Skip to main content

Maschinen lernen nicht! – „Machine learning“-Algorithmen entzaubert

  • Chapter
  • First Online:
Künstliche Intelligenz, Mensch und Gesellschaft
  • 935 Accesses

Zusammenfassung

Ein Roboter, der selbstständig lernt: Für die einen faszinierend und erstrebenswert, für andere ein Horrorszenario. Dabei ist „machine learning“ nur ein Oberbegriff für statische Optimierungsverfahren, dessen Fehleinschätzung als „Lernen“ zu großen Missverständnissen führt. Dieser Beitrag klärt daher über die Grundlagen von „machine learning“ auf, indem er zeigt, dass die Funktionen von KI-Systemen nichts weiter sind als angewandte Mathematik. Allerdings wurden die dafür neu entwickelten Algorithmen aus Marketing-Gründen von Anfang an als „lernend“ bezeichnet. Eine detaillierte Analyse der Analogien zum Lernen in der einschlägigen Originalliteratur zum „machine learning“ zeigt aber auch: Die Analogien haben keine Basis in Theorien oder Forschung zum menschlichen oder biologischen Lernen, sie adressieren allein einzelne Aspekte oder abstrakte formale Ähnlichkeiten in den Abläufen. Eine realistischere Einschätzung der Leistungen und Grenzen von „machine learning“-Algorithmen und KI-Systemen als derzeit vor allem in den Medien üblich scheint daher dringend geboten. Sie eröffnet dann auch Gestaltungsmöglichkeiten und -perspektiven in der Entwicklung wie im Einsatz solcher Systeme.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Gabler Wirtschaftslexikon: Algorithmus. Online: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/algorithmus-27106/version-250769 Revision von Algorithmus vom 19.02.2018 – 13:18.

  2. 2.

    Es handelt sich um eine spezielle Variante der Artefaktanalyse (vgl. Froschauer und Lueger 2020; für den Kontext technische Systeme, Digitalisierung, „machine learning“: Suchman 2009; Mackenzie 2017).

  3. 3.

    Wird das gewünschte Ergebnis vorher festgelegt, werden die entsprechenden „Lern-“ bzw. korrekter: Optimierungsprozesse auch als überwacht („supervised“) bezeichnet. Wird vorab kein Ergebnis festgelegt, sondern nur eine allgemeine Suche nach Zusammenhängen oder Mustern durchgeführt, heißt der entsprechende Prozess „unüberwacht“ („unsupervised“). Die Verwendungszwecke der entsprechenden ml-Algorithmen sind jeweils unterschiedlich.

  4. 4.

    Im Original „a scientist“. Dieser „Wissenschaftler“ ist aber eine so abstrakt-formale Figur, dass sich die Frage nach dem Geschlecht nicht stellt, bzw. ihre Angabe bereits eine für den Gedankengang störende Konkretisierung darstellen würde.

  5. 5.

    https://www.n-tv.de/technik/Computer-gewinnt-Jeopardy-article2634646.html [Stand:22.04.2022].

  6. 6.

    Die Frage, ob es korrekt bzw. auch nur sinnvoll ist, Lernen als Informationserarbeitung aufzufassen, ist strittig, vgl.o.

  7. 7.

    Um nur ein Beispiel zu nennen: Unter der Überschrift: „Künstliche Intelligenz Toyota feuert die Roboter“ berichtete der Tagesspiegel vom 04.01.2019, dass Toyota in der Automobilproduktion in Japan statt Robotern an Fertigungsstraßen wieder Arbeiterinnen und Arbeiter einsetzt, weil dieses beispielsweise viel exakter und den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst schweißen können und so Materialverbrauch und Ausschuss deutlich geringer sind (https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/kuenstliche-intelligenz-toyota-feuert-die-roboter/23821418.html (Letzter Abruf: 27.08.22)). Auch im Service-Bereich flaut der Hype um den Einsatz „intelligenter“ Roboter in Japan bereits wieder ab. So wurde im Henn-na-Hotel die Erfahrung gemacht, dass Roboter mehr Arbeit machen, als sie erledigen (können), eben weil sie noch nicht annähernd so flexibel sind, wie Menschen (https://www.golem.de/news/automatisierung-japanisches-roboterhotel-entlaesst-roboter-1901-138757.html, vgl. auch https://www.heise.de/news/Post-aus-Japan-Weniger-Roboter-ist-mehr-4285614.html (Letzter Abruf: jeweils 27.08.22)).

Literatur

  • Alpaydin, Ethem. 2019. Maschinelles Lernen. Berlin: De Gruyter.

    Book  Google Scholar 

  • Bateson, Gregory. 1987. Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Bringsjord, S., Naveen Sundar, G., Banerjee, S. und Hummel, J. 2018. Do Machine-Learning Machines Learn? In PT-AI 2017, SAPERE, hrsg. V. C. Müller, 44: 136–157. https://doi.org/10.1007/978-3-319-96448-5_14

  • Böhle, Fritz, Sabine Pfeiffer und Nese Sevsay-Tegethoff. 2004. Die Bewältigung des Unplanbaren. Wiesbaden: VS Verlag.

    Book  Google Scholar 

  • Burkov, Andriy. 2019. Machine Learning Kompakt – Alles was Sie wissen müssen. Frechen: mitp-Verlag.

    Google Scholar 

  • Crawford, Kate. 2021. Atlas of AI. New Haven and London: Yale University Press.

    Book  Google Scholar 

  • Curzon, Paul and Peter W. Mc Owan. 2018. Computational Thinking. Berlin: Springer.

    Book  Google Scholar 

  • DataRevenue. o.J. Was ist Machine Learning? – eine visuelle Erklärung. https://www.datarevenue.com/de-blog/was-ist-machine-learning. Letzter Aufruf: 05.04.2022.

  • Ferrucci, D. u.a. 2010. Building Watson: An Overview of the DeepQA Project. In AI Magazine. https://doi.org/10.1609/AIMAG.V31I3.2303

    Article  Google Scholar 

  • Froschauer, Ulrike und Lueger, Manfred. 2020. Materiale Organisierung der Gesellschaft: Artefaktanalyse und interpretative Organisationsforschung. Weinheim: Beltz Juventa.

    Google Scholar 

  • Gardner, Howard. 1989. Dem Denken auf der Spur. Der Weg der Kognitionswissenschaft. Stuttgart: Klett-Cotta.

    Google Scholar 

  • Goodfellow, Ian, Bengio, Yoshua und Courville, Aaron. 2018. Deep Learning: Das umfassende Handbuch. Grundlagen, aktuelle Verfahren und Algorithmen, neue Forschungsansätze. Frechen: mitp.

    Google Scholar 

  • Gransche, Bruno und Arne Manzeschke. 2023. Das bewegliche Herr der Künstlichen Intelligenz: Ein Technomythos als Summe menschlicher Relationen. In Künstliche Intelligenz, Mensch und Gesellschaft, hrsg. Michael Heinlein und Norbert Huchler. Springer VS.

    Google Scholar 

  • Grubitzsch, Siegfried und Rexilius, Günter. 1987. Psychologische Grundbegriffe. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Hartung, Joachim. 1991. Statistik. München, Wien: Oldenbourg.

    Google Scholar 

  • Hastie, Trevor, Robert Tibshirani and Jerome Friedman. 2009. The Elements of Statistical Learning. Data Mining, Inference, and Prediction. Berlin: Springer.

    Google Scholar 

  • Huber, Marco. 2021. Künstliche Intelligenz: Lernen Maschinen wie Menschen? Biointelligenz : Gemeinsame Vortragsreihe 2021/22 der Württembergischen Landesbibliothek und der Fraunhofer-Gesellschaft. https://www.wlb-stuttgart.de/die-wlb/kultur-und-wissenschaft/veranstaltungen/biointelligenz/ Letzter Aufruf: 05.04.2022.

  • Jain, S. u.a. 1999. Systems That Learn. An Introduction to Learning Theory. Cambridge Masssachusetts: MIT Press.

    Google Scholar 

  • Kandel, Ernst 2014. Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes. München: Goldmann.

    Google Scholar 

  • Kao, Y. and R. Venkatachalam. 2021. Human and Machine Learning. In Comput Econ 57:889–909. https://doi.org/10.1007/s10614-018-9803-z

    Article  Google Scholar 

  • Kodelja, Z. 2019. Is machine learning real learning? CEPS Journal 9, 11–23. https://doi.org/10.25656/01:18133

  • Lake, B. u.a. 2016. Building Machines That Learn and Think Like People. In Behavioral and Brain Sciences. https://doi.org/10.1017/S0140525X16001837.

    Article  Google Scholar 

  • LeDoux, Joseph. 2021. Bewusstsein. Die ersten vier Milliarden Jahre. Stuttgart: Klett-Cotta.

    Google Scholar 

  • Lefrancois, Guy, R. 2015. Psychologie des Lernens. Berlin, Heidelberg: Springer.

    Google Scholar 

  • Linde, Helmut. 2022. Wie sich Deep Learning vom Gehirn unterscheidet. https://www.golem.de/news/kuenstliche-intelligenz-wie-sich-deep-learning-vom-gehirn-unterscheidet-2202-162231.html Letzter Aufruf: 08.04.2022.

  • Luxburg, U. and B. Schoelkopf. 2009. Statistical Learning Theory: Models, Concepts, and Results. In Handbook of the History of Logic. Vol. 10: Inductive Logic. ed. Gabbay, D. M., S. Hartmann and J.H. Woods, 651–706. North Holland: Elsevier. https://doi.org/10.1016/B978-0-444-52936-7.50016-1.

  • Mackenzie, Adrian. 2017. Machine Learners: Archaeology of a Data Practice. London. MIT Press.

    Book  Google Scholar 

  • Ng, Annalyn und Kenneth Soo. 2018. Data Science – was ist das eigentlich?! Algorithmen des maschinellen Lernens verständlich erklärt. Berlin: Springer.

    Book  Google Scholar 

  • Rogalla, Irmhild. 2012. Moderne Arbeit – Moderne Berufe. Ein interdisziplinäres Modell. Berlin: R&W-Verlag.

    Google Scholar 

  • Samuel, Arthur L. 1959. Some Studies in Machine Learning Using the Game of Checkers. In IBM Journal, Vol. 3, No.3.

    Google Scholar 

  • Schmidhuber, J. 2014. Deep Learning in Neural Networks: An Overview 2014. Technical Report IDSIA-03–14 / arXiv:1404.7828 v4 [cs.NE]

  • Schröder, Lothar und Petra Höfers. 2022. Praxishandbuch künstliche Intelligenz. Handlungsanleitungen, Praxistipps, Prüfffragen, Checklisten. Frankfurt: Bund-Verlag.

    Google Scholar 

  • Shalev-Shwartz, Shai and Shai Ben-David. 2014. Understanding Machine Learning: From Theory to Algorithms. Cambridge: Cambridge University Press.

    Book  Google Scholar 

  • Suchman, Lucy 2009. Human-machine reconfigurations: plans and situated actions. Cambridge: Cambridge University Press.

    Google Scholar 

  • Tucker, Emily. 2022. Artifice and Intelligence. Tech Policy Press. https://techpolicy.press/artifice-and-intelligence/ Letzter Aufruf: 16.05.2022.

  • Vapnik, V. N. 1999. An Overview of Statistical Learning Theory. In IEEE TRANSACTIONS ON NEURAL NETWORKS. https://doi.org/10.1109/72.788640.

    Article  Google Scholar 

  • Vapnik, Vladimir N. 2010. The Nature of Statistical Learning Theory. Berlin: Springer.

    Google Scholar 

  • Zweig, Katharina. 2019. Ein Algorithmus hat kein Taktgefühl. Wo künstliche Intelligenz sich irrt, warum uns das betrifft und was wir dagegen tun können. Heyne Verlag.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Irmhild Rogalla .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2024 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Rogalla, I. (2024). Maschinen lernen nicht! – „Machine learning“-Algorithmen entzaubert. In: Heinlein, M., Huchler, N. (eds) Künstliche Intelligenz, Mensch und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-43521-9_6

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-43521-9_6

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-43520-2

  • Online ISBN: 978-3-658-43521-9

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics