2.1 Einleitung

Die Europäische Kommission untersucht jährlich den Fortschritt der Verwaltungsdigitalisierung und publiziert die Ergebnisse im sogenannten e-Government Benchmark.Footnote 1 Die Schweiz kann sich im neusten Vergleich gegenüber den Vorjahren zwar verbessern, belegt jedoch noch immer nur Rang 28 aus 36 untersuchten Ländern (European Commission et al., 2022). Die Schweiz weist besonders im direkten Vergleich mit den skandinavischen und baltischen Ländern großes Verbesserungspotenzial auf. Als Gründe hierfür werden einerseits die wenig digitalisierungsfreundlichen gesetzlichen Grundlagen genannt, andererseits funktioniert die Schweizer Verwaltung grundsätzlich auch ohne intensivierte Digitalisierung sehr gut. Der Leidensdruck, etwas zu ändern, ist in der Schweiz nicht so groß wie in anderen Ländern.

Obwohl die Schweiz und Österreich über ein ähnliches politisches System sowie annähernd die gleichen Bevölkerungszahlen verfügen, sind die Entwicklungen im e-Government unterschiedlich. Als Gründe können Österreichs frühe Weichenstellung für die Digitalisierung, verbunden mit den dafür notwendigen gesetzlichen Grundlagen und Strategien, genannt werden (Beck, 2019, S. 16), was sich auch im guten Abschneiden im EU-Benchmark niederschlägt (European Commission et al., 2021). So erreicht Österreich ein Gesamtrating von 84,1 % und ist dabei klar über dem europäischen Durchschnitt. Österreich hat sich in den letzten Jahren besonders im Bereich der Mobilfreundlichkeit weiterentwickelt. Die Einführung einer Internetplattform sowie einer Smartphone-App als weiterer Schritt hin zu einem digitalen Amt haben dies begünstigt und werden gar als „international good practices“ bezeichnet (European Commission et al., 2021, S. 7, 70). Österreich verfügt zudem über eine elektronische ID, die sogenannte Bürgerkarte, was kategorienübergreifend als maturitätssteigernd eingestuft wird (Beck, 2019, S. 17). Der Digitalisierungsgrad der österreichischen Verwaltung beträgt 84 % und liegt damit über dem europäischen Durchschnitt von 71 %. Mit dieser Bewertung schafft es Österreich in die Kategorie des „fruitful eGov“, in der die vorbildlichen Länder gelistet werden (European Commission et al., 2021, S. 8).

Estland ist nicht direkt mit der Schweiz vergleichbar, dennoch lohnt es sich, diesen Staat als Vorbild zu sehen. Erst im Jahre 1991 wurde Estland wieder zu einem souveränen Staat und hat seitdem weltweite Bekanntheit durch die Entwicklung seines e-Government-Systems erlangt (Prause, 2018, S. 1). Beim Aufbau und der Organisation der öffentlichen Verwaltung hat man sich in den 1990er-Jahren unter anderem an Konzepten wie beispielsweise flachen Hierarchien, Transparenz der staatlichen Organe sowie dem Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien orientiert (Prause, 2018, S. 2). Die Vorreiterrolle von Estland hat dazu geführt, dass die EU-Minister:innen im Jahr 2017 die „Tallinn Declaration on e-Government“ unterzeichnet haben (Schmidt & Pfister, 2019, S. 214). Dabei wurden Prinzipien definiert, welche sich am Vorbild Estlands orientieren und bis zum Jahr 2022 umgesetzt werden sollen (Schmidt & Pfister, 2019, S. 215). Alle staatlichen Dienstleistungen sollen im Normalfall digital stattfinden („Digital by default“-Prinzip). Informationen sollen dem Staat lediglich einmal geliefert werden müssen („Once only“-Prinzip). Es sollen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass digitale Dienste in Zukunft automatisch über Organisations- und Ländergrenzen hinweg genutzt werden können (Interoperabilitätsprinzip). Weiter sind aber auch die Prinzipen der Vertrauenswürdigkeit, Transparenz und Offenheit von großer Bedeutung.

Die nationale e-Government Schweiz Studie liefert weitere Details zum aktuellen Stand in der Schweiz aus der Perspektive unterschiedlicher Akteure (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 6–9). In einer quantitativen Befragung der Schweizer Bevölkerung mit über 2'500 Teilnehmer:innen wurden aussagekräftige Daten zur Nachfrage, Nutzung und den Hemmnissen von e-Government-Angeboten gesammelt (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 23 ff.). Als Vorteile von digitalen Angeboten werden insbesondere die zeitliche Flexibilität (keine fixen Öffnungszeiten), die Zeitersparnis und die Nutzerfreundlichkeit genannt (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 33). Andererseits sehen Schweizer:innen von einer Nutzung ab, weil sie kein Vertrauen in den Datenschutz/die Datensicherheit haben, weil es zu kompliziert sei, das richtige Angebot zu finden, oder zugehörige Dokumentationen und Erläuterungen fehlen (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 34). Um die Schwierigkeiten im Umgang mit digitalen Dienstleistungen zu reduzieren, werden am häufigsten eine telefonische Hotline, Online-Support (z. B. per Chat oder E-Mail) oder schriftliche Anleitungen als Hilfestellungen gefordert (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 35).

Auf Seite der Gemeinden werden Personalressourcen, der Zeitaufwand, Budgetrestriktionen, die Rechtsgrundlagen und der Wissenstand der Mitarbeitenden als erschwerende Faktoren für die Umsetzung von e-Government-Angeboten genannt (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 60). Die Personalressourcen in den Gemeinden für e-Government-Belange sind tatsächlich auf einem tiefen Niveau, denn 41 % der Gemeinden verfügen über gerade einmal 51 bis 80 Stellenprozente (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 61). 19 % der Gemeinden verfügen über gar keine dedizierten Personalressourcen, im Gegensatz dazu verfügen nur 2 % der Gemeinden über 80 Stellenprozente oder mehr.

Als Hauptgründe für die Einführung von e-Government-Angeboten werden aus der Sicht der Gemeinden die Verbesserung der Dienstleistungsqualität, das steigende Bedürfnis der Bevölkerung, die Vereinfachung der Zusammenarbeit mit anderen Behörden, Prozessoptimierungen und Zeitersparnisse genannt (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 64). Gemeinden bewerten die medienbruchfreie und elektronische Meldung des Weg- und Zuzugs mit höchster Priorität (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 67). Aber auch, dass der elektronische Stimmkanal sich als ordentlicher Stimmkanal etabliert und dass die zehn meistnachgefragten Behördenleistungen in die nationalen e-Government-Portale integriert werden sollen, zählen zu den Hauptzielen der Gemeinden (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2021, S. 67).

Die Schweiz verfügt heute zwar bereits über zahlreiche wichtige Angebote im Bereich e-Government. Dazu zählen beispielsweise SuisseTax (digitales Portal für Dienstleistungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung), Sedex (Plattform für einen sicheren Datenaustausch zwischen staatlichen Organisationseinheiten) und EasyGov (Webportal für Unternehmensgründungen und digitale Behördengänge) (Höhn et al., 2021, S. 228). Des Weiteren können SIMAP (Plattform für öffentliche Ausschreibungen), SuisseID (Instrument für die elektronische Identifizierung und Unterschrift), der virtuelle Polizeischalter und eUmzugCH dazugezählt werden (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2019, S. 7 f.). Ein wichtiger Baustein fehlt jedoch noch immer: ein elektronischer Identitätsnachweis (e-ID). Die Möglichkeit einer elektronischen Identifikation (e-ID) wird als „key enabler“ der Digitalisierung gesehen (European Commission et al., 2021, S. 19). Eine erste entsprechende Gesetzesvorlage wurde jedoch vom Volk im Jahr 2021 mit einer deutlichen Mehrheit abgelehnt (Schweizerische Eidgenossenschaft, 2021). Eine neue Vorlage ist zurzeit in Ausarbeitung und dürfte bis 2025 in Kraft treten.

Der aktuelle Stand der Verwaltungsdigitalisierung der Schweiz sowie der Mangel an wissenschaftlichen Publikationen, die den spezifischen Gegebenheiten des Schweizer Systems Rechnung tragen, geben Anlass, dieses Themenfeld genauer zu untersuchen. Das Ziel der Forschungsarbeit ist es, die aktuellen Herausforderungen für die Weiterentwicklung des e-Government zu identifizieren und Handlungsempfehlungen zur Steigerung der digitalen Maturität auf kommunaler Ebene zu formulieren. Im Zentrum dazu steht die Forschungsfrage:

„Welche Maßnahmen können Schweizer Gemeinden ergreifen, um eine höhere Maturitätsstufe im e-Government zu erreichen?“

Der Beitrag beantwortet die Forschungsfrage mittels eines mehrstufigen Forschungsprozesses. Als erster Schritt werden die theoretischen Grundlagen der digitalen Verwaltung aufgearbeitet, um den aktuellen Wissensstand abzubilden. Darauf aufbauend wird in der zweiten Phase empirische Forschungsarbeit mittels einer strukturierten Dokumentenanalyse von Strategiepapieren sowie anhand eines qualitativen Forschungsdesigns geleistet. Letzteres umfasst 16 Interviews mit Exponent:innen aus den Gemeinden (bspw. Exekutivpolitiker:innen oder Gemeindeschreiber:innen) sowie mit Fachexpert:innen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in einem Syntheseschritt gegenübergestellt, woraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Die digitale Transformation von Organisationen wird hier im Kontext der öffentlichen Verwaltung als Bestandteil von e-Governance und e-Government eingeordnet. Als zentrale Bestrebung kann dabei die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen verstanden werden, deren Untersuchung nebst einer verwaltungsorganisatorischen Perspektive auch aus einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise analysiert und beurteilt werden soll.

2.2 Theoretische Grundlagen

Um ein umfassendes Verständnis für die Verwaltungsdigitalisierung zu schaffen, wird in den folgenden Abschnitten eine Auswahl der wichtigsten Grundlagen und Konzepte behandelt. Dazu werden eingangs die wesentlichen Konzepte der Verwaltungsdigitalisierung im Sinne einer Definition erörtert, anschließend werden Voraussetzungen sowie Erfolgsfaktoren der Digitalisierung behandelt.

2.2.1 Konzepte der Verwaltungsdigitalisierung

Als Governance wird die Lenkung und Führung der Gesellschaft auf der Basis von Normen verstanden. Die Governance wird seit jeher mithilfe von technologischen Mitteln betrieben (Coleman, 2008, S. 4). Die jeweils aktuell verfügbare Technologie ist jedoch nicht nur ein Mittel, sondern sie beeinflusst die Operationalisierung der Governance zudem sehr stark. Aktuelle Governance-Strategien weisen deshalb eine starke Verbindung zu den neuesten Kommunikations- sowie Informationstechnologien auf, wodurch der Begriff e-Governance entstanden ist. Coleman (2008, S. 4) definiert den Begriff e-Governance als „the digitized coding, processing, storage and distribution of data relating to three key aspects of governing societies: the representation and regulation of social actors; the delivery of public services; and the generation and circulation of official information“. Die Definition bezieht sich auf die Transformation der politischen Hauptaufgaben, damit diese in digitaler Form bearbeitet werden können.

Demgegenüber ist der Begriff der Smart City im Rahmen digitaler Vernetzungs- und Koordinationsstrategien für große Städte im asiatischen Raum gegen Ende des 20. Jahrhunderts entstanden (Butzlaff, 2020, S. 1). Eine Smart City soll gemäß Butzlaff (2020) mittels Nutzung digitaler Netzwerk- und Kommunikationstechnologie einerseits die Lebensqualität der Bürger:innen erhöhen sowie die Responsivität der Verwaltung und Politik ihnen gegenüber steigern. Andererseits soll dabei auch die Arbeit der Stadtregierung wirtschaftlich, wettbewerbsfähig und effizient gestaltet werden. Butzlaff (2020) führt weiter aus, dass damit die ökologische Nachhaltigkeit im urbanen Raum verwirklicht werden kann. Das Ziel von Smart Cities ist das Streben nach einer effizienten Erfüllung der Aufgaben in den Handlungsfeldern Governance, Wirtschaft, Umwelt, Leben, Mobilität und Menschen (Granier & Kudo, 2016, S. 66 ff.). Butzlaff (2020) definiert das Ziel in einem größeren Kontext. So sollen Gesellschaften und Problemlagen, die immer komplexer werden, mithilfe von digitalen Technologien, Datensammlung, Vernetzung und abgestimmten Interessen gleichzeitig sowohl die Bürger:innen einbinden als auch als ganzes System steuerbar bleiben. Um das Ziel zu erfüllen, ist es gemäß Granier und Kudo (2016) unabdingbar, dem Umgang mit Informationen eine zentrale Bedeutung zu schenken. Die Integration von Informationstechnologie sei in diesem Zusammenhang wesentlich und biete zusätzliches Entwicklungspotenzial.

Ritz und Thom (2019, S. 612) betonen, dass e-Government aus dem heutigen Verwaltungsmanagement gar nicht mehr wegzudenken sei. Sie verstehen den Begriff des e-Government als „Instrument der organisatorischen Gestaltung von Interaktions- und Kommunikationsbeziehungen sowie Leistungsprozessen innerhalb des Staates wie auch zwischen dem Staat und seinen Anspruchsgruppen mittels Informations- und Kommunikationstechnologie“ (Ritz & Thom, 2019, S. 613). Sie nehmen ebenso Bezug auf die Definition von Moon und Welch (2005), welche äußerst technisch und anwendungsorientiert verfasst ist. Dabei definieren sie e-Government als „application and use of information and communication in technologies in the public sector for any type of activity, including back-office administrative work and front office service activities“ (Moon & Welch, 2005, S. 250). Meier (2009, S. 4) demgegenüber definiert den Begriff als die „Vereinfachung und Durchführung von Informations-, Kommunikations- und Austauschprozessen innerhalb und zwischen behördlichen Institutionen sowie zwischen den Verwaltungseinheiten und den Citizen, respektive Firmen und Organisationen“. Dabei legt Meier (2009, S. 4) den Fokus auf elektronische Behördendienste für alle öffentlichen Geschäfte gegenüber den Bürger:innen. Dies kann beispielsweise das Steuerwesen, die Arbeitsvermittlung, aber auch Gesundheitsdienste betreffen. Um diese Beziehungen zu verdeutlichen, hat Meier (2009) ein e-Government-Framework erarbeitet und stellt mit Abb. 2.1 die Informations- und Austauschoptionen unter den drei wichtigen Anspruchsgruppen, der Behörde (öffentlicher Stellen), den Bürger:innen sowie den Unternehmen, dar.

Abb. 2.1
figure 1

e-Government Framework nach Meier (2009, S. 4)

Open Government ist ein weiteres Konzept, das aus der Entwicklung des e-Government heraus entstanden ist (Ritz & Thom, 2019, S. 637). Die beiden Elemente stehen in einem sehr engen Bezug, auch wenn das Open Government nicht als eine Unterkategorie des e-Government angesehen werden kann. Dabei wird der Schwerpunkt auf die freie Verfügbarkeit von Informationen gelegt (Abu-Shanab, 2015, S. 462). Unter diesem Begriff kann eine große Anzahl von Technologien und Ansätzen vereint werden, beispielsweise „open access“, „open data“ und „open information und open source“ (Ritz & Thom, 2019, S. 637) Das Anliegen der einzelnen Ansätze ist jedoch immer dasselbe: Die Informationen sollen frei zugänglich gemacht, verbreitet, geteilt und weiterverwendet werden, um Innovationen bestmöglich zu fördern. Ursprünglich wurde das Open Government mit dem Argument der Transparenz eingefordert. Die entsprechende Bewegung argumentierte, dass der Staat verpflichtet sei, alle Informationen und Daten, die mithilfe von Steuergeldern generiert werden, allen zur freien Verfügung zu stellen (Ritz & Thom, 2019, S. 637). Die beiden Autoren führen aber aus, dass sich diese Bewegung in den letzten Jahren vermehrt in die Richtung von Interaktion und Kollaboration entwickelt hat.

2.2.2 Voraussetzung der Verwaltungsdigitalisierung

Um Aussagen darüber zu treffen, welche Massnahmen zu ergreifen sind, um eine Organisation weiterzuentwickeln oder zu transformieren, ist es wesentlich zu verstehen, welche organisatorischen oder kontextbedingten Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Heuberger (2020, S. 591 f.) formuliert auf Basis von Fernandez und Rainey (2006) acht zentrale Bedingungen für einen Organisationswandel:

  1. 1.

    Verständnis für die Notwendigkeit und die Dringlichkeit des Wandels

  2. 2.

    Konkreter Plan für die Umsetzung und Kommunikation

  3. 3.

    Interne Unterstützung zum Abbau von Widerständen

  4. 4.

    Unterstützung und Commitment von Seiten der Führungskräfte

  5. 5.

    Externe Unterstützung der wichtigsten Stakeholder

  6. 6.

    Bereitstellung der notwendigen Ressourcen für den Wandel

  7. 7.

    Institutionalisierung des Wandels

  8. 8.

    Ganzheitliches und integratives Verständnis des Wandels innerhalb einer Organisation

Im Zusammenhang mit der digitalen Transformation existieren mehrere etablierte Maturitätsmodelle zur Einordnung von Organisationen in unterschiedliche Ausprägungsstufen (Heuberger, 2020, S. 591 f.). Einerseits das anerkannte „Technology Acceptance Model (TAM)“ nach Venkatesh und Davis (2000, S. 188). Das Modell unterstellt kausale Zusammenhänge zwischen dem Nutzen sowie Nützlichkeit und dem beabsichtigten Nutzungsverhalten. Dieses stehe wiederum in Zusammenhang mit dem Nutzungsverhalten einer technologischen Innovation. Andererseits das Public-Management-Information-System-Framework (PIMS), welches spezifisch auch den Kontext der öffentlichen Verwaltung miteinbezieht (Bozeman & Bretschneider, 1986, S. 477). Das dritte Modell ist das Technology-Organization-Environment-Framework (TOEF) nach Baker (2011, S. 236), das einen starken Fokus auf den technologischen Aspekt legt. Letztere zwei Modelle betrachten je drei Kontextgruppen, wobei beide einen Organisations- und Umfeld-Kontext kennen (Heuberger, 2020, S. 592). Das PIMS-Framework fokussiert sich außerdem auf den individuellen Kontext, während das TOEF-Modell die Technologie als die dritte Betrachtungsweise definiert. Die zentralen Aspekte und Bedingungen des Wandels gliedert Heuberger (2020, S. 592–597) in die drei Kategorien Personal, Technologie und Organisation. Diese Unterteilung wird ebenfalls in unserer Untersuchung verwendet und im Folgenden detaillierter beleuchtet.

Personal

Die Dimension Personal umfasst insbesondere die (intrinsische) Motivation der Mitarbeitenden, Führungsarbeit und den Umgang mit Widerständen in Organisationen (Heuberger, 2020, S. 592–594). Aus personalwirtschaftlicher Perspektive sind digitale Kompetenzen ebenfalls relevant, wie zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zu diesem Thema zeigen (Cloots, 2020; Ogonek et al., 2020; van Dijk, 2012).

Organisationen können als technische (Aufbau- und Ablauforganisation) und soziale Systeme (Organisationskultur, Normen, Werte und vorherrschende Paradigmen) verstanden werden (Tangi et al., 2021, S. 2). Transformationsprozesse, die durch digitale Technologien ausgelöst werden, sind als Wandel zweiter Ordnung zu verstehen. Das bedeutet, dass sie einen maßgeblichen Einfluss auf die Organisation, ihren Aufbau und die Ablauforganisation sowie ihre Paradigmen haben (Tangi et al., 2021, S. 2). Dies umfasst sowohl den technischen als auch den sozialen Aspekt einer Organisation. Dementsprechend kommt den Führungspersonen einer Organisation eine eminent wichtige Rolle zu, um dem sozialen Aspekt des Wandels gerecht zu werden (Tangi et al., 2021, S. 2; Heuberger, 2020, S. 594). Als erfolgreiche Führungsarbeit wird in diesem Kontext offene Kommunikation, Vertrauen und die Möglichkeit zur Mitwirkung verstanden. Wird diese Rolle vernachlässigt, können interne Widerstände gegenüber Veränderungen entstehen.

Die Digitalisierung und der Einsatz von (Informations-)Technologie in der öffentlichen Verwaltung haben Auswirkungen auf die Prozesse und die Tätigkeiten. Daraus ergeben sich neue Kompetenzen für die Beschäftigten (Ogonek et al., 2020, S. 612; Cloots, 2020, S. 258). Diese werden häufig als digitale Kompetenzen oder seltener auch als e-Kompetenzen bezeichnet (Cloots, 2020; Ogonek et al., 2020; van Dijk, 2012). Darunter versteht man einerseits inhaltsbezogene Kompetenzen, wie informationsbezogene Kompetenzen, Kommunikationskompetenzen, strategische Kompetenzen oder Kompetenzen zur Erstellung von Inhalten. Andererseits aber auch medienbezogene Kompetenzen, was die Fähigkeiten zum selbstständigen, zielführenden Umgang mit einem IT-Medium einschließt (van Dijk, 2012, S. 122). Die Informationsbeschaffung, die Kommunikation und Kollaboration sowie das vernetzte Denken seien dabei die wichtigsten Kompetenzen (Cloots, 2020, S. 262 f.). Es handelt sich in diesem Fall jedoch nicht nur um Kompetenzen zur Verwendung existierender Systeme und Infrastrukturen, sondern auch um die Kompetenzen, diese Systeme und Prozesse zielführend und strategisch vorteilhaft für die Organisation zu gestalten, weswegen Ogonek et al. (2020, S. 613) den breiter gefassten Begriff „e-Kompetenzen“ verwenden.

Technologie

Die technologische Dimension umfasst nach Heuberger (2020, S. 594–596) die IT-Infrastruktur einer Organisation, die Instrumente (Software, Hardware, Netzwerke), zur Verfügung stehende Ressourcen (Zeit, Geld, Zugang zu Daten) und Informationen. Digitale Plattformen können als typische Infrastruktur der Digitalisierung betrachtet werden (Institut der deutschen Wirtschaft, 2019, S. 3–6). Diese können einerseits als technische Plattform in Form einer Basis zur digitalen Vernetzung betrachtet werden. Als Beispiel sind die Netzwerkinfrastrukturen einer Organisation zu betrachten, die die Speicherung, Bearbeitung und den Abruf von Daten ermöglichen. Andererseits werden Plattformen auch als Marktplattformen bezeichnet (Institut der deutschen Wirtschaft, 2019, S. 7). In diesem Fall bringen sie Datengeber (Anbieter) und Datennutzer (Kunde) zusammen.

Als Infrastruktur im weiteren Sinne können auch staatlich-digitale Infrastrukturen zur Bereitstellung von anerkannten und standardisierten Instrumenten, wie eine digitale Identität (e-ID), betrachtet werden (Fivaz & Schwarz, 2019, S. 82 f.). In diesem Zusammenhang ist exemplarisch auch die Einführung von Richtlinien oder Standardisierungen in Form einer Gesetzgebung für elektronische Signaturen zu erwähnen (Gil-Garcia & Flores-Zúñiga, 2020, S. 6). In der Schweiz regelt dies das Bundesgesetz über die elektronische Signatur (SR 943.03).

Ein nicht unwichtiger Faktor bei diesen Überlegungen spielt ebenfalls die Perspektive der Nutzer:innen. Der Charakter von Plattformen folgt der Theorie der Netzwerkeffekte (Hofmann, 2020, S. 149 f.). Netzwerke haben mit zunehmender Größe auch einen zunehmenden Nutzen für alle Beteiligten. Das bedeutet aber auch, dass Personen, die nicht teilnehmen (wollen), sich an einem gewissen Punkt einer faktischen Anschluss- oder Teilnahmepflicht ausgesetzt sehen (Hofmann, 2020, S. 149 f.). In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Gefahr eines „digital divide“ hinzuweisen (Fivaz & Schwarz, 2019, S. 82 f.; Hofmann, 2020, S. 149 f.; Berzel, 2020, S. 423). Darunter wird verstanden, dass aufgrund der Digitalisierung bestimmte Gruppen von einer Nutzung von Angeboten systematisch ausgeschlossen werden. Insofern ist es wichtig, gewisse Infrastrukturen einer gesetzlichen Anschlusspflicht zu unterstellen (Fivaz & Schwarz, 2019, S. 83; Hofmann, 2020, S. 151).

Organisation

Heuberger (2020, S. 596 f.) diskutiert im Kontext der Organisation die Problematik der amts- oder abteilungsbezogenen Einzelperspektiven (sog. Silodenken) sowie die Herausforderungen des Föderalismus. Digitalisierung ist eine Querschnittsfunktion und betrifft alle Funktionsbereiche und Ebenen einer Organisation (Wewer, 2019, S. 215; Ritz & Thom, 2019, S. 610; Groß & Krellmann, 2019, S. 9 f.). Es ist daher wenig überraschend, dass die charakteristischen Merkmale eines föderalen Systems in Konflikt dazu stehen (Heuberger, 2020, S. 596). Eine klare Zuweisung der Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen an die einzelnen Organisationseinheiten ist demzufolge unabdingbar und erleichtert die Digitalisierung (Berzel, 2020, S. 418; Thiel et al., 2018, S. 205–213). Lange Entscheidungswege und -prozesse einer (föderalistischen) Demokratie gestalten dies komplizierter und langwieriger.

Eine vorteilhafte Organisation, im Sinne der digitalen Transformation, ist von Standardisierung, Reduktion der Komplexität und Heterogenität und Interoperabilität geprägt (Berzel, 2020, S. 424 f.; Heuberger, 2020, S. 595). Bedürfnisse der Bürger:innen müssen zu einheitlichen Anspruchsgruppen zusammengefasst werden, sodass für diese darauffolgend standardisierte Dienstleistungen angeboten werden können. Die Betrachtungsperspektive dafür sollte „end-to-end“ sein, also vom Prozessanstoß bis zu dessen Abschluss, und nicht durch interne Schnittstellen unterbrochen werden (Berzel, 2020, S. 242 f.). Die Dienstleistungen sollten zur Vereinfachung der Nutzung auf einer zentralen Plattform angeboten werden. Die Abläufe sollten zusätzlich dem Prinzip der Interoperabilität folgen, dies bedeutet konkret, dass einheitliche Systeme und Kommunikationswege ohne Medienbrüche angewendet werden (Heuberger, 2020, S. 595).

Die differenzierte Betrachtung der drei Dimensionen Personal, Technologie und Organisation impliziert, dass diese unabhängig voneinander seien. Dies ist jedoch keinesfalls zutreffend, denn sie sind stark miteinander vernetzt. Ebenso handelt es sich nicht um eine binäre Betrachtungsweise in Sinne einer Voraussetzung (erfüllt oder nicht erfüllt), sondern es sind unzählige Ausprägungsformen denkbar. Entsprechend ist es zielführend, wenn im Rahmen der Ausgestaltung eine Berücksichtigung der spezifischen Kontextfaktoren stattfindet. Im nachfolgenden Abschnitt werden daher praktikable Ausgestaltungsformen und deren Bedeutung erörtert.

2.2.3 Kritische Erfolgsfaktoren der Digitalisierung

Es existiert umfangreiche Literatur zu Erfolgsfaktoren der Digitalisierung, sowohl in Bezug auf e-Government als auch auf die Unternehmensführung von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Erner und Böhm (2019, S. 84–90) fassen die Determinanten und Herausforderungen der digitalen Unternehmensführung in die Kategorien Technologie, Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt zusammen. Andere Wissenschaftler:innen beschreiben Erfolgskriterien, ohne diese einer Systematik oder Kategorisierung zu unterwerfen, so zum Beispiel Ziemba et al. (2016). Es ist erkennbar, dass es kaum möglich ist, eine einheitliche, trennscharfe und eindeutige Zuweisung oder Kategorisierung vorzunehmen. Aus diesem Grund werden nachfolgend die zentralen Erfolgsfaktoren der Digitalisierung in Anlehnung an die „Handlungsfelder digitaler Unternehmensführung“ nach Erner und Böhm (2019, S. 97–108) erörtert.

2.2.3.1 Vision und Strategie

Fehlende oder nur vage formulierte Digitalstrategien sind ein Hindernis für die Transformation einer Organisation (Al Nagi & Hamdan, 2009, S. 578; Glyptis et al., 2020, S. 3). Dies bestätigen auch Erner und Böhm (2019, S. 97), die eine Digitalstrategie als Voraussetzung für die digitale Transformation sehen. Sie argumentieren, dass dies in einem dreistufigen Prozess erreicht werden könne. Der Beginn ist eine Digitalvision, die eine erstrebenswerte Zukunft umschreibt und den Mitarbeitenden als Orientierung dient. Daraus können anschließend die Digitalziele abgeleitet werden. Diese umfassen gemäß den genannten Autoren nicht nur digitale Technologien, sondern orientieren sich auch an den digitalen Fähigkeiten einer Unternehmung (oder Verwaltung), am digitalen Geschäftsmodell (welcher Nutzen wird gestiftet?) und an der digitalen Kundenansprache. Daraus lassen sich nun die digitale Strategie und damit auch grundlegende Verhaltensweisen ableiten. Dieser Prozess stimmt inhaltlich zwar mit den Überlegungen von Bergamin et al. (2020, S. 86 f.) überein. Jedoch argumentieren sie, dass nicht zwingend umfangreiche Dokumente erarbeitet werden müssen, sondern dass eine Roadmap als Planungsinstrument genügt.

2.2.3.2 Leadership

Erner und Böhm (2019, S. 92–94) bezeichnen die Ziele, Aufgaben, Kompetenzen und Eigenschaften von Führungspersonen als „Grundpfeiler digitaler Unternehmensführung“. Sie heben die Wichtigkeit von Offenheit und Vertrauen, den Umgang mit digitaler Vernetzung, Kommunikation, Motivation, Konfliktmanagement sowie Partizipation und Delegation hervor. Sie unterscheiden dabei zwei verschiedene Führungsstile, die im Kontext der digitalen Transformation diskutiert werden (Erner & Böhm, 2019, S. 95 f.). Einerseits die transaktionale Führung, die geprägt ist von klaren Aufgaben, Regeln und die Anleitung von Mitarbeitenden durch extrinsische Motivation. Andererseits die transformationale Führung, die eine sinnorientierte Handlung ins Zentrum stellt, sowie „sich an den Bedürfnissen, Präferenzen und Werten der Mitarbeiter orientiert“ (Erner & Böhm, 2019, S. 95). Diese beiden Führungsstile werden von den Autoren auch als „Beidhändigkeit der Führung“ bezeichnet und sind geprägt von der Balance zwischen Kontrolle und Vertrauen in einem digitalen Umfeld.

Ein weiterer Punkt, der in der Literatur als zentral angesehen wird, besteht darin, dass Führungspersonen die Wichtigkeit und Dringlichkeit der digitalen Transformation aufzeigen (Heuberger, 2020, S. 589; Glyptis et al., 2020, S. 3; Ziemba et al., 2016, S. 165). Digitalisierungsprojekte benötigen die explizite Unterstützung von Führungskräften. Andernfalls sprechen Glyptis et al. (2020, S. 3) von einer wesentlichen Barriere.

2.2.3.3 Organisationskultur

Als Organisationskultur können die geteilten und gelebten Werte einer Organisation verstanden werden (Erner & Böhm, 2019, S. 105). Die Kultur hängt maßgeblich vom Führungsstil ab und wird auch als „Kitt in den Fugen der Organisationsstruktur“ bezeichnet (Erner & Böhm, 2019, S. 105). Eine digitale Organisationskultur ist gekennzeichnet von Merkmalen wie Offenheit, Risikobereitschaft, Neugier für Veränderungen, Transparenz oder Inspiration (Erner & Böhm, 2019, S. 104–106; Bergamin et al., 2020, S. 92). In Bezug auf die öffentliche Verwaltung wird auch von einer „Kultur der Öffnung und der Ko-Kreation“ gesprochen, die als Voraussetzung für behördenübergreifende Zusammenarbeit angesehen wird (Höhn et al., 2021, S. 227). Erner und Böhm (2019, S. 96 f.) argumentieren, dass Veränderungen (Change) als Konstante in einer Organisation verankert werden müssen. Eine fehlende Bereitschaft oder gar Widerstand gegenüber Wandel wird dabei als wesentliches Hindernis für Veränderungen angesehen (Glyptis et al., 2020, S. 3). Change Management in der öffentlichen Verwaltung ist im Vergleich zur Privatwirtschaft vor allem geprägt durch bürokratische und formalisierte Prozesse, weniger materialistisch orientierte Führungskräfte und eine geringere Hingabe zu Arbeitsaufgaben (Heuberger, 2020, S. 591).

2.2.3.4 Wertewandel

Der Wertewandel kann aus Sicht eines Gesellschaftswandels oder auch eines Wandels der Arbeitswelt betrachtet werden (Erner & Böhm, 2019, S. 86–90). Jüngere Generationen sind in einer digitalen Welt aufgewachsen und vertreten daher andere Werte als ältere Generationen. Beispielsweise verändert sich die Kommunikationskultur, die dank smarter Produkte schneller und direkter wurde. Der Übergang zu einer Wissensgesellschaft zieht jedoch ebenso Veränderungen auf Mensch und Organisation nach sich, was gemäß der beiden Autoren einen wesentlichen Einfluss auf die Arbeitswelt hat. Die Ansprüche an die Mitarbeitenden verändern sich. Die Erwartung nach Flexibilität und Selbstverantwortung nimmt zu, gleichzeitig fordern Mitarbeitende aber auch mehr Mitbestimmung und Einflussnahme. Auch die Art der Beschäftigung kann sich gänzlich verändern und neue Beschäftigungsformen, wie bspw. das „Crowdworking“, sind denkbar (Erner & Böhm, 2019, S. 89 f.).

2.2.3.5 Aufbau- und Ablauforganisation

Die derzeitige Hauptproblematik in den Aufbau- und Ablauforganisationen von öffentlichen Verwaltungen liegt in einer mangelnden ganzheitlichen Betrachtung (Habbel, 2021, S. 135; Höhn et al., 2021, S. 226 f.). Die Problematik des „Silodenkens“ zeigt sich auch, weil „die Mauern zwischen diesen Bereichen bzw. Ämtern … noch zu dick“ sind (Habbel, 2021, S. 135). Zentral ist die Integration von Informationssystemen für Front- und Back-Office-Bereiche sowie die elektronische Kommunikation zwischen unterschiedlichen Organisationseinheiten (Ziemba et al., 2016, S. 165). Auch Höhn et al. (2021, S. 226) halten die Vernetzung von Prozessen und Abläufen für zwingend und fordern im Umgang mit Daten eine behördenübergreifende Nutzung und die Sicherstellung der notwendigen Datenqualität. Ein anderer Ansatz betrifft die Umstrukturierung einer klassischen Organisation hin zu einer agilen Organisation (Erner & Böhm, 2019, S. 100 f.). Zentrale Merkmale dieser Organisationsform sind die Dezentralisierung von Verantwortung, die Ergänzung bestehender Strukturen und die Prozessoptimierung durch Technologien (Erner & Böhm, 2019, S. 100 f.).

2.2.3.6 Harmonisierung

Die fachliche und organisatorische Heterogenität der öffentlichen Verwaltung stellen ein wesentliches Hindernis des Organisationswandels und damit auch der digitalen Transformation dar (Heuberger, 2020, S. 590). Auch Glyptis et al. (2020, S. 2) betonen die Bedeutung der Standardisierung im technischen Kontext und die einheitliche Infrastruktur als Herausforderung in der Implementierung von e-Government. Ein möglicher Ansatz liegt in der Interoperabilität, die Standardisierung anstrebt und dennoch vielfältige Anwendungen und Zugriffe für unterschiedliche Bedürfnisse zulässt (Berzel, 2020, S. 424). Ein zentraler Anknüpfungspunkt dafür können öffentliche Register sein, welche stärker in den Mittelpunkt von Digitalisierungsstrategien rücken sollten (Schwab et al., 2020, S. 446). Als konkretes Beispiel für dieses Bestreben steht etwa die Registerharmonisierung der nationalen Datenbewirtschaftung (Höhn et al., 2021, S. 236). Die Standardisierung von Prozessen kann auch als Prozessoptimierung und damit als Voraussetzung für spätere Integration und abteilungsübergreifende Arbeitsabläufe betrachtet werden (Höhn et al., 2021, S. 232 f.). Als „Good Data Governance“ wird der Umgang mit Daten in einer Organisation bezeichnet und kann als Hebel für die digitale Transformation betitelt werden (Höhn et al., 2021, S. 225 ff.). Als Fazit halten die Autoren fest, dass wenn die Fähigkeit zur Zusammenarbeit verschiedener Systeme, Techniken und Organisationen gezielt durch entsprechende Interoperabilitäts- und Sicherheitsstandards etabliert werden kann, aus einer „Good data governance“ ein Hebel für digitale Transformation des öffentlichen Sektors wird.

2.2.3.7 Technologische Treiber

Die technologischen Treiber haben das Potenzial, große Veränderungen zu bewirken und finden branchenübergreifend in allen Bereichen einer Organisation Anwendung (Faber, 2019, S. 37). Dazu zählen beispielsweise das „Internet of things“ (IoT), Big Data, mobiles Internet, Social Media, Cloud Computing, Algorithmen, künstliche Intelligenz, Robotik und die Blockchain-Technologie. Die Schwierigkeit solcher neuer Technologien liegt insbesondere im enormen initialen Investitionsbedarf (Glyptis et al., 2020, S. 2; Al Nagi & Hamdan, 2009, S. 578; Ziemba et al., 2016, S. 165; Gil-Garcia & Flores-Zúñiga, 2020, S. 12).

2.2.3.8 Informationssicherheit und Datenschutz

Gil-Garcia und Flores-Zúñiga (2020, S. 3) haben die zentralen Erfolgsfaktoren für die Annahme von e-Government-Dienstleistungen identifiziert. Die Informationssicherheit und der Datenschutz bilden dabei die einflussreichsten Faktoren. Dies bestätigen ebenso zahlreiche weitere Quellen, wie beispielsweise Erner und Böhm (2019, S. 107 f.) oder Glyptis et al. (2020, S. 3). Außerdem zeigt auch die nationale e-Government-Studie, welche in einer quantitativen Befragung die Schweizer Bevölkerung nach den Hemmnissen zur Nutzung von e-Government-Angeboten befragt hat, ein ähnliches Bild (Buess et al., 2019). Darin gaben rund 50 % der Personen an, dass Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes respektive der Datensicherheit sie von einer Nutzung abhalten würden.

2.3 Empirische Ergebnisse

2.3.1 Erkenntnisse aus der strukturierten Dokumentenanalyse

Mittels einer strukturierten Dokumentenanalyse werden strategische Grundlagendokumente unterschiedlicher Länder untersucht, um einen ersten Anhaltspunkt der aktuellen Bestrebungen in der Praxis zu erhalten. Das Ziel ist es, damit die zentralen strategischen Bestrebungen sowohl in den Vergleichsstaaten Österreich und Estland als auch diejenigen der Schweiz zu identifizieren. Dieses komplementäre Wissen dient einerseits als Grundlage für den Forschungsprozess, andererseits als Vergleichspunkt für die abschließend formulierten Handlungsempfehlungen. Die Untersuchung umfasst die e-Government-Strategie der Schweiz für die Jahre 2020–2023, den österreichischen „digitalen Aktionsplan Austria“ und die Tallinn-Deklaration (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, 2020; European Commission, 2017; Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2020). Dabei konnte festgestellt werden, dass die drei Dokumente ähnliche Visionen verfolgen: den Wandel hin zu einer digitalen Verwaltung. Die Tallinn-Deklaration legt einen zusätzlichen Fokus auf die Effizienz der öffentlichen Verwaltung. Die Dokumente unterscheiden sich hinsichtlich der Adressaten. Während sich die Strategiedokumente der Schweiz und Österreich an die öffentlichen Verwaltungen sowie die Wirtschaft und Gesellschaft richten, hat die Tallinn-Deklaration die Verwaltungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als primäre Zielgruppe (European Commission, 2017, S. 1).

Die strategischen Inhalte der drei Dokumente wurden analysiert und die Erkenntnisse in einem induktiven Vorgehen fünf Kategorien zugeordnet. Diese sind nachfolgend beschrieben und stellen die zentralen Bestrebungen der Schweiz, Österreichs und Estlands dar.

  • Die erste Kategorie beschreibt die Verbesserung der operativen Prozesse, wobei die Standardisierung und die Verbesserung der Effizienz durch ressourcensparende Maßnahmen und Automatisierungen im Fokus stehen.

  • Die zweite Kategorie beschreibt die Reduktion von Redundanzen mit dem Grundsatz des „Once only“-Prinzips. Dies soll durch die Harmonisierung von Registerdaten erfolgen (Geschäftsstelle E-Government Schweiz, 2020, S. 11 f.).

  • Eine weitere Kategorie beinhaltet die Erhöhung der Transparenz sowie die Stärkung des Vertrauens. Dies soll durch mehr „Transparenz, Bürgerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und Integrität der öffentlichen Verwaltung“ erreicht werden (European Commission, 2017, S. 1).

  • Unter der Kategorie der Sicherheit und rechtlichen Grundlagen werden Themen im Bereich des Datenschutzes und der Datensicherheit verstanden. Dabei spielt die elektronische Identifizierung (e-ID) als zentrale rechtliche Grundlage eine große Rolle.

  • Als letzte Kategorie wird die Digitalisierung als Chance zur Weiterentwicklung definiert. Dies umfasst die laufende Prüfung von neuen Innovationen, wie beispielsweise die künstliche Intelligenz.

2.3.2 Ergebnisse der qualitativen Interviews

Die qualitative Forschung umfasst insgesamt 16 Interviews, die sich aus zwölf Interviews in Gemeinden des Kantons Bern sowie vier ergänzenden Interviews mit Fachexpert:innen aller Staatsebenen zusammensetzen. Die Verteilung der Gemeindeinterviews berücksichtigt große, mittlere und kleine Gemeinden, wobei alle neun bevölkerungsreichsten Gemeinden des Kantons befragt wurden. Ablauf und Inhalt der Gespräche orientierten sich an den Erkenntnissen aus der theoretischen Arbeit sowie der strukturierten Dokumentenanalyse. Die Interviews basierten auf einem Fragenkatalog, mit welchem primär Informationen in vier wichtigen Bereichen gewonnen werden sollten: Aktueller Stand der Digitalisierung (z. B. Existenz einer Digitalisierungsstrategie, vorhandene digitale Dienstleistungen), Herausforderungen bei der digitalen Transformation (bisher beobachtete Schwierigkeiten, Rolle von Mitarbeitenden und Führungskräften, Anpassung von Prozessen und Organisation), Treiber der digitalen Transformation (resultierende Vorteile, Bedürfnis von Bevölkerung und Unternehmen, Digitalisierung als Effizienzsteigerung) und Ausblick (insbesondere nächste geplante Schritte).

Die Erkenntnisse aus den Interviews zeigen, dass nur wenige Gemeinden heute bereits über eine Digitalisierungsstrategie verfügen. Teilweise werden einzelne Aspekte in der Legislaturplanung, der IT-Strategie oder ähnlichen Dokumenten aufgegriffen. Die am weitesten verbreiteten digitalen Dienstleistungen sind die elektronische Umzugsmeldung (e-Umzug) und das elektronische Baubewilligungsverfahren (e-Bau). Weitere häufige digitale Dienstleistungen sind Geoportale (Planunterlagen und 3D-Ansichten), Bestellung von „Gemeindetageskarten“ für öffentliche Verkehrsmittel und die Möglichkeit zur Reservation und Miete von kommunalen Liegenschaften. Zahlreiche Gemeinden verfügen außerdem über eine digitale Geschäftsverwaltung. In den meisten Fällen ist die Informatikabteilung, die Finanzabteilung oder die Stadtkanzlei verantwortlich für das Vorantreiben der Digitalisierung. Nur in drei Fällen bestehen spezifische Organe wie ein Querschnittsorgan für Digitalisierung oder die Rolle eines Chief Digital Officers. Es bestehen keine grundsätzlichen Vorgaben von Kanton oder Bund an die Gemeinden. Eine Ausnahme bildet das Baubewilligungsverfahren (e-Bau), welches neu elektronisch zu erfolgen hat. Einerseits ist einer Mehrheit der Gemeinden nicht bekannt, welche Unterstützungen von und durch Bund und Kanton angeboten werden, andererseits stehen die Gemeinden untereinander teilweise in engem Austausch, um gegenseitig von vorhandenem Wissen zu profitieren. Zusätzlich existiert die Organisation „Digitale Verwaltung Schweiz“, welche die Digitalisierung auf allen Staatsebenen fördern soll.

Die Gemeinden nehmen das eigene Personal zu einem großen Teil als Herausforderung wahr. Einerseits geht es dabei um Mitarbeitende, die beispielsweise wegen fehlender digitaler Affinität zur Herausforderung werden. Die Angst vor Veränderungen und dem Verlust des Arbeitsplatzes wurden mehrmals als Beispiel genannt. Andererseits können auch die Führungskräfte den digitalen Fortschritt verhindern, wenn sie die Veränderungen nicht mittragen, ihre Vorbildfunktion falsch oder nicht vorleben und den Mitarbeitenden nicht die nötige Sinnstiftung vermitteln. Die Organisation wird von vielen Gemeinden als weitere Herausforderung erachtet. Sie ist häufig klassisch hierarchisch aufgebaut und nach Funktionen gegliedert. Dasselbe gilt für die Gestaltung der Prozesse. Diese Herausforderung kann nur angegangen werden, wenn der Wechsel von einer funktionalen Organisation hin zu einer Prozessorganisation sowie neuen, ganzheitlich und amtsübergreifenden erstellten Prozessen gelingt. Weitere wichtige Herausforderungen sehen die Gemeinden bei neuen technologischen Innovationen. Die größten Schwierigkeiten dabei sind, die neuen Systeme oder Plattformen mit den alten kompatibel zu gestalten und zeitgleich die ganze Bevölkerung auf einem einzigen Portal zu vereinen. Eine weitere, oft genannte Schwierigkeit besteht im Fehlen der elektronischen Identität (e-ID), welche einen großen Digitalisierungsschub in der Verwaltung verhindert. Letztlich sind auch rechtliche Themen, wie beispielsweise die Datensicherheit oder der Datenschutz, von großer Bedeutung. Konkret wird von den interviewten Personen verschiedentlich festgehalten, dass die Rechtsetzung mit der schnellen Entwicklung der Digitalisierung nicht Schritt halten kann und oftmals nicht klar ist, was in welcher Form erlaubt ist. Weiter stellt sich besonders die Cybersicherheit als große Herausforderung dar. Wenn das Know-how organisationsintern in einer Gemeinde nicht vorhanden ist, fehlen häufig die Ressourcen, um dieses extern zu beschaffen.

Die großen Gemeinden schätzen das Verlangen der Bevölkerung nach rascherer und umfassenderer Digitalisierung gering ein und warnen, dass sie nicht überfordert werden darf. Die mittleren und kleinen Gemeinden sowie die befragten Experten hingegen sind überzeugt, dass die Bevölkerung vermehrt digitale staatliche Dienstleistungen erwartet. Diese Forderungen gehen dabei am stärksten von jüngeren Generationen aus. Als Gründe für diese Ansprüche werden insbesondere die zeitliche und räumliche Unabhängigkeit der Dienstleistungen, aber auch die etablierten Angebote von Unternehmen genannt. Das Verlangen nach digitalen Prozessen besteht auch aus Sicht der Unternehmen. Hierbei sind die Schnittstellen zwischen Unternehmen und Gemeinden eher rar.

Digitalisierung kann, aus Sicht von zahlreichen Gemeinden sowie Experten, durch Vereinfachung und Standardisierung von Prozessen die Effizienz von Gemeinden verbessern. Die Effizienz wird allerdings nicht durch eine Verringerung des Ressourceneinsatzes (personell oder finanziell) erreicht, sondern durch mehr oder bessere Ergebnisse (mehr Output) aus den bestehenden Ressourcen. Eine Voraussetzung ist, dass bestehende Prozesse nicht einfach digital reproduziert werden, sondern aus der digitalen Logik heraus gänzlich neue Prozesse gestaltet werden. Technologische Innovationen können dabei neue Möglichkeiten eröffnen. Ein wesentliches Problem für den Staat ist, dass er laufend neue Aufgaben zu erfüllen hat. Die Digitalisierung hilft dabei, diese zunehmende Verantwortung zu bewältigen, ohne dass dafür erheblich mehr Ressourcen benötigt werden. Eine deutliche Mehrheit der Gemeinden sowie zwei der befragten Experten sind der Meinung, dass die Digitalisierung zu einer wesentlichen Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen führen kann. Die heutige Situation sei nicht zufriedenstellend und weise großes Verbesserungspotenzial auf. Beispielsweise könnte durch die Harmonisierung von Registerdaten bereits eine wesentliche Vereinfachung erreicht werden.

Technologische Innovationen haben aus Sicht der Gemeinden und Experten einen hohen Stellenwert für die digitale Transformation. Sowohl Gemeinden wie auch Experten zeigen konkrete Anwendungsfälle auf, welche durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz oder der Blockchain-Technologie optimiert werden könnten. Einige Gemeinden sehen sich eher in einer passiven Rolle und nicht als Pioniere. Der Staat nimmt in der Schweiz generell keine Vorreiterrolle in der digitalen Transformation wahr, es gibt aber erfolgreiche Beispiele aus der Wirtschaft oder aus Nachbarländern, an denen sich Gemeinden orientieren können. Zudem wird die Corona-Pandemie als wichtiger Treiber der Digitalisierung für die letzten zwei Jahre gesehen.

Als zukünftige Projekte nennen viele der befragten Vertreter:innen der Gemeinden die Verbesserung der Kommunikation zur Bevölkerung. Konkret geht es dabei sehr oft um die Weiterentwicklung der eigenen Webseite. Bestimmte Gemeinden haben außerdem weitere Projekte wie beispielsweise eigene Applikationen für das Smartphone oder testen neue Technologien wie Chatbots. Dabei gibt es jetzt schon Gemeinden, die selbstfahrende öffentliche Verkehrsmittel testen oder die Abfallentsorgung mithilfe des „Internet of things“ (IoT) neu denken. Betreffend die weiteren Entwicklungen innerhalb der Schweiz geben sich die Gemeinden und Experten eher zurückhaltend. So wollten viele keine konkrete Prognose abgeben, was als Nächstes passieren wird. Als massiver digitaler Treiber würde jedoch die Einführung der elektronischen Identität (e-ID) gelten. Absolut einig sind sich sowohl die Experten und die Exponent:innen der Gemeinden darin, dass es zwar nicht klar sei, wie genau es weitergeht, aber die Tatsache, dass die Digitalisierung weiter voranschreitet, sei unumstößlich.

2.4 Fazit und Handlungsempfehlungen

Das Ziel der Forschungsarbeit ist es, Handlungsempfehlungen für Schweizer Gemeinden zu formulieren, um die Bedingungen für eine erfolgreiche Steigerung ihrer digitalen Maturität zu schaffen. Die thematische Gliederung in die Handlungsfelder Personal, Organisation und Technologie erweist sich sowohl aus theoretischer als auch empirischer Sicht als sinnvoll.

Aus Sicht der personellen Dimension wurde festgestellt, dass die Führungskräfte eine wichtige Rolle einnehmen. Es erscheint unabdingbar, dass sie sich einen Führungsstil aneignen, der heutigen Anforderungen und Erwartungen genügt. Dies bedeutet, dass der Führungsstil an die Rahmenbedingungen moderner Organisationen angepasst sein muss. Wir sehen hier einen Zusammenhang mit Konzepten, die in zahlreichen anderen wissenschaftlichen Werken diskutiert werden, wie beispielsweise „digital leadership“, „servant leadership“ oder „agile leadership“. Der Fokus soll dabei auf offener und proaktiver Kommunikation, einer Vertrauenskultur und der Mitwirkung von Mitarbeitenden liegen. Im Weiteren müssen Führungskräfte den Umgang mit den Mitarbeitenden an heutige Gegebenheiten anpassen. Die Sinnvermittlung der täglichen Aufgaben sowie von zukünftigen Transformationsprozessen muss ihnen klar aufgezeigt werden. Dabei ist es wichtig, dass sich die Mitarbeitenden „abgeholt“ fühlen und frühzeitig in den Veränderungsprozess miteinbezogen werden. Führungskräfte sind außerdem dafür verantwortlich, die Kompetenzen der Mitarbeitenden gezielt zu fördern, damit sich die Mitarbeitenden entfalten und zusätzliche Verantwortung übernehmen können. Dazu benötigt es Vertrauen, Offenheit und Kommunikation auf Augenhöhe.

Aus der Sicht der Organisation hat die Formulierung einer Digitalisierungsstrategie oberste Priorität. Sie legt die Ziele und Rahmenbedingungen für die zukünftigen Veränderungen fest. Mit der Festlegung der Strategie wird der gesamten Organisation ein deutliches Zeichen für den Wandel gegeben und dessen Ziel aufgezeigt. Im Anschluss werden sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen für die Umsetzung benötigt. Es muss eine Organisationseinheit oder Rolle (bspw. Chief Digital Officer) geschaffen werden, um die Verantwortung organisatorisch zu verankern. Aufgrund dieser Grundlagen können anschließend konkrete Veränderungen angegangen werden. Dies betrifft vorwiegend die Anpassung operativer Prozesse. Auf Basis dieser Schlussfolgerungen können die Handlungsempfehlungen in grafischer Form dargestellt werden (vgl. Abb. 2.2).

Abb. 2.2
figure 2

Handlungsempfehlungen zur Steigerung der Maturität des e-Government in Schweizer Gemeinden. (Eigene Darstellung)

Die grundlegende Limitation für sämtliche Überlegungen und Handlungen bilden – insbesondere für die Gemeinden als unterste Staatsebene – die übergeordneten rechtlichen Rahmenbedingungen. Auch wenn sich diese Vorgaben manchmal als hinderlich für eine erfolgreiche Steigerung der digitalen Maturität von Gemeinden erweisen können, müssen zumindest auf kurz- bis mittelfristige Sicht sämtliche Handlungsschritte in diese eingebettet werden. Die folgenden drei Schritte für einen erfolgreiche Entwicklung sind daher kontextabhängig umzusetzen:

  • Als wichtigster und erster Schritt ist eine Digitalisierungsstrategie zu formulieren. Sie soll die strategischen Zielvorgaben für die digitale Transformation einer Gemeinde vorgeben. Zu ihrer Umsetzung wird ein verantwortliches Organ benötigt. Dies kann je nach Gemeindegröße variieren. Denkbar ist die Rolle eines Chief Digital Officers oder eines Querschnittsorgans. Dieses Organ ist für die konzeptionelle Umsetzung, sprich die Ausarbeitung möglicher Lösungen zur Umsetzung der Strategie verantwortlich.

  • Als zweite Stufe müssen die Führung und die Kommunikation in Angriff genommen werden. Es wurde identifiziert, dass der Führungsstil situativ an die veränderten Bedingungen angepasst werden muss. Denkbar sind dazu beispielsweise Kaderseminare oder Workshops zur Entwicklung neuer Führungskompetenzen. Es ist wichtig, dass die Führungskräfte nicht erst nach der Formulierung der Strategie informiert werden. Sie müssen bereits in den Strategieprozess miteinbezogen werden, damit ihre Überzeugung und Unterstützung bestmöglich sichergestellt werden kann.

  • Als dritter Schritt muss die Anpassung der operativen Prozesse angegangen werden. Die Veränderung muss im Einklang zur formulierten Strategie stehen. Technologische Innovationen sind als Grundlage und als wichtige Einflussfaktoren für die Veränderung sowie für neue Möglichkeiten der Gestaltung von Prozessen zu verstehen. Für eine erfolgreiche Implementierung von angepassten Prozessen sind Rückmeldungen der Mitarbeitenden auf operativer Ebene maßgeblich. Sie erkennen mögliche Probleme in neuen Prozessen. Dank offener Kommunikation mit den Führungspersonen können die Prozesse laufend optimiert werden. Dies führt zu einem stetigen und interaktiven Austausch zwischen der zweiten und dritten Ebene. Letztendlich ist der gesamte Zyklus der drei Stufen als iterativer Prozess zu verstehen, der sich laufend wiederholt, um kontinuierliche Verbesserungen zu erzielen.

Die Handlungsempfehlungen, die aus den theoretischen und empirischen Erkenntnissen von Perez und Zumstein (2022) hervorgehen, stehen in Einklang mit den Ergebnissen aus der strukturierten Dokumentenanalyse. Insbesondere die Verbesserung der operativen Prozesse finden sich an beiden Stellen wieder, was auch zur verbesserten Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen organisatorischen Verwaltungseinheiten beitragen soll. Dies deckt sich sowohl mit den Erkenntnissen aus den qualitativen Interviews als auch aus den untersuchten Strategiedokumenten, die die Reduktion von Redundanzen als wichtiges Ziel formulieren.

Weiterführende Forschung in diesem Bereich sollte mit einer quantitativen Befragung oder einem „Mixed Methods“-Ansatz die Wissensgrundlage breiter abgestützt untersuchen. Spannend wäre insbesondere zu untersuchen, ob regionale oder kantonale Unterschiede innerhalb der Schweiz bestehen. Diese wären aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Grundlagen, ungleicher Kompetenzregelungen oder kultureller Unterschiede zu erwarten. Weiter wäre auch eine internationale Untersuchung denkbar, die in Ergänzung zum e-Government Benchmark die Gründe (wie zum Beispiel Herausforderungen oder Treiber) untersucht, um Erklärungen für die Varianz der Resultate zu liefern. In den von uns geführten Interviews wurde oftmals auch das Themenfeld „Smart Cities“ angesprochen. Daher wäre es wohl spannend, ausgehend von den Ergebnissen dieser Forschungsarbeit, die Wechselwirkungen und Verbindungen zum Konzept „Smart Cities“ gezielt zu untersuchen.