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Obwohl die „auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ – kurz AKBP – in Chinas Außenpolitik eine unentbehrliche Rolle spielt, ist der Begriff AKBP weder in der chinesischen Politik noch in der Wissenschaft sehr präsent. Die AKBP wurde und wird in China unterschiedlich bezeichnet, u. a. als „nach außen gerichtete Propaganda“, „kultureller Austausch“, „Public Diplomacy“, „Cultural Diplomacy“, „gesellschaftlich-kultureller Austausch“ oder „auswärtige kulturelle Kommunikation“.

Seit der Gründung der Volksrepublik China vor über 70 Jahren hat die AKBP des Landes mehrere Entwicklungsphasen durchlaufen, die jeweils im Einklang mit der innen- und außenpolitischen Situation standen. In verschiedenen Phasen gab es unterschiedliche Ziele, Richtlinien, Schwerpunkte, Inhalte und Akteure sowie sich wandelnde Probleme und Herausforderungen.

In diesem Artikel werden die Entwicklung der AKBP Chinas seit der Gründung der Volksrepublik zusammengefasst, der gegenwärtige Stand, die Defizite und Herausforderungen der AKBP Chinas dargelegt sowie ein Blick auf die künftige Entwicklung geworfen.

1 Entwicklung der AKBP Chinas von 1949 bis 1999

1.1 Von der Gründung der VR China bis zur Reform und Öffnung (1949–1978)

Nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahre 1949 wurden die Außenbeziehungen Chinas völlig neu gestaltet. Einerseits verfolgte die Volksrepublik in einer vom Kalten Krieg dominierten Welt eine „einseitige“ Außenpolitik und schloss sich dem sozialistischen Lager an. Andererseits bemühte sich China aber auch um die Erweiterung seiner internationalen Beziehungen. 1955 vertrat es auf der Konferenz von Bandung den Gedanken, Gemeinsamkeiten zu suchen und Differenzen zurückzustellen.

Von 1949 bis zum Beginn von Reform und Öffnung durchlief die innenpolitische Situation Chinas eine einzigartige Entwicklung. Insbesondere die häufigen politischen Kampagnen, besonders die Kulturrevolution, und eine rigide Planwirtschaft erschwerten es der chinesischen Kultur, sich in Umfang, Produktivität und Kapazität voll zu entfalten und ihre Rolle in den auswärtigen Angelegenheiten und dem Austausch zwischen China und dem Ausland zu spielen.

Während des Kalten Krieges war der auswärtige Kulturbetrieb den politischen und militärischen Angelegenheiten untergeordnet; er befand sich in einer besonderen Lage. In dieser Zeit litt China sowohl politisch als auch wirtschaftlich unter der Isolation und Blockade des westlichen Lagers, sein Spielraum in der Welt war beschränkt. Die auswärtige Kulturarbeit wurde daher als eines der wichtigsten zur Verfügung stehenden Instrumente der auswärtigen Beziehungen sehr geschätzt. So setzte sich China trotz der damaligen politischen und finanziellen Schwierigkeiten dafür ein, eigene kulturelle Ressourcen zu mobilisieren und mit seinen Nachbarstaaten und anderen Entwicklungsländern einen lebendigen Kulturaustausch zu pflegen, um in der Welt Sympathien zu gewinnen, freundschaftliche Kräfte zu vereinen, eine internationale Einheitsfront gegen Imperialismus, Kolonialismus und Hegemonie auszubauen und ein friedliches und freundliches Bild des Landes aufzubauen.

Nach der Gründung der Volksrepublik wurde auch ein Netz international ausgerichteter Medien geschaffen. 1958 wurde als einziges wöchentlich erscheinendes Nachrichtenmagazin Chinas in englischer Sprache die Beijing Review gegründet. Sie bot dem ausländischen Leser aktuelle Berichte über Chinas politische, wirtschaftliche, kulturelle und außenpolitische Entwicklungen und spielte eine wichtige Rolle bei der Kommunikation Chinas mit der Welt. Auch die Nachrichtenagentur der chinesischen Regierung, Xinhua, hatte sich nach der Gründung der Volksrepublik rasch entwickelt; im Jahr 1966 – vor der Kulturrevolution – verfügte sie weltweit über 51 Zweigstellen, die in fünf Fremdsprachen 87 Länder erreichten. Um diese Zeit sendete Radio China International bereits in 32 Sprachen. (Chen 2016, S. 67) Mit dem Beginn der Kulturrevolution erlebte der auswärtige Austausch jedoch eine Wende. Unter dem Einfluss linksradikaler Ideologie konzentrierte sich die Außenpolitik Chinas auf den Export der chinesischen Revolutionserfahrung; dies entsprach jedoch nicht den Bedürfnissen der internationalen Leser und Hörer und beeinträchtigte erheblich die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der öffentlichen Kommunikation im Ausland.

Die Volksrepublik hatte sich kurz nach ihrer Gründung auch für die Förderung der chinesischen Sprache eingesetzt. Im Juli 1950 richtete die Tsinghua-Universität einen „Chinesischen Sprachkurs für osteuropäische Austauschstudenten“ ein, und 1952 wurde der erste Lehrer für die chinesische Sprache ins Ausland – und zwar nach Bulgarien – entsandt.

1962 wurde ein Hochschulkolleg für ausländische Studenten gegründet, das 1965 in Beijing Language Institute (heute: Beijing Language and Culture University, BLCU) umbenannt wurde und eine gute Grundlage für die Entwicklung des Unterrichts von Chinesisch als Fremdsprache bot. Ab dem gleichen Jahr bot auch China Radio International auf seinen englischen und japanischen Kanälen Chinesischkurse an, was zur Verbreitung der chinesischen Sprache in der Welt beitrug. Am Beijing Language Institute wurden 1965 die ersten didaktischen Kurse für Lehrkräfte durchgeführt, um die Qualität des Unterrichts von Chinesisch als Fremdsprache weiter zu verbessern. (Dong 2016, S. 30)

Ab dem Beginn der Kulturrevolution 1966 waren die Hochschulen nicht mehr in der Lage, die normalen Lehraktivitäten aufrechtzuerhalten. Erst 1973, nach der Verbesserung der Beziehungen zu den westlichen Ländern, wurden wieder ausländische Studenten aufgenommen und damit auch die Förderung der chinesischen Sprache – obwohl die Aktivitäten immer noch hauptsächlich im Inland stattfanden. Währenddessen richtete das Beijing Language Institute eine Redaktions- und Forschungsabteilung ein, die als erste für den chinesischen Sprachunterricht eingerichtete Institution in China Lehrmaterialien und Didaktik entwickelte. Weitere ähnliche Institutionen wurden in mehreren Universitäten und Hochschulen in Beijing und Shanghai gegründet. Um diese Zeit stieg die Zahl der ausländischen Chinesischlernenden stetig; Mangel an Lehrkräften und deren Ausbildungsstand blieben aber weiter große Herausforderungen.

Die auswärtige Bildungspolitik jener Zeit wurde stark vom Einfluss des Kalten Krieges und der damaligen Ideologie geprägt. Den Studentenaustausch organisierte der Staat. Die Entsendung von chinesischen Studenten ins Ausland und die Aufnahme ausländischer Studenten in China dienten in erster Linie dem politischen Zweck, für die mit China befreundeten sozialistischen Länder und Staaten der Dritten Welt in Asien, Afrika und Lateinamerika dringend benötigte Kräfte heranzubilden und den internationalen Einfluss Chinas aufzubauen. So wurden in den 1950er Jahren beispielsweise Studenten aus Nordkorea, Vietnam und anderen Ländern aus dem Ostblock aufgenommen. (Li 2020, S. 7 f.)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der auswärtige Kultur- und Bildungsaustausch Chinas in dieser Periode Gestalt angenommen hat. Das auswärtige Kommunikationssystem wurde aufgebaut und verbessert. Das alles hat zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit anderen Ländern sowie zur Gestaltung des Images des Landes beigetragen. Allerdings war die auswärtige Bildungs- und Kulturpolitik noch stark von ideologischen Themen geprägt. Die Integration in die Außenwelt und die Interaktion mit ihr waren nicht befriedigend.

1.2 Die ersten 10 Jahre von Reform und Öffnung bis zum Ende des Kalten Kriegs (1978–1989)

Während der ersten 10 Jahre von Reform und Öffnung erlebte die Innen- und Außenpolitik Chinas einen umfassenden Wandel. In diesen Jahren beschleunigte sich der Prozess der wirtschaftlichen Globalisierung, bei der die „Nord-Süd-Frage“ und die „Entwicklungsfrage“ in den Vordergrund traten. Frieden und Entwicklung wurden von China als die wichtigsten Themen der Welt wahrgenommen. Entsprechend folgte China in der Außenpolitik einer pragmatischen Leitlinie, die ideologische Gegensätze zu überwinden suchte. Mit der wirtschaftlichen Entwicklung als Hauptziel spielte China in der Praxis bewusst Themen wie „Revolution“ oder „Ideologie“ herunter und setzte sich dafür ein, mit möglichst vielen Ländern gute Beziehungen zu pflegen, um ein günstiges internationales Meinungsumfeld für Chinas wirtschaftlichen Aufbau zu schaffen.

In dieser Periode begann China mit dem Aufbau einer Struktur, in der sowohl die auswärtige Öffentlichkeitsarbeit als auch der gesellschaftlich-kulturelle Austausch eine Rolle spielten. Auf der 3. Plenartagung des XI. Zentralkomitees der KPCh im Jahr 1978 wurde die Bedeutung der Kultur hervorgehoben, und der auswärtigen Kulturarbeit wurde seither allmählich größere Aufmerksamkeit zuteil. Der Umfang des auswärtigen Kulturaustauschs war in dieser Zeit jedoch noch recht begrenzt; der Austausch beschränkte sich im Wesentlichen auf offizielle Kanäle.

1980 gründeten 14 Institutionen, darunter die damalige Propagandaabteilung und die Abteilung für auswärtige Kommunikation der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), das Außenministerium, das Kulturministerium, das Ministerium für Rundfunk und Fernsehen, das Büro für Auslandschinesen des Staatsrats und die Nachrichtenagentur Xinhua, gemeinsam die „Arbeitsgruppe für auswärtige Propaganda“, die für die Öffentlichkeitsarbeit Chinas in der Welt zuständig war.

1986 hieß es in einem Beschluss der KPCh: „Die moderne Geschichte der Welt und Chinas hat gezeigt, dass es für ein Land oder eine Nation unmöglich ist, sich zu entwickeln und voranzukommen, ohne fortschrittliche Wissenschaft und Kultur aus dem Ausland zu akzeptieren. Wer sich der Außenwelt verschließt, wird stagnieren und zurückbleiben. (…) Die Öffnung als unerschütterliche grundlegende Politik des Staates betrifft nicht nur den Aufbau der materiellen Zivilisation, sondern auch den Aufbau der geistigen Zivilisation.“ (KPCh 1986) Von da an wurde die Kultur in die Öffnungspolitik einbezogen. Im gleichen Jahr wurde unter Leitung und mit Unterstützung des Kulturministeriums die „Vereinigung für den auswärtigen Kulturaustausch“ (China International Culture Association, CICA) gegründet; sie verfolgte das Ziel, durch Kulturaustausch und Zusammenarbeit Verständnis und Freundschaft zwischen dem chinesischen Volk und den Völkern weltweit zu verbessern und zu vertiefen und mit ihnen gemeinsam die Entwicklung der Kultur der Menschheit zu fördern. 1988 wurden auf Einladung von Mauritius und Benin in deren jeweiligen Hauptstädten Chinesische Kulturzentren als Zweigstellen der CICA eingerichtet, um den Kulturaustausch zu fördern und den Einfluss Chinas zu vergrößern. Zu jener Zeit wurden 253 Austauschprogramme zwischen China und anderen Ländern in den Bereichen Kunst, Rundfunk, Film und Fernsehen und Publikation eingerichtet. Die Beziehungen zwischen China und mehreren westlichen Ländern wie den USA oder Japan entwickelten sich ebenfalls zu einem lebendigen und vielfältigen Austausch.

Auch die auswärtige Kommunikation entwickelte sich in dieser Zeit weiter. 1981 wurden die China Daily und weitere englischsprachige Zeitungen und Zeitschriften gegründet. Xinhua brachte täglich mehr als 300 Meldungen in Fremdsprachen, und China Radio International hatte mittlerweile über eine Million Hörer. (Chen 2016, S. 64 ff.)

Die Förderung der chinesischen Sprache hatte mit der Reform und Öffnung Fahrt aufgenommen. Ab 1978 bot das Beijing Language Institute einen Bachelorstudiengang für Chinesisch als Fremdsprache an. Als erste Hochschule Chinas bildete es speziell Lehrkräfte für die Förderung der chinesischen Sprache in der Welt aus. 1980 gab das Institut die ersten Lehrbücher für Chinesisch als Fremdsprache heraus, und 1981 produzierte es das erste Lehrvideo. 1986 wurde ein Masterstudiengang in dieser Fachrichtung eingerichtet. Seitdem wurde das Ausbildungssystem unter Beteiligung weiterer Hochschulen und Universitäten kontinuierlich verbessert.

1987 wurde die Nationale Leitungsgruppe für den Unterricht von Chinesisch als Fremdsprache gegründet. Diese Leitungsgruppe unterstand direkt dem Bildungsministerium und verstand sich als eine Verwaltungsinstitution, die dem Unterricht von Chinesisch als Fremdsprache dient. Geleitet vom damaligen Bildungsminister Zhou Ji bestand diese Gruppe aus hochrangigen Vertretern von elf Ministerien und Behörden, darunter dem Finanz-, Außen- und Kulturministerium. Dies zeigt, dass China der internationalen Förderung der chinesischen Sprache seit dem Beginn von Reform und Öffnung große Bedeutung beimisst.

Auch die auswärtige Bildungspolitik wandte sich in diesem Zeitraum allmählich von ideologischen und politischen Erwägungen ab und der Bildung zu. Im Mai 1979 verkündete das Bildungsministerium gemeinsam mit anderen zuständigen Ministerien die Versuchsvorschriften für die Arbeit ausländischer Studenten (überarbeiteter Entwurf); diese Vorschriften änderten die während der Kulturrevolution verfolgte Politik für internationale Studenten in China dahingehend, dass ihre Ausbildung „der Beschleunigung des Aufbaus der sozialistischen Modernisierung unsers Landes dienen soll“. 1985 wurden die Vorschriften zur Verwaltung der internationalen Studenten verkündet, in denen die Bedeutung ihrer Ausbildung in China bei der Förderung des Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturaustauschs sowie bei der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel hervorgehoben wurde.

Vereinfachte Zulassungs- und Visumverfahren führten dazu, dass allmählich auch auf eigene Kosten studierende internationale Studenten nach China kamen, hauptsächlich allerdings nur zum kurzfristigen Austausch. Statistischen Angaben zufolge kamen 1988 insgesamt 5835 internationale Studenten nach China; dies entspricht fast dem Fünffachen der Zahl von 1977 (1217). Darunter waren 1239 selbstfinanzierte Studenten, von denen die meisten zu einem kurzen Austausch kamen. (Chen 2016, S. 68 f.)

In dieser Zeit herrschte in der auswärtigen Kulturarbeit und im Bildungswesen eine positive und pragmatische Atmosphäre. Die Bedeutung ideologischer und revolutionärer Inhalte ging zurück, im Vordergrund standen Kultur- und Personalaustausch, und die einseitige Betonung des Besuchs von Ausländern und die Einführung ausländischer Kultur in China machte allmählich gegenseitigem Austausch und Interaktion Platz. Mit dem Hauptziel, ein günstiges internationales Meinungsumfeld für Reform und Öffnung zu erreichen, wurde eine strategische Struktur geschaffen, in der sowohl „auswärtige Propaganda“ als auch „gesellschaftlich-kultureller Austausch“ wichtige Rollen spielten. Allerdings konzentrierten sich die auswärtigen Tätigkeiten auf den wirtschaftlichen Aspekt, und es fehlte noch an Selbstbewusstsein für eine umfassende Pflege des Images Chinas.

1.3 Vom Ende des Kalten Krieges bis zur Jahrhundertwende (1990–1999)

In den 1990er Jahren trat die Welt in eine Phase des Übergangs zwischen alter und neuer Ordnung ein. Nach dem Ende des Kalten Krieges entwickelte sich die Welt in Richtung Multipolarität, wobei China eine wichtige Rolle spielte. Gleichzeitig ergriff China die sich durch die neue Runde der Globalisierung bietende Gelegenheit und begann, sich durch Reform und Öffnung in die Welt zu integrieren. Dadurch wurde für die auswärtigen Angelegenheiten Chinas eine allseitige Öffnung geschaffen.

1990 wurde die Leitende Gruppe für Propaganda des Zentralkomitees der KPCh eingerichtet und damit auch das Büro für auswärtige Propaganda für alltägliche Verwaltungsarbeit, das im Juni 1991 offiziell eröffnet wurde. 1997 forderte das heutige Publicity Department der KPCh (中共中央宣传部), die Übersetzung des Wortes xuanchuan (宣传) ins Englische von „propaganda“ in „publicity“ zu ändern; dies zeigt das Bemühen, sich an die veränderten Gegebenheiten anzupassen und die auswärtige Kulturpolitik neu zu definieren. (Chen 2016, S. 65) Im gleichen Jahr fand der XV. Parteitag der KPCh statt; im Bericht des Parteitags hieß es: „Wir sollten an den Prinzipien des gegenseitigen Nutzens festhalten und mit anderen Ländern und Regionen umfassend Handel, wirtschaftlichen und technischen Austausch sowie wissenschaftlichen und kulturellen Austausch durchführen, um die gemeinsame Entwicklung zu fördern. (…) Die Entwicklung der Kultur unseres Landes ist ohne die Ergebnisse der menschlichen Zivilisation undenkbar. Wir sollten daher an dem Prinzip festhalten, unsere eigene Kultur als zentrales Element anzusehen, gleichzeitig aber von anderen Kulturen lernen und in verschiedenen Formen auswärtigen Kulturaustausch durchführen, um von den Stärken und Vorteilen anderer Länder zu profitieren, und der Welt die Errungenschaften beim Aufbau des chinesischen Kulturwesens zu zeigen.“ (Jiang 1997)

Mit dieser Richtlinie erfuhr der auswärtige Kulturaustausch sowohl dem Umfang als auch der Qualität nach einen neuen Aufschwung. Neben den im Ausland stattfindenden Kulturveranstaltungen wurden wichtige internationale kulturelle und künstlerische Veranstaltungen auch in China ins Leben gerufen, wie z. B. die „China International Piano Competition“ (ab 1994), die „China International Vocal Competition“ (ab 2000), das „Asia Arts Festival“ (ab 1998), das „China Shanghai International Arts Festival“ (ab 1999), und das „Meet in Beijing International Arts Festival“ (ab 2000). Heute sind diese Projekte zu einem wichtigen Markenzeichen für den kulturellen Austausch Chinas geworden.

In dieser Zeit wurde auch die auswärtige Bildungspolitik weiter geöffnet und angepasst. Die Hochschulen erhielten das Recht, selbständig ausländische Studenten anzuwerben, was ihnen ermöglichte, sich am globalen Wettbewerb um die besten internationalen Studierenden zu beteiligen. So wurde im auswärtigen Hochschulbildungswesen ein offenes System eingeführt, in dem die Hochschulen eine zentrale Rolle spielen. 1999 erreichte die Zahl der internationalen Studenten in China 44.711, das entsprach dem 7,66-Fachen der Zahl im Jahre 1988. Von diesen waren 39.500 selbstfinanziert (88,3 %). (Chen 2016, S. 64 ff.)

Insgesamt kann man sagen, dass nach dem Ende des Kalten Krieges die ideologischen und planwirtschaftlichen Inhalte in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik weiter abgenommen haben. China hat sich kontinuierlich der Außenwelt angenähert und begonnen, sein eigenes spezifisches System zu schaffen. In dieser Zeit begann China auch, verstärkt auf die Meinung des Auslands über China zu achten und gezielt auswärtige Kommunikation zu betreiben. Die Mittel der AKBP wurden nach und nach mit dem Ziel diversifiziert, ein gutes Image des Landes aufzubauen und ein günstiges Meinungsumfeld für die wirtschaftliche Entwicklung Chinas in der Welt zu schaffen.

Doch muss man einräumen, dass die Bedeutung des auswärtigen Kulturaustauschs in der Zeit vom Beginn von Reform und Öffnung bis zur Jahrtausendwende relativ abgenommen hat, obwohl dieser Austausch in offiziellen Dokumenten als eine der drei Säulen der Außenpolitik neben Politik und Wirtschaft aufgeführt wurde. Die Hauptgründe liegen zunächst darin, dass in einem relativ offenen System der Außenpolitik mit umfassenden offiziellen und diplomatischen Beziehungen die Rolle der Kultur als „Vorreiter“ nicht mehr so wichtig war wie zuvor. Zum anderen lag der Schwerpunkt der Außenpolitik in dieser Zeit auf dem „Dienst am Aufbau und an der Entwicklung im Inland“, wobei die Wirtschaft im Vordergrund stand, während die Kultur eher als zweitrangig angesehen wurde. Nach der Abkehr von überholten Konzepten wie dem „Export der Revolution“ oder „Antiimperialismus und Antikolonialismus“ gelang es China damals noch nicht, ein neues Wertesystem für seine AKBP zu schaffen.

2 AKBP Chinas in der Gegenwart (seit 2000)

Seit der Jahrtausendwende hat China seine rasante Entwicklung fortgesetzt, sich aktiv an der wirtschaftlichen Globalisierung und der regionalen Kooperation beteiligt und den Wandel von Isolation zu Öffnung vollzogen. Gleichzeitig nimmt es umfassend an multilateralen Angelegenheiten und an der Lösung globaler Probleme teil und setzt sich dafür ein, entsprechende internationale Verpflichtungen zu übernehmen. Chinas Aufstieg wird jedoch oft auch als eine Bedrohung und Herausforderung gesehen; die Theorie von der „China-Bedrohung“ wurde zu einem gängigen Schlagwort in der internationalen öffentlichen Meinung. Für China ist es daher wichtig, den Menschen in der ganzen Welt das Bild eines friedlichen, freundlichen und modernen Chinas zu vermitteln.

2.1 Entwicklung der AKBP seit der Jahrtausendwende

Mit diesem Ziel begann China, die AKBP zu einem wichtigen Aspekt seiner Außenpolitik zu machen. Auf der Nationalen Konferenz für auswärtige Kommunikation 2001 betonte Zhao Qizheng, der damalige Direktor des Pressebüros für auswärtige Angelegenheiten, die auswärtige Kommunikation solle dazu dienen, Chinas Image aufzubauen und seine wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. 2006 schlug die erste Arbeitssitzung der KPCh für auswärtige Angelegenheiten vor, den auswärtigen Kulturaustausch zu fördern und die Reform des Systems der auswärtigen Kulturarbeit zu vertiefen. Es galt danach, in der auswärtigen Kulturarbeit den Austausch hochwertiger Kulturprodukte sowie deren Export zu fördern, „damit die Welt mehr über China weiß und es besser versteht.“ (Renmin Ribao 2006) 2007 schlug der damalige Generalsekretär Hu Jintao offiziell vor, „die kulturelle Soft Power Chinas zu verbessern“. (Hu 2007) Seither nahm eine umfassende AKBP Chinas allmählich Gestalt an.

Geleitet von diesen Ideen stellt China seine auswärtige Kulturarbeit noch stärker in den Vordergrund, und sein auswärtiges Kulturwesen entwickelt sich positiv. 2001 vereinbarten die französische und die chinesische Regierung, von Oktober 2003 bis Juli 2004 ein chinesisches Kulturjahr in Frankreich und von Oktober 2004 bis Juli 2005 ein französisches Kulturjahr in China zu veranstalten. Diese französisch-chinesischen Kulturjahre umfassten ein breites Spektrum von Aktivitäten in vielen Bereichen mit mehr als 300 Projekten. Kurz darauf veranstalteten China und Russland gemeinsam nationale Kulturjahre, und seither hat China mit Ländern wie Italien, Australien, der Türkei und Südafrika große Veranstaltungen zum Kulturaustausch bzw. Kulturjahre durchgeführt. 2005 folgte auf der Grundlage chinesisch-amerikanischer Zusammenarbeit ein großes chinesisches Kulturfest in den USA. Unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler und Präsident Hu Jintao fand von 2007 bis 2010 in sechs Städten Chinas die Veranstaltungsreihe „Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung“ statt, die von Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Wen Jiabao eröffnet wurde und an der weit über eine Million Menschen teilnahmen. Im Gegenzug organisierten beide Länder 2012 anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen eine einjährige Veranstaltungsreihe in Deutschland unter dem Titel „Kulturjahr Chinas in Deutschland“. Kulturjahre und Kulturfeste sind inzwischen zu einem wichtigen Bestandteil der AKBP Chinas geworden, der dazu beiträgt, chinesische Kultur im Ausland vorzustellen. Im Inland spielte der chinesisch-ausländische Kulturaustausch z. B. auch bei den Olympischen Spielen 2008 in Beijing und auf der EXPO 2010 in Shanghai eine hervorgehobene Rolle.

2011 wurde auf der 6. Plenartagung des XVII. Zentralkomitees der KPCh die Bedeutung der Förderung der chinesischen Kultur in der Welt betont. Es wurde beschlossen, zum einen Projekte zur Förderung der chinesischen Kultur und entsprechende Unterstützungsmaßnahmen durchzuführen und zum anderen die Dialogmechanismen für den chinesisch-ausländischen gesellschaftlich-kulturellen Austausch weiter zu gestalten. Dabei sollten der staatliche und der private Austausch miteinander verbunden werden, wobei nichtstaatliche Kulturunternehmen und kulturelle NGOs zum ersten Mal eine wichtige Rolle spielen sollten. (Zentralkomitee der KPCh. 2011) Seit dem Beginn des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts erschienen Inhalte rund um die AKBP mehrmals in Dokumenten der KPCh und der Zentralregierung. Im Bericht auf dem XVIII. Parteitag der KPCh (2012) hieß es: „Wir werden die Öffentlichkeitsdiplomatie und den Kulturaustausch solide vorantreiben (…). Wir werden freundschaftliche Kontakte mit Parteien und politischen Organisationen aller Länder entfalten, den Austausch der Volkskongresse, der Politischen Konsultativkonferenzen, der Volksorganisationen sowie den Austausch auf lokaler Ebene mit dem Ausland stärken und die gesellschaftliche Basis für die Entwicklung der zwischenstaatlichen Beziehungen festigen.“ (Hu 2012) 2013 forderte zum ersten Mal ein Spitzenpolitiker Chinas, der chinesische Präsident Xi Jinping, dazu auf, „Chinas Geschichten gut zu erzählen“ (Xu und Hua 2013). Und im Bericht auf dem XIX. Parteitag 2017 heißt es: „Es gilt, den Kulturaustausch unseres Landes mit dem Ausland zu intensivieren, die eigene Kultur als Hauptträger anzusehen und sich des Besten der anderen zu bedienen, den Aufbau der internationalen Vermittlungs- und Verbreitungskapazitäten zu beschleunigen, die Geschichten unseres Landes gut zu erzählen, ein reales, mehrschichtiges und umfassendes China zu präsentieren und die Soft Power des Landes im Kulturbereich zu erhöhen.“ (Xi 2017)

Die Aufgaben, „Chinas Geschichten gut zu erzählen“, hat auch bei der auswärtigen Kommunikationsarbeit an Bedeutung gewonnen. 2001 wurde das Projekt des Ins-Ausland-Gehens von Rundfunk und Fernsehen gestartet, um ein umfassendes System der internationalen Kommunikation aufzubauen. 2018 wurden China Central Television (CCTV), China Central People’s Radio (CPR) und China Radio International (CRI) zur China Media Group zusammengeführt, die für die Außenwelt das einheitliche Markenzeichen „Voice of China“ trägt. Seitdem strahlen chinesische Medien ihre Programme in mehr Sprachen, mit größerer Reichweite und mit besserer Effizienz aus. Im Jahr 2019 hatte dieser chinesische Sender insgesamt 538 Mio. Abonnenten in mehr als 230 Ländern und Regionen auf der ganzen Welt. (Nationaler Think Tank für Rundfunk und Fernsehen 2019)

In diesem Zeitraum wurde auch großer Wert auf das Konzept des „gesellschaftlich-kulturellen Austauschs“ (auf Englisch: People-to-People Exchange) gelegt. Um gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zu fördern und die pragmatische Zusammenarbeit im Bereich des gesellschaftlich-kulturellen Austauschs voranzubringen, hat sich die chinesische Regierung seit 2000 bemüht, hochrangige Dialoge zur Förderung und Unterstützung des gesellschaftlich-kulturellen Austauschs zwischen China und dem Ausland einzurichten. Bis 2020 gab es bereits zehn solcher Dialoge, nämlich den chinesisch-russischen (2000), chinesisch-amerikanischen (2010), chinesisch-europäischen (2012), chinesisch-englischen (2012), chinesisch-französischen (2014), chinesisch-indonesischen (2015), chinesisch-südafrikanischen (2017), chinesisch-deutschen (2017), chinesisch-indischen (2018) und den chinesisch-japanischen (2019) Dialog.

Im Bereich Sprachförderung spielen die Konfuzius-Institute als Instrument zur Förderung und Verbreitung der chinesischen Sprache und Kultur im Ausland eine wichtige Rolle. Das erste Konfuzius-Institut wurde im November 2004 in Seoul gegründet. Im Juli 2005 fand in Peking die erste Weltkonferenz zur chinesischen Sprache (World Chinese Conference) statt, auf der erstmals der Begriff „Förderung der chinesischen Sprache im Ausland“ verwendet wurde. Dies zeigt, dass China seither die Sprachförderung als einen wesentlichen Teil seiner AKBP betrachtet und sie auf die Ebene einer nationalen Entwicklungsstrategie hebt. Im Jahr 2006 wurde das „Büro der Nationalen Leitungsgruppe für den Unterricht von Chinesisch als Fremdsprache“ offiziell in „Büro der Nationalen Leitungsgruppe für die internationale Förderung von Chinesisch als Fremdsprache“ (kurz Hanban) umbenannt; es wurde damit zur obersten Leitungsorganisation für den Unterricht von Chinesisch als Fremdsprache in China. Diese Namensänderung bedeutet, dass sich der Unterricht von Chinesisch als Fremdsprache vom „Ins-Land-Einladen“ zum „Nach-Außen-Gehen“ gewandelt hat und sich der Hauptstandort für Sprachunterricht vom Inland ins Ausland verlagert hat. Im April 2007 wurde in Peking offiziell die Zentrale des Konfuzius-Instituts eröffnet; damit fiel der Startschuss für die umfassende Umsetzung der internationalen Förderung der chinesischen Sprache und Kultur.

Auch die auswärtige Bildungspolitik hat sich im 21. Jahrhundert umfassend entwickelt. 2000 wurde die „Verordnung zur Aufnahme der ausländischen Studenten durch die Hochschulen“ erlassen, die 2010 überarbeitet wurde. 2010 wurden noch im Rahmen des Nationalen mittel- und langfristigen Plans zur Reform und Entwicklung des Bildungswesens (2010–2020) die Verwaltungs- und Ausbildungssysteme für ausländische Studenten in China entwickelt. Die 2013 ins Leben gerufene „Belt and Road Initiative“ (BRI) schuf ein günstiges Umfeld auch für die Entwicklung der Internationalisierung der Hochschulbildung. 2016 wurde ein Aktionsplan zur gemeinsamen Förderung der Ausbildung in den BRI-Ländern veröffentlicht, der sich darauf konzentriert, China zu einem beliebten Studienort für Studierende aus den Ländern entlang der neuen Seidenstraße zu machen. Laut der Statistik des chinesischen Bildungsministeriums ist von 2003 bis 2018 die Zahl der internationalen Studenten in China von 77.715 auf 492.185 gestiegen, wobei der Anteil der Selbstfinanzierten bei rund 90 % lag. 2006 gehörte China zu den zehn besten Studienländern der Welt, und 2016 wurde es zur Nummer eins in Asien. (Wang und Wang 2019)

2.2 Neue Ansätze der AKBP Chinas im 21. Jahrhundert

Auf der kultur- und bildungspolitischen Ebene bietet die AKBP Chinas im 21. Jahrhundert folgende neue Ansätze zur Förderung des Kulturaustauschs:

  1. 1.

    Umgestaltung der Aufgaben der Regierung:

    Die Regierung ist nicht mehr für die Planung und Verwaltung des auswärtigen Kulturaustauschs zuständig, sondern dient ihm und leitet, fördert und finanziert ihn. Auch die Hochschulen werden bei der Aufnahme der internationalen Studenten immer selbständiger. Durch die Vereinfachung des administrativen Genehmigungsverfahrens für Ein- und Ausreise sowie für auswärtige Aktivitäten werden der kulturelle Austausch unterschiedlicher Akteure erleichtert und die Internationalisierung der Hochschulen gefördert.

  2. 2.

    Branding und Aufbau von Plattformen:

    In den letzten 20 Jahren setzte China sich verstärkt dafür ein, im Ausland Plattformen für den kulturellen Austausch zu entwickeln und Kommunikationskanäle aufzubauen. Projekte wie z. B. Chinesische Kulturzentren, Kulturjahre und die Feier des chinesischen Neujahrsfests im Ausland haben einen positiven Branding-Effekt.

  3. 3.

    Kultureller Austausch und Handel mit Kulturprodukten als zwei Triebfedern mit ausgewogener Berücksichtigung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzens:

    Die Regierung setzt sich dafür ein, dass der Markt eine entscheidende Rolle bei der Allokation der Kulturressourcen spielt und dass seine Vitalität ständig gestärkt wird. Bisher wurde ein Kulturhandelsnetz mit drei Hauptstandorten in Beijing, Shanghai und Shenzhen aufgebaut.

  4. 4.

    Ausgewogene Aufmerksamkeit auf „Ins-Inland-Einführen“ und „Ins-Ausland-Gehen“:

    Die chinesische AKBP konzentriert sich darauf, nicht nur die eigene Kultur zu „exportieren“, sondern auch fremde Kulturen zu importieren; so laden z. B. die zahlreichen internationalen Kulturfeste in China die besten ausländischen KünstlerInnen nach China ein.

  5. 5.

    Innovation und Anpassung von Inhalten, Formen und Methoden des Kulturaustauschs an die Erfordernisse der Gegenwart:

    Ein Beispiel dafür ist die Kombination von Kulturaustausch und Entwicklungshilfe. So nutzte z. B. das Kulturministerium 2013 die Gelegenheit, Myanmar bei der Eröffnungs- und Abschlusszeremonie der 27. Südostasienspiele technisch zu unterstützen, und führte erfolgreich ein kulturelles Projekt durch.

2.3 Defizite und Herausforderungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts sowohl die Themen als auch die Art und Weise der Vermittlung im auswärtigen Kulturaustausch ausgeweitet haben. Immer mehr Institutionen und Gruppen sind beteiligt – neben staatlichen Institutionen auch gesellschaftliche Organisationen, private Unternehmen und Einzelpersonen, sodass sich allmählich eine neue Situation des Kulturaustauschs mit vielfältigen Themen und einem breiten Spektrum herausgebildet hat. Im Vergleich zu den ersten Jahren nach der Gründung der Volksrepublik hat sich der auswärtige Kulturaustausch sowohl in der Breite als auch in der Tiefe erheblich entwickelt. Allerdings weist die Entwicklung des Kulturaustauschs und der AKPB noch einige Defizite auf.

  1. 1)

    Fehlen einer eigenständigen Strategie:

    Von Anfang an wurde die auswärtige Kulturarbeit Chinas eher als eine sekundäre und komplementäre Aufgabe angesehen. So konnte und kann sie sich nach wie vor nicht unabhängig und einheitlich entwickeln. Einerseits ist sie als Bestandteil der auswärtigen Angelegenheiten ein Element der außenpolitischen Gesamtstrategie, andererseits findet sie als Teil der Kultur- und Bildungsangelegenheiten einen Platz in den kulturellen und bildungspolitischen Entwicklungsplänen des Landes. Erst 2004 wurde die auswärtige Kulturpolitik ausdrücklich als eigenständiges außenpolitisches Konzept anerkannt und als dritte Säule der Außenpolitik der politischen und wirtschaftlichen Diplomatie gleichgestellt.

  2. 2)

    Unsystematische und zersplitterte Regelungen und Zuständigkeiten:

    Für die Kultur im engeren Sinne gibt es bereits eine Reihe von Behörden und Institutionen, die für Kultur, Rundfunk, Film und Fernsehen sowie Presse und Veröffentlichungen etc. zuständig sind und deren Funktionen sich z. T. überschneiden. Für die Kultur im weiteren Sinne sind die Zuständigkeiten sogar auf mehr als zehn staatliche Ministerien und Behörden zersplittert. Wegen der Besonderheiten der auswärtigen Kulturarbeit richtete die Zentralregierung kurz nach Gründung der Volksrepublik eine spezielle Institution ein, die üblicherweise dem Kulturministerium unterstand, im Lauf der Zeit indes mehrmals eine neue Gestalt und einen neuen Namen erhielt; in den 1980er Jahren war sie z. B. als „Verbindungsausschuss für auswärtige Kulturarbeit“ tätig. Obwohl wiederholt klargestellt wurde, dass für den auswärtigen Kulturaustausch Chinas das Kulturministerium zuständig sein sollte, blieb diese Organisation ineffizient, weil die meisten betreffenden Institutionen weiterhin nicht dem Kulturministerium, sondern anderen Ministerien oder Behörden unterstellt waren. Um die Koordinierung der auswärtigen Kulturarbeit zu verbessern, wurde 2009 unter Leitung des Kulturministeriums die „Vereinte Arbeitskonferenz der Ministerien für auswärtige Kulturarbeit“ eingerichtet, an der 12 Ministerien und Behörden beteiligt sind, darunter das Außenministerium, das Bildungsministerium, das Handelsministerium und die für Sport, Presse, Tourismus, Auslandschinesen und Kulturerbe zuständigen Behörden. Auch hierbei handelt es sich jedoch letztlich immer noch um ein eher locker zusammengesetztes Gremium mit nur eingeschränkten Koordinierungs- und Umsetzungsfähigkeiten.

  3. 3)

    Staatliche Dominanz und fehlende Synergie zwischen Regierung und Gesellschaft:

    Zwischen der Populär- und der Mainstream-Kultur gibt es erhebliche Unterschiede und nur geringen Kontakt. Infolge des Fehlens einer einheitlichen Plattform treten Schwierigkeiten und Hindernisse auf, sodass die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Gesellschaft in der auswärtigen Kulturarbeit nicht reibungslos funktioniert. Bei der Förderung des „Ins-Ausland-Gehens“ der Kultur sind die gesellschaftlichen Kräfte noch nicht in vollem Umfang eingebunden. Ein großer Teil der Projekte des Kulturaustauschs wird von staatlichen Akteuren getragen, Umfang und Niveau des transnationalen Dialogs in der gesellschaftlichen Dimension sind noch gering. Die Dominanz der staatlichen Seite führt auch dazu, dass bei der Förderung des Kulturaustauschs oft mehr Aufmerksamkeit auf quantifizierbares Wachstum als auf schwer messbare – aber kulturell vielleicht bedeutendere – Einflüsse gelegt wird. Privater Austausch und gesellschaftlicher Dialog treten eher in den Hintergrund.

Eine große Herausforderung für die AKBP Chinas insbesondere beim Austausch mit westlichen Ländern besteht darin, dass es zwischen beiden Seiten einen großen Unterschied in Kultur und Mentalität gibt. Bei internationalen Austauschaktivitäten werden oft Elemente der traditionellen chinesischen Kultur wie Kalligrafie, Malerei, Oper, Kampfkunst und Literatur in den Mittelpunkt gestellt. Doch ist diese Kultur dem Westen völlig fremd, mit ihr lässt sich daher nur schwer Empathie erzeugen. Auch hat China andere Werte entwickelt als der Westen. Es hat in seiner Entwicklung viel vom Westen gelernt, ohne indes selbst westlich zu werden. Seine Erfahrungen sind für den Westen daher schwer zu verstehen und zu akzeptieren; dies stellt eine zusätzliche Barriere für den Kulturaustausch dar. Zur Lösung dieses Problems legt China im Kulturaustausch und dem Export von Kulturprodukten den Schwerpunkt bewusst auf Projekte, die eher traditionelle Technik oder klassische Kunst als zeitgenössische Inhalte und moderne Ideen in den Mittelpunkt stellen. Dies ist der Beteiligung von zeitgenössischen und kreativen kulturellen Produkten abträglich und führt so zu einem strukturellen „Defizit“ im Kulturaustausch. Auch hat es zur Folge, dass Austausch und Dialog oft oberflächlich und nicht nachhaltig bleiben.

3 Fazit und Perspektive

Die unterschiedlichen Formen und Konzepte der AKBP seit der Gründung der Volksrepublik China spiegeln nicht nur die schrittweise Verbesserung der internationalen Stellung und die Vergrößerung des internationalen Einflusses des Landes wider, sondern zeugen auch von einem tiefgreifenden Strategie- und Paradigmenwandel, der mit der Selbstwahrnehmung und Positionierung Chinas gegenüber dem Ausland verbunden ist. Während des Kalten Krieges setzte China sich als Mitglied des sozialistischen Lagers dafür ein, die Revolution zu exportieren und der Weltrevolution zu dienen. Die AKBP nahm eine untergeordnete Stellung ein; sie diente in erster Linie politischen und militärischen Erfordernissen und erfüllte zuvörderst propagandistische Ziele. In den ersten Jahren der Reform und Öffnung konzentrierte China sich auf seine innere Entwicklung, und der Wunsch nach kultureller Einflussnahme im Ausland war wenig ausgeprägt. Während dieser Zeit war es Aufgabe der AKBP, das Image des Landes zu verbessern und der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zu dienen. In den 1990er Jahren erzielte die wirtschaftliche Entwicklung Chinas erste Erfolge. Im Prozess der Modernisierung gewann der Aufbau der sogenannten geistigen Zivilisation und Soft Power allmählich an Bedeutung. Die Öffnung wurde von der Wirtschaft auch auf Kultur und Bildung ausgedehnt. Seit dem Anfang des 21. Jahrhunderts kommt es China darauf an, nicht mehr nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine kulturelle Macht zu werden, und so setzt es sich für das „Ins-Ausland-Gehen“ seiner Kultur ein. Aufgrund seines Aufstiegs verteidigt China nunmehr selbstbewusster sein eigenes System und den von ihm gewählten Weg; es schlägt eigene Konzepte wie z. B. die Zukunftsgemeinschaft der Menschheit vor und beteiligt sich aktiv an der globalen Governance, auch in den Bereichen Kultur und Bildung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entwicklung der AKBP Chinas durchaus mit der von Deutschland vergleichbar ist, nämlich von einer Werbungs- hin zu einer Werteorientierung. In der Phase der Werbungsorientierung zielte die AKBP Chinas vor allem darauf ab, sich zu profilieren und mehr Sympathie und Akzeptanz in der Welt zu gewinnen, wobei seine inneren Angelegenheiten im Mittelpunkt standen. In der Phase der Werteorientierung geht es eher darum, die eigenen Werte durchzusetzen, um politischen und wirtschaftlichen Einfluss in der Welt auszuüben und einen Wandel in eine bestimmte Richtung herbeizuführen. Der Schwerpunkt der AKBP verlagert sich daher von der Propaganda gegenüber der ausländischen Öffentlichkeit auf die Vermittlung der eigenen Kultur und der eigenen Werte. Dabei ist das unmittelbare Ziel weiterhin, das Image des eigenen Landes zu verbessern und die Unterstützung der öffentlichen Meinung im Ausland zu gewinnen; Kernziel ist auch weiterhin das nationale Interesse – das Endziel ist nun aber auch die Vermittlung eigener Werte.

Im Vergleich zum Westen befindet sich die chinesische AKBP immer noch in der Phase der Werbungsorientierung; streng genommen ist sie noch nicht in die Phase des Exports eigener Werte eingetreten. Mit dem Slogan „Chinas Geschichten gut erzählen“ will es sich durch seine AKBP vor allem selbst beweisen, um die Zweifel der Außenwelt zu zerstreuen. China, ein nicht-westliches Land von enormer Größe, steigt rasant auf, und ohne sein Zutun wird es so in den Augen vieler als Herausforderer wahrgenommen. China hat keine andere Wahl, als der Außenwelt zu erklären, was sein Aufstieg für die Welt bedeuten und welche positiven Auswirkungen er für die Welt haben kann. Und erst auf dieser Grundlage ist es möglich, dem Ausland chinesische Lösungen und chinesische Weisheit anzubieten.

Im März 2021 wurde der 14. Fünfjahresplan Chinas beschlossen, in dem der Weg der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Chinas in den nächsten fünf Jahren festgelegt wird. Dieser Plan enthält das Ziel, dass China künftig kulturellen Austausch, Dialog und internationale Kommunikation fördert, seine Geschichten gut erzählt und seine Stimme gut wahrnehmen lässt. „Es gilt, Aktivitäten wie z. B. „China spüren“, „China lesen“ und „China hören“ sowie chinesische Kultur- und Tourismusjahre zu veranstalten, Plattformen für die Verbreitung der chinesischen Sprache und Kultur zu schaffen und ein System für die weltweite Verbreitung der chinesischen Sprache und Kultur sowie ein internationales Standardsystem für die chinesische Sprachausbildung aufzubauen.“ Des Weiteren soll China sich mit anderen Zivilisationen gegenseitig austauschen, kulturelle Kooperationen in verschiedenen Bereichen wie z. B. Gesundheit, Wissenschaft, Bildung und Kunst vertiefen und den Austausch zwischen Parlamenten, Parteien und privaten Organisationen sowie zwischen Gruppen wie z. B. Frauen, Jugendlichen, Behinderten etc. verstärken, um eine vielfältige und interaktive Situation des gesellschaftlich-kulturellen Austauschs zu schaffen. (Zentralregierung der VR China. 2021)

Es liegt auf der Hand, dass Chinas AKBP künftig den gleichen Kurs verfolgen wird wie seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts, d. h. es wird in erster Linie chinesische Geschichten gut erzählen, um Verständnis und Anerkennung des Auslands zu gewinnen, und weiter an der Vermittlung der chinesischen Sprache und Kultur arbeiten. Darüber hinaus wird China im auswärtigen Austausch die zwischenmenschliche Kommunikation und Interaktion fördern und großen Wert auf den gesellschaftlich-kulturellen Austausch legen. Doch in einer Zeit, in der Populismus, Protektionismus, Deglobalisierung und nicht zuletzt auch die Covid-19-Pandemie die harmonische Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft auf die Probe stellen, bleiben die Herausforderungen, denen sich China stellen muss, unverändert. Für China ist es wichtig, seine AKBP noch weiter umzustrukturieren und anzupassen. Nur so ist es ihm möglich, die Anerkennung des Auslands zu gewinnen und harmonisch mit den anderen Zivilisationen in der Welt zu koexistieren, ohne seine eigene Kultur und Identität zu verlieren.