt daher, dass bei Mulchdirektsaat eine raue, abflussbremsende Bodenoberfläche selbst zehn Monate nach der Bodenbearbeitung noch erhalten bleibt (Abb. 7.4), weil die abfrierende Zwischenfrucht in ein sehr raues Saatbett gesät werden kann. Die sich im August rasch entwickelnde Zwischenfrucht schützt diese Rauheit vor der einebnenden Wirkung der Witterung, sodass sie selbst im Mai, wenn der Mais keimt, noch zum großen Teil vorhanden ist. Zusätzlich liefern zunächst die wachsende Zwischenfrucht und dann nach dem Winter ihre abgefrorenen Reste eine dichte, abflussbremsende Mulchdecke. Durch die noch aufrechtstehenden, verwurzelten Stängel ist die Mulchdecke hervorragend gegen Abschwemmung geschützt. Gleichzeitig erfüllt die Mulchdirektsaat auch die konträren Forderungen, die an ein optimales Saatbett gestellt werden und die normalerweise nur durch aufwendige Bodenbearbeitung gleichzeitig realisiert werden können: Der für die Keimung notwendige kapillare Anschluss des Saatkorns ist durch die zehnmonatige Bodensetzung ohne weitere Bearbeitung ideal. Im konventionellen Saatbett muss dies dagegen durch eine technische Bodenverdichtung erzeugt werden. Gleichzeitig verringert die Mulchschicht die Bodenverdunstung und damit einen unproduktiven Wasserverlust. Im konventionellen Saatbett erreicht man dies durch eine wenige Zentimeter dicke, durch intensives Zerschlagen von Bodenaggregaten erzeugte Schicht, die auf der Verdichtungszone aufliegt. Diese Schicht aus Feinbröckeln ist hydraulisch glatt und wird rasch durch Regen weiter geglättet, da die Bröckel durch die intensive Bearbeitung instabil sind [4]. Sobald Oberflächenabfluss auftritt, kann Feinmaterial von dieser auf der Verdichtungszone aufliegenden Feinbröckelschicht leicht abgeschwemmt werden. Die Erosionsrate ist dann hoch. Bei Mulchdirektsaat verhindert dagegen die Mulchschicht ein Verschlämmen und hält die Infiltrationsrate hoch. Wird die Infiltration trotzdem überschritten, baut sich eine dicke Wasserschicht auf, die zusätzlich zur Mulchschicht ein Auftreffen der Regentropfen auf der Bodenoberfläche und die Produktion von abschwemmbarem Feinmaterial reduziert [5, 6].

Abb. 7.4
figure 4

(Bildquelle: Robert Brandhuber)

Raue, abflussbremsende Bodenoberfläche selbst zehn Monate nach der Bodenbearbeitung bei Mulchdirektsaat.

Durch diese Maßnahme würde, weil das Wasser nun langsamer fließt und sich dadurch auch erst später in Rillen und Rinnen bündelt, die Fließzeit im Feld auf 26 min steigen (rund 80 % mehr) und entsprechend der Hochwasserscheitel auf rund 2600 l s−1 (34 % weniger als im aktuellen Zustand) sinken. Weil dadurch aber auch die Infiltration verbessert wird (nach Gl. 4.8 und 4.9 kann für Mulchdirektsaat und konturparallelen Anbau ein CN-Wert von 69 angesetzt werden), würden bei diesem Szenario nur 5,3 mm anstelle von 14,4 mm abfließen (ca. 60 % weniger; diese enorme Wirkung wurde auch in Beregnungsversuchen nachgewiesen [7]). Dadurch würde das Wellenvolumen und damit der Abflussscheitel um weitere 40 % auf rund 1000 l s−1 gesenkt. In der Folge führt das gesamte Entwässerungssystem weniger Wasser. Dadurch wiederum fließt auch in den folgenden Abschnitten, den Rillen und Rinnen und in A2 bis A4, der Abfluss aufgrund der geringen Schichtdicke langsamer, was den Abflussscheitel weiter senkt, und zwar um 5 %. Als willkommener „Nebeneffekt“ wird gleichzeitig auch der Bodenabtrag mehr als halbiert, was die Bodenfruchtbarkeit erhöht und die Grabenräumungskosten senkt. Weil die Gräben nun sehr viel weniger verschlammen, macht es erst wirklich Sinn, die Fließgeschwindigkeit in den Gräben durch eine Umgestaltung zu vermindern. Kombiniert man also die veränderte Flächenbewirtschaftung mit der oben dargestellten, veränderten Grabengestaltung, kann der Hochwasserscheitel eines kurzen, schauerartigen Niederschlags im betrachteten Gebiet um bis zu 80 % reduziert werden (Abb. 7.5). Das Überflutungsrisiko für die Gemeinde sollte damit deutlich reduziert werden können – oder umgekehrt: Die wiederkehrenden Hochwasserschäden sind durch den Menschen verursacht.

Abb. 7.5
figure 5

Exemplarische Darstellung der potenziellen Reduktion des Abflussscheitels durch Maßnahmen zur Volumenreduktion und Abflussverzögerung in der Flur bei kurzen, schauerartigen Starkregenereignissen in einem Teileinzugsgebiet des Allersdorfer Baches

Die Effekte der einzelnen Maßnahmen sind in Abb. 7.5 gegenübergestellt. Sie gelten nur für das betrachtete Gebiet und die genannten Randbedingungen. Eine exakte Trennung und Quantifizierung der einzelnen Effekte ist streng genommen nicht möglich, da sie ineinandergreifen. Die Auswertung soll nur den Beitrag der einzelnen Maßnahmen zur Gesamtwirkung exemplarischen verdeutlichen.

7.4 Zusammenfassung

In der Ortschaft Birnbach treten immer wieder kleinere Überschwemmungen auf. Ursache sind die Kessellage der Ortschaft, die flächendeckend landwirtschaftliche Bodennutzung und die durch Gräben künstlich beschleunigte Abflusskonzentration im Einzugsgebiet. Die Gräben sammeln und bündeln den bei Starkregen anfallenden Oberflächenabfluss und leiten ihn direkt in und durch Teilbereiche der Ortschaft.

Um den Einfluss der Gräben (und der Flächennutzung) auf die Abflusssituation einzuschätzen, wurden exemplarisch potenzielle Spitzenabflüsse und Fließzeiten des Oberflächenabflusses in einem Teileinzugsgebiet für einen etwa 100-jährlichen Starkregen ermittelt. Dabei wurde der aktuelle Zustand des Gebietes mit einem Szenario verglichen, bei dem die vorhandenen Wegseitengräben stark aufgeweitet und bewachsen, d. h. hydraulisch rau angelegt sind. Der Vergleich ergab, dass sich durch eine (durchgehende) Veränderung der Grabengestalt die Abflusskonzentration in dem ausgewählten Teileinzugsgebiet um rund 30 % verzögern und der Scheitel der Abflusswelle um 25 % reduzieren ließe. Bei einer weiterreichenden Veränderung (zusätzlich flächendeckende Umstellung auf Mulchdirektsaat und hangparallele Bewirtschaftung) wäre eine Abflussminderung um 50 % und mehr gegenüber der aktuellen Situation zu erwarten und eine Minderung des Hochwasserscheitels um 80 %. Eine weitere Reduktion wäre mit überschaubarem Aufwand möglich durch gezielte Heterogenisierung des Anbaus (z. B. Streifenanbau) oder durch die Anlage von kleinen Retentionsbecken (besonders entlang der Fließstrecke A2 und am Übergang von A3 zu A4).