Die empirischen Ergebnisse entsprechen in vielen Aspekten der bisherigen Studienlage:

Das anspruchsvolle Jonglieren beider Rollen wie auch das Oszillieren bzw. Schwanken zwischen den beiden Rollen wurde bereits von der Forschungsgruppe um Ward-Griffin beschrieben (Ward-Griffin 2004, 2013; Ward-Griffin et al. 2005; Ward-Griffin et al. 2015; Ward-Griffin et al. 2009). Sie legten dabei jedoch den Schwerpunkt auf die negativen Auswirkungen im Sinne von Belastung, die es für die Betroffenen erforderlich machen, Grenzen zu setzen, um selbst dabei gesund zu bleiben (Ward-Griffin et al. 2011). Die bisherige Forschung zeigte ebenfalls, dass Pflegefachpersonen als pflegende Angehörige mit ihrem Fachwissen und ihren Systemkenntnissen zentrale Ansprechpersonen im persönlichen Unterstützungsnetz ihrer Nächsten sind (Giles und Hall 2014; Laskowski-Jones 2021). Dabei wurde insbesondere ihre Übersetzungs- und Steuerungsfunktion betont (Jones et al. 2021; Kjorven 2019). Gleichfalls nicht neu ist, dass sie sich als Pflegefachpersonen in besonderem Maß und auf typische Art und Weise verantwortlich fühlen, sich für die pflegebedürftige Person einzusetzen (Laskowski-Jones 2021; Lee 2009; Clendon und Walker 2017; Cicchelli und McLeod 2012).

Doch die empirischen Befunde tragen auch in einigen Aspekten zur vertieften Erkenntnis über die Situation von Pflegefachpersonen als zugleich pflegende Angehörige bei. Sie beziehen sich zwar auf den deutschsprachigen Raum, doch in den englischen Fachpublikationen wurde dies so bislang nicht bzw. nur in Ansätzen beschrieben. Diese Aspekte werden schlaglichtartig beleuchtet.

5.1 „Schau genau!“ – Die Besonderheit des pflegerischen Blicks

Die Besonderheit des pflegerischen Blicks war ein Phänomen, das den Interviewpartner*innen erst im Vergleich mit ihren fachfremden Familienmitgliedern und teilweise auch mit Erstaunen klar wurde. Denn durch ihr beruflich geschultes Auge sahen sie Dinge, Zeichen oder Symptome bei der pflegebedürftigen Person, die für die Bewertung einer gesundheitlichen Situation und der Brisanz der Lage von größter Bedeutung waren. Zunächst konnten sie oftmals nicht nachvollziehen, dass die anderen dies nicht auch sahen, bis sie irgendwann realisierten, dass dies ja Laien sind, die nicht über das entsprechende Hintergrundwissen verfügen, einzuordnen, was sie evtl. wahrnehmen. Der professionelle pflegerische Blick war also ein wichtiges Hilfsmittel zur Situationsbeurteilung der Pflegefachpersonen in der Rolle der pflegenden Angehörigen.

Die Einschätzung aus der Distanz und Rekonstruktion einer Situation aus den Erzählungen von anderen war für die Befragten oft schwierig und fehleranfällig. Deshalb hatten sie das Bedürfnis, sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort zu machen, um zu sehen, wie es wirklich steht. Für sie folgerichtig war dann häufig schnell der Schritt vom Wahrnehmen zum Wahrmachen vollzogen, d. h. sie leiteten rasch die aus ihrer Sicht notwendigen Maßnahmen ein oder sorgten entschieden dafür, dass mögliche Interventionen bewusst unterlassen wurden.

Dabei umfasste der pflegerische Blick nicht nur die Krankenbeobachtung mit umgehenden Maßnahmen, sondern auch das Antizipieren und Vorbereiten dessen, was ggf. zukünftig erforderlich sein könnte. Im Wissen und in der Erwartung, dass sich die Lage manchmal rasant und dramatisch verschlechtern könnte und daraus eine Notfalleinweisung ins Krankenhaus resultiert, wurden vorausschauend Krankenhauskoffer gepackt – vergleichbar zur Vorbereitung auf eine Entbindung. Dies ist Ausdruck davon, dass sie den Verlauf vorwegnahmen und vorbereiteten, weil sie absehbar mit einer Verschlechterung rechneten.

Wenn die Interviewpartner*innen selbst nicht vor Ort sein konnten, setzten sie wie beschrieben häufig dazu ihre ‚Spione‘ gerne auch mit pflegefachlichem Hintergrund ein, die für sie nach dem Rechten schauten, sozusagen als erweiterten pflegerischen Blick.

Doch auch das genaue Gegenteil des pflegerischen Blicks, der sich durch analytische Klarheit und Konsequenz auszeichnet, ist in den Daten zu finden. Insbesondere am Lebensende wurden blinde Flecke sichtbar, die es den Betroffenen verunmöglichten, den nahenden Tod zu sehen bzw. zu realisieren.

Schroeter bezeichnet dieses Phänomen des pflegerischen Blicks als „Big Sister is Watching You“ (Schroeter 2013, S. 19). Mit dem Verweis auf Foucault betont er die Verschränkung von Macht und Wissen, die eine vertiefte Analyse der Pflege als Dispositiv lohnt. Allerdings trennt er dabei zwischen einerseits den professionell Pflegenden mit dem Deutungssystem der professionellen Pflege und andererseits den pflegenden Angehörigen mit dem Deutungssystem der lebensweltlichen Pflege (Schroeter 2013, S. 25). Bei den Interviewpartner*innen dieser Untersuchung fehlte genau diese Trennung. Sie hatten beide Deutungssysteme zur Verfügung. Deshalb könnte es wertvoll sein, die Analyse vor diesem Hintergrund weiter zu verfolgen.

5.2 „Alles unter Kontrolle?“ – Hinter die Kulissen schauen können

Das Wissen, dass es in der Gesundheitsversorgung nicht immer rund und glatt läuft, verbunden mit einschlägigen Erfahrungen bei der Unterstützung ihrer Nächsten insbesondere bei einem Wechsel in das stationäre Setting und wieder zurück in die Häuslichkeit, machte die Befragten achtsam und vorsichtig bis misstrauisch. Diese Erkenntnis ist an sich nicht neu (Jähnke 2017; Taverner et al. 2016; Tesh und Kautz 2017; Kjorven 2019). Doch die Daten bieten einen tiefen Einblick in die Gesundheitsversorgung in Deutschland, decken Schwachstellen auf und zeigen mögliche Ansatzpunkte für Qualitätsverbesserungen. Wie in den Ergebnissen berichtet, waren der Verlust von Informationen, die Verabreichung von falschen Medikamenten und unwürdige Zustände bei der Pflege einschneidende Erfahrungen für die Befragten, die sie empörten und zum Teil an den Rand der Verzweiflung brachten. Als Folge reagierten sie oftmals mit einer stärkeren Übernahme von Verantwortung und dem Kontrollieren von Maßnahmen. Zum Teil führten sie selbst eine zweite Patientenakte, in der sie alle Unterlagen inklusive Vollmachten und Patientenverfügung griffbereit bündelten. Alle vorsorglichen Vorbereitungen und Maßnahmen schützten trotzdem nicht vor Informationsverlusten, wenn die mitgegebene Akte gar nicht konsultiert wurde bzw. im schlimmsten Fall verloren ging.

Sie schilderten Situationen von gefährlicher Pflege und standen in dem Dilemma, ob sie eingreifen sollten oder besser nicht. Wie in einem Brennglas offenbarten ihre Berichte die Defizite der aktuellen Gesundheitsversorgung in Deutschland: Zeitdruck, Unterbesetzung, Überforderung, fachliche Mängel, Fehler, Verstöße gegen Hygienerichtlinien, Unachtsamkeit und Desinteresse. Doch auch in den USA wurde Patientensicherheit und Risikominimierung für die pflegebedürftige Person als der beherrschende Diskurs für Gesundheitsfachpersonen und zugleich pflegende Angehörige beschrieben (Kjorven 2019; Kaiser und Kaiser 2017). Dabei könnten sie einen Beitrag zur Patientensicherheit leisten, wenn sie sich einbringen können und gehört werden (Jähnke et al. 2017, S. 383).

Dies würde die Bereitschaft zu einem Kulturwandel erfordern, der bei jeder einzelnen Person anzusetzen hat, weil Angehörige im klinischen Alltag manchmal als störend wahrgenommen werden, wie Rebecca Winkler aus ihren Einblicken in die Hinterbühne weiß:

„Wenn Angehörige auch emotional reagieren, das kann ich jetzt ein bisschen mehr nachvollziehen. Manchmal wird ja unter Pflegepersonen ein bisschen abwertend über Angehörige gesprochen: ‚Ah, der ist schon wieder da. Der hat nur Fragen an uns und lässt uns nicht in Ruhe arbeiten und so weiter.‘ Ich kann das jetzt schon verstehen. Wenn es einem Menschen echt schlecht geht, den du richtig lieb hast, dann bist du nicht so nett, und dann trittst du den anderen auf die Füße, weil du willst, dass jemand kommt und hilft.“ (210318_AJ_DBN13: 158)

Auch die ambivalenten Erfahrungen zum Fachwissen als einerseits hilfreich und andererseits belastend, weil z. B. eine Prognose bereits mitgedacht wird, ist weiterführend. Maria Borges Held beschreibt dies eindrücklich:

„Auf der einen Seite kommt es gut mit dem Wissen, weil man ein bisschen gezielter unterstützen kann, und ein gewisses Vertrauen ist da. Aber ein Fluch ist es auch. Weil man oft das Theater schon bis zu Ende spielt, bevor es überhaupt erst in der Pause ist. Und natürlich lebt man mit vielen Ängsten, die meine Schwester gar nicht hatte.“ (210531_AJ_DBL11: 138)

Dabei wurde in Ansätzen deutlich, dass die Kontrolle auch Grenzen hat und zeigt, dass die Pflegefachperson und zugleich Angehörige durch ihre Position in beiden Lebensbereichen möglicherweise vulnerabler als Angehörige ohne Fachwissen sind. Dies hatte auch Boyle (2017) eindrücklich aus eigener Erfahrung berichtet.

5.3 „Sind Sie vom Fach?“ – Professionszugehörigkeit als Stigma

Viele Interviewpartner*innen machten wiederholt die Erfahrung, dass sich die Beziehungen zu den professionellen Pflegefachpersonen veränderten, wenn sie sich als Pflegefachperson zu erkennen gaben. Interessanterweise nahmen sie dies eher als Störung der Kommunikation wahr, anstatt als Verbesserung im Sinne der partnerschaftlichen Zusammenarbeit und Solidarisierung. Sie schienen mit ihrer Zugehörigkeit zu zwei Welten die soziale Ordnung durcheinanderzubringen und erlebten sich als eine potenzielle Bedrohung für die professionell Pflegenden im Sinne von Obacht – sie ist „vom Fach“. Weil sie Störungen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit befürchteten, überlegten sie teilweise gut, ob sie sich überhaupt outen sollten. Konflikte und Spannungen wurden auch von Kjorven (2019) erlebt, die sich als Angehörige und zugleich Pflegefachperson ebenfalls von den professionellen Pflegefachpersonen ausgeschlossen fühlte. Dies stellt zumindest das Ideal von der Kommunikation mit Angehörigen auf Augenhöhe in Frage. Dieses erfahrene Misstrauen und damit verbundene Stigmatisierungsprozesse genauer zu untersuchen vor dem Hintergrund des beruflichen Habitus‘ scheint lohnend.

5.4 „Wie geht ‚Fernstenliebe‘?“ – Sich kümmern aus der Distanz

Die Daten zeigten, dass sich viele der Befragten aus geographischer Entfernung um ihre Nächsten kümmerten. Dies ist das Phänomen einer mobilen Gesellschaft, das als sog. ‚Distance Caregiving‘ zunehmend in den Fokus der Forschung rückt (Bischofberger et al. 2015; Zentgraf et al. 2019). Mit Unterstützung moderner Kommunikationstechnologie, Flexibilität und Lernbereitschaft wird zwar vieles möglich, doch für die Befragten war die Anwesenheit vor Ort manchmal unabdingbar. Doch darauf sind die sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht ausgerichtet. Pendler*innen in der Pflege wie Michaela Ahlers, die im vierwöchentlichen Rhythmus die Pflege ihrer Mutter für eine Woche vor Ort übernahm, sind in der Pflegeversicherung nicht vorgesehen, sondern die Pflege ist kontinuierlich vor Ort zu erbringen. Hier wird ein Umdenken bei den sozialpolitischen Akteur*innen angemahnt (Myrczik und Franke 2019).

5.5 „Balancieren und Jonglieren“ – Vereinbarkeit von privater und beruflicher Pflege

Die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit in der Pflege und Angehörigenpflege war oftmals mit einem anspruchsvolles Jonglieren von Erfordernissen und Erwartungen verbunden. Die verwendeten Metaphern waren eindrücklich. Die Interviewpartner*innen sprachen von Jonglieren, Spagat, Hochseilakt, Balance auf schmalem Grat und immer verbunden mit der Gefahr, abzustürzen. Wie eine gute Vereinbarkeit gelingen kann, ist für alle erwerbstätigen Personen herausfordernd (Keck 2012). Doch die Berufstätigkeit in der Pflege offenbarte – bei allen nachgewiesenen Belastungen (Reichert 2020) – auch Vorteile. Dazu gehörten für die Interviewpartner*innen die Schichtarbeit, die bei allen gesundheitlichen Risiken dennoch geschätzt wurde, weil sie die Möglichkeit für zeitliche Flexibilität bot. Ebenso wurden Berufskolleg*innen in vielen Fällen als wertvolle soziale Unterstützung beschrieben. Sie hatten im Beruf Strategien der Selbstsorge gelernt, die sie in ihrer privaten Situation einsetzen konnten. Doch vor allem schätzten sie, dass die Pflege beruflich wie privat dicht am Menschen und auf seine existenziellen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Weil sie aus der beruflichen Pflege wussten, wie schnell sich das Leben ändern und vorbei sein kann, empfanden es viele Interviewpartner*innen als ein Privileg, das Lebensende ihrer pflegebedürftigen Person zu begleiten und mitzugestalten. Diese Erfahrung nahmen sie mit in ihren beruflichen Alltag.

5.6 Stärken und Limitationen der Untersuchung

Die Daten dieser Untersuchung wurden sorgfältig erhoben, aufbereitet und dokumentiert. Sie sind damit für weitere und vertiefte Auswertungen nutzbar. Die Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven sowie lebensnahen und tiefen Einblicke der Interviewpartner*innen in ihr Denken, Fühlen und Handeln sind äußerst wertvoll, um einen umfassenden Eindruck von der Chancen, Herausforderungen und Ambivalenzen von Pflegefachpersonen / pflegenden Angehörigen zu gewinnen, die zugleich pflegende Angehörige / Fachperson sind.

Die folgenden Aspekte sind jedoch auf der Grundlage der Daten nicht bzw. nicht hinreichend zu erklären:

Es wurden nur Pflegefachpersonen mit einer dreijährigen Krankenpflegeausbildung befragt. Ein Großteil der Interviewpartner*innen war spezialisiert auf ihren jeweiligen Fachbereich mit Zusatzqualifikationen. Obwohl bei der Rekrutierung so gut wie möglich auf Parallelität geachtet wurde, d. h. ausdrücklich Pflegefachpersonen mit fachlicher Expertise zur Erkrankung der pflegebedürftigen Person für ein Interview zu gewinnen (also Qualifikation in der onkologischen Krankenpflege bei gepflegter Person mit einer Krebserkrankung), war keine Pflegefachperson mit einer formalen Qualifikation in Geriatrie im Sample und keine diplomierte Fachperson für Altenpflege. Dies folgte zwar der Rekrutierungsstrategie, ist jedoch eine Limitation, denn wie gezeigt, waren die meisten pflegebedürftigen Personen aus der Generation der Eltern und Schwiegereltern, also eher älter. Die zum Teil auch schon viele Jahre zurückliegenden Grundausbildungen der Interviewpartner*innen befähigten sie nicht ausdrücklich zur Pflege von Menschen aller Altersstufen und in allen Versorgungsbereichen, wie dies seit 2020 mit der generalistischen Pflegeausbildung angestrebt wird. Deshalb wäre bei anschließenden Vorhaben eine solche Erweiterung m. E. sinnvoll.

Im Sample waren nur drei Personen mit einem länderübergreifenden Migrationshintergrund, von denen zwei auch länderübergreifend pflegten, was die multikulturelle Diversität der Berufsgruppe nicht angemessen widerspiegelt. Hier wäre ein spezieller Fokus auf die Pflege unter verschiedenen kulturellen Rahmenbedingungen wünschenswert.

Bei der Rekrutierung wurde bewusst auf Erwachsene fokussiert. Denn ein (chronisch) krankes Kind zu pflegen, ist darüber hinaus mit generellen Erziehungsaufgaben, Verantwortlichkeiten und Asymmetrien verbunden, was diese Situation nochmals deutlich komplexer macht. Dies könnte jedoch eine interessante Kontrastierungsmöglichkeit bieten.

Darüber hinaus ist die Untersuchung eine Momentaufnahme zum aktuellen Zeitpunkt des Interviews. Angesichts der raschen Progredienz mancher Erkrankungen konnte sich die Pflegesituation schon kurz darauf verändert haben. Eine longitudinale Perspektive wäre lohnend, um sowohl abrupte wie auch schleichende Wechsel besser abbilden zu können. Damit wird auch die Entwicklungsgeschichte nicht nur retrospektiv wie in der vorliegenden Untersuchung, sondern parallel im Zeit- und Lebensverlauf verstehbar.

Bei den ausgewählten Interviewpartner*innen liegt eine weitere Selektion vor. Wie in der Samplebeschreibung deutlich wurde, waren die meisten über 50 Jahre alt, hatten Zusatzqualifikationen sowie lange Berufserfahrung in der Pflege. Dies korrespondiert zwar mit der Verteilung in der Allgemeinbevölkerung in Deutschland. Demnach ist der Anteil von Personen, die eine hilfe- oder pflegebedürftige Person pflegen in der Altersgruppe von 55–64 Jahren am höchsten, und für sie steht – wie im Sample auch – die Pflege von Eltern und Schwiegereltern im Vordergrund (Ehrlich und Kelle 2019, S. 4). Doch angesichts der kurzen Berufsverweildauer in der Krankenpflege mit 7,5 Jahren laut DBfK-Manifest (https://www.dbfk.de/manifest/der-hintergrund/), ist davon auszugehen, dass dies eine besondere Personengruppe der Pflege ist, viele in verantwortlichen oder leitenden Positionen, ggf. privilegiert, besonders motiviert oder engagiert für die berufliche Pflege. Ihre lange Berufs- und Lebenserfahrung zeigt möglicherweise, dass sie gegenüber den Härten des Berufsalltags eine gewisse Resilienz entwickeln konnten, die ihnen in der Angehörigenpflege zugutekommen könnte.

Alle Interviewpartner*innen hatten die Rolle der pflegenden Angehörigen inne, in vielen Fällen sogar für mehrere Personen. Folglich lässt die Untersuchung keine Schlüsse auf Pflegefachpersonen zu, die sich geweigert haben, die Rolle der pflegenden Angehörigen zu übernehmen, was jedoch interessant wäre im Hinblick auf mögliche Gründe und Konsequenzen einer Verweigerung.

Die Untersuchung bietet zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten für weitere Forschung. Wie bereits bei der Ergebnisdarstellung angedeutet, wären die vorliegenden Daten im Hinblick auf die sprachlichen Bilder und kognitiven Konzepte von Pflege- und Sorgearbeit interessant für eine systematische Bearbeitung mit den Methoden der Metaphernanalyse (Schmitt 2017). Die berichteten positiven Erfahrungen der Interviewpartner*innen zeichnete eine besondere Qualität aus, die für sie außergewöhnlich und berührend waren. Sie könnten als Resonanz-Erfahrungen im Sinne der Resonanz-Theorie (Rosa 2018) interpretiert und tiefergehend analysiert werden. Darüber hinaus wäre ein ausdrücklicher Fokus auf die Machtstrukturen in den privaten Pflegebeziehungen, Fragen zum Habitus und zu sozialer Unterstützung sowie Resilienzfaktoren der Betroffenen bei einem zukünftigen Forschungsvorhaben möglicherweise lohnend.