Nachfolgend werden die Ergebnisse des sequenziellen Mixed-Methods-Studiendesigns entlang der angewandten Methoden aufgezeigt. Demnach werden zunächst die Erkenntnisse der literaturbasierten Definitions- und Modellentwicklung Digitaler Teilhabe von MgB (DDT1 und MDT1) dargelegt. Anschließend werden die Ergebnisse der empirischen Weiterentwicklung der Definition (DDT2) und des Modells Digitaler Teilhabe (MDT2–MDT4) dargestellt. Das Kapitel schließt mit der Erläuterung der Erkenntnisse zur Entwicklung und Prüfung des Erhebungsinstruments Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe (EIDT1–EIDT3) ab.

8.1 Literaturbasierte Definitions- und Modellentwicklung Digitaler Teilhabe von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung

In Bezug auf die Teilhabe an digitalen Technologien von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen sind in den vergangenen Jahren im Rahmen der Digital-Divide-Forschung vermehrt Studien durchgeführt worden (s. Abschnitt 4.3.1, S. 59). Dabei haben sich die drei Forschungsstränge Zugangs-, Nutzungs- und Wirkungsforschung abgezeichnet. Die Zugangsforschung befasst sich mit der Identifikation einflussnehmender Faktoren auf die Nutzung digitaler Technologien. Die Nutzungsforschung zeigt gemessene Differenzen in den Bereichen Techniknutzung, Nutzungskompetenzen und Internetanwendungen auf. Mit dem dritten Forschungsstrang, der Wirkungsforschung, werden positive und negative Auswirkungen infolge der (Nicht-)Nutzung von digitalen Technologien identifiziert (Zilien & Haufs-Brusberg 2014; Heitplatz 2017).

Diese Studien berücksichtigen jedoch kaum die Bevölkerungsgruppe der MB und noch weniger die der MgB (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Um den aktuellen Wissensstand zur Teilhabe von MgB an digitalen Technologien aufzuzeigen, werden nachfolgend die Ergebnisse des durchgeführten Scoping Reviews aufgeschlüsselt. Neben der deskriptiven Beschreibung der Studien wird das Begriffsverständnis von Digitaler Teilhabe sowie die Anwendung von Teilhabemodellen der identifizierten Studien dargestellt. Es folgt die methodische Reflexion der Studien, um mögliche Erfassungsansätze für Digitale Teilhabe zu identifizieren. Zudem wird das Nutzungsverhalten von MgB in Bezug auf digitale Technologien dargestellt und die identifizierten hemmenden und fördernden Faktoren der digitalen Teilhabe geclustert. Abschließend werden die Chancen und Risiken durch Digitale Teilhabe für MgB aufgezeigt. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Studienlage im Kontext Digitaler Teilhabe von MgB, der verwendeten Begriffsverständnisse sowie Erfassungsansätze fließen in die Beantwortung der Fragestellungen des Scoping Reviews ein:

  • Welche Begriffsverständnisse sowie themenrelevante Schlüsselbegriffe Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe werden in identifizierten Studien verwendet?

  • Welche theoretischen Teilhabemodelle werden in den Studien berücksichtigt?

  • Welche umweltbezogenen, personenbezogenen, organisationalen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren hemmen und fördern die Digitale Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe?

  • Welche Chancen und Risiken entstehen für MgB durch Digitale Teilhabe?

  • Welche Ansätze zur quantitativen Erhebung der zielgruppenbezogenen Digitalen Teilhabe werden in den identifizierten Studien aufgezeigt?

Auch wenn in den Einschlusskriterien (s. Abschnitt 7.3.1, S. 100) das Kriterium „Bezug zu volljährigen Menschen, die eine geistige Beeinträchtigung haben“ formuliert worden ist, existiert für die untersuchte Zielgruppe keine allgemein akzeptierte Definition, die sich ganzheitlich auf das Phänomen der geistigen Behinderung bezieht und somit die gesamte Komplexität von medizinischen und umweltbezogenen Faktoren im Zuge einer geistigen Beeinträchtigung angemessen erfasst. Entsprechend werden im Folgenden die in den Studien verwendeten Begrifflichkeiten wie geistige oder kognitive Beeinträchtigung, Lernschwierigkeiten, Lernbehinderung und Lese-Rechtschreib-Schwäche synonym verwendet. Entsprechend ist trotz der Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien der Zielgruppenfokus der eingeschlossenen Studien divers und mehrschichtig.

8.1.1 Deskriptive Beschreibung der Studien

Insgesamt wurden 27 Studien in das Scoping Review eingeschlossen. Eine Übersicht zur Studien-ID-Zuordnung ist Anhang 1 im elektronischen Zusatzmaterial. zu entnehmen. Zur besseren Lesbarkeit werden die Studien-IDs auch in den folgenden Abbildungen und Tabellen verwendet. Die Verteilung der Studien nach Erscheinungsjahr ist Abb. 8.1 (s. S. 181) zu entnehmen. Die meisten Studien stammen aus dem Jahr 2017 (n = 7), gefolgt von 2020 (n = 6).

Abb. 8.1
figure 1

(Quelle: Eigene Darstellung)

Publikationen nach Erscheinungsjahr, absolute Anzahl (n = 27).

Es handelt sich um neun deutschsprachige und 18 englischsprachige Studien, die vermehrt aus dem deutschen (n = 12), spanischen (n = 3) und schwedischen Raum (n = 3) stammen.

Die eingeschlossenen Studien können bzgl. ihres Untersuchungsgegenstandes und der adressierten Forschungsthematik in die drei Forschungsstränge Zugangs-, Nutzungs- und Wirkungsforschung (s. Abschnitt 4.3.1, S. 59) eingeordnet werden. Hierfür wurden die heterogenen Studien nach Untersuchungsgegenständen aufgeschlüsselt und in sechs Forschungskategorien eingeordnet. Einige Studien sind mehreren Forschungskategorien zuzuordnen, weil sie mehrere Untersuchungsgegenstände haben (s. Tab. 8.1, S. 182).

Einen Fokus auf die Förderung des Einsatzes digitaler Technologien von MgB in sozialer Betreuung legen vier Studien. Diese sind der Kategorie 1 zugeordnet. In der Kategorie 2 sind drei Studien zur Erforschung potenzieller Einflussfaktoren auf Digitale Teilhabe von MgB zu verorten. Mit der Erforschung von Bedarfen und Inhalten von Bildungsprogrammen für MgB und deren Bezugspersonen befassen sich vier Studien. Diese sind der Kategorie 3 zuzuordnen. Insgesamt widmen sich 14 Studien der Erfassung der Zugangsmöglichkeiten und Nutzung von digitalen Technologien durch MB und MgB (n = 3) sowie ausschließlich MgB (n = 11) und sind der Kategorie 4 zugeordnet. In beiden Studien der Kategorie 5 wurden methodische Ansätze zur Erfassung der Mediennutzung und des Digitalisierungsgrades entwickelt. Insgesamt sechs Studien befassen sich mit den Auswirkungen digitaler Technologien auf die soziale Teilhabe von MB und MgB und werden der Kategorie 6 zugeordnet.

Tab. 8.1 Verteilung der Studien nach Untersuchungsgegenstand. (Quelle: Eigene Darstellung)

Die kategorisierten Studien können nun nach Untersuchungsgegenstand den drei Forschungssträngen Zugangs-, Nutzungs- und Wirkungsforschung zugeordnet werden (s. Abb. 8.2, S. 185).

Abb. 8.2
figure 2

(Quelle: Eigene Darstellung)

Übersicht der Kategorien nach Forschungssträngen.

Die Verteilung der kategorisierten Studien nach Forschungssträngen ist der Abb. 8.3 (s. S. 186) zu entnehmen. Die Studien in den Kategorien 1 bis 3 (n = 12) befassen sich mit der Identifikation von einflussnehmenden Faktoren auf die Nutzung digitaler Technologien als Zugangsvoraussetzungen und sind somit der Zugangsforschung zuzuordnen (Edler 2015; Ramsten et al. 2017; Shpigelman 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Amor et al. 2020; Heitplatz 2020; Heitplatz & Sube 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). In einigen Studien sind zusätzlich Aspekte der Nutzungsforschung zu erkennen. Entsprechend sind die Studien in der Kategorie 4 (n = 15) auch dem Forschungsstrang der Nutzungsforschung zuzuordnen (Berger et al. 2010; Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Bosse & Hasebrink 2016; Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Owuor & Larkan 2017; Ramsten et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Isaksson & Björquist 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Die zugeordneten Studien in Kategorie 5 (n = 17) befassen sich mit der Entwicklung von Ansätzen zur Erfassung der Medienkompetenzen und des Digitalisierungsgrades, sodass sie der Nutzungsforschung zugeordnet werden können (Bosse & Hasebrink 2016; Heitplatz 2017). Dem Bereich der Wirkungsforschung (Kategorie 6) sind insgesamt sechs Studien zuzuordnen (Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Owuor & Larkan 2017; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020). Diese befassen sich mit positiven und negativen Auswirkungen infolge der Nutzung von digitalen Technologien und identifizieren Chancen und Risiken. Zusammenfassend kann man festhalten, dass Studien, die der Zugangs- und Nutzungsforschung zugeordnet sind, denen der Wirkungsforschung überwiegen.

Abb. 8.3
figure 3

(Quelle: Eigene Darstellung)

Verteilung der Studien nach Forschungsthemen und Forschungsgebieten.

Dabei ist zu bemerken, dass zunächst Erkenntnisse zum Zugang und zur Nutzung digitaler Technologien gewonnen wurden und anschließend die Erforschung von Kompetenzen und Fähigkeiten, die zum Zugang und zur Nutzung digitaler Technologien notwendig sind, angeschlossen wurde. Die neueren Studien, wie beispielsweise Heitplatz, Bühler und Hastall (2021) sowie Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021), befassen sich vorrangig mit Bedarfen und Vermittlung von Inhalten verschiedener Bildungsprogramme zur Förderung Digitaler Teilhabe von MgB. Darüber hinaus wird das soziale Umfeld (Bezugspersonen) und dessen Einflussnahme auf die Nutzung sozialer Medien durch MgB erforscht.

Im nächsten Schritt werden die eingeschlossenen Studien anhand der formulierten Fragestellungen ausgewertet. Die nachfolgende Auswertung erfolgt strukturiert mithilfe der in Abschnitt 7.3.1 (s. S. 100) dargelegten Auswertungsmatrix. Dabei werden zunächst Begriffsverständnisse von Digitaler Teilhabe bei MgB sowie verwendete Teilhabemodelle beschrieben. Anschließend werden die verwendeten methodischen Ansätze zur Erfassung der Digitalen Teilhabe von MgB aufgeschlüsselt. Nachfolgend werden potenziell fördernde und hemmende Einflussfaktoren Digitaler Teilhabe von MgB aufgezeigt. Abschließend werden Chancen und Risiken durch Digitale Teilhabe von MgB angeführt.

8.1.2 Begriffsverständnis Digitaler Teilhabe

Zur Beantwortung der ersten und zweiten Fragestellung, die dem Scoping Review zugrunde liegen, werden nachfolgend die verwendeten Begriffsverständnisse Digitaler Teilhabe und alle weiteren inhaltsverwandten Begriffsverständnisse zur Teilhabe an digitalen Technologien dargelegt. Zudem werden die in diesem Zuge verwendeten Teilhabemodelle als theoretischer Rahmen der Studien aufgezeigt.

Der Begriff Digitale Teilhabe wird als solcher in lediglich einer der aktuellen eingeschlossenen Studien benannt. So wird ein erster Definitionsansatz in der Studie von Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) gegeben. Dabei wird der Begriff Digitale Teilhabe als das Eingebundensein in eine Lebenssituation innerhalb unterschiedlicher alltagsüblicher Sphären, wie Bildung, Arbeit, Schule, Freizeit, Gesundheit und Mobilität, durch die Partizipation infolge der Nutzung digitaler Angebote verstanden. Digitale Teilhabe wird dabei in drei Dimensionen unterteilt, in denen das Eingebundensein stattfinden kann:

  • Teilhabe an digitalen Technologien,

  • Teilhabe durch digitale Technologien und

  • Teilhabe in digitalen Technologien (ebd.).

Die drei Dimensionen und ihre Ziele werden nachfolgend inhaltlich näher erläutert und voneinander abgegrenzt.

Die erste Dimension Teilhabe an digitalen Technologien bezeichnet das Vorhandensein eines zielgruppenorientierten Zugangs zu digitalen Technologien. Dabei werden niedrigschwellige und gesicherte Zugänge zu Hardware (wie beispielsweise Computer, Smartphones, Tablets), Software (wie beispielsweise Programme, soziale Medien) und Infrastruktur (wie beispielsweise ein ausreichendes Internet und Stromanschlüsse) als Anhaltspunkte der Teilhabe an digitalen Technologien benannt, um eine selbstständige und souveräne Nutzung dieser zu erzielen (ebd.).

Die zweite Dimension bezeichnet die Teilhabe durch digitale Technologien und umfasst all jene Möglichkeiten, die dem Individuum durch die Nutzung digitaler Technologien Teilhabe an gesellschaftlichen Bereichen schafft. Eine zentrale Rolle spielen hier digitale Technologien, die eine selbstbestimmte und selbstständige Interaktion in gesellschaftlichen Bereichen ermöglichen. Hierzu gehören vor allem technische Assistenzsysteme (wie beispielsweise SmartHome-Technologien mit Spracherkennung, Gestiksteuerung, Frühwarnsensorik), die in nahezu allen Alltagssphären (wie beispielsweise Gesundheit, Wohnen, Arbeiten, Schule, Mobilität) diverse Unterstützungspotenziale aufweisen. Die Teilhabe an digitalen Technologien bei MB ist erzielt, sofern die Lebensqualität hinsichtlich der Kompensation der Beeinträchtigung infolge der Nutzung digitaler Technologien verbessert wird und eine chancengleiche Teilhabemöglichkeit entsteht (ebd.).

Zuletzt wird die dritte Dimension als Teilhabe in digitalen Technologien abgegrenzt. Diese Dimension umfasst die aktive und passive Präsenz einer Person in den digitalen Medien (wie beispielsweise soziale Medien wie WhatsApp, Facebook, Twitter, Blogs und Online-Foren) und zielt auf die Teilhabe durch Empowerment, Partizipation und Vernetzungsmöglichkeiten infolge der Nutzung digitaler Technologien ab (ebd.).

In den weiteren deutschsprachigen Studien wird der Begriff Digitale Teilhabe nicht verwendet. Jedoch werden Begrifflichkeiten angeführt, die zentrale Aspekte zur Teilhabe an digitalen Technologien benennen. Diese werden nachfolgend vorgestellt.

Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) verwenden den Begriff Digitale Teilhabe nicht, sondern stützen sich auf das Verständnis von Reichstein (2016) und verstehen den gleichberechtigten Zugang zu digitalen Medien durch Barrierefreiheit als Gradmesser einer aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (ebd.; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021).

Amor et al. (2020) stellen dagegen den Bezug zur Digitalisierung sowie zur Notwendigkeit her, dass alle Menschen in diesem Kontext gleichermaßen teilhaben und mitwirken sollen. Die grundsätzliche Voraussetzung hierfür ist ein kompetenter Umgang mit Medien für die gelingende Teilhabe an der Gesellschaft. Infolge dessen kann eine Person Selbstwirksamkeit erfahren, ihre Identität entfalten und ihre Freizeit gestalten (ebd.).

Zwei weitere deutsche Studien betonen das Vorhandensein von Medienkompetenzen bei MgB bzw. medienpädagogischen Kompetenzen bei formellen Bezugspersonen als zentralen Aspekt zur Teilhabe an digitalen Technologien (Edler 2015; Bosse, Zaynel & Lampert 2018). So beschreibt Edler (2015) die E-Inklusion als Bestandteil der Inklusion. Diese entsteht, wenn mithilfe von digitalen Technologien soziale Inklusion ermöglicht wird, Menschen dazu befähigt werden, eigene Medienkompetenzen zu entwickeln und Organisationen dabei unterstützt werden, ihre Zielgruppen durch Verbesserung der Koordination und Kommunikation leichter zu erreichen (ebd.). Mit Blick auf die Bezugspersonen stützen sich Bosse, Zaynel und Lampert (2018) unter anderem auf Aufenanger (1999) und benennen die Fähigkeit der Mitarbeitenden, Medienkompetenzen an Klienten zu vermitteln und diese bei der Mediennutzung zu unterstützen, als medienpädagogische Kompetenz und erachten diese als notwendig, um die Teilhabe an digitalen Technologien zu ermöglichen (Bosse, Zaynel & Lampert 2018).

Außerhalb des deutschen Sprachraumes lassen sich weitere, inhaltsähnliche Begriffe zur Teilhabe an digitalen Technologien finden. So wird in der Studie von Owuor und Larkan (2017) der Zugang zu und die Nutzung von assistiven Technologien als Treiber der sozialen Inklusion und Mitbestimmung an gesellschaftlichen Prozessen beschrieben (ebd.).

Chiner, Gómez-Puerta und Cardona-Moltó (2017) beschreiben hingegen das Konzept der Digital Inclusion nach dem Verständnis des Department for Culture, Media and Sport (2014). Dieses Konzept fokussiert die entsprechenden Zugangsvoraussetzungen sowie den Besitz notwendiger Fähigkeiten, um digitale Technologien nutzen zu können. Ebenso werden weitere notwendige Aspekte angeführt, wie das Vorhandensein von Motivation und des Selbstvertrauen, um sich selbstbewusst im Internet bewegen zu können (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017).

Normand et al. (2016) sowie Lussier-Desrochers et al. (2017) stützen sich auf den Begriff der Digital Participation sowie Digital Inclusion und bezeichnen damit die Social Participation und Inklusion von Menschen (in diesem Falle MgB) in der digitalen Welt (Normand et al. 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017). Letztere führen dieses Verständnis näher aus und verstehen die Digital Participation oder Digital Inclusion als einen dynamischen Prozess, der auf persönlichen Ressourcen sowie umweltbezogenen systemische Ressourcen beruht und sich über insgesamt fünf Dimensionen erstreckt: (1) Internetzugang, (2) sensomotorische Fähigkeiten, (3) kognitive Anforderungen, (4) technische Fähigkeiten und (5) soziale Konventionen. Folglich ist die Digital Participation oder Digital Inclusion von MgB ein dynamischer Prozess, der durch personen- sowie umweltbezogene Faktoren beeinflusst wird. Dabei haben alle Ressourcen komplexe Schnittstellen, die Betroffene daran hindern können, an der digitalen Gesellschaft teilzuhaben (ebd.). Alfredsson Ågren, Kjellberg und Hemmingsson (2019) resümieren in ihrer Studie die fünf von Lussier-Desrochers et al. (2017) identifizierten und beschriebenen Herausforderungen oder Dimensionen, die miteinander mit der Person und der Umwelt interagieren, als Anforderungen von Digital Participation.

Die Studien zeigen, dass bislang keine eindeutige Definition Digitaler Teilhabe existiert. Der Definitionsansatz in der Studie von Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) zeigt Bezüge zu den unterschiedlichen Lebensbereichen wie Bildung, Arbeit, Schule, Freizeit, Gesundheit und Mobilität sowie zu den drei Dimensionen Teilhabe an, durch und in digitale Technologien auf. Auch Amor et al. (2020), Edler (2015), Chiner, Gómez-Puerta und Cardona-Moltó (2017), Lussier-Desrochers et al. (2017) und Bosse, Zaynel & Lampert (2018) sehen Medienkompetenzen bzw. einen kompetenten Umgang mit Medien als Voraussetzung für die gelingende Teilhabe an der Gesellschaft.

Digitale Teilhabe ist demnach das Eingebundensein in eine Lebenssituation (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020), das durch einen möglichst barrierefreien und somit gleichberechtigten Zugang eine aktive Teilhabe (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021) und Mitwirkung (Owuor & Larkan 2017; Amor et al. 2020) am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Wichtige Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein von Medienkompetenzen bei MgB und den Bezugspersonen (Edler 2015; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018). Digitale Teilhabe kann dabei als dynamischer Prozess verstanden werden, der auf persönliche Ressourcen und systemische Ressourcen aus der Umwelt zurückgreift (Lussier-Desrochers et al. 2017) und darauf abzielt, dass eine Person Selbstwirksamkeit erfahren, ihre Identität entfalten und ihre Freizeit gestalten kann (Amor et al. 2020).

Verwendung von Teilhabemodellen als theoretischer Rahmen

Im Zusammenhang mit den aufgezeigten Begriffsverständnissen stützen sich zwei der 27 eingeschlossenen Studien auf Teilhabemodelle als theoretischen Bezugsrahmen (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Amor et al. 2020).

Bosse, Zaynel und Lampert (2018) verwenden zur Beschreibung des Ausgangspunktes und Rahmens der Studie das Partizipationsmodell nach Beukelman & Mirenda (1998). Dieses unterscheidet fünf Formen von Gelegenheitsbarrieren (politische Barrieren, Praxisbarrieren, Wissensbarrieren, Einstellungsbarrieren und Fertigkeitsbarrieren). Diese fünf Formen dienen als theoretische Grundlage für die deduktive Kategorienentwicklung für die Auswertung der Interviews und Gruppendiskussionen. Das Partizipationsmodell betrachtet dabei die tatsächlichen Partizipationsmöglichkeiten für das Individuum in den vom Individuum als bedeutsam und interessant wahrgenommenen Aktivitäten.

Für einen theoretischen Bezugsrahmen führen Amor et al. (2020) eine Inklusionsdefinition nach Mogge-Grotjahn (2012) an, die den erschwerten Zugang zu materiellen Ressourcen und/oder den Ausschluss von Gestaltungs- und Partizipationsmöglichkeiten sowie ihre mangelnde Anerkennung in der Gesellschaft berücksichtigt (ebd.). Zudem stellen Amor et al. (2020) den Bezug zum Diskurs über soziale Ungleichheiten mit Verweis auf Hradil und Schiener (2005) her. Dabei beschreiben Amor et al. (2020) soziale Ungleichheit als relative Situierung und Positionierung der Individuen in gesellschaftlichen Zusammenhängen, die in Verbindung mit Zugangs- und Verteilungsansprüchen stehen und somit vor- oder nachteilige Lebensbedingungen schaffen. Weiter weisen die Autoren auf die Unterscheidung der Begriffe Inklusion und Partizipation hin (ebd.).

Die Auswertung der Verwendung von Teilhabemodellen als theoretischen Rahmen zeigt ebenfalls die Notwendigkeit einer eindeutigen Definition. In den ausgewerteten Studien wird keine einheitliche theoretische Grundlage zur Förderung Digitaler Teilhabe verwendet. Bosse, Zaynel und Lampert (2018) verwenden das theoretische Partizipationsmodell nach Beukelman & Mirenda (1998). Amor et al. (2020) stützen sich auf die Inklusionsdefinition nach Mogge-Grotjahn (2012).

Darüber hinaus führen sieben der eingeschlossenen Studien das ICF-Modell zur Einordnung der Zielgruppe an (Bosse & Hasebrink 2016; Heitplatz 2017; Ramsten et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Amor et al. 2020; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Keine der Studien nutzt ein theoretisches Konstrukt von Teilhabe oder Digitaler Teilhabe als theoretischen Rahmen für das methodische Vorgehen.

8.1.3 Erfassungsansätze für Digitale Teilhabe

Die fünfte Fragestellung des Scoping Reviews bezieht sich auf Ansätze zur quantitativen Erhebung Digitaler Teilhabe. Hierfür wird nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der verwendeten Methoden der identifizierten Studien gegeben. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf den quantitativen bzw. Mixed-Methods-Studien. Die Anzahl der verschiedenen Studiendesigns und Methoden ist Abb. 8.4 (s. S. 192) zu entnehmen.

Um Inhalte zur Entwicklung eines Erhebungsinstruments zur Erfassung des Digitalisierungsgrades von MgB sowie zu Herausforderungen in der methodischen Erhebung der Mediennutzung bei MB aufzuschlüsseln, werden die in Kategorie 5 eingeordneten Studien von Bosse und Hasebrink (2016) und Heitplatz (2017) besonders beleuchtet.

Abb. 8.4
figure 4

(Quelle: Eigene Darstellung)

Anzahl der verschiedenen Studiendesigns und Methoden.

Vier der 27 eingeschlossenen Studien sind systematische Literaturreviews (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Normand et al. 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019). Zehn der 27 eingeschlossenen Studien liegt ein qualitatives Studiendesign zugrunde (Edler 2015; Shpigelman 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Von den ausgewerteten Studien führten sechs Studien (Shpigelman 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz & Sube 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021) qualitative (halb-)strukturierte Interviews durch. Als Experten wurde hier jedoch nicht die Zielgruppe von MgB befragt, sondern Familienmitglieder und direktes Unterstützungspersonal (Shpigelman 2017) sowie Führungskräfte und Mitarbeitende aus ambulanten und stationären Wohneinrichtungen für MgB (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz & Sube 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021).

Insgesamt vier der ausgewerteten Studien nutzten Fokusgruppen oder Diskussionsgruppen als Methodik (Edler 2015; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020). Bemerkenswert dabei ist, dass drei Studien (Edler 2015; Heitplatz 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020) ausschließlich die Zielgruppe MgB als Teilnehmende einschlossen. In der Studie von Bosse, Zaynel und Lampert (2018) wurden neben der Zielgruppe der MgB auch Experten aus dem Feld der inklusiven Medienbildung sowie Mitarbeitende aus ambulanten und stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe eingeschlossen. Sechs der 27 eingeschlossenen Studien liegt ein quantitatives Studiendesign zugrunde (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Ramsten et al. 2017; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019). Ein Mixed-Methods-Studiendesign weisen sechs der 27 eingeschlossenen Studien auf (Berger et al. 2010; Bosse & Hasebrink 2016; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Owuor & Larkan 2017; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Bei drei Studien wurde aus den qualitativen Erkenntnissen heraus ein Fragebogen entwickelt, um die Ergebnisse zu quantifizieren (Berger et al. 2010; Heitplatz 2017; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021).

Drei Studien führten im ersten Schritt eine quantitative Befragung durch, um einen Überblick über das Forschungsfeld zu erlangen. Auf dieser Basis wurden subjektive Erfahrungsberichte der Zielgruppe mithilfe von qualitativen Forschungsmethoden vertiefend analysiert (Bosse & Hasebrink 2016; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Zudem können die ausgewählten Items der quantitativen Befragung durch qualitative Methoden auf inhaltliche Vollständigkeit überprüft werden (Bosse & Hasebrink 2016). Es eignet sich ein barrierefreier Fragebogen in einfacher bzw. Leichter Sprache (ebd.; Heitplatz 2017).

8.1.4 Potenzielle Einflussfaktoren Digitaler Teilhabe

Zur Beantwortung der vierten Fragestellung des Scoping Reviews wurden die potenziellen Einflussfaktoren Digitaler Teilhabe herausgefiltert. Für die Ergebnisdarstellung wurde auf die Angabe der absoluten Zahlen aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet und die prozentualen Anteile verwendet. Die absoluten Zahlen der jeweiligen Studien Anhang 1 im elektronischen Zusatzmaterial. zu entnehmen. Dabei konnten mit Blick auf die identifizierten Studien verschiedene potenzielle Einflussfaktoren benannt werden, die insgesamt fünf übergreifenden Bereichen zuzuordnen sind: (1) Zugang, (2) umweltbezogene Faktoren, (3) personenbezogene Faktoren, (4) organisationale Faktoren und (5) gesellschaftliche Faktoren. Diese übergreifenden Bereiche werden nachfolgend mit Bezug zu den entsprechenden Studien erläutert.

8.1.4.1 Zugang

Als fördernder oder hemmender Faktor Digitaler Teilhabe wird in Studien der vorhandene oder nicht vorhandene Zugang zu Hard- und Software sowie einem Internetanschluss genannt (Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Amor et al. 2020; Heitplatz & Sube 2020).

Bosse, Zaynel und Lampert (2018) nennen als Grundvoraussetzung für Digitale Teilhabe die Medienausstattung und die Medienverfügbarkeit (ebd.). Lussier-Desrochers et al. (2017) unterscheiden hier zwischen dem persönlichen Besitz der Technologie durch einen Kauf und der kostenfreien (zeitlich begrenzten) Bereitstellung digitaler Technologien durch Freunde, Familienmitglieder oder Organisationen (ebd.).

Die Studie von Amor et al. (2020) zeigt, dass die fehlende Ausstattung in den Einrichtungen einen Hinderungsgrund darstellt (ebd.). Mit Blick auf die Internetzugangsmöglichkeiten zeigt die Befragung von Gutiérrez-Recacha und Martorell-Cafranga (2011), dass 50 % der Teilnehmenden über einen Internetanschluss an ihrem Wohnort verfügen, 41,7 % haben keinen Zugang und 6,4 % gaben an, das Internet außerhalb des Hauses zu nutzen, z. B. in öffentlichen Einrichtungen oder bei Freunden. 1,9 % ließen die Frage unbeantwortet. Es zeigt sich ein Zusammenhang zwischen nicht vorhandenen oder eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten und einer geringeren Internetnutzung (ebd.).

Heitplatz, Bühler und Hastall (2019) unterscheiden dabei vier Szenarien hinsichtlich des Internetzugangs in der Eingliederungshilfe: (1) begrenzter Zugang für Mitarbeitende, aber kein Zugang für Bewohnende, (2) voller Zugang für Mitarbeitende, aber kein Zugang für Bewohnende, (3) Zugang für Bewohnende unter Kontrolle durch der Mitarbeitendenund (4) selbstbestimmte Internetnutzung. In Szenario (1) und (2) führen Ängste bei den Mitarbeitenden um den Datenschutz und geringe Medienkompetenzen von MgB zu einer defensiveren Haltung zur Internet- und Smartphone-Nutzung der Klienten. Einrichtungen in Szenario (3) versuchen, ihren Bewohnenden Möglichkeiten des Internetzugangs zu bieten. Dies wurde unterschiedlich umgesetzt; in allen Fällen wurde jedoch eine Form der Kontrolle der Internetnutzung durch Mitarbeitende etabliert. Einige Einrichtungen versuchen, die Medienkompetenzen der Klienten zu fördern, indem sie Workshops für ihre Bewohnenden anbieten. Fast alle Betreuenden erwähnten den Mangel an allgemeinen Personalressourcen und Zeitsorgen. Das Szenario (4) wurde nur in weniger institutionalisierten Wohnsituationen vorgefunden, in denen MgB überwiegend selbstbestimmt leben. In diesen Settings unterstützen die Betreuenden den Zugang zu digitalen Medien und vor allem zum Internet. Konkret helfen die Betreuenden ihren Klienten bei der Anschaffung eines Smartphones oder im Umgang mit Internetanbietern. Darüber hinaus fungierten die Betreuenden oft als Ansprechpartner für internet- und smartphonebezogene Probleme. In der Folge könnten MgB in diesen Settings selbstbestimmter und autonomer in ihren Entscheidungen sein, da der Grad der Institutionalisierung relativ gering sei. Die Betreuenden zeigten sich aufgeschlossener gegenüber der Smartphone-Nutzung der Klienten und sahen in den digitalen Medien eine große Chance für MgB, an der Gesellschaft teilzuhaben. Dennoch waren sich die Betreuenden der Risiken bewusst und sahen die Herausforderung, die Medienkompetenzen ihrer Klienten zu fördern (ebd.).

Eine weitere Studie zeigt, dass eine digitale Infrastruktur vorhanden sein muss, um Digitale Teilhabe zu ermöglichen. Darunter wird die technische Grundausstattung der Einrichtungen verstanden, die eine grundlegende Voraussetzung für die technische Informations- und Kommunikationsverbreitung darstellt (z. B. Router, WLAN, Netzwerkleitungen). In ambulanten Settings sind die meisten Fachkräfte mit dienstlichen Mobiltelefonen ausgestattet, die unter anderem auch zur Kommunikation mit Klienten genutzt werden. Somit sind Zeit- oder Ortsabsprachen schnell möglich. Alle Fachkräfte verfügen über einen eigenen Computer oder Laptop mit Internetzugang. Die Wohngemeinschaften und Apartments der Klienten haben größtenteils ein eigenes WLAN und die Klienten verfügen über ein eigenes Smartphone. In stationären Wohneinrichtungen gestaltet sich die Situation anders. Abhängig von der geografischen Lage der Einrichtung haben die Mitarbeitenden keinen Zugang zum Internet und lediglich die Möglichkeit, über einen stationären Computer Zugang zum Internet zu bekommen. Zudem funktioniert dies nicht immer zuverlässig. Nicht jede Fachkraft besitzt einen eigenen Computer. Dieser wird meistens für eine gesamte Wohngruppe zur Verfügung gestellt und die Fachkräfte müssen sich den Computer teilen (Heitplatz & Sube 2020).

Vor diesem Hintergrund stellt der Zugang eine grundlegende Determinante dar, die Teilhabe an digitalen Technologien ermöglichen kann. Ein nicht vorhandener oder eingeschränkter Zugang zur Medienausstattung (Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Amor et al. 2020; Heitplatz & Sube 2020) sowie zum Internet (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz & Sube 2020) führt zu einer geringeren Internetnutzung (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011) und hemmt folglich Digitale Teilhabe.

8.1.4.2 Umweltfaktoren

Berger et al. (2010) unterscheiden zwischen technisch-funktionalen Barrieren, redaktionellen und inhaltlichen Barrieren sowie Barrieren aufgrund des Designs der Benutzerschnittstellen (ebd.). Die Darstellung der Ergebnisse orientieren sich nachfolgend an diesen Dimensionen.

Technisch-funktionale Barrieren

Shpigelman (2017) merkt an, dass einige der Teilnehmenden an technischen Barrieren scheitern, was somit eine gleichberechtigte Teilhabe verhindert (ebd.). Ebenso betonen Normand et al. (2016), dass eine benutzerfreundlichere Entwicklung der Hard- und Software einen fördernden Faktor für Digitale Teilhabe darstellt (ebd.). Andere Autoren zeigen auf, dass die Entwicklung und ein einfacher Zugang zu bestimmten unterstützenden Hilfsmitteln den Zugang zum Internet für MgB erleichtern und somit die technisch-funktionalen Barrieren überwunden werden können. Dennoch bleibt die Komplexität der Betriebssysteme für MgB laut den Autoren ein hemmender Faktor für Digitale Teilhabe (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017). Dies unterstreichen die von Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) erfassten Wünsche und Bedarfe der befragten MgB. Diese fordern barrierefreie Zugangsmöglichkeiten zu Webseiten und digitalen Programmen sowie die vereinfachte Bedienung von digitalen Technologien (ebd.).

Redaktionelle und inhaltliche Barrieren

Nach Berger et al. (2010) sind gerade die redaktionellen und inhaltlichen Barrieren für MgB von Bedeutung, vor allem die Verständlichkeit von Texten sei nur bedingt gegeben. Hierbei spielt die Verwendung von schwerer Sprache (wie Fremdwörter und Fachsprache) eine große Rolle (ebd.). Auch andere Autoren verweisen auf die Verwendung von einfacher bzw. Leichter Sprache als fördernden Faktor (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Bosse & Hasebrink 2016). Alfredsson Ågren, Kjellberg und Hemmingsson (2019) weisen ebenfalls auf Zugangsbarrieren durch Verständnisprobleme hin. Die Analysen zeigen, dass junge MgB ein ähnliches Muster der Internetnutzung wie die Referenzgruppe aufweisen, aber ein digitaler Rückstand vorherrscht und ein kognitiv besser zugängliches Internet von Vorteil sein könnte. Ein signifikant höherer Grad an Schwierigkeiten für junge MgB im Vergleich zur Referenzgruppe zeigt sich beispielsweise beim Versenden von textbasierten Nachrichten wie E-Mails und beim Suchen und Verstehen von Informationen im Internet. Außerdem gaben junge MgB im Vergleich zur Referenzgruppe häufiger an, dass die von ihnen wahrgenommene Schwierigkeit variiert, beispielsweise beim Verstehen von Informationen (34 % vs. 10 %) (ebd.). Bei einer weiteren Befragung nannten 40 % der befragten Einrichtungsleitungen als hemmenden Faktor für die Internetnutzung durch MgB die fehlende Barrierefreiheit. Damit waren vor allem nicht vorhandene Inhalte in einfacher oder Leichter Sprache gemeint sowie die Informationsüberflutung, die für MgB zu Problemen führen kann (Heitplatz & Sube 2020). Des Weiteren wird betont, dass eine textbasierte Kommunikation in den sozialen Medien relativ hohe Lese- und Schreibfähigkeiten erfordert (Shpigelman 2017). Zudem wurde das komplexe Design der Benutzeroberfläche, das auf abstrakter Sprache beruht, als Zugangsbarriere angesprochen (ebd.).

Barrieren durch Design der Benutzerschnittstellen

Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) verweisen auf die Weiterentwicklung von universellen Designprinzipien, mit dem Ziel, Produkte, Programme und Dienstleistungen so zu gestalten, dass eine maximale Nutzbarkeit für sämtliche Menschen gewährleistet ist, ohne dabei auf Anpassungen oder spezielle Designs angewiesen zu sein. Weiterhin weisen die Autoren auf die Komplexität digitaler Technologien und eine mögliche Verwirrung bzgl. der Begrifflichkeiten mit mehreren Bedeutungen (Menü, Ordner, Fenster) hin (ebd.). Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) fordern einfachere Programme, einen einfacheren Aufbau der Internetseiten sowie eine Sprachsteuerung und -ausgabe (ebd.). Auch Alfredsson Ågren, Kjellberg und Hemmingsson (2019) verweisen auf die notwendige physische Barrierefreiheit von Webseiten und digitalen Diensten (ebd.). Eine weitere Studie berichtete von Schwierigkeiten bei der Navigation in typischen Computeroberflächen sowie Webbrowsern. Häufig ist dies durch fehlende Lesekompetenz begründet. Somit forderte die Studie eine textbasierte Alphabetisierungsunterstützung (Louw, Kirkpatrick & Leader 2019). Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) betonen die Notwendigkeit eines barrierefreien Zugangs zu Inhalten und Angeboten auf Internetseiten, damit alle Menschen eine faire Grundlage zur Einschätzung dieser Inhalte bekommen und aktiv und souverän im Internet agieren können. Neben den defizitorientierten Barrieren wird ebenso der Implementierungsstau neuer Technologien als Barriere benannt (ebd.).

Normand et al. (2016) schlagen vor, dass Web-Designer die Zusammenarbeit mit MgB suchen, um kognitiv zugänglichere Informationen zu erstellen. Das Gleiche könnte für Hardware- und Software-Designer gelten. Verwirrung kann z. B. durch die Verwendung der gleichen Taste und Aktion für zwei entgegengesetzte Funktionen entstehen, beispielsweise zum Ein- oder Ausschalten eines Mobiltelefons oder Computers (ebd.).

Insgesamt erweisen sich umweltbezogene Faktoren wie technisch-funktionale Barrieren, redaktionelle und inhaltliche Barrieren sowie Barrieren aufgrund des Designs der Benutzerschnittstellen als potenzielle Einflussfaktoren auf Digitale Teilhabe. Als hemmende Faktoren können technische Barrieren (Shpigelman 2017) sowie die Komplexität der Betriebssysteme (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021) genannt werden. Diese Barrieren können jedoch durch benutzerfreundlichere Entwicklung der Hard- und Software (Normand et al. 2016) sowie durch die Entwicklung und den einfachen Zugang zu bestimmten unterstützenden Hilfsmitteln (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017) aufgehoben werden. Zudem können Barrieren durch ein zielgruppengerechtes Design der Benutzerschnittstellen reduziert werden (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Hier eignet sich der direkte Einbezug der Zielgruppe als Expertengruppe für die erforderliche Vereinfachung (Normand et al. 2016).

Für die Zielgruppe MgB sind vor allem redaktionelle und inhaltliche Barrieren durch schwere Sprache (Berger et al. 2010; Shpigelman 2017) und Verständnisprobleme (Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019) bedingt. Diese Barrieren können jedoch durch die Verwendung von Leichter Sprache (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Bosse & Hasebrink 2016; Heitplatz & Sube 2020) und durch eine Reduktion der Informationsfülle (ebd.) aufgehoben werden.

8.1.4.3 Personenbezogene Faktoren

Personenbezogene Faktoren sind auf das Individuum bezogen und stellen den individuellen Hintergrund des Lebens und der Lebensführung eines Menschen dar (WHO 2005). Dabei sind nach Literaturanalyse die Teilfaktoren soziodemografische, beeinträchtigungsbezogene Faktoren, technische, digitale und (Medien-)Kompetenzen, sozioökonomische Faktoren sowie die Einstellung zu benennen.

Soziodemografische Faktoren

Zu soziodemografischen Faktoren gehören unter anderem Alter, Geschlecht, Bildung, Migrationshintergrund, ethnische Zugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, Familienstand, Haushalt, Beschäftigung und Einkommen (Hoffmeyer-Zlotnik 2014). Gutiérrez-Recacha und Martorell-Cafranga (2011) identifizieren mit Blick auf Chat-Programme oder Instant-Messaging-Programme einen signifikanten Unterschied in Bezug auf das Alter der Teilnehmenden (χ2 = 7.746, p < 0,05). Die jüngeren Teilnehmenden nutzen diese Programmtypen häufiger. Hingegen konnte kein signifikanter Unterschied in Bezug auf das Geschlecht (χ2 = 0,011, p = 0,917) festgestellt werden (ebd.).

Auch Bosse und Hasebrink (2016) identifizieren das Alter der Menschen mit Lernschwierigkeiten als potenziellen Einflussfaktor auf ihre Nutzung von digitalen Medien – vor allem mit Blick auf mobile Geräte (wie beispielsweise Smartphones). 42 % der 14- bis 49-Jährigen verfügen über ein Smartphone. In der Gruppe der über 50-Jährigen gaben 25 % an, über ein Smartphone zu verfügen. Demnach haben ältere Menschen mit Lernschwierigkeiten einen schlechteren Zugang (ebd.). Ein geringeres Interesse an Digitalisierung von älteren MgB im Vergleich zu jeder anderen Altersgruppe von MgB in der Eingliederungshilfe begründet Heitplatz (2020) damit, dass viele der Klienten die älter sind, bereits seit Jahrzehnten in der Einrichtung leben und kaum Bezugspunkte in ihrem bisherigen Leben zur Digitalisierung aufweisen. Hier liegt ein Durchschnittsalter von über fünfzig Jahren vor, was darauf hindeutet, dass die Digitalisierung in den jüngeren Jahren noch nicht in ihrer Alltags- und Lebenswelt Einzug erhalten hat (ebd.). Auch Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) stellen einen Zusammenhang mit dem Alter her, je älter der MgB, desto weniger werden Online-Bildungsmöglichkeiten genutzt.

Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) belegen durch eine Spearman-Rho-Korrelation, dass das Alter der MgB als potenzieller Einflussfaktor auf die Anzahl der vorhandenen digitalen Endgeräte (ρ = -0,376; p = 0,000) gilt. Demnach lässt sich festhalten: Je jünger MgB, desto mehr digitale Endgeräte sind vorhanden. Ist der MgB älter, sind kaum bis keine digitalen Endgeräte vorhanden. Ein solcher signifikanter Unterschied ist auch in der Nutzungshäufigkeit erkennbar. Lediglich der Gebrauch eines Mobiltelefons mit physischen Tasten sowie die Anzahl an Personen ohne jedwedes Gerät, sind mit steigendem Alter zunehmend vorzufinden (ebd.).

In Anbetracht der Nutzung digitaler Endgeräte und der Nutzungshäufigkeit zeigt sich kein signifikanter Unterschied bzgl. des Geschlechts der Nutzenden. In der Nutzung von Spielen, E-Mail und Navigation zeigt sich eine häufigere Verwendung durch männliche Befragte (p < 0,05). Alle anderen Bereiche weisen keine signifikanten Unterschiede auf (ebd.). Auch Jenaro et al. (2017) stellen mit Blick auf das Geschlecht des Befragten keinen signifikanten Unterschied fest, der eine Vorhersage der Überbeanspruchung digitaler Technologien erlaubt (ebd.).

Neben den Faktoren Alter und Geschlecht, wird der Bildungsgrad als einflussnehmend untersucht. Nach Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) besteht ein Zusammenhang zwischen Internetnutzung und Bildung, da MgB mit höherem Bildungsgrad das Internet eher nutzen (ebd.).

Zusammenfassend lässt sich zur Studienlage bzgl. der soziodemografischen Faktoren festhalten, dass das Alter ein einflussnehmender Faktor ist. Folglich nutzen jüngere MgB häufiger Chat-Programme oder Instant-Messaging-Programme (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Bosse & Hasebrink 2016; Heitplatz 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Hinsichtlich des Geschlechts der MgB stellt keine der identifizierten Studie einen (tendenziellen) signifikanten Zusammenhang zum Zugang zu und zur Nutzung der digitalen Technologien her (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Jenaro et al. 2017; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Die Einflussnahme des Bildungsgrades der MgB auf die Internetnutzung wird in einer Studie bestätigt (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013).

Beeinträchtigungsbezogene Faktoren

Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) zeigen auf, dass das Vorliegen einer Mehrfachbeeinträchtigung die Nutzung digitaler Medien beeinflusst. Bei der Smartphone-Nutzung besteht ein signifikanter Unterschied zwischen Menschen mit Lernschwierigkeiten und Menschen mit Lernschwierigkeiten sowie einer zusätzlichen Beeinträchtigung (χ2 = 13,74; p = 0,000). Ebenso zeigte sich, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten und zusätzlicher Beeinträchtigung im Vergleich zu Menschen mit Lernschwierigkeiten ohne zusätzliche Beeinträchtigung häufiger ein Mobiltelefon mit Tasten besitzen (χ2 = 6,11; p = 0,013). Bei dem Besitz eines Computers oder Tablets sowie bei der Anzahl an Geräten zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Hinsichtlich der Nutzungshäufigkeit gab es keinen signifikanten Unterschied bei Menschen mit Mehrfachbeeinträchtigung. Jedoch zeigt sich ein signifikanter Unterschied in Bezug auf die benötigte Hilfestellung bei der Gerätenutzung. 49,6 % der Menschen mit Lernschwierigkeiten benötigten eine Hilfestellung, bei Menschen mit Lernschwierigkeiten und einer zusätzlichen Beeinträchtigung waren es 72,4 % (χ2 = 11,15; p = 0,001) (ebd.). In der Studie von Berger et al. (2010) wird auch herausgestellt, dass die Mehrfachbehinderungen von Menschen mit Lernbehinderungen oder geistigen Behinderungen einen erhöhten Bedarf an assistiven Technologien zur Folge hat (ebd.).

Auch andere Autoren zeigen mit ihren Studien auf: Je schwerer der Grad der Behinderung, desto mehr Probleme bestehen in der Internetnutzung (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) nennen ebenfalls den Schweregrad der geistigen Beeinträchtigung als einen hemmenden Faktor für Digitale Teilhabe. Zudem lägen beeinträchtigungsbedingte kognitive, physische und sensorische Herausforderungen bei der Internetnutzung vor (ebd.).

Die folgenden Ergebnisse gliedern sich in physische und sensorische Herausforderungen sowie kognitive Anforderungen auf.

Physische und sensorische Herausforderungen

Nach Normand et al. (2016) zeigen Studien, dass Menschen ein Mindestmaß an sensorischen (hauptsächlich taktilen, visuellen und propriozeptiven) und motorischen Fähigkeiten benötigen, um IKT effektiv nutzen zu können. Motorische Beeinträchtigungen betreffen jedoch eine große Anzahl von Menschen mit neurologischen Entwicklungsstörungen. Diese Beeinträchtigungen zeigen sich vor allem bei der Verwendung einer Computermaus, die Hand-Augen-Koordination, Greifen und Geschicklichkeit erfordert. Auch kleinere IKT (wie z. B. Mobiltelefone) sind schwieriger zu handhaben. Außerdem verzögern die sensomotorischen Einschränkungen die Reaktionszeit und Ausführungsgeschwindigkeit bei einer Computeraufgabe, was zu Frustration führen kann. Verschiedene angepasste Peripheriegeräte sind derzeit zur Unterstützung verfügbar (ebd.).

Zu ähnlichen Erkenntnissen kommen Lussier-Desrochers et al. (2017). Sensomotorische Fähigkeiten sind notwendig für den Umgang mit IKT. Die Heterogenität der sensomotorischen Profile zeigt jedoch eine Notwendigkeit für personalisierte Ansätze zur Anpassung der Geräte. Sind die IKT an die spezifischen Bedürfnisse der Person angepasst, kann dies die Nutzung fördern. Sobald der Zugang zu IKT gesichert ist und Einschränkungen in der Sensomotorik durch angepasste Hard- oder Software kompensiert sind, entstehen kognitive Anforderungen bei der IKT-Nutzung (ebd.).

Kognitive Anforderungen

Nach Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) werden bestimmte Lese-, Schreib-, Sprach- und Verarbeitungsanforderungen sowie Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten vorausgesetzt. Beeinträchtigungsbedingt können die auditive Rezeption, das logische Denken sowie die Ideenproduktion schwerfallen. Gedächtnis- und Lernfähigkeiten, visuelle Wahrnehmungsfähigkeiten sowie Wissens- und Leistungsfähigkeiten sind nicht vollumfänglich gegeben (ebd.). Lussier-Desrochers et al. (2017) sprechen von zu hohen kognitiven Anforderungen (z. B. deduktives Denken, Problemlösungsfähigkeiten, Kurz- und Langzeitgedächtnis, Argumentation, Planung, Reflexion und Deduktion, Lese- und Schreibfähigkeiten), die eine Unsicherheit verursachen (ebd.). Auch Shpigelman (2017) verweist auf notwendige konzeptionelle und soziale Fähigkeiten für die Nutzung von Social Media (ebd.). Alfredsson Ågren, Kjellberg und Hemmingsson (2019) sprechen von unzureichenden kognitiven Fähigkeiten, die durch die Beeinträchtigung von MgB bedingt sind (ebd.).

Weitere Autoren verweisen auf nicht vorhandene Lese- und Schreibfähigkeiten bzw. auf die hohe Analphabetismusrate unter MgB (Berger et al. 2010; Bosse & Hasebrink 2016; Shpigelman 2017; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019). Auch Chiner, Gómez-Puerta und Cardona-Moltó (2017) nennen die mangelnde kognitive Zugänglichkeit der Software (kognitive Nutzungskompetenzen) sowie den mit der Nutzung verbundenen Leseaufwand als hemmende Faktoren (ebd.).

Gutiérrez-Recacha und Martorell-Cafranga (2011) zeigen keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem IQ der Teilnehmenden und der Häufigkeit der Internetnutzung sowie genutzter Programme. Mit Blick auf die Nutzung von Chat-Programmen oder Instant-Messaging-Programmen zeigt sich ebenso kein signifikanter Unterschied in Bezug auf den IQ der Teilnehmenden (t = 1,682, p = 0,095) (ebd.).

Auch Normand et al. (2016) sprechen von einer kognitiven Überforderung. Je mehr Schritte bei einer digitalen Aufgabe erforderlich sind, desto schwieriger ist die Umsetzung für MgB. Dies gilt unabhängig vom Schwierigkeitsgrad der Aufgabe selbst. Die anfänglichen kognitiven Fähigkeiten einer Person sind nach wie vor ausschlaggebende Faktoren für die effektive Nutzung digitaler Technologien. Einige Grundvoraussetzungen sind selektive Aufmerksamkeit, Vigilanz, Arbeitsgedächtnis, logisches Denken, Problemlösung, Lang- und Kurzzeitgedächtnis, Planung und Worterkennung. Neuroentwicklungsstörungen sind jedoch durch Defizite in mehreren dieser kognitiven Funktionen gekennzeichnet. MgB sind sich dieser Einschränkung bewusst (Normand et al. 2016). Eine weitere Studie, in der MgB bei der Erstellung eines Blogs oder der Nutzung eines sozialen Netzwerks unterstützt werden, zeigt, dass sie Angst vor Rechtschreibfehlern haben, wenn sie einen Kommentar schreiben. Zudem erfordere die Suche nach Informationen im Internet ein Maß an Lese- und Schreibkenntnissen sowie Problemlösungsfähigkeiten, die von MgB nur selten erreicht würden. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die kognitiven Anforderungen durch die Nutzung digitaler Werkzeuge (barrierearme Internetseiten und universelle Zugänglichkeitsregeln) gesenkt werden kann, beispielsweise durch die Einstellungen der Maussensitivität oder Schriftarten(Lussier-Desrochers 2017).

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Vorliegen einer Mehrfachbeeinträchtigung die Nutzung digitaler Medien beeinflusst (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021) und einen erhöhten Bedarf an assistiven Technologien zur Folge hat, um digitale Technologien möglichst selbstständig nutzen zu können (Berger et al. 2010).

Der Schweregrad der Beeinträchtigung ist zudem ein potenzieller Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe: Je schwerer der Grad der Beeinträchtigung, desto mehr Probleme bestehen in der Internetnutzung (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Zudem konnte nachgewiesen werden, dass beeinträchtigungsbedingte kognitive (Berger et al. 2010; Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Bosse & Hasebrink 2016; Normand et al. 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Shpigelman 2017; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019) und physische bzw. sensorische (Normand et al. 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017) Herausforderungen bei der Internetnutzung vorliegen.

Technische, digitale und (Medien-)Kompetenzen

Ein weiterer potenzieller Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe von MgB sind technische sowie digitale und (Medien-)Kompetenzen.

Nach Normand et al. (2016) sind technische Kompetenzen für drei große Funktionen notwendig:

  1. 1.

    der Umgang mit digitalen Technologien und das Surfen durch digitale Anwendungen,

  2. 2.

    die Vermeidung von Risiken (z. B. Virenbefall, Datenverlust, Schutz privater Informationen) und

  3. 3.

    die Lösung von Problemen, die Reparatur oder Wiederherstellung von Geräten oder Softwarefehlern (ebd.).

Entsprechend gilt es, ein breites Spektrum an technischen Fähigkeiten abzudecken – von den einfachsten, wie dem Speichern von Dokumenten und dem korrekten Ausschalten des Computers, bis hin zu den anspruchsvollsten, wie der Computerprogrammierung. Die kognitiven Einschränkungen behindern allerdings die Entwicklung technischer Kompetenzen und reduzieren damit auch die Möglichkeiten, die die Technik für die Mehrheit der Nutzenden bietet. Wenn ein technisches Problem auftritt, kann es für MgB schwierig oder sogar unmöglich sein, dieses zu lösen. Als Beispiel wird das Suchen und Finden einer Lösung im Internet oder einer Bedienungsanleitung aufgezeigt. Hier besteht der Prozess aus vielen einzelnen Schritten und somit aus unterschiedlichen kognitiven Anforderungen (ebd.).

Bosse und Hasebrink (2016) sowie Ramsten et al. (2017) stellen eine geringe Interneterfahrung bzw. eine fehlende Medienkompetenzen fest. Diese wirken als hemmender Faktor (Bosse & Hasebrink 2016; Ramsten et al. 2017). Andere Autoren weisen auf fehlende Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien sowie auf eine mangelnde Medienkompetenzen bei MgB hin. Als Handlungsempfehlung wird hier eine frühe inklusive Medienbildung zur Schulzeit vorgeschlagen, um langfristig die Medienkompetenzen und Zugangsmöglichkeiten der Zielgruppe zu erhöhen (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Nach Bosse und Hasebrink (2016) seien Angebote zur Medienbildung in wenigen Einrichtungen der Eingliederungshilfe als Bestandteil von Entwicklungskonzepten etabliert (ebd.). Ebenso fordern Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) Mentoring- und Trainingsprogramme für MgB, um die fehlenden Kompetenzen im Umgang mit Technik auszugleichen. Heitplatz (2020) befürwortet diese Idee, ergänzt jedoch, dass die Lehr- und Schulungsformate an die besonderen Bedürfnisse der MgB angepasst sein müssen. In der Fokusgruppendiskussion wurde die Frage partizipativ bearbeitet, ob die Teilnehmenden schon einmal an einer Schulung oder einem Workshop zu digitalen Medien oder Internet teilgenommen haben oder ob sie sich dies wünschen würden. Hier erzählte nur ein Teilnehmender, dass er einmal an einem Kurs teilgenommen hat. Vier Teilnehmende aus einer sozialen Einrichtung berichten, dass ihre Einrichtung die Möglichkeit vorhält, an bestimmten Tagen der Woche einen Computerraum zu nutzen. Die Aussagen der MgB zeigen, dass ein großes Interesse am Erlernen und im Umgang mit digitalen Medien besteht, vor allem in Bezug auf das Smartphone und dessen Funktionen. Andere Geräte (beispielsweise Computer oder Laptops) werden als uninteressant angesehen. Ebenso wird herausgestellt, dass die Teilnehmenden den Wunsch verspüren, digitale Kompetenzen zu erlernen, dieser jedoch von ihrem sozialen Umfeld oft nicht ernst genommen wird oder zu wenig Unterstützung bei den für sie relevanten Themen zur Verfügung steht (ebd.).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine geringe Interneterfahrung sowie fehlende Medienkompetenzen als hemmende Faktoren herausgestellt werden (Bosse & Hasebrink 2016; Ramsten et al. 2017; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Um die Medienkompetenzen und Zugangsmöglichkeiten der Zielgruppe langfristig zu erhöhen, werden als fördernde Faktoren das Vorhandensein und die Nutzung von Mentoring- und Trainingsprogrammen für MgB aufgezeigt, um die fehlenden Kompetenzen auszugleichen (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Bosse & Hasebrink 2016; Heitplatz 2020).

Sozioökonomische Faktoren

Die Studie von Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) weist auf finanzielle und wirtschaftliche Barrieren hin. Demzufolge haben MgB keine Möglichkeit, Hardware und Software zu beschaffen oder sich einen Internetzugang zu leisten (ebd.). Nach Berger et al. (2010) ist dies durch die Lebenssituationen der Betroffenen bedingt. Vor allem ein Mangel an finanziellen Mitteln, um sich einen eigenen Computer anschaffen zu können, wird betont (ebd.). Auch Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) weisen auf hohe Kosten für Anschaffung und Nutzung hin (ebd.). Auch Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) nennen fehlende finanzielle Ressourcen und fordern demnach kostengünstigere Lösungen bzgl. digitaler Hilfsmittel, Apps und Zusatzpakete sowie eine ausreichende Infrastruktur (ebd.).

Eine weitere Studie weist ebenfalls auf einen niedrigeren sozioökonomischen Status und somit auf fehlende finanzielle Ressourcen hin (Heitplatz, Bühler & Hastall 2020). Andere Autoren sprechen in diesem Kontext von einem Haupthindernis für die digitale Inklusion. Häufig seien MgB auf Sozialhilfe als einzige Einkommensquelle angewiesen. Dies hindert sie nicht nur daran, aktuelle Geräte, sondern auch einen Internetanschluss zu erwerben. Zudem können je nach Merkmalen der Beeinträchtigung spezielle digitale Technologien erforderlich sein, die an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Person angepasst sind, was zu den bloßen Kosten des digitalen Geräts hinzukommt (Normand et al. 2016). Lussier-Desrochers et al. (2017) zeigen mit ihrer Studie ebenfalls unzureichende finanzielle Ressourcen für Kauf, Fixkosten oder spezifische Anfertigungen auf, die durch niedriges Einkommen bedingt sind (ebd.). Die befragten Fachkräfte aus der Studie von Heitplatz, Bühler und Hastall (2019) berichten von Barrieren, die aus dem geringen Einkommen von MgB resultieren. Obwohl Smartphones bei MgB als sehr beliebt beschrieben werden, ist die Einstellung der Fachkräfte zum Kauf von Smartphones eher negativ, da die Klienten oft nicht über ausreichend Geld verfügen, um sich diese oder deren Nutzung leisten zu können. Dieses Ergebnis ist unabhängig vom Grad der Institutionalisierung. Einkommensschwache Situationen werden als generelles Problem wahrgenommen, das grundsätzlich alle MgB betrifft (ebd.).

Neben der Anschaffung von Geräten und der Infrastruktur werden in den Studien ebenfalls die Kosten für den Erwerb von Medienkompetenzen als hemmender Faktor aufgezeigt. Nach Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) stellen hohe Kosten für Bildungsprogramme und Schulungen einen hemmenden Faktor dar (ebd.). Auch Heitplatz (2020) sagt, dass die Teilnahmegebühren von Kursen zur Förderung der digitalen Kompetenz zur finanziellen Herausforderung werden können, da MgB eher finanzielle Schwierigkeiten haben als Menschen ohne Behinderung. Hinzu kommt die Voraussetzung, eigene Geräte in Kurse zur Schulung der digitalen Kompetenz mitzubringen (ebd.).

Nach Jenaro et al. (2017) sind kostenlose Nutzungsmöglichkeiten von beispielsweise WLAN-Standorten eine Möglichkeit, die Nutzung zu fördern (ebd.). Eine andere Studie hingegen sagt aus, dass Leihgaben des Umfeldes nicht ausreichend seien. Es können weiterhin die anfallenden Fixkosten (beispielsweise Kosten für die Internetnutzung) nicht bezahlt werden. Zudem sinkt die Nutzungsmotivation durch die Nutzung veralteter Geräte, die sie durch das Umfeld bereitgestellt bekommen. Die Leihgaben von extern könnten zudem Mobilitätsanforderungen voraussetzen, die von der Zielgruppe nicht bewältigt werden können (Lussier-Desrochers et al. 2017).

Ein vorherrschender niedriger sozioökonomischer Status erweist sich in neun Studien als hemmender Faktor (Berger et al. 2010; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Normand et al. 2016; Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021).

Einstellung

Nach Edler (2015) ist das Bewusstsein über Möglichkeiten und Bedeutung digitaler Medien für MgB bei der Person selbst und der Bezugsperson ein fördernder Faktor für Digitale Teilhabe. Die Überzeugung, digitale Medien nutzen zu wollen und ein Interesse an diesen, steigern die Nutzung. Vorhandene Medienkompetenzen fördern wiederum die Motivation und Akzeptanz (ebd.).

MgB weisen nach Berger et al. (2010) eine hohe Motivation auf, eine kompetente Computernutzung zu erlernen (ebd.). Heitplatz, Bühler und Hastall (2019) hingegen verweisen auf die intrinsische Motivation – so berichten sie, dass MgB mit Offline-Aktivitäten zufrieden sind und daher wenig Interesse daran haben, ihre Aktivitäten auf die Online-Welt auszuweiten (ebd.). Ähnliches konnte Heitplatz (2020) in den geführten Interviews nachweisen. MgB sagten, sie hätten digitale Medien einmal ausprobiert, aber dass es ihnen zu langweilig gewesen sei, da sie nicht wussten, was sie tun sollten. Andere Teilnehmende gaben an, dass sie so etwas noch nie gemacht haben, aber dass sie ein großes Interesse daran hätten, wenn die Themen ihren Interessen entsprechen. Hier wurde der sichere Umgang mit Facebook genannt, wie auch das Blockieren von Personen auf WhatsApp oder der Umgang mit den eigenen Daten im Internet. Nur fünf Teilnehmende verneinten den Wunsch nach Workshops und Angeboten. Sie gaben an, dass sie bereits alles wüssten, was sie interessieren würde. Auf die Frage, ob sie andere Funktionen und Möglichkeiten ihres Gerätes kennen, beispielsweise die Navigation mit Google Maps, die Steuerung ihres Mobiltelefons über die Sprachsteuerung oder die Vorlesefunktion, antwortete die Mehrheit der Teilnehmenden mit Nein (ebd.).

Eine positive Einstellung zu digitalen Technologien kann ein fördernder Faktor sein (Edler 2015) und zu einer hohen Motivation führen, eine kompetente Computernutzung zu erlernen (Berger et al. 2010). Wird jedoch in der Nutzung kein subjektiver Mehrwert gesehen, ist eine negative Einstellung als hemmender Faktor für Digitale Teilhabe zu verstehen (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz 2020).

8.1.4.4 Organisationale Faktoren

Nach Berger et al. (2010) sind hemmende Einflüsse durch organisationale Umstände und das Umfeld bedingt (ebd.). Auch Chiner, Gómez-Puerta und Cardona-Moltó (2017) zeigen in ihrer Studie, dass die Umgebung bei der Nutzung und beim Zugang zu digitalen Technologien für MgB eine wichtige Rolle spielt (ebd.).

Arbeitssetting (ambulant vs. stationär)

Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) untersuchen die Einflussnahme der Wohnform und beleuchten dabei, ob die Betreuung in einer formellen Einrichtung oder in der Familie stattfindet. Hier wird kein signifikanter Unterschied festgestellt (ebd.).

Heitplatz, Bühler und Hastall (2019) untersuchen den stationären Einrichtungsbereich. Dort leben die meisten MgB mit einem hohen Maß an Kontrolle durch die Betreuenden. Die befragten Betreuenden gaben an, dass MgB kein besonderes Interesse an der Nutzung des Internets haben. Dies sei jedoch hauptsächlich durch das Alter der betreuten MgB bedingt, die in den befragten Einrichtungen leben. Aus diesem Grund war die Unterstützung der Fachkräfte beim Zugang zu neuen Technologien in diesen Umgebungen begrenzt. Andere Aufgaben, wie Pflegeassistenz oder Hygienemaßnahmen, standen hier im Vordergrund. Zudem biete die vorhandene digitale Infrastruktur in vielen Wohnsituationen keine Möglichkeiten für den Zugang zum Internet – auch nicht für Fachkräfte (ebd.).

In ambulanten Wohnsituationen hingegen sahen die Fachkräfte keine großen Unterschiede zur Allgemeinbevölkerung hinsichtlich Internetnutzung und Smartphone-Besitz. MgB in diesen Settings nutzen ihre Smartphones hauptsächlich für die Kommunikation, der Nutzung sozialer Medien und andere Aktivitäten des täglichen Lebens. Alle befragten Betreuenden gaben an, dass alle ihre Klienten ein Smartphone besäßen (ebd.).

Fachkräfte, die in stationären Einrichtungen arbeiten, argumentierten, dass MgB aufgrund ihres Ausmaßes an kognitiven Beeinträchtigungen und der fehlenden Lesefähigkeit nicht ausreichend verstehen, wie Dinge in der Online-Welt funktionieren. Kognitive Fähigkeiten zum Verstehen und Lesen von Texten, wurden häufig als wichtige Voraussetzung für die Nutzung von Smartphones und des Internets genannt. Zudem wurde eine fehlende Privatsphäre bei der begleiteten Nutzung sozialer Netzwerkanwendungen bemängelt und allgemein geringe Medienkompetenzen als häufige Barriere genannt. Während die meisten Menschen in weniger institutionalisierten Lebenssituationen ein Smartphone besitzen und das Internet nutzen, ist es bei Personen in stärker institutionalisierten Wohnsituationen umgekehrt. Mobiltelefone ohne Internetanschluss sind in letzterem Kontext zwar weit verbreitet, aber immer noch nicht für alle Personen verfügbar. Dies bestätigt die Vermutung einer digitalen Spaltung innerhalb der Zielgruppe in Abhängigkeit von ihrer Lebenssituation (ebd.).

Die Interviews von Betreuungspersonen, die in weniger institutionalisierten Settings arbeiten, zeigen, dass MgB in der Lage sind, Smartphones zu nutzen und auf das Internet zuzugreifen. Smartphones erscheinen somit generell als geeignete Geräte für einen einfachen Zugang und Gebrauch. Einige Funktionen können kognitive Defizite teilweise kompensieren, wie beispielsweise Spracheingabe- oder Vorlesefunktionen (ebd.).

Auch Heitplatz und Sube (2020) konnten nachweisen, dass die Einstellungen der Einrichtungsleitungen zu der Thematik stark von dem jeweiligen Arbeitssetting abhängt. So sahen alle befragten Einrichtungsleitungen des stationären Wohnkontextes viele Chancen und sind der Ansicht, dass diese gegenüber den Risiken überwiegen. Einrichtungsleitungen aus dem ambulanten Wohnkontext sehen zwar auch Chancen, machen aber deutlich, dass für sie die Risiken gegenüber den Chancen überwiegen. Inhaltlich unterschieden sich die genannten Chancen und Risiken für MgB nicht in Abhängigkeit vom Wohnkontext (ebd.).

Eine weitere Studie zeigt ebenfalls auf, dass die Lebensbedingungen die Mediennutzung hemmen können. So nutzen MgB, die in Einrichtungen der Eingliederungshilfe leben, Medien weniger als MgB in Privathaushalten. Auch bei der Geräteanzahl lassen sich Unterschiede feststellen. So verfügen Einrichtungen im Vergleich zu Privathaushalten über eine höhere Anzahl elektronischer Endgeräte wie Mobiltelefone (42 % vs. 36 %) oder Fernsehgeräte ohne Internetzugang (96 % vs. 91 %). Eine geringere Ausstattung in den Einrichtungen im Vergleich zu Privathaushalten zeigt sich mit Blick auf Smartphones (30 % vs. 41 %), Computer (46 % vs. 49 %), Tablet-PCs (3 % vs. 22 %) sowie Spielekonsolen (6 % vs. 22 %). Mit Blick auf alle Gerätekategorien verfügen MgB im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sowohl in Einrichtungen als auch im Privathaushalt über eine geringere Geräteanzahl. Dabei sind MgB besonders von eingeschränkten Teilhabemöglichkeiten betroffen. Begründet wird dies in den unzureichenden Ressourcen für eine kompetente Medien- und Computernutzung, den unzureichende Zugangsbedingungen (Internetanschluss) und dem Fehlen von technischer Ausstattung im Wohnheim (Bosse & Hasebrink 2016).

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Einstellungen zur Thematik digitale Technologien stark von dem jeweiligen Arbeitssetting (ambulant vs. stationär) abhängen. Je institutionalisierter das Setting ist, desto größere Vorbehalte bestehen und desto begrenzter ist die Unterstützung der Mitarbeitenden beim Zugang zu neuen Technologien (ebd.; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz & Sube 2020). Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) stellen hingegen mit Blick auf die Wohnsituation von MgB keinen signifikanten Unterschied fest (ebd.).

Unterstützung, Einstellung & Kompetenzen Dritter

Die Studie von Gutiérrez-Recacha und Martorell-Cafranga (2011) zeigt den Einfluss durch Dritte auf die konsumierten Fernsehinhalte auf. Dieser zeichnet sich durch zwei identifizierte Nutzergruppen ab: zum einen Teilnehmende, die sich die Fernsehinhalte, die sie sehen, selbst auswählen (n = 65) und zum anderen Teilnehmende, die das akzeptieren, was ihre Eltern oder Familienmitglieder gewählt haben (n = 23). Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen, außer in Bezug auf vier Genres: Talkshows, Boulevard-Sendungen, Zeichentrickfilme und Spielshows. Die Teilnehmenden neigen dazu, diese Programme mehr zu sehen, wenn andere Personen den Fernsehsender auswählen (ebd.).

Weitere Autoren nennen das Vorhandensein von Fachkräften, die Unterstützungsleistung anbieten, um den Zugang und die Nutzung zu erschließen, als einen fördernden Faktor (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Nach Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) hemmt eine fehlende oder unzureichende Unterstützungsleistung durch Dritte aufgrund unzureichender technischer Fähigkeiten bzw. Kenntnisse Digitale Teilhabe. Unkenntnis und Sorge in Bezug auf die Internetnutzung steht dabei in Wechselwirkung mit Unterstützungsanforderungen, die Überzeugungen und Erwartungen bzgl. der Internetnutzung von MgB negativ beeinflussen. Somit können Einstellung und Haltung der Bezugspersonen das Engagement und die Bereitschaft abschwächen, wenn der Fokus auf Schutz und Ängsten bzgl. der Online-Sicherheit sowie des Online-Zugangs liegt. Weiterhin betonen die Autoren, dass die Unterstützung bei der Internetnutzung eine Herausforderung für die Vereinbarkeit mit anderen Verpflichtungen und Unterstützungsleistungen im Versorgungsalltag darstellt und gerade vor dem Hintergrund des Personalmangels nicht durchführbar sei (ebd.).

Auch Edler (2015) zeigt die unzureichende Unterstützung durch Bezugsperson als hemmenden Faktor für Digitale Teilhabe auf. Die Autorin verweist auf einen Mangel an Zeit und Planung und auf Probleme beim Zugang beispielsweise fehlende oder instabile Internetverbindung (ebd.). Weitere Studien weisen auf unzureichende zeitliche Ressourcen oder Geduld des sozialen Umfeldes hin. Verkannte Unterstützungsbedarfe sowie eine präsente Kontrolle durch das soziale Umfeld hemmen Digitale Teilhabe (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020). Auch Amor et al. (2020) weisen auf den Faktor Zeit hin. Da Heilerziehungspflegereinen zeitlich eng getakteten Arbeitsalltag haben, erfordert die Umsetzung weiterer darüber hinausgehender Projekte großes Engagement auf Seiten der Teilnehmenden. Diese Herausforderung wird durch die Vielfalt von Klienten mit unterschiedlichen kognitiven und motorischen Voraussetzungen und Bedarfen erschwert (ebd.).

Lussier-Desrochers et al. (2017) thematisieren ein fehlendes oder unzureichendes Verständnis für neue soziale Interaktionsregeln und Konventionen. So würden hier Gefahren von neuen Formen der Viktimisierung oder des Ausschlusses bestehen, wie z. B. sexualisierte Aufforderung im Internet, Identitätsdiebstahl, Impulskäufe, Belästigungen und der Exposition gegenüber unerwünschten Inhalten (ebd.). Auch Heitplatz, Bühler und Hastall (2020) weisen eine Stigmatisierung nach. Das Ausmaß, in dem Behinderung als Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten wahrgenommen wird, stellt eine wichtige psychologische und soziale Konsequenz für MgB dar. So sieht das soziale Umfeld überwiegend Probleme, wie Inkompetenz, mangelnde Medienkompetenz, schwache kognitive Fähigkeiten und geringe Entscheidungsfähigkeit. Die vorherrschenden Vorurteile wirken sich somit hemmend auf die Unterstützung durch das soziale Umfeld und somit auch auf Digitale Teilhabe der MgB aus (ebd.). Auch Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) weisen nach, dass der Zugang der MgB zu digitalen Technologien in deren sozialem Umfeld unerwünscht ist. Diese Unerwünschtheit wird als Grund für die Nichtnutzung digitaler Endgeräte in 13,3 % der Fälle genannt (ebd.).

Eine Studie weist eine eingeschränkte Internetnutzungskompetenz der unterstützenden (in-)formellen Bezugsperson nach (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017). Auch Ramsten et al. (2017) können das fehlende Wissen der Mitarbeitenden als hemmenden Faktor feststellen (ebd.). Laut Jenaro et al. (2017) fördert jedoch die kompetente Anleitung eine gesunde und sinnvolle Internetnutzung. So kann die Sicherstellung von Fairness, Inklusion und Teilhabe von MgB die Nutzung von IKT in wichtigen Lebensbereichen gewährleisten und gleichzeitig Risiken einer übermäßigen oder unangemessenen Nutzung verhindern (ebd.). Edler (2015) nennt als fördernden Faktor ebenfalls die Unterstützung durch Bezugsperson als digitale Assistenz zur Sicherstellung der selbstbestimmten Nutzung der MgB sowie das Peer Counceling (ebd.).

Owuor & Larkan (2017) nennen eine positive Einstellung der Mitarbeitenden zum Thema digitale Medien als fördernden Faktor (ebd.). Nach Heitplatz, Bühler und Hastall (2021) wird die Internetnutzung der MgB durch die Einstellung des Pflegepersonals bzgl. der Herausforderungen beeinflusst (ebd.). Auch eine weitere Studie weist auf die Einstellung der Mitarbeitenden als potenziellen Einflussfaktor hin und zeigt die Einstellung der Vorgesetzten und Kollegen als mögliche Hürde auf. Einige Mitarbeitende berichteten von Bedenken seitens ihrer Vorgesetzten hinsichtlich bestimmter digitaler Medien und deren potenzieller Sicherheitsrisiko. Die projektbezogenen Kursteilnehmenden erhielten zum Teil nur geringfügige Unterstützung von ihren jeweiligen Kollegen und die Medienarbeit mit den Klienten wurde vorrangig als zusätzlicher Aufwand wahrgenommen (Amor et al. 2020). Bosse, Zaynel und Lampert (2018) ergänzen dazu Sorgen der Mitarbeitenden vor Auseinandersetzungen mit dem rechtliche Betreuenden des MgB (ebd.).

Heitplatz, Bühler und Hastall (2019) zeigen, dass die Einstellung des Fachkräfte zur Smartphone- und Internetnutzung der Klienten von den bisherigen Erfahrungen abhängig ist. Während Erfahrungen in institutionalisierten Wohnsituationen selten waren, zeigten sich die Mitarbeitenden generell aufgeschlossen gegenüber der Internetnutzung ihrer Klienten. Jedoch äußerten die Fachkräfte mit mehr Nutzungserfahrung mehr negative Emotionen, hauptsächlich aufgrund früherer Probleme und Auswirkungen auf ihre tägliche Arbeit (ebd.). Andere Autoren verweisen auf die eigenen Erfahrungen und die eigene Selbsteinschätzung der Mitarbeitenden als potenziellen Einflussfaktor (Bosse, Zaynel & Lampert 2018). In der Studie von Heitplatz (2020) berichteten die Betreuenden, dass nicht alle Mitarbeitenden mit den digitalen Medien und dem Internet vertraut sind. Die Akzeptanz ist nicht immer besonders hoch. Eine andere Fachkraft berichtet, dass Mitarbeitende oft an ihre Grenzen stoßen, wenn sie nicht mit den neuesten Themen vertraut sind. Wenn ein Klient eine Frage zu digitalen Anwendungen hat, ist nicht jeder Mitarbeitende in der Lage, mit diesen Themen umzugehen. Auch schien es einen Mangel an Ideen zu geben, wie MgB von digitalen Medien sowie dem Internet profitieren können. So spielen für die Mehrheit der MgB digitale Technologien in ihrem Alltag keine Rolle (ebd.).

Aktuelle Angebote müssen auf die Bedürfnisse von MgB angepasst werden. Dazu gehören mehr Zeit zum Kennenlernen der Inhalte und alternative Wege des Lernens sowie der Zugang zu Lernmaterial für Menschen, die nicht lesen und schreiben können. Darüber hinaus sind die mangelnde Selbstständigkeit und Mobilität der Klienten ein wichtiger Punkt, der von den Betreuenden erwähnt wurde. Die Kurse wurden als internes Angebot in den Einrichtungen durchgeführt, in denen MgB leben oder arbeiten. Um die Akzeptanz für digitale Themen in den Einrichtungen zu erhöhen, haben die Mitarbeitenden die digitalen Medien selbst getestet, um ihre eigenen Erfahrungen zu machen und ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Möglichkeiten und Herausforderungen digitale Medien eröffnen und wie ihre Klienten davon profitieren können. Die Interviews zeigen deutlich, dass der Wunsch nach mehr Unterstützung bei der Nutzung digitaler Technologien durch die Betreuenden besteht. Sie wünschen sich vor allem Unterstützung bei der Einrichtung ihres Gerätes. Auch beim Herunterladen von digitalen Anwendungen und deren Installation hatten die Teilnehmenden eigenen Angaben zufolge Unsicherheiten. Dieses Thema ist sensibel und es ist nur ein schmaler Grat zwischen Überfürsorglichkeit und mangelnder Unterstützung bei Fragen und Bedenken der Teilnehmenden. Dabei wird betont, wie wichtig es für die Teilnehmenden ist, ihre Fragen ernst zu nehmen und Unterstützung im Umgang mit digitalen Technologien anzubieten (ebd.).

Zusammenfassend lässt sich die Unterstützungsleistung von Dritten als ein fördernder Faktor Digitaler Teilhabe herausstellen (Edler 2015; Jenaro et al. 2017; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Hier zeigt sich eine positive Einstellung der Mitarbeitenden zum Thema digitale Technologien als fördernder Faktor (Owuor & Larkan 2017; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021).

Demnach hemmen fehlende oder unzureichende Unterstützungsleistungen durch Dritte Digitale Teilhabe von MgB (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Als Gründe für die fehlenden Unterstützungsleistungen werden unzureichende zeitliche Ressourcen (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Amor et al. 2020; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020) und fehlende Medienkompetenzen (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Ramsten et al. 2017) angeführt. Gerade die (negative) Einstellung der potenziellen Unterstützer zum Thema digitale Technologien wird in verschiedenen Studien benannt. So führt ein fehlendes Verständnis (Lussier-Desrochers et al. 2017), Sorge vor Stigmatisierung (Heitplatz, Bühler & Hastall 2020) sowie eine Ablehnung digitaler Technologien durch das soziale Umfeld (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021) zu einer ablehnenden Haltung und folglich zu einer ausbleibenden Unterstützung. Ebenso die negative Einstellung der Kollegen und des Vorgesetzten (Amor et al. 2020) sowie des rechtlichen Betreuenden (Bosse, Zaynel & Lampert 2018) konnte als hemmender Faktor herausgestellt werden. Die Einstellung zur Thematik ist dabei von den bisherigen persönlichen Erfahrungen der jeweiligen Person abhängig (ebd.; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz 2020).

Medienkompetenzen von Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe

Bosse, Zaynel und Lampert (2018) sowie Kalcher und Kreinbucher-Bekerle (2021) weisen das Maß an Medienkompetenzen bei Mitarbeitenden als potenziellen Einflussfaktor nach (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Heitplatz, Bühler und Hastall (2019) zeigen die Durchführung und Teilnahme an Medienkompetenzschulungen für Fachkräfte als einen fördernden Faktor auf (ebd.). Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) fordern zudem Aus- und Nachbildungs-Curricula für Fachkräfte zur digitalpädagogischen Kompetenzvermittlung (ebd.).

Amor et al. (2020) zeigen, dass Medienkompetenzschulungen die Teilnehmenden dazu anregen, über die Bedarfe ihrer Klienten und ihre eigene Rolle als Heilerziehungspfleger in einer digitalisierten Gesellschaft zu reflektieren. Folgende Aufgaben für Heilerziehungspfleger können durch die Studie beschrieben werden:

  • kompetenten Medienumgang Schritt für Schritt näherbringen,

  • zu einem selbstständigen Einsatz neuer Medien befähigen,

  • regelmäßige Übungszeit bereitstellen,

  • Aufklärung über die Vorteile und Gefahren moderner Medien und

  • gezielte Förderung zum selbstständigen und verantwortungsbewussten Umgang (ebd.).

Die Teilnehmenden erkannten eine Notwendigkeit, sich als Heilerziehungspfleger im Bereich digitale Medien fortzubilden (ebd.). Heitplatz und Sube (2020) zeigen jedoch, dass lediglich drei der 24 befragten Einrichtungen aktiv Versuche unternommen haben, Angebote oder Maßnahmen zur Förderung digitaler Kompetenzen von MgB zu gestalten. In Bezug auf die Medienkompetenzentwicklung lässt sich kein Unterschied zwischen stationären oder ambulanten Einrichtungen feststellen. Angebote oder Maßnahmen zur Förderung digitaler Kompetenzen sind abhängig von dem Engagement der Einrichtungsleitung für diese Thematik und finden bisher nur vereinzelt statt. In den weiteren 21 befragten Einrichtungen fanden keine Angebote zur Förderung von Medienkompetenzen statt. Ein erster Schritt bestünde im Aufbau einer digitalen Infrastruktur. Dieser gestaltet sich durch den finanziellen oder organisatorischen Aufwand schwierig. Nach diesem ersten Schritt müssten anschließend zunächst digitale Technologien angeschafft sowie Regeln und Maßnahmen zur Nutzung und pädagogischen Begleitung entwickelt werden. In den stationären Einrichtungen fehlt es derzeit allerdings an konkreten Umsetzungsideen und Lösungsmaßnahmen. Acht Einrichtungsleitungen berichteten, dass sie sich Workshop-Angebote zur Medienkompetenzausbildung wünschen. Diese Angebote sollten möglichst in den jeweiligen Einrichtungen stattfinden und Schulungen von Klienten sowie Fachkräften ermöglichen (ebd.).

Auch andere Autoren zeigen auf, dass wenige Bildungsangebote für Mitarbeitende und MgB zur Verfügung gestellt und durchgeführt werden. 12 der 147 Kommunen berichteten, dass sie Möglichkeiten für das Personal anboten, ihr eigenes Wissen über IKT zu erweitern. 41 Kommunen gaben an, dass dem Personal keine Art von Schulung in diesem Bereich angeboten wird. Vier Kommunen boten Schulungen für MgB an. Es wurde ein Bedarf an Bildung, Wissen und Unterstützung durch die Kommunen bei der Nutzung von IKT festgestellt. Fast ein Drittel der befragten Mitarbeitenden wünschte sich mehr Bildungsangebote über IKT für MgB (Ramsten et al. 2017).

Heitplatz, Bühler und Hastall (2020) stellen fest, dass die wahrgenommene Stigmatisierung der MgB in Bezug auf die Nutzung digitaler Technologien mit dem Betreuungsumfeld verknüpft ist. So trauen (in-)formelle Betreuungspersonen den MgB nicht den Umgang mit Smartphones zu und begründen dies mit einem Kompetenzdefizit. Auch wählen MgB ein geeignetes Endgerät meist nicht selbst, stattdessen wird dies maßgeblich von dem Betreuungsumfeld bestimmt. Dies spielt schon für die Entscheidung über die Beschaffung eine wichtige Rolle. Die Befragten führen an, dass das Betreuungsumfeld häufig nicht den Bedarf für den Umgang eines digitalen Endgerätes sieht. Auch der selbstbestimmte Umgang mit digitalen Technologien wird als ein durch das Betreuungsumfeld kontrollierter Umgang berichtet (ebd.).

Eine Studie nennt neben den Medienkompetenzen vorhandene Medienkonzepte sowie das Vorhandensein von Medienbeauftragten als fördernde Faktoren. In einem mediendidaktischen oder medienerzieherischen Konzept sollen Regeln zur Mediennutzung aufgestellt und die Zuständigkeit für das Thema Medienkompetenzen geregelt werden (Bosse, Zaynel & Lampert 2018). Auch Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) sowie Isaksson und Björquist (2020) zeigen, dass Kenntnisse des Handlungsrahmens förderlich sind (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Isaksson & Björquist 2020).

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Medienkompetenzen einen potenziellen Einflussfaktor darstellen (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Entsprechend ist auch die Medienkompetenzförderung der Mitarbeitenden zu berücksichtigen (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Amor et al. 2020; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz & Sube 2020), jedoch existieren nur wenige Medienkompetenzförderungsprogramme in der Eingliederungshilfe (Ramsten et al. 2017; Heitplatz & Sube 2020). Neben den Medienkompetenzen der Mitarbeitenden in der Eingliederungshilfe ist ein Medienkonzept sowie benannte Zuständigkeiten und somit ein vorgegebener Handlungsrahmen förderlich für Digitale Teilhabe von MgB (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Isaksson & Björquist 2020).

8.1.4.5 Gesellschaftliche Faktoren

Neben den potenziellen Einflussfaktoren, die in den vorangehenden Kapiteln bereits erörtert wurden, wird in sieben Studien auch gesellschaftlichen Faktoren eine fördernde sowie hemmende Wirkung auf Digitale Teilhabe von MgB zugeschrieben (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz & Sube 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020).

Politische Regularien und Entscheidungen

Mit Blick auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wird die Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf die Verfügbarkeit, Entwicklung sowie Nutzung digitaler Technologien benannt. Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) betonen dabei die Notwendigkeit der Verankerung Digitaler Teilhabe als gesamtgesellschaftlichen Prozess und des Willens, diese Verankerung zu erreichen. Dabei können politische Regularien eine barrierefreie Infrastruktur schaffen, sinnvolle und universelle Technologieentwicklung stärken, digitale (Medien-)Kompetenzen der Anwender fördern und die Überführung in die Leistungskataloge für MgB beschleunigen (ebd.).

Darüber hinaus wird das gesamtgesellschaftliche Bild der Beeinträchtigung als potenzieller Einflussfaktor wahrgenommen. Wird Beeinträchtigung als individuelles Merkmal gesehen und nicht als unzureichende Mensch-Umwelt-Interaktion, erhält der Zugang zu und die Nutzung von digitalen Technologien einen anderen Stellenwert. Mit dem Verständnis einer unzureichenden Mensch-Umwelt-Interaktion können digitale Technologien diese Interaktionen unterstützen und gleichwertige Zugänge ermöglichen (ebd.). Auch Edler (2015) betont hier die Notwendigkeit eines gleichberechtigten Zuganges zu IKT vor dem Hintergrund, allen Menschen zu ermöglichen, an gesamtgesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben. Um Veränderungen und Forderungen umzusetzen, sei nicht nur die Bereitschaft der Verantwortlichen (Familienangehörige, Betreuende, Institutionen), sondern ebenso der Politik unabdingbar (ebd.).

Bezugnehmend auf die Medienkompetenzen von formellen Bezugspersonen und Klienten sprechen Bosse, Zaynel und Lampert (2018) von Rahmenbedingungen auf der Makroebene, die zur Erfüllung des gesamtgesellschaftlichen Ziels, Teilhabe an allen Lebensbereichen zu ermöglichen, verankert werden müssen (ebd.).

Vor allem mit Blick auf Schulungen zur Medienkompetenzausbildung und dessen Refinanzierung betonen die Autoren, dass bei den Kostenträgern keine einheitliche Regelung vorherrscht. Gesetzliche Regularien wie das BTHG können eine Refinanzierung ermöglichen und somit die Attraktivität von Schulungen steigern (ebd.). Auch Heitplatz, Bühler und Hastall (2020) benennen die gesetzlichen Regularien wie beispielsweise die UN-BRK als Gestaltungsmöglichkeit, um gesellschaftliche Teilhabe zu fördern (ebd.).

Heitplatz und Sube (2020) stellen das im BTHG verankerte Wahlrecht der Wohnform für Klienten einen weiteren potenziellen Einflussfaktor heraus. So bietet dieses gesetzliche Regularium den Klienten, die sich einen digitalen Zugang wünschen, die Möglichkeit, Einrichtungen mit bereits vorhandenem Internetzugang auszuwählen. Somit entsteht für die Einrichtungen mit digitaler Infrastruktur ein Wettbewerbsvorteil (ebd.).

Eine weitere Studie verweist in Bezug auf die technisch-funktionalen Barrieren auf die Weiterentwicklung von universellen Designprinzipien, sodass Produkte, Umgebungen, Programme und Dienstleistungen so gestaltet werden, dass sie von allen Menschen so weit wie möglich genutzt werden können, ohne dass Anpassungen oder spezielle Designs erforderlich sind. Hier bedarf es den Autoren zufolge einer strategischen Entscheidung der Politik und der Unterstützung durch die Regierung. Es muss gesetzliche Rahmungen zur Strukturierung und Ausgestaltung von Unterstützungsleistungen geben (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013).

Gesellschaftliches Umdenken zur Vermeidung von Stigmatisierung und Diskriminierung

Ein weiterer Aspekt, der aufgeworfen wird, ist die gesellschaftliche Einflussnahme auf Stigmatisierungspotenziale bei der Nutzung digitaler Technologien. Gutiérrez-Recacha und Martorell-Cafranga (2011) betonen, dass die gesamte Gesellschaft für die Beseitigung der Diskriminierung verantwortlich ist und MgB die Möglichkeit erhalten sollten, von allen Vorteilen der neuen IKT profitieren zu können. Hier müsse ein gesellschaftliches Umdenken stattfinden, damit die Thematik einer gleichberechtigten Teilhabe an digitalen Technologien für alle Menschen durch die Gesellschaft getragen und bestärkt wird (ebd.).

Insgesamt lassen sich zu potenziellen gesellschaftlichen Einflussfaktoren zwei wesentliche Aspekte aus der Literatur erschließen. Sechs Studien benennen politische Regularien und Entscheidungen hinsichtlich der Verfügbarkeit, Entwicklung sowie Nutzung digitaler Technologien als einflussnehmend auf die Verankerung von Teilhabe an digitalen Technologien bei MgB (ebd.; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz & Sube 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020). In der Studie von Gutiérrez-Recacha und Martorell-Cafranga (2011) wird das gesellschaftliche Bild der MgB und die daraus resultierenden Stigmatisierungs- sowie Diskriminierungspotenziale als hemmender Faktor der gleichberechtigten Verankerung von Teilhabe an digitalen Technologien benannt.

8.1.5 Chancen durch Digitale Teilhabe

24 der insgesamt 27 Studien benennen verschiedene Chancen, die durch Digitale Teilhabe entstehen können. Drei Studien haben keine Chancen thematisiert (ebd.; Heitplatz 2017, 2020). Die benannten Chancen werden nachfolgend strukturiert benannt und ausgeführt.

Gesellschaftliche Teilhabe durch (einfacheren) Zugang zu Wissen und Informationen

Ein einfacherer oder grundsätzlicher Zugang zu diversem Wissen und Informationen durch die Nutzung digitaler Technologien stellt eine Chance zur gesellschaftlichen Teilhabe dar (Berger et al. 2010; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Shpigelman 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Dabei wird vor allem der Zugang zu Bildungsangeboten (Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021), der Zugang zu analogen Ausbildungsmöglichkeiten (Jenaro et al. 2017), der Zugang zu Beratungsseiten (Chadwick, Quinn & Fullwood 2016) sowie die Nutzung der Bandbreite von Lernmöglichkeiten durch digitale Trainings- und Funktionsmöglichkeiten angeführt (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017).

Die Relevanz und das Potenzial des Internetzugangs für den Bezug von Wissen und Informationen beispielsweise zu digitalen und analogen Bildungs- und Beratungsangeboten oder Dienstleistungen wird von Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) unterstrichen. Hier werden IKT als ein notwendiger Baustein zur gesellschaftlichen Integration herausgestellt. Digital vernetzt zu sein, stelle daher zunehmend eine Chance für die Teilhabe an der Gesellschaft dar, indem Nutzungsmöglichkeiten wirtschaftlicher und bildungsbezogener Angebote geschaffen werden (ebd.). Berger et al. (2010) unterstreichen den Aspekt des erleichterten Informationszuganges empirisch, da 87 % der Menschen mit Lernbehinderungen oder geistigen Behinderungen über das Internet allgemeine Informationen, 64 % Informationen zu Hobbys und 48 % Informationen zur Behinderung suchen. Für insgesamt 19 % der befragten Menschen mit Lernbehinderungen oder geistigen Behinderungen stellt das Internet ein mögliches Unterstützungsmedium hinsichtlich ihrer (Lern-)Behinderung dar (ebd.).

Gesellschaftliche Teilhabe durch (einfacheren) Zugang zu sozialer Interaktion

Auch der einfachere oder grundsätzliche Zugang zu gewünschten sozialen Interaktionen kann gesellschaftliche Teilhabe fördern. In diesem Kontext wird der erleichterte Zugang zu (non-)verbaler Kommunikation auf Augenhöhe aufgrund wegfallender physischer Barrieren genannt (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Owuor & Larkan 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Heitplatz & Sube 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Darüber hinaus werden das Kennenlernen von neuen Personen sowie das Knüpfen sinnvoller Freundschaften und Beziehungen und die folglich entstehende Teilnahme an und in sozialen Netzwerken thematisiert (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021).

Darüber hinaus wird die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen durch neue und einfachere Kommunikationsmöglichkeiten (Owuor & Larkan 2017; Amor et al. 2020; Heitplatz & Sube 2020; Isaksson & Björquist 2020) sowie die einfachere, zeit- und ortsunabhängige Pflege der Kommunikation mit bestehenden Kontakten (wie Familie, Freunde, Bekannte) betont (Edler 2015; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Ferner werden digitale Technologien als ergänzende Kommunikationsmittel zur analogen Kommunikation gesehen (Shpigelman 2017).

Durch die neuen und ergänzenden Kommunikationsmöglichkeiten kann eine Reduktion des Gefühls von Einsamkeit (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Owuor & Larkan 2017; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019) sowie eine Förderung der sozialen Interaktion durch Partizipation an der virtuellen Umgebung erreicht werden (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020).

Ebenso entstehen Austauschmöglichkeiten, indem gemeinsame Interessen geteilt und erlebt werden (Shpigelman 2017; Isaksson & Björquist 2020) und Anliegen in bestimmten Problemlagen durch leichter zugänglichere Selbsthilfegruppen thematisiert werden (Chadwick, Quinn & Fullwood 2016).

In der Studie von Berger et al. (2010) werden Möglichkeiten vorurteilsfreierer Kommunikation von 46 % der befragten Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen sowie offenere bzw. ehrlichere Kommunikationsmöglichkeiten von 52 % der Befragten herausgestellt (ebd.). Auch Chadwick, Quinn und Fullwood (2016) benennen soziale und unterstützende Online-Aktivitäten wie, sich in sozialen Gruppen zu engagieren und Freundschaften zu pflegen, als die am größten wahrgenommene Chance für MgB (ebd.).

Kompensation von beeinträchtigungsbedingten Nachteilen

Die mit zehn Studien häufig betonte Chance ist die Kompensation von beeinträchtigungsbedingten Nachteilen durch die Nutzung von IKT und digitalen Medien (Berger et al. 2010; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Owuor & Larkan 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021).

Die älteste Studie von Berger et al. (2010) zeigt auf, dass trotz zurückhaltenden Angaben zu Vorteilen und Nutzungszielen, knapp 4 % der befragten Menschen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche eine Möglichkeit sahen, durch die Nutzung von IKT behinderungsbedingte Nachteile zu kompensieren, beispielsweise durch die Nutzung barrierearmer Webseiten. In der Gruppe der MgB zeigt die Befragung, dass dieser Punkt als drittwichtigster Vorteil des Internets wahrgenommen wird (ebd.). Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) zeigen in ihrem Review, dass für MgB durch das Internet Möglichkeiten geschaffen werden, Barrieren zu verringern oder zu beseitigen, die sie von der Teilnahme an vielen alltäglichen Aktivitäten abhalten (ebd.). Dabei wird vor allem die Beliebtheit von Sozialen Netzwerken und Dating-Seiten mit der Hoffnung auf Beziehungen und soziale Unterstützung begründet (Normand & Sallafranque St-Louis 2016). Einige Autoren konsentieren, dass die Chancen Digitaler Teilhabe in einem engen Zusammenhang mit der Art der Beeinträchtigung und der Ausgestaltung der Lebensbereiche des Betroffenen stehen. Durch das Kompensieren von Beeinträchtigungen durch die Nutzung digitaler Technologien können gleichwertigere Zugänge zu gesellschaftlichen Bereichen geschaffen werden (Edler 2015; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Owuor und Larkan (2017) unterstreichen den Aspekt der technischen Assistenz. So kann der digitale Einsatz bei der (non-)verbalen Kommunikation unterstützen, z. B. mit Videos oder Bildern. Somit können auch Personen, die schwer kommunizieren können, teilhaben und sich mitteilen (ebd.). Bosse, Zaynel und Lampert (2018) konkretisieren diese Kompensationsmöglichkeiten und benennen unterstützende Angebote (wie beispielsweise Talker-Apps, Talker-Geräte), die den Nutzenden die Möglichkeit geben, trotz eingeschränkter Lautsprache sprachfähig zu sein (ebd.). Auch Lussier-Desrochers et al. (2017) führen das Potenzial technischer Unterstützung an. Barrieren, die durch den Einsatz von digitalen Technologien entstehen, wie beispielsweise die Bedienung einer Computermaus oder das Zurechtfinden in einer digitalen Anwendung, können technisch abgebaut werden. Durch die Nutzung (beispielsweise Touchpads oder alternativen Computermäusen) können unzureichende Ressourcen des Nutzenden (wie beispielsweise sensomotorische oder kognitive Fähigkeiten), die für den Zugang zu digitalen Technologien erforderlich sind, technisch aufgefangen werden (ebd.).

Gesellschaftliche Teilhabe durch Erweiterung der Freizeitaktivitäten und Unterhaltung

Als Chance der gesellschaftlichen Teilhabe durch Erweiterung der Freizeitaktivitäten und Unterhaltungsmöglichkeiten werden konkrete Beschäftigungsmöglichkeiten benannt. Dazu gehört, Mediatheken, Fernseh- und Streamingdienste sowie Einkaufs-, Kommunikations- und Informationsangebote zu nutzen, Musik, Radio und Podcast zu hören sowie sich in Online-Communitys zu beteiligen (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Bosse & Hasebrink 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Darüber hinaus werden auch Gestaltungs- und Aktivitätsmöglichkeiten fernab der Kontrolle der Mitarbeitenden (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013), Unterstützung bei der strukturierten Alltagsbewältigung (Lussier-Desrochers et al. 2017; Isaksson & Björquist 2020) sowie die Erledigungen von Aufgaben durch digitale Technologien benannt (Lussier-Desrochers et al. 2017).

Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) ermitteln Chancen für die gesellschaftliche Teilhabe durch Erweiterung der Freizeitaktivitäten und Unterhaltung. Immer mehr Menschen gehen online, um ihren alltäglichen Aktivitäten in den Bereichen Bildung, Geschäfte und Bankgeschäfte, Informations- und Arbeitssuche, bürgerschaftliches Engagement sowie Pflege von Beziehungen nachzugehen (ebd.).

Gesellschaftliche Teilhabe durch neue Möglichkeiten der Sozialisierung

Die Integration in die Gesellschaft ist eine weitere Chance, die im Rahmen neuer Möglichkeiten der Sozialisierung infolge Digitaler Teilhabe entsteht. So hat das Internet für MgB das Potenzial, sie dabei zu unterstützen, sich besser in die Gesellschaft zu integrieren. Für MgB verspricht das Internet unter anderem, viele der Barrieren zu verringern oder zu beseitigen, die sie von der Teilnahme an vielen alltäglichen Aktivitäten abhalten (ebd.; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Owuor & Larkan 2017; Shpigelman 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021).

Vor allem durch die Nutzung des Internets wird Teilhabe an Aktivitäten in verschiedenen Lebensbereichen geschaffen (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Darüber hinaus wird die Möglichkeit benannt, aktiv am sozialen Leben teilzuhaben, bzw. digitale Werkzeuge und soziale Medien als einen Schlüsselfaktor zur sozialen Eingliederung zu nutzen (Edler 2015; Normand et al. 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019). Zudem werden neue Wege des Selbstausdruckes eröffnet. MgB erhalten durch die Nutzung digitaler Technologien die Möglichkeit, die Rolle der Beeinträchtigung abzulegen, indem sie selbst entscheiden, welche Informationen preisgegeben werden (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Shpigelman 2017; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020).

Des Weiteren wird das wachsende Engagement in sozialen Gruppen benannt, da die visuelle Anonymität das Gefühl von Sicherheit schafft und man sich dadurch eher traut, an sozialen Netzwerken teilzunehmen, was in der analogen Welt nicht oder nur unzureichend der Fall ist (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Shpigelman 2017; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Dies führt laut Louw, Kirkpatrick und Leader (2019) zu einer positiven Auswirkung auf das Kommunikationsverhalten (ebd.) und kann Stigmatisierung reduzieren (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020). Darüber hinaus wird die Steigerung des Selbstwertgefühls (Heitplatz, Bühler & Hastall 2021) sowie die Erfahrung und Stärkung von Selbstbestimmung und Autonomie betont (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Auch die Erfahrung und Stärkung von Selbstwirksamkeit, Resilienz und Empowerment spielen eine wesentliche Rolle (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Mit Blick auf die Erfahrung und Stärkung der Selbstständigkeit von MgB betonen Bosse und Hasebrink (2016) die Sozialisierungschance durch die Nutzung des Internets (ebd.).

Gesundheitliche Verbesserungen

Neben Chancen, die unmittelbar auf die Verbesserung von gesellschaftlicher Teilhabe abzielen, weisen einige Studien die Möglichkeit von gesundheitlicher Verbesserung durch die Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten digitaler Technologien auf. So bezeichnen Chadwick, Wesson und Fullwood (2013) IKT als Überlebenswerkzeug der heutigen Zeit, das durch seine Anwendungsmöglichkeiten, vor allem im Bereich der sozialen Vernetzung, die wahrgenommene Lebensqualität des Einzelnen steigern kann (ebd.; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017). Eine verbesserte Lebensqualität lässt sich jedoch nicht nur in den Bereichen der sozialen Beziehungen, sondern ebenso in nahezu allen Lebensbereichen wie Arbeit, Freizeit, persönliche Entwicklung und Gesundheit finden (Jenaro et al. 2017). Ausschlaggebend hierfür ist neben den einfacheren zeit- und ortsunabhängigeren Zugängen zu Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten, die empfundene Begeisterung und Freude infolge der selbstbestimmten Nutzung von IKT. Edler (2015) konkretisiert in diesem Kontext die Nutzung des iPads (ebd.).

Die Förderung der Gesundheit kommt jedoch nicht nur unmittelbar durch Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten zu digitalen Technologien zustande. Eine relevante Rolle in Bezug auf psychische und physische Gesundheit spielen soziale Unterstützungsnetzwerke, die dem Einzelnen bei dem Zugang und der Nutzung Hilfestellung leisten. Dies können sowohl analoge (wie beispielsweise Angehörige) als auch digitale Unterstützungsnetzwerke (wie beispielsweise Online-Communitys) sein (Normand & Sallafranque St-Louis 2016). Generell trägt eine Steigerung der sozialen Interaktionen durch digitale Technologien zu einem psychischen Wohlbefinden bei (Shpigelman 2017).

Kompetenzerweiterung und -festigung

Mit Blick auf die Chancen, die sich für den Betroffenen in Bezug auf seine persönlichen Kompetenzen und Fähigkeiten ergeben, besteht die Möglichkeit, durch barrierearme Bildungsangebote und die Handhabung digitaler Technologien die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen auszubauen und zu erweitern (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Vor allem im Bereich der Kreativität wird von Chancen in der Kompetenzerweiterung und -festigung gesprochen (Isaksson & Björquist 2020). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kompetenzausbau und die -festigung im Zusammenhang mit dem Verlust oder der Verringerung von zuvor genutzten Kompetenzen stehen kann (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020).

Erfüllung gesetzlicher Rahmenbedingungen in der Eingliederungshilfe

Eine letzte Kategorie entstehender Chancen infolge der Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Technologien ist die Umsetzungsförderung der gesetzlichen Regularien in der Eingliederungshilfe und adressiert somit neben den betreuten MgB auch die Mitarbeitenden und Leitungskräfte in den Einrichtungen. Durch die Bereitstellung von Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Technologien innerhalb der Einrichtungen kommen diese der Umsetzung der UN-BRK nach (Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021).

Zusammenfassend lassen sich diverse Chancen durch die Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Technologien für MgB festhalten. Dabei wird in Bezug auf die gesellschaftliche Teilhabe der (einfachere) Zugang zu Wissen und Informationen betont (Berger et al. 2010; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Shpigelman 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Der (einfachere) Zugang zu gewünschter sozialer Interaktion schafft Möglichkeiten, die gesellschaftliche Teilhabe von MgB zu stärken (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Owuor & Larkan 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Heitplatz & Sube 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Des Weiteren wird die Kompensation von beeinträchtigungsbedingten Nachteilen betont (Berger et al. 2010; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017; Owuor & Larkan 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Zur Erweiterung der Freizeitaktivitäten und Unterhaltung wird dem Zugang und der Nutzung digitaler Technologien eine förderliche Wirkung zugeschrieben (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Bosse & Hasebrink 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021).

Durch die neu entstehenden Möglichkeiten der Sozialisierung infolge der Nutzung digitaler Technologien kann die Teilhabe von MgB an gesellschaftlichen Aktivitäten positiv beeinflusst werden (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Owuor & Larkan 2017; Shpigelman 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Die Teilhabe an digitalen Technologien kann zu gesundheitlichen Verbesserungen führen (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017) und die Erweiterung sowie Festigung der eigenen Kompetenzen bewirken (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Über die Chancen für MgB hinaus lassen sich durch die Stärkung zur Umsetzung gesetzlicher Rahmenbedingungen in der Eingliederungshilfe auch Möglichkeiten für die Betreuenden manifestieren (Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Heitplatz, Bühler & Hastall 2021).

Neben Chancen, die sich aus dem Zugang und der Nutzung digitaler Technologien für MgB ergeben, sind ebenso Risiken zu erkennen. Diese werden nachfolgend aufgezeigt und erläutert.

8.1.6 Risiken durch Digitale Teilhabe

Zehn Studien befassen sich mit Risiken, die für MgB durch Digitale Teilhabe entstehen können (Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Jenaro et al. 2017; Shpigelman 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020). Die benannten Risiken werden nachfolgend strukturiert benannt und ausgeführt.

Erfahrung von Stigmatisierung, emotionalem und finanziellem Missbrauch sowie sexualisierter Gewalt

Im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Technologien wird auf das Risiko der Entstehung von Stigmatisierung der MgB hingewiesen (ebd.). Chadwick, Quinn und Fullwood (2016) befassen sich ebenfalls mit Stigmatisierungspotenzialen und stellen bei einem Vergleich zwischen der Selbsteinschätzung von Personen ohne geistige Beeinträchtigung und deren Einschätzung zu MgB verschiedene Risiken heraus:

  • Gefahr, unangemessenen oder anstößigen pornografischen Inhalten ausgesetzt zu sein,

  • süchtig nach der Nutzung von Sozialen Netzwerken zu werden,

  • weniger Zeit für die Arbeit, das Lernen oder die persönliche Entwicklung aufzuwenden,

  • sich an Urheberrechtsverletzungen und illegalen Downloads zu beteiligen,

  • gehackt zu werden oder

  • Spyware oder Malware auf den eigenen Computer herunterzuladen (ebd.).

Die Risiken, die sowohl für MgB als auch für die Befragten als am wenigsten wahrscheinlich eingestuft wurden sind:

  • asoziale Verhaltensweisen, andere online schikanieren,

  • schädliche Online-Inhalte schreiben,

  • Online-Glücksspielseiten nutzen,

  • Cyber-Stalking erfahren (ebd.).

Die Befragten stuften nur wenige Risiken für sich selbst als wahrscheinlich ein. Alle Online-Risiken wurden für MgB wurden als signifikant größer wahrgenommen (P < 0,001 alle Vergleiche). Dieses Muster der Ergebnisse galt für die gesamte Risikoskala mit signifikant höheren Risikobewertungen für MgB (t(156) = 15,32, P < 0,001; Mittelwert des Risikos für geistige Behinderung = 3,25 (SD = 0,64) und Mittelwert des persönlichen Risikos = 2,35 (SD = 0,70)) (ebd.).

In der Studie von Borgstedt und Möller-Slawinski (2020) betonten die befragten Experten eine erhöhte Schutzbedürftigkeit der Nutzenden von digitalen Technologien, die gerade bei MB im besonderen Maße vorliegt. Zum einen gäben sie deutlich mehr persönliche und sensible Daten preis. Dies sei in der Nutzung von Unterstützungstechnologien begründet, die auf Basis der Verhaltensdaten lernen oder anderen Nutzenden via Peer-to-Peer-Anwendungen persönliche Einblicke in den Alltag gewähren. Zum anderen gäbe es Unterschiede in der Art der Beeinträchtigung. Menschen mit Mobilitäts- und Sinnesbeeinträchtigung gehen dabei ähnlich kompetent und rational mit digitalen Angeboten um wie der Bevölkerungsdurchschnitt. Laut den Autoren zeigen Menschen mit Lernbehinderung oder chronisch-psychischen Erkrankungen manchmal besondere Verhaltensweisen, die im Umgang mit digitalen Technologien erhebliche Konsequenzen haben können. So berichten die Experten, die in ihrem Alltag engen Kontakt zu diesen Gruppen pflegen, von bisweilen geringer Kritikfähigkeit und Stressresistenz als ein Kriterium der Beeinträchtigung selbst. Darum seien diese Personen besonders schutzlos im Netz (ebd.).

Zudem unterstreichen die Autoren ein Dilemma hinsichtlich der Gewährleistung von Zugängen zu sämtlichen online verfügbaren Informationen für MgB und dem gleichzeitigen Einhalten der gebotenen Sorgfaltspflicht. Herausfordernd wird hierbei eine erhöhte Neigung zur Offenheit und gelegentlich sogar zur Naivität von MgB hinsichtlich der Annahme von Angeboten sowie Freigabe von persönlichen Daten gesehen. Des Weiteren könnten Belastungen durch mediale Inhalte mit ausgeprägter Emotionalität oder Gewaltdarstellungen entstehen. (ebd.). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Chadwick, Quinn und Fullwood (2016). Hier sind die größten wahrgenommenen Online-Risiken für MgB, online schikaniert, bedroht oder belästigt zu werden, zu viele persönliche Informationen preiszugeben und für Online-Betrug anfällig zu sein (ebd.). Eine Begründung dafür ist laut Lussier-Desrochers et al. (2017) in der Gutgläubigkeit und somit in einer Tendenz zur Zustimmung der Zielgruppe zu finden. Zudem scheint die Impulsivität von MgB ein Risikofaktor dafür zu sein, Opfer von PhishingFootnote 2 und Betrug zu we den (ebd.). Auch Alfredsson Ågren, Kjellberg und Hemmingsson (2019) konnten zeigen, dass ein signifikant höherer Anteil der Jugendlichen mit geistiger Beeinträchtigung mehr Erfahrungen mit Mobbing im Internet hat (23 % vs. 11 %). Ein signifikant geringerer Anteil der Jugendlichen mit geistiger Beeinträchtigung geht im Vergleich zur Referenzgruppe das Risiko ein, persönliche Informationen im Internet preiszugeben, beispielsweise den echten Namen zu nennen (76 % vs. 48 %). Der Umgang mit den Risiken durch tägliche oder wöchentliche Gespräche mit einem Erwachsenen über Dinge, die im Internet gesehen wurden, war bei Jugendlichen mit geistiger Beeinträchtigung signifikant seltener (24 % vs. 57 %) (ebd.). Die Präsenz der Thematik Mobbing konnte auch von Normand und Sallafranque St-Louis (2016) aufgezeigt werden. Sechs Teilnehmende berichteten, online beleidigt, verspottet oder bedroht worden zu sein. Zudem zeigten sich Risiken des emotionalen sowie finanziellen Missbrauchs und sexualisierter Gewalt. Sechs Teilnehmende hatten sich auch offline mit einem Fremden getroffen, den sie zuerst online kennengelernt hatten. Drei weibliche und drei männliche Probanden berichteten von Erfahrungen bzgl. sexualisierter Aufforderung im Internet (ebd.).

Auch die Studie von Chiner, Gómez-Puerta und Cardona-Moltó (2017) thematisiert die Risiken der Internetnutzung. Alle teilnehmenden MgB gaben an, irgendeine Art von Problem zu haben, wenn sie das Internet nutzen. Die häufigsten Probleme waren, bei einer Gruppe oder Aktivität im Internet blockiert zu werden (48 %), unangenehme Dinge gesagt zu bekommen oder beleidigt zu werden (46 %), sexualisierte Fotos oder Videos zu erhalten, die sie nicht erhalten wollten (35 %) oder bedroht zu werden (35 %). Einige von ihnen berichteten, dass jemand versucht hat, gegen ihren Willen mit ihnen zu flirten (43 %) und dass jemand ihr Passwort ohne ihre Zustimmung benutzt hat (36 %). Von den (in-)formell Betreuenden wussten 39 % nicht, ob die teilnehmenden MgB irgendeine Art von Problem im Internet hatten. Diejenigen Betreuenden, die sich dieser Probleme bewusst waren, identifizierten als die häufigsten Probleme, dass die betreuten MgB beleidigt wurden (66 %), dass ihnen unangenehme Dinge gesagt wurden (60 %) und dass sie bei einer Gruppe oder Aktivität im Internet blockiert wurden (50 %) (ebd.).

Durchführung von illegalem oder sozial unerwünschtem Verhalten

In der gleichen Studie zeigte sich, dass nur wenige MgB von eigenem unerwünschtem Verhalten im Internet berichteten. Das häufigste Verhalten dieser Art war das Blockieren einer anderen Person in einer Gruppe oder Aktivität (55 %). Weniger als ein Viertel der Befragten gab an, anderen unangenehme Dinge zu sagen (21 %), sie zu beleidigen (20 %), zu bedrohen (17 %) oder mit jemandem zu flirten, der dies nicht wollte (14 %). Andere Verhaltensweisen wie das Erfragen von privaten Informationen oder Bildern, das Zeigen von unangemessenen Webseiten oder Videos gegenüber anderen, das Versenden von sexualisierten Bildern sowie Videos oder das Verwenden von persönlichen Informationen oder Passwörtern anderer Personen gaben weniger als 10 % der MgB an. Die Betreuenden berichteten hingegen, dass MgB sich häufiger unangemessen verhalten haben, als diese selbst behaupteten. Signifikante Unterschiede zwischen den Antworten der teilnehmenden MgB und der Betreuungspersonen bzgl. der Verhaltensweisen waren beispielsweise folgende: Jemanden persönlich treffen zu wollen, der dies eigentlich nicht wollte (4 % vs. 24 %), andere zu beleidigen (20 % vs. 68 %), unangenehme Dinge zu anderen zu sagen (21 % vs. 64 %), jemanden zu bedrohen (17 % vs. 48 %), sexualisierte Bilder oder Videos an jemanden zu schicken, ohne dass dieser zugestimmt hat (5 % vs. 32 %), andere zu ermutigen, unangemessene Webseiten zu besuchen (4 % vs. 36 %) oder die persönlichen Daten eines anderen zu benutzen (5 % vs. 40 %). Dennoch gaben 49 % der (in-)formell Betreuenden an, dass sie sich dieser Online-Verhaltensweisen von MgB nicht bewusst sind (ebd.).

Entwicklung von exzessiver Nutzung und Verhaltenssüchten

Jenaro et al. (2017) zeigen, dass bei MgB eine exzessivere Mobiltelefonnutzung mit höherer Abhängigkeit (Entzug und Toleranz) sowie intra- und interpersonellen Konflikten einhergeht. Ein höherer Prozentsatz der MgB erfüllt vier oder mehr Kriterien für die exzessive Internet- und Mobiltelefonnutzung. Der Prozentsatz der exzessiven internet- und mobiltelefonnutzenden MgB ist doppelt bzw. dreifach so hoch wie in der Vergleichsgruppe. Beziehungsverlust aufgrund von Überbeanspruchung sowie Kontrollverlust und Flucht wurden als die Hauptsymptome identifiziert, die junge Menschen charakterisieren, die süchtig nach Instant Messaging sind. Unabhängig von den Gründen, die eine Person zu einer exzessiven Nutzung von IKT veranlassen, deuten die Autoren darauf hin, dass eine exzessive Internet- sowie Mobiltelefonnutzung mit ungesunden Verhaltensweisen verbunden ist. Obwohl die Assoziation nicht so stark ausgeprägt ist, sollten sie berücksichtigt werden (ebd.). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Shpigelman (2017). Hier äußerten sechs von 16 Teilnehmenden Bedenken in Bezug auf ein mögliches Suchtpotenzial. Obwohl einige dieser Teilnehmenden die Nutzung von sozialen Medien durch MgB als riskant ansahen, äußerten sie auch, dass oftmals die Risiken der virtuellen Welt die gleichen seien wie in der realen Welt (ebd.).

Hilflosigkeit und Überforderung in der digitalen Welt

Die Ergebnisse von Bosse, Zaynel und Lampert (2018) zeigen ebenfalls Risiken für MgB auf. Ihnen zufolge können bestimmte Inhalte, wie Gewaltverherrlichung, potenzielle Gefahren darstellen. Zudem existieren Schwierigkeiten, mit Gefahren wie Viren, Trojanern, Spyware und Chat-Bots umzugehen. Diese Phänomene können oftmals nicht eingeordnet und bewertet werden. Auch wurde das Risiko von Online-Shopping-Aktivitäten und dadurch verursachende Verschuldungen aufgezeigt. Als ein weiteres Risiko wurde für die Zielgruppe die Informationsfülle gesehen, die zu einer Überforderung führen könnte. Weiterhin könnte ein Desinteresse am realen Leben entstehen, indem sich die Klienten in die Anonymität des Internets flüchten und so vermehrt isoliert werden und vereinsamen. Als weiteres Risiko wurde das Thema Streit und Konflikte benannt; hier wurden vor allem die Gefahren Cybermobbing, Ausnutzung, Pädophilie und Stalking aufgeführt. Die Autoren konstatieren jedoch, dass diese Risiken grundsätzlich unabhängig von etwaigen Beeinträchtigungen bestehen. Ebenso sind MgB teilweise dahingehend eingeschränkt, dass mögliche Auswirkungen ihres Online-Verhaltens nicht antizipierbar sind oder MgB mit negativen Erfahrungen im Internet nicht angemessen umgehen können. Daraus resultiert, dass Mitarbeitende die Notwendigkeit in der gemeinsamen Besprechung mit MgB zu solchen Herausforderungen und zur Entwicklung geeigneter Umgangsstrategien sehen (ebd.).

Zusammenfassend kann man festhalten, dass durch die Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Technologien für MgB einige Risiken bestehen. So werden vor allem mögliche Erfahrungen von Stigmatisierung (Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020) sowie emotionalem und finanziellem Missbrauch sowie sexualisierter Gewalt aufgezeigt (Chadwick, Quinn & Fullwood 2016; Normand & Sallafranque St-Louis 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Auch illegales oder sozial unerwünschtes Verhalten (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017) sowie die Entwicklung von exzessiver Nutzung und Verhaltenssüchten (Jenaro et al. 2017; Shpigelman 2017) stellen potenzielle Risiken dar. Darüber hinaus kann es zur Hilflosigkeit und Überforderung der MgB in der digitalen Welt kommen (Bosse, Zaynel & Lampert 2018).

8.1.7 Schlussfolgerungen Scoping Review

Die dargelegte Studienlage zeigt, dass bislang in Bezug auf MgB keine eindeutige Definition Digitaler Teilhabe, keine einheitliche theoretische Grundlage zur Abbildung Digitaler Teilhabe und kein konsentiertes Vorgehen der Erhebung besteht. Jedoch werden Faktoren benannt, die MgB in Bezug auf den Zugang, die Nutzbarkeit und die Wirksamkeit digitaler Technologien und Medien kontextbezogen fördern oder hemmen sowie Chancen und Risiken aufgezeigt, die infolge des Zugangs und der Nutzung digitaler Technologien entstehen können. Aus den vorangegangenen Ausführungen lässt sich nachfolgend ein erster Definitionsentwurf (DTT1) ableiten:

  • Digitale Teilhabe bedeutet das Eingebundensein in eine Lebenssituation durch die multidimensionale Teilhabe an, durch und in digitalen Medien sowie Technologien.

  • Dabei entsteht Digitale Teilhabe an digitalen Medien sowie Technologien durch einen möglichst zielgruppenorientierten und gleichberechtigten Zugang zu Hardware, Software und Infrastruktur sowie eine selbstbestimmte Nutzung durch Medienkompetenzen. Die Digitale Teilhabe durch digitale Medien sowie Technologien beschreibt darüber hinaus Technologien als Werkzeug, um Zugang zu gesellschaftlichen Bereichen und dortigen Aktivitäten zu schaffen. Digitale Teilhabe in digitalen Medien und Technologien entsteht durch Präsenz- und aktive Mitgestaltungsmöglichkeiten.

  • Für MgB wird Digitale Teilhabe als Möglichkeit gesehen, vor allem beeinträchtigungsbedingte Teilhabebarrieren zu kompensieren sowie gesellschaftlich und politisch teilzuhaben. Eine wichtige Voraussetzung dabei ist das Vorhandensein von Medienkompetenzen bei MgB und den Bezugspersonen. Digitale Teilhabe kann dabei als dynamischer Prozess verstanden werden, der durch umweltbezogene, personenbezogene, organisationale und gesellschaftliche Faktoren beeinflusst wird.

Der dargelegte Entwurf bildet unter anderem die Grundlage für die Diskussion in der Fokusgruppe I (s. Abschnitt 7.4.2.1, S. 126) zur Weiterentwicklung und Finalisierung einer Definition. Zudem bildet dieser Entwurf die Vorlage für die Diskussion einer Definition Digitaler Teilhabe in einfacher Sprache im Reflexionsformat II (s. Abschnitt 8.2.3, S. 281).

Neben den Inhalten zur Entwicklung eines Definitionsentwurfes liefert das Scoping Review Erkenntnisse zur Erstellung der Conceptual Map nach Anderson et al. (2008). Hierfür wurden die identifizierten Schlüsselbegriffe, potenzielle Einflussfaktoren, Chancen und Risiken in Bezug zu Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe zunächst inhaltlich geclustert und zueinander in Beziehung gesetzt. Einseitige Beziehungen sowie Wechselbeziehungen sind über Pfeile sowie über einen kurzen Textblock zur Art der Beziehung gekennzeichnet. Der gesamte Mapping-Prozess wurde visualisiert, sodass folgender Aufbau der Conceptual Map entstanden ist: Die Schlüsselbegriffe sind oben rechts angeordnet, die Einflussfaktoren befinden sich darunter. Die Chancen sowie Risiken sind links angeordnet. Die Ziffern in den Kästchen stellen die in dem Scoping Review identifizierten Studien dar. Bei quantitativen Studien wurden signifikante Ergebnisse gekennzeichnet, indem Sternchen eingefügt wurden. Liegt in den eingeschlossenen und analysierten Studien ein signifikanter Unterschied vor, ist ein Sternchen hinter der Ziffer eingefügt, liegt kein signifikanter Unterschied vor, sind zwei Sternchen vorhanden. Die finale Conceptual Map ist der nachfolgenden Abb. 8.5 (s. S. 231) zu entnehmen.

Abb. 8.5
figure 5

(Quelle: Eigene Darstellung)

Conceptual Map zur Digitalen Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe.

Ausgehend vom visualisierten Mapping-Prozess der Conceptual Map wurde die Visualisierung Digitaler Teilhabe angestrebt. Hierfür wurden die Inhalte sowie Beziehungen der einflussnehmenden Aspekte (potenzielle Einflussfaktoren in blau) sowie der begriffsbestimmenden Aspekte (Schlüsselbegriffe in gelb) genutzt, um ein erstes Modell (MDT1) zu entwerfen (s. Abb. 8.6, S. 232).

Abb. 8.6
figure 6

(Quelle: Eigene Darstellung)

Überarbeiteter Modellentwurf (MDT1).

MDT1 diente als Diskussionsgrundlage im Reflexionsformat I (s. Abschnitt 8.2.1, S. 233). Die überarbeitete Version wurde anschließend in der ersten Fokusgruppe diskutiert und weiterentwickelt (s. Abschnitt 8.2.2, S. 250).

8.2 Empirische Definitions- und Modellweiterentwicklung Digitaler Teilhabe von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung

Aufbauend auf der literaturbasierten Entwicklung einer Definition und eines Modells Digitaler Teilhabe von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung (DDT1 und MDT1) erfolgt die Ergebnisdarstellung der empirischen Weiterentwicklung der Definition (DDT2) und des Modells Digitaler Teilhabe (MDT2–MDT3). Im Rahmen der empirischen Definitions- und Modellweiterentwicklung wurden das Reflexionsformat I, die Fokusgruppe I, das Reflexionsformat II und der iterative Prüfgruppenprozess durchgeführt. Die Erkenntnisse dieser Methoden werden nachfolgend aufgezeigt.

8.2.1 Reflexionsformat I

Das Reflexionsformat I wurde am 12.08.2020 im BBW des Stiftungsbereichs ProWerk der vBS Bethel zur Beantwortung folgender Fragestellungen durchgeführt:

  • Welche Erwartungshaltungen und Erfahrungen aus subjektiver Perspektive von MgB ergeben sich in Bezug auf Digitale Teilhabe?

  • Welche umweltbezogenen, personenbezogenen, organisationalen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren hemmen und fördern Digitale Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe?

  • Welche Chancen und Risiken entstehen für MgB durch Digitale Teilhabe?

Somit lag der Fokus zunächst auf dem Nutzungsverhalten (48 Kodierungen) sowie den bisher identifizierten potenziellen Einflussfaktoren (59 Kodierungen) aus dem literaturbasierten Definitions- und Modellentwurf. Die aufgezeigten Häufigkeiten beziehen sich auf die Anzahl der genannten Kodes. Durch die deduktive Kategorienbildung sind die Kodes zum Teil mit der Häufigkeit 0 benannt, wenn diese im Rahmen der theoretischen Grundlage von Relevanz waren, jedoch im Reflexionsformat nicht thematisiert wurden.

8.2.1.1 Potenzielle Einflussfaktoren

Im Folgenden werden die Aussagen der Teilnehmenden mithilfe der identifizierten potenziellen Einflussfaktoren aus MDT1 analysiert.

Zugang und Infrastruktur

In Bezug auf digitale Technologien werden die eigene Medienausstattung und die nutzbare Infrastruktur als Einflussfaktor benannt. Um einen Überblick zu erhalten, inwiefern die Teilnehmenden digitale Technologien in ihrem Alltag nutzen, wurden Aussagen zur Nutzung analysiert. Nachfolgend werden die benannten digitalen Technologien aufgeführt.

Medienausstattung

Alle Teilnehmenden verfügen über ein Smartphone sowie einen Computer und/oder mobilen Laptop (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 193–195, 365, 180–183, 400–408, 68–69, 498–500). Teilnehmender [T] 1 verfügt ebenso über ein Tablet sowie einen internetfähigen Fernseher (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 193–195). Hinsichtlich verwendeter Medien wurden vor allem Applikationen thematisiert, die im Alltag vorrangig zur Kommunikation, Orientierung oder Unterhaltung genutzt werden. T1, T2 und T3 benennen hier die Messengerdienste WhatsApp und/oder Telegram als Bestandteile in ihrem Alltag.

Neben dem privaten Gebrauch digitaler Technologien werden digitale Angebote in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe von T1, T3 und T4 wahrgenommen. Vor allem in Zeiten der SARS-CoV-2-Pandemie hat dies zur Freizeitgestaltung sowie Tagesstrukturierung beigetragen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 68–69, 151–160, 164, 172–173, 180–183).

Internetanschluss/WLAN

In der Diskussion über den Einfluss auf die Nutzung digitaler Technologien zeigte sich, dass die eigene Medienausstattung aus Perspektive der Teilnehmenden zufriedenstellend ist. Jedoch liegt eine nutzbare Infrastruktur nur unzureichend vor, daher rückte dieses Thema mehr in den Diskussionsfokus. T3 erläutert dazu:

„Ich glaube die Geräte sind eher weniger das Problem, mehr sehe ich die Qualität des Internets. Weil man entweder gar keinen Empfang hat oder halt sehr schlechtes, was ich halt merk, weil ich sitz ja eigentlich direkt am Fenster, eigentlich habe ich im Frühstücksraum auch kaum Internet, da schmiert es immer komplett ab“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 664–668).

So gewinnt die nutzbare Infrastruktur, also der Zugang zu frei verfügbarem und stabilem Internet, als Einflussfaktor sowohl auf die Nutzungsmöglichkeiten (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 186–189, 688–701) als auch auf die Nutzungsmotivation an Bedeutung (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 609–610, 611–616, 664–668).

T1 berichtet, dass ihr Datenvolumen begrenzt ist und bei mobiler Nutzung von digitalen Technologien oftmals nicht ausreicht. Hier unterstützt das öffentliche WLAN in der Stadt, sodass sie notwendige Apps zur Kommunikation sowie Orientierung verwenden kann. Jedoch werden auch Grenzen des öffentlichen WLANs deutlich. So berichtet T1, dass die Geschwindigkeit des öffentlichen WLANs zu langsam sei, da viele Personen gleichzeitig das WLAN nutzen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 688–701). Hinzu komme, dass im öffentlichen WLAN in der Stadt oder in öffentlichen Verkehrsmitteln für jeden erkennbar sei, wer sich gerade im WLAN befindet und die Gefahr höher sei, gehackt zu werden (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 679–683, 1222–1224).

Auch im Rahmen der betreuenden Einrichtung der Eingliederungshilfe spielt der kostenfreie Zugang zum Internet eine wichtige Rolle (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 676–678). So wünscht sich T3 einen stabilen und kostenfreien Internetzugang in der Einrichtung (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 673–678).

Mit Blick auf die Nutzungsmotivation zeigt sich, dass Internetprobleme im Sinne von schlechter Verbindung oder Verbindungsfehlern Einfluss nehmen. Sofern dem Nutzenden eine Lösung des Verbindungsproblems vorliegt, wirkt die Problematik nicht als hemmender Faktor (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 186–190). Ist jedoch keine Lösung der Internetprobleme möglich, wirkt sich dies auf die Nutzungsmotivation aus. So nutzt T2 ihren Laptop im Alltag nur ungerne, wenn die Qualität der Internetverbindung nicht ausreichend ist (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 604–616).

Umweltbezogene Faktoren

Neben dem Zugang und der Infrastruktur werden ebenso die nachfolgenden umweltbezogenen Faktoren thematisiert, die Einfluss auf die Nutzung digitaler Technologien haben.

Technisch-funktionale Barrieren

Die Teilnehmenden beschreiben bestehende technisch-funktionale Barrieren bei der Nutzung digitaler Geräte. So wird beispielsweise von T1 berichtet, dass Interesse an der Nutzung eines iPhones besteht, allerdings aus ihrer Perspektive als Android-Nutzerin das Betriebssystem eines iPhones als kompliziert oder herausfordernd wahrgenommen und folglich von einer Nutzung abgesehen oder diese skeptisch betrachtet wird (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 478–480, 905–906). Dabei muss betont werden, dass in den Diskussionen über die Nutzung von digitalen Geräten des Herstellers Apple immer der Aspekt der finanziellen Mittel präsent war und daher davon ausgegangen werden kann, dass der sozioökonomische Faktor im besonderen Maße einflussnehmend auf die Nutzung von digitalen Geräten ist.

Neben der Herausforderung, sich den Umgang mit neuen Betriebssystemen anzueignen, wird die Schnelllebigkeit der technischen Entwicklungen betont. T3 betont, dass digitale Technologien nicht einmalig angeschafft werden und lange in Gebrauch bleiben können, da lediglich für die neueren digitalen Geräte die erforderlichen Updates verfügbar sind und ein Support gewährleistet werden kann (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 892–895).

Redaktionelle und inhaltliche Barrieren

Neben technikbezogenen Hürden werden Barrieren benannt, die mit der redaktionellen und inhaltlichen Gestaltung digitaler Technologien einhergehen. So wird vor allem die sprachliche Gestaltung als herausfordernd wahrgenommen. T3 äußert sich dazu wie folgt:

„Woran es am meisten hapert, ist die Sprache, es ist halt teilweise die komplizierten Ausdruckweisen, es sind teilweise sehr viele Fachbegriffe die man dann halt auch in den, wenn man sich die Einstellungen durch geht oder irgendwie auch wieder was sucht und einem die Wörter nicht einfallen, aber vieles ist halt auch in englischer Sprache und äh das ist mit halt, das muss ich sagen, dass mir das doch echt Probleme bereitet“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1086–1093, 1095–1102).

Neben Fremdsprachenbarrieren haben T2 und T4 bereits Erfahrungen mit zu komplizierten und unverständlichen Texten in der Muttersprache Deutsch gemacht (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1114–1125).

Barrieren durch Design der Benutzerschnittstellen

Mit Blick auf neue digitale Technologien spielt dabei das Design der Benutzerschnittstellen eine wesentliche Rolle. Vor allem die Schnittstellenproblematik beim Übermitteln von Daten über Bluetooth zwischen verschiedenen Betriebssystemen wird von T1 benannt (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 463–467).

Personenbezogene Faktoren

Auch personenbezogene Faktoren werden als auf die Nutzung digitaler Technologien einflussnehmend erkannt.

Sozioökonomische Faktoren

Die sozioökonomischen Faktoren wurden von den Teilnehmenden als hemmende Einflussfaktoren genannt. T1 berichtet von ihrer finanziellen Situation. Durch die Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung ist es ihr möglich, digitale Technologien zu nutzen:

„Ich bezahle das halt alles von meinem Hartz IV. Und also von dem Regelsatz und ich zahle WLAN Vertrag und mein Handy Vertrag und, aber das kann ich halt nur alles machen, weil ich hier bin so. Wenn ich jetzt nicht arbeiten gehen würde, könnte ich mir solche Sachen, z. B. Handy, WLAN nicht leisten“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 794–798).

Ähnliches berichtet T3, der die laufenden Kosten für den Internetanschluss sowie den Mobilfunkvertrag mithilfe des Regelsatzes der Sozialhilfe begleicht. Dafür muss jedoch auf andere Ausgaben verzichtet werden. Zudem spricht T3 die Beschaffung von Ersatzgeräten an: „Weil ich hatte ja jahrelang ja das Problem, die Sorge, wenn was kaputt geht, dass ich dann irgendwie kein Geld dafür habe. […] Gott sei Dank ist nichts kaputt gegangen“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 811–821). Auch T1 bestätigt, dass die Beschaffung eines Ersatzgerätes aus finanzieller Sicht derzeit schwierig ist (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 860–865).

T3 ergänzt dies, indem er den Lebenszyklus von Geräten anspricht: „[…] weil sie nicht mehr schnell genug funktionieren. Teilweise gar nicht mehr kompatibel sind […]“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 889–895). Zudem spricht er vom „up to date“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 892) bleiben. Auch für T4 stellen finanzielle Mittel einen limitierenden Faktor dar. Der Zugang zu digitalen Technologien kann nur durch die Unterstützung der Eltern ermöglicht werden (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 802–807).

T1 berichtet auch, dass sie Unterstützung von ihrer rechtlichen Betreuung erhält, indem diese die Finanzen und die Abbuchungen im Blick behält (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 998–1001). T3 merkt zudem einen Zusammenhang zwischen den eigenen finanziellen Mitteln und gesellschaftlicher Teilhabe und somit Digitaler Teilhabe an: „Ist halt schwierig dann halt so Teilhabe zu haben, wenn man halt so wenig Geld hat“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 858–859).

Technische, digitale und (Medien-)Kompetenzen

Einen personenbezogenen Einflussfaktor stellen die individuellen technischen und digitalen (Medien-)Kompetenzen dar. T1 berichtet von Nutzungsschwierigkeiten bei einem kostenpflichtigen Musikstreamingdienst. Da sie den Kauf nicht selbstständig abschließen konnte, nutzt sie weiterhin die nicht bevorzugte, jedoch kostenlose Streamingvariante (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 378–383). T2 gibt an, Schwierigkeiten mit dem Dienst Google zu haben, da für sie die Eingabe von Suchbegriffen in die Suchleiste eine Herausforderung darstellt (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1126–1129). T3 gibt hingegen an, keinerlei Schwierigkeiten zu haben und dass seine Hilfe aufgrund seiner Kompetenzen von anderen angefragt wird (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 741).

Des Weiteren können Funktionsweisen von digitalen Technologien nicht eingeschätzt werden, was zu Unsicherheiten führt. So spricht T1 folgende Unsicherheiten an:

„Also mein Handy hat bestimmt, ich glaube dieses Jahr, es ist schon zwei, ne, ne, mehrere Systemupdates hat es schon gemacht. Frag mich eigentlich, warum so viel so. Ja. Überhaupt, wie das Handy funktioniert“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 603–606).

Auf die Frage, ob die Teilnehmenden in Bezug auf digitale Technologien etwas (Neues) lernen möchten, antwortet T1, dass sie gerne den Umgang mit dem iPhone lernen möchte. Bisher nutzt sie ein Android-basiertes Smartphone und findet die Einstellungen bzw. die Bedienung schwierig zu erlernen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1035–1041). Im Gegensatz dazu betont T3, dass er digitale Technologien der Marke Apple nicht verwenden möchte (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 901–903).

Einstellungen gegenüber digitalen Technologien

Der personenbezogene Faktor Einstellung gegenüber digitalen Technologien konnte ebenfalls durch das Reflexionsformat als relevanter Faktor aufgezeigt werden.

Die Bedeutung von digitalen Technogien zeigt sich in folgender Aussage von T1:

„Also ich könnte es mir jetzt nicht vorstellen, wenn mein Handy jetzt kaputt wäre, also ich könnte mir das ja, das wäre jetzt ein No Go für mich. Deswegen passe ich darauf auch immer gut auf und ja. Ich habe das auch immer bei mir, oder in der Handtasche oder so, damit das nicht kaputt geht oder und ja“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 333–338).

Das Smartphone hat einen hohen Stellenwert für T1, sodass sie gut auf das Gerät aufpasst und achtgibt, dass dieses nicht kaputt geht. Zudem wird es dem Freund anvertraut, da sie Sorge hat, es in der Handtasche zu lassen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 338–340, 390–391). Zudem betont T1, dass sie, statt auf ein Smartphone verzichten zu müssen, eher ein günstigeres Modell nutzt, welches nicht ihren Ansprüchen genügt (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 338–340, 1046–1055). Auch T3 möchte nicht auf digitale Technologien verzichten: „Aber drauf verzichten möchte ich ungern trotzdem drauf. Das merkt man immer, wenn man grad kein Internet hat“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 398–400). Zudem fällt es ihm schwer, eine digitale Technologie zu benennen, die er nicht unbedingt nutzen möchte (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 521–527).

Nutzungsmotive/-wünsche

Bei den Teilnehmenden zeichnen sich verschiedene Nutzungsmotive und -wünsche ab. Der Laptop wird genutzt, um Filme zu kaufen oder zu schauen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 17–18). Das Smartphone wird überwiegend verwendet, um Fotos zu machen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 566–572) oder über Textnachrichten oder die Videotelefonie-Funktion von Apps wie WhatsApp oder Telegram zu kommunizieren (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 197–202, 413, 415–418, 445–446, 576–578). Telegram wird dabei vorrangig genutzt, um mit den gesetzlich Betreuenden zu kommunizieren. Die Begründung hierfür sind bessere Datenschutzregelungen im Vergleich zu WhatsApp (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 370, 410–413, 576–578). Das Tablet wird weniger für Kommunikation über Textnachrichten, sondern eher für Videotelefonie über Skype genutzt (s. Transkript Reflexionsformat I T1, Z. 193–195, 197–202). Weitere Apps wie Google Maps oder die Suchmaschine Google sind relevant, wenn die Teilnehmenden unterwegs sind und einen Weg oder Informationen zu Örtlichkeiten, Institutionen oder Sonstigem finden müssen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 259–261, 406–408). So berichtet T1 über seine Nutzungsmotive:

„[…] wenn ich zum Beispiel was nachgooglen will oder so, wenn ich jetzt unterwegs bin, über das Handy zum Beispiel. Wenn ich jetzt zum Beispiel irgendwo hin muss, wo ich jetzt nicht weiß, ok, wo das jetzt ist, dann gehe ich dann auf Google Maps oder google das im Internet nach und sehe dann, ok, wo wäre denn das, was ist dann so in der Nähe so“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 322–326).

Zudem verwendet T1 das Smartphone unterwegs, um mit Streamingdiensten Musik zu hören, oder in der eigenen Wohneinrichtung, zur Erstellung von Fotos und Videos sowie zur Nutzung weiterer Social-Media-Kanäle, wie Facebook, Snapchat, TikTok und Instagram (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 326–333, 351–359).

Der internetfähige Fernseher wird von T1 vorrangig für die Apps Netflix, YouTube und Spotify genutzt. Dabei wird Spotify vor allem dann genutzt, wenn die gesuchte Musik auf YouTube nicht verfügbar ist (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 207–210, 217–219). Die Musik schafft für T1 eine angenehmere Atmosphäre bei alltäglichen Aufgaben, beispielsweise beim Aufräumen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 566–572).

T2 verwendet täglich ihren Laptop in ihrem eigenen Zimmer und eher weniger ihr Smartphone. Dabei schaut sie YouTube-Videos oder schreibt mit ihren Freunden (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 35–37, 40, 231–236, 365). Dabei steht nicht immer eine stabile Internetverbindung zur Verfügung, was zu Unmut führt (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 609–610).

T3 nutzt in seiner freien Zeit eher selten sein Smartphone und nutzt abgesehen von WhatsApp keine Social-Media-Kanäle (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 255, 398). Er nutzt sein Smartphone, um ausgewählte YouTube-Seiten für „lustige oder nachdenkliche Sprüche“ nachzuschauen und an Freunde weiterzuleiten oder um Zeitschriften-Abos zu lesen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 400–403). In Bezug darauf überlegt er, ob er zukünftig ein Tablet für digitale Leseaktivitäten nutzt, da das kleine Smartphone-Display auf Dauer anstrengend für seine Augen sei (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 403–406). Er befasst sich überwiegend mit seinem Computer, vor allem um verschiedene Online-Rollenspiele zu spielen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 312): „So vom Digitalen, zuhause ist es halt erst am meisten, was ich so mache, Online-Rollenspiele“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 55–56). Darüber hinaus hat er weitere Überlegungen angestellt, wofür er den Computer zukünftig nutzen möchte. Hierbei führt er weitere Spiele an, die sportliche Aktivitäten integrieren: „Ich habe mal überlegt, auf was ich Golf spielen würde. Ich würde auf dem PC Golf spielen. Heutzutage geht das ja alles“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 255).

T4 verwendet in seiner Freizeit überwiegend zu Hause seinen Computer, um auf YouTube verschiedene Videos zur Unterhaltung zu schauen, beispielsweise zu Achterbahnen, Kirmes oder Rutschen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 68–69, 77–81). Ebenso spielt er häufig mit seinem Bruder Golf, Fifa oder andere Spiele auf der Xbox oder der Nintendo Switch (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 289–290). Wenn T4 unterwegs ist, nutzt er gemeinsam mit seinem Betreuer Navigations-Apps, um Wege zu finden oder um die Fahrzeiten der Bahn nachzuschauen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 490–493, 498–500).

Die Teilnehmenden äußern ebenso verschiedene Wünsche im Umgang mit digitalen Technologien, vor allem in Bezug auf den Zugang zu und das Ausprobieren von neuen Gerätschaften und Betriebssystemen sowie das selbstständige Ausführen von Anwendungen. So berichtet T1 von ihrem Interesse, das ihr noch unbekannte und als schwierig wahrgenommene Betriebssystem von Apple kennenzulernen sowie eine smartphonegesteuerte Apple Watch auszuprobieren (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 636–639). T4 äußert hingegen den Wunsch, WhatsApp und Fotobearbeitungsprogramme auf dem Smartphone selbstständig nutzen zu können (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1078–1081). Ähnliches wünscht sich T2, sie möchte gerne lernen, wie man mit dem Smartphone bessere Fotos machen kann (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1106–1108).

T3 betont hingegen, aktuell keinen Wunsch in Bezug auf den Umgang mit digitalen Technologien zu haben, da er bereits die für ihn relevanten Standardgeräte und -anwendungen nutzt (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 633–635). Seine Wünsche betreffen offenbar vielmehr den Zugang zu frei verfügbarem und qualitativ hochwertigem WLAN, denn er spricht diesbezügliche Mängel und negative Erfahrungen an (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 664–675).

Organisationale Faktoren

Auch organisationale Faktoren wie Unterstützung, Einstellung und Kompetenzen Dritter, gesellschaftliche Faktoren, Datenschutz sowie gesellschaftliche Wertung werden als Einflussfaktoren auf die Nutzung digitaler Technologien erkannt.

Unterstützung, Einstellung und Kompetenzen Dritter

Die Einstellungen und Haltungen Dritter spiegelt sich in verschiedenen Situationen wider. T1 spricht mehrfach an, dass sie kein iPhone nutzen möchte, als Begründung nennt sie hier die Erfahrungen anderer, ohne diese weiter auszuführen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 458–461). Die eigene Haltung zu bestimmten digitalen Technologien wird durch die Aussagen anderer beeinflusst.

Auch das Handeln wird durch andere beeinflusst bzw. bestimmt. T1 berichtet von einer Situation, in der der Großvater den WLAN-Router ausgeschaltet hat, um die Mediennutzung zu beschränken (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 549–551). Als Grund für dieses Handeln wird die durch die digitalen Technologien eingeschränkte soziale Interaktion benannt: „Der hat immer geschimpft: ‚Jetzt packt doch mal eure Handys weg, ihr seht euch sowieso so selten nur‘“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 555–557).

Die (fehlende) Unterstützung in der Handhabung digitaler Technologien wird von allen Teilnehmenden als potenzieller Einflussfaktor benannt. Die Nutzung der digitalen Technologien gelingt T1 und T3 sehr selbstständig (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 705–741). Ebenso werden die beiden Teilnehmenden bei Fragen zu digitalen Technologien von ihrem Umfeld um Hilfe gebeten. T3 unterstützt sein familiäres Umfeld bei Problemen mit dem Tablet oder dem Smart-TV (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 351–359, 741–755): „Ich bin der, der immer gefragt wird“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 741). T1 wird von ihrem Freundeskreis gefragt, wenn es um die Bearbeitung von Fotos geht (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 705).

T1 betont, dass sie bei Hilfebedarf, beispielsweise beim Umgang mit ihrem Smartphone, Personen in ihrem unmittelbaren sozialen Umfeld um Hilfe bittet. Dabei handelt es sich um vertraute Personen, wie Familie und Freunde, aber auch unbekannte Personen in der Straßenbahn oder in der Stadt (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 710–721). So berichtet T1: „Okay, wenn ich jetzt eine Frage habe, zum Beispiel, klar dann spreche ich jemanden an“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 706–707). T1 scheut aber auch nicht davor zurück, fremde Personen um Hilfe zu bitten (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 710–712). T3 hingegen würde nur im Notfall gute Freunde um Hilfe bitten, Fremde jedoch nicht ansprechen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 755–757). Die Problemlösungen werden von T3 lieber selbstständig im Internet recherchiert:

„Und da ich selbst jemand bin, der eher weniger jemanden fragen würde, suche ich dann halt selbst, wenn ich ein Problem habe, im Internet selbst so lange und im schlimmsten Fall höre ich dann frustriert auf oder so. Weil ich jetzt auch, bis auf meinen wirklich besten Freund, äh der der kennt sich gut mit Tech… PCs aus, den würde ich dann fragen. Und so fremde Leute würde ich eher nicht fragen [lacht]“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 745–755).

T2 nutzt ihre digitalen Technologien relativ selbstständig, benötigt bei einigen Anwendungen auf dem Laptop jedoch Unterstützung und erhält diese von ihrer Mutter (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 732–738). T4 benötigt hingegen bei der gesamten Nutzung digitaler Technologien Unterstützung von seinem Umfeld (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1082–1084). Aufkommende Fragen werden von den Eltern beantwortet (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 806–809).

Gesellschaftliche Faktoren

Nachfolgend werden die Diskussionen zu den Aspekten politische Regularien und Entscheidungen sowie gesellschaftliche Wertung zusammenfassend dargestellt.

Politische Regularien und Entscheidungen

Die Frage, ob die Teilnehmenden politische Regularien oder Gesetze in Bezug auf das Thema Digitale Teilhabe kennen, wurde von allen verneint:

„Also ich wüsste jetzt nicht, dass ich irgendwie einen Rechtsanspruch drauf hätte, Internetzugang zu haben, oder irgendwie wenn man wenig Geld hat, trotzdem die Möglichkeit, ein Handy zu bek… zu haben oder so. Wüsste ich jetzt nicht“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 971–979).

T1 verneint die Frage deutlich: „Nein, also nein, nein, nein, nein“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 992) und führt weiter aus, dass sie bisher die Geräte über den Regelsatz angeschafft hat, da sie keine anderen Möglichkeiten einer Finanzierung kennt (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 994–996).

Datenschutz

Zwei Teilnehmende sprachen den Aspekt des Datenschutzes an. T1 nutzt zur Kommunikation mit ihrer rechtlichen Betreuung den Messengerdienst WhatsApp, für die Kommunikation mit ihrer ambulanten Betreuung jedoch den Messengerdienst Telegram und begründet dies wie folgt:

„Genau, also genau mit meiner gesetzlichen schreibe ich über WhatsApp. Aber mit meiner ambulanten Betreuerin, mit der schreibe ich z. B. über Telegram. Gesetzliche Betreuer darf, also mit der darf ich über WhatsApp so im Kontakt bleiben, das ist ja was anderes. Aber mit der ambulanten Wohnbetreuerin, da ist es so, dass wenn wir schreiben, dann über Telegram. Weil das ist auch wegen Datenschutz auch sicherer so“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 378–383).

Dieselbe Teilnehmerin erwähnt später, dass sie ein Smartphone mit dem Betriebssystem Android nutzt, jedoch das Betriebssystem vom iPhone bevorzugen würde. Aus ihrer Sicht ist dies sicherer und kann nicht so einfach und schnell gehackt werden (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 461–463).

Auch T3 spricht den Themenkomplex Datenschutz an. Er nutzt keine freiverfügbaren WLAN-Angebote im öffentlichen Raum. Aus seiner Sicht ist die Nutzung „zu riskant“, daher nutzt er lieber mobile Daten oder ein sicheres Netzwerk (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 685–686).

Entsprechend ist das Thema Datenschutz bei den Teilnehmenden präsent und wird, wenn möglich, von ihnen im Alltag berücksichtigt.

Gesellschaftliche Wertung

Als weiteren gesellschaftlichen Einflussfaktor kann die gesellschaftliche Wertung identifiziert werden. T3 berichtet dazu:

„Ich habe mir jetzt letztens für recht teuer Geld ‘ne neue Grafikkarte geholt […]. Ja. Ein bisschen, abgesehen von dem, dass es natürlich auch immer ein kleines bisschen Prestigeobjekt in so manchen Altersgenerationen grade ist, dann ist das auch noch anders“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 896–899).

Digitale Technologien fungieren als Statussymbol bzw. werden als solches bewertet. Im Gesprächsverlauf wird das Thema gesellschaftliche Wertung erneut von T3 thematisiert. Hier schließt er die Nutzung eines iPhones aus:

„Das ist das, was mir eben einfiel zu der Frage, was ich nicht benutze. Das ist dann halt Apple, meistens halt aus Prinzip, weil halt andere es haben wollten, deswegen wollte ich es halt erst recht nicht benutzen“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 901–903).

Entsprechend können aus Perspektive der Teilnehmenden digitale Technologien auch genutzt werden, um sich von der Mehrheit abzugrenzen.

Chancen

Die Teilnehmenden nennen verschiedene Chancen, die sich aus dem Umgang mit digitalen Technologien ergeben. So berichten alle Teilnehmenden von einer vereinfachten Kommunikation und der Möglichkeit, durch digitale Technologien in Kontakt bleiben zu können. T4 sieht die Chance, auch unterwegs in Kontakt zu bleiben (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1158–1162). T1 berichtet, dass man über digitale Technologien, in diesem Fall Videotelefonie, mit Freunden in Kontakt bleiben kann (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 454–458) und betont die Möglichkeit einer schnelleren und ortsunabhängigen Kontaktaufnahme (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 204–207). Zudem erwähnt sie, dass digitale Technologien die Kontaktaufnahme erleichtern, da eine Person nicht erst aufgesucht werden muss, sondern direkt kontaktiert werden kann (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1191–1202). Vor allem die vereinfachte ortsunabhängige Kontaktaufnahme wurde hervorgehoben. So berichtet T4:

„Ja, halt schon dadurch erhöht, dass es alleine überhaupt möglich ist mit anderen im Kontakt zu bleiben, mit denen man sonst halt nicht halten könnte, weil meine zwei besten Freunde, der eine wohnt in Detmold, die andere in Paderborn“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 927–930).

T3 sieht einen Vorteil in den verschiedenen Kommunikationswegen, die digitale Technologien bieten: „Weil irgendwo anzurufen ist jetzt nicht so gerne meins“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 261–262). Für die Teilnehmenden würde der Zugang zur gewünschten sozialen Interaktion vereinfacht und dadurch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

Ein weiterer Vorteil wurde in der vereinfachten Orientierung durch Navigationsanwendungen gesehen. So empfindet T3 die Nutzung von Navigations-Apps wie Google Maps als hilfreich:

„Außerdem bin ich jetzt nicht der mit dem besten Orientierungssinn. Das ist dann ganz praktisch, dass dann auf dem Handy, das man mal eben anmachen kann und ähm und „Führ mich mal nach Hause“ oder so“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 261–266).

Der vereinfachte Zugang zu Wissen und Informationen wird von zwei Teilnehmenden als solcher wahrgenommen. T3 berichtet von einer generellen Erweiterung des Wissens durch digitale Technologien „Und von dem, das sowieso das Digitale halt schon den Horizont dann erweitert“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1216).

T1 nutzt z. B. den Dienst Google, um Informationen zu erhalten und Wissen zu generieren (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 533–534). Für T3 bietet das Internet die Möglichkeit, Dinge selbst zu recherchieren und Fachpersonen anzusprechen und so die Chance, den sozialen Raum sowie Informations- und Interaktionsmöglichkeiten zu erweitern. Können Fragen durch sein direktes Umfeld nicht beantwortet werden, sucht er sich Hilfe in Internet-Communitys und findet hier die benötigten Antworten (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 533–534).

Als weitere Chance werden die Erweiterung der Freizeitaktivitäten und der Unterhaltung gesehen. T1 berichtet von einem neuen Hobby (Fotos aufnehmen und bearbeiten), dass ihr durch digitale Technologien ermöglicht wird (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 563–566). Alle Teilnehmenden berichten von einer gesteigerten gesellschaftlichen Teilhabe durch die Nutzung digitaler Technologien (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 936–938, 958–961).

Risiken

Ausschließlich T1 berichtete von einem Nutzungsrisiko digitaler Technologien. Sie berichtet von der Gefahr einer exzessiven Nutzung bzw. von der Entwicklung von Verhaltenssüchten:

„Nachteile hat es, man ist einfach zu viel an diesen Geräten. […] So auch wenn man das sagt, man legt das jetzt vielleicht mal für, keine Ahnung, für zwei drei Stunden weg, schafft man das automatisch irgendwie nicht so immer, daran vorbeizugehen. Auch wenn man sagt, man legt sich jetzt mal für ein Stündchen, zwei Stündchen hin […]. Aber man schafft es einfach nicht so irgendwie immer so […]“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 534–540).

Auch im späteren Gesprächsverlauf kommt sie noch einmal auf dieses Risiko zurück und entwickelt einen Lösungsansatz:

„[…] Und manchmal fällt es mir halt manchmal nach einer gewissen Zeit schwer, so sich zu konzentrieren, wenn man dann, geh ich halt automatisch mal ans Handy so dran. Deswegen gebe ich das jetzt auch schon immer meinem Freund so, dass er so, dass ich nicht in die Versuchung gerate, so wie jetzt grade mal kurz mal aufs Handy zu gucken“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 534–540).

Auf Nachfrage können die anderen Teilnehmenden keine weiteren Risiken benennen: „Fällt mir jetzt nichts Vernünftiges ein“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 527).

8.2.1.2 Begriffsverständnis Digitaler Teilhabe

Im ersten Reflexionsformat konnten einzelne Verständnisansätze gesammelt werden. T4 verbindet mit Digitaler Teilhabe das Nutzen digitaler Geräte, wie dem Computer, Fernseher und Smartphone (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1153–1154). T3 setzt Digitale Teilhabe mit dem Zugang zu technischen Geräten gleich:

„T3: Ich glaube, dass das auch was mit dem Zugang zu tun hat, also jetzt halt die Möglichkeit, sich im digitalen Raum, also z. B. den Zugang zu den technischen Hilfsmitteln, die das überhaupt ermöglichen“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1168–1170).

Ein Ziel und somit Mehrwert Digitaler Teilhabe ist laut T3 die Möglichkeit, Kontakte aufrechtzuerhalten und einfacher an Informationen zu gelangen (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 927–932). Digitale Technologien helfen aus Sicht von T3 demnach dabei

„[…] Anteil zu nehmen, einerseits halt am sozialen Miteinander, was sich halt auch immer mehr ins Digitale verschoben hat, andererseits aber auch ähm dass man auch Wissen halt dadurch leichter und schneller erreichen kann oder so Allgemeininformationen, die man sonst nicht so leicht bekommt“ (s. Transkript Reflexionsformat I Z. 1175–1178).

Die Abschlussfrage nach dem Verständnis von Digitaler Teilhabe zeigte sich aufgrund ihres abstrakten Charakters als schwierig zu beantworten. Die gesammelten Verständnisansätze werden für das Reflexionsformat II zur erneuten Diskussion aufbereitet.

8.2.1.3 Schlussfolgerungen aus dem Reflexionsformat

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich in den Ergebnissen des Reflexionsformates I wesentliche Aspekte wiederfinden, die bereits aus dem Scoping Review hervorgegangen sind und entsprechend in dem literaturbasierten Definitions- und Modellentwurf (DDT1 und MDT1) aufgenommen wurden. Neben der Unterstreichung bereits bekannter Aspekte wurden ebenso neue Aspekte identifiziert.

Die einführende Frage nach dem Begriff Digitaler Teilhabe zeigt auf, dass dieser Begriff sehr abstrakt wahrgenommen wird. Digitale Teilhabe wird aus der Perspektive der MgB mit der Anteilnahme am sozialen Miteinander und den Zugang und die Nutzung von vereinfachten Informations- und Kommunikationswegen erklärt. Die subjektiven Begriffsverständnisse werden in dem Reflexionsformat II vertieft. Mit Blick auf den literaturbasierten Definitions- und Modellentwurf (DDT1 und MDT1) zeigen sich diesbezüglich Parallelen, da laut T1 Teilhabe an digitalen Technologien durch einen möglichst zielgruppenorientierten und gleichberechtigten Zugang zu Hardware, Software und Infrastruktur sowie eine selbstbestimmte Nutzung durch Medienkompetenzen entsteht. Der Definitionsentwurf DDT1 wird entsprechend nicht angepasst und zur Diskussion in die Fokusgruppe gegeben.

Von den im Modellentwurf MDT1 angeführten potenziellen Einflussfaktoren auf die Nutzung digitaler Technologien durch MgB werden einige Faktoren im Rahmen des Reflexionsformates I im Kontext Digitaler Teilhabe unterstrichen. Da der Fokus des Reflexionsformates I jedoch auf einem ersten Themeneinstieg und dem Nutzungsverhalten lag, ist an dieser Stelle angemerkt, dass nicht alle potenziellen Einflussfaktoren aus MDT1 ausführlich thematisiert wurden.

Mit Blick auf zugangsbezogene Aspekte wird deutlich, dass die Medienausstattung und -verfügbarkeit die Nutzung digitaler Technologien durch MgB beeinflusst. So erschwert eine unzureichende Internetverbindung aufgrund wenig ausgebauter Infrastrukturen außerhalb des häuslichen Umfeldes die Nutzung digitaler Technologien. Dieser Aspekt scheint vor allem stark mit sozioökonomischen Faktoren und organisationalen Faktoren (Arbeitssetting) verschränkt, denn die Teilnehmenden betonen, dass eine kostenfreie Internetnutzung, vor allem in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe, für den digitalen Alltag von Bedeutung sei. Auch weitere den umweltbezogenen Faktoren zugehörige Faktoren werden in ihrer Einflussnahme auf die Nutzung digitaler Technologien durch die Teilnehmenden unterstrichen. So stellen sich Hindernisse durch technisch-funktionale Barrieren, durch redaktionelle und inhaltliche Barrieren sowie durch das Design der Benutzerschnittstellen als ausschlaggebend für eine skeptische Haltung und ausbleibende Nutzung heraus. Letzteres lässt jedoch ebenso einen Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Status der Person erkennen, da in dem Diskussionsbeispiel ein eher hochpreisiges digitales Endgerät thematisiert wurde.

Hinsichtlich der personenbezogenen Faktoren kann der sozioökonomische Faktor eines Nutzenden als Einflussfaktor benannt werden, da finanzielle Aspekte während des Reflexionsformates I sehr präsent sind. Der Einflussfaktor technische, digitale und (Medien-)Kompetenz wird eher weniger thematisiert, dafür werden eher digitale Technologien diskutiert, mit denen die Teilnehmenden bereits umgehen können. Die Einstellung gegenüber digitalen Technologien auf Seiten der MgB ist hingegen deutlich als Einflussfaktor hervorzuheben. Digitale Technologien lassen sich aus dem Alltag der Teilnehmenden nicht mehr wegdenken, sodass diese einen hohen Stellenwert erreichen und die Nutzung mit hoher Motivation und einer positiven Grundhaltung einhergeht. Damit hängt der neue Aspekt der vorliegenden Nutzungsmotive und -wünsche des Nutzenden zusammen, die in MDT1 nicht als potenzielle Einflussfaktoren thematisiert werden. Diese sind entsprechend in dem überarbeiteten Modell Digitaler Teilhabe aufzunehmen. Hinsichtlich der organisationalen Faktoren können aus MDT1 lediglich die potenziellen Einflussfaktoren Unterstützung, Einstellung und Kompetenzen Dritter durch das Reflexionsformat I bestätigt werden. Mit Blick auf die gesellschaftlichen Faktoren wurde bei der Thematisierung von politischen Regularien und Entscheidungen vor allem der Aspekt des Datenschutzes hervorgehoben, sodass dieser als besonderer Punkt unter politischen Regularien und Entscheidungen in MDT1 zu verorten ist. Der potenzielle Einflussfaktor gesellschaftliches Umdenken aus MDT1 wird ebenso um den Aspekt der gesellschaftlichen Wertung ergänzt, da die Nutzung digitaler Technologien davon beeinflusst werden kann, ob man sich von einer gesellschaftlichen Gruppe abgrenzen möchte und eine digitale Technologie auswählt, die nicht dem gesellschaftlichen Mainstream entspricht.

Somit wurde der Modellentwurf MDT1 um den personenbezogenen Faktor Nutzungsmotive/-wünsche und den gesellschaftlichen Faktor gesellschaftliche Wertungen ergänzt. Durch diese Änderungen (in der Abbildung unterstrichen) entstand der Modellentwurf Digitaler Teilhabe für MgB (MDT2) (s. Abb. 8.7, S. 249).

Abb. 8.7
figure 7

(Quelle: Eigene Darstellung)

Überarbeiteter Modellentwurf (MDT2).

Die überarbeitete Version des Modellentwurfs MDT2 aus dem Reflexionsformat I wurde gemeinsam mit dem literaturbasiert entwickelten Definitionsentwurf DDT1 zur Diskussion in die Fokusgruppe I zur Diskussion mit wissenschaftlichen und praxisbezogenen Experten gegeben.

8.2.2 Fokusgruppe I

Die erste Fokusgruppe im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit wurde am 26.10.2021 über die Videokonferenzplattform Zoom durchgeführt. Folgende Fragestellungen sollten beantwortet werden:

  • Berücksichtigen die literaturbasiert entwickelten Definitions- und Modellentwürfe zu Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe relevante Aspekte aus der Perspektive der Sozial-, Medienwissenschaften, Medienpädagogik sowie der Eingliederungshilfe?

  • Welche Aspekte sollten in den entwickelten Definitions- und Modellentwürfen zur Digitalen Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe aus der Perspektive der Sozial-, Medienwissenschaften, Medienpädagogik sowie der Eingliederungshilfe ergänzt, vertieft oder verändert werden?

Entsprechend lag der Fokus zunächst auf dem Definitionsentwurf DDT1 sowie dem Modellentwurf MDT2 aus dem zuvor durchgeführten Scoping Review sowie den Ergänzungen aus dem ersten Reflexionsformat mit Vertretern der Zielgruppe MgB. Nachfolgend werden die Aussagen der Teilnehmenden der Fokusgruppe I in Bezug auf den Definitionsentwurfs DDT1 sowie den Modellentwurf MDT2 analysiert.

8.2.2.1 Definitionsentwurf Digitale Teilhabe (DDT1)

Der Definitionsentwurf Digitaler Teilhabe (DDT1) wurde im Rahmen der Fokusgruppe I konstruktiv diskutiert. Anhand der Diskussion entlang des folgenden Definitionsentwurfs (DDT1) wurden positive Eindrücke, allgemeine Änderungsvorschläge sowie Vorschläge zu einzelnen Begrifflichkeiten gesammelt, die nachfolgend dargestellt werden.

  • Digitale Teilhabe bedeutet das Eingebundensein in eine Lebenssituation durch die multidimensionale Teilhabe an, durch und in digitalen Medien sowie Technologien.

  • Dabei entsteht Digitale Teilhabe an digitalen Medien sowie Technologien durch einen möglichst zielgruppenorientierten und gleichberechtigten Zugang zu Hardware, Software und Infrastruktur sowie eine selbstbestimmte Nutzung durch Medienkompetenzen. Die Digitale Teilhabe durch digitale Medien sowie Technologien beschreibt darüber hinaus Technologien als Werkzeug, um Zugang zu gesellschaftlichen Bereichen und dortigen Aktivitäten zu schaffen. Teilhabe in digitalen Medien und Technologien entsteht durch Präsenz- und aktive Mitgestaltungsmöglichkeiten.

  • Für MgB wird Digitale Teilhabe als Möglichkeit gesehen, vor allem beeinträchtigungsbedingte Teilhabebarrieren zu kompensieren sowie gesellschaftlich und politisch teilzuhaben. Eine wichtige Voraussetzung dabei ist das Vorhandensein von Medienkompetenzen bei MgB und den Bezugspersonen. Digitale Teilhabe kann dabei als dynamischer Prozess verstanden werden, der durch umweltbezogene, personenbezogene, organisationale und gesellschaftliche Faktoren beeinflusst wird.

Positive Eindrücke

Die Experten der Fokusgruppe nehmen die Intention des Forschungsvorhabens positiv wahr. Die Entwicklung einer Definition Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe sowie die darauf aufbauende Entwicklung eines Erhebungsinstrumentes werden aufgrund der geringen Literaturbasis als „dringend erforderlich“ und entsprechend als „lobenswert“ betont (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 427–428).

Mit Blick auf den Definitionsentwurf (DDT1) wird zunächst die Transparenz der verwendeten Literatur als Entwicklungsgrundlage positiv hervorgehoben. Durch den bis dato als sehr gering wahrgenommenen Literaturkorpus zum Thema Digitale Teilhabe von MgB wird der wesentliche Inhalt von DDT1 als umfassend beschrieben (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 384–387). Auch die Bezüge zu dem ICF-Modell werden erkannt und als geeignet herausgestellt, vor allem, da dieses die Relevanz von umwelt- und personenbezogenen Einflussfaktoren auf das „Einbezogensein oder die Teilhabe an digitalen Medien“ hervorhebt (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 392).

Änderungsvorschläge

Neben positiven Eindrücken wurden konstruktive Änderungsvorschläge diskutiert. Die separate Aufführung von organisationalen und gesellschaftlichen Faktoren werfen hingegen eine erste Verständnisfrage bei einem Teilnehmenden auf, da auch diese Faktoren nach dem Verständnis des ICF-Modells unter den umweltbezogenen Einflussfaktoren zu subsumieren seien. Für einen Teilnehmenden ist die Differenzierung nicht ohne näheren Literaturhintergrund ersichtlich (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 395–401). Die Kategorisierung von umweltbezogenen, organisationalen und gesellschaftlichen Faktoren wird diskutiert und die Intention der Verortung erläutert. Durch die Zielgruppendefinition der MgB in der Eingliederungshilfe wird der Wohnkontext als elementarer Bestandteil der Zielgruppe betrachtet und dadurch erhalten organisationale Einflussfaktoren auf Digitale Teilhabe von MgB eine besondere Bedeutung. Aus dem Scoping Review (s. Abschnitt 8.1.4, S. 193) geht hervor, dass mit Blick auf die Nutzung digitaler Technologien sowohl der Wohnkontext als auch die Unterstützung Dritter (beispielsweise durch Mitarbeitende der Eingliederungshilfe) als Einflussfaktor diskutiert werden. Dennoch können die Faktoren des organisationalen Bereichs den umweltbezogenen Faktoren zugeordnet werden, sodass diese nun unter umweltbezogene Faktoren subsumiert sind.

Nach der ersten Vorstellung des Entwurfes wurde die Definition nach Sinnabschnitten diskutiert. Die Diskussion des ersten Satzes zeigt, dass einige Begrifflichkeiten wie beispielsweise Eingebundensein und Lebenssituation begrifflich operationalisiert werden sollten, um ein näheres Verständnis entwickeln zu können (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 312–315).

Digitale Teilhabe bedeutet das Eingebundensein in eine Lebenssituation durch die multidimensionale Teilhabe an, durch und in digitalen Medien sowie Technologien.

Mit der Operationalisierung ginge jedoch auch ein längerer Definitionstext einher, was der Idee einer Begriffsdefinition entgegensteht. Ein Vorschlag der Experten ist, eine Kurzdefinition und eine Langdefinition mit der Operationalisierung komplexerer Begrifflichkeiten zu formulieren (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 561–566).

Ebenso wird diskutiert, dass eine Begriffsdefinition nicht durch den Einbezug von Teilbegriffen definiert werden sollte. In diesem Fall wird der Begriff Digitale Teilhabe im ersten Satz mit dem Begriff multidimensionale Teilhabe erklärt. Der Begriff Teilhabe sei an dieser Stelle redundant und sollte aus Sicht der Experten gestrichen werden (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 577–583).

Ebenso wird die Zielgruppe in Bezug zum Definitionstext diskutiert. Laut T1 könnte der Definitionstext in seinen ersten beiden Abschnitten über die Zielgruppe hinaus für die Allgemeinheit gültig sein. Da die Literaturgrundlage zur Erstellung des Definitionsentwurfs zielgruppenbezogen auf MgB recherchiert wurde, kann hier zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich von einer Gültigkeit für das Verständnis von Digitaler Teilhabe von MgB ausgegangen werden. Ob die ersten beiden Textabschnitte des Definitionsentwurfs auch auf die Allgemeinheit zutreffend sind, liegt zwar nahe, müsste allerdings in einer zielgruppenunspezifischen Literaturarbeit geprüft werden (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 294–310).

Der Fokus auf die Zielgruppe MgB wird darauffolgend diskutiert. Die Unterscheidung von MgB in die Beeinträchtigungsgrade leicht, mittelgradig, schwer und schwerst ist im englischsprachigen Raum üblich. Die Fokussierung auf Graduierungen einer geistigen Beeinträchtigung würde jedoch bedeuten, dass der über die Intelligenzdiagnostik errechnete Intelligenzquotient eine Rolle bei der Digitalen Teilhabe einnimmt und eine valide Messung bei der Erhebung von Digitaler Teilhabe notwendig wäre. Eine solche valide Messung in der Intelligenzdiagnostik sei jedoch problematisch und nicht umsetzbar (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 421–423, 428–438, 446–453). Dieser Ansicht stimmen die Experten aus der Praxis zu, da eine ressourcenorientierte Perspektive eingenommen werden sollte, die sich nicht primär am Grad der Beeinträchtigung misst (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 546–549). Vor diesem Hintergrund festigt sich die Bezeichnung der Zielgruppe. Entsprechend wird der Grad der geistigen Beeinträchtigung in der Definition Digitaler Teilhabe nicht fokussiert.

Ein Experte aus der Praxis (T2) führt ebenso an, dass die Definition bislang sehr positiv ist und ein kritischerer Blick auf die Risiken durch Digitale Teilhabe auch Teil der Definition sein sollte:

„Aber ich weiß nicht, ob da irgendwie nicht auch so ein bisschen das Risiko mit in der Definition einfließen sollte. Ich kann nicht genau, also ich weiß es nicht. Aber das ist mir auch noch in den Kopf gekommen“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 549–551).

Die ausführliche Beschreibung der Chancen und Risiken durch Digitale Teilhabe wird in der Ergebnisdarstellung des Scoping Reviews vorgenommen (s. Abschnitt 8.1.5, S. 217, Abschnitt 8.1.6, S. 224). Für die Überarbeitung des Definitionstextes wird nach Diskussion mit den Experten die Ergänzung eines weiteren kurzen Textabschnittes zu Chancen und Risiken durch Digitale Teilhabe festgehalten.

Begrifflichkeiten

Neben den allgemeinen Änderungsvorschlägen bzgl. des Definitionstextes wurden inhaltliche Diskussionen zur Operationalisierung komplexerer Begriffe angeleitet, die nachfolgend ergebnisorientiert und entlang der Textabschnitte zusammengefasst werden. Die Ausführung zur Operationalisierung wird für die Ausarbeitung der Langversion verwendet, in der Kurzversion wird auf die Ausführung aufgrund der beabsichtigten Kürze verzichtet.

Digital

Zum Begriff digital können in der Wissenschaft verschiedene Perspektiven eingenommen werden. So diskutieren die Experten die technische und gesellschaftliche Perspektive auf den Begriff digital und damit zusammenhängende Bedeutungen, die auch bereits im Abschnitt 4.1 aufgegriffen wurden. Am Ende der Diskussion soll in der Langdefinition festgehalten werden, ob mit digital mehr als ein technologisches Artefakt oder Kodes gemeint sind und ob von digitaler Nutzung gesprochen werden kann, wenn ein digitales Gerät analog genutzt wird (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 320–328).

Digitale Medien und digitale Technologien

Anknüpfend an die Diskussion des Begriffsverständnisses von digital werden die Definitionsbestandteile digitale Medien und digitale Technologien thematisiert. Eine trennschärfere Betrachtung und Unterscheidung beider Begrifflichkeiten, die bereits in Abschnitt 4.1 (s. S. 47) vorgenommen wurde, sollte auch in der Definition aufgegriffen werden. Der Einbezug von Medien der ersten und zweiten Ordnung und ob unter digitale Technologien ausschließlich digitale Endgeräte oder auch digitale Medien verstanden werden, muss aus der Operationalisierung von digitalen Medien und Technologien hervorgehen (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 456–461). Dies gilt vor allem, da digitale Medien und Technologien bei einem unterschiedlichen Verständnis verschiedene Indikatoren zur Quantifizierung benötigen. Unter anderem sind unterschiedliche Kompetenzen notwendig und unterschiedliche Auswirkungen auf den Nutzenden zu berücksichtigen (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 498–505). Diese Anmerkungen zur Operationalisierung werden für die Langdefinition aufgegriffen. Bei der Kurzdefinition wird von der Ausführung zur Operationalisierung abgesehen.

Teilhabe

Nach Abschluss der Diskussion der digitalen Begrifflichkeiten wurde die Erklärung des Teilhabebegriffs thematisiert. Die gewählte Begriffserklärung des Eingebundenseins ist angelehnt an das Verständnis der WHO. Diese Begriffserklärung wird im Diskurs als „relativ schwach für eine Operationalisierung von Teilhabe“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 329) empfunden. Denn „Teilhabe hat für [einen Experten aus der Wissenschaft] etwas mit Eigenständigkeit zu tun“ und würde demnach über die Grenzen des Begriffs Eingebundensein hinausgehen (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 328–331). „Eingebundensein hörte sich für mich nicht nach […] Eigenständigkeit oder nach Kompetenz an, sondern so nach einem dabei [sein]“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 333–335).

Ein Experte aus der Praxis merkt ebenso an, dass sowohl der Begriff Teilhabe als auch die Bezeichnung der aktiven Mitgestaltungsmöglichkeiten nicht zutreffend sind, um auch die initiierenden Gestaltungsmöglichkeiten durch MgB aufzugreifen.

„Warum spricht man hier auch wieder von einer Mitgestaltungsmöglichkeit? [D]as heißt wieder dieses Wort „mit“ ist für mich determiniert, also da ist wieder, ich kann bei irgendetwas mitmachen. Auch, dass ich selbst etwas entwickle und mit reinbringe. Also eine aktive Gestaltungsmöglichkeit […] wäre für mich einfach ein besserer Begriff als wieder nur „mitzugestalten“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 521–528).

Ihrer Meinung nach geht das, was sie als Teilhabe versteht, über den Begriff der Teilhabe hinaus und wird durch den Begriff der Teilgabe eher abgebildet (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 515–518, 521–532).

Lebenssituation

Anknüpfend an die Diskussion des Begriffs des Eingebundenseins in eine Lebenssituation, wird der Begriff Lebenssituation diskutiert. Auch dieser Begriff sollte in der Langversion der Definition operationalisiert werden, um zu verdeutlichen, ob dahinter ein Verständnis von Transformation der Gesellschaft oder des Individuums liegt (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 343–346).

Auch mit Blick auf die Digital-Divide-Forschung und die Perspektiven, die dazu eingenommen werden können (s. Abschnitt 4.3, S. 58), trägt die Verwendung des Begriffs Lebenssituation zu einer besseren Operationalisierbarkeit von Digitaler Teilhabe bei.

Die First Level Divide gibt Auskunft über die Ungleichheit in Bezug auf den Zugang zu digitalen Technologien. Aus Sicht der Experten spielt die First Level Divide eine Rolle, jedoch sind Erkenntnisse zur Second Level Divide und Third Level Divide dringend notwendig, um über den Besitz von digitalen Technologien hinaus zu erkennen, welche „life chances“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 415) und folglich welcher Mehrwert gegenüber analogen Medien oder Anwendungen sich aus der Nutzung von digitalen Technologien für MgB ergeben (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 401–420). Auch der Ausdruck der sozialen Innovation wird in diesem Zusammenhang thematisiert (s. nachfolgender Abschnitt). Der Begriff Lebenssituation wird im Zusammenhang mit Teilhabe abschließend als treffend und spannend bezeichnet, da er den Einbezug des Begriffs der sozialen Innovationen zulässt.

„[D]as Handeln, was man tun will, da hängt das glaub ich eng mit zusammen, aber es entfernt auch ein bisschen von etwas, was ich auch stark mit der digitalen Teilhabe verbinde, nämlich der Transformation unserer Gesellschaft (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 335–340).

Soziale Innovation

Der Begriff soziale Innovation wird unter den wissenschaftlichen Experten insofern als spannend betrachtet, da dieser den bereits bestehenden Diskurs zur Digitalen Teilhabe dahingehend produktiv fördert, dass nicht die Nutzung der digitalen Technologien hinterfragt wird, sondern vielmehr die soziale Handlung dahinter im Fokus steht, also das, was die Menschen mit digitalen Technologien machen (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 348–362).

Nach Abschluss der Diskussion des ersten Textabschnittes wird der zweite Textabschnitt diskutiert.

Dabei entsteht Digitale Teilhabe an digitalen Medien sowie Technologien durch einen möglichst zielgruppenorientierten und gleichberechtigten Zugang zu Hardware, Software und Infrastruktur sowie eine selbstbestimmte Nutzung durch Medienkompetenzen. Die Digitale Teilhabe durch digitale Medien sowie Technologien beschreibt darüber hinaus Technologien als Werkzeug, um Zugang zu gesellschaftlichen Bereichen und dortigen Aktivitäten zu schaffen. Teilhabe in digitalen Medien und Technologien entsteht durch Präsenz- und aktive Mitgestaltungsmöglichkeiten.

Digitale Teilhabe

Die Begriffserklärung der Digitalen Teilhabe mithilfe des Begriffs Teilhabe wird in der Diskussion der Experten als problematisch angesehen, da die Verwendung des Eigenbegriffs zur Worterklärung ungeeignet ist. Daher sollte die Operationalisierung des Begriffs Teilhabe vor oder nach der Erläuterung eingefügt werden (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 315–318). Die Experten schlagen vor, auf die Mehrebenen der Teilhabe (beispielsweise Teilhabe an Politik, Familie und Gesundheit) oder Lebensbereiche in der Definition hinzuweisen, um die Zuordnung des Themas Digitale Teilhabe zu diesen sich zunehmend digitalisierenden Bereichen zu verdeutlichen (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 340–343).

Ebenso wird die Platzierung des Adjektivs digital vor dem Begriff Teilhabe durch einen wissenschaftlichen Experten aus sozialwissenschaftlicher Perspektive beleuchtet und mit dem Begriff der Digitalität bzw. mit der Kultur der Digitalität ergänzt. Dabei zeigt sich der Bedarf, im Rahmen der Definition alle drei Dimensionen (an, in und durch) gleichermaßen zu beleuchten, um die Frage zu klären: „Warum braucht man dieses digital vor Teilhabe noch?“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 490–491). Hierfür müssen alle drei Dimensionen in der Definition gleichermaßen beschrieben werden, um sich von Ausdrücken wie „Teilhabe in einer digitalen Gesellschaft oder in einer Digitalität, in einer Kultur der Digitalität“ abzugrenzen (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 487–496).

Aus Sicht der Experten aus der Praxis ist die Begriffsdefinition von Digitaler Teilhabe zufriedenstellend und weist durch die Nähe zur WHO-Definition von Teilhabe eine reale Praxisnähe auf (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 963–971).

Medienkompetenzen

Der letzte Diskussionspunkt zu dem zweiten Textabschnitt ist die Operationalisierung des Begriffs Medienkompetenzen. Hier sei für die Langversion der Definition von Digitale Teilhabe von MgB eine Begriffserklärung von Medienkompetenzen anzuführen:

„Ist das nur das Wissen, dass es digitale Medien oder digitale Technologien gibt? Oder ist das eher die Kompetenz, dass ich weiß, wie ich mit diesen Medien oder Endgeräten oder Technologien umzugehen habe? Oder auch das Wissen, wie ich dieses Wissen wie ich damit umzugehen habe, auch an andere vermitteln kann[?]“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 465–469).

Ein Experte weist im Anschluss auf verschiedene Definitionsentwürfe hin, vor allem auf den Definitionsentwurf von Baacke (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 470–471). Der Begriff Medienkompetenzen und verschiede Definitionsentwürfe (beispielsweise auch nach Baacke [1997]) wurde bereits in Abschnitt 4.4 (s. S. 68) näher beleuchtet und ein Verständnis des Begriffs Medienkompetenzen erarbeitet. Dieses wird in die Langversion von Digitaler Teilhabe zur besseren Nachvollziehbarkeit überführt.

Nach Abschluss der Diskussion des zweiten Textabschnittes wird abschließend der dritte Textabschnitt näher beleuchtet.

Für MgB wird Digitale Teilhabe als Möglichkeit gesehen, vor allem beeinträchtigungsbedingte Teilhabebarrieren zu kompensieren sowie gesellschaftlich und politisch teilzuhaben. Eine wichtige Voraussetzung dabei ist das Vorhandensein von Medienkompetenzen bei MgB und den Bezugspersonen. Digitale Teilhabe kann dabei als dynamischer Prozess verstanden werden, der durch umweltbezogene, personenbezogene, organisationale und gesellschaftliche Faktoren beeinflusst wird.

Chancen

Ein Experte bemerkt kritisch, dass das verwendete Wort kompensieren Diskriminierungspotenzial aufwirft. Die dahinterliegende Intention, den Begriff Beeinträchtigung zu operationalisieren, sei nachvollziehbar, jedoch sollte dahingehend noch einmal überlegt werden, ob ein anderer Begriff mit geringerem Diskriminierungspotenzial zumindest im Rahmen der Definition verwendet wird (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 474–483).

Faktoren

Zuletzt werden die skizzierten Einflussfaktoren auf Digitale Teilhabe diskutiert und insgesamt als umfassend bezeichnet, da sie die Dimensionen des ICF-Modells widerspiegeln. Daher eignen sich diese Dimensionen des ICF-Modells sehr gut, um „das Einbezogensein oder die Teilhabe an digitalen Medien […] damit zu erfassen“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 391–392).

Die Faktorengruppen sind in dem Definitionsentwurf nicht näher ausdifferenziert. Entsprechend wird beim Lesen des Definitionsentwurfs – ohne Ergänzung durch den Modellentwurf – deutlich, dass für ein besseres Verständnis der Faktorengruppen Beispiele nützlich sein könnten. Dementsprechend würde ein Experte die organisationalen und gesellschaftlichen Faktoren entlang der Dimensionen des ICF-Modells unter den Umweltfaktoren subsumieren (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 394–399, 440–446).

Neben der Zuordnung der Faktorengruppe wird außerdem die inhaltliche Unterteilung der Faktorengruppen diskutiert. Ein Experte aus der Wissenschaft bringt mit Blick aus der Usability- und Userexperience-Forschung zur Beschaffenheit von Software die Faktorengruppe architektonische oder hardwarebasierte Faktoren ein (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 505–511). Diese Faktoren sind derzeit in dem Modellentwurf unter umweltbezogene Faktoren erfasst, dies geht aus dem Definitionsentwurf jedoch nicht hervor, da die Nennung der Faktoren in den jeweiligen Faktorengruppen zu feingliedrig wäre.

Neben dem Definitionsentwurf DDT1 wurde ebenfalls der Modellentwurf MDT2 in der Fokusgruppe I diskutiert.

8.2.2.2 Modellentwurf Digitale Teilhabe (MDT2)

Zur Reduktion der Komplexität wurde aus der Conceptual Map (s. Abschnitt 8.1.7, S. 229) der erste Modellentwurf Digitaler Teilhabe (MDT1) entwickelt und durch das Reflexionsformat I angereichert (MDT2). Dieser Entwurf (s. Abb. 8.7, S. 249) wurde den Teilnehmenden der Fokusgruppe zusammen mit den Arbeitsmaterialien zur Vorbereitung zur Verfügung gestellt.

Im Folgenden werden die Aussagen der Teilnehmenden analysiert. Zunächst wurden in der Fokusgruppe der Modellaufbau sowie die Modellelemente betrachtet. Die Aussagen der Teilnehmenden zur Operationalisierbarkeit und zu potenziellen Einflussfaktoren werden dargestellt. Zum Schluss dieses Kapitels werden die Änderungsvorschläge sowie die positiven Eindrücke der Teilnehmenden in Bezug zum Modell ausgewertet.

Modellaufbau

Nach einer kurzen Einführung in den Modellentwurf MDT2 durch die Gesprächsführende 1 [GF1] wurden die Teilnehmenden aufgefordert, ihren ersten Eindruck in Bezug auf Aufbau von MDT2 zu schildern (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 632–659).

Für T7 wirkt das Modell zu linear. Teilhabe wird von ihm als ein reflexiver Prozess verstanden, dies sollte auch das Modell widerspiegeln. Er erläutert das mit einem Beispiel:

„Für mich wirkt das sehr linear, auch schon durch die Pfeile. Also es geht von oben nach unten und ich glaube, dass Teilhabe aber ein deutlich reflexiverer Prozess ist. Also hier wird immer mit dem Zugang begonnen, aber vielleicht nutzt man auch etwas und nutzt Zugangsgeräte von anderen, dann ist der Zugang auch mal wieder weg, aber man hat die Kompetenzen noch. In der Gesamtschau wirkt das jetzt sehr linear, aber ich würde mir eher was mit Kreisen vorstellen“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 661–666).

Auch T2 würde sich das Modell eher als zyklische Darstellung wünschen, um die Abhängigkeiten der einzelnen potenziellen Einflussfaktoren zu verdeutlichen (s. Fokusgruppe I Z. 872–874). Ähnlich argumentiert T3: „Ähm aber ich seh das halt ähnlich, also es müsste irgendwie zusammenhängender noch wirken und ich fand auch mehrere Kommentare gerade sehr passend dazu“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 880–882).

T8 verweist dabei zusätzlich auf mögliche Interaktionseffekte, die zwischen den einzelnen Faktoren entstehen und bestehen können. Auch hier wird ein Beispiel angeführt:

„[…] weil man sich hier verschiedene Faktoren anguckt, würde ich auch versuchen, Interaktionseffekte herauszufinden. Also ich glaube nicht, dass soziodemographische Faktoren alleine stehen, sondern immer eine Wirkung haben. Zum Beispiel durch die Unterstützung Dritter und so weiter. Also das müsste glaube ich auch nochmal jeweils im Kontext betrachtet werden, dass sich die einzelnen Faktoren, die jetzt hier angefügt worden sind, nicht für sich alleine stehen, sondern auch immer mit den anderen Faktoren interagieren“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 765–772).

Zudem wird die Darstellung der Teilhabeprozesse innerhalb der Fokusgruppe diskutiert. Für T7 führt die getrennte Darstellung der verschiedenen Prozesse zu Fragen: „Vielleicht könntet ihr nochmal erklären, wie ihr ganz unten die verschiedenen Prozesse voneinander trennt? Politisch, wirtschaftlich, kulturell, sozial. Und wozu das Ganze?“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 899–902). Nach einer kurzen Erläuterung durch GF2 (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 903–911) merkte T8 an, dass auch sie diesen Modellteil anders darstellen würde. Sie interpretiert die Darstellung im MDT2 folgendermaßen:

„Ich glaub, ich würde das irgendwie anders darstellen, weil jetzt sieht es irgendwie so aus, als wären gesellschaftliche und Digitale Teilhabe irgendwie getrennt oder würden irgendwie auf einander fließen, weil letztendlich ist ja Digitale Teilhabe, ja auch etwas der gesellschaftlichen Teilhabe bzw. ohne Digitale Teilhabe gibt es oder kann man nicht an der Gesellschaft teilhaben. Das gehört für mich halt irgendwie dazu und das ist jetzt irgendwie so zumindest optisch in dieser Darstellung anders zugespitzt“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 911–918).

Die Rückmeldungen der Fokusgruppenteilnehmenden werden in Bezug auf die Operationalisierbarkeiteinzelner Faktoren nachfolgend aufgezeigt.

Potenzielle Einflussfaktoren

Dabei wurden potenzielle Einflussfaktoren auf Digitale Teilhabe von MgB diskutiert. Diese sind im Modell als Zahnräder dargestellt und unterscheiden umweltbezogene, personenbezogene, organisationale und gesellschaftliche Faktoren. Die jeweiligen potenziellen Einflussfaktoren werden zudem weiter untergliedert. Wie bereits in der Fokusgruppendiskussion zu DDT1, werden auch Anmerkungen für MDT2 nach organisationalen und gesellschaftlichen Faktoren separiert. Die Trennung von umweltbezogenen, organisationalen und gesellschaftlichen Faktoren wird diskutiert und die Intention der Verortung erläutert (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 709–797). Die aufgeführten Punkte in Bezug auf die Definition finden ebenfalls Berücksichtigung in der Überarbeitung des Modells. Diese baut auf der Definition auf und berücksichtigt die gleichen potenziellen Einflussfaktoren. Neben dieser kritischen Betrachtung der Separation wird zudem vorgeschlagen, die Stärke des potenziellen Einflussfaktors zu quantifizieren:

„Also ich finde auch am interessantesten eigentlich, welche Indikatoren wirklich am stärksten sind? Also die Studien, die ich ja zum Teil auch selbst durchführen durfte, also mich interessiert z. B. total, wie stark sich eben ambulantes oder stationäres Wohnsetting auswirkt. Also weil das hab ich zumindest im Kopf, das ist eine der größten Einflussfaktoren tatsächlich sein kann, aber dann eben auch die Medienkompetenz, egal jetzt, welchen Begriff man da genau zugrunde legt, aber eben auch der Mitarbeiter […]“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 720–727).

Eine Ergänzung zu den potenziellen Einflussfaktoren wurde von T1 aus Sicht der Praxis vorgenommen. Als ein wesentlicher Einflussfaktor wird hier die Refinanzierung von Digitaler Teilhabe gesehen. Innerhalb eines konkreten Projektes wurde die Erfahrung gemacht, dass sich das Thema der Refinanzierung von Unterstützungsleistungen elementar auf die langfristige Verstetigung von Maßnahmen bzw. die Verstetigung von Projekten im Bereich Digitaler Teilhabe auswirkt (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 849–866). T1 ist dementsprechend der Auffassung,

„[…] dass das Thema der Refinanzierung beleuchtet werden muss und das ist einfach das, was wir in unserer praktischen Arbeit gerade ganz deutlich feststellen. Digitale Teilhabe […] muss da abgebildet sein, weil wir da dann genau die Schwierigkeiten bekommen, wenn Unterstützungsleistung notwendig ist und digitale Leistungen […] über [das] Gesamtplanverfahren verordnet bekommen haben, wir sie aber gar nicht umsetzen können, weil wir gar nicht die Möglichkeiten haben, diese Leistungen dann zu erbringen, also da werden wir auch in Schwierigkeiten […] kommen“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 856–864).

T6 ergänzt hier Hinweise zum gesetzlichen Rahmen, indem er das BTHG und die Abrechnung bzw. die Refinanzierung von Digitalen Teilhabeleistungen über Fachleistungsstunden thematisiert. Auch aus seiner Sicht sollten die potenziellen Einflussfaktoren hierum ergänzt werden (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 842–847).

Änderungsvorschläge

Aus der Diskussion des Modellentwurfs MDT2 ergeben sich Änderungsvorschläge, die nachfolgend aufgeführt werden. T6 merkt an, dass der neue Teilhabebericht eine inhaltliche Lücke in Bezug auf das Thema Digitale Teilhabe aufweist. Er schlägt vor, die weitere Ausarbeitung an der Vorgehensweise der Teilhabeberichterstattung zu orientieren. Dies würde zu einer Anschlussfähigkeit an die Teilhabeberichterstattung führen. Aus der Teilnehmersicht ist dies durch die indikatorengestützte Vorgehensweise sinnvoll und möglich (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 729–738).

Ferner macht T6 den Vorschlag, kenntlich zu machen, auf welchen Grundlagen der Modellentwurf MDT2 fußt. Er schwächt diesen Einwand jedoch ab, indem er auf die bereits verfassten Dissertationsabschnitte zum Hintergrund des Forschungsvorhabens verweist (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 836–839). T5 merkt an, dass der Einbezug weiterer Forschungsstränge in die Weiterentwicklung des Modells interessant sein könnten:

„Genau, ich wollte einmal kurz fragen, weil ihr gerade gesagt habt, ok das mit den Wertungen und mit den Nutzungsmotiven und -wünschen habt ihr noch mit reingenommen. Inwieweit ihr die ganze sozialpsychologische Forschung dazu also generell Technologieakzeptanz also TAM 1, 2, 3 von Davis und Kolleginnen mit auf dem Schirm gehabt und mit reingenommen habt. So wie die ganze Usability-Forschung mit wahrgenommener, ja wahrgenommener Nützlichkeit aber auch Nutzungserwartung an einem Produkt“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 774–780).

Neben den Akzeptanzmodellen und der Usability Forschung, schlägt T6 vor, sich das Matching-Person-and-Technology-Modell sowie das Assistive Technology Device Predisposition Assessment anzuschauen. Diese werden in der Hilfsmittelversorgung und im amerikanischen Raum in sogenannten Assistive Technology Services eingesetzt (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 929–941). Dazu führt er in Bezug auf das MDT2 weiter aus:

„Also das Modell ist wesentlich komplexer und hat, zieht, also stellt eben die Beziehung zwischen den Ebenen nochmal […] dar. Hat im Prinzip drei Säulen und dann werden die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Elementen nochmal dargestellt. Also ich glaube, das passt nicht hundert Prozent, weil es eben ganz, also ursprünglich eben auf die AT-Versorgung geht und euer Thema ist eigentlich ein bisschen größer. [...]“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 943–950).

T4 äußert sich zu dem personenbezogenen Faktor Nutzungsmotive und Nutzungswünsche kritisch. Für sie greift dieser Punkt zu kurz:

„Da geht ja wieder um, es existiert etwas und das nutze ich dann. Aber mir fehlt da halt so ein bisschen zur Digitalen Teilhabe gehört für mich auch Menschen mit Behinderung auch bei einer Reflexion zu unterstützen, dass sie eine Vorstellungskraft entwickeln können und eben auch selbst entwickeln, also selbst Schritte weitergehen können, aus ihrer eigenen Lebenssituation heraus“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 802–807).

Die Teilnehmerin verwendet hier mehrfach den Begriff der Teilgabe (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 518, 527, 812). MgB sollen hier nicht nur an der Gesellschaft oder an der Digitalisierung teilhaben, sondern sind selbst Experten und können Mehrwerte schaffen (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 809–816). Sie ergänzt dies durch folgende Aussage:

„Genau, die die individuelle Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen ist wahrscheinlich an vielen Punkten anders als unsere und das ist ein Zugewinn für mich in der Arbeit in der Digitalen Teilhabe und das wie gesagt fehlt mir einfach“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 822–824).

Positive Eindrücke

Ähnlich wie bei dem Definitionsentwurf (DDT1) wird auch bei dem Modell die Transparenz der verwendeten Literatur, die als Entwicklungsgrundlage diente, positiv hervorgehoben. Hier wird von T6 noch einmal der Bezug auf das Partizipationsmodell von Beukelman und Mirenda (2013) erkannt und als geeignet herausgestellt (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 621–627). T6 führt dazu weiter aus:

„Ja, also vor allem wenn man auch nochmal weiß, dass das Partizipationsmodell eine Grundlage ist, das finde ich auch einfach ein gutes Analyseinstrument. Ist ja auch so, dass das jetzt nicht in der Grundsystematik nicht kompatibel wäre mit der ICF“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 833–836).

T2 äußert sich positiv zur Anwendung des Modells von Digitaler Teilhabe im Praxiskontext (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 729–731, 968–968). T3 bekräftigt diese Einschätzung (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 879–880) und ergänzt dazu:

„Also ich kann mich wie [Name T2] erstmal noch gar nicht so daran sattsehen, weil irgendwie ist das sehr spannend, wirkt total auf einen ein und also grundsätzlich könnte ich das jetzt erstmal sehr gut auf die Praxis anwenden“ (s. Transkript Fokusgruppe I Z. 882–884).

8.2.2.3 Schlussfolgerungen aus der Fokusgruppe I

Aus den Ergebnissen der Fokusgruppe I können Änderungen für den Definitions- und Modellentwurf (DDT1 und MDT2) abgeleitet werden. Diese werden im folgenden Kapitel entsprechend zusammengefasst und im weiteren Verlauf durch die Forscherinnen eingearbeitet.

Definitionsentwurf

Die Anfertigung einer Lang- und Kurzversion der Definition von Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe erscheint sinnvoll. Eine Langversion der Definition erlaubt, komplexe Begrifflichkeiten, die zur Erklärung von Digitaler Teilhabe notwendig sind, aufzugreifen und zu erläutern. Operationalisiert werden sollen Begriffe wie digital, digitale Medien, digitale Technologien, Teilhabe, Medienkompetenzen und Lebenssituation. Ebenso werden in der weiterentwickelten Definition neben den aufgezeigten Chancen auch Risiken durch Digitale Teilhabe aufgegriffen. Mit Blick auf die Einflussfaktoren Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe wird die Faktorengruppe architektonischer oder hardwarebasierter Faktoren aufgenommen, um die Aspekte der Usability-Forschung aufzugreifen. Ebenso wurden stilistische Umformulierung entlang der Rückmeldungen vorgenommen. Die erarbeiteten Kurz- sowie Langversionen werden nachfolgend dargestellt.

Kurzversion

  • Digitale Teilhabe bedeutet das Eingebundensein des Individuums in alle Lebensbereiche, die durch die digitale Transformation beeinflusst werden. Dies geschieht durch die multidimensionale Teilhabe an, durch und in digitalen Technologien.

  • Dabei entsteht Teilhabe an digitalen Technologien, wenn ein möglichst zielgruppenorientierter und gleichberechtigter Zugang zu Hardware, Software und Infrastruktur sowie eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Nutzung durch Medienkompetenzen geschaffen wird. Die Teilhabe durch digitale Technologien beschreibt darüber hinaus Technologien als Werkzeug, um Zugang zu gesellschaftlichen Bereichen und dortigen Aktivitäten zu schaffen. Teilhabe in digitalen Technologien entsteht durch die aktive Gestaltung in digitalen Räumen.

  • Für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung wird Digitale Teilhabe als Möglichkeit gesehen, vor allem beeinträchtigungsbedingte Teilhabebarrieren zu kompensieren sowie gesellschaftlich und politisch teilzuhaben. Digitale Teilhabe kann dabei als Prozess verstanden werden, der durch personenbezogene, umweltbezogene sowie digitale Technologie bezogene Faktoren beeinflusst wird. Dabei soll sich Digitale Teilhabe an den Interessen und Wünschen des Individuums orientieren.

Langversion

Digitale Teilhabe bedeutet das Eingebundensein des Individuums in alle Lebensbereiche, die durch die digitale Transformation beeinflusst werden. Die Lebensbereiche sind nach der WHO (2005): (1) Lernen und Wissensanwendung, (2) allgemeine Aufgaben und Anforderungen, (3) Kommunikation, (4) Mobilität, (5) Selbstversorgung, (6) häusliches Leben, (7) interpersonelle Interaktionen und Beziehungen und (8) bedeutende Lebensbereiche und gemeinschaftliches, soziales und staatsbürgerliches Leben. Als digitale Transformation bezeichnet man die tiefgreifenden Veränderungen in Lebensbereichen sowie im gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Miteinander infolge der Digitalisierung. Digitale Transformationsprozesse können zur Entwicklung neuer Handlungsabläufe, Wahrnehmungsformen und Denkstrukturen führen und Einfluss auf die Individuen, Institutionen und die Gesellschaft im Allgemeinen nehmen.

Das Eingebundensein in eine Lebenssituation gelingt durch die multidimensionale Teilhabe an, durch und in digitalen Technologien. Dabei entsteht Teilhabe an digitalen Technologien durch einen möglichst zielgruppenorientierten und gleichberechtigten Zugang zu Hardware, Software und Infrastruktur sowie eine selbstbestimmte Nutzung durch Medienkompetenzen. Mit der Teilhabe durch digitale Technologien werden Technologien zudem als Werkzeug begriffen, um Zugang zu gesellschaftlichen Bereichen und Aktivitäten zu schaffen. Teilhabe in digitalen Technologien entsteht durch Präsenz- und Mitgestaltungsmöglichkeiten.

Für MgB wird Digitale Teilhabe als Möglichkeit gesehen, vor allem beeinträchtigungsbedingte Teilhabebarrieren zu kompensieren sowie gesellschaftlich und politisch teilzuhaben. Digitale Teilhabe kann dabei als Prozess verstanden werden, der durch personenbezogene, umweltbezogene und auf digitale Technologie bezogene Faktoren beeinflusst wird.

Personenbezogene Faktoren stellen den individuellen Hintergrund des Lebens und der Lebensführung eines Menschen dar. Darunter fallen mit Blick auf Digitale Teilhabe folgende potenzielle Teilfaktoren:

  • soziodemografische und -ökonomische Faktoren,

  • gesundheitliche Ressourcen,

  • digitale Kompetenzen und

  • Technikakzeptanz.

Dabei soll sich Digitale Teilhabe an den Interessen und Wünschen des Individuums orientieren. Umweltbezogene Faktoren ergeben sich aus der materiellen, sozialen und einstellungsbezogenen Umwelt, in welcher das Individuum lebt und das Leben gestaltet. Dabei liegen diese Faktoren außerhalb des Individuums selbst. Umwelt meint die Gesamtheit der äußeren Faktoren, mit denen ein Individuum in Beziehung steht. Häufig findet eine Unterteilung in die physische Umwelt und die soziale Umwelt statt, die in der Regel eng miteinander verzahnt sind. Darunter fallen mit Blick auf Digitale Teilhabe folgende Teilfaktoren:

  • Wohn- und Betreuungskontext,

  • Unterstützung durch soziale Strukturen,

  • digitale Kompetenzen sozialer Strukturen,

  • Technikakzeptanz sozialer Strukturen und

  • gesellschaftliche Rahmenbedingungen.

Auf digitale Technologie bezogene Faktoren thematisieren die Vernetzung zwischen Hardware und Software, die sich durch eine hohe Flexibilität und Verfügbarkeit auszeichnen. Digitale Technologien können kommunikationsbasiert (Internet, Lernplattformen), elektrobasiert (Smartphones, Computer) oder analog (Fernseher oder Zeitschriften) sein. Unter dem digitalen Technologie bezogenen Faktor werden folgende potenzielle Teilfaktoren betrachtet:

  • Technischer Zugang,

  • Beschaffenheit der Hard- und Software,

  • Aufbereitung der Inhalte.

Modellentwurf

Neben der Überarbeitung der Kurz- und Langversionen wurde ebenso der Modellentwurf entlang der Diskussion in der Fokusgruppe I angepasst. Insgesamt wird eine zyklische Darstellung der Digitalen Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe präferiert, da somit die Zusammenhänge sowie Wechselwirkungen der einzelnen potenziellen Einflussfaktoren verdeutlicht werden können. Ferner wird bzgl. der Faktorengruppierung die Trennung von umweltbezogenen, organisationalen und gesellschaftlichen Faktoren diskutiert. An der Trennung wird festgehalten, jedoch wird eine entsprechende Erläuterung eingebunden. Die Experten aus der Praxis nannten als potenziellen Einflussfaktor die Refinanzierung von Unterstützungsleistungen zur Digitalen Teilhabe. Dieser Faktor wurde in der Fokusgruppe diskutiert und mit Blick auf langfristig verstetigte Maßnahmen als relevant erachtet. Somit wird dieser Einflussfaktor im Modell in der Kategorie der gesellschaftlichen Faktoren ergänzt. Zudem wird ein stärkerer Bezug zur Teilhabeberichterstattung vorgeschlagen, damit die erarbeiteten Inhalte anschlussfähig sind an die Teilhabeberichte, die bislang nur in geringem Umfang Digitale Teilhabe thematisieren. Für eine indikatorengestützte Vorgehensweise wäre dies eine sinnvolle Bezugnahme. Eine Orientierung an der Teilhabeberichterstattung ist im Rahmen des Forschungsprozesses bereits vorgesehen. Auch wurde die Sinnhaftigkeit des Einbezugs von Akzeptanzmodellen diskutiert, die bereits in der Hilfsmittelversorgung eingesetzt werden. Wesentliche Faktoren der Akzeptanzmodelle wie Einstellung und Motive des Nutzenden finden sich bereits in dem Modellentwurf Digitaler Teilhabe wieder, weitere Faktoren bleiben jedoch unberücksichtigt. Mit Blick auf die Diskussion über die personenbezogenen Faktoren Nutzungsmotive und Nutzungswünsche wurde eine aktivere Rolle Digitaler Teilhabe als das bloße Einbezogensein in eine Lebenssituation herausgestellt. Dabei wurde der Begriff Teilgabe benannt und diskutiert, der im Kontext der Teilhabe ein aktiveres bzw. ein durch Eigeninitiative und Mehrwertschaffen geprägtes Phänomen bezeichnet. Dieser Aspekt wird in der Überarbeitung von DDT1 und MDT2 berücksichtigt.

Das überarbeitete Modell (MDT3) bildet ein Konstrukt der potenziellen personen-, umwelt- sowie auf digitale Technologie bezogenen Einflussfaktoren auf gesellschaftliche Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe an, durch und in digitalen Technologien ab. Das MDT3 dient somit der ersten Beschreibung von Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe und zur Operationalisierung von potenziellen Einflussfaktoren in den drei Dimensionen Digitaler Teilhabe. MDT3 ist in Abb. 8.8 (s. S. 268) dargestellt und wird nachfolgend in seinen Bestandteilen detailliert erläutert.

Abb. 8.8
figure 8

(Quelle: Eigene Darstellung)

Modell Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe (MDT3).

Die potenziellen Einflussfaktoren Digitaler Teilhabe werden in personen-, umwelt- und Technologie bezogene Einflussfaktoren unterteilt. Nach einer grundlegenden Definition dieser Faktorengruppen werden die Teilfaktoren ausdifferenziert. Dabei stehen die einzelnen Faktorgruppen sowie die Teilfaktoren in Wechselwirkung. Die Bestimmung von Art und Umfang dieser Wechselwirkungen ist das Entwicklungsziel des Erhebungsinstruments, sodass diese zum aktuellen Zeitpunkt nicht dargestellt werden können.

Personenbezogene Faktoren

Personenbezogene Faktoren sind auf das Individuum bezogen und stellen den individuellen Hintergrund des Lebens und der Lebensführung eines Menschen dar (WHO 2005). Darunter fallen mit Blick auf Digitale Teilhabe folgende Teilfaktoren:

  • Soziodemografische und -ökonomische Faktoren,

  • gesundheitliche Ressourcen,

  • digitale Kompetenzen und

  • Technikakzeptanz.

Soziodemografische und -ökonomische Faktoren

Zu den soziodemografischen Faktoren gehören unter anderem Alter, Geschlecht, Bildung, Migrationshintergrund sowie ethnische Zugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, Familienstand, Haushalt, Beschäftigung und Einkommen (Hoffmeyer-Zlotnik 2014).

Ein höheres Alter zeigt sich als hemmender Faktor für bestimmte Aspekte Digitaler Teilhabe: Das Vorhandensein von digitalen Endgeräten (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021), die Nutzung von Chat- und Instant-Messaging-Programmen (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011), die Nutzung von digitalen Technologien (Bosse & Hasebrink 2016), die Nutzung von Online-Bildungsmöglichkeiten (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013) sowie grundlegendes Interesse an der Digitalisierung (Heitplatz 2020).

Ein grundlegender Einfluss des Geschlechts ist hinsichtlich einiger Teilbereiche Digitaler Teilhabe nicht gegeben. Untersucht wurde die Nutzung digitaler Endgeräte und die Nutzungshäufigkeit (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021), die Nutzung von Chat- und Instant-Messaging-Programmen (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011) sowie die Überbeanspruchung digitaler Technologien (Jenaro et al. 2017). Ein Geschlechterunterschied ist jedoch insofern gegeben, als männliche MgB Spiele, E-Mail und Navigation häufiger nutzen (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021).

Der Begriff sozioökonomischer Status verweist auf die zur Verfügung stehenden sozioökonomischen Ressourcen. Durch die verbreitete Anwendung der Schichtungssoziologie werden in Deutschland häufig die berufsbezogenen Merkmale wie Bildung, Beruf und Einkommen betrachtet. Für empirische Studien wird zumeist ein mehrdimensionaler Index des sozioökonomischen Status verwendet, der auf Informationen zu Bildung (Schulbildung und berufliche Qualifikation), beruflicher Stellung und Einkommen basiert (Lampert 2020).

Im Kontext Digitaler Teilhabe erweist sich ein niedriger sozioökonomischer Status als hemmender Faktor (Berger et al. 2010; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Normand et al. 2016; Jenaro et al. 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Es besteht ein Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Faktoren, dem Zugang zu digitalen Technologien und der Nutzung digitaler Technologien (van Dijk 2013). Hohe Kosten bzw. fehlende finanzielle Ressourcen führen dazu, dass MgB einen eingeschränkten technischen Zugang haben. Darunter fallen Beschaffungskosten für Hardware und Software sowie Internet (Berger et al. 2010; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021), Kosten von Updates und speziellen Funktionen (Haage & Bühler 2019; Bosse & Haage 2020), Fixkosten sowie Kosten für spezifische Anfertigungen, die durch die Beeinträchtigung bedingt sein können (Normand et al. 2016; Lussier-Desrochers et al. 2017). Auch gehen mit der Teilnahme an Bildungsprogrammen und Schulungen hohe Kosten einher (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Heitplatz 2020). Ein niedriges Einkommen sowie die Sozialhilfe als einzige Einkommensquelle sind Hindernisse für den technischen Zugang (Normand et al. 2016). Ein weiterer Zusammenhang besteht zwischen der Internetnutzung und der Bildung. MgB mit höherem Bildungsgrad nutzen eher das Internet als MgB mit niedrigem Bildungsgrad (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013). Ebenso wurde der hemmende Einfluss eines niedrigen sozioökonomischen Status auf Aspekte Digitaler Teilhabe bestätigt. Die Teilnehmenden nutzen eher preiswerte digitale Endgeräte und verzichten aufgrund hoher Kosten und geringer finanzieller Mittel auf die Anschaffung kostenintensiverer digitaler Endgeräte, wie z. B. iPhones (s. Transkript Reflexionsformat I; Transkript Reflexionsformat II).

Mit Ausnahme des Migrationshintergrunds und ethnischer Zugehörigkeit, Religionszugehörigkeit sowie Familienstand wurde der Einfluss der oben genannten soziodemografischen und -ökonomischen Faktoren auf Teilbereiche Digitaler Teilhabe in der Allgemeinbevölkerung nachgewiesen (Initiative D21 e. V. 2018). Nach dem Digital-Divide-Kausalmodell nehmen der Migrationshintergrund und die ethnische Zugehörigkeit, die Religionszugehörigkeit sowie der Familienstand Einfluss auf digitale Ungleichheit (van Dijk 2005). Demnach werden auch diese Faktoren als potenziell einflussnehmend auf Digitale Teilhabe von MgB betrachtet.

Gesundheitliche Ressourcen

Für den Zugang zu digitalen Technologien und die Nutzung digitaler Technologien sind auch gesundheitliche Ressourcen, über die das Individuum verfügt, relevant (ebd.). Gesundheitliche Ressourcen beeinflussen Teilhabe und somit auch Digitale Teilhabe. Hierzu zählen physische und psychologische Leistungsvermögen sowie Fähigkeiten, Körperstrukturen und Körperfunktionen. Mit Körperfunktionen sind hier physiologische Funktionen von Körpersystemen einschließlich psychologischer Funktionen gemeint. Unter Körperstrukturen sind anatomische Teile des Körpers wie Organe, Gliedmaßen und ihre Bestandteile zu verstehen (WHO 2005).

Das Vorliegen einer Mehrfachbeeinträchtigung beeinflusst die Nutzung digitaler Technologien (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Zudem ist der Schweregrad der Beeinträchtigung ein potenzieller Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe – je schwerer der Grad der Beeinträchtigung, desto mehr Herausforderungen bestehen in der Internetnutzung (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Zudem konnte nachgewiesen werden, dass beeinträchtigungsbedingte kognitive Herausforderungen bei der Internetnutzung vorliegen (Berger et al. 2010; Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Bosse & Hasebrink 2016; Normand et al. 2016; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Lussier-Desrochers et al. 2017; Shpigelman 2017; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019). Zu kognitiven Anforderungen im Umgang mit digitalen Technologien gehören deduktives Denken, Problemlösungsfähigkeit, Kurz- und Langzeitgedächtnis, Argumentation, Planung, Reflexion sowie Lese- und Schreibfähigkeiten (Lussier-Desrochers et al. 2017).

Digitale Kompetenzen

Digitale Kompetenzen werden häufig mit Medienkompetenzen gleichgesetzt, der Begriff Medienkompetenzen kann jedoch als erwerbbare Fähigkeit verstanden werden, verschiedene Arten von Medien für die eigene Kommunikation und das eigene Handeln einsetzen zu können (Baacke 1997). Durch die digitale Transformation sind neue Herausforderungen entstanden, für deren Bewältigung Fähigkeiten benötigt werden. Dabei fordern digitale Anforderungen Kompetenzen, die unter dem Konzept digitaler Kompetenzen zusammengefasst werden (bidt 2021). Die UNESCO entwickelte eine Definition digitaler Kompetenzen, die den aktuellen digitalen Ansprüchen gerecht werden soll. Dabei geht es – über die Fähigkeit eines souveränen Umgangs mit Medien hinaus – um die Fähigkeit, digitale Technologien sicher und angemessen zu verwenden, auf Informationen zugreifen, diese verwalten, verstehen, integrieren, kommunizieren, bewerten und erstellen zu können. Dementsprechend spielt die digitale Kompetenz eine zentrale Rolle, um am wirtschaftlichen und sozialen Leben ganzheitlich teilnehmen zu können (UNESCO 2018). Stellt man nun die dargelegten Begriffe von Medienkompetenzen und digitalen Kompetenzen gegenüber, so wird deutlich, dass beide Begriffe den Umgang mit digitalen Medien gesellschaftskritisch aufgreifen. Obwohl beide Kompetenzbegriffe in den inhaltlichen Bedeutungen Gemeinsamkeiten aufweisen, unterscheiden sie sich in einem Punkt geringfügig: Während Medienkompetenzen den kompetenten Umgang mit Medien durch Kommunikation in digitalen Medien meint und ein allgemeineres Kompetenzverständnis aufgreift (Merkt & Schulmeister 2004), fokussiert der digitale Kompetenzbegriff auf den Kenntniserwerb im Umgang mit digitalen Medien (Baacke 1997).

Die beiden Begriffe können aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen dennoch synonym verwendet werden. Der Begriff digitale Kompetenzen wird nachfolgend verwendet, wobei das Verständnis von Medienkompetenzen mit eingeschlossen wird.

Der DigComp 2.0 ist ein Referenzrahmen der Europäischen Kommission und bietet somit eine gemeinsame Verständigungsgrundlage über digitale Kenntnisse und Fähigkeiten. Er ist sehr detailliert und dient als umfassendes Modell zur Selbsteinschätzung und Orientierung für Regierungen, Institutionen sowie für Bildungseinrichtungen und Verbände (European Commission 2016). Der DigComp 2.0 umfasst fünf Dimensionen (s. Tab. 8.2, S. 273).

Tab. 8.2 Dimensionen des DigComp 2.0. (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an European Commission [2016], o. S.)

Im Zusammenhang mit Digitaler Teilhabe wirken sich eine geringe Interneterfahrung bzw. fehlende digitale Kompetenzen hemmend auf Aspekte Digitaler Teilhabe aus (Bosse & Hasebrink 2016; Ramsten et al. 2017; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Bisher gibt es nur wenige Ansätze der digitalen Kompetenzvermittlung für MgB (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Amor et al. 2020). Ein möglicher Grund dafür ist ein Mangel an geeigneten Konzepten und Methoden (Schaumburg 2010). Auch werden Unsicherheiten sowie eine durch MgB selbst eingeschränkte Nutzung digitaler Technologien aufgrund geringer Kompetenzen im Umgang mit diesen deutlich (s. Transkript Reflexionsformat I; Transkript Reflexionsformat II). Zudem wird deutlich, dass ein selbstsicherer Umgang mit digitalen Technologien durch Workshops und weitere Lernmöglichkeiten erreicht werden kann (s. Transkript Reflexionsformat II). In der Fokusgruppe I wird den digitalen Kompetenzen der Nutzenden nach dem Verständnis von Baacke (1997) eine entscheidende Schlüsselrolle zugeschrieben. Dabei geht es vor allem um Kompetenzen im sinnvollen Umgang mit digitalen Technologien (s. Transkript Fokusgruppe I). Um die digitalen Kompetenzen und Zugangsmöglichkeiten der Zielgruppe langfristig zu erhöhen, wird das Vorhandensein und die Nutzung von Mentoring- und Trainingsprogrammen für MgB als fördernder Faktor betrachtet, um die Kompetenzen auf- und auszubauen (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Bosse & Hasebrink 2016; Heitplatz 2020).

Technikakzeptanz

Unter Technikakzeptanz werden die Einstellungen, Handlungen und Werte eines Individuums in Bezug auf Technik verstanden. Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung der Akzeptanz werden auch die Dimensionen der Einstellungsbildung, der Handlungsebene und des Nutzungsverhaltens im Rahmen der Verhaltens- und der Einstellungsakzeptanz einbezogen (Davis 1989). Relevante Aspekte sind dabei der wahrgenommene Nutzen sowie die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit einer Technologie (Salomo 2008), die Leistungserwartung sowie der erwartete Nutzungsaufwand einer Technologie, die sozialen Einflüsse auf den Nutzenden sowie die nutzungserleichternden Rahmenbedingungen. Zu diesen gehören beispielsweise gesetzliche Rahmungen, Ansprechpartner und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten, Schulungsangebote oder zeitliche Ressourcen, die einer Person zur Verfügung stehen (Venkatesh et al. 2003). Soziale Einflüsse werden nicht zu personenbezogenen Faktoren gezählt, sondern zu umweltbezogenen Faktoren. Die nutzungserleichternden Rahmenbedingungen werden je nach Subfaktoren als umweltbezogenen Faktoren bzw. auf digitale Technologie bezogene Faktoren verstanden. Weitere Aspekte der Technikakzeptanz sind die Nutzungsmotivation, die Einstellung zu digitalen Technologien, die Erfahrungen mit digitalen Technologien und die Nutzungsfreiwilligkeit (ebd.).

Eine positive Einstellung zu digitalen Technologien (Edler 2015) sowie eine hohe Motivation, diese zu nutzen (Berger et al. 2010; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020), werden als fördernde Faktoren mit Blick auf eine kompetente Computernutzung erachtet. In Bezug auf die Nutzungsintention wird eine negative Einstellung gegenüber digitalen Technologien mit dem Fehlen eines wahrgenommenen Mehrwerts in Zusammenhang gebracht (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz 2020). Ebenso wird ein Zusammenhang zwischen der Einstellung zu digitalen Technologien und der Nutzungsintention aufgezeigt (s. Transkript Reflexionsformat I; Transkript Reflexionsformat II). Weiter wird deutlich, dass die einzelnen Aspekte der Technikakzeptanz von großer Bedeutung sind, teilweise jedoch zu kurz greifen. Vor allem Begriffe der Nutzungsmotivation und -wünsche wurden vor dem Hintergrund diskutiert, dass MgB partizipieren können. Mit Blick auf Digitale Teilhabe meinen Nutzungsmotivation und -wünsche ebenso die Schaffung eines gesellschaftlichen Mehrwerts mithilfe digitaler Technologien (s. Transkript Fokusgruppe I).

Umweltbezogene Faktoren

Umweltbezogene Faktoren umfassen die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt (z. B. die Einstellung des sozialen Umfeldes), in welcher das Individuum lebt und das Leben gestaltet. Diese Faktoren liegen außerhalb des Individuums (WHO 2005). Dabei meint die Umwelt die Gesamtheit der Faktoren, mit denen ein Individuum in Beziehung steht. Häufig findet eine Unterteilung in die physische Umwelt und die soziale Umwelt statt, die in der Regel eng miteinander verzahnt sind (Fehr, Hornberg & Wichmann 2020). Für das MDT1 wurden folgende Teilfaktoren der physischen und sozialen Umwelt identifiziert:

  • Wohn- und Betreuungskontext,

  • Unterstützung durch soziale Strukturen,

  • digitale Kompetenzen sozialer Strukturen,

  • Technikakzeptanz sozialer Strukturen und

  • gesellschaftliche Rahmenbedingungen.

Wohn- und Betreuungskontext

Als Wohn- und Betreuungskontext werden unterschiedliche Hilfestrukturen der Eingliederungshilfe verstanden, die die selbstständige Lebensführung angesichts der körperlichen, geistigen und sensorischen Beeinträchtigungen unterstützen. Bis Ende des Jahres 2019 unterschied die Eingliederungshilfe zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen. Mit der Einführung des BTHGs am 01.01.2020 wurde der Ausdruck stationäre Einrichtung in der Eingliederungshilfe durch den Begriff besondere Wohnform abgelöst (Kruse & Tenbergen 2019).

Die Wohn- und Betreuungsform der MgB stellen einen möglichen Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe dar, z. B. durch einen geringeren Zugang zu digitalen Technologien in Wohneinrichtungen (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; BMAS 2021). Durch diese Einschränkung im Zugang kommt es beispielsweise zu Unterschieden in der Nutzung digitaler Technologien zwischen MgB in stationären Einrichtungen und MgB in ambulant betreuten Wohnformen (Wilke 2015).

Im Wohn- und Betreuungskontext rücken bzgl. der Unterstützung Digitaler Teilhabe ebenso Personalkapazitäten in den Fokus. Es bedarf angemessener zeitlicher Ressourcen für die (medien-)pädagogische Begleitung von MgB durch die Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe, welche trotz grundlegender Bereitschaft zumeist nicht vorliegen (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz 2021b). Eine angemessene Unterstützung bei der Internetnutzung ist angesichts eines Personalmangels sowie anderer Verpflichtungen und Unterstützungsleistungen im Versorgungsalltag oftmals nicht möglich (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013).

Auch werden einrichtungsinterne Medienkonzepte als potenzieller Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe von MgB betrachtet, da den Mitarbeitenden durch strukturierte Konzepte notwendige Handlungsspielräume und Entscheidungsgrundlagen gegeben werden (Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Isaksson & Björquist 2020; Heitplatz 2021a).

Als ein grundlegender potenzieller Einflussfaktor wird im Wohn- und Betreuungskontext die technische Infrastruktur bzw. das physische Vorhandensein eines Internet- und Stromanschlusses verstanden, um jederzeit eine selbstständige und souveräne Nutzung von digitalen Technologien zu gewährleisten. Im Kontext der Eingliederungshilfe wird unter der technischen Infrastruktur die technische Grundausstattung der Einrichtungen verstanden, welche eine grundlegende Voraussetzung für die technische Informations- und Kommunikationsverbreitung darstellt (z. B. Router, WLAN, Netzwerkleitungen) (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019). Ein nicht vorhandener oder eingeschränkter Zugang zu dieser Infrastruktur (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Amor et al. 2020; Heitplatz & Sube 2020) führt zu einer geringeren Internetnutzung (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011) und hemmt folglich Digitale Teilhabe.

Unterstützung durch soziale Strukturen

Als soziale Strukturen sind Personen im (in)formellen Umfeld bzw. das soziale Netzwerk des MgB gemeint. Diese sozialen Strukturen sind von großer Relevanz mit Blick auf die Möglichkeiten zur Unterstützung der Digitalen Teilhabe von MgB (Edler 2015; Jenaro et al. 2017; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020). Die Betreuenden nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein (Berger et al. 2010; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019), da sie die Internetnutzung (Berger et al. 2010) sowie den Zugang zu digitalen Technologien von MgB personell und technisch unterstützen (s. Transkript Reflexionsformat I; Berger et al. 2010) und oft als erster Ansprechpartner bei Anwendungs- schwierigkeiten fungieren (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019). Fehlende oder unzureichende Unterstützungsleistungen durch soziale Strukturen sind auf unzureichende zeitliche Ressourcen (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Edler 2015; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2020; Amor et al. 2020; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020) und fehlende digitale Kompetenzen zurückzuführen (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Ramsten et al. 2017). Dabei erleben Betreuende häufig Unsicherheiten in ihrer eigenen digitalen Kompetenz und empfinden infolgedessen die Unterstützung der MgB bei der Aneignung digitaler Kompetenz als kompetenzüberschreitend (Mihajlovic 2012; Bosse, Zaynel & Lampert 2018). Hinzu kommt, dass Betreuende ihren Klienten ausreichende Kompetenzen zur Nutzung digitaler Technologien oft absprechen (Eggert 2006).

Digitale Kompetenzen sozialer Strukturen

Der Einflussfaktor Digitaler Kompetenzen sozialer Strukturen umfasst dieselben Inhalte, wie der personenbezogene Einflussfaktor Digitaler Kompetenzen, mit dem Unterschied, dass der Fokus auf Personen liegt, die Teil der sozialen Unterstützungs- und Hilfestrukturen von MgB sind. Gemäß des DigComp 2.0 werden die Dimensionen Umgang mit Informationen und Daten, Kommunikation und Kooperation, Erstellung digitaler Inhalte, Sicherheit der Geräte und Datenschutz sowie Problemlösungsstrategien als potenzielle Einflussfaktoren in Betracht gezogen (European Commission 2016).

Als Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe werden digitale Kompetenzen der Bezugspersonen im Umgang mit und in der Vermittlung von digitalen Technologien herausgestellt (Ramsten et al. 2017; Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Die Betreuenden verfügen jedoch häufig nicht über ein ausreichendes Überblickswissen, wodurch Potenziale von digitalen Technologien für MgB oftmals verborgen bleiben. Häufig sind Bezugspersonen von MgB im Umgang mit digitalen Technologien verunsichert und fühlen sich somit nicht in der Lage, MgB bei der Aneignung von Technologien zu unterstützen (Mihajlovic 2012; Zaynel 2016). In diesem Kontext wird die Nutzung von Mentoring- und Trainingsprogrammen für Betreuende als Mittel zur Reflexion von Bedarfen und Bedürfnissen und zur Aus- sowie Weiterbildung digitaler Kompetenzen herausgestellt (Ramsten et al. 2017; Zorn, Schluchter & Bosse 2019; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Paus-Hasebrink 2019; Amor et al. 2020).

Technikakzeptanz sozialer Strukturen

Der Einflussfaktor Technikakzeptanz sozialer Strukturen lässt sich genauso beschreiben, wie personenbezogene Einflussfaktor Technikakzeptanz, mit dem Unterschied, dass der Fokus nicht auf den MgB liegt, sondern auf den Personen, die Teil seiner sozialen Unterstützungs- und Hilfestrukturen sind.

Die Einstellung zu digitalen Technologien auf Seiten der Mitarbeitenden stellt einen potenziellen Einflussfaktor in Bezug auf Digitale Teilhabe dar (s. Transkript Fokusgruppe I, Owuor & Larkan 2017, Heitplatz, Bühler & Hastall 2021). Vor allem stehen die negative Einstellung der potenziellen Unterstützer zum Thema digitale Technologien im Zusammenhang mit einem fehlenden Verständnis (Lussier-Desrochers et al. 2017), der Sorgen vor Stigmatisierung (Heitplatz, Bühler & Hastall 2020) sowie der Unerwünschtheit digitaler Technologien durch das soziale Umfeld (Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Dies begünstigt eine ablehnende Haltung und führt zum Ausbleiben der Unterstützung. Ebenso ist die negative Einstellung der Kollegen und des Vorgesetzten (Amor et al. 2020) sowie des rechtlichen Betreuenden (Bosse, Zaynel & Lampert 2018) ein potenziell hemmender Faktor. Die individuelle Einstellung zur Thematik ist zudem von den bisherigen persönlichen Erfahrungen abhängig (ebd.; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Heitplatz 2020).

Entsprechend werden der Einfluss des wahrgenommenen Nutzens und der wahrgenommenen Benutzerfreundlichkeit einer Technologie (Davis 1989), der Leistungserwartung, des erwarteten Nutzungsaufwands einer Technologie, der Nutzungsmotivation, Einstellung zu digitalen Technologien, Erfahrungen mit digitalen Technologien und der Nutzungsfreiwilligkeit als potenzielle Faktoren auf Digitale Teilhabe von MgB in Betracht gezogen (Venkatesh et al. 2003). Dabei werden nutzungserleichternde Rahmenbedingungen je nach Subfaktoren unter umweltbezogene Faktoren oder auf digitale Technologie bezogene Faktoren gefasst.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Als gesellschaftliche Rahmenbedingungen wird die Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf die Verfügbarkeit, Entwicklung sowie Nutzung digitaler Technologien verstanden. Dabei nehmen die EU-Richtlinien (2016/2102; 2019/882), das BTHG (§ 84, Abs. 1, 2, SGB IX 2019), die UN-BRK (Art. 4 g, 9, 21, 24, 29, 30, UN-BRK 2017) sowie die DSGVO (2018) Einfluss auf die Gestaltung der Teilhabeleistungen. Diese gesetzlichen Regularien können dabei die Schaffung einer barrierefreien Infrastruktur, die Stärkung sinnvoller und universeller Technologieentwicklungen, die Förderung von digitalen Kompetenzen sowie die Überführung von Leistungen Digitaler Teilhabe in die Leistungskataloge für MgB unterstützen (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020).

Als besondere Form der gesetzlichen Regularien sind Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen herauszustellen, welche durch zentrale rechtliche Vorgaben des Datenschutzes geregelt und im Rahmen der DSGVO beschrieben werden (Pudelko & Richter 2020; Pudelko 2021). Daraus erwachsen im Zuge der Digitalisierung auch Herausforderungen für die Soziale Arbeit. Bei dem Einsatz digitaler Technologien ist dessen Voraussetzung der verantwortungsbewusste Umgang mit sensiblen bzw. personenbezogenen Daten (Pudelko & Richter 2020). Dabei müssen Mitarbeitende von Einrichtungen der Eingliederungshilfe ihrem Aufklärungsauftrag nachkommen, indem sie die Klienten über Risiken von digitalen Technologien aufklären, um Unwissenheit zu beseitigen und gleichzeitig Risikobewusstsein zu schaffen (DIVSI 2016). In Bezug auf die Privatsphäre und Sicherheit entstehen Bedenken im Umgang mit digitalen Technologien (Shpigelman 2017), die auf Seiten der Mitarbeitenden zu einer defensiveren Haltung gegenüber der Nutzung durch Klienten führen (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019). Somit können Einstellung und Haltung der Bezugspersonen das Engagement und die Bereitschaft abschwächen, wenn der Fokus auf Schutz und Ängsten bzgl. der Datensicherheit liegt (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013).

Ein weiterer potenzieller Einflussfaktor sind Refinanzierungsmöglichkeiten von Unterstützungsleistungen Digitaler Teilhabe. Gesetzliche Regularien, wie das BTHG, können eine Refinanzierung ermöglichen und somit die Attraktivität von Unterstützungsleistungen im Bereich Digitale Teilhabe steigern (Heitplatz, Bühler & Hastall 2019). Zwar bieten die gesetzlichen Regularien erste Anhaltspunkte für die Abrechnung von Leistungen, jedoch sind bisher keine ausreichenden und gesetzlich geregelten Refinanzierungsmöglichkeiten in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe bekannt (s. Transkript Fokusgruppe I; Bosse, Zaynel & Lampert 2018).

Digitale Technologie bezogene Faktoren

Digitale Technologien ermöglichen die Vernetzung zwischen (Computer-)Hardware sowie Software und zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität und Verfügbarkeit aus (BMWK 2021). Dabei sind digitale Medien im Begriff der digitalen Technologien mit eingeschlossen (Merkt & Schulmeister 2004; Ferrari 2012; Opiela & Weber 2016). Digitale Medien sind kommunikationsbasierte Medien (Internet, Lernplattformen) oder elektrobasierte Medien (Smartphones, Computer), die sich von analogen Medien (synonym zu traditionellen Medien), wie beispielsweise Fernseher oder Zeitschriften (Manovich 2002; Schelhowe 2008) unterscheiden. Somit werden unter digitalen Technologie bezogenen Faktoren folgende potenzielle Teilfaktoren betrachtet:

  • technischer Zugang,

  • Beschaffenheit der Hard- und Software und

  • Aufbereitung der Inhalte.

Technischer Zugang

Über die verfügbare Infrastruktur (Internet- und Stromanschluss) hinaus, die unter dem umweltbezogenen Teilfaktor Wohn- und Betreuungskontext verortet ist, fallen unter den Faktor Technischer Zugang ebenso die (jederzeit) vorhandene und zugängliche Hardware (beispielsweise Computer, Smartphones, Tablets) und Software (Programme) (Borgstedt & Möller-Slawinski 2020).

Der Zugang stellt eine grundlegende Determinante dar, die die Teilhabe an digitalen Technologien ermöglichen kann. Ein nicht vorhandener oder eingeschränkter Zugang zu Medienausstattung (s. Transkript Reflexionsformat I; Transkript Reflexionsformat II; Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Lussier-Desrochers et al. 2017; Bosse, Zaynel & Lampert 2018; Heitplatz, Bühler & Hastall 2019; Amor et al. 2020; Heitplatz & Sube 2020) führt zu einer geringeren Internetnutzung (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011) und hemmt folglich Digitale Teilhabe.

Beschaffenheit der Hard- und Software

Ein weiterer Faktor ist die Beschaffenheit von Hard- und Software, die sich aus technisch-funktionalen Barrieren und Barrieren aufgrund des Designs der Benutzerschnittstellen zusammensetzt. Technisch-funktionale Barrieren beruhen dabei auf verwendeten Programmierungen, die zu Softwareeinschränkungen führen können, bzw. auf vorhandene Hardwareeinschränkungen, die fehlende Usability (beispielsweise komplexe Benutzeroberflächen) zur Folge haben. Barrieren aufgrund des Designs der Benutzerschnittstellen entstehen durch unzureichende Gestaltung (beispielsweise geringe Kontraste, zu kleine Schriftgrößen) (Berger et al. 2010). Die Beschaffenheit von Hard- und Software wirkt sich auf die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit von digitalen Technologien aus.

Die Beschaffenheit von Hard- und Software ist ein potenzieller Einflussfaktor Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe (Shpigelman 2017; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021). Eine benutzerfreundlichere Entwicklung der Hard- und Software (Normand et al. 2016), die Entwicklung und der einfache Zugang zu unterstützenden Hilfsmitteln (Chiner, Gómez-Puerta & Cardona-Moltó 2017) sowie die Schaffung eines zielgruppengerechten Designs der Benutzerschnittstellen können positiv auf Digitale Teilhabe wirken (Chadwick, Wesson & Fullwood 2013; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019; Louw, Kirkpatrick & Leader 2019; Borgstedt & Möller-Slawinski 2020; Kalcher & Kreinbucher-Bekerle 2021).

Aufbereitung der Inhalte

Die Aufbereitung der Inhalte sollte sich immer an der jeweiligen Zielgruppe orientieren. Hier spielen redaktionelle und inhaltliche Barrieren eine Rolle, die auf einer unzureichenden strukturellen Aufbereitung der Inhalte beruhen. Dies kann beispielsweise die Verwendung von schwieriger Sprache oder eine fehlende Textstruktur sein (Berger et al. 2010).

Die redaktionelle und sprachliche Aufbereitung von Inhalten in digitalen Technologien für MgB hat – vor allem mit Blick auf die Verständlichkeit von Texten – einen Einfluss auf Digitale Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe. Die Verwendung von einfacher bzw. Leichter Sprache entspricht dabei einer verständlicheren Aufbereitung von Inhalten (s. Transkript Reflexionsformat I, Transkript Reflexionsformat II, Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011, Bosse & Hasebrink 2016). Zu redaktionellen und sprachlichen Barrieren zählt die Verwendung schwerer Sprache (Berger et al. 2010; Shpigelman 2017), die Verständnisprobleme verursacht und durch die Verwendung von Leichter Sprache (Gutiérrez-Recacha & Martorell-Cafranga 2011; Bosse & Hasebrink 2016; Heitplatz & Sube 2020) sowie durch eine Reduktion der Informationsfülle (ebd.) aufgehoben werden kann. Der Umgang mit schwieriger Sprache, wie beispielsweise Fremdwörter und Fachsprache (Berger et al. 2010; Alfredsson Ågren, Kjellberg & Hemmingsson 2019), die Informationsüberflutung (Heitplatz & Sube 2020), die hohen Anforderungen an die Lese- und Schreibfähigkeiten bei der Nutzung sozialer Medien sowie ein komplexes Design der Benutzeroberfläche, das auf abstrakter Sprache beruht, werden als hemmende Faktoren in Bezug auf die Nutzung digitaler Technologien benannt (Shpigelman 2017).

Das MDT3 ist nun überarbeitet und wird in dieser Fassung zur Kurzreflexion in die Fokusgruppe II mit wissenschaftlichen und praxisbezogenen Experten gegeben. Die Ergebnisse dieser Kurzreflexion sind Abschnitt 8.3.1.1 (s. S. 310) zu entnehmen. Um die Signifikanz der dargelegten potenziellen Einflussfaktoren aus MDT3 zu testen, wurden von den Forscherinnen Items zur Operationalisierung der Faktoren entwickelt. Diese Items wurden ebenso in der Fokusgruppe II diskutiert. Dieser Prozess wird in der Beschreibung der empirischen Entwicklung des Erhebungsinstrumentes in Abschnitt 7.5 (s. S. 145) beschrieben.

Um den Definitionsentwurf (DDT2) mit der Zielgruppe MgB partizipativ anzureichern und aus ihrer Perspektive auf Vollständigkeit zu überprüfen, wurde im Reflexionsformat II das Verständnis Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe diskutiert. Entsprechend werden die Ergebnisse des zweiten Reflexionsformates nachfolgend näher erläutert.

8.2.3 Reflexionsformat II

Das Reflexionsformat II wurde am 08.12.2021 mit Vertretenden der Zielgruppe MgB durchgeführt. Es fand ebenfalls im Bildungszentrum Schopf des Stiftungsbereichs ProWerk der vBS Bethel statt. Dabei wurden folgende Fragestellungen fokussiert:

  • Berücksichtigen die literaturbasiert entwickelten Definitions- und Modellentwürfe zu Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe alle relevanten Aspekte aus der Perspektive der MgB?

  • Welche Aspekte sollten in den entwickelten Definitions- und Modellentwürfen zur Digitalen Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe aus der Perspektive der MgB ergänzt, vertieft oder verändert werden?

Somit lag der Fokus auf der Reflexion der Begrifflichkeiten, die in DDT2 und MDT3 verwendet wurden sowie auf dem eigenen Nutzungsverhalten und den persönlichen Einstellungen zu digitalen Technologien. Nachfolgend werden die Aussagen der Teilnehmenden analysiert. Hierfür wurde, wie in Abschnitt 7.4.3 (s. S. 136) beschrieben, der Definitionsentwurf in einfache Sprache (DDT-ES1) übersetzt und mit den Teilnehmenden gemeinsam gelesen und diskutiert. Bei der Diskussion wurden Verständnisschwierigkeiten aufgedeckt, Ergänzungs- und Änderungswünsche diskutiert und zur Überarbeitung des Definitionsentwurfs in einfacher Sprache (DDT-ES2) genutzt (Die zugehörigen Daten sind in Anhang 2 im elektronischen Zusatzmaterial einsehbar.). Wie bereits in der Methodik beschrieben, dienen die Sinnabschnitte des Definitionsentwurfs in einfacher Sprache als Oberkategorien. Sie wurden um die Kategorie der Nutzungsmotive und -wünsche, Einstellungen gegenüber digitalen Technologien sowie Gesprächsatmosphäre ergänzt. Nachfolgend werden die Ergebnisse des Reflexionsformates II entlang der Kategorien vorgestellt. Hierfür werden zunächst die Sinnabschnitte vorgestellt und daran anknüpfend die Diskussionsergebnisse dargelegt.

8.2.3.1 Teilhabe

Der Sinnabschnitt Teilhabe (s. Abb. 8.9, S. 282) umfasst Inhalte zur Begriffsdefinition, zu Faktoren, die im Kontext von Teilhabe relevant sind und zu Bereichen, in denen Teilhabe stattfinden kann.

Abb. 8.9
figure 9

(Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers)

Sinnabschnitt Teilhabe des Definitionsentwurfs in einfacher Sprache.

Begriff

Zunächst wurde der erste Absatz des Sinnabschnittes Teilhabe gelesen. Als besonders wichtig wurde der Textteil zur freien und individuellen Entscheidung von Teilhabe betont, da jeder selbst darüber entscheiden kann und sollte (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 265–269).

Diskutiert wurde der Begriff mitgestalten und die Frage, ob man hiermit Teilhabe definieren kann. Das wurde als schwierig einzuschätzen empfunden (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 338–343). Die Diskussion des Begriffs mitmachen wird durch die Forscherinnen mit den Alternativvorschlägen mitgestalten und dabei sein unterstützt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 344–350). Ein Teilnehmender spricht sich für den Begriff mitmachen aus. Eine andere Teilnehmende schlägt den Begriff dazugehören vor, dem auch eine weitere Teilnehmende zustimmt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 344–350). Dabei wird deutlich, dass der Begriff mit dem Zusatz der Freiwilligkeit verbunden wird (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 351–358), da „jedem selbst überlassen [ist], ob man dazugehören möchte oder nicht“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 351).

In diesem Kontext ist zu erwähnen, dass die Betonung des Zusatzes der Freiwilligkeit von T6 mit einem Beispiel aus dem digitalen Bereich unterlegt wurde und daher ein besonderer Bezug dieser Aussage zur Teilhabe an digitalen Technologien zu erkennen ist:

„Aber das muss man doch gar nicht alles? […] Warum soll man das immer nutzen? Wofür? Weil dann ehm vergeht ja die Kommunikation im Allgemeinen ganz weg! Okay, dann geht die Kommunikation im Leben weg. Wenn man immer nur auf sein Handy glotzt“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 62–66).

Nach abschließender Diskussion des ersten Absatzes des Sinnabschnittes Teilhabe wurde die Änderung des Begriffs mitgestalten mit dem Begriff dazugehören beschlossen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 335–337).

Faktoren

Im zweiten Absatz des Sinnabschnittes Teilhabe werden die Faktoren benannt, die Menschen in ihrer Teilhabe beeinflussen können. Hierzu gehören Alter, Geschlecht, Wohnort, Herkunftsland, sozioökonomischer Status sowie das Vorliegen einer Beeinträchtigung.

Der Faktor Alter wird zwischen den Teilnehmenden diskutiert. Hierbei betont T1: „[…] wenn man ganz alt ist, soll man natürlich auch an Medien teilhaben können“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 274). Die Teilhabe von Kindern wird hingegen kritischer diskutiert. T6 führt in Bezug auf die Teilhabe an digitalen Technologien und der Gefahr einer Suchtentwicklung an:

„[…] Kinder, wenn die sehr klein sind[.] [D]a muss man vielleicht darauf achten. Wenn ich immer sehe, dass ja, ich sehe manchmal schon die ganzen Kinder und Jugendlichen immer an diesem Handy.“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 281–283).

Auf die Frage, ob Kinder also nicht an digitalen Technologien teilnehmen sollten, antwortet T6: „Ja ne, zumindest nicht, wenn sie noch zu klein sind. Dann nicht immer, wenn sie wollen. Sonst hängen die da ja nur vor“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 285–286).

Auch T1 stimmt der Anmerkung von T6 zu und betont, dass Kinder nicht zu früh die Möglichkeit haben sollten, digitale Medien zu nutzen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 287). Erst wenn das Kind „[…] alt genug ist, kann ja jeder selber entscheiden“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 311). Auf die Nachfrage, welches Alter als zu früh empfunden wird, zeigt sich, dass diese Einschätzung schwierig ist und von den Aktivitäten an, durch sowie in digitale(n) Technologien abhängt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 281–311).

Für Tätigkeiten wie Telefonieren, Musikhören oder Lernen mithilfe kindergerechter digitaler Spiele wird ein Alter zwischen 6 und 10 Jahren als geeignet empfunden (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 295, 298–302). Für die Nutzung sozialer Medien wird ein Einstiegsalter von 10 bis 14 Jahren konsentiert (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 297, 302–308). Unabhängig von den Tätigkeiten mit digitalen Technologien betonen die Teilnehmenden, dass eine Begleitung der Kinder notwendig ist (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 306–307).

Neben dem Faktor Alter diskutieren die Teilnehmenden keine der weiteren aufgelisteten Faktoren. Die Aufzählung der Faktoren wird als vollständig erachtet. Vor allem betont wird hierbei von T1 die Relevanz des Faktors sozioökonomischer Status:

„Ja das ist wichtig. Es haben ja nicht alle viel Geld“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 327–330, 948–948).

Teilhabebereiche

Im dritten Absatz des Sinnabschnittes Teilhabe werden die Bereiche Schule, Arbeit, Politik und Freizeit benannt, in denen Teilhabe stattfinden kann. Diese Bereiche wurden unter den Teilnehmenden diskutiert. Aus der Diskussion ging hervor, dass eine Ergänzung der Bereiche Urlaub und Homeoffice gewünscht ist. Dieser Ergänzungswunsch geht vor allem aus den Veränderungen durch die Digitalisierung hervor. So wird beispielsweise der Bereich Urlaub benannt, weil über digitale Angebote nach Urlauben recherchiert und diese gebucht werden können (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 413). Nach der Diskussion wurde Urlaub als Teilbereich der Freizeit zugeordnet (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 425–432). Der Bereich Homeoffice wird angeführt, weil es ein verändertes Arbeiten und Lernen durch den zunehmenden Einsatz digitaler Technologien gibt. Dadurch, dass Mitarbeitende von zu Hause aus digital arbeiten und Schüler digital lernen können, wird das „Homeoffice“ als Teilbereich von Arbeit und digitales Lernen als Teilbereich von Schule aufgefasst (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 421–424, 586–589, 591–594).

8.2.3.2 Digitalisierung und digital

Der Sinnabschnitt Digitalisierung und digital (s. Abb. 8.10, S. 285) umfasst Inhalte zur Definition dieser Begriffe sowie zu positiven und negativen Auswirkungen infolge des digitalen Wandels.

Abb. 8.10
figure 10

(Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers)

Sinnabschnitt Digitalisierung und digital des Definitionsentwurfs in einfacher Sprache.

Zunächst wurde der Begriff digital mit den Teilnehmenden beleuchtet und die Erläuterung zur Diskussion gestellt. Dieser Begriff wird mit „Informationen sind so gespeichert, dass Computer sie verstehen können“ erläutert. Für T7 ist digital gleichbedeutend mit online sein (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 577): „Wenn ich da genau drüber nachdenke, […] ich hab mir früher immer so gedacht, digital ist immer online und eh, ne?“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 581–584).

T7 führt daraufhin Bereiche auf, in denen man sich aus seiner Sicht digital bewegt, beispielsweise erwähnt er den Bereich digitale Bildung mit den Worten „online unterrichtet“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 586) und „Universität“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 588) sowie den Bereich Arbeit mit den Worten „Homeoffice“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 588) und „digital arbeiten“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 591).

Auch der Begriff digitale Medien wird näher beleuchtet. Er wird mit „Zum Beispiel: Smart-Phones und Internet-Seiten“ erläutert. Zu dem Begriff gab es keine Verständnisfragen der Teilnehmenden. Auf Nachfrage, ob die Beispiele passend sind, wurde von T7 der Computer ergänzt. Die anderen Teilnehmenden stimmten dem zu und ergänzten keine weiteren digitalen Technologien (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 566–574).

Dem nächsten Abschnitt „Viele Menschen benutzen digitale Medien jeden Tag. Digitale Medien gehören zum Alltag dazu.“ stimmten alle Teilnehmende zu. T1 und T7 ergänzen ein Beispiel und verweisen auf Funktionen des Smartphones (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 543–552).

Die Erläuterung zum digitalen Wandel und damit einhergehende Veränderungen wurden von den Teilnehmenden unterschiedlich wahrgenommen. T1 unterstützt die These, dass sich durch die Benutzung von digitalen Technologien der Alltag und somit die Gesellschaft verändert (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 640–643). T7 hingegen kann das Konstrukt digitaler Wandel nicht greifen: „Mhm. Also [längere Pause] der digitale Wandel. […] Nicht so wirklich (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 637–644). Er führt daraufhin aus, dass es „früher vor ehm 50er, ne 90er Jahre nicht diese Smartphones, sondern diese Handys mit Knöpfen [gab, mit denen man nur] […] telefonieren konnte und, ne, die Leute kamen auch klar, ne?“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 649–652). Er findet die Geräte zwar altmodisch (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 654), aber die Funktion sei dieselbe (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 664). Der Aspekt, dass Smartphones mehr als eine Telefonfunktion bieten, wird hier nicht berücksichtigt. Auf eine Nachfrage der Forscherinnen, ob der Abschnitt zum digitalen Wandel verständlich ist, bejahen alle anwesenden Teilnehmenden (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 670–676). T7 ergänzt dies noch einmal mit folgendem Zitat „Ja schon. Veränderungen durch online sein. Ja.“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 673). Nach Lesung und Besprechung des Sinnabschnittes Digitalisierung und digital sollten die Teilnehmenden überlegen, ob Aspekte fehlen und ergänzt werden sollen. T7 merkt an, dass für ihn Informationen zum Datenschutz in diesem Sinnabschnitt fehlen:Also, natürlich den Datenschutz“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 509). T7 verweist dabei auf den Schutz von personenbezogenen Daten (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 517) und auf die Rechtsgrundlage: „Ich glaube es gibt ja auch ein Gesetz dafür, dass man so geschützte Sachen nicht weitergeben darf“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 518–519). Der Aspekt Datenschutz sollte nach T7 in der Definition bzw. im Sinnabschnitt Digitalisierung und digital ergänzt werden (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 520–522).

Insgesamt wird das Wort Datenschutz acht Mal und in unterschiedlichen Zusammenhängen von den Teilnehmenden verwendet. Neben dem Versuch einer Begriffsbestimmung durch T7 „Genau. Das man immer mit Datenschutz geschützt werden soll, sodass niemals die Information weitergegeben [werden]“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 744–745), verweist T1 zudem auf eine für sie empfundene sichere Anwendung im Kontext des Datenschutzes (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 11–14). Somit ist der Datenschutz für die Teilnehmenden im Umgang mit digitalen Technologien eine präsente und wichtige Thematik.

8.2.3.3 Digitale Teilhabe

Der Sinnabschnitt Digitale Teilhabe (s. Abb. 8.11a, S. 288 f.) beinhaltet Chancen und Risiken, die sich durch die Nutzung von digitalen Technologien ergeben können, die Definition des Begriffes Digitale Teilhabe sowie Voraussetzungen für Digitale Teilhabe.

Abb. 8.11a
figure 11

(Quelle: Eigene Darstellung)

Sinnabschnitt Digitale Teilhabe des Definitionsentwurfs in einfacher Sprache – Teil 1.

Abb. 8.11b
figure 12

(Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers)

Sinnabschnitt Digitale Teilhabe des Definitionsentwurfs in einfacher Sprache – Teil 2.

Chancen

Nach Abschluss des Sinnabschnittes Digitalisierung und digital wurde in die aus der Nutzung digitaler Technologien erwachsenden Chancen eingeführt und der dazugehörige Textabschnitt gelesen. Aus der Auswertung des Datenmaterials geht im Vergleich zu den Risiken (18 Kodierungen) eine kürzere Diskussion der Chancen (insgesamt acht Kodierungen) hervor.

Hinsichtlich. der Chancen werden von den Teilnehmenden neue Kommunikationsmöglichkeiten über soziale Medien wie WhatsApp oder Telegram angeführt, die es ihnen ermöglichen, über die räumliche Distanz hinweg Verwandten und Freunden zu schreiben oder per Videotelefonie kostengünstig in Kontakt zu treten (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 553–559).

Zudem führt T7 Beispiele für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung an (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 702–707, 696–700, 920–922). In diesen Beispielen werden die Kommunikations- und Interaktionspotenziale durch digitale Technologien aufgezeigt, die beeinträchtigungsbedingte Kommunikationsschwierigkeiten kompensieren können. So führt T7 z. B. aus:

„[…] Eigentlich, soweit ich weiß, gibt es paar Leute, also sie können zum Beispiel gar nicht sprechen. Aber sie können sehen. Und dann gibt es extra solche Geräte, wo man eigene [längere Pause] ne ehm so mit Augen steuern könnte und dann kann man auswählen, was man sagen will. Ja, ist schon eine Entwicklung vorgekommen, dass man doch was machen kann“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 696–700).

T7 ergänzt:

„Ja wie gesagt, ehm vielleicht haben die Menschen so in ihrer Situation etwas, was sie können leider nicht erzählen und dann gibt’s sowas. Das ist schon toll. Und ehm ja auch zum Beispiel für blinde Menschen“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 709–711).

Hierzu bemerkt auch T6:

„Ja ja, das gibt es extra so ehm Steuerung, die man eigentlich mit Mund bloß nutzen kann. zum Beispiel, wenn man nicht zocken kann, z. B. […]“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 920–922).

Die Teilnehmenden geben an, dass digitale Technologien für MgB großes Potenzial aufweisen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 658–688). Auch die Möglichkeit, durch digitale Technologien zu lernen, wird als Chance angesehen. So merkt T7 beispielsweise an:

„[…] Man entwickelt sich auch irgendwie. Und das ist auch, ich sag mal so für behinderte Menschen ist das auch gut, ne? Klar haben sie irgendwelche Denkeinschränkung, aber ehm trotzdem [längere Pause]. Das schadet nicht, wenn man was lernt [längere Pause], ne?“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 689–693).

Der Lernaspekt spielt bei der Diskussion über Chancen durch digitale Technologien eine wichtige Rolle. So könne man auf der einen Seite durch digitale Technologien lernen, auf der anderen Seite müsse der Umgang mit digitalen Technologien erlernt werden. Auch hier können digitale Lernformate wie Online-Kurse über Apps unterstützen, wie auch T7 erläutert:

„Genau. Also, klar lernt man über digitale Medien und digitale ehm Teilhabe. Aber ich kenne z. B. paar ehm Apps, wo man so Kursen machen könnte. Manchmal gibt’s kostenlose Kurse. Und manchmal Kursen, die kosten ungefähr 150€. Sagen wir mal volle Kurs. Da wird dir dann aber auch ganz genau erklärt, was das ist, wie das geht und wie man das benutzt. Ja, zum Beispiel so das eigentlich ganz gut und relativ einfach. Klar, muss man noch das verstehen, was die alles sagen und so. Aber man kann immer mehr lernen, weil die da Millionen von Kursen haben, die dir gut helfen können, ne?“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 721–729).

Risiken

Neben den Chancen werden ebenso die Risiken durch die Nutzung von digitalen Technologien diskutiert. Auch hier konnten verschiedene Risiken gesammelt werden.

Als ein Risiko wird die Entwicklung einer Sucht nach digitalen Technologien benannt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 81, 83–85, 759–792). Dabei werden verschiedene Beispiele und eigene Erfahrungen berichtet. Zum einen betont T6 bereits bei der Diskussion des Sinnabschnittes Teilhabe, dass bei einer zu häufigen Nutzung digitaler Technologien die Gefahr bestehe, sich nur noch in der digitalen Welt zu bewegen und den Bezug zur realen Welt zu verlieren (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 62–66).

Dabei betont sie auch, dass die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr verringert wird, „da man nicht mehr auf die Straße [guckt]“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 84). Auch T1 betont, dass es ein ungesundes Maß der Smartphone-Nutzung gibt und berichtet aus eigener Erfahrung, dass es ihr selbst vor allem nachts schwerfällt, das Smartphone beiseitezulegen und ihr das auch bewusst ist (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 769–777). Neben der Sucht nach digitalen Technologien im Allgemeinen spezifiziert T7 das Suchtrisiko. T7 erzählt, dass auch eine Sucht nach Glücksspiel per App möglich ist, beispielsweise durch die Teilnahme an Online-Casinos oder durch die die Investition in Aktien. Dies stuft er als gefährlich ein (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 783–792).

Ein weiteres, sehr stark diskutiertes Risiko ist der Datenmissbrauch. Dieses Risiko wird vor allem mit eigenen Erfahrungen der Teilnehmenden untermauert. T1 und T6 schildern dabei Hacking-Angriffe auf ihren Facebook-Account. Problematisch sei hierbei zum einen, dass man nicht wisse, wie man damit umgehen und seine Daten zurückgewinnen kann und zum anderen, dass es sehr schwer nachzuvollziehen ist, wer sich Zugang zu ihren Facebook-Accounts verschafft hat. T1 berichtet jedoch auch, dass sie das Passwort für ihren Facebook-Account an Dritte weitergegeben hat (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 203–205). Seitdem sie diese Erfahrung gemacht hat, betont sie jedoch auch, dass sie nun vorsichtiger ist und überlegt, was sie postet und wem sie die Postings freigibt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 975–978).

T6 spricht intensiv über ihre Erfahrung mit einem Hacking-Angriff. Sie spricht das Thema im Laufe des Reflexionsformates wiederholt an und fragt nach Möglichkeiten, wie sie herausfinden kann, wer hinter dem Hacking-Angriff steckt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 73–75, 136–153, 446–451). T7 erklärt T6 Möglichkeiten, wie Hacking-Angriffe stattfinden können und T6 reagiert mit weiteren Nachfragen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 136–153). Die aufgezeigte Problematik schürt Ängste und ein besonderes Bedürfnis nach angemessenen Datenschutzbedingungen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 73–75, 136–153, 198–201, 203–205, 446–451). So stuft T7 die Beachtung des Datenschutzes als sehr wichtig ein:

„[…] Dass man immer mit Datenschutz geschützt werden soll, sodass niemals die Information weitergegeben wird. […] Weil das, wenn ich jetzt zum Beispiel deine persönlichen Daten jetzt weiß und da was mitmache, dann ist das schon selber strafbar“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 744–748).

Eine weitere Möglichkeit des Datenmissbrauchs wird von T1 benannt. Sie schildert, dass es über ein Programm möglich sei, Nachrichten anderer Personen als Dritter unberechtigt zu lesen und gelöschte Nachrichten wiederherzustellen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 216–220, 222–225). Auch den letzten Diskussionsbeitrag zum Datenmissbrauch bringt T1 ein. Sie betont, dass man den Datenmissbrauch von Kinderfotos vorbeugen kann, indem man keine Fotos von Kindern in sozialen Medien hochlädt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 312–314). Auch die Freigabe von personenbezogenen Daten sollte nach T1 gut überlegt sein. Sie selbst sei nun vorsichtiger und überlegt genau, welche Daten sie im Internet preisgibt, seit sie nach der Einrichtung ihres Facebook-Accounts und der Angabe ihrer Telefonnummer unerwünschte Anrufe durch fremde Personen erhielt (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 981–988).

Ein drittes genanntes Risiko sind Betrugsfallen, die über digitale Technologien gestellt werden. Konkret wird von E-Mails berichtet, die unter dem Vorwand einer Postzustellung zur Übermittlung persönlicher Daten aufrufen. T6 berichtet jedoch, dass er diese E-Mails erkennt und sofort löscht (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 990–994).

Als letztes Risiko wird die Manipulation von Fotos genannt. Dieser Aspekt kommt durch eine Nachfrage von T6 auf, ob „[…] man auch Bilder manipulieren und dann auch auf Facebook laden [kann]?“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 173–174). T1 und T6 reagieren mit dem Hinweis, dass mit verschiedenen Apps wie beispielsweise Photoshop Fotos bearbeitet und somit manipuliert werden können (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 175–177).

Aus den genannten Risiken sprechen die Teilnehmenden Empfehlungen für die Definition Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe aus. Ein Punkt ist die kritischere Sichtweise auf digitale Technologien. Ein weiterer Punkt ist ein vorsichtigerer Umgang mit diesen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 967–974).

Begriff

Abgesehen von der Änderung des Begriffs mitgestalten hin zu dazugehören aufgrund der Diskussion über die Definition von Teilhabe wird der Definitionsentwurf Digitaler Teilhabe von den Teilnehmenden für gut befunden (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 996–999). Bei der Diskussion des Absatzes zur Definition von Digitaler Teilhabe wird außerdem die Relevanz von Lernmöglichkeiten bzgl. des Umgangs mit digitalen Technologien als wichtiger Baustein Digitaler Teilhabe deutlich, wie der abschließende Satz: „Den richtigen Umgang mit digitalen Medien muss man lernen“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 771), verdeutlicht (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 796–805).

Voraussetzungen

Daran anknüpfend werden im nächsten Absatz die Voraussetzungen Digitaler Teilhabe diskutiert. Die genannten Voraussetzungen umfassen den Zugang zu digitalen Technologien sowie die Verfügbarkeit eines Internetanschlusses. Eine Bedingung hierfür sind wiederum zur Verfügung stehende finanzielle Mittel (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 796–805). T1 betont, dass das Vorhandensein finanzieller Mittel für Digitale Teilhabe notwendig ist. Ihre Arbeit und das damit verbundene Einkommen ist für sie daher von besonderer Bedeutung, um einen Zugang zu digitalen Technologien zu haben (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 815–819). Der Aspekt der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wird noch einmal aufgegriffen, als die Finanzierung von neuen digitalen Technologien diskutiert wird. Auf die Anmerkung hin, dass die Bezahlbarkeit auch ein wichtiger Aspekt sei, stimmt T7 zu: „Ja genau, das muss auch bezahlbar sein“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 929).

Nach einer vergleichsweise kurzen Diskussion des Zugangs werden Lernmöglichkeiten bzw. Kompetenzen als Voraussetzung für Digitale Teilhabe diskutiert (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 820–841). Dabei werden von den Teilnehmenden die eigenen Lernbedarfe angeführt. So berichtet T1 von Lernbedarfen in Bezug auf den Umgang mit einem iPhone:

„Also, wenn Sie mir jetzt ihr Handy geben würden, das ist ein iPhone, ne? […] Sie müssten mir zeigen, wie das funktioniert. Ich weiß das nicht, ich kann mit iPhone nicht umgehen (lacht). Meine Cousine hatte ganz früher mal alte iPhone. […] So und dann mein Handy ist in der Zeit kaputt gewesen und dann hat sie gesagt, […] in der Zeit kann ich dann ihr Handy nutzen […]. Aber ich war damit überfordert, die Einstellungen mit iPhone. Also ich war total überfordert“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 820–840).

T7 berichtet hingegen, dass er bereits sehr sicher im Umgang mit verschiedenen Betriebssystemen ist und auch mit einem Smartphone gut zurechtkommt, das nicht sein eigenes ist. Diese Kompetenz hat er über Jahre weiterentwickeln können, indem er sich viel Zeit genommen hat, um mit viel Geduld den Umgang mit digitalen Technologien zu erlernen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 844–855). Er berichtet ebenso davon, dass er zum Lernen sowohl kostenfreie als auch kostenpflichtige Kurse wahrgenommen hat und diese bei Bedarf weiterhin in Anspruch nimmt, um seine Kompetenzen weiter auszubauen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 720–729).

Neben den Kompetenzen der MgB selbst werden auch die Kompetenzen Dritter thematisiert, die MgB im Umgang mit digitalen Technologien unterstützen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 886–897, 981–988). So berichten T1 und T6, dass sie sich im Umgang mit dem Smartphone und aufkommenden Fragen gegenseitig unterstützen können. T1 unterstützt T6 beispielsweise in der Einstellung des Smartphones (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 886–897). Zudem hat T1 bei der Einrichtung ihres Facebook-Accounts die Unterstützung durch eine Verwandte angenommen. Bei der Einrichtung wurden jedoch persönliche Daten wie ihre Telefonnummer angegeben, die T1 nicht veröffentlichen wollte. Aufgrund dessen erhielt sie unerwünschte Anrufe durch fremde Personen, bis die Telefonnummer aus dem Facebook-Profil entfernt wurde (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 981–988).

Als eine weitere Voraussetzung für Digitale Teilhabe wird die Beschaffenheit digitaler Technologien und die damit verbundene Barrierefreiheit diskutiert und für relevant empfunden. Das Lesen des Absatzes zu der Barrierefreiheit wirft bei T6 jedoch Verständnisschwierigkeiten auf, die erst im Laufe des Gesprächs aufgeklärt werden können (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 905–913). Barrierefreiheit wird von den T6 wie folgt verstanden: „Achso, ja. Das man das auch nutzen kann und keinen braucht, der einem hilft“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 910–911). T1 stimmt T6 zu: „Ja, ja genau, dass jeder das benutzen kann“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 912). Für T7 kommt dabei noch der Aspekt der Leichten Sprache hinzu: „Also so, dass die Programme in Leichter Sprache geschrieben sind“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 913).

Als letzter Aspekt werden gesetzliche Regularien als Voraussetzung für Digitale Teilhabe diskutiert. Das im Absatz angeführte Bundesteilhabegesetz ist den Teilnehmenden zwar nicht bekannt, jedoch wird betont, wie wichtig es ist, die Gesetze im Rahmen der Definition Digitaler Teilhabe zu nennen (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 953–961). T1 begründet die Relevanz damit, dass durch die gesetzlichen Regularien deutlich gemacht werden kann, dass alle Menschen ungeachtet ihres sozioökonomischen Status ein Recht auf Digitale Teilhabe haben (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 945–952).

8.2.3.4 Personenbezogene Faktoren

Die Teilnehmenden des Reflexionsformates II sprachen zudem personenbezogene Faktoren an, welche als induktiv gebildete Kategorien in die Auswertung mitaufgenommen wurden. Auch personenbezogene Faktoren sind Faktoren, die Digitale Teilhabe eines Individuums hemmen und fördern und folglich Digitale Teilhabe ermöglichen oder verwehren können. Die personenbezogenen Faktoren wurden bereits im ersten Reflexionsformat genannt und diskutiert (s. Abschnitt 8.2.1.1, S. 233). Im Folgenden werden die Einstellungen gegenüber digitalen Technologien von den Teilnehmenden ausgewertet. Anschließend werden die von den Teilnehmenden beschriebenen Nutzungsmotive und Nutzungswünsche aufgezeigt.

Einstellungen gegenüber digitalen Technologien

Während des Reflexionsformates II zeigen sich bei den Teilnehmenden verschiedene Einstellungen gegenüber digitalen Technologien. Diese individuellen Einstellungen sind bei der Auswertung des Datenmaterials zu berücksichtigen. Mit der vergleichsweise ausführlichen Diskussion von Risiken (neun Kodierungen von Chancen zu 18 Kodierungen von Risiken) ist auch ein erhöhter Anteil an negativen Emotionen im Datenmaterial zu verzeichnen. So äußert T6 bereits bei der Vorstellungsrunde ihre Kritik an einer zu positiven Darstellung des Themas Digitale Teilhabe (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 64–66).

Im Laufe des Reflexionsformates II wird deutlich, dass die Auseinandersetzung mit den Risiken durch die Nutzung digitaler Technologien für sie „sehr wichtig“ ist (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 57–63). Auf die Ausführungen von T7 über verschiedene Nutzungsmöglichkeiten, vor allem im Bereich Finanzen und Glücksspiel, reagiert sie mit Skepsis und Kritik (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 127–129). Mit der kritischen Grundhaltung von T6 zeigt sich vor allem Interesse an den Erklärungen von T7 zu Anglizismen und zur Möglichkeit von Bildmanipulation, Hacking sowie dem Schutz davor (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 152–159, 173174, 187–188). Dabei fragt T7 aufgrund ihrer zu dem Zeitpunkt aktuellen Vermutung eines Hacking-Angriffs auf ihren Facebook-Account immer wieder im Laufe des Gesprächs nach Erklärungen, wie Hacking funktioniert (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 132–134, 139–142, 145–147, 155–160).

Dabei wird deutlich, dass die Erklärungen von T7 bei T6 mit Erschrockenheit und Angst aufgenommen werden. T1 und T6 sind mit dem Thema Datenmissbrauch vor allem in den sozialen Medien bereits vertraut und reagieren nicht überrascht und stimmen den Erklärungen von T7 zu (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 145–147, 155–160, 222–224). Die Ausführungen von T7 bestärken bei T6 die Einstellung, sich weiterhin mit den kritischen Aspekten in der Nutzung von digitalen Technologienauseinander zu setzen. T6 betont ihr Interesse an einer kritischeren Auseinandersetzung auch noch einmal bei ihrer Verabschiedung aus dem Reflexionsformat (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 439–442).

Eine generelle Vorsicht und ein damit zusammenhängendes Risikobewusstsein bei der Nutzung digitaler Technologien wird bei allen Teilnehmenden im Laufe des Reflexionsformates II deutlich (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 152–153, 161–162, 187–194, 210–213, 312–322, 970–971). Dabei merkt T6 gegenüber T1 an, dass diese ihr Passwort ändern sollte, um Datenmissbrauch vorzubeugen, da T1 dieses an Dritte weitergegeben hat. T1 entgegnet, dass sie das Passwort nicht ändern wird, da sie den betreffenden Personen vertraut (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 187–194). Außerdem betont T1, dass sie im Vergleich zu Android-Smartphones das iPhone als sichereres Smartphone empfindet, „[…] weil da kann man sich nicht so schnell eingehackt werden“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 210–213). Auch im Umgang mit Bildern berichtet T1 von einem risikobewussten und vorsichtigen Umgang und erklärt T6, dass Bilder auch zweckentfremdet werden können (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 222–224, 312–322). Der vorsichtige Umgang von T1 mit digitalen Technologien hat sich vor allem entwickelt, da sie selbst Opfer von Datendiebstahl geworden ist: „Also seitdem ich gehackt wurde auf Facebook, ich passe wirklich auf auf Facebook. Also was ich poste und was ich freigebe“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 977–978).

Ein weiterer Aspekt, der bzgl. der Einstellung gegenüber digitalen Technologien deutlich wird, sind die Unterschiede der Selbstsicherheit im Umgang mit digitalen Technologien. Dabei zeigt T7 einen vorsichtigen, aber auch sehr risikobewussten und selbstsicheren Umgang mit digitalen Technologien (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 844–848). Dem gegenüber steht die vorsichtige und skeptische Haltung sowie erschrockenen Reaktionen bzgl. der Risiken digitaler Technologien von T6. T1 und T7 betonen ebenso, sie pflegten einen vorsichtigen Umgang aufgrund negativer Erfahrungen, zeigen jedoch eine positive Haltung gegenüber digitalen Technologien (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 222–224, 312–322, 359–361, 977–978).

Ebenso deutlich wird der hohe Stellenwert, den die digitalen Technologien bei den Teilnehmenden einnehmen. T1 offenbart: „Also ich geb’s zu. Also wenn mein Handy jetzt kaputt wäre- […] Boah! Dann würd‘ ich durchdrehen“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 359–361). Kurz darauf erzählt er:

„Ich hab’ mich erschrocken, mir fällt das Handy nach draußen aus’m Fenster […]. Komplett Display zersprungen. Und ich hab geheult. Scheiße! Aber zum Glück hatte ich dann noch Geld, also ich hab’ immer bei meiner Oma immer ehm eine Spardose gehabt, ehm weil ich da immer gespart hab’ und dann hab’ ich Oma anrufen. Hab die gebeten mein Geld nachzuzählen und dann hab’ ich den nächsten Tag erstmals Handy geholt (lacht)“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 367–374).

Auch auf die Nachfrage, ob sich ihr Leben verändern würde, wenn es keine digitalen Technologien gäbe, stimmt T1 zu. T7 hingegen betont, dass auch früher in den Neunzigerjahren ein Leben ohne digitale Technologien möglich war und das heutige Leben auch ohne möglich sei (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 640–666).

Nutzungsmotive und -wünsche

T1 nahm bereits am ersten Reflexionsformat teil, auch hier wurden bereits die personenbezogenen Faktoren gemeinsam diskutiert. So berichtet T1 gleich zu Beginn des Gesprächsformates von einer Erweiterung ihrer genutzten digitalen Technologien:

„Also ich habe meine Medien jetzt erweitert. Ich nutze jetzt ehm [längere Pause] im Moment. Ich zähle jetzt auf. Telegram, Facebook, WhatsApp ehm Telegram, is fast so ähnlich wie WhatsApp, nur das Telegram ist ein bisschen sicherer vom Datenschutz her als WhatsApp“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 11–14).

Später ergänzt sie noch die Anwendung Snapchat (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 110) und berichtet, dass sie täglich über ihr Gerät Musik hört (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 535–542). Sie erzählt zudem, dass sie mittlerweile in der Schule auch die Anwendung Elements nutzt. Diese nutzt sie für den Austausch mit den Mitschülern und dem Klassenlehrer sowie zur Krankmeldung (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 16–22). T1 nutzt ihr Smartphone täglich (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 535). Sie erwähnt, wie auch im Reflexionsformat I, dass sie gerne ein iPhone besitzen würde, dies aber zunächst erlernen müsste: „Aber ehm, ich versteh iPhone nicht. So von den Einstellungen her, ist das was ganz anderes. Da musste ich mich erstmal reinfuchsen (lacht)“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 216–217).

T6 nutzt neben der Anwendung Facebook zum Austausch mit Freunden auch die Corona-Warn-App, um den digitalen Impfausweis vorzeigen zu können (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 77–81). Zudem nutzt sie digitale Technologien zum Spielen und zum Schreiben von Gedichten oder Einkaufszetteln (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 90–97). T6 berichtet, die Anwendungen WhatsApp, Facebook, Instagram und Snapchat täglich zu nutzen. Zudem ergänzt er, dass er Apps zum Lesen nutzt: „Und lesen mach ich auch. Apps z. B., dann abends lese ich Zeitschriften“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 171–179).

T7 berichtet ebenfalls von einer häufigen Nutzung von digitalen Technologien „[…] ich benutze Medien schon ja sehr, sehr öfter“ (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 99). Dabei nutzt er Anwendungen wie Facebook, Instagram und WhatsApp. Auch berichtet er von einem Computerprogramm, mit dem man gemeinsam online Spiele spielen und sich mit Freunden austauschen kann (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 99–110). Da T7 sehr an IT interessiert ist, programmiert er in seiner Freizeit „Genau ja. Programmierung mache ich im Moment. Also manchmal (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 118) und nutzt digitale Technogien zudem für seine Finanzen. Neben der Nutzung des Online-Bezahldienstes PayPal berichtet er auch vom digitalen Aktienhandel (s. Transkript Reflexionsformat II Z. 124–128).

8.2.3.5 Schlussfolgerungen aus dem Reflexionsformat II

Aus den Ergebnissen des Reflexionsformates II können Änderungen für den Definitionsentwurf in einfacher Sprache (DDT-ES1) abgeleitet und vorgenommen werden. Zum einen wurden Begrifflichkeiten geändert. Hierzu gehört die Verwendung des Begriffs dazugehören anstelle von mitgestalten, um Teilhabe bzw. Digitale Teilhabe zu beschreiben.

Zum anderen wird die von den Teilnehmenden angesprochene Empfehlung einer kritischeren Sichtweise auf digitale Technologien und den Umgang mit digitalen Technologien stärker von den Forscherinnen herausgearbeitet. Um diesen Aspekt zu berücksichtigen, wurden die bereits im Scoping Review und Reflexionsformat I und II herausgestellten Risiken sowie zentralen Herausforderungen im Umgang mit digitalen Technologien genutzt, um einen Absatz in dem Definitionsentwurf zu ergänzen. Auf dieser Basis wurde folgender Absatz formuliert und in die Definition in einfacher Sprache aufgenommen.

„Einige Veränderungen können auch Risiken haben.

Das bedeutet:

Sie können Nachteile haben.

Oder für manche Menschen schlecht sein.

Einige Menschen können nicht aufhören,

sich Medien anzusehen und zu lesen.

Das nennt man:

Medien-Sucht.

Oft hört man von Gefahren im Internet.

Manchmal werden Daten gestohlen.

Fremde erschleichen sich einen Zugriff auf ein Konto.“

Auch wurden unter Berücksichtigung der Vorgaben des Netzwerks für Leichte Sprache Symbole zur Illustration der neu formulierten Abschnitte eingefügt. Zudem wurde das Thema Datenschutz von den Teilnehmenden im Reflexionsformat II herausgearbeitet. Auch dieser Aspekt wurde im Entwurf DDT-ES2 ergänzt. Dabei wurde auf eine bestehende Definition von der Digitalen Gesellschaft (2021) zurückgegriffen. Diese wurde wie folgt modifiziert und eingefügt:

„Daten-Schutz ist wichtig.

Daten-Schutz bedeutet:

Du bestimmst darüber,

wer deine Daten benutzen darf.

Und wofür.

Daten sind zum Beispiel:

Dein Name oder dein Geburtstag.“

Auch hier wurde aus der Bilderdatenbank für Leichte Sprache ein entsprechendes Bild zum Thema Datenschutz ergänzt.

Ein weiterer Änderungsvorschlag der Teilnehmenden des Reflexionsformates war es, weitere Bilder zur Erläuterung des Textes hinzuzufügen. Entsprechend wurden drei weitere Bilder zur Visualisierung der Aspekte Zugang, Hilfe von anderen und Barrieren in der genannten Bilderdatenbank recherchiert und eingefügt.

Aus den Analyseergebnissen des Reflexionsformates II lässt sich demnach die überarbeitete Definition Digitaler Teilhabe in einfacher Sprache (DDT-ES2) finalisieren, die auf Verständlichkeit und inhaltliche Vollständigkeit durch die teilnehmenden MgB geprüft wurde.

8.2.4 Iterativer Prüfgruppenprozess für Leichte Sprache

Die überarbeitete Definition Digitaler Teilhabe in einfacher Sprache (DDT-ES2) bildet die Arbeitsgrundlage für den iterativen Prüfgruppenprozess zur Übersetzung in eine qualitativ hochwertigere und niedrigschwelligere Definition Digitaler Teilhabe in Leichte Sprache (DDT-LS). Das Vorgehen des Prüfgruppenprozesses zur Übersetzung der Definition in Leichte Sprache wird in Abschnitt 7.4.4 (s. S. 140) detailliert dargelegt. Um dem Anspruch der Leichten Sprache gerecht zu werden, wurden alle abgestimmten Überarbeitungswünsche aus den Prüfrunden mit MgB zur Definition von Digitaler Teilhabe in einfacher Sprache (DDT-ES2) eingearbeitet. Die überarbeiteten Versionen dienen dann wieder als Arbeitsgrundlage der darauffolgenden Prüfrunde bzw. in der letzten Prüfrunde als Endergebnis.

Erste Prüfrunde

Zunächst wird der gesamte Text (DDT-ES2) ohne Anmerkungen gelesen. Nach Rücksprache mit der Prüfgruppe, wurden die unterstützenden Bilder in der ersten Lesephase nicht geprüft, da der Text im Fokus stand. Der erste Eindruck der Prüfenden aus der ersten Prüfrunde ist insgesamt positiv. Der Definitionsentwurf in einfacher Sprache lässt sich gut lesen und ist allgemein gut verständlich. Auch wenn die bereits vorgenommene Teilung der Sätze über mehrere Zeilen zur besseren Leseorientierung als grundlegend gut befunden wurde, empfiehlt die Prüfgruppe das Design – gemeint ist hier die Aufbereitung des Textes – zu überarbeiten. Konkret ist hierfür auf die Kopplung langer Hauptwörter (wie beispielsweise Schulabschluss oder Bundesteilhabegesetz) zu achten. Dabei werden Hauptwörter in ihre Wortbestandteile zerlegt, indem die Wortbestandteile durch einen Bindestrich verbunden werden. Unter anderem wird Schul-Abschluss oder Bundes-Teilhabe-Gesetz geschrieben.

Während der Prüfung des Definitionsentwurfs in einfacher Sprache wird absatzübergreifend diskutiert, ob weitere inhaltliche Rückbrücken zwischen den Absätzen benötigt werden. Die Prüfgruppe kommt aber zu dem Schluss, dass weitere Rückbrücken nicht zum besseren Verständnis des Textes führen und daher nicht benötigt werden. Auch die Einführung von Zwischenüberschriften wird in der Prüfgruppe diskutiert. Durch die einleitenden Sätze der Absätze wird jedoch eine gute Einleitung gegeben. Daher wurde nach der Diskussion gemeinsam entschieden, dass keine Unterüberschriften verwendet werden.

Zudem wurden die Begriffe Barriere und Apps mit Blick auf die Vorkommenshäufigkeit sowie die Notwendigkeit einer Ausspracheregelung geprüft. Die Diskussion ergab, dass die Begriffe näher erläutert werden sollten. Von einer Ausspracheregelung wurde abgesehen. Für Hauptwörter, die den Begriff Barriere beinhalten (z. B. Barrierefreiheit), wurde eine Wortkopplung durchgeführt (z. B. Barriere-Freiheit). Für die synonym verwendeten Begriffe Wandel und Veränderung wurde ein weiterer Satz eingefügt, der auf die gleiche Bedeutung hinweist. Zuletzt wurden Wörter wie diese oder sie mit dem gemeinten Begriff ersetzt, sodass nachvollziehbar ist, welcher Begriff gemeint ist.

Zweite Prüfrunde

Folgende inhaltliche Änderungen haben sich in der zweiten Prüfrunde durch die gemeinsame Diskussion ergeben: Im Sinnabschnitt Potenziale von Digitalisierung wurde aus „Einige Veränderungen sind für die Menschen gut.“, „Einige Veränderungen sind für manche Menschen gut“. Dadurch ist die Wortwahl an die des Abschnitts zu Risiken angeglichen und es wird kein zu starker Fokus auf die Potenziale gelegt. Ein Mitglied der Prüfgruppe stellte die Potenziale für die Zielgruppe der sehbeeinträchtigten und sehbehinderten Menschen in den Mittelpunkt. Da dies jedoch hier nicht Intention der Verfasserinnen des Definitionstextes ist, wurde hier ein „zum Beispiel“ eingefügt. Somit wird deutlicher, dass es verschiedene Potenziale gibt.

Im Sinnabschnitt über die Barriere-Freiheit wurde aus „Barriere-Freiheit bedeutet“ die Formulierung „Barriere-Freiheit bei digitalen Medien bedeutet“. Damit wird der Bezug zum Thema Digitale Teilhabe noch einmal hervorgehoben. Der nächste Sinnabschnitt zum Thema Gesetze wurde noch einmal kritisch von der Prüfgruppe betrachtet. Da dieser Teil in der ersten Prüfrunde noch nicht diskutiert worden ist, ergab sich hier eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen. Diese werden im Folgenden kurz erläutert: Neben der Nennung von Gesetzen und Verordnungen sowie die Einführung der Abkürzungen, sollten auch die wesentlichen Inhalte mit Bezug zum Thema Digitale Teilhabe genannt werden. Zudem gilt es, wichtige Begrifflichkeiten sowie Verneinungen textlich fett zu drucken, damit sich diese vom übrigen Text abheben und eine Orientierungshilfe geben.

Neben dieser inhaltlichen Diskussion wurden zudem die Vorschläge für Abbildungen diskutiert. Das Bild der diversen Gesellschaft wird im Definitionstext eingefügt, sodass dieses auch die Aufzählungen der Bereiche inkludiert und so auch die Vielfalt von Bereichen abgebildet wird. Das Bild des Computers neben dem Sinnabschnitt zur Barriere-Freiheit sollte entfernt werden, da dies für die Prüfgruppe irreführend ist. Für dieses Bild wurde für die abschließende Prüfrunde eine Alternative herausgesucht und vorgeschlagen.

Dritte Prüfrunde

In der dritten Prüfrunde wurde das überarbeitete Textdokument erneut gelesen. Allerdings wurden die bereits geprüften und für gut befundenen Seiten nicht noch einmal gelesen. Daher wurde auf Seite drei begonnen. Insgesamt wurden die Änderungen im Text aus der vorangegangenen Prüfrunde von der Prüfgruppe als treffend erachtet. Somit wurden keine textlichen Änderungen vorgenommen. Stattdessen wurden Hinweise zur Formatierung der Aspekte zu den Gesetzen auf der letzten Seite gegeben. Inhaltlich zusammenhängende Aspekte sollten immer in einem Abschnitt ohne in größeren Absätzen formatiert werden, damit der inhaltliche Zusammenhang auch visuell erkennbar wird.

Ein weiterer Änderungsbedarf zeigte sich in der Diskussion über die gewählte Abbildung zum Datenschutz. Diese Abbildung erinnerte ein Mitglied der Prüfgruppe an ein Symbol zur Einhaltung der Abstandsregelungen im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie. Dieser Eindruck zeigt die Mehrdeutigkeit des Symbols auf. In der Diskussion mit den anderen Mitgliedern der Prüfgruppe einigte man sich jedoch demokratisch darauf, dass es derzeit für das Thema Datenschutz keine eindeutigere Abbildung in Bilddatenbanken für Leichte Sprache gibt.

8.2.4.1 Schlussfolgerungen aus dem iterativen Prüfgruppenprozess Leichte Sprache

Aus den Prüfrunden ergaben sich diverse Änderungen, die in dem Definitionstext in einfacher Sprache eingearbeitet wurden. Die Änderungen werden im Folgenden abschließend prüfgruppenübergreifend zusammengefasst: Eine erste Änderung war die Aufteilung der Sätze über mehrere Zeilen hinweg. Diese Aufteilung wurde zwar bereits vorbereitend von den Forscherinnen vorgenommen, musste jedoch an einigen Stellen zusätzlich vorgenommen werden, um eine bessere Leseorientierung zu gewährleisten.

Außerdem erfolgte die Prüfung des Textes auf Hauptwörter, die zu lang sind und in ihre Wortbestandteile zerlegt werden sollen (z. B. Bundesteilhabegesetz). Solche langen Hauptwörter im Text wurden zerlegt und die Wortbestandteile gekoppelt (z. B. Bundes-Teilhabe-Gesetz). Ein weiterer Punkt ist die Prüfung und Formulierung von Rückbrücken, die verdeutlichen, dass die einleitenden Sätze und die finalen Sätze der aufeinander folgenden Inhaltsblöcke in der Definition inhaltlich aufeinander Bezug nehmen. Aufgrund der Vielzahl der Absätze wurde jedoch davon abgesehen, pro Abschnitt Zwischenüberschriften einzufügen.

Auch die Prüfung und Formulierung von Ausspracheregelungen für Anglizismen oder Begrifflichkeiten, die nicht im alltagssprachlichen Gebrauch sind, wurden bei der Überarbeitung des Textes thematisiert. Um den alltagssprachlichen Gebrauch zu überprüfen, wurde eine Datenbank für Vorkommenshäufigkeit herangezogen. Für den Begriff Smartphone wurde eine Ausspracheregelung formuliert. Zudem wurden Wörter mit unbestimmter Bedeutung, wie diese oder sie mit dem gemeinten Begriff ersetzt, um eine eindeutige Zuordnung zu gewährleisten. Auch wurde die Auswahl sowie Positionierung und Skalierung der eingefügten Bilder vor dem Hintergrund der bestmöglichen visuellen Unterstützung beim Lesen des Textes angepasst. Dabei wurden die Bilder horizontal zu dem Textabschnitt positioniert, auf den sie Bezug nehmen. Als mehrdeutig wahrgenommene Bilder wurden diskutiert und bei Bedarf sowie nach Möglichkeit ausgetauscht.

Die finale Definition Digitaler Teilhabe in Leichter Sprache (DDT-LS) umfasst insgesamt 5,5 Seiten und ist Abb. 8.12a, 8.12b, 8.12c, 8.12d, 8.12e und 8.12f (s. S. 303 ff.) zu entnehmen.

Abb. 8.12a
figure 13

Definitionstext Leichte Sprache – Teil 1. (Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V., Illustrator Stefan Albers)

Abb. 8.12b
figure 14

(Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers)

Definitionstext Leichte Sprache – Teil 2.

Abb. 8.12c
figure 15

Definitionstext Leichte Sprache – Teil 3. (Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers)

Abb. 8.12d
figure 16

(Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers)

Definitionstext Leichte Sprache – Teil 4.

Abb. 8.12e
figure 17

(Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis 1: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers, Bildnachweis 2: Illustrator Inga Kramer)

Definitionstext Leichte Sprache – Teil 5.

Abb. 8.12f
figure 18

(Quelle: Eigene Darstellung, Bildnachweis: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e. V., Illustrator Stefan Albers)

Definitionstext Leichte Sprache – Teil 6.

8.3 Empirische Entwicklung und Prüfung eines Erhebungsinstruments Digitaler Teilhabe von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung

An die empirische Entwicklung einer Definition und eines Modells Digitaler Teilhabe von MgB schließt die empirische Entwicklung und Prüfung eines Erhebungsinstruments Digitaler Teilhabe an. Hierfür werden die Ergebnisse der Fokusgruppe II, des Reflexionsformates III sowie der quantitativen Befragung nachfolgend dargelegt.

8.3.1 Fokusgruppe II

Das Ziel der zweiten Fokusgruppe ist die Reflexion und Weiterentwicklung des Fragebogenentwurfs zu Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe durch Anreicherung wissenschaftlicher und praxisbezogener Expertenmeinungen. Das Format wurde am 27.04.2022 über die Videokonferenzplattform Zoom durchgeführt. Ergänzend wurde, wie in Abschnitt 7.5.2 (s. S. 149) dargelegt, ein Experteninterview mit T6 zur Vertiefung derselben Fragestellungen durchgeführt:

  • Berücksichtigen die entwickelten Items aus der Perspektive der Sozial- und Medienwissenschaften, Medienpädagogik sowie der Eingliederungshilfe alle relevanten Aspekte zur Erfassung Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe?

  • Welche inhaltlichen Anpassungen sollten aus der Perspektive der Sozial- und Medienwissenschaften, Medienpädagogik sowie der Eingliederungshilfe an den entwickelten Items vorgenommen werden?

  • Inwiefern ist aus der Perspektive der Sozial- und Medienwissenschaften, Medienpädagogik sowie der Eingliederungshilfe die geplante methodische Umsetzung des Erhebungsinstruments zur Quantifizierung von Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe geeignet?

  • Welche Anpassungen sollten aus der Perspektive der Sozial- und Medienwissenschaften, Medienpädagogik sowie der Eingliederungshilfe für das Erhebungsinstrument vorgenommen werden?

Für den thematischen Einstieg wurde eine Streichholzreflexion mit Blick auf das überarbeitete Modell (MDT3) durchgeführt. Dabei wurden die jeweiligen Eindrücke der Teilnehmenden in Kürze zusammengetragen. Anschließend fand die Reflexion des Fragebogenentwurfs zu Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe durch die Anreicherung wissenschaftlicher und praxisbezogener Expertenmeinungen statt.

Im folgenden Abschnitt werden die Aussagen der Teilnehmenden der Fokusgruppe II in Bezug auf den Fragebogenentwurf EIDT1 analysiert.

8.3.1.1 Modellentwurf (MDT3)

Mithilfe der Streichholzreflexion wurden die Eindrücke der Teilnehmenden mit Blick auf das überarbeitete Modell Digitaler Teilhabe MDT3 eingeholt. Dabei lässt sich festhalten, dass das Modell von allen Teilnehmenden sowohl aus der Praxis als auch aus der Wissenschaft als inhaltlich schlüssig und vollständig wahrgenommen wird. Die überarbeitete Modellstruktur setzte die Zusammenhänge der einzelnen Faktoren und Faktorebenen besser in Beziehung (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 66–76, 82–84, 87–92, 95–97; Transkript Experteninterview Z. 357–367). Auch die Strukturen der Eingliederungshilfe lassen sich in MDT3 gut wiedererkennen, ebenso die Teilhabebereiche und die Bereiche Digitaler Teilhabe (Transkript Experteninterview Z. 369–378).

Mit Blick auf das Layout des Modells wird von T3 und T8 angemerkt, dass die Schrift auf der dritten Faktorenebene schwierig zu lesen sei. Für die digitale Version stellt dies kein Problem dar, allerdings liege dieses Problem bei der Druckversion vor (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 69–75, 89–92). Daran anknüpfend wird von T8 angemerkt, ob die dritte Faktorenebene für das Modell notwendig sei oder ob lediglich die Zahnradstruktur beibehalten werden sollte (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 69–75). Auch T6 merkt die Komplexität des Modells an (s. Transkript Experteninterview Z. 330–333, 369–380). Um trotz Komplexität des Modells eine bessere Lesbarkeit und ein besseres Verständnis zu erreichen, wird die dritte Faktorenebene entfernt und dieSchriftgröße angepasst. Die Aufschlüsselung der dritten Faktorenebene wird jedoch in der Modellbeschreibung beibehalten.

Ein Ergänzungswunsch bzgl. des Layouts wird von T3 geäußert. Ihm erscheint mit Blick auf das Thema Teilhabe die Abbildung von einem Menschen in der Mitte des Modells als unzureichend. Um den Bezug zum Thema gesellschaftliche Teilhabe zu stärken, sollten mehrere Menschen in der Mitte des Modells abgebildet sein (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 97–101).

8.3.1.2 Entwurf Erhebungsinstrument Digitaler Teilhabe (EIDT1)

Im Folgenden werden die Aussagen der Teilnehmenden der Fokusgruppe II in Bezug auf übergeordnete Punkte wie Methode, Struktur sowie Begrifflichkeiten des Fragebogenentwurfs EIDT1 analysiert.

Methode

Bei dem entwickelten Erhebungsinstrument handelt es sich um ein Tool zur Fremdeinschätzung. Im Gegensatz zur Selbsteinschätzung werden die Angaben von Dritten getätigt. Das Erhebungsinstrument wird hierfür als Online-Befragung mithilfe des Online-Befragungstools Unipark durchgeführt. T5 merkt an, dass „man bei längeren Fragebögen eigentlich nur die Leute bei der Stange hält, wenn man es Face-to-Face macht“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1328–1330). T5 und T8 bestätigen diese Theorie und führen dazu aus, dass Teilnehmende bei Online-Umfragen schneller abbrechen (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1339–1341; Transkript Experteninterview Z. 55–61, 246–266). T5 und T8 relativieren ihre Aussagen, da es sich dabei um „pre-Pandemie-Wissen“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1336, 1339–1341) handele. Auch wird die Relevanz von Pretests mit der Zielgruppe zur Entscheidung der Erhebungsmethode angeführt (s. Transkript Experteninterview Z. 246–275). Vor diesem Hintergrund gewinnt die Entscheidung zwischen einer online-basierten bzw. Paper-Pencil-Befragung sowie Face-to-Face-Befragung an Bedeutung. Im Rahmen des Pretests werden die online-basierten bzw. Paper-Pencil-Befragungengetestet. Eine Face-to-Face-Befragung wird von den Forscherinnen trotz empfohlener Methode als nicht geeignet eingeschätzt. Nach erster Rücksprache mit Leitungspersonal sowie Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe geht die Face-to-Face-Befragung mit fixierten Zeitfenstern einher, die aufgrund aktueller Ressourcenengpässe sowie mitunter auch pandemiebedingter Restriktionen in den Einrichtungen nicht leistbar sind. Die online-basierte bzw. Paper-Pencil-Befragunglässt zeitlich flexible Möglichkeiten, den Fragebogen auszufüllen. Ebenso wird eine bundesweite Befragung ermöglicht, die die Alokalität des Mediums sowie eine höhere Anonymisierung sicherstellt.

Struktur

Durch die Verwendung unterschiedlicher bereits existierender und teilweise validierter Erhebungsinstrumente unterscheiden sich die verwendeten Skalen im Fragebogenentwurf EIDT1. T5 und T8 plädieren für die Vereinheitlichung der verwendeten Skalen, obwohl diese von den verwendeten Instrumenten abweichen (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 337–348; 349–360; Transkript Experteninterview Z. 105–123). In diesem Zusammenhang verweist T8 auf die spätere statistische Auswertung: „Also ich verweise hier noch einmal auf die Statistik, wenn ihr irgendwas miteinander in Bezug setzen wollt, dann vereinheitlicht das. Weil ansonsten müsst ihr immer wieder umrechnen“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 366–369). Auch die Abstufungen der Skalen unterschiedlicher Fragen sollten, wenn möglich, analog strukturiert werden, um Missverständnisse und Fehlinterpretation der Teilnehmenden vorzubeugen, so T5:

„Menschen, die es eben nicht so gewohnt sind, die sind wahrscheinlich dann auch noch mehr verwirrt beziehungsweise noch schlimmer wäre es ja, sie nehmen es gar nicht wahr und denken das ist jetzt dasselbe Schema, wie in der Frage vorher und geben euch deswegen eigentlich falsche Antworten“ (s. Transkript Experteninterview Z. 154–157).

Zudem plädiert T5 für kompaktere Antwortmöglichkeiten, da seinen Forschungserfahrungen nach Fragen mit zu ausdifferenzierten Antwortmöglichkeiten die Teilnehmenden überfordern und die Befragungsergebnisse dahingehend nicht auswertbar sein können (s. Transkript Experteninterview Z. 167–183, 189–193). Ebenso merkt T5 an, dass die Fragen im finalen Erhebungsinstrument auf eine Seite passen und nicht über zwei Seiten gehen sollten (s. Transkript Experteninterview Z. 208–220).

Der Fragebogenentwurf EIDT1 hat insgesamt eine Länge von 32 Seiten. Der Umfang wurde sowohl von praxisbezogenen Experten (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 168–175) also auch von Experten der Wissenschaft (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1305–1315, 1317–1330, 1343–1346; Transkript Experteninterview Z. 29–38) als ausführlich und zu umfangreich betrachtet. Von T5 wird aus der wissenschaftlichen Perspektive eine kurze Bearbeitungszeit empfohlen: „Es gibt eine zeitliche Regel, eigentlich. Für Fragebögen im Internet. Maximal zehn Minuten“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1331), da die Teilnahme nach ca. fünf Minuten oftmals abgebrochen werden würde (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1343–1346). T8 stimmt einer Kürzung grundsätzlich zu, habe aber von einer Zehn-Minuten-Regel bisher nichts gehört (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1389–1395). Auch T5 prognostiziert basierend auf den eigenen Forschungserfahrungen in diesem Themengebiet eine geringe Rücklaufquote sowie wenig konzentriert ausgefüllte Fragebögen, wenn das Erhebungsinstrument diese Länge beibehält (s. Transkript Experteninterview Z. 29–38, 55–61, 98–103).

T8 stellte dabei noch einmal einen Bezug zu den Ausfüllenden her, die aus der Eingliederungshilfe kommen und vermutlich knappe zeitliche Ressourcen mitbringen:

„[…] ohne, dass ich das jetzt irgendwie mit den Zeitressourcen der Praxispartner einschätzen kann, aber ich kann mir schon vorstellen, dass für die 30 Minuten täglich viel Zeit sein könnte und man weiß auch nicht, wie der Test dann durchgeführt oder dieser Fragebogen durchgeführt wird. Mhm, also das ist auf jeden Fall nichts, was man in Anführungsstrichen „mal eben zwischendurch“ macht. Da muss man sich Zeit für nehmen und da weiß ich halt nicht, wie viele das dann in ihrem Arbeitsalltag so überhaupt können“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1307–1315).

Sie relativiert diese Aussage jedoch, indem sie ebenfalls einbringt, dass bei einem hohen Interesse an der Thematik auch eine längere Ausfülldauer akzeptiert werden würde (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1339–1341).

Das entworfene Erhebungsinstrument EIDT1 soll dazu dienen, den komplexen Begriff der Digitalen Teilhabe abzubilden und den Einfluss der potenziellen Faktoren zu messen. Dieser Idee folgend spricht sich T5 dafür aus, innerhalb des Pretests die Länge des Fragebogens bewerten zu lassen (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1353) und das Modell mit allen potenziellen Faktoren zu testen: „Ich finde das auch wirklich eine gute Idee, dieses Modell in Gänze zu testen […]“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1353–1354). Dennoch sollte der Fragebogen mit Blick auf die verwendeten Skalen und in Bezug auf den zeitlichen Faktor kritisch überarbeitet werden (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1353–1358).

Begrifflichkeiten

Durch die Verwendung unterschiedlicher bereits existierender und teilweise validierter Skalen unterscheiden sich die verwendeten Begrifflichkeiten im Fragebogenentwurf EIDT1. T5 weist darauf hin, dass die unterschiedlichen Begrifflichkeiten in EIDT1 für die Zielgruppe vereinheitlicht werden sollten (s. Transkript Experteninterview Z. 76–89). Auch T5 plädiert für einheitliche Begrifflichkeiten, gleichwohl diese von den verwendeten Instrumenten abweichen (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 168–175, 474–487, 492–510, 695–703).

„Und zwar, ihr schreibt von digitalen Medien und Technologien in dem ganzen Fragebogen, ehm wird es nicht eindeutig, worauf ihr euch aktuell gerade bezieht. Also ne, da stehen Technologien, da stehen digitale Geräte, ehm Medien habe ich jetzt nicht so gesehen, ehm aber kommt vielleicht auch irgendwo vor. […] Vielleicht gibt es Sinn, das Ganze nochmal zu differenzieren“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 168–175, 474–487).

Daraufhin wurde innerhalb der Gruppe diskutiert, inwieweit das eigene Technikverständnis die Beantwortung der Fragen beeinflussen kann und ob das subjektive Begriffsverständnis abgefragt werden sollte. T5 spricht sich gegen die Erhebung des eigenen Technikverständnisses aus: „Ihr könnt das ja nicht auswerten und wenn alle etwas anderes darunter verstehen“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 492–493) und belegt dies mit einem Beispiel aus ihrer eigenen Forschung:

„[…] wir haben einen Fragebogen gemacht, wo wir Leute gefragt haben, wie häufig sie jetzt das Internet verwenden und wie häufig sie Social Media verwenden. Und die verwenden häufiger Social Media als das Internet [lacht]“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 667–680).

Die Empfehlung der Teilnehmenden der Fokusgruppe II ist, eine kurze Definition von digitalen Technologien zu geben, damit die Teilnehmenden mit einem vorgegebenen Verständnis die Fragestellungen beantworten können (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 492–510).

8.3.1.3 Begriffsverständnis Digitale Teilhabe

Um im Rahmen der Befragung das Verständnis des Begriffs Digitale Teilhabe sowie die Verankerung des Begriffs Digitaler Teilhabe in der jeweiligen Einrichtung zu erfahren, beleuchten die Fragestellungen 9.3 bis 9.5 den Begriff Digitale Teilhabe, indem gefragt wird, ob der Begriff bereits bekannt ist bzw. was unter dem Begriff zu verstehen ist. Zusätzlich wird gefragt, wie der Begriff in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe verankert ist. Inhaltlich werden die Fragen als sinnvoll eingeschätzt, diskutiert wird vielmehr die Stelle, an der die Fragen im Fragebogen platziert werden sollten.

Sowohl einer der wissenschaftlichen als auch einer der praxisbezogenen Experten (T3 und T8) befürworten die Platzierung der Frage im Anschluss an die Fragen zur Soziodemografie und somit eher am Anfang des Fragebogens. Er begründet dies damit, dass für den Ausfüllenden eine unvoreingenommenere Einschätzung des Begriffs ermöglicht wird (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1237–1272). Die Fragestellung am Ende des Fragebogens könne eine Verzerrung der Antwort bewirken:

„Also mein Gefühl ist dahingehend tatsächlich gleich. Weil ich mir auch denke, es kann passieren, wenn man vorher schon ganz oft in den Fragebogen Digitale Teilhabe gelesen hat und man da schon vielleicht ein Gefühl dafür bekommt, was Digitale Teilhabe ist, dass das einfach einen Einfluss ausübt. Dass das vielleicht gar nicht mehr das eigentliche Verständnis ist, was man am Anfang hatte“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1265–1272).

Entsprechend würde die Fragestellung am Anfang des Fragebogens unterschiedlichere Begriffsverständnisse ermöglichen, die nicht zwangsläufig die im Fragebogen abgebildeten Teilbereiche repetieren (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1270–1273).

Demgegenüber steht die Anmerkung von T5, dass sich mit einer Fragestellung zu Beginn des Fragebogens ein Verständnis von Digitaler Teilhabe gefestigt und der Ausfüllende „geprimed“ und der Fragebogen nach diesem Verständnis ausgefüllt wird (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1277–1279).

Der Konsens der Diskussion beläuft sich auf die Prüfung durch Pretests, sodass die Fragestellungen sowohl am Anfang als auch am Ende des Fragebogens platziert und die jeweiligen Antworten auf die diskutierten Aspekte geprüft werden können (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1272–1276).

8.3.1.4 Personenbezogene Faktoren

In der Diskussion über die Frageblöcke wurden zunächst die Fragen zu den benannten personenbezogenen Faktoren thematisiert. Entsprechend werden im Folgenden die Aussagen der Teilnehmenden der Fokusgruppe II zu den personenbezogenen Faktoren Digitaler Teilhabe analysiert.

Soziodemografische und -ökonomische Faktoren

Mit Blick auf die soziodemografischen und -ökonomischen Faktoren wurden die Fragenkonstrukte zu den Subfaktoren Familienstand, Religion, ethnische Zugehörigkeit und Migrationshintergrund diskutiert.

Hinsichtlich des Familienstandes wurde der Mehrwert der Frage 2.1 diskutiert. Aufgrund der Länge des Fragebogens wird geprüft, welchen Mehrwert die jeweiligen Fragen haben. In der identifizierten Literatur gibt es bislang noch keine Erkenntnisse zum Einfluss des Familienstandes von MgB auf ihre Digitale Teilhabe. Hier können zum aktuellen Zeitpunkt lediglich anhand der Grundlagenliteratur zur Digital-Divide-Forschung Hypothesen aufgestellt werden. Dabei betont T5, dass Hypothesen und damit zusammenhängende Fragestellungen im Fragebogen lediglich dann eine Berechtigung haben, wenn auch erste Hinweise für die Relevanz aus der Literatur mit Blick auf die Zielgruppe MgB erkenntlich sind (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 227–234, 241–248, 251–266). T8 stimmt dem zu und appelliert, noch einmal zu überlegen, ob die Fragen 2.1 bis 2.8 für die Beantwortung der Fragestellungen von Relevanz sind (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 236–240).

Ähnlich verläuft die Diskussion über die Fragen 2.2 bis 2.8 zu den Subfaktoren Religion, ethnische Zugehörigkeit und Migrationshintergrund, die auf der Grundlagenliteratur zur Digital-Divide-Forschung basieren (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 227–234, 241–248). T4 wirft zudem die Frage auf, welcher Mehrwert oder welche Konsequenzen aus den Antworten der Fragen zu ziehen sind. Diese Frage wird mit Blick auf zwei Aspekte diskutiert: Die mögliche Identifikation kultureller Einflüsse auf die Technikakzeptanz von MgB sowie die Beantwortbarkeit für den Ausfüllenden (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 140–178, 196–266). Besonders die Beantwortbarkeit für den Fragebogenausfüllenden wird von den Experten aus der Praxis T3 und T4 als sehr gering eingeschätzt. T3 gibt zu Bedenken:

„Das wäre mir als Mitarbeiterin und Mitarbeiter, also ich denk jetzt in der Praxis, könnt ich mir. Und ich glaub auch viele ehm müssten da einfach nachschlagen und nachgucken. Das wüsste ich jetzt nicht aus dem Kopf, wie die Familienzusammengehörigkeit bzw. die Eltern und Großeltern des jeweiligen Klienten wäre oder ist“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 170–175).

Somit sieht T3 diese Fragen im Fragebogen als eine „Hürde“ an (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 176–178). Aus der Diskussion kann geschlussfolgert werden, dass die Fragen 2.1 bis 2.8 aus dem Fragebogen gestrichen werden, da sie angesichts des Informationsstands des auszufüllenden Mitarbeitenden nicht ohne Weiteres beantwortet werden können.

Gesundheitliche Ressourcen

Die Diskussion der Hypothesen und Fragestellungen zum Faktor gesundheitliche Ressourcen fokussierte vor allem den Subfaktor kognitive Anforderungen. Mit Blick auf die Frage 3.2 bringt T4 ein, dass es ihr als Ausfüllende schwerfallen würde, die Punkte Lernen, Denken, Erinnern und Orientieren als eine Kategorie zu behandeln, um kognitive Anforderungen einzuschätzen. Ihrer Meinung nach würde das Aufschlüsseln dieser Punkte das Einschätzen auf Seiten des Ausfüllenden erleichtern (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 371–393).

Die Frage 3.2 zielt auf die Einschätzung von Mehrfachbeeinträchtigung ab, wobei unter anderem das Vorliegen einer geistigen Beeinträchtigung geprüft wird. Dabei wird das Vorhandensein von Einschränkungen im Lernen, Denken, Erinnern oder Orientieren im Alltag abgefragt. Durch die Formulierung mit dem Wort „oder“ müssen nicht alle vier Einschränkungen erfüllt oder nicht erfüllt sein, um eine Aussage zu treffen. Die gewünschte Aufschlüsselung der geistigen Einschränkungen findet bereits in der Fragestellung 3.3 statt. Um die Frageabsicht zu verdeutlichen, wird das Wort „oder“ durch eine Unterstreichung im Text stärker hervorgehoben.

Technikakzeptanz

Die Frage 5.4 zur Internetnutzung wird sowohl hinsichtlich des technischen Zugangs als auch mit Blick auf den Faktor Technikakzeptanz diskutiert. T8 merkt an dieser Stelle an, dass eine Aufschlüsselung und somit auch Unterscheidung der privaten und beruflichen Motivation der Internetnutzung interessant wäre und sich dort Unterscheidungen im Nutzungsverhalten erkennen ließen. Entsprechend merkt sie an, dass eine solche Unterscheidung gegebenenfalls noch einmal auf Relevanz für die Beantwortung der Fragestellungen geprüft werden sollte (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 623–638). Für die Beantwortung der Fragestellung wird die Unterscheidung zwischen einer privaten und beruflichen Nutzung als nicht zielführend erachtet.

Mit Blick auf die Technikakzeptanz werden vor allem die Fragen aus den validierten Fragebögen zur Technikaffinität (Frage 5.11) und Technikbereitschaft (Frage 5.12) diskutiert. T5 reflektiert dabei das aus ihrer Perspektive wahrgenommene Erkenntnisinteresse, wenn es um die Erhebung von Digitaler Teilhabe geht:

„[…] Euch interessiert die wirkliche Relevanz im Alltag, weil das ist es, worüber Teilhabe und Eingebundensein in der Gesellschaft stattfindet. Nicht durch die Nutzung von neuartigen Technologien, das ist ein ganz ganz kleiner Prozentteil der Bevölkerung, die wirklich [längere Pause] die Pioniere sind. Das werdet ihr bei der Zielgruppe sehr wenig vorfinden. Und das ist glaube ich auch nicht das, worum es geht“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 720-725).

Die Fragebögen zur Technikaffinität sowie Technikbereitschaft würden hier zu kurz greifen, wenn es um die Operationalisierung von Digitaler Teilhabe geht. Denn diese Bögen bilden lediglich den Umgang mit neuartigen Technologien ab, jedoch nicht den Umgang mit alltäglichen Technologien bzw. die Relevanz, die diese Technologien im Alltag haben und ihre Bedeutung für die gesellschaftliche Teilhabe. Dabei werden in diesem Kontext die Begriffe „Perceived Enjoyment“ und „Immersionsgefühl“ verwendet, um den Effekt des Umgangs mit digitalen Technologien auf Teilhabe bzw. das Gefühl „des positiven Eingebundensein[s] in die Online-Welt“ der Nutzenden zu operationalisieren (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 711–738). T5 beschreibt in diesem Zusammenhang das Internet als einen „Sozialraum“, wobei es bei der Erforschung Digitaler Teilhabe im Kern darum geht zu schauen: „[I]nwieweit können Person am Sozialraum Internet teilnehmen bzw. an unterschiedlichen Sozialräumen, die im Internet entstehen [teilnehmen]“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 739–749, 756–768).

Um diese Frage beantworten zu können, beurteilt T5 das Abfragen des Empfindens bei einer langfristigen Nutzung digitaler Technologien als aufschlussreich (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 750–755). Zudem führt sie aus, ob es sinnvoller wäre, die Fragen zur Technikaffinität sowie Technikbereitschaft im Fragebogen auszusparen und stattdessen Fragen zum Perceived Enjoyment, Immersionsgefühl sowie zur hedonischen Qualität aufzunehmen, da es nach Einschätzung von T5 eher mit dem Erkenntnisinteresse übereinstimmt. Es wird jedoch konsentiert, dass eine Fremdeinschätzung solcher Aspekte kaum möglich ist.

Digitale Kompetenzen

Der zuletzt diskutierte personenbezogene Faktor sind die digitalen Kompetenzen. Dabei wurde ausschließlich der Punkt Nutzung von Mentoringprogrammen vertieft diskutiert. Hinsichtlich der Mentoring- und Nutzungsprogramme merkt T3 an, dass ihm als Ausfüllender nicht klar wäre, was genau unter diesen Begrifflichkeiten verstanden und entsprechend auch erwartet wird. So sollte seiner Ansicht nach in einer vorweggreifenden Begriffserläuterung erklärt werden, ob hierunter langfristige oder kurzfristige Mentoring- oder Nutzungsprogramme verstanden werden, die entweder von den Mitarbeitenden oder von extern eingekauften Experten durchgeführt werden. Gegebenenfalls biete es sich außerdem an, zu den angegebenen Möglichkeiten separate Fragen zu formulieren (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 432–437, 445–459, 460–470). Entsprechend wird der Frageblock 4.2 noch einmal überarbeitet, indem eine Definition von Mentoring- und Nutzungsprogrammen vorgeschaltet wird.

Hinsichtlich der übrigen Hypothesen (H11) bzw. Fragestellungen (4.1) zum Thema digitale Kompetenzen wurden keine Überarbeitungsvorschläge oder Anmerkungen geäußert.

8.3.1.5 Umweltbezogene Faktoren

Im Folgenden werden die Aussagen der Teilnehmenden der Fokusgruppe II zu den umweltbezogenen Faktoren Digitaler Teilhabe analysiert.

Wohn- und Betreuungskontext

Die Wohn- und Betreuungsform von MgB stellen einen möglichen Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe dar. Demnach werden Fragen zu der aktuellen Wohn- und Betreuungssituation der MgB gestellt. Zu Frage 6.3 hinterfragt T4, weshalb an dieser Stelle Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen betrachtet werden, diese seien zuvor auch nicht thematisiert worden (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 845–852). Da diese Personengruppe nicht Zielgruppe dieser Forschungsarbeit ist, wird die Fragestellung geändert und in Richtung der Zielgruppe der MgB angepasst.

Der potenzielle Einflussfaktor der technischen Infrastruktur und des Zugangs zu digitalen Technologien in Wohneinrichtungen wird durch die Fragen 5.1 bis 5.5 abgebildet. Die Teilnehmenden der Fokusgruppe II stellten weder Nachfragen noch brachten sie aktiv Änderungs- und Ergänzungsvorschläge ein, sodass der potenzielle Einflussfaktor in der vorgeschlagenen Art und dem geplanten Umfang erhoben wird.

Im Wohn- und Betreuungskontext rücken ebenso Personalkapazitäten in den Fokus, wenn es um die Unterstützung Digitaler Teilhabe geht. Hierzu wurden im Fragebogen die Fragestellungen 6.4 und 6.5 formuliert. Zu Frage 6.5 merkt T4 an, dass diese Frage nach dem konkreten Betreuungsschlüssel von den teilnehmenden Mitarbeitenden nur schwer zu beantworten sei:

„Wenn du in der Basisarbeit bist, dann kannst du ja einerseits die Frage so beantworten: ‚Okay, ich habe jetzt ehm Bezugsmitarbeiter und so drei oder vier Bezüge, für die ich zuständig bin. In der konkreten Arbeit aber, ehm hab ich keinen Schlüssel eins zu vier, sondern ich mache immer noch eins zu eins Betreuung. Ehm, arbeite ich jetzt aber in einem anderen Bereich ehm TGA oder sonst wo, dann hab ich einen Schlüssel von eins zu zwanzig.‘ Also, der Schlüssel ist immer anders“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1147–1185).

Besonders das Wort Betreuungsschlüssel sei hier nicht der geeignete Begriff. So spricht sich T4 dafür aus, eine andere Begrifflichkeit zu nutzen: „Das muss eigentlich nur anders formuliert werden, ne? Also ‚Gibt es ne Zuständigkeit und ehm für wie viele Personen sind Sie zuständig?‘ Das ehm, kann man tatsächlich machen“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 879–893). Diesem Vorschlag stimmen beide Forscherinnen zu. Daraufhin ergänzt T4, dass „dieses eins zu“ in der Praxis sehr flexibel sei und sich stetig verändert, teilweise sogar von Tag zu Tag (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 894–897). Die Frage 6.5 wird umformuliert, indem die Zuständigkeit anstelle des Betreuungsschlüssels verwendet wird.

Auch einrichtungsinterne Medienkonzepte werden innerhalb des Modells als potenzieller Einflussfaktor auf Digitale Teilhabe von MgB betrachtet und durch das Erhebungsinstrument abgefragt. Dabei wird innerhalb der Fokusgruppe II der Einflussfaktor der einrichtungsbezogenen Medienkonzepte vorgestellt sowie die Hypothesen- und Fragenformulierungen erläutert (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 898–916). Die Experten aus der Praxis äußern sich hierzu kritisch. Sie vermuten, dass in keiner Einrichtung ein Medienkonzept vorliegt (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 917–922, Z. 923). Jedoch wird dieser potenzielle Einflussfaktor als essenziell betrachtet: „Also ich glaube schon, dass das zwingend notwendig ist, aber da haben wir halt noch gar nichts vorliegen“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 928–939). Zudem spricht sich T3 dafür aus, den potenziellen Einflussfaktor der einrichtungsbezogenen Medienkonzepte zu erheben:

„Also die Frage ist schon wichtig, die Frage sollte auch irgendwie beantwortet werden, aber ich glaube, dass alle aller Wahrscheinlichkeit nach Nein sagen werden. […] Und diese Konzepte müssen ja entwickelt werden. Es wär‘ natürlich schön, wenn man diese Frage auch in irgendeiner Art und Weise gut beantwortet bekommt“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 940–947).

Da sich die Bedenken der praxisbezogenen Experten jedoch auf die Antwort und nicht auf die Beantwortbarkeit beziehen, wird die Frage 7.3 beibehalten.

Unterstützung durch soziale Strukturen

Die Teilnehmenden der Fokusgruppe II stellten keine Nachfragen und brachten keine Änderungs- und Ergänzungsvorschläge zum Thema personelle Unterstützung durch soziale Strukturen ein, lediglich T3 warf die Frage auf, ob ausschließlich die Unterstützung durch die Betreuenden betrachtet wird oder ob nicht auch ein technischer Support eines IT-Unternehmens bzw. einer IT-Abteilung ein potenzieller Einflussfaktor sein kann (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 991–997, 1005–1007, 1020–1027). Auf die Nachfrage von GF1 führt T3 diesen Gedanken weiter aus:

„Ja ich glaube schon, dass das eine Barriere ist, die von Anfang an in eine Fragestellung mit reingeht, ehm inwieweit ich mich mit diesen Medien auseinandersetze, wenn ich nicht weiß, wer unterstützt mich dann eigentlich bei solchen Fragestellungen auch. So und ich kann das nur aus der Praxis sagen, dass das ganz am Anfang unseres [Name des Projektes] eine ganz große Fragestellung war, wer ist denn dafür verantwortlich? Wer unterstützt denn mich im technischen Support sozusagen? Und wer macht das dann und dann sind wir irgendwann wieder bei Kostenfragen“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1008–1018).

Da der potenzielle Einflussfaktor IT-Supportmöglichkeit bisher nicht im Scoping Review sowie den Ergänzungen aus dem ersten Reflexionsformat bzw. der ersten Fokusgruppe genannt worden ist, gab es hierzu keine Fragestellung. Diese wurde für den Fragebogenentwurf EIDT2 noch einmal kritisch reflektiert und aufgenommen.

Digitale Kompetenzen sozialer Strukturen

Nach der Vorstellung der Hypothese H26 und der Skala (Frage 7.1) stellten die Teilnehmenden der Fokusgruppe II keinerlei Nachfragen und trugen keine Änderungs- und Ergänzungsvorschläge vor, sodass der potenzielle Einflussfaktor der digitalen Kompetenzen sozialer Strukturen in vorgestellter Art und Umfang erhoben wird.

Im Kontext der digitalen Kompetenzen sozialer Strukturen wird im Fragebogen auch die Nutzung von Mentoring- und Trainingsprogrammen durch Betreuende beleuchtet (Frage 7.2). Diese Programme sollen als Mittel zur Reflexion von Bedarfen und Bedürfnissen und zur Aus- sowie Weiterbildung digitaler Kompetenzen dienen. Auch zu diesem potenziellen Einflussfaktor wurden keine Rückfragen von den Teilnehmenden der Fokusgruppe II gestellt.

Auf die Nachfrage der Forscherinnen, ob das Perceived Enjoyment auch für die sozialen Strukturen zu berücksichtigen und zu erheben seien, antwortete T5: „Meine erste spontane Antwort wäre hier jetzt auch Nein [lacht]. Also lasst es euch durch den Kopf gehen, aber hier seh‘ ich das jetzt auch gerade nicht“ (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1044–1077). Weitere Änderungs- und Ergänzungsvorschläge wurden nicht vorgebracht. Dennoch werden die Rückmeldungen zur Erfassung digitaler Kompetenzen bezogen auf den personenbezogenen Faktor bei der Weiterentwicklung des Fragebogenentwurfs EIDT2 berücksichtigt.

Technikakzeptanz sozialer Strukturen

Für den potenziellen Einflussfaktor Technikakzeptanz sozialer Strukturen wurden insgesamt sieben Hypothesen generiert (H28 bis H34) und innerhalb der Fokusgruppe II vorgestellt. Zur Erfassung wurden die Fragestellungen 8.1 bis 8.9 formuliert. Von den Teilnehmenden der Fokusgruppe II wurden keine Nachfragen gestellt oder Änderungs- und Ergänzungsvorschläge eingebracht. Wie bei dem vorherigen Faktor werden auch hier die Rückmeldungen der Fokusgruppe II zu der Erfassung von Technikakzeptanz bezogen auf den personenbezogenen Faktor bei der Weiterentwicklung des Fragebogenentwurfs EIDT1 berücksichtigt.

Gesellschaftliche Regularien

Die gesellschaftlichen Regularien wurden innerhalb der Fokusgruppe II noch einmal ausführlich vorgestellt und die Hypothesen (H35 bis H37) und Fragestellungen (9.1, 9.2, 9.6) präsentiert (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 1153–1185).

Die Teilnehmenden der Fokusgruppe II stellten keine Nachfragen und brachten keine Änderungs- und Ergänzungsvorschläge ein, sodass der potenzielle Einflussfaktor der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der von den Forscherinnen vorgeschlagenen Art und dem geplanten Umfang erhoben wird.

8.3.1.6 Auf digitale Technologie bezogene Faktoren

Zuletzt wurde der Fragenblock zu den auf digitale Technologie bezogene Faktoren diskutiert. Hinsichtlich der Faktoren Beschaffenheit von Hard- und Software bzw. Aufbereitung der Inhalte wurden im Rahmen der Fokusgruppe II keine Änderungsvorschläge oder Diskussionspunkte eingebracht, sodass diese Punkte keiner Überarbeitung unterzogen werden.

Der Aspekt Technischer Zugang hingegen wurde an mehreren Stellen bzgl. der Vollständigkeit und Unterscheidungsebenen diskutiert. So wird von T4 mit Blick auf die Fragen 5.7 sowie 8.3 der Vorschlag eingebracht, die digitale Technologie „Smart-TV“ zu ergänzen, da die Klienten in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe ihrer Erfahrung nach häufig über einen Smart-TV Internetzugang erhalten (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 590–604). Ebenso wird mit Blick auf dieselben Fragen von T5 die Ergänzung aktueller Social-Media- Plattformen, wie beispielsweise TikTok und Instagram sowie die Ergänzung von Messengerdiensten, wie z. B. WhatsApp vorgeschlagen (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 658–666).

Ein letzter Diskussionspunkt betrifft die Unterscheidung beim Faktor Technischer Zugang (Frage 5.4). Hier wird abgefragt, ob das Internet aus beruflichen oder privaten Gründen genutzt wird. Hierzu merkt T8 an, dass die Fragenformulierung suggeriert, dass ein Unterschied bei der privaten und beruflichen Nutzung des Internets festzumachen wäre, obwohl es im weiteren Verlauf keinen weiteren Bezug auf eine solche Unterscheidung gibt. Eine Unterscheidung zwischen privater und beruflicher Internetnutzung wäre aus ihrer Perspektive zwar auch interessant, da sich vermutlich andere Nutzungsmotive und auch ein anderes Nutzungsverhalten feststellen ließen. Die Betonung an dieser Stelle würde dem Auszufüllenden aber suggerieren, dass hier eine Unterscheidung zu machen wäre, sodass sie eine Umformulierung hin zu „Nutzt Ihr Klient das Internet?“ für eindeutiger erachtet (s. Transkript Fokusgruppe II Z. 612–642).

8.3.1.7 Schlussfolgerungen aus der Fokusgruppe II

Aus den Ergebnissen der Fokusgruppe II können Änderungen für den Modellentwurf (MDT3) sowie den Entwurf des Erhebungsinstrumentes (EIDT1) abgeleitet werden. Diese werden im folgenden Kapitel entsprechend zusammengefasst und im weiteren Verlauf durch die Forscherinnen eingearbeitet.

Modellentwurf (MDT3)

Mit Blick auf MDT3 wurden wenige Änderungsbedarfe gesammelt und für die Überarbeitung berücksichtigt. Ein zentraler Punkt in der Überarbeitung stellt die Streichung der dritten Faktorenebene und die Änderung der Schriftgröße dar. Um alle Faktorenebenen lesen zu können, soll die Schrift möglichst groß eingebettet werden. Zur Gewährleistung der Übersichtlichkeit des Modells, wird die Schriftart in der Abbildung des Modells vergrößert und die dritte Gliederungsebene entfernt. Zudem wurden die Ergänzungen weiterer Silhouetten in der Mitte des Modells diskutiert, um Teilhabe in der Gesellschaft deutlicher zu visualisieren. Um den Bezug zur gesellschaftlichen Teilhabe zu stärken, werden weitere Silhouetten in der Mitte des Modells ergänzt. Nach Einarbeitung der angemerkten Aspekte entsteht MDT4 (s. Abb. 8.13, S. 323).

Abb. 8.13
figure 19

(Quelle: Eigene Darstellung)

Finales Modell (MDT4).

Entwurf des Erhebungsinstruments (EIDT1)

Mit Blick auf den diskutierten Entwurf des Erhebungsinstruments (EIDT1) betrifft ein struktureller Aspekt die Vereinheitlichung der verwendeten Skalen. Diese sollten bei gleicher Skalierung auch über eine einheitliche Werteverteilung (aufwärts oder abwärts) angeordnet werden. Entsprechend werden die Skalen mit gleichen Wertestufen vereinheitlicht.

Ein weiterer Aspekt stellt die Anordnung der Fragen bzgl. des Verständnisses und der Verankerung Digitaler Teilhabe dar. Da die Positionierung sowohl zu Beginn als auch zum Schluss des Fragebogens Vor- und Nachteile hat, soll die Entscheidung, ob diese zu Beginn oder zum Schluss der Befragung aufgegriffen werden sollen, nach Auswertung der Pretests (s. Abschnitt 7.5.4.3, S. 163) fallen. Ebenso werden die Empfehlungen der Experten hinsichtlich der Definition digitaler Technologien in der Fragenformulierung berücksichtigt und eingearbeitet.

Zudem sollte das Erhebungsinstrument weniger komplex und zeitintensiv sein. Dabei wird festgehalten, dass Mitarbeitende der Eingliederungshilfe bei der Beantwortung einiger Fragen gegebenenfalls Schwierigkeiten haben werden, da sie tieferes Wissen über den Klienten erfordern. Daher wurden die Fragestellungen zu Familienstand, Religion, ethnische Zugehörigkeit und Migrationshintergrund als Hürden empfunden und entsprechend aus dem Erhebungsinstrument exkludiert. Ein weiterer Diskussionspunkt bezieht sich auf den Themenblock zur Technikaffinität und Technikbereitschaft. Um Kenntnisse über extrinsische und intrinsische Nutzungsmotivationen und hedonistische Qualität zu erlangen, wären hierzu formulierte Items gegebenenfalls besser geeignet. Da die Fremdeinschätzung hierzu jedoch kaum möglich ist, wird von der Aufnahme dieser Themen abgesehen. Hinsichtlich der weiteren Fragestellungen konsentiert die Fokusgruppe, dass die Kürzung von Pretests mit der Zielgruppe und zugleich von der quantitativen Erhebung abhängig ist.

Auf Grundlage der Überarbeitungen wurden die zugrunde liegenden Hypothesen angepasst. Zudem wurde das modifiziere Erhebungsinstrument (EIDT2) mittels online-basierter sowie präsentischer Pretests mit Vertretenden der Zielgruppe MgB im Rahmen des Reflexionsformates III geprüft. Durch die Pretests soll ermittelt werden, welche Fragen für Mitarbeitende schwierig zu beantworten sind und somit aus dem Erhebungsinstrument exkludiert werden. Die quantitative Erhebung soll anschließend Aufschluss darüber geben, welche Aspekte einen Einfluss auf Digitale Teilhabe haben und folglich in einer praxistauglichen Kurzskala Digitaler Teilhabe zur Erhebung Digitaler Teilhabe von MgB durch die Einschätzung der Mitarbeitenden aufgenommen werden.

8.3.2 Reflexionsformat III

Das dritte Reflexionsformat mit Vertretenden der Zielgruppe MgB fand am 09.06.2022 in einem Besprechungsraum des BBW statt. Dabei wurden folgende Fragestellungen fokussiert:

  • Ist das Erhebungsinstrument EIDT-ES1 zur Selbsteinschätzung durch MgB geeignet, um Digitale Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe zu quantifizieren?

  • Welche methodischen Anpassungen sind notwendig, um das Erhebungsinstrument EIDT-ES1 zur Selbsteinschätzung durch MgB zu verwenden?

Im Folgenden werden die Aussagen der Teilnehmenden des Reflexionsformates III zum Fragebogen in einfacher Sprache analysiert. Die Ergebnisdarstellung erfolgt entlang der Oberkategorien aus dem Datenmaterial: Erfahrungen, Instruktionen, allgemeine Rückmeldungen sowie Frageblöcke. Kodierte Aussagen wurden dabei durch die ausgefüllten Fragebögen der Teilnehmenden angereichert.

8.3.2.1 Reflexion Erhebungsinstrument Digitaler Teilhabe in einfacher Sprache (EIDT-ES1)

Nach einem Rückblick auf die vergangenen Formate erfolgte die Reflexion von EIDT-ES1. Dabei wurde zunächst das Vorgehen besprochen und Fragen geklärt, die Reflexion durchgeführt und gemeinsam diskutiert.

Erfahrungen

Zunächst wurden die Teilnehmenden gefragt, ob Erfahrungen mit Befragungen im Allgemeinen vorliegen. T7 hat bislang noch an keiner Befragung teilgenommen. T1, T4 und T8 hingegen berichten, dass sie bereits an einer Befragung teilgenommen haben (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 206–210). Bei T4 stellt sich jedoch im Verlauf der Reflexion heraus, dass die Befragung, an der er bereits teilgenommen hat, mit einer unterstützenden Bezugsperson stattfand. T1 und T7 hingegen haben selbstständig an einer Befragung teilgenommen.

Instruktionen

Vor Bearbeitung des Fragebogens erhielt jeder Teilnehmende eine Mappe, in der das EIDT-ES1 enthalten war. Es folgten Hinweise zu der Einwilligungserklärung und dem Aufbau des Fragebogens durch die Forscherinnen. Ebenso wurden die Teilnehmenden gebeten, sich den Fragebogen in Ruhe für sich anzuschauen und bei aufkommenden Verständnisschwierigkeiten Bescheid zu geben (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 201–222).

Nach der Instruktion meldete sich T4 und bat um Unterstützung beim Lesen und Ausfüllen des Fragebogens. Eine Forscherin unterstützte T4, die andere Forscherinstand für etwaige aufkommende Fragen der weiteren Teilnehmenden zur Verfügung (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 233–237).

Allgemeine Rückmeldungen

Das Ausfüllen des Fragebogens dauerte im Durchschnitt 25 Minuten. Dabei variierte die Ausfülldauer der Teilnehmenden zwischen 22 und 28 Minuten. Der erste Eindruck, den die Teilnehmenden vom Fragebogen hatten, war positiv (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 238–247). So äußerte beispielsweise T8 ihren Eindruck zum Fragebogen: „Der ist sehr einfach geschrieben. Also so, dass es wirklich jeder verstehen kann“ (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 258–259).

Dem gegenüber steht die Einschätzung von T4, der Schwierigkeiten hatte, den Fragebogen zu verstehen, da er den Text aufgrund einer eingeschränkten Lese- und Schreibfähigkeit nicht lesen konnte (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 258–287). Die Smileys zur Unterstützung bei der Beantwortung empfanden die Teilnehmenden insgesamt als hilfreich und anschaulich (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 635–637). Ebenso bewertete T8 positiv, dass keine persönlichen Angaben gemacht werden mussten und somit die Anonymität bereits beim Ausfüllen des Fragebogens gewahrt werde (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 261–265). Auch die Beispiele zu den verschiedenen Frageblöcken wurden allgemein als hilfreich eingeschätzt (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 673–693).

Die Sprache in dem Fragebogen wurde von den Teilnehmenden als einfach eingestuft. Auch die Erläuterungen schwierigerer Begriffe empfanden T4 und T7 als leicht verständlich (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 131–138). Dabei ist zu erwähnen, dass T4 von einer Forscherin Unterstützung bei der Beantwortung der Fragen erhalten hat und den Fragebogen aufgrund einer Lese- und Rechtschreibschwäche nicht allein bearbeiten konnte (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 288).

Den Ausfüllhinweis zu Frage 7 empfanden T1, T4 und T7 als hilfreich und in der Ausführlichkeit als angemessen. T8 merkt jedoch an, dass der Hinweis ihrer Einschätzung nach zu ausführlich sei (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 401–413).

Neben den positiven Aspekten wurden Herausforderungen von den Teilnehmenden benannt. Insgesamt war für T1 herausfordernd, dass sie sich auf die Beantwortung der Fragen konzentrierte, jedoch nicht alle Antwortmöglichkeiten las, bevor sie etwas ankreuzte:

„Äh ich hab‘ direkt, ich kreuz schnell an, also wenn das erste Ding passt, hab ich schon angekreuzt und hab mir den ganzen Rest der Spalte gar nicht mehr durchgelesen. Und habe dann erst gemerkt, dass da noch Sachen kamen, die, wo ich es dann wieder durchstreichen musste und neu ankreuzen musste“ (s. Transkript Reflexionsformat III Z.248–251).

Auch äußert T8 Konzentrationsschwierigkeiten, die ihre Beantwortung beeinträchtigen könnten und vor allem die intuitive Beantwortung verzerren könnten:

„[…] zurzeit habe ich das sehr oft, dass ich in der Mitte der Seite gar nicht mehr weiß, was wollt die Person denn oben an der Seite von mir. Oder ich hab‘ das ganz oft, dass ich Wortfindungsstörungen habe. Ich weiß, was ich sagen möchte, oder ich weiß auch, was ich schreiben möchte und kriege die Wörter nicht hin. […] Oder mir schreibt jemand was, ich lese etwas – zum Beispiel für mich steht da ‚Der Himmel ist blau‘ obwohl mir jemand geschrieben hat ‚Der Hund spielt mit dem Ball‘“ (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 381–389).

Eine Herausforderung war, dass Fragen zum Teil über zwei Seiten gingen. Dadurch entstand das Problem, dass die Teilnehmenden (T1 und T8) die Frage bereits beantwortet hatten und beim Umblättern festgestellt haben, dass die Frage eigentlich weitergeht (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 866–875). Für T4 war die Vielzahl der Seiten trotz Nummerierung herausfordernd. Da er nach Beantwortung der Fragen die Seiten nicht in der chronologischen Reihenfolge aufeinanderlegte, hat er bei der Nachbesprechung die Orientierung verloren (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 417–418).

Frageblöcke

Die Reflexion des Fragebogens erfolgte pro Frageblock. Insgesamt wurden alle Fragen als verständlich eingestuft, wobei einige Antworten bei der mündlichen Reflexion anders ausfielen als bei der schriftlichen Bearbeitung des Fragebogens. Zudem wurden teilweise weitere Antwortmöglichkeiten durch die Teilnehmenden aufgezeigt, die entlang der jeweiligen Frageblöcke nachfolgend vorgestellt und erläutert werden.

Hinsichtlich der Frage 3 „Wie wohnen Sie im Moment?“ merkt T1 an, dass eine Unterteilung in „eigene Wohnung“ und „eigene Wohnung mit Betreuung“ sowie „in einer Wohngemeinschaft mit Betreuung“ sinnvoller wäre, da hier unterschiedliche Wohnkonstellationen möglich wären (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 311–327).

Zu Frage 5 „Haben Sie einen Abschluss?“ merkt T7 an, dass als weitere Antwortmöglichkeiten „abgeschlossene Berufsausbildung“ sowie „Fachabitur“ ergänzt werden müssen (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 341–345).

Bei Frage 6 „Haben Sie Einschränkungen?“ bringen T8 und T1 ein, dass weitere Antwortmöglichkeiten bzgl. „Konzentrationsschwierigkeiten“, „Schwierigkeiten im Textverständnis“, „Formulierungsprobleme“ und „Wortfindungsstörungen“ aufgegriffen werden sollten, da sie diese nicht unter bisherigen Antwortmöglichkeiten verorten würden (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 366–396).

T4 merkt Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage 8 an. Er hat sein Smartphone von seinen Eltern zu Weihnachten bekommen und entsprechend mit „meine Eltern“ als neue Antwortoption geantwortet. Seine Eltern hat er also nicht zur Antwortmöglichkeit „Mein Umfeld“ zugeordnet (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 414–430).

Bei Frage 11 „Warum nutzen Sie diese Geräte?“ stellte sich heraus, dass die Antwortinstruktion unterschiedlich interpretiert wurde. T1, T4 und T7 haben die Frage pro Gerät beantwortet und merken diesbezüglich an, dass der Platz nicht ausreichend war. T8 hat hingegen eine insgesamte Einschätzung zur Nutzungsintention abgegeben (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 537–551).

Im Frageblock 12 zeigte T8 Verständnisschwierigkeiten bei der dritten Frage „Machen Sie digitale Medien unabhängiger von anderen Personen?“, die sich zum einen auf einen Lesefehler zurückführen lassen und zum anderen auf die Mehrdeutigkeit der Frageformulierung hinweist:

„Ich habe nicht verstanden: ‚Machen Sie digitale Medien unab[…]‘ ach, ‚unabhängiger‘! Ja, schauen Sie mal, da hab‘ ich wieder einmal nicht richtig gelesen. […] Ich häng grade. […] Dass ich mich selber informieren kann?“ (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 562–564).

Bei Frage 14 „Wie gehen Sie im Wohnheim ins Internet?“ verstanden die Teilnehmenden den Fragezusatz „im Wohnheim“ nicht, da der Internetzugang zumeist über mobile Endgeräte erfolgte (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 643–660).

Auch bei der Reflexion der Beantwortung von Frageblock 16 zeigten sich Verständnisschwierigkeiten bei den Teilnehmenden. Besonders die Aussage „Jemanden anschreiben, weil Sie eine Verbesserung wünschen“, haben T4 und T8 nicht verstanden. Sie fragten während der Reflexion nach, was mit der Aussage gemeint ist (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 695–708). Auch T1 hat die Aussage anders interpretiert, als sie gemeint war:

„Ich hab‘ jetzt einfach gedacht, man schreibt irgendjemand an und sagt […] Was weiß ich. ‚Ich hab‘ bei dir gegessen und deine Teller waren nicht warm. War nicht so cool‘“ (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 705–707).

Hinsichtlich Frage 24 „Hat jemand geholfen den Fragebogen auszufüllen?“ zeigte sich bei T4 eine Verständnisschwierigkeit. Der Fragebogen wurde gemeinsam mit GF2 ausgefüllt und im Fragebogen wurde entsprechend „Ich haben etwas Hilfe von einer Person beim Ausfüllen bekommen.“ angekreuzt. Mündlich äußerte T4 jedoch, er habe den Bogen allein ausgefüllt (s. Transkript Reflexionsformat III Z. 950–951).

Im Anschluss an die Veranstaltung kontrollierten die Forscherinnen die schriftlichen Antworten und setzten diese mit den mündlichen Aussagen während der gemeinsamen Reflexion in Zusammenhang. Bei dieser Kontrolle fiel auf, dass einige der schriftlichen Antworten mit den mündlichen Aussagen der Teilnehmenden divergierten. Insbesondere T4 hat während der mündlichen Reflexion andere Antworten gegeben, als auf dem Fragebogen verschriftlicht wurden. Auch bei T8 zeigte sich, dass während der mündlichen Reflexion einige Fragen anders verstanden wurden als beim Ausfüllen des Fragebogens. Dies führte dazu, dass Fragen während der Bearbeitung des Fragebogens anders oder gar nicht beantwortet wurden.

8.3.2.2 Schlussfolgerungen

Aus dem Reflexionsformat III ergeben sich Limitationen für die Anwendung des entwickelten Fragebogens in einfacher Sprache zur Selbsteinschätzung Digitaler Teilhabe durch MgB. Diese Limitationen werden nachfolgend zusammengefasst:

Der Aufbau von EIDT-ES1 wird grundsätzlich als strukturiert und verständlich wahrgenommen. Die verwendeten Piktogramme sowie Ausfüllhinweise wurden als nützlich empfunden. Mehr Verständlichkeit und Struktur würden Frageblöcke geben, die auf einer Seite platziert werden und nicht über eine Seite hinausgehen. Sofern die Fragestellung über zwei Seiten unvermeidlich ist, können auch Hinweise am Ende einer Seite ergänzt werden.

Um zu prüfen, inwiefern die Selbsteinschätzung möglich ist, wurden Items aus EIDT2 verwendet und in einfache Sprache übersetzt. Dabei wurden komplexe Informationen möglichst vereinfacht, indem diese in einzelne Aussagen überführt wurden. Bei Frageblöcken wurden maximal drei Antwortmöglichkeiten („ja“, „es geht so“, „nein“) gegeben, die farblich hervorgehoben und durch einen Smiley oder durch einen Daumen hoch bzw. runter oder ein Fragezeichen illustriert wurden. Eine schriftliche Erklärung der Antwortmöglichkeiten wurde im Fragebogen eingefügt. Bei einem klaren Bezug zur Hardware wurden zudem Piktogramme in den Frageblock integriert, um auch hier den Bezug zum Fragegegenstand zu visualisieren. Dennoch wurde ein Großteil der Fragen von den Teilnehmenden anders verstanden. Wie die im Reflexionsformat II geprüfte Definition Digitaler Teilhabe in einfacher Sprache müsste auch das vorliegende EIDT-ES1 auf das Niveau der Leichten Sprache gehoben und durch eine professionelle Prüfgruppe übersetzt werden.

Zudem mindern die divergierenden mündlichen und schriftlichen Antworten der Teilnehmenden die Aussagekraft der schriftlichen Antworten. Die Divergenz zeigte sich dabei erst bei der Diskussion der ausgefüllten Fragebögen. Eine solche Reflexion ist bei dem Format einer nicht begleiteten Selbsteinschätzung nicht gegeben.

Problematisch in der Anwendung zeigte sich zudem die Länge des Fragebogens, die vor dem Hintergrund möglicher Konzentrationsschwierigkeiten den Einsatz eines Fragebogens zur Prüfung des Modells Digitaler Teilhabe und zur Selbsteinschätzung der eigenen Digitalen Teilhabe stark limitiert. Hierbei ist anzumerken, dass EIDT-ES1 bereits eine stark gekürzte Variante darstellt und nicht alle Items aus EIDT2 abbildet. Im EIDT-ES1 fanden sich lediglich Fragen zu soziodemografischen Daten, zu gesundheitlichen Ressourcen, zum Zugang sowie zur Nutzung digitaler Technologien, zu Nutzungserfahrungen und -wünschen und Unterstützungsbedarfen bei der Nutzung. Weitere potenzielle Einflussfaktoren auf Digitale Teilhabe wurden nicht berücksichtigt. Dennoch besteht der Fragebogen in einfacher Sprache bereits aus 24 Seiten.

Aufgrund einer häufig vorliegenden Lese- und Rechtschreibschwäche oder anderweitigen Einschränkungen der kognitiven Leistungen bei MgB (Buddeberg & Grotlüschen 2015) ist davon auszugehen, dass bei einer quantitativen Befragung Personen von der Befragung ausgeschlossen werden, die auf Unterstützung bei der Beantwortung angewiesen sind. Hierzu gehören nicht nur MgB mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche, sondern auch MgB mit Konzentrations- sowie Erinnerungsschwierigkeiten oder ähnlichen Einschränkungen der kognitiven Leistungen. Hier wäre zu erwarten, dass der Fragebogen mit einer unterstützenden Bezugsperson ausgefüllt wird. Dabei wäre nicht auszuschließen, dass das Meinungsbild der Bezugsperson Einfluss auf die Beantwortung der Fragen ausübt. Eine notwendige Begleitung der Selbsteinschätzung durch Forscherinnen oder eine Bezugsperson, um MDT4 und das Erhebungsinstrument zu testen, wäre ebenso mit einem großen Ressourcenaufwand verbunden.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse des Reflexionsformates III zu hohe Barrieren für die Anwendung des EIDT-ES1 zur Testung des MDT4 auf. Zum einen zeigen sich Hürden bei einer nicht begleiteten Selbsteinschätzung, da diese in Anbetracht der Themenkomplexität und Länge des Fragebogens ein hohes Maß an kognitiver Leistungsfähigkeit und Konzentrationsdauer voraussetzt. Hierfür wäre weitere Forschung im Vorfeld notwendig, die das Themenfeld Digitale Teilhabe weiter eingrenzt und somit gezielt Inhalte für ein Erhebungsinstrument zur Selbsteinschätzung durch MgB in Leichter Sprache ermittelt. Zum anderen zeigen sich Hürden für die begleitete Selbsteinschätzung durch Forschende oder Bezugspersonen.

Mit Blick auf das Erkenntnisinteresse dieser Forschungsarbeit und die Ergebnisse des Reflexionsformates III eignet sich EIDT-ES1 nicht, um das entwickelte Modell (MDT4) zu prüfen sowie Digitaler Teilhabe von MgB durch eine Selbsteinschätzung von MgB quantitativ zu erfassen.

8.3.3 Quantitative Befragungen

Wie bereits in Abschnitt 7.5.4 (s. S. 159) angeführt, wurde das modifiziere Erhebungsinstrument zur Fremdeinschätzung Digitaler Teilhabe (EIDT2) mittels online-basierter sowie präsentischer Pretests mit Vertretern der Zielgruppe Mitarbeitende der Eingliederungshilfe geprüft. Von der Ergebnisdarstellung des formativen Pretests wird abgesehen, da sich die Rückmeldungen der Probanden lediglich auf Grammatik, Rechtschreibung sowie technische Probleme bezogen. In den Protokollen der ersten und zweiten Phase der kognitiven Pretests wird der jeweilige Textblock oder die Fragestellung im Erhebungsinstrument benannt und daran anknüpfend die Rückmeldungen der Probanden sowie die jeweilige Umsetzungsstrategie dargelegt. Entlang der Ergebnisse der kognitiven Pretests konnte das Erhebungsinstrument zur Fremdeinschätzung Digitaler Teilhabe (EIDT3) finalisiert und in die bundesweite Feldphase gegeben werden. Nachfolgend werden die Ergebnisse der quantitativen Befragung von Mitarbeitenden in der Eingliederungshilfe zur Fremdeinschätzung Digitaler Teilhabe von MgB dargelegt. Zunächst wird die Stichprobe der Befragung vorgestellt, wobei die teilnehmenden Mitarbeitenden und danach die betrachteten MgB näher beschrieben werden. Anschließend erfolgt die Gesamtauswertung, die sich an den formulierten Hypothesen und den damit einhergehenden potenziellen Einflussfaktoren orientiert. Insbesondere der Index der realisierten Digitalen Teilhabe wird fokussiert.

8.3.3.1 Stichprobenbeschreibung

An der quantitativen Befragung nahmen 371 Personen online und 162 Personen über Paper-Pencil-Befragung vollständig teil (nvollständig ausgefüllt = 533). Über die Online-Maske von Unipark wurden zudem 271 Personen erfasst, die die Befragung abgebrochen haben und aufgrund unvollständiger Angaben (weniger als 50 % ausgefüllt) nicht in die Analyse eingeschlossen wurden. Das Gesamtsample der Befragung beträgt damit 804 Personen (nGesamtsample = 804). Für die Auswertung der offenen Fragen werden die Antworten aller Teilnehmenden berücksichtigt, unabhängig davon, ob sie den Fragebogen vollständig ausgefüllt haben oder nicht. Bei den geschlossenen Fragen werden hingegen nur die Antworten der Teilnehmenden, die die Umfrage vollständig ausgefüllt haben, in die Auswertung eingeschlossen. Nach der Datenbereinigung wurden 32 Datensätze aus der Analyse ausgeschlossen, da die Fragen für Klienten im Alter von 0 bis 13 Jahren beantwortet wurden. Dementsprechend werden 501 Datensätze in die Analyse aufgenommen (neingeschlossen = 501). Bevor die Ergebnisse der Befragung erläutert werden, wird zunächst die Stichprobe, die die Befragung komplett beendet hat, beschrieben (s. Tab. 8.3, S. 333 ff.).

Tab. 8.3 Deskriptive Analyse der soziodemografischen Merkmale der teilnehmenden Mitarbeitenden (absolute und relative Häufigkeiten) der Stichprobe. (Quelle: Eigene Darstellung)

Mehr als zwei Drittel (64,3 %) der teilnehmenden Mitarbeitenden sind weiblich. 32,1 % der Teilnehmenden sind männlich. 1,2 % gaben ein diverses Geschlecht an. 2,4 % machten keine Angabe zum Geschlecht. Die Altersgruppe der 21- bis 30-Jährigen macht mit 45,3 % den größten Anteil aus, gefolgt von den unter 20-Jährigen (19,6 %). Die kleinste Gruppe bilden die über 60-Jährigen (1,8 %). Insgesamt 94,9 % verfügen über einen Schulabschluss und 96,6 % über einen Ausbildungsabschluss. 28,1 % der Befragten befinden sich in einer Vollzeitbeschäftigung, weitere 17,4 % in einer Teilzeitbeschäftigung. Knapp die Hälfte der Teilnehmenden befindet sich derzeit noch in einer beruflichen Ausbildung (49,7 %). Etwa ein Drittel (34,7 %) der Befragten haben zwei bis fünf Jahre Berufserfahrung. Weitere 21,2 % arbeiten bereits mehr als fünf Jahre in der Eingliederungshilfe.

Die Merkmalsverteilung der Klienten, die von den Ausfüllenden ausgewählt wurden, wird in Tab. 8.4 (s. S. 335 f.) visualisiert. Die ausgewählten Klienten sind etwa zur Hälfte (50,7 %) weiblich. Weitere 42,9 % der Klienten sind männlich und 2,4 % divers. Das Sample ist mit 22,6 % überwiegend durch die Altersgruppe der 31- bis 40-Jährigen vertreten, gefolgt von den 21- bis 30-Jährigen (22,4 %). Etwa 13,6 % haben keinen Schulabschluss. Der größte Anteil (40,1 %) hat einen Sonderschul- oder Förderschulabschluss. Etwa 16,1 % verfügen über einen Ausbildungsabschluss, 61,3 % der Klienten haben keinen Ausbildungsabschluss. Die größte Gruppe der Klienten (27,7 %) verfügt nach Einschätzung der Ausfüllenden über ein viel zu niedriges monatlich zur Verfügung stehendes Einkommen. Hinsichtlich der deskriptiven Analyse der soziodemografischen Merkmale der Klienten ist jedoch anzumerken, dass die Items Ausbildungsabschluss, Schulabschluss und Einkommenssituation von den Mitarbeitenden häufig nicht angegeben werden konnte. Im Schnitt antworteten 25 % der Teilnehmenden „Ich möchte/kann hierzu keine Aussage tätigen“.

Tab. 8.4 Deskriptive Analyse der soziodemografischen Merkmale der ausgewählten Klienten (absolute und relative Häufigkeiten) der Stichprobe. (Quelle: Eigene Darstellung)

Neben den soziodemografischen und -ökonomischen Faktoren wurde die Frage gestellt: „Nutzt Ihr/e Klient*in das Internet?“. Darauf antworteten 497 Personen. 52,1 % der ausgewählten Klienten nutzen das Internet. 43,1 % der ausgewählten Klienten nutzen das Internet laut Einschätzungen der Mitarbeitenden nicht. Weitere 4,8 % wollten oder konnten keine Aussage dazu treffen.

Im Vergleich zu den teilnehmenden Mitarbeitenden zeigte sich, dass fast alle der befragten Mitarbeitenden das Internet privat oder beruflich (96,4 %) nutzen, wobei 476 Personen die Frage bearbeitet haben. Vier Mitarbeitende nutzen das Internet nicht (4 %), wobei weitere 13 hierzu keine Angabe machen konnten oder wollten (2,7 %). Die Frage, warum einige Befragte das Internet nicht nutzen, wird in dem verfügbaren Freitext nicht näher erläutert.

Bevor auf die Darstellung der Ergebnisse zu den einzelnen Hypothesen eingegangen wird, erfolgt zunächst die Beschreibung der Ergebnisse zum Verständnis sowie zur Verankerung des Begriffs Digitale Teilhabe in der Eingliederungshilfe.

Verankerung und Verständnis Digitaler Teilhabe in der Eingliederungshilfe

Auf die Frage „Haben Sie den Begriff Digitale Teilhabe schon einmal gehört?“ (nausgefüllt = 496) antworteten 67,5 % der Teilnehmenden mit Ja. 30,5 % gaben an, den Begriff noch nicht gehört zu haben. Die Freitextfrage „Was verstehen Sie unter dem Begriff Digitale Teilhabe?“ (nausgefüllt = 490) beantworteten 66,5 % der Teilnehmenden mit einer frei formulierten Antwort im Freitextfeld. 20,6 % der Teilnehmenden gaben an, nicht zu wissen, was mit dem Begriff gemeint ist. Weitere 12,2 % gaben an, keine Aussage treffen zu wollen oder zu können. Im Nachfolgenden werden die 338 Freitextantworten bezogen auf die Variable geclustert dargestellt. Dabei ist die Mehrfachnennung eines Freitextes möglich, wenn z. B. mehrere Aspekte in einem Freitextfeld benannt und somit eine zweifache Zuordnung zu einer Oberkategorie möglich war. Zwei Antworten wurden aufgrund keiner nachvollziehbaren Eingabe zum Verständnis Digitaler Teilhabe als ungültig erklärt und werden nachfolgend entsprechend nicht berücksichtigt.

Die inhaltliche Analyse der Freitextantworten zeigt fünf Kernaspekte, die dem Verständnis Digitaler Teilhabe aus Perspektive der Teilnehmenden zugrunde liegen. Dabei lassen sich mit Ausnahme der Kategorie 5 Parallelen zu dem DDT2 erkennen: (1) Teilhabe an digitalen Technologien, (2) Teilhabe durch digitale Technologien, (3) Teilhabe in digitalen Technologien, (4) Teilhabe an und in digitalen Technologien sowie (5) Teilhabeunterstützung durch soziale Strukturen. Die Verweise auf spezifische Freitextfelder werden nachfolgend vorgenommen.

Zu Kategorie 1 Teilhabe an digitalen Technologien gehören alle Antworten, die sich im Kern auf den Zugang oder auf Zugangsvoraussetzungen (z. B. Kompetenzen oder Barrierefreiheit) zu digitalen Technologien beziehen. Insgesamt sind 48,8 % (165 Antworten) der Kategorie 1 zuzuordnen. Zusammenfassend wird betont, „dass jedem Menschen (auch behinderten Menschen) der Zugang zu digitalen Entwicklungen zugänglich gemacht wird. Damit sie teilnehmen können an der Gesellschaft“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 376). Hierzu gehört der „Zugang zu internetbasierten Medien, sozialen Netzwerken, Nutzung von Smartphones, Tablets und digitalen Unterstützungssystemen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 386). Der überwiegende Anteil dieser Antworten betont, dass alle Menschen, so auch MgB, das Recht bzw. die gleichen Voraussetzungen haben sollten, einen Zugang zu digitalen Technologien (wie Smartphone, Tablet, Handy) zu bekommen sowie digitale Angebote (wie Informationsseiten, Kommunikationsdienste und Freizeitangebote wie z. B. YouTube) zu nutzen, um am digitalen Leben teilhaben zu können (133 Antworten) und „dass jeder die gleichen Chancen bekommt an der Digitalisierung teilzunehmen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 189). Ein weiterer Aspekt in den Antworten ist die Barrierefreiheit von digitalen Technologien, insbesondere in Bezug auf den Zugang zu Informationen (17 Antworten). Der Begriff Barrierefreiheit oder Barrierearmut wird insgesamt 17-mal benannt und geht mit der Forderung von Leichter Sprache im Internet und der damit verbundenen niedrigschwelligen Zugänglichkeit von Internetseiten und weiteren Angeboten im Internet einher. „Jeder Mensch kann digitale Medien, Geräte etc. nutzen ohne dabei auf Schwierigkeiten/Barrieren zu stoßen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 5). „Leichte Sprache im Internetwebsites, Text to Speech, vorhandene Hardware, um DT zu ermöglichen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 178) werden als wichtige Aspekte genannt, um den Zugang zu digitalen Technologien zu ermöglichen und dadurch die Teilhabe von MgB zu fördern. Weitere Antworten beziehen sich konkret auf die Unterstützung der MgB durch Mitarbeitende in der Eingliederungshilfe, um MgB den Zugang zu digitalen Technologien zu ermöglichen (7 Antworten). „Menschen mit Beeinträchtigungen in Betreuung unterstützen, digitale Geräte kennenzulernen/eigenständig nutzen zu können“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 536), wird dabei als Auftrag zur Förderung Digitaler Teilhabe verstanden. Konkret wird die „Ermöglichung der Finanzierung, Unterstützung/Unterrichtung in der Nutzung von Endgeräten sowie Ermittlung individueller Bedarfe, um einen Zugang zu ermöglichen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 30 H) benannt. Weiter wird der Zugang zu Lernmöglichkeiten für MgB hervorgehoben, um die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse im Umgang mit digitalen Technologien (neu) zu entwickeln oder weiter auszubauen (7 Antworten). „Alle Menschen haben Zugriff zu Medien und Zugang zu Möglichkeiten den Umgang zu lernen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 183). Dabei wird ebenso die „Schulung der Pflegekräfte im Umgang mit Hard- u. Software“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 178) benannt.

Der Kategorie 2 Teilhabe durch digitale Technologien werden Antworten zugeordnet, die sich auf Möglichkeiten beziehen, die durch die Nutzung digitaler Technologien oder assistiver Technologien entstehen (z. B. die Möglichkeit zu kommunizieren, sich auszutauschen, an Informationen zu gelangen oder gesellschaftliche Prozesse mitzugestalten). Insgesamt sind 6,8 % (23 Antworten) der Kategorie 2 zuzuordnen. Der hauptsächlich benannte Aspekt ist die verbesserte Vernetzung mit anderen sowie die Kommunikation (18 Antworten). Dabei wird „Kommunikation durch soziale Medien“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 70 H) oder das grundsätzliche „sich ausdrücken“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 411) über digitale Technologien als hauptsächliches Verständnis Digitaler Teilhabe formuliert. Darüber hinaus wird mit Digitaler Teilhabe assoziiert, dass durch die Nutzung digitaler Technologie eine Vereinfachung des Alltags der MgB eintritt (3 Antworten). Inwiefern der Alltag vereinfacht werden kann, wird nicht näher ausgeführt. Auch wird in jeweils einer Antwort benannt, dass durch die Nutzung digitaler Technologien dem Nutzenden möglich sei, „[…] seine Bedarfe mit digitalen Angeboten zu fördern“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 180) und die digitale Durchführung von Angeboten wie „Beratungen, Erstgespräche, etc.“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 366) Digitale Teilhabe ermöglicht.

In der Kategorie 3 Teilhabe in digitalen Technologien werden alle Antworten summiert, die nicht auf die passive Nutzung digitaler Technologien abzielen, sondern vielmehr auf eine aktive Mitgestaltung der digitalen Welt während der Nutzung digitaler Technologien (z. B. die Möglichkeit, sich in Foren oder Social-Media-Kanälen auszutauschen, Webseiten zu gestalten oder etwas zu posten). Insgesamt sind 23,67 % (74 Antworten) der Kategorie 3 zuzuordnen.

Der Großteil der Antworten thematisiert – vor dem Hintergrund des Verständnisses Digitaler Teilhabe – die Beteiligung an der Erstellung oder dem Konsum digitaler Inhalte sowie die Teilnahme an digitalen Angeboten wie Social Media, Online-Nachrichten, Chats oder dem Surfen im Internet (62 Antworten). Dazu gehört konkret die „Teilhabe in den Medien/Sozialen Netzwerken“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 512) sowie die Möglichkeit „die digitale Welt mit[zu]erleben und mit[zu]gestalten“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 619). Auch das „freie bewegen sowie die uneingeschränkte Nutzung digitaler Dienste, Systeme und Software mit assistiver Technologie, aber ohne die Hilfe Dritter“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 556) sowie das „Zurechtkommen in aktuellen Medien, wie Instagram oder TikTok“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 575) werden benannt. Als eine Voraussetzung wird die Sprachmündigkeit in der digitalen Welt benannt. „Um Menschen einen Teil der Lebenswirklichkeit zu eröffnen, müssen diese digital sprachfähig werden“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 613).

Weitere Antworten fokussieren sich eher auf die Fähigkeit, während der Nutzung digitaler Technologien einzuschätzen, welche Potenziale und Risiken die Beteiligung in digitalen Technologien mit sich bringt (12 Antworten). „Unter Digitaler Teilhabe verstehe ich, dass ermöglicht wird, sich im Internet und mit digitalen Medien zurecht zu finden und zu wissen, welche Gefahren aber auch Vorteile Digitale Medien haben können“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 394).

Zu Kategorie 4 Teilhabe an und in digitalen Technologien gehören alle Antworten, die ein Verständnis Digitaler Teilhabe äußern, das sich aus den beiden Dimensionen Zugang und Nutzung zusammensetzt. Hierzu gehören zum einen Inhalte, die sich im Kern auf den Zugang oder auf Zugangsvoraussetzungen (z. B. Kompetenzen oder Barrierefreiheit) zu digitalen Technologien beziehen. Zum anderen gehören hierzu Inhalte, die in diesem Zusammenhang die aktive Mitgestaltung der digitalen Welt während der Nutzung digitaler Technologien aufgreifen (z. B. die Möglichkeit, sich in Foren oder Social-Media-Kanälen auszutauschen, Webseiten zu gestalten oder etwas zu posten). Insgesamt sind 13,91 % (47 Antworten) der Kategorie 4 zuzuordnen.

Digitale Teilhabe „geht über die Verwendung digitaler Endgeräte hinaus. Es geht um das Heranbringen oder das Integrieren in die digitale Medienwelt“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 50 H). In den Antworten geht es überwiegend um die Möglichkeit, aktiv Inhalte zu gestalten und sich in Foren oder Social-Media-Kanälen auszutauschen (24 Antworten). Dabei wird z. B. der Zugang für alle Menschen zu digitalen Endgeräten und sozialen Medien sowie die dafür notwendige Infrastruktur (Internet zu erschwinglichen Preisen und stabile Internetverbindung) benannt. Digitale Teilhabe wird demnach als „Zugang zu digitalen Medien und Wissen im Umgang mit ihnen [verstanden], sodass sie informations-/kommunikations-/arbeits-/unterhaltungs-/alltagserleichternden Zwecken dient und so ein digitales Leben ermöglichen kann (s. Freitextantworten quantitative Befragung 361). Auch die Orientierung an den Interessen und Wünschen der MgB bei der Bereitstellung von Hard- und Software wird thematisiert (12 Antworten): „Dass jede/r digitale Dienste und Angebote entsprechend seiner Interessen und Wünsche nutzen kann und dazu geeignete Hard- und Software zur Verfügung hat“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 322). Ein weiterer, dritter Aspekt ist die Verknüpfung zwischen den notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten der MgB sowie die Bereitstellung von Unterstützung und Möglichkeiten, Fähigkeiten sowie Wissen im Umgang mit Digitalen Technologien auszubauen, um digitale Technologien nutzen zu können (11 Antworten). So wird als Digitale Teilhabe verstanden, „digitale Medien näher [zu] bringen, zu befähigen und überhaupt einen Zugang zu digitalen Medien bereitstellen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 168 H).

In der Kategorie 5 Teilhabeunterstützung durch soziale Strukturen sind alle Antworten zugeordnet, die sich primär auf die Ausgestaltung der Teilhabebegleitung in der Eingliederungshilfe beziehen und somit vorrangig die Arbeit der Mitarbeitenden adressieren. Insgesamt sind 5,33 % (18 Antworten) der Kategorie 5 zuzuordnen.

Der Großteil der Antworten betonen Auswirkungen auf die eigene Arbeit als Mitarbeitende in der Eingliederungshilfe (15 Antworten). Größtenteils wird dabei die eigene, direkte Arbeit mit dem Klienten benannt. Dabei stand im Fokus, dass es Hilfsangebote geben sollte, um Menschen mit Behinderungen dabei zu unterstützen, die digitale Welt besser zu verstehen und zu nutzen. So wird beispielsweise darauf hingewiesen, „dabei zu unterstützen die digitale Welt besser zu verstehen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 614) oder „den Umgang mit Medien näher bei[zu]bringen“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 551). Insgesamt sollen durch die Arbeit der Mitarbeitenden „Menschen, die sich in behindernden Lebenssituationen befinden, auch einen Zugang zu Medien bekommen und in diesem Rahmen dafür gesorgt wird, dass Kompetenzen vermittelt werden. Z. B. wie wird das digitale Endgerät benutzt? Wie bewegt man sich in Social Media?“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 15 H). Darüber hinaus wird angeführt, dass Digitale Teilhabe wie folgt zu verstehen sei: „Die soziale Arbeit, das Arbeiten, der tägliche Umgang auch ins Digitale zu projizieren“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 470). Weitere Auswirkungen auf die eigene Arbeit, wie etwa eine geringere Dokumentation, wird im Zusammenhang mit Digitaler Teilhabe von MgB benannt (s. Freitextantworten quantitative Befragung 535). Ebenso die „Digitalisierung in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 150 H) sowie „Digitales Arbeiten in der Eingliederungshilfe“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 151 H) wird mit dem Begriff der Digitalen Teilhabe assoziiert.

In einigen Freitextantworten wurde betont, dass der Begriff Digitale Teilhabe im Kontext der Arbeit in der Eingliederungshilfe nicht mehr von dem Begriff der Teilhabe zu trennen sei und als Bestandteil der Teilhabeplanung gesehen wird (3 Antworten). „Digitale Teilhabe ist für mich nicht mehr in Abgrenzung zur Teilhabe laut BTHG zu verfassen, da die Welten kaum noch voneinander zu trennen sind und muss zwingend unterstützt und gefördert werden“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 254).

Über das Verständnis Digitaler Teilhabe hinaus, wurde die Verankerung von Digitaler Teilhabe in den Angeboten und Diensten der Eingliederungshilfe erfasst (s. Abb. 8.14:, S. 341). In der Reaktion auf die Aussage „Das Thema Digitale Teilhabe ist in meinem Angebot oder Dienst bereits thematisiert worden“ (nausgefüllt = 495) zeigt sich ein gemischtes Bild. Etwa ein Drittel stimmt der Aussage voll zu (16,6 %) oder eher zu (12,9 %), oder stimmt eher nicht zu (16,2 %) oder gar nicht zu (19,2 %). Weitere 23,6 % antworteten mit „teils/teils“. Die Relevanz von Digitaler Teilhabe in den Angeboten und Diensten der Eingliederungshilfe (nausgefüllt = 484) wird von den Teilnehmenden eher verneint. Knapp ein Viertel (23,8 %) der Befragten reagierten auf die Aussage „Das Thema Digitale Teilhabe ist in meinem Angebot oder Dienst von hoher Relevanz“ mit „trifft eher nicht zu“, weitere 19,0 % antworteten mit „trifft gar nicht zu“. Man wünscht sich jedoch eine stärkere Fokussierung auf das Thema Digitale Teilhabe. So reagierten 28,5 % der Teilnehmenden auf die Aussage „Das Thema Digitale Teilhabe sollte stärker fokussiert werden“ (nausgefüllt = 489) mit „trifft voll zu“ und weitere 32,1 % mit „trifft eher zu“.

Abb. 8.14
figure 20

(Quelle: Eigene Darstellung)

Digitale Teilhabe in den Angeboten und Diensten der Eingliederungshilfe (prozentualer Anteil).

Auf die Frage „Wie viel Prozent der Arbeitszeit verwenden Sie auf die Unterstützung Ihres Klienten bei der Nutzung digitaler Technologien pro Woche?“ (nausgefüllt = 491) gibt der Großteil der Befragten (55,3 %) an, dass bis zu 25 % der Arbeitszeit aufwendet wird, um die Nutzung digitaler Technologien zu unterstützen. Weitere 23,2 % wenden hierfür aktuell gar keine Arbeitszeit auf (23,2 %). 13,2 % können oder wollen hierzu keine Einschätzung vornehmen. Weitere 6,3 % der Befragten wenden zwischen 26 % und 50 % der eigenen Arbeitszeit auf. Etwas mehr als 1 % unterstützen in 51 % bis 75 % ihrer Arbeitszeit. Weniger als 1 % unterstützen Klienten in 76 % bis 100 % ihrer Arbeitszeit bei der Nutzung digitaler Technologien (s. Abb. 8.15, S. 342).

Abb. 8.15
figure 21

(Quelle: Eigene Darstellung)

Arbeitszeit zur Unterstützung des Klienten bei der Nutzung digitaler Technologien pro Woche (prozentualer Anteil).

Der Arbeit im aktuellen Angebot oder Dienst der Eingliederungshilfe der Befragten liegen unterschiedliche Beschäftigungszeiträume zugrunde (s. Abb. 8.16, S. 343). So verfügen 34,8 % über zwei bis fünf Jahre Arbeitserfahrung. 27,0 % sind etwas kürzer in dem Angebot oder Dienst der Eingliederungshilfe tätig (ein bis zwei Jahre). Mehr als fünf Jahre sind 21,2 % der Befragten tätig. Weniger als ein Jahr sind 15,6 % der Befragten beschäftigt und weitere 1,4 % geben keine Antwort hierzu.

Abb. 8.16
figure 22

(Quelle: Eigene Darstellung)

Beschäftigungsdauer in den Angeboten und Diensten der Eingliederungshilfe (prozentualer Anteil).

Zur Vorbereitung auf die Hypothesentestung werden die Ergebnisse nachfolgend deskriptiv beschrieben. Die Ergebnisdarstellung erfolgt dabei in der chronologischen Reihenfolge der Hypothesentabelle (Die zugehörigen Daten sind in Anhang 3 im elektronischen Zusatzmaterial einsehbar.).

Soziodemografische und sozioökonomische Faktoren (H1–H3)

Die Daten zu den soziodemografischen Faktoren (Alter, Geschlecht) und zu den sozioökonomischen Faktoren (Ausbildungsabschluss, Schulabschluss, Einkommen) der ausgewählten Klienten sind Tab. 8.4 (S. 335) und der dazugehörigen Beschreibung zu entnehmen.

Gesundheitliche Ressourcen (H4–H8)

Den Gesundheitszustand der Klienten (nausgefüllt = 501) beschreibt knapp die Hälfte der teilnehmenden Mitarbeitenden (49,8 %) als „sehr gut“ (6,9 %) bzw. „gut“ (42,9 %). Weitere 41,2 % gaben an, dass der allgemeine Gesundheitszustand als „mittelmäßig“ zu beschreiben ist. 8,8 % beurteilten den Gesundheitszustand als „schlecht“ (7,8 %) oder „sehr schlecht“ (1,2 %). Weitere 2,2 % konnten oder wollten keine Aussage hierzu tätigen.

Die Rückmeldungen zu der Frage „Hat Ihr/e Klient*in eine dauerhafte Beeinträchtigung?“ ist Abb. 8.17 (s. S. 344) zu entnehmen. Der Großteil der Klienten (91,9 %) hat nach Angaben der Mitarbeitenden eine dauerhafte Beeinträchtigung beim Lernen, Denken oder Erinnern. Knapp die Hälfte der Klienten hat eine dauerhafte Beeinträchtigung beim Sprechen (54,2 %), Bewegen (48,8 %) und/oder schwere seelische Probleme (52,3 %). Ein weiteres Drittel weist eine dauerhafte Beeinträchtigung beim Sehen (31,4 %) auf. Beeinträchtigungen beim Hören sind deutlich seltener (14,5 %). 28,6 % der Klienten sind durch eine chronische Erkrankung dauerhaft beeinträchtigt. Eine dauerhafte Beeinträchtigung durch Schmerzen liegt bei 20,8 % der Klienten vor. 9,9 % der benannten dauerhaften Beeinträchtigungen werden Suchterkrankungen zugeschrieben. Anderweitige dauerhafte Beeinträchtigungsarten wurden über das Freitextfeld berichtet. Dabei wurden jedoch keine dauerhaften Beeinträchtigungsarten benannt, die den bereits bestehenden Auswahlmöglichkeiten nicht zuzuordnen waren.

Abb. 8.17
figure 23

(Quelle: Eigene Darstellung)

Beeinträchtigungsformen.

Aus den Angaben des Frageblocks zu dauerhaften Beeinträchtigungen konnten die Beeinträchtigungsformen der körperlichen (nausgefüllt = 491), der geistigen (nausgefüllt = 494), der seelischen (nausgefüllt = 491) sowie der sonstigen (nausgefüllt = 493) Beeinträchtigungen errechnet werden. Hierfür wurden die Angaben zu Sehen, Hören, Sprechen und Bewegen als Variable Körperliche Beeinträchtigung zusammengefasst. Die Angaben zum Lernen, Denken und Erinnern wurden zur geistigen Beeinträchtigung summiert und die Angaben zu Suchterkrankungen sowie zu schweren seelischen Problemen wurden zu seelischer Beeinträchtigung zusammengefasst. Chronische Erkrankungen, Schmerzen sowie andere dauerhafte Beeinträchtigungen wurden unter sonstige Beeinträchtigung summiert. Die Stichprobe weist in 79,6 % der Fälle eine körperliche Beeinträchtigung auf. Eine geistige Beeinträchtigung weisen 82,4 % auf. Weitere 68,8 % haben eine seelische Beeinträchtigung. Eine sonstige Beeinträchtigung gaben 90,9 % der Mitarbeitenden für die ausgewählten Klienten an.

Um die geistige Beeinträchtigung der Klienten zu erfassen, wurde die Frage „Wie sehr ist bei Ihrer/m Klient*in das Denken, Erinnern, Orientieren oder Lernen beeinträchtigt?“ verwendet. Die Frage wurde von allen Teilnehmenden (nausgefüllt = 501) beantwortet. Wie Abb. 8.18 (S. 345) zeigt, ist das Lernen bei 32,0 % der Klienten „ziemlich beeinträchtigt“ bzw. bei 27,2 % „stark beeinträchtigt“. Das Denken hingegen ist bei 33,2 % „ziemlich beeinträchtigt“ und bei 14,8 % „stark beeinträchtigt“. Die Orientierung dagegen ist bei einem kleineren Anteil der Klienten „ziemlich beeinträchtigt“ (12,8 %) bzw. „stark beeinträchtigt“ (8,2 %). Insgesamt am wenigsten beeinträchtigt ist das Erinnern. Bei 27,1 % ist das Erinnern „wenig beeinträchtigt“ bzw. bei 26,9 % „etwas beeinträchtigt“.

Abb. 8.18
figure 24

(Quelle: Eigene Darstellung)

Beeinträchtigung Denken, Erinnern, Orientieren und Lernen.

Um den Schweregrad der geistigen Beeinträchtigung zu bestimmen, wurde in dem Statistik- und Analysesoftware SPSS je Fall über den RECODE-Befehl eine Bepunktung der Variablen Beeinträchtigungsschwere_Lernen_Kl, Beeinträchtigungsschwere_Denken_Kl, Beeinträchtigungsschwere_Erinnern_Kl sowie Beeinträchtigungsschwere_Orientieren_Kl vorgenommen. Anschließend wurde über den COMPUTE-Befehl die neue Variable Schweregrad_Geistige_Beeinträchtigung gebildet, in dem der Mittelwert (MEAN) berechnet wurde. Die metrische Variable H5_Schweregrad_geistig wird für die Berechnung der Regression verwendet. Dabei ist der Median 3,25 und der Mittelwert 3,18. Es liegt eine Standardabweichung von 0,90 vor. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle über den RECODE-Befehl gruppiert. Missing-Werte wurden bei den beschriebenen Berechnungen berücksichtigt (s. Syntax). Insgesamt konnten 491 Fälle in die Berechnung eingeschlossen werden. Der Großteil (35,4 %) der Klienten ist nach Angaben der teilnehmenden Mitarbeitenden „ziemlich beeinträchtigt“. Weitere 34,0 % sind „etwas beeinträchtigt“. Als „stark beeinträchtigt“ werden 16,9 % der Klienten bezeichnet. Lediglich 1,7 % der Stichprobe sind nach der Berechnung „nicht beeinträchtigt“ und 10,9 % „wenig beeinträchtigt“ (s. Abb. 8.19, S. 346).

Abb. 8.19
figure 25

(Quelle: Eigene Darstellung)

Schweregrad der geistigen Beeinträchtigung (prozentualer Anteil).

Auf die Frage „Wie schwierig ist für Ihre/n Klient*in zu lesen und zu schreiben“ (nausgefüllt = 499) wurde über die Variable H6_Lesen_und_Schreiben erfasst. Insgesamt 30,8 % (n = 154) antworteten, dass das Lesen und Schreiben „gar nicht möglich ist“. Für weitere 27,2 % (n = 136) wurde das Lesen und Schreiben als „ziemlich schwierig“ und für 26,2 % (n = 131) als „etwas schwierig“ eingeschätzt. Für 9,9 % (n = 49) wurde mit „nicht schwierig“ geantwortet. 29 Teilnehmende (5,9 %) haben keine Angabe gemacht.

Hinsichtlich der Konzentration (nausgefüllt = 499) antworteten 46,4 % der Befragten (n = 232), dass die ausgewählten Klienten „ziemliche Schwierigkeiten“ hätten, sich zu konzentrieren. „Ist gar nicht möglich“ antworteten hingegen 6,5 % (n = 32). Weitere 36,8 % (n = 184) schätzten die Konzentration als „etwas schwierig“ und 6,8 % (n = 34) als „nicht schwierig“ ein. Die übrigen 17 Teilnehmenden (3,5 %) wollten oder konnten keine Angabe tätigen.

Um die Klienten mit einer vorliegenden Mehrfachbeeinträchtigung zu bestimmen, wurden in SPSS über den COUNT-Befehl die Antworten „Ja“ gezählt und über den RECODE-Befehl zur neuen Variablen Mehrfachbeeinträchtigung_vorhanden zusammengefasst. Die Ausgabe der nominalen Variable H8_Mehrfachbeeinträchtigung erfasst die Ausprägungen (keine) Mehrfachbeeinträchtigung. Die Missing-Werte wurden bei den beschriebenen Berechnungen berücksichtigt (s. Syntax). Es konnten 486 Fälle eingeschlossen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass 95,3 % der Klienten eine Mehrfachbeeinträchtigung haben. 4,7 % der Klienten haben keine Mehrfachbeeinträchtigung.

Hypothese zu digitalen Kompetenzen der Klienten (H9–H10)

Um die digitalen Kompetenzen der Klienten zu erfassen, wurde die modifizierte ICT-SC25 von Schauffel et al. (2021) verwendet. In Abb. 8.20 (s. S. 347) sind die Ergebnisse der Kompetenzbereiche nach den sechs Subskalen (1) Allgemein, (2) Kommunikation, (3) Prozess, (4) Kontent, (5) Sicherheit und (6) Problemlösung dargelegt. Dabei schätzten die teilnehmenden Mitarbeitenden den Kompetenzbereich Problemlösung mit Blick auf die ausgewählten Klienten am schlechtesten ein. Hier liegen bei 81,4 % der Klienten sehr geringe (61,5 %) bzw. geringe (19,9 %) digitale Kompetenzen vor. Die höchsten digitalen Kompetenzen wurden in der Subskala Kommunikation angegeben – wobei 19,3 % hohe bzw. 7,9 % sehr hohe digitale Kompetenzen aufweisen.

Abb. 8.20
figure 26

(Quelle: Eigene Darstellung)

Einschätzung der Mitarbeitenden zu digitalen Kompetenzbereichen der Klienten (prozentualer Anteil).

Zur Bestimmung des Grades der digitalen Kompetenzen wurde ein Gesamtwert pro Teilnehmenden aus den Variablen zu den sechs Kompetenzbereichen ermittelt. Hierfür wurden Punktwerte der einzelnen Subskalen berechnet, anschließend addiert und als Mittelwert ausgegeben. Die Missing-Werte wurden bei den beschriebenen Berechnungen berücksichtigt. Die metrische Variable H9_Kompetenzen_KI wird für die Berechnung der Regression verwendet. Dabei beträgt der Median 4,50 und der Mittelwert 5,89. Es liegt eine Standardabweichung von 5,25 vor. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle gruppiert und in die Kategorien (sehr gering, gering, mittel, hoch, sehr hoch) zusammengefasst. Hier zeigt sich, dass die Kompetenzen der ausgewählten Klienten überwiegend als sehr gering (47,3 %) bis gering (23,7 %) eingeschätzt werden (s. Abb. 8.21, S. 348).

Abb. 8.21
figure 27

(Quelle: Eigene Darstellung)

Gesamtsummenscore digitaler Kompetenzen der ausgewählten Klienten (prozentualer Anteil).

Die Frage zur Nutzung von Mentoring- und Trainingsprogrammen beantworteten fast alle teilnehmenden Mitarbeitenden (nausgefüllt = 496). Mentoring- und Trainingsprogramme wurden laut den Befragten von nur wenigen ausgewählten Klienten (13,5 %) bereits in Anspruch genommen. Mehr als zwei Drittel (66,7 %) der teilnehmenden Mitarbeitenden verneinten die Frage „Hat Ihr/e Klient*in bereits die Möglichkeit genutzt, an Schulungen zur Digitalen Teilhabe teilzunehmen?“. Knapp ein Fünftel (19,8 %) konnte oder wollte hierzu keine Aussage treffen.

Hypothese zur Technikbereitschaft der Klienten (H11–H12)

Das Konstrukt der Technikbereitschaft setzt sich aus den Items der Subskalen Technikakzeptanz sowie Technikkontrollüberzeugung nach Neyer, Felber und Gebhardt (2016) zusammen. Die Fragen beider Subskalen erhielten die Teilnehmenden, die einen Klienten ausgewählt haben, der das Internet nutzt (neingeschlossen = 306). Die Subkala Technikakzeptanz beantworteten 299 Teilnehmende (98,6 %), während 7 Teilnehmende (1,4 %) keine Einschätzung vornehmen konnten oder wollten. Laut den Befragten verfügen die meisten der ausgewählten Klienten (36,5 %) über eine hohe Technikakzeptanz. Gut ein Drittel der ausgewählten Klienten verfügt laut den Teilnehmenden über eine sehr hohe Technikakzeptanz (34,1 %). Eine geringe sowie sehr geringe Technikakzeptanz weisen hingegen 10,2 % bzw. 3,1 % der ausgewählten Klienten auf. Eine mittlere Technikakzeptanz wurde bei 16,0 % eingeschätzt.

Ein ähnliches Bild ergibt die Auswertung der Technikkompetenzüberzeugung. Die Fragen hierzu wurden ebenfalls durch die teilnehmenden Mitarbeitenden beantwortet, die einen Klienten ausgewählt haben, der das Internet nutzt (n = 300). Von den in die Analyse einbezogenen Klienten besitzen knapp ein Fünftel (insgesamt 20,4 %) eine sehr geringe (7,7 %) bzw. eine geringe (12,7 %) Technikkompetenzüberzeugung. Ein weiteres Fünftel fällt in den Bereich der mittleren Technikkompetenzüberzeugung (20,0 %). In dem Bereich der sehr hohen Technikkompetenzüberzeugung sind 25,3 % der Klienten zu verorten. Den größten Anteil machen Klienten mit einer hohen Technikkompetenzüberzeugung aus (34,3 %).

Auch bei der Technikakzeptanz wurde ein Gesamtwert pro Teilnehmenden aus den Variablen zu den beiden Subskalen (Technikbereitschaft und Technikkompetenzüberzeugung) ermittelt. Hierfür wurden Punktwerte der einzelnen Subskalen berechnet und anschließend addiert. Die Missing-Werte wurden bei den beschriebenen Berechnungen berücksichtigt. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle gruppiert und in die Kategorien (sehr gering, gering, mittel, hoch, sehr hoch) zusammengefasst. Der Gesamtscore der Technikbereitschaft weist den höchsten Anteil bei der Gruppe „hohe Technikakzeptanz“ (39,1 %) auf. Eine sehr hohe Technikakzeptanz weisen 26,4 % der betrachteten Klienten auf. Eine geringe bzw. sehr geringe Technikakzeptanz wird bei 11,7 % bzw. 4,6 % der betrachteten Klienten eingeschätzt. Weitere 16,8 % der Klienten weisen eine mittlere Technikakzeptanz auf (s. Abb. 8.22, S. 350). 1,4 % konnten oder wollten keine Einschätzung vornehmen. Die metrische Variable H11_Technikbereitschaft_KI wird für die Berechnung der Regression verwendet. Dabei liegt der Median bei 5,50 und der Mittelwert bei 5,31. Die Standardabweichung beträgt 1,67.

Abb. 8.22
figure 28

(Quelle: Eigene Darstellung)

Technikakzeptanz der ausgewählten Klienten (prozentualer Anteil).

Die Frage zur zeitlichen Technikerfahrung wurde von den teilnehmenden Mitarbeitenden beantwortet, die Klienten ausgewählt haben, die das Internet nutzen. Erfasst wurde diese über die ordinale Variable H12_Erfahrung_Kl. Insgesamt beantworteten 284 Teilnehmende die Frage zur zeitlichen Technikerfahrung. Den Befragten zufolge nutzt fast ein Drittel der Klienten (32,4 %) das Internet seit mehr als vier Jahren. Der Anteil der Klienten, die das Internet seit drei bis vier Jahren sowie seit ein bis zwei Jahren nutzen, ist ähnlich (16,9 % sowie 13,4 %). Am wenigsten vertreten sind Klienten, die nach Einschätzung der teilnehmenden Mitarbeitenden das Internet seit weniger als einem Jahr nutzen (7,7 %). Etwas weniger als ein Fünftel der Teilnehmenden (29,6 %) konnte oder wollte hierzu keine Einschätzung vornehmen (s. Abb. 8.23, S. 350).

Abb. 8.23
figure 29

(Quelle: Eigene Darstellung)

Zeitliche Technikerfahrung der ausgewählten Klienten (prozentualer Anteil).

Wohn- und Betreuungskontext (H13–H16)

Auf die Frage „Wie wohnt Ihr/e Klient*in derzeit?“ antworteten insgesamt 501 Teilnehmende. Der Großteil (79,2 %) der ausgewählten Klienten wohnt in einer Einrichtung für MB. 15,2 % wohnen derzeit privat zur Miete, im Eigentum oder bei Familienangehörigen. Weitere 0,6 % leben in einer Gast- oder Pflegefamilie. „Sonstiges“ gaben insgesamt 3,0 % der befragten Mitarbeitenden an. Keine Angabe zu der Frage machten weitere 2,0 %. Die Möglichkeit der Freitexteingabe nutzten 13 Teilnehmende. Die getätigten Freitextantworten konnten jedoch den geschlossenen Antwortmöglichkeiten zugeordnet werden, sodass keine weiteren Wohnkontexte zu ergänzen sind.

Die Frage „Wie viele Klient*innen betreuen Sie im Durchschnitt in Ihrem Angebot oder Dienst pro Schicht?“ beantworteten 425 Teilnehmende. Knapp die Hälfte der befragten Mitarbeitenden (51,5 %) betreuen pro Schicht 6 bis 10 Klienten, gefolgt von 17,6 %, die 11 bis 15 Klienten pro Schicht betreuen (s. Abb. 8.24, S. 351). Hierbei ist anzumerken, dass der maximal angegebene Wert bei 300 Klienten pro Schicht lag. Der Median liegt bei 10 betreuten Klienten pro Schicht. Der Mittelwert liegt bei 13,47 und die Standardabweichung bei 19,47.

Abb. 8.24
figure 30

(Quelle: Eigene Darstellung)

Betreute Klienten pro Schicht (prozentualer Anteil).

Die wahrgenommene Arbeitsbelastung (nausgefüllt = 500) hat bei insgesamt 75 % der Befragten deutlich (37,8 %) bzw. etwas (37,2 %) zugenommen. 12,4 % der Teilnehmenden würden die Arbeitsbelastung als gleichbleibend beurteilen. 6 % der Befragten gaben an, dass die wahrgenommene Arbeitsbelastung in den letzten Jahren etwas (3,2 %) bzw. deutlich (2,8 %) abgenommen hat. Weitere 6,6 % machten keine Angabe.

Auf die Frage „Verfügt das Angebot oder der Dienst, in dem Sie tätig sind, über ein Medienkonzept?“ (nausgefüllt = 477) wurde von 36,3 % verneint und von 38,4 % bejaht. Insgesamt antworteten 25,3 % der Teilnehmenden mit „Ich möchte/kann hierzu keine Aussage treffen“.

Sofern ein Medienkonzept vorhanden ist, sollte beantwortet werden, ob dieses als ausreichend wahrgenommen wird. Von insgesamt 277 Personen antworteten 31,8 %, dass das Konzept ausreichend ist. Für 24,9 % ist das Konzept nicht ausreichend. 43,3 % machten keine Angabe. Sofern kein Konzept vorlag, sollte die Frage „Wäre ein solches Konzept aus Ihrer Sicht hilfreich im täglichen Umgang mit digitalen Technologien?“ beantwortet werden. Insgesamt wurde die Frage von 211 Teilnehmenden beantwortet. Über die Häfte (53,6 %) befürworten ein Medienkonzept. 26,5 % bewerten den Sachverhalt als nicht hilfreich. Die restlichen 19,9 % machten keine Aussage.

Auf die Frage „Steht Ihrer/m Klient*in in dem Angebot oder Dienst ein Internetzugang zur Verfügung?“ antworteten insgesamt 497 Personen. Über die Hälfte der Klienten hat „jederzeit“ einen Internetzugang zur Verfügung (50,1 %). Weitere 25,7 % können „zeitweise“ einen Internetzugang nutzen. Nie Zugang zum Internet haben in den Einrichtungen und Diensten 17,3 % der Klienten. 6,9 % der teilnehmenden Mitarbeitenden konnten oder wollten keine Aussage treffen.

Ein sehr ähnliches Bild ergibt die deskriptive Auswertung der 497 Rückmeldungen zu der Frage „Steht Ihrer/m Klient*in in dem Angebot oder Dienst ein Internetzugang zur privaten Nutzung zur Verfügung?“. 49,5 % der Klienten steht „jederzeit“ ein Internetzugang zur privaten Nutzung zur Verfügung. Weitere 18,1 % können „zeitweise“ einen Internetzugang privat nutzen. 23,3 % haben jedoch keinen Zugang zum Internet für private Zwecke. Insgesamt konnten oder wollten 9,1 % der Teilnehmenden keine Aussage treffen (s. Abb. 8.25, S. 353).

Abb. 8.25
figure 31

(Quelle: Eigene Darstellung)

Internetzugang in den Angeboten und Diensten.

Unterstützung durch soziale Strukturen (H17)

Die Frage „Wenn Ihr/e Klient*in das Internet nutzt: Tut sie/er das vorwiegend selbstständig oder mit Hilfe von Anderen?“ sollte nur von Teilnehmenden beantwortet werden, die einen Klienten gewählt haben, der bereits das Internet nutzt. Entsprechend beantworteten insgesamt 184 Teilnehmende die Frage. Von den ausgewählten Klienten nutzen 28,2 % das Internet selbstständig. Der Großteil (32,6 %) nutzt das Internet überwiegend selbstständig, benötigt aber ab und zu Hilfe von Anderen. Weitere 22,9 % benötigen für die Internetnutzung grundsätzlich Unterstützung. „Ich möchte/kann hierzu keine Aussage tätigen“ gaben 16,3 % an.

In Abb. 8.26 (s. S. 353) sind die Angaben der Mitarbeitenden zur Unterstützung der Klienten durch soziale Strukturen in Bezug auf digitale Technologien dargestellt. Insgesamt konnten 293 Antworten in die Analyse angeschlossen werden. Da es sich hierbei um eine Frage mit Mehrfachauswahl handelt, gibt es keine Werte zu „keine Angabe“. Der Großteil der Klienten (89,1 %) wird durch Mitarbeitende aus den Angeboten und Diensten unterstützt. Am wenigsten Unterstützung erhalten die Klienten durch andere Klienten (22,9 %).

Abb. 8.26
figure 32

(Quelle: Eigene Darstellung)

Unterstützung durch soziale Strukturen.

Um die Unterstützung sozialer Strukturen zu bemessen, wurden aus dem Frageblock 41 die drei letzten Aussagen – (a) „Die Klienten nehmen die Hilfestellungen zu digitalen Technologien gern in Anspruch“, (b) „Die Klienten fragen nach Hilfestellungen zu digitalen Technologien“ und (c) „Ich habe ausreichend Zeit, um Hilfestellung zu digitalen Technologien zu leisten“ – betrachtet und zu einem Summenscore zusammengefasst. Mittels Bepunktung der Antwortmöglichkeiten („stimme gar nicht zu“ = 0 Punkte bis „stimme voll und ganz zu“ = 5 Punkte) konnte ein Mittelwert gebildet werden. Die metrische Variable H17_Soziale_Unterstützung wird für die Berechnung der Regression verwendet. Dabei ist der Median 3,00 und der Mittelwert 2,67. Es liegt eine Standardabweichung von 1,43 vor. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle durch den RECODE-Befehl in die Kategorien „sehr geringe Unterstützung“, „geringe Unterstützung“, „eher geringe Unterstützung“, „eher hohe Unterstützung“, „hohe Unterstützung“ und „sehr hohe Unterstützung“ gruppiert. Das Ergebnis zur Unterstützung durch soziale Strukturen (nausgefüllt = 490) ist in Abb. 8.27 (s. S. 354) dargestellt. Demnach erhalten mehr als die Hälfte der Klienten (57,8 %) eine hohe Unterstützung und 35,6 % eine geringe Unterstützung durch soziale Strukturen. 6,6 % konnten oder wollten hierzu keine Aussage treffen.

Abb. 8.27
figure 33

(Quelle: Eigene Darstellung)

Wahrgenommene Unterstützung durch soziale Strukturen (prozentualer Anteil).

Digitale Kompetenzen sozialer Strukturen (H18–H19)

Um die digitalen Kompetenzen der sozialen Strukturen (hier der Mitarbeitenden) zu erfassen, wurde wie auch bei den Klienten selbst die ICT-SC25 von Schauffel et al. (2021) modifiziert verwendet. Das Vorgehen der Berechnung ist dabei identisch zur Berechnung der digitalen Kompetenz der Klienten. Die metrische Variable H18_Kompetenzen_MA wird für die Berechnung der Regression verwendet. Dabei ist der Median 16,45 und der Mittelwert 15,98. Es liegt eine Standardabweichung von 4,20 vor. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle gruppiert und in Kategorien (sehr gering, gering, mittel, hoch, sehr hoch) zusammengefasst. Abb. 8.28 (s. S. 355) sind die Ergebnisse zu entnehmen. Dabei wurden die Items zur Subskala Prozess von den Mitarbeitenden am schlechtesten eingeschätzt. Hier liegen bei 2,7 % der Teilnehmenden sehr geringe bzw. bei 43,6 % geringe digitale Kompetenzen vor. Am positivsten wurde die Subskala Allgemein bewertet. Hier schätzen die Mitarbeitenden die digitalen Kompetenzen als hoch (53,9 %) oder als sehr hoch (21,9 %) ein.

Abb. 8.28
figure 34

(Quelle: Eigene Darstellung)

Einschätzung der Mitarbeitenden zu den eigenen digitalen Kompetenzbereichen.

Zur Bestimmung des Grades der digitalen Kompetenzen der Mitarbeitenden wurde ebenfalls ein Gesamtwert pro Teilnehmenden aus den Variablen der modifizierten Subskalen ermittelt. Hier zeigt sich, dass die digitalen Kompetenzen der Mitarbeitenden überwiegend als hoch (49,5 %) bis sehr hoch (22,8 %) eingeschätzt werden. Gerade einmal 3,6 % würden die eigenen digitalen Kompetenzen als gering (5,4 %) bzw. sehr gering (2,1 %) einschätzen. Weitere 1,1 % wollten oder konnten keine Aussage treffen (s. Abb. 8.29, S. 356).

Abb. 8.29
figure 35

(Quelle: Eigene Darstellung)

Gesamtsummenscore digitaler Kompetenzen der Mitarbeitenden (Prozentualer Anteil).

Die Frage zur Nutzung von Schulungen zur Digitalen Teilhabe wurde von 476 Befragten beantwortet. Von diesen Befragten geben 34,7 % auf die Frage „Haben Sie die Möglichkeit an einer Schulung zur Digitalen Teilhabe teilzunehmen?“ an, dass sie derzeit über Schulungsmöglichkeiten verfügen, die sie in Anspruch nehmen können. Mehr als ein Drittel (37,1 %) gaben an, derzeit keine Schulungsmöglichkeiten wahrnehmen zu können. Weitere 25,0 % konnten oder wollten hierzu keine Aussage treffen. Den Wunsch, an einer Schulung zur Digitalen Teilhabe teilzunehmen, bejahte der Großteil der Befragten (46,0 %), wobei weitere 35,5 % keinen Schulungswunsch haben und weitere 18,5 % hierzu keine Antwort geben wollten oder konnten. Um die tatsächliche Teilnahme an Schulungen herauszufinden, wurde die dritte Frage „Haben Sie bereits die Möglichkeit genutzt, an einer Schulung zur Digitalen Teilhabe teilzunehmen?“ als H19_Schulungen_MA ausgegeben. Dabei verneinte der Großteil diese Frage (73,1 %). Lediglich 19,1 % haben bereits eine Schulungsmöglichkeit zur Digitalen Teilhabe wahrgenommen. Weitere 7,8 % konnten oder wollten keine Aussage vornehmen.

Technikbereitschaft sozialer Strukturen (H20–H22)

Die Berechnung der Technikbereitschaft sozialer Strukturen unterscheidet sich insofern von der Berechnung der Technikbereitschaft der Klienten, als das zusätzlich zu den vier Fragen zur Technikakzeptanz und Technikkompetenzüberzeugung auch vier Fragen zur Technikkontrollüberzeugung verwendet wurden.

Die Technikbereitschaft der Mitarbeitenden wurde als Gesamtwert pro Teilnehmenden ausgegeben. Dieser setzt sich aus den drei Subskalen (Technikakzeptanz, Technikkompetenzüberzeugung, Technikkontrollüberzeugung) zusammen. Hierfür wurden Punktwerte der einzelnen Subskalen berechnet, anschließend addiert und als Mittelwert ausgegeben. Die Missing-Werte wurden bei den beschriebenen Berechnungen berücksichtigt. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle gruppiert und in Kategorien (sehr gering, gering, mittel, hoch, sehr hoch) zusammengefasst. Die metrische Variable H20_Technikbereitschaft_MA wird für die Berechnung der Regression verwendet. Dabei ist der Median 7,50 und der Mittelwert 7,32. Es liegt eine Standardabweichung von 1,66 vor. Mit Blick auf die zusammengefassten Ergebnisse zeigt sich, dass alle eine Aussage treffen wollten und konnten.

Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle in den drei Subskalen sowie für den Gesamtscore der Technikbereitschaft gruppiert und in Kategorien (sehr gering, gering, mittel, hoch, sehr hoch) zusammengefasst.

Mit Blick auf die Subskala Technikakzeptanz (nausgefüllt = 467) zeigt sich, dass der Großteil der Befragten eine „hohe“ (37,3 %) bis „sehr hohe Technikakzeptanz“ (28,3 %) aufweist. Knapp ein Viertel weist eine „mittlere Technikakzeptanz“ (26,3 %) auf, wobei nur 4,2 % bzw. 0,6 % eine „geringe“ bzw. „sehr geringe Technikakzeptanz“ aufweisen. Eine mittlere Technikakzeptanz wurde bei 16,0 % eingeschätzt. 14 Teilnehmende (2,6 %) konnten oder wollten keine Einschätzung vornehmen.

Ein ähnliches Bild ergibt die Auswertung der Technikkompetenzüberzeugung (nausgefüllt = 465). Mehr als drei Viertel (79,8 %) verfügt über eine „hohe“ (27,7 %) bzw. „sehr hohe Technikkompetenzüberzeugung“ (52,1 %). Ein kleinerer Anteil verfügt über eine „sehr geringe“ (3,3 %) bzw. „eine geringe Technikkompetenzüberzeugung“ (4,9 %). Weitere 12,0 % weisen eine „mittlere Technikkompetenzüberzeugung“ auf. 14 Personen wollten oder konnten hierzu keine Aussage tätigen.

Hinsichtlich der Subskala zur Technikkontrollüberzeugung (nausgefüllt = 465) zeigt sich hingegen ein höherer Anteil der „sehr geringen“ (11,7 %) bis „geringen Technikkontrollüberzeugung“ (35,2 %). Der größte Anteil bleibt im Bereich der „mittleren Technikkontrollüberzeugung“ (38,6 %) bestehen. Befragte mit einer „hohen“ (11,0 %) bis „sehr hohen Technikkontrollüberzeugung“ (3,6 %) machen den kleinsten Anteil aus. Insgesamt 19 Personen wollten oder konnten bzgl. der Technikkontrollüberzeugung keine Angabe machen (3,8 %).

Mit Blick auf den Gesamtscore der Technikbereitschaft der Befragten zeigt sich, dass drei Viertel (75,0 %) über eine „sehr hohe Technikbereitschaft“ verfügt. Das übrige Viertel setzt sich aus Mitarbeitenden mit einer „hohen Technikbereitschaft“ (17,0 %), „mittleren Technikbereitschaft“ (4,5 %) sowie „geringen Technikbereitschaft“ (0,9 %) zusammen. Keiner der Befragten weist eine „sehr geringe Technikbereitschaft“ (0,0 %) auf. 14 Personen (2,6 %) konnten oder wollten keine Einschätzung vornehmen (s. Abb. 8.30, S. 358).

Abb. 8.30
figure 36

(Quelle: Eigene Darstellung)

Technikakzeptanz der befragten Mitarbeitenden (prozentualer Anteil).

Um die Einstellungen von Personen aus den sozialen Strukturen zu quantifizieren, wurden zwei Frageblöcke im EIDT3 verwendet. Im Folgenden wird die deskriptive Auswertung der beiden Frageblöcke vorgestellt.

Ein Konsens hinsichtlich der Verbesserung zeigt sich im Schnitt zu drei Viertel bei den Aspekten Kontakt (84,7 %), Zugang zu Informationen (77,7 %), gesellschaftliche Teilhabe (76,4 %), Selbstbestimmung und Autonomie (72,3 %), räumliche Mobilität (70,0 %) und Lebensqualität (63,5 %). Hinsichtlich der Sicherheit schätzt ein Großteil, dass sich diese „eher verschlechtert“ oder „sehr verschlechtert“ (32,9 %), wobei ein weiterer Anteil auf die Frage nach der Auswirkung auf die Sicherheit mit „teils/teils“ (29,1 %) antwortet. Auch die Auswirkung auf die finanzielle Situation wird von über einem Drittel als „teils/teils“, also nicht eindeutig gut oder schlecht, eingeschätzt (36,2 %). Ebenso wird die Auswirkung auf die psychische Gesundheit (34,3 %) und körperliche Gesundheit (45,9 %) eingeschätzt. Die weiteren Einschätzungen zeigen jedoch, dass sich diese „eher verschlechtert“ (29,1 %) bzw. „sehr verschlechtert“ (26,5 %) (s. Abb. 8.31, S. 359).

Abb. 8.31
figure 37

(Quelle: Eigene Darstellung)

Einschätzung von Verschlechterung und Verbesserung durch die Nutzung digitaler Technologien.

Die Einschätzung zur Verbesserung zeigt sich über den Konsens bei „stimme zu“ bzw. „stimme eher zu“ bei den Aussagen „Mit dem Internet können Klient*innen Personen erreichen, die sie sonst nicht erreichen könnten“ (64,0 %) sowie „Mit dem Internet können sich Klient*innen einfacher mit anderen austauschen“ (56,7 %). Kein Konsens, jedoch der größte Anteil bei der Einschätzung „stimme zu“ bzw. „stimme eher zu“, liegt bei den Aussagen „Mit dem Internet können Klient*innen andere Inhalte vermitteln, die sie sonst nicht vermitteln könnten“ (47,9 %), „Mit dem Internet können Klient*innen Informationen besonders vielen Menschen zur Verfügung stellen“ (47,5 %), „Mit dem Internet können sich Klient*innen mit mehreren Leuten gleichzeitig austauschen“ (59,4 %), „Mit dem Internet können sich Klient*innen offener/ehrlicher mit anderen austauschen“ (32,6 %) sowie „Mit dem Internet können sich Klient*innen intensiver mit anderen austauschen“ (49,1 %). Lediglich den Aussagen „Im Internet erleben Klient*innen weniger Vorurteile“ sowie „Das Internet gleicht behinderungsbedingte Beeinträchtigungen aus“ wird mit einem höheren Anteil „eher nicht“ oder „nicht“ zugestimmt (summierte Werte = 42,7 % und 37,8 %) (s. Abb. 8.32, S. 360).

Abb. 8.32
figure 38

(Quelle: Eigene Darstellung)

Angaben zur Zustimmung und Ablehnung zu Aussagen zum Internet.

Die Einstellungen der befragten Mitarbeitenden zu Auswirkungen der nachfolgenden Aspekte durch die Nutzung von digitalen Technologien sowie der Verschlechterung bzw. Verbesserung zeigen, dass über alle Aspekte hinweg insgesamt eher von einer positiven Auswirkung sowie Verbesserung ausgegangen wird (s. Abb. 8.31, S. 359 und Abb. 8.33, S. 361). Aus den Ergebnissen der Variablen in Abb. 8.31 und Abb. 8.32 wurde eine neue Variable berechnet, um einen Wert zur Einstellung gegenüber der Nutzung digitaler Technologien zu generieren. Hierfür wurden die Variablen Auswirkung_1 bis Auswirkung_9 sowie Aussage_1 bis Aussage_9 entgegen der vorherigen Polung rekodiert. Über den COMPUTE-Befehl wurde der Mittelwert aus den genannten Variablen gebildet. Die daraus entstandene metrische Variable H21_Einstellung_MA wird für die Berechnung der Regression verwendet. Dabei ist der Median 3,53 und der Mittelwert 3,51. Es liegt eine Standardabweichung von 0,62 vor. Zur Darstellung wurde eine gruppierte Variable (Summenscore_Einstellung_MA_gruppiert) verwendet. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle gruppiert und in Kategorien (sehr negativ, eher negativ, neutral, eher positiv, sehr positiv) zusammengefasst. Hier zeigt sich, dass etwa die Hälfte der Befragten (48,5 %) eine eher positive Haltung gegenüber der Nutzung digitaler Technologien hat. Weitere 39,8 % haben eine neutrale Haltung. 3,7 % nehmen jeweils eine sehr positive Haltung oder eine eher negative Haltung ein. Lediglich 0,9 % zeigen eine sehr negative Haltung. 3,4 % konnten oder wollten hierzu keine Angabe machen (s. Abb. 8.33, S. 361).

Abb. 8.33
figure 39

(Quelle: Eigene Darstellung)

Angaben zur Einstellung gegenüber der Nutzung digitaler Technologien (prozentualer Anteil).

Zusätzlich zur Einstellung gegenüber der Nutzung digitaler Technologien wurde das Nutzungsverhalten der befragten Mitarbeitenden erfasst. Die Nutzung setzt sich dabei aus den drei Kategorien (1) Kommunikation, (2) Zugang und Bereitstellung von Wissen und Informationen sowie (3) Freizeitgestaltung zusammen. Die Mehrheit der befragten Mitarbeitenden nutzt digitale Technologien in allen drei Kategorien täglich. Dabei nutzen 94,5 % digitale Technologien täglich zur Kommunikation, 77,9 % für den Zugang und zur Bereitstellung von Wissen und Informationen sowie 76,3 % zur Freizeitgestaltung. Jeweils 2,1 % der Befragten gaben an, digitale Technologien nie zu Kommunikationszwecken zu nutzen bzw. für den Zugang zu und der Bereitstellung von Wissen und Informationen. Weitere 2,6 % gaben an, digitale Technologien nicht für die Freizeitgestaltung zu nutzen.

Aus den drei Variablen wurde eine Variable neu berechnet. Hierfür wurden die Merkmalsausprägungen der Variablen zur Internetaktivität in den Teilbereichen Kommunikation, Zugang und Bereitstellung von Wissen und Informationen sowie Freizeitgestaltung jeweils über den COUNT-Befehl gezählt und nach Häufigkeit (fast täglich, mehrmals pro Woche, etwa einmal pro Woche, seltener als einmal pro Woche und keine Aktivität) ausgegeben. Über den RECODE-Befehl wurden in den drei Bereichen Scores gebildet, die abschließend in der metrischen Variable H22_Nutzungsverhalten_MA summiert und für die Berechnung der Regression verwendet werden. Dabei ist der Median 6,00 und der Mittelwert 5,52. Es liegt eine Standardabweichung von 1,00 vor. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle gruppiert und in Kategorien (keine Nutzung, sehr geringe Nutzung, geringe Nutzung, mittlere Nutzung, hohe Nutzung, sehr hohe Nutzung) zusammengefasst. Hier zeigt sich, dass fast alle der Befragten eine sehr hohe Nutzung (94,3 %) aufweisen. Weitere 3,2 % nutzen keine digitalen Technologien. Lediglich 1,7 % weisen eine hohe Nutzung bzw. 0,8 % eine mittlere Nutzung auf. Eine sehr geringe bzw. geringe Nutzung wurde von keinem Teilnehmenden angegeben (s. Abb. 8.34, S. 362).

Abb. 8.34
figure 40

(Quelle: Eigene Darstellung)

Nutzungsverhalten der befragten Mitarbeitenden (prozentualer Anteil).

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Zur Einschätzung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wurden fünf Aussagen formuliert, die durch die Befragten eingeschätzt werden sollten (s. Abb. 8.35, S. 363). Die Ergebnisse zeigen, dass zu den Aussagen 1 bis 4 überwiegend keine Einschätzung getätigt werden konnte oder wollte (44,9 %; 43,3 %; 43,1 %; 42,0 %). Auf die Aussage, dass in Bezug auf digitale Technologien über gesellschaftliche Rahmenbedingungen ausreichend Teilhabemöglichkeiten zugesichert werden (nausgefüllt = 459), reagierten 24,4 % mit „teils/teils“. Die wenigsten Befragten empfanden, dass die Aussage „voll zutrifft“ (4,4 %). Die Aussage, dass die Eingliederungshilfe die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf digitale Technologien aureichend umsetzt (n = 457), beurteilen mehr Befragte, dass die Aussage „eher zutrifft“ (20,6 %) sowie „voll zutrifft“ (12,3 %). Die wenigsten Befragten beurteilen die Aussage als „gar nicht zutreffend“ (2,0 %). Auf die dritte Aussage, „Gesellschaftliche Rahmenbedingungen fördern den Einsatz von digitalen Technologien“ (nausgefüllt = 459), reagiert der Großteil mit „teils/teils“ (22,2 %). Weitere 17,6 % meinen, die Aussage „trifft eher zu“ (17,6 %). Auch diese Aussage beurteilen die wenigsten Befragten als „gar nicht zutreffend“ (2,0 %). Auf die vierte Aussage, „Gesellschaftliche Rahmenbedingungen ermöglichen den sicheren Einsatz von digitalen Technologien“ (nausgefüllt = 460), reagiert ebenso knapp ein Viertel (23,5 %) mit „teils/teils“ sowie weitere 18,5 % mit „trifft eher zu“.

Abb. 8.35
figure 41

(Quelle: Eigene Darstellung)

Gesetzliche Rahmenbedingungen (prozentualer Anteil).

Darüber hinaus sind Aussagen zu Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen beurteilt worden. Die Aussage „Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen ermöglichen den sicheren Einsatz von digitalen Technologien“ (nausgefüllt = 460) wurde von den Befragten überwiegend als eher zutreffend (30,2 %) beurteilt. Ähnlich viele Befragte reagierten auf die Aussage mit „teils/teils“ (28,3 %). „Trifft voll zu“ (12,6 %) sowie „trifft eher nicht zu“ (10,2 %) meinen hingegen weniger Befragte. Die wenigsten Befragten beurteilten die Aussage mit „trifft gar nicht zu“ (4,8 %). Die Aussage „Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen hemmen den sicheren Einsatz von digitalen Technologien“ (nausgefüllt = 459) wurde überwiegend mit „teils/teils“ (32,0 %) beurteilt, wobei auch hier der zweitgrößte Anteil bei der Einschätzung „trifft eher zu“ (20,7 %) liegt. „Trifft eher nicht zu“ (15,2 %) sowie „trifft voll zu“ (7,4 %) finden weniger Befragte und die Einschätzung „trifft gar nicht zu“ (6,7 %) wird am wenigsten vertreten. Wie bei der zweiten Aussage, ist auch bei der dritten Aussage, „Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen erschweren die Einführung von digitalen Technologien“ (nausgefüllt = 460), der Anteil am größten, der die Aussage als „teils/teils“ zutreffend einschätzt. Die Einschätzung „trifft eher nicht zu“ (20,5 %) macht jedoch den zweitgrößten Anteil aus, etwas geringer ist der Anteil der Einschätzung „trifft eher zu“ (15,0 %). Am geringsten ist die Einschätzung „trifft voll zu“ (4,8 %). Die letzte Aussage, „Datensicherheits- und Datensicherheitsbestimmungen geben Sicherheit bei der Nutzung von digitalen Technologien“ (nausgefüllt = 460), wird ähnlich wie die erste Aussage beurteilt, sodass diese überwiegend mit „teils/teils“ zutreffend (33,3 %) beurteilt wird, wobei weitere 26,3 % diese Aussage als „eher zutreffend“ bewerten. „Trifft voll zu“ (12,4 %), „trifft eher nicht zu“ (9,6 %) und „trifft gar nicht zu“ (5,2 %) finden weniger Befragte (s. Abb. 8.36, S. 365).

Abb. 8.36
figure 42

(Quelle: Eigene Darstellung)

Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen.

Der letzte Frageblock befasst sich mit Finanzierungsmöglichkeiten der Leistungen für Digitale Teilhabe. Auch hier zeigt sich wie bei dem Frageblock zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, dass ein Großteil der Befragten die Aussagen nicht einschätzen konnte oder wollte (31,0 %; 26,7 %; 24,2 %; 26,8 %). Die erste Aussage, „Die Finanzierung der Leistungen für Digitale Teilhabe ist gegeben“ (nausgefüllt = 460), wird von den Befragten überwiegend mit „teils/teils“ (21,7 %) bewertet, wobei die nächstgrößeren Anteile der Befragten die Aussage mit „trifft eher nicht zu“ (19,6 %) bzw. „trifft gar nicht zu“ (11,3 %) beurteilten und entsprechend eher verneinten. Der Anteil der Einschätzungen „trifft eher zu“ (10 %) sowie „trifft voll zu“ (5,6 %) fällt hingegen geringer aus. Die zweite Aussage, „Die Finanzierung der Leistungen für Digitale Teilhabe stellt eine Hürde dar“ (nausgefüllt = 457), wird hingegen überwiegend mit „trifft voll zu“ (21,9 %) sowie „trifft eher zu“ (21,5 %) beurteilt. Als „teils/teils“ zutreffend (20,6 %) bewertet knapp ein Fünftel der Befragten die Aussage. Deutlich weniger Befragte schätzen sie als eher nicht zutreffend (5,0 %) sowie gar nicht zutreffend (4,3 %) ein.

Auch bei der dritten Aussage „Die Finanzierung der Leistungen für Digitale Teilhabe muss durch die Kostenträger gegeben sein“ (nausgefüllt = 461), schätzen die Befragten diese überwiegend als eher zutreffend (21,5 %) bzw. voll zutreffend (21,9 %) ein. Mit 19,9 % bewertet knapp ein Fünftel die Aussage mit „teils/teils“. Der Anteil, der die Aussage (eher) verneint, ist mit den Einschätzungen „trifft eher nicht zu“ (10,5 %) sowie „trifft gar nicht zu“ (5,5 %) geringer. Die letzte Aussage, „Die Finanzierung der Leistungen für Digitale Teilhabe durch Kostenträger ist nicht sinnvoll, da Gelder für andere Themen sinnvoller eingesetzt werden können“ (nausgefüllt = 462), beurteilen die Befragten überwiegend mit „trifft eher nicht zu“ (21,5 %) sowie „trifft gar nicht zu“ (12,0 %). Die Einschätzung „teils/teils“ wird von knapp einem Fünftel (21,7 %) abgegeben. Mit 12,6 % bei „trifft eher zu“ sowie 5,4 % bei „trifft voll zu“ erfolgt die Zustimmung der Aussage ebenfalls durch ein knappes Fünftel (s. Abb. 8.37, S. 366).

Abb. 8.37
figure 43

(Quelle: Eigene Darstellung)

Finanzierung (prozentualer Anteil).

Da sich die Fragen bzgl. der Datenschutzbestimmungen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Finanzierung nicht als Möglichkeit der Operationalisierung eines Einflussfaktors auf Digitale Teilhabe erweisen, werden diese nicht in die Koeffizientenanalyse sowie Regressionsanalysen einbezogen.

Beschaffenheit Hard- und Software

Die Frage zur Nicht-Nutzung beantworteten die Befragten, die einen Klienten ausgewählt haben, der das Internet nicht nutzt (nausgefüllt = 304). Als Begründung für die Nicht-Nutzung des Internets wird am ehesten angeführt, dass der Klient vieles im Internet nicht versteht (36,5 %). Weiter stimmen 24,3 % der Befragten zu, dass die Schrift im Internet von dem Klienten nicht gut zu lesen sei. 22,8 % sehen das Finden von Apps oder Internetseiten als Schwierigkeit für ihren Klienten an. Am wenigsten Zustimmung erhalten die Begründungen „Sie/Er hat Angst vor Mobbing im Internet“ (4,6 %) sowie „Ihr/Ihm ist der Internetvertrag zu teuer“ (5,3 %). Insgesamt 15 Befragte (6,4 %) geben an, hierzu keine Aussage treffen zu wollen oder zu können (s. Abb. 8.38, S. 367).

Abb. 8.38
figure 44

(Quelle: Eigene Darstellung)

Angaben zu Gründen der Nicht-Nutzung.

Über die genannten Aspekte hinaus werden in den Freitexten von 38 Befragten (16,2 %) fünf weitere Aspekte als Schwierigkeiten benannt. Hierzu gehört erstens die Unwissenheit über die Existenz der digitalen Welt und das damit einhergehende fehlende Wissen über Möglichkeiten, digitale Technologien zu nutzen (s. Freitextantworten quantitative Befragung 37, 141, 302). Ein zweiter Aspekt ist das fehlende Verständnis darüber, wie die digitale Welt funktioniert (s. Freitextantworten quantitative Befragung 325, 459, 460). Dabei wird zugleich angeführt, dass „Gefahren missachtet“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 459) werden, die Begleitung eines Mitarbeitenden bei der Internetnutzung jedoch die Nutzung unterstützt (s. Freitextantworten quantitative Befragung 459, 460). Der dritte Aspekt umfasst den Mangel an Geräten, Internetzugängen und Begleitung (s. Freitextantworten quantitative Befragung 189, 376, 446, 593, 325, 460). Dabei wird zum einen angeführt, dass fehlende Geräte und Infrastruktur den Zugang verwehren. Darüber hinaus wird die fehlende Begleitung benannt: „Ihr wird es nicht gezeigt“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 376) oder „Medien bzw. Internet werden viel zu wenig erklärt und an die Bewohner*innen gebracht, sodass niemand richtig weiß, was das überhaupt ist und was man damit macht“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 189). Als vierter Aspekt wird die Form der Beeinträchtigung als Grund der Nicht-Nutzung angeführt (s. Freitextantworten quantitative Befragung 23, 60, 128, 156, 287, 342). Hierbei werden Begründungen wie „Aufgrund ihrer Beeinträchtigungen würde sie ein Handy nicht entsprechend nutzen; Sie kann weder lesen noch schreiben“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 23) und „Nicht möglich, da schwerstmehrfachbehindert“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 60) angeführt. Der letzte Aspekt ist das fehlende Interesse vonseiten des Klienten: „Er interessiert sich leider für absolut gar nichts“ (Freitextantworten quantitative Befragung 109).

Neben den Gründen für die Nicht-Nutzung wurde die Nutzung von technischen Assistenzsystemen bzw. Hilfsmitteln erhoben. Auch diese Frage sollte nur beantwortet werden, sofern der ausgewählte Klient das Internet nicht nutzt. Die Frage, welche Hilfsmittel von den ausgewählten Klienten genutzt werden, wurde von 303 Teilnehmenden beantwortet (s. Abb. 8.39, S. 368). Grundsätzlich geben knapp die Hälfte der Befragten (49,8 %) an, dass assistive Technik eingesetzt wird. Alle weiteren Hilfsmittel werden größtenteils nicht eingesetzt.

Abb. 8.39
figure 45

(Quelle: Eigene Darstellung)

Technische Assistenz bei der Nutzung digitaler Technologien.

Insgesamt gaben 60 Befragte (19,8 %) an, hierzu keine Aussage treffen zu wollen oder zu können. Über die genannten Hilfsmittel hinaus, werden im Freitextfeld von 9 Befragten (1,8 %) weitere technische Assistenzen bei der Nutzung digitaler Technologien benannt. Dabei wird vor allem die Spracheingabe bzw. -ausgabe benannt, zum einen durch die Nutzung des Talkers (s. Freitextantworten quantitative Befragung 73 H, 50 H, 92 H) und zum anderen durch die Nutzung von Sprachnachrichten über WhatsApp (s. Freitextantworten quantitative Befragung 140 H, 464). Ebenso wird ein Eingabestift als Hilfsmittel benannt (s. Freitextantworten quantitative Befragung 538) sowie die Verwendung einer Lupe (s. Freitextantworten quantitative Befragung 322). Als weiteres Hilfsmittel wird die „Unterstützung durch Mitarbeitende“ (s. Freitextantworten quantitative Befragung 32 H) bzw. die Durchführung der Bedienung durch die Mitarbeitenden (s. Freitextantworten quantitative Befragung 111 H) benannt.

Aufbereitung der Inhalte

Inwiefern die Aufbereitung der Inhalte im Internet zu einer einfacheren Nutzung für den Klienten führt, wurde in einem Frageblock eruiert. Der Frageblock wurde von insgesamt 303 Teilnehmenden beantwortet. Dabei ist anzumerken, dass dieser lediglich von Mitarbeitenden ausgefüllt werden sollte, die Klienten gewählt haben, die kein Internet nutzen. Es zeigt sich, dass der Großteil der Befragten in allen Subfragen nicht davon ausgeht, dass der Klient den jeweiligen Aspekt nicht für eine einfachere Nutzung braucht. Lediglich mit Blick auf die beiden Subfragen „Leichte Sprache im Internet“ (54,8 %) sowie „Jemand, der die Nutzung erklärt“ (56,8 %) teilen etwas mehr als die Hälfte der Befragten die Einschätzung, dass dies die Nutzung einfacher gestaltet. Insgesamt geben 63 Befragte (20,8 %) an, diese Frage nicht beantworten zu wollen oder zu können (s.Abb. 8.40, S. 369).

Abb. 8.40
figure 46

(Quelle: Eigene Darstellung)

Angaben zu Aspekten, die für eine einfachere Nutzung digitaler Technologien eingeschätzt werden.

Die Antwort auf die Frage nach einer einfacheren Nutzung konnte durch die Teilnehmenden mit einem Freitext ergänzt werden. Weitere Aspekte für eine einfachere Nutzung digitaler Technologien auf Seiten der Klienten werden von 19 Befragten (3,8 %) im Freitextfeld aufgeführt. Für eine einfachere Nutzung digitaler Technologien durch MgB bedarf es aus Sicht der teilnehmenden Mitarbeitenden vor allem der Unterstützung durch Dritte (s. Freitextantworten quantitative Befragung 440, 8, 81 H, 111 H, 115 H). Dabei ist z. B. die Begleitung zur Einübung von Bedienungsprozessen und dem Umgang im Internet notwendig (s. Freitextantworten quantitative Befragung 440, 8 H, 111 H, 115 H). In Bezug darauf wird das erneute Vorführen der Prozesse benannt (s. Freitextantworten quantitative Befragung 115 H), aber auch die wiederkehrende Vermittlung von Wissen, um z. B. ein eigenes Verständnis von Gefahren im Internet und von Datenschutz zu entwickeln (s. Freitextantworten quantitative Befragung 81 H). Auf längere Lernzeiten und andere Lernbedürfnisse der MgB ausgerichtete Kurse und Seminare würden eine weitere Art der Unterstützung sicherstellen (s. Freitextantworten quantitative Befragung 440). Ferner wird angemerkt, dass die Aufbereitung der Inhalte im Internet zu spezifischen Themen (wie z. B. sexualisierte Inhalte) intuitiver gestaltet werden sollte, jedoch auch geschützter erfolgen muss (s. Freitextantworten quantitative Befragung 72). Was hierunter konkret zu verstehen ist, wird nicht näher ausgeführt. Grundsätzlich sollten Strukturen von Webseiten barriereärmer gestaltet werden, wie z. B. durch kontrastreichere und vergrößerte Schriften (s. Freitextantworten quantitative Befragung 322), weniger komplexe Strukturen (s. Freitextantworten quantitative Befragung 136 H), vermehrten Einsatz unterschiedlicher Eingabemöglichkeiten (s. Freitextantworten quantitative Befragung 92 H) sowie weniger Werbeschaltungen (s. Freitextantworten quantitative Befragung 618 H). Auch bei der Verwendung der Sprache im Internet sehen die Teilnehmenden Verbesserungspotenzial. So würde die Verwendung von mindestens einfacher Sprache (s. Freitextantworten quantitative Befragung 354) oder die Möglichkeit einer gut eingebetteten Sprachsteuerung (s. Freitextantworten quantitative Befragung 391) die selbstständige Nutzung des Internets durch MgB erleichtern. Ebenso wird die Möglichkeit einer einfacheren Bedienung durch die Einarbeitung eines intuitiveren Face-Ups bei der Beschaffenheit von Hard- und Software angemerkt (s. Freitextantworten quantitative Befragung 31 H). Ein Aspekt, der mit der angesprochenen Unterstützungsleistung eng verwoben ist, ist die Motivation bzw. das Interesse des MgB, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und zu lernen (s. Freitextantworten quantitative Befragung 119, 186, 118 H). Auch die Auseinandersetzung mit der Motivation und dem Interesse der Klienten auf Seiten der Mitarbeitenden wird als Faktor gesehen, um zu erkennen, dass der Klient zufrieden mit seiner Nicht-Nutzung ist oder ausreichend Motivation und Lernbereitschaft zeigt, um sich dem Thema zu widmen (s. Freitextantworten quantitative Befragung 441).

Da sich die Fragen bzgl. der Beschaffenheit von Hard- und Software sowie die Aufbereitung von Inhalten lediglich an eine Subpopulation richteten (nicht-internetnutzende Klienten), werden diese nicht in die Koeffizientenanalyse sowie Regressionsanalysen einbezogen.

Realisierte Digitale Teilhabe

Um realisierte Digitale Teilhabe zu erfassen, wurden die Bereiche Zugang zu digitalen Technologien sowie Nutzung digitaler Technologien berechnet und in einer Kurzskala Digitaler Teilhabe (Die zugehörigen Daten sind in Anhang 6 und Anhang 7 im elektronischen Zusatzmaterial einsehbar.) festgehalten. Der Wert der realisierten Digitalen Teilhabe [RDT] ist ein Indexwert von 10 Punkten und setzt sich aus den Variablen zum tatsächlichen Zugang zu digitalen Technologien (4 Punkte) und der tatsächlichen Nutzung von digitalen Technologien (6 Punkte) zusammen.

Der Zugang zu digitalen Technologien wurde im EIDT2 durch die Frage Nr. 29 abgebildet: „Welche der digitalen Technologien besitzt lhr/e Klient*in persönlich bzw. zu welchen hat sie/er Zugang? Wie häufig werden diese genutzt?“ Hier wird nach der Häufigkeit der tatsächlichen Nutzung von internetfähigen Geräten (beispielsweise Notebook, Tablet-Computer, Smartphone) gefragt. Dabei wird je nach Zugang eine Bepunktung vorgenommen: Ein (fast) täglicher Zugang zu mind. einer digitalen Technologie wird mit 4 Punkten bewertet. Der Zugang zu mindestens einer digitalen Technologie mehrmals pro Woche erhält 3 Punkte. Klienten, die etwa einmal pro Woche Zugang zu mindestens einer digitalen Technologie haben, erhalten 2 Punkte. Sofern der Zugang seltener als einmal pro Woche zu mindestens einer digitalen Technologie gegeben ist, wird ein Punkt vergeben. Besteht ein Zugang, jedoch ohne eine Nutzung, werden 0,5 Punkte bzw. bei keinem Besitz von mind. einer digitalen Technologie 0 Punkte vergeben. Die Antwort „Ich möchte/kann hierzu keine Aussage tätigen“ wurde wie ein Missing-Wert betrachtet.

Der errechnete Summenscore zum Zugang zu digitalen Technologien zeigt, dass der Großteil der Klienten (50,1 %) keinen Punkt bekommen hat, gefolgt von 42,0 %, die die maximale Punktzahl von 4 Punkten erreicht haben. Die mittleren Werte 0,5 Punkte (0,7 %), einen Punkt (0,7 %), 2 Punkte (1,0 %) sowie 3 Punkte (5,5 %) sind kaum vertreten (s. Abb. 8.41, S. 372).

Abb. 8.41
figure 47

(Quelle: Eigene Darstellung)

Summenscore Zugang zu digitalen Technologien (prozentualer Anteil).

Die tatsächliche Nutzung von digitalen Technologien wurde im EIDT2 durch Frage Nr. 30 abgebildet: „Falls lhr/e Klient*in das Internet nutzt: Wie häufig führt sie/er folgende Internetaktivitäten durch?“ Die Antworten können dabei in drei Kategorien einsortiert werden: (1) Kommunikation, (2) Zugang und Bereitstellung von Wissen und Informationen sowie (3) Freizeitgestaltung.

In der Betrachtung der drei einzelnen Kategorien kann festgestellt werden, dass die Mehrheit der Klienten in allen drei Kategorien 0 Punkte erreicht hat. In der Kategorie Kommunikation wurde 63,3 % der Klienten keine Punkte zugeordnet, in der Kategorie Zugang und zur Bereitstellung von Wissen und Informationen 63,2 % sowie 54,7 % in der Kategorie Freizeitgestaltung. Die maximale Punktzahl von 2 erhielten 27,8 % der Klienten in der Kategorie Kommunikation, 16,7 % in der Kategorie Zugang und Bereitstellung von Wissen und Informationen sowie 31,8 % in der Kategorie Freizeitgestaltung. Es lässt sich für alle drei Kategorien eine bimodale Verteilung feststellen.

Insgesamt konnte für die tatsächliche Nutzung der drei Kategorien 6 Punkte erreicht werden. Eine (fast) tägliche Aktivität in einer Kategorie wurde mit 2 Punkten bewertet. Erfolgte die Aktivität mehrmals pro Woche in einer Kategorie, wurden 1,5 Punkte vergeben. Ein Punkt wurde für die Aktivität in einer Kategorie etwa einmal pro Woche sowie 0,5 Punkte bei seltener als einmal pro Woche vergeben. Sofern keine Aktivität in einer Kategorie vorliegt, wurden 0 Punkte verteilt.

Der errechnete Summenscore zur Nutzung digitaler Technologien zeigt mit 52,6 % den größten Anteil bei den Klienten, die keinen Punkt erreicht haben. Die nächstgrößten Anteile machen der höchste Punktwert 6 (12,5 %) sowie der Punktwert 5,5 (7,3 %) aus (s. Abb. 8.42, S. 373).

Abb. 8.42
figure 48

(Quelle: Eigene Darstellung)

Summenscore Nutzung zu digitalen Technologien (prozentualer Anteil).

Zur Berechnung der RDT wurde ein Summenwert aus den beiden Skalen „Zugang zu digitalen Technologien“ (8 Items) und „Nutzung digitaler Technologien“ (12 Items) gebildet (0–10) (s. Tab. 8.5, S. 373). Ab einem Summenwert von 3 liegt eine niedrige realisierte Digitale Teilhabe vor, zwischen 4 und 6 eine mittlere und von 7 bis 10 eine hohe realisierte Digitale Teilhabe.

Tab. 8.5 Berechnung des Summenwertes der RDT. (Quelle: Eigene Darstellung)

Es konnten insgesamt 404 Fälle in die Analyse eingeschlossen werden. Der Median der RDT liegt bei 1,00 und der Mittelwert bei 3,91. Es liegt eine Standardabweichung von 4,21 vor. Zur übersichtlichen Ergebnisdarstellung wurden die Mittelwerte der Einzelfälle gruppiert und in Kategorien (sehr gering, gering, mittel, hoch und sehr hoch) zusammengefasst. Wie Abb. 8.43 (s. S. 374) zu entnehmen ist, zeigt sich der Summenscore der RDT in einer bimodalen Verteilung. Der größte Anteil der betrachteten Klienten erfährt eine sehr geringe realisierte Digitale Teilhabe (49,1 %), der zweitgrößte Anteil zeigt sich im anderen Extrem, da 31,7 % der Klienten eine sehr hohe realisierte Digitale Teilhabe aufweisen. Eine hohe realisierte Digitale Teilhabe liegt bei 10,1 % der Klienten vor. Eine mittlere realisierte Digitale Teilhabe weisen 6,6 % auf. Kaum vertreten sind Klienten mit einer geringen realisierten Digitalen Teilhabe (2,5 %).

Abb. 8.43
figure 49

(Quelle: Eigene Darstellung)

Summenscore RDT (prozentualer Anteil).

Um zu bestimmen, wie gut die RDT durch einen Satz erklärender Variablen (Prädiktorvariablen) vorhersagbar ist, wurde eine multiple lineare Regressionsanalyse durchgeführt. Im Folgenden werden zunächst die Ergebnisse der bivariaten Korrelationsanalysen nach Spearman und Pearson mit der beschriebenen RDT dargestellt, um eine erste Einschätzung einer möglichen Korrelation vorzunehmen. Weiter werden die Voraussetzungen für die multiple lineare Regressionsanalyse geprüft und erläutert. Abschließend wird das Ergebnis der durchgeführten multiplen linearen Regressionsanalyse dargestellt.

8.3.3.2 Bivariate Korrelationsanalyse nach Spearman und Pearson

Die bivariate Analyse besteht in der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen den neu berechneten Variablen und der berechneten RDT mittels Korrelationskoeffizienten und deren grafischer Darstellung. Zur ersten Einschätzung einer Korrelation wurden einfache Scatterplots für die metrischen skalierten Variablen sowie gruppierte Boxplots für die ordinal skalierten Variablen angelegt. Diese sind der SPSS-Ausgabedatei zu entnehmen. Anschließend erfolgte die Korrelationsanalyse. Im Rahmen der Korrelationsanalyse werden die mittels Datenaggregation berechneten Variablen auf ihren Zusammenhang mit der berechneten RDT der Klienten untersucht.

Zunächst wurden die Voraussetzungen (Linearität, Ausreißer, Normalverteilung) für die Durchführung der Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson für die metrischen Variablen (H1, H5, H9, H11, H14, H17, H18, H20, H21, H22) geprüft: Die Linearität des Zusammenhangs wurde über einfache Scatterplots mittels SPSS geprüft. Die metrischen Variablen zeigen dabei keinen nichtlinearen Zusammenhang, sodass die Voraussetzung zur Berechnung des Pearson-Korrelationskoeffizienten erfüllt ist.

Darüber hinaus zeigt die Datenverteilung vereinzelte Ausreißer. Der jeweilige Mittelwert und Median liegen sehr nah beieinander, wodurch von einer geringen Anzahl von Ausreißern auszugehen ist (Smigierski 2020). Im Rahmen der Ausreißeranalyse wurden diese auf Eingabefehler und Plausibilität (echte Ausreißer) geprüft. Nach Abschluss der Ausreißeranalyse werden die Ausreißer in der Datenanalyse beibehalten, um eine problematische Verzerrung der Daten zu vermeiden (Reinboth 2019). Durch die Ausgabe des Stammblattes wurden lediglich in der Variable H14_Klientenbetreuung echte Ausreißer identifiziert und durch eine Filtersetzung bei 35 Klienten pro Schicht aus den Daten ausgeschlossen. Dadurch liegt der Mittelwert der Variable H14_Klientenbetreuung nun bei 11,01, der Median bei 10,00 und die Standardabweichung bei 6,00. Zuvor lag der Median bei 10,00 betreuten Klienten pro Schicht. Der Mittelwert bei 13,47 und die Standardabweichung bei 19,47.

Zur Prüfung der Normalverteilung wurde mittels SPSS der Shapiro-Wilk-Test durchgeführt. Die ausgegebenen Signifikanzwerte sind in jedem Fall kleiner als .05, sodass keine der metrischen Variablen normalverteilt ist. Unter Berücksichtigung des zentralen Grenzwertsatzes gilt jedoch die Annahme, dass „die Verteilung von Mittelwerten aus Stichproben des Umfanges n, die einer beliebig verteilten Grundgesamtheit entnommen werden, einer Normalverteilung entspricht – vorausgesetzt, n ist genügend groß (mindestens n = 30)“ (s. Döring & Bortz 2016, S. 641). Entsprechend kann die Produkt-Moment-Korrelation durchgeführt werden.

Tab. 8.6 Übersicht der Korrelationskoeffizienten nach Pearson. (Quelle: Eigene Darstellung)

Die Interpretation des Korrelationskoeffizienten erfolgt unter Verwendung der Richtlinien von Cohen (1988). Dabei gilt ein |r| = .10 als schwache Korrelation, ein |r| = .30 als moderate Korrelation und |r| = .50 als starke Korrelation. Der Korrelationskoeffizient kann Werte zwischen –1 und + 1 annehmen. Dabei bedeutet ein positiver Korrelationskoeffizient eine positive Korrelation. Ein negativer Korrelationskoeffizient bedeutet eine negative Korrelation (ebd.). Wie in Tab. 8.6 (s. S. 376) dargelegt, korrelieren das Alter (r = –.252, p < .001) sowie der Schweregrad der geistigen Beeinträchtigung (r = –.294, p < .001) schwach negativ mit der RDT. Eine schwach positive Korrelation mit der RDT ist zu erkennen bei der Klientenbetreuung pro Schicht (r = .162, p < .001), den digitalen Kompetenzen der Mitarbeitenden (r = .198, p < .001), der Einstellung gegenüber digitalen Technologien (r = .162, p < .001) sowie dem Nutzungsverhalten der Mitarbeitenden (r = .147, p < .001). Die soziale Unterstützung des Klienten korreliert hingegen moderat positiv mit der RDT (r = .362, p < .001). Eine stark positive Korrelation zur RDT weisen die digitalen Kompetenzen des Klienten (r = .611, p < .001) sowie die Technikbereitschaft der Klienten (r = .502, p < .001) auf. Zwischen der Technikbereitschaft der Mitarbeitenden sowie der RDT ist kein linearer signifikanter Zusammenhang nach Pearson zu erkennen (s. Tab. 8.6, S. 376).

Für die Durchführung der Korrelationsanalyse nach Spearman wurden ebenfalls die Voraussetzungen (Skalenniveau sowie paarweise Beobachtungen) positiv geprüft. Zudem wurde die Linearität über die Ausgabe von Boxplots geprüft, wobei eine genaue Aussage zur Linearität erst über lineare Regression getätigt werden kann. Nach Ausgabe und positiver Prüfung der Boxplots wurde die Korrelationsanalyse nach Spearman durchgeführt. Die Ergebnisse sind Tab. 8.7 zu entnehmen. Die Interpretation des Spearman-Korrelationskoeffizienten erfolgt ebenfalls unter Verwendung der Richtlinien von Cohen (1988). Dabei korrelieren mit der RDT die Schulungen der Klienten (ρ = .255, p < .001) schwach positiv, ebenso der Schulabschluss der Klienten (ρ = .217, p < .001), die Erfahrung der Klienten im Umgang mit digitalen Technologien (ρ = .215, p < .001), die körperliche Beeinträchtigung (ρ = .198, p < .001), die Konzentration (ρ = .176, p < .001), die Wohnform (ρ = .175, p < .001), die Mehrfachbeeinträchtigung (ρ = .129, p < .001) sowie die Schulungen der Mitarbeitenden (ρ = .104, p < .001). Eine moderate positive Korrelation mit der RDT zeigt sich bei Lese- und Schreibfähigkeiten (ρ = .345, p < .001), Internetzugang in der Einrichtung zur privaten Nutzung (ρ = .338, p < .001) und Internetzugang in der Einrichtung (ρ = .309, p < .001). Die Selbstständigkeit des Klienten korreliert hingegen stark positiv mit der RDT (ρ = .509, p < .001). Zwischen den weiteren Variablen und der RDT ist kein linearer signifikanter Zusammenhang nach Spearman zu erkennen (s. Tab. 8.7, S. 378).

Tab. 8.7 Übersicht der Korrelationskoeffizienten nach Spearman. (Quelle: Eigene Darstellung)

Um zu prüfen, ob gemäß der Fragestellung der Einfluss einzelner Indikatoren auf die realisierte Digitale Teilhabe von MgB in der Eingliederung messbar und nachzuweisen ist, wurde neben der bivariaten Korrelationsanalyse ein hierarchisches Regressionsmodell berechnet, welches schrittweise die potenziellen Einflussfaktoren des EIDT3 einschließt.

Das Nullmodell berücksichtigt dabei lediglich die soziodemografischen und -ökonomischen Faktoren (in diesem Fall Alter und Geschlecht). Weiter wurde ein sechsstufiges Modell erstellt mit den prozentuellen Einflussfaktoren

  • gesundheitlichen Ressourcen,

  • digitale Kompetenzen,

  • Wohn- und Betreuungskontext,

  • Unterstützung durch soziale Strukturen,

  • digitale Kompetenzen sozialer Strukturen,

  • Technikbereitschaft und Einstellungen sozialer Strukturen.

Da sich die Fragen bzgl. der Datenschutzbestimmungen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Finanzierung nicht als Möglichkeit der Operationalisierung eines Einflussfaktors auf Digitale Teilhabe erweisen, werden diese nicht in die Koeffizientenanalyse sowie Regressionsanalysen einbezogen. Die Fragen bzgl. der Beschaffenheit von Hard- und Software sowie die Aufbereitung von Inhalten richten sich lediglich an eine Subpopulation (nicht-internetnutzende Klienten), weshalb diese ebenfalls nicht in die multiple lineare Regressionsanalyse einbezogen wurde. Sofern mehr als 20 % der Teilnehmenden die Fragen mit „Hierzu kann oder möchte ich keine Angabe machen“ beantworteten, wurden diese ebenfalls aus der Regression ausgeschlossen. Dies betrifft vier Variablen: Einkommen, n = 148; Schulabschluss, n = 139; Medienkonzept, n = 121; Ausbildungsabschluss, n = 113.

8.3.3.3 Multiple lineare Regression

Das folgende Kapitel befasst sich zunächst mit der Analyse der Voraussetzungen für die multiple lineare Regression. Anschließend werden die Ergebnisse des hierarchischen Regressionsmodells und somit die potenziellen Einflussfaktoren des EIDT3 analysiert.

Voraussetzungen und Umgang mit nicht erfüllten Voraussetzungen

Die Prüfung umfasst die Voraussetzungen (1) Lineare Beziehung zwischen den Variablen, (2) keine Ausreißer, (3) Unabhängigkeit der Residuen, (4) keine Multikollinearität, (5) Normalverteilung der Residuen und (6) Homoskedastizität.

Lineare Beziehungen

Wie in der Methodik (s. Abschnitt 7.5.4.7, S. 173) wurden die linearen Beziehungen zwischen den Variablen über die vorangegangenen Analysen geprüft. Die grafischen Abbildungen sind der SPSS-Ausgabedatei zu entnehmen.

Keine Ausreißer

Wie bereits beschrieben, konnten in der Ausreißeranalyse lediglich in der Variable H14_Klientenbetreuung ein echter Ausreißer identifiziert und ausgeschlossen werden. Darüber hinaus zeigen die erstellen Scatterplots und Boxplots vereinzelte Ausreißer. Wie in der bivariaten Analyse wurden diese nicht aus dem Datensatz entfernt, um eine problematische Verzerrung der Daten zu vermeiden (Reinboth 2019). Um die Einflussgröße der identifizierten Ausreißer auf das betrachtete Modell zu ermitteln, wird die Cook-Distanz ausgegeben. Sofern die Cook-Distanz über dem Wert 1 liegt, kann von einem großen Einfluss ausgegangen werden und die Ausreißer sollten noch einmal näher betrachtet werden (Velleman & Welsch 1981). Die geprüften Cook-Distanzen der betrachteten Merkmale liegen alle unter 1, sodass von keinem starken Einfluss der Ausreißer auf das betrachtete Modell ausgegangen werden kann.

Unabhängigkeit der Residuen

Mithilfe des Durbin-Watson-Tests erfolgt die Überprüfung der Unabhängigkeit der Residuen. Dabei kann die Durbin-Watson-Statistik Werte zwischen 0 und 4 annehmen. Bei einem Wert von 2 existiert keine Autokorrelation zwischen den Residuen. Da Statistiken selten exakte Werte annehmen werden, kann auch bei Werten nahe 2 davon ausgegangen werden, dass keine Autokorrelation vorliegt (Allen 1997). Die hier durchgeführte Analyse hat einen Wert von 2.038, wonach keine Autokorrelation in den Residuen vorliegt.

Keine Multikollinearität

Darüber hinaus stellt die Abwesenheit von Multikollinearität eine Voraussetzung für die Durchführung einer multiplen linearen Regression dar. Eine Multikollinearität tritt auf, wenn zwei oder mehr der Prädiktoren miteinander stark korrelieren. Sofern diese vorliegt, kann nicht eindeutig bestimmt werden, welche der betrachteten Merkmale zur Varianzaufklärung beiträgt, sodass die Regression nicht zweifelsfrei berechnet werden kann. Zur Prüfung der Abwesenheit von Multikollinearität wird der Variance Influence Factor (VIF) aus der Tabelle zu den Koeffizienten herangezogen. Dieser VIF-Werte sollte unter 10 liegen, damit eine Multikollinearität zwischen den Prädiktoren mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (Döring & Bortz 2016). Die VIF-Werte des 7. Modells liegen in der Toleranz zwischen 1.087 (H2_Geschlecht_Kl) und 2.685 (H16_Internetzugang_Einrichtung). Dementsprechend gilt die Voraussetzung, dass keine Multikollinearität zwischen den Prädiktoren besteht, als erfüllt.

Normalverteilung der Residuen

Ferner gilt es, die Residuen auf Normalverteilung zu testen (Schmidt & Finan 2018), um den p-Wert für die Regressionskoeffizienten korrekt interpretieren zu können. Hierfür erfolgt zunächst die visuelle Analyse des ausgegebenen Histogramms zur Verteilung der standardisierten Residuen (s. Abb. 8.44, S. 383). Hier wird deutlich, dass das Histogramm der standardisierten Residuen mit einer Normalverteilungskurve bei Überlagerung weitgehend übereinstimmt und somit von einer Normalverteilung der standardisierten Residuen auszugehen ist.

Abb. 8.44
figure 50

(Quelle: Eigene Darstellung)

Histogramm zu den standardisierten Residuen.

Darüber hinaus wird das ausgegebene Probability-Probability-Plot der standardisierten Residuen (s.Abb. 8.45, S. 384) visuell analysiert. Dabei zeigt sich, dass die Verteilung der Residuen sehr ähnlich zu der Geraden ist, sodass auch hier die Annahme der Normalverteilung erfolgt.

Abb. 8.45
figure 51

(Quelle: Eigene Darstellung)

P-P-Diagramm der standardisierten Residuen zur Prüfung der Normalverteilung.

Um die Normalverteilung der Residuen neben der visuellen Analyse durch einen Test zu belegen, wurde der Shapiro-Wilk-Test durchgeführt. Dieser Test basiert auf der Annahme, dass die Daten normalverteilt sind (Nullhypothese). Zur Interpretation wird die Spalte Signifikanz herangezogen. Bei einem Wert kleiner als .05 wird die Nullhypothese und somit die Normalverteilung abgelehnt. Der p-Wert des durchgeführten Shapiro-Wilk-Tests beträgt .641, sodass die Nullhypothese und somit die Normalverteilung der Residuen angenommen werden kann.

Homoskedastizität

Als letzte Voraussetzung werden die Daten auf Homoskedastizität (Varianzgleichheit) der Residuen getestet. Die Homoskedastizität kann durch die Ausgabe eines Streudiagramms geprüft werden, dabei müssen die Punkte gleichmäßig über die horizontale Achse um Null verteilt und möglichst kastenförmig sein. Das Ergebnis ist Abb. 8.46 (s. S. 385) zu entnehmen.

Abb. 8.46
figure 52

(Quelle: Eigene Darstellung)

Streudiagramm zur Verteilung der standardisierten Residuen zur Prüfung der Homoskedastizität.

Hier ist festzustellen, dass vermutlich keine Varianzgleichheit vorliegt, da die Punkte in dem Streudiagramm nicht gleichmäßig über die horizontale Achse verteilt sind. Bei vorliegender Heteroskedastizität weist die Verteilung der Punkte an einigen Stellen eine größere bzw. geringere Dichte auf. Nach der visuellen Interpretation liegt für diese Analyse eine Heteroskedastizität vor und die Voraussetzung der Homoskedastizität kann als nicht erfüllt beschrieben werden. Dabei ist anzumerken, dass die Heteroskedastizität nicht die Koeffizienten direkt verzerrt, jedoch die Varianz-Kovarianz-Matrix nicht korrekt geschätzt sein könnte. Somit kann es zu einer Verzerrung der Standardfehler der Koeffizienten führen und die Regression stellt keinen linearen erwartungstreuen Schätzer der Daten dar, wodurch die Berechnung von Hypothesentests nicht durchführbar ist. Sofern keine Heteroskedastizität vorliegt, kann eine Transformation der abhängigen oder unabhängigen Variablen beispielsweise über die Box-Cox-Powertransformation durchgeführt werden. Auf Grundlage der Überlegungen von Feng et al. (2014) zu Limitationen von Datentransformationen wurde diese Möglichkeit verworfen. Transformierte Daten erschweren in der Regel die Interpretation statistischer Analysen, da die Ergebnisse der transformierten Modelle wenig Rückschlüsse auf die Originaldaten zulassen (ebd.). Eine Alternative zur Datentransformation stellt Bootstrapping dar, wodurch eine robustere Schätzung der Parameter ermöglicht wird, die sonst durch mangelnde Homoskedastizität verzerrt sein könnten. Bei dem nonparametrischen Verfahren wird aus der vorliegenden Stichprobe nach dem Modell mit Zurücklegen eine neue Stichprobe vom gleichen Umfang gezogen. Aus den durchgeführten Bootstrap-Stichproben wird anschließend eine empirische Verteilung für die geschätzten Parameter ermittelt. Dadurch lassen sich Konfidenzintervalle und Standardfehler ableiten, ohne erforderliche Verteilungsannahmen (Wright, London & Field 2011). Da der Generierung von Bootstrap-Stichproben ein Resampling-Ansatz – also ein empirischer Lösungsansatz – zugrunde liegt, wird in dieser Analyse darauf verzichtet. Daher sollte die statistische Analyse aufgrund fehlender Zufallsstichproben weitgehend von parametrischen auf non-parametrische statistische Verfahren umgestellt werden. Darüber hinaus erlauben Bootstrap-Stichproben lediglich die Bewertung des Stichprobenergebnisses und keinen Rückschluss auf die betrachtete Studienpopulation (Döring & Bortz 2016). Entsprechend wird ein analytischer Ansatz verfolgt, um die Voraussetzungen der multiplen linearen Regression zu prüfen.

Eine Möglichkeit zum Umgang mit Heteroskedastizität stellt die Berechnung eines heteroskedastizitätskonsistenten Standardfehlers dar. Der aus der heteroskedastizitätskonsistenten Varianz-Kovarianz-Matrix errechnete Koeffizient und die darauf beruhenden Standardfehler werden als robuste Standardfehler bezeichnet und geben auch bei heteroskedastischen Störtermen konsistente Schätzer für die wahren Standardfehler wieder. Durch die Analyse der Ausreißer, die Prüfung der Leverage-Werte (Hebelwerte) sowie dem Vorliegen einer Normalverteilung wurde der HC-Standardfehler 3 berechnet (Hayes & Cai 2007).

Interpretation der Modellzusammenfassung

Die nachfolgende Interpretation des Modells beruht auf dem 7. Modell, der multiplen linearen Regression (s. Tab. 8.8, S. 387 f.), welches alle Einflussvariablen umfasst. Zur Interpretation der Korrelation zwischen den vorhergesagten Werten in dem besagten Modell sowie den tatsächlichen Werten des Kriteriums, wird der multiple Korrelationskoeffizient (R) herangezogen.

Tab. 8.8 Modellzusammenfassung. (Quelle: Eigene Darstellung)

Der R-Wert (zwischen –1 und 1) wird, wie auch bei den Testverfahren nach Pearson, nach Cohen (1988) interpretiert: Schwache Korrelation |R| = .10, moderate Korrelation |R| = .30, starke Korrelation |R| = .50. Der R-Wert des 7. Modells beträgt .773, sodass nach Cohen (1988) von einer starken Korrelation zwischen den vorhergesagten und den tatsächlichen Werten ausgegangen werden kann.

Um zusätzlich die aufgeklärte Varianz des 7. Modells zu berichten und somit die Güte des 7. Modells zu bestimmen, wird über den multiplen Korrelationskoeffizient hinaus der multiple Determinationskoeffizient R2 herangezogen. Dieses wird nach Cohen (1988) wie folgt interpretiert: Schwache Varianzaufklärung |R2| = .02, moderate Varianzaufklärung |R2| = .13; starke Varianzaufklärung |R2| = .26). Das R2 beträgt im 7. Modell .598, sodass auch hier von einer starken Varianzaufklärung auszugehen ist.

Damit das 7. Modell auf eine mögliche Überschätzung der aufgeklärten Varianz geprüft und somit ein positives Bias beseitigt werden kann, wird das kleinere, korrigierte R2 herangezogen. Nach Cohen (1988) liegt auch bei dem korrigierten R2 des 7. Modells von .556 eine starke Varianzerklärung vor.

Das 7. Modell weist entsprechend mit einem R2 = .598 (korrigiertes R2 = .556) eine hohe Anpassungsgüte auf (Cohen 1988).

Interpretation der Signifikanz des 7. Modells

Die Signifikanz des 7. Modells wird aus der ANOVA interpretiert. Bei einem Signifikanzniveau von 5 % kann festgestellt werden, dass die 23 Prädiktoren H1_Alter_Kl, H2_Geschlecht_Kl, H4_Gesundheitszustand_Kl, H4_Körperliche_Beeinträchtigung, H4_Geistige_Beeinträchtigung, H4_Seelische_Beeinträchtigung, H4_Sonstige_Beeinträchtigung, H5_Schweregrad_geistig, H6_Lesen_Schreiben, H7_Konzentration, H8_Mehrfachbeein-trächtigung, H9_Kompetenzen_Kl_metrisch, H13_Wohnform, H14_Klientenbetreuung, H14_Arbeitsbelastung, H16_Internetzugang_Einrichtung, H16_Internetzugang_privat_Kl, H17_Soziale_Unterstützung, H18_Kompetenzen_MA_metrisch, H19_Schulungen_MA, H20_Technikbereitschaft_MA_metrisch, H21_Einstellung_MA und H22_Nutzungsverhalten_MA das Kriterium SC_Realisierte_Digitale_Teilhabe_gesamt statistisch signifikant voraussagen (F(23, 220) = 14.22, p < .001).

Folgende Regressionsgleichung lässt sich ableiten:

SC_RDT = –0.053 x H1_Alter_Kl + 0.598 x H2_Geschlecht_Kl – 0.003 x H4_Gesundheitszustand_Kl + 0.765 x H4_Körperliche_Beeinträchtigung – 0.899 x H4_Geistige_Beeinträchtigung – 0.086 x H4_Seelische_Beeinträchtigung + 0.599 x H4_Sonstige_Beeinträchtigung – 0.249 x H5_Schweregrad_geistig + 0.163 x H6_Lesen_Schreiben + 0.040 x H7_Konzentration – 0.054 x H8_Mehrfachbeeinträchtigung + 0.436 x H9_Kompetenzen_Kl_metrisch + 0.447 x H13_Wohnform + 0.004 x H14_Klientenbetreuung – 0.003 x H14_Arbeitsbelastung + 0.390 x H16_Internetzugang_Einrichtung + 0.658 x H16_Internetzugang_privat_Kl + 0.404 x H17_Soziale_Unterstützung – 0.051 x H18_Kompetenzen_MA_metrisch – 0.151 x H19_Schulungen_MA + 0.440 x H20_Technikbereitschaft_MA_metrisch – 0.128 x H21_Einstellung_MA + 0.014 x H22_Nutzungsverhalten_MA – 2.858

H1_Alter_Kl hat einen Regressionskoeffizienten von –0.053. Diese Variable wurde metrisch erfasst. Der Regressionskoeffizient von –0.053 bedeutet, dass für jedes zusätzliche Lebensjahr des Klienten die RDT um 0.053 Punkte abnimmt.

H2_Geschlecht_Kl hat einen Regressionskoeffizienten von 0.598. Diese Variable wurde nominal erfasst, wobei das Geschlecht männlich den Wert 1, weiblich den Wert 2 und divers den Wert 3 annimmt. Die Referenzkategorie hat den Wert 1 zugewiesen bekommen und ist in diesem Fall das männliche Geschlecht. Der Regressionskoeffizient von 0.598 bedeutet, dass die RDT bei weiblichem bzw. diversem Geschlecht im Vergleich zur Referenzkategorie um 0.598 Punkte zunimmt.

H4_Gesundheitszustand_Kl hat einen Regressionskoeffizienten von –0.003. Diese Variable wurde in Kategorien (sehr schlecht, schlecht, mittelmäßig, gut, sehr gut) gemessen. Der Regressionskoeffizient von –0.003 bedeutet, dass pro Zunahme in der Kategorie des Gesundheitszustandes des Klienten die RDT um 0.003 Punkte abnimmt.

H4_Körperliche_Beeinträchtigung hat einen Regressionskoeffizienten von 0.765. Diese Variable wurde dichotom erfasst, wobei das Vorliegen einer körperlichen Beeinträchtigung den Wert 1 zugewiesen bekommen hat und die Referenzkategorie darstellt. Der Regressionskoeffizient von 0.765 bedeutet, dass die RDT von Klienten ohne körperliche Beeinträchtigung im Vergleich zur Referenzkategorie um 0.765 Punkte zunimmt.

H4_Geistige_Beeinträchtigung hat einen Regressionskoeffizienten von –0.899. Diese Variable wurde dichotom erfasst, wobei das Vorliegen einer geistigen Beeinträchtigung den Wert 1 zugewiesen bekommen hat und die Referenzkategorie darstellt. Der Regressionskoeffizient von –0.899 bedeutet, dass die RDT von Klienten ohne geistige Beeinträchtigung im Vergleich zur Referenzkategorie um 0.899 Punkte abnimmt.

H4_Seelische_Beeinträchtigung hat einen Regressionskoeffizienten von –0.086. Diese Variable wurde dichotom erfasst, wobei das Vorliegen einer seelischen Beeinträchtigung den Wert 1 zugewiesen bekommen hat und die Referenzkategorie darstellt. Der Regressionskoeffizient von –0.086 bedeutet, dass die RDT von Klienten ohne seelische Beeinträchtigung im Vergleich zur Referenzkategorie um 0.086 Punkte abnimmt.

H4_Sonstige_Beeinträchtigung hat einen Regressionskoeffizienten von 0.599. Diese Variable wurde dichotom erfasst, wobei das Vorliegen einer sonstigen Beeinträchtigung den Wert 1 zugewiesen bekommen hat und die Referenzkategorie darstellt. Der Regressionskoeffizient von 0.599 bedeutet, dass die RDT von Klienten ohne sonstige Beeinträchtigung im Vergleich zur Referenzkategorie um 0.599 Punkte zunimmt.

H5_Schweregrad_geistig hat einen Regressionskoeffizienten von –0.249. Diese Variable wurde metrisch erfasst. Der Regressionskoeffizient von –0.249 bedeutet, dass mit jeder Einheit des Schweregrades der geistigen Beeinträchtigung des Klienten die RDT um 0.249 Punkte abnimmt.

H6_Lesen_Schreiben hat einen Regressionskoeffizienten von 0.163. Diese Variable wurde in Kategorien (ist gar nicht möglich, ziemlich schwierig, etwas schwierig, nicht schwierig) erfasst. Der Regressionskoeffizient von 0.163 bedeutet, dass pro Kategorie der Lese- und Schreibfähigkeit des Klienten die RDT um 0.163 Punkte zunimmt.

H7_Konzentration hat einen Regressionskoeffizienten von 0.040. Diese Variable wurde in Kategorien (ist gar nicht möglich, ziemlich schwierig, etwas schwierig, nicht schwierig) erfasst. Der Regressionskoeffizient von 0.040 bedeutet, dass pro Zunahme der Kategorie der Konzentrationsfähigkeit des Klienten die RDT um 0.040 Punkte zunimmt.

H8_Mehrfachbeeinträchtigung hat einen Regressionskoeffizienten von –0.054. Diese Variable wurde dichotom erfasst, wobei das Vorliegen einer Mehrfachbeeinträchtigung den Wert 1 zugewiesen bekommen hat und die Referenzkategorie darstellt. Der Regressionskoeffizient von –0.054 bedeutet, dass die RDT von Klienten ohne Mehrfachbeeinträchtigung im Vergleich zur Referenzkategorie um 0.054 Punkte abnimmt.

H9_Kompetenz_Kl_metrisch hat einen Regressionskoeffizienten von 0.436. Diese Variable wurde metrisch gemessen. Der Regressionskoeffizient von 0.436 bedeutet, dass für jeden Punkt in den digitalen Kompetenzen des Klienten die RDT um 0.436 Punkte zunimmt.

H13_Wohnform hat einen Regressionskoeffizienten von 0.447. Diese Variable wurde in Kategorien (Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung, Gast- oder Pflegefamilie, Privat, Sonstiges) erfasst. Der Regressionskoeffizient von 0.447 bedeutet, dass pro Zunahme der Kategorie der Wohnform des Klienten die RDT um 0.447 Punkte zunimmt.

H14_Klientenbetreuung hat einen Regressionskoeffizienten von 0.004. Diese Variable wurde metrisch gemessen. Der Regressionskoeffizient von 0.004 bedeutet, dass pro betreutem Klienten pro Schicht oder Dienst die RDT um 0.004 Punkte zunimmt.

H14_Arbeitsbelastung hat einen Regressionskoeffizienten von 0.003. Diese Variable wurde in Kategorien (hat deutlich zugenommen, hat etwas zugenommen, ist gleichgeblieben, hat etwas abgenommen, hat deutlich abgenommen) erfasst. Der Regressionskoeffizient von 0.003 bedeutet, dass pro Kategorie der Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden die RDT des Klienten um 0.003 Punkte zunimmt.

H16_Internetzugang_Einrichtung hat einen Regressionskoeffizienten von 0.390. Diese Variable wurde in Kategorien (nie, zeitweise, jederzeit) erfasst. Der Regressionskoeffizient von 0.390 bedeutet, dass pro Kategorie des Internetzugangs in der Einrichtung des Klienten die RDT um 0.390 Punkte zunimmt. H16_Internetzugang_privat_Kl hat einen Regressionskoeffizienten von 0.658. Auch diese Variable wurde in Kategorien (nie, zeitweise, jederzeit) erfasst. Der Regressionskoeffizient von 0.658 bedeutet, dass pro Kategorie des privaten Internetzugangs in der Einrichtung des Klienten die RDT um 0.658 Punkte zunimmt.

H17_Soziale_Unterstützung hat einen Regressionskoeffizienten von 0.404. Diese Variable wurde in Punkten (0 bis 5) gemessen. Der Regressionskoeffizient von 0.404 bedeutet, dass für jede Einheit in der sozialen Unterstützung des Klienten die RDT um 0.404 Punkte zunimmt.

H18_Kompetenzen_MA_metrisch hat einen Regressionskoeffizienten von 0.440. Diese Variable wurde metrisch gemessen. Der Regressionskoeffizient von 0.440 bedeutet, dass für jede Einheit in den digitalen Kompetenzen des Mitarbeitenden die RDT des Klienten um 0.440 Punkte zunimmt.

H19_Schulungen_MA hat einen Regressionskoeffizienten von 0.404. Diese Variable wurde dichotom erfasst, wobei keine Teilnahme an Schulungen den Wert 1 zugewiesen bekommen hat und die Referenzkategorie darstellt. Der Regressionskoeffizient von 0.404 bedeutet, dass die RDT von Klienten im Vergleich zur Referenzkategorie um 0.404 Punkte zunimmt, sofern die Mitarbeitenden an einer Schulung teilgenommen haben.

H20_Technikbereitschaft_MA_metrisch hat einen Regressionskoeffizienten von 0.440. Diese Variable wurde in Punkten (0 bis 12) gemessen. Der Regressionskoeffizient von 0.440 bedeutet, dass für jeden Punkt in der Technikbereitschaft des Mitarbeitenden die RDT um 0.440 Punkte zunimmt.

H21_Einstellung_MA hat einen Regressionskoeffizienten von –0.128. Diese Variable wurde metrisch gemessen. Der Regressionskoeffizient von –0.128 bedeutet, dass für jede Einheit in der Einstellung der Mitarbeitenden die RDT des Klienten um 0.128 Punkte abnimmt.

H22_Nutzungsverhalten_MA hat einen Regressionskoeffizienten von 0.014. Diese Variable wurde metrisch gemessen. Der Regressionskoeffizient von 0.014 bedeutet, dass mit jeder Einheit im Nutzungsverhalten des Mitarbeitenden die RDT des Klienten um 0.014 Punkte zunimmt.

Tab. 8.9 Finales Modell der schrittweisen linearen Regression – Größe des Effektes der unabhängigen Variablen auf die RDT. (Quelle: Eigene Darstellung)

Die Ergebnisse des 7. Modells der multiplen linearen Regressionsanalyse (s. Tab. 8.9, S. 392 f.) zeigen, dass sich von den insgesamt 23 einbezogenen Merkmalen vier als signifikante Prädiktoren der realisierten Digitalen Teilhabe erweisen: H1_Alter_Kl (p < .001), H9_Kompetenzen_Kl_metrisch (p < .001), H17_Soziale_Unterstützung (p = .006), H20_Technikbereitschaft_MA_metrisch (p < .001).

Der Vergleich der Koeffizienten-Tabelle mit der Parameterschätzungen mit robusten Standardfehlern lässt identische Koeffizienten erkennen. Die Standardfehler weichen in einer Spanne von .001 bis .331 voneinander ab. Durch die Parameterschätzungen mit robusten Standardfehlern zeigen sich minimal höhere Signifikanzen. Die Parameterschätzung mit robusten Standardfehlern zeigt, dass sich von den insgesamt 23 einbezogenen Merkmalen fünf als signifikante Prädiktoren der realisierten Digitalen Teilhabe erweisen: H1_Alter_Kl (p < .001), H9_Kompetenzen_Kl_metrisch (p < .001), H16_Internetzugang_privat_Kl (p = .034), H17_Soziale_Unterstützung (p < .001), H20_Technikbereitschaft_MA_metrisch (p < .001). Mit robusten Standardfehlern wird der Prädiktor H16_Internetzugang_privat_Kl zusätzlich als signifikant eingeschätzt.

Da der p-Wert der oben berichteten Prädiktoren unterhalb des Signifikanzniveaus kleiner oder gleich .05 liegt, können die jeweiligen Nullhypothesen zurückgewiesen und die Alternativhypothesen angenommen werden. Dementsprechend haben das Alter, die digitalen Kompetenzen des Klienten, die technische Infrastruktur (privater Internetzugang), die Unterstützung sowie die Technikbereitschaft sozialer Strukturen einen signifikanten Einfluss auf die RDT der MgB in der Eingliederungshilfe. Bei allen weiteren getesteten Hypothesen liegt der p-Wert oberhalb des Signifikanzniveaus von 5 %, sodass die Nullhypothesen nicht abgelehnt werden können.

8.3.3.4 Schlussfolgerungen

Im Nachfolgenden werden die Schlussfolgerungen zur quantitativen Befragung dargelegt. Die inhaltliche Analyse der Freitextantworten zum Verständnis Digitaler Teilhabe diente dem Abgleich der Definition Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe (DDT2). Dabei konnten fünf Kernaspekte identifiziert werden, die dem Verständnis Digitaler Teilhabe aus Perspektive der Teilnehmenden zugrunde liegen: (1) Teilhabe an digitalen Technologien, (2) Teilhabe durch digitale Technologien, (3) Teilhabe in digitalen Technologien, (4) Teilhabe an und in digitalen Technologien sowie (5) Teilhabeunterstützung durch soziale Strukturen. Der überwiegende Anteil der Freitextantworten bezieht sich auf Kategorie 1 (48,82 %). Dennoch zeigte die Inhaltsanalyse der Freitexte deckungsgleiche Inhalte im Vergleich zur Kurz- und Langversion DDT2 auf. Damit gelten die Kurz- und Langversion DDT2 als finale Definition Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe.

Mittels Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson wurde der lineare Zusammenhang der metrischen Variablen (H1, H5, H9, H11, H14, H17, H18, H20, H21, H22) geprüft. Hier korrelieren das Alter sowie der Schweregrad der geistigen Beeinträchtigung schwach negativ mit der RDT. Eine schwach positive Korrelation mit der RDT ist zu erkennen bei der Klientenbetreuung pro Schicht, den digitalen Kompetenzen der Mitarbeitenden, der Einstellung gegenüber digitalen Technologien sowie dem Nutzungsverhalten der Mitarbeitenden. Die soziale Unterstützung des Klienten korreliert hingegen moderat positiv mit der RDT. Eine stark positive Korrelation zur RDT weisen die digitalen Kompetenzen des Klienten sowie die Technikbereitschaft der Klienten auf. Zwischen der Technikbereitschaft der Mitarbeitenden sowie der RDT ist kein linearer signifikanter Zusammenhang nach Pearson zu erkennen (s. Tab. 8.6, S. 376).

Für nominale und ordinale Variablen wurde der lineare Zusammenhang durch die Korrelationsanalyse nach Spearman geprüft. Dabei korrelieren mit der RDT die Schulungen der Klienten schwach positiv, ebenso der Schulabschluss der Klienten, die Erfahrung im Umgang mit digitalen Technologien der Klienten, die körperliche Beeinträchtigung, die Konzentration, die Wohnform, die Mehrfachbeeinträchtigung sowie die Schulungen der Mitarbeitenden. Eine moderate positive Korrelation mit der RDT zeigt sich bei Lese- und Schreibefähigkeiten, Internetzugang in der Einrichtung zur privaten Nutzung und Internetzugang in der Einrichtung. Die Selbstständigkeit des Klienten korreliert hingegen stark positiv mit der RDT. Zwischen den weiteren Variablen und der RDT ist kein linearer signifikanter Zusammenhang nach Spearman zu erkennen (s. Tab. 8.7, S. 378).

Die berichteten bivariaten Zusammenhänge aus der Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson sowie aus der Korrelationsanalyse nach Spearman können jedoch durch eine vorhandene Mediation, Moderation oder Confounding verschleiert sein. Nicht alle berichteten Effekte aus der bivariaten Analyse konnten in einer multivariaten Analyse reproduziert werden. Durch das hierarchische lineare multiple Regressionsmodell konnten die Einflussfaktoren Digitaler Teilhabe von MgB in der Eingliederungshilfe schrittweise geprüft werden. Insgesamt wurden sieben Modelle aufgestellt. Der R-Wert des 7. Modells beträgt .773, sodass nach Cohen (1988) von einer starken Korrelation zwischen den vorhergesagten und den tatsächlichen Werten ausgegangen werden kann. Das R2 beträgt im 7. Modell .598, sodass auch hier von einer starken Varianzaufklärung auszugehen ist. Nach Cohen (1988) liegt auch bei dem korrigierten R2 des 7. Modells von .556 eine starke Varianzerklärung vor. Das 7. Modell weist entsprechend mit einem R2 = .598 (korrigiertes R2 = .556) eine hohe Anpassungsgüte auf (Cohen 1988). Bei einem Signifikanzniveau von 5 % kann festgestellt werden, dass die 23 geprüften Prädiktoren das Kriterium SC_Realisierte_Digitale_Teilhabe_gesamt statistisch signifikant voraussagen, F(23, 220) = 14.22, p < .001.

Die Ergebnisse des 7. Modells der multiplen linearen Regressionsanalyse zeigen, dass sich von den insgesamt 23 einbezogenen Merkmalen vier als signifikante Prädiktoren der realisierten Digitalen Teilhabe erwiesen:

  • H1_Alter_Kl (p < .001)

  • H9_Kompetenzen_Kl_metrisch (p < .001)

  • H17_Soziale_Unterstützung (p < .001)

  • H20_Technikbereitschaft_MA_metrisch (p < .001)

Durch die Berechnung von Parameterschätzungen mit robusten Standardfehlern, erwies sich zudem das Merkmal Internetzugang als signifikant:

  • H16_Internetzugang_privat_Kl (p = .034)

Die Fragen bzgl. des potenziellen Einflussfaktors gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (Datenschutzbestimmungen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Finanzierung) konnten nicht operationalisiert werden, sodass dieser nicht in der bivariaten Analyse sowie der Regressionsanalysen einbezogen wurden und somit kein Einfluss nachgewiesen werden konnte. Ähnliches gilt für die Hypothese zur Beschaffenheit von Hard- und Software sowie für die Hypothese zur Aufbereitung der Inhalte. Die Fragen richteten sich lediglich an eine Subpopulation (nicht-internetnutzende Klienten), wodurch diese ebenfalls nicht in die multiple lineare Regressionsanalyse einbezogen wurde. Auch hier konnte ein potenzieller Zusammenhang mit der RDT nicht untersucht werden.

Zudem wurden die Variablen Einkommen, Schulabschluss, Medienkonzept, Ausbildungsabschluss aus der Regression ausgeschlossen, da mehr als 20 % der Teilnehmenden diese mit „Hierzu kann oder möchte ich keine Angabe machen“ beantworteten.