Auf den quantitativen Teil in Kapitel 4 und den qualitativen Teil in Kapitel 5 folgt an dieser Stelle die Zusammenführung der beiden Untersuchungsteile, die auch Integration genannt wird. Wie bereits im methodischen Teil dargelegt, handelt es sich hierbei um das Herzstück einer jeden Mixed-Methods Studie. Ziel der Integration ist die Erklärung von Ergebnissen aus dem quantitativen Teil und somit die Beantwortung der in Abschnitt 3.3 formulierten Mixed-Methods Forschungsfrage (F4). Zu Beginn des Kapitels sollen zunächst die Begriffe meta-inference und Joint-Display definiert werden. Daran anschließend werden die Ergebnisse im Unterkapitel 6.1 tabellarisch gegenübergestellt und zwischen den Untersuchungsteilen nach Bestätigung, Erweiterungen und Differenzen gesucht. In dem sich anschließenden Unterkapitel 6.2 werden die so gewonnenen Erkenntnisse abschließend diskutiert.

Im Zusammenhang mit der Integrationsphase verwenden viele Autorinnen und Autoren den Begriff der „meta inference“ (Creswell, 2020; Kuckartz, 2017, S. 160). Dieser geht auf Teddlie und Tasakkori zurück und ist wie folgt definiert: „A meta inference is a conclusion generated through an integration of the inferences that have been obtained from the results the Qual and Quan strands of an MM study“ (2009, S. 152). Demzufolge geht es darum, die Schlussfolgerungen aus der quantitativen Kompetenzerhebung und den qualitativen Fallstudien zu einem kohärenten Ganzen zu integrieren.

Umgesetzt wird dies nachfolgend durch ein Joint Display. Guetterman, Creswell und Kuckartz definieren diese wie folgt:

„A mixed methods joint display represents integration or mixing in a single visual display. The overall intent is to represent integration and assist the reader in understanding the study. The content may consist of quantitative and qualitative data, analysis, results, or interpretation. It is important, however, that the display includes both qualitative and quantitative data and clearly labels each for the reader.“ (2015, S. 158)

Im Grundsatz handelt es sich folglich um eine direkte Gegenüberstellung und Verbindung der Ergebnisse. Durch das Joint-Display können Erklärungen gewonnen werden, aber auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Erhebungen sichtbar gemacht werden (Creswell & Plano Clark, 2018; Kuckartz, 2017, S. 171).

6.1 Joint-Display

Das nachfolgende Joint-Display gliedert sich in die vier Spalten (1) Domänen, (2) Ergebnisse der Kompetenzerhebung (QUAN), (3) Erkenntnisse aus den Fallstudien (QUAL) und (4) Meta-Inference (MM). Letztere sind gleichzeitig die wichtigsten synthetisierten Schlussfolgerungen aus beiden Untersuchungsteilen. In Anlehnung an Moseholm et al. (2017, S. 999) werden die Meta-Inference noch weiter unterschieden in:

  • Bestätigungen. Im Falle einer Übereinstimmung beider Untersuchungsteile.

  • Erweiterungen. Darunter versteht man Ergänzungen und Erklärungen aus dem qualitativen Teil. Dazu zählen auch neue Aspekte zur gleichen Domäne.

  • Differenzen. Diese liegen vor, wenn sich Gegensätze oder Widersprüche in den beiden Untersuchungen auftun.

Das Joint-Display kann in horizontaler oder vertikaler Richtung gelesen werden. Für die tabellarische Darstellung mussten die Ergebnisse aus beiden Untersuchungsteilen zusammengefasst werden. An mehreren Stellen wird deshalb auf die ausführliche Darstellung in den unterschiedlichen Kapiteln verwiesen.

Tabelle 6.1 Joint-Display – Synthese der Ergebnisse

6.2 Diskussion Meta-Inferences

Für die Integration der Ergebnisse mithilfe des Joint-Displays wurden zwölf übergreifende Domänen gebildet (siehe hierzu Spalte eins Tabelle 6.1). Nachfolgend werden die Meta-Inferences in den Forschungsstand zur dualen Schriftnutzung eingeordnet, gewichtet und diskutiert. Zudem soll nach Erklärungen für mögliche Differenzen und Widersprüche in den Ergebnissen gesucht werden.

  1. (1)

    Vergleich Leseflüssigkeit zwischen Brailleschrift und Schwarzschrift innerhalb der Gruppe der dual Schriftnutzenden. Aus der Kompetenzerhebung und den Fallstudien geht übereinstimmend hervor, dass die meisten dual Schriftnutzenden die Schwarzschrift schneller lesen als die Brailleschrift. Eine mögliche Erklärung liefern die Fallstudien, die zeigen konnten, dass vielen dual Schriftnutzenden zwar ausreichend Zeit zum Erwerb der Schwarzschrift zur Verfügung steht, jedoch nicht zum Erlernen der Brailleschrift. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Forschung von Lusk und Corn (2006b, S. 661), die ebenfalls nachweisen konnten, dass vielen dual Schriftnutzenden die Zeit zum Erwerb der Brailleschrift fehlt. Dies geht ebenfalls aus den Studien von Rogers (2007, S. 128) und Jennings (1999, S. 14) hervor, weshalb die zeitlichen Ressourcen für die Brailleförderung als ein Hauptproblem bezeichnet werden können.

    Demgegenüber verdeutlichen die Erkenntnisse aus den Fallstudien von Luca und Ismael, dass dual Schriftnutzende in der Grundschule scheinbar bessere Erwerbsbedingungen haben als in der Sekundarstufe. Beiden Teilnehmenden stand ausreichend Zeit zur Verfügung, um Kompetenzen in der Braille- und Schwarzschrift aufzubauen. Der parallele Erwerb erwies sich dabei als vorteilhaft. Demgegenüber zeigte sich ein erhöhter Zeitbedarf bei Aziz, Tarik und Shehan und demnach bei Teilnehmenden in der Sekundarstufe (siehe hierzu die Abschnitt 5.2.3, 5.2.4 und 5.2.5).

  2. (2)

    Vergleich der Braille Leseflüssigkeit zwischen den dual Schriftnutzenden und den nur Braille Lesenden. In beiden Untersuchungsteilen bestätigt sich, dass viele dual Schriftnutzende die Brailleschrift langsamer lesen als nur Braille Lesende. In der Regel fallen die Unterschiede umso größer aus, desto später die Brailleschrift eingeführt wird. Folglich sollte die Punktschrift bei dual Schriftnutzenden so früh wie möglich eingeführt werden, weil dies die Chancen auf einen erfolgreichen Erwerb deutlich erhöht (Winter et al. 2019, 103).

  3. (3)

    Vergleich der Prozentrangwerte aus dem Eine-Minute-Leseflüssigkeitstest in beiden Schriftmedien. Beide Untersuchungsteile belegen, dass viele dual Schriftnutzende sowohl in der Braille- als auch in der Schwarzschrift deutlich langsamer lesen als die Normierungsstichprobe ohne Sehbeeinträchtigung aus dem SLRT-II. Das belegen die Prozentrangwerte, die durchweg sehr niedrig ausfielen. Dem gegenüber zeigen die durchgeführten Fallstudien, dass es durchaus dual Schriftnutzende gibt, die es in den Durchschnittsbereich der Normierungsstichprobe ohne Sehbeeinträchtigung schaffen können. Dies scheint zu Beginn des formalen Schriftspracherwerbs noch einfacher möglich zu sein. Das kann wiederum als Argument für einen möglichst frühen Erwerb der Brailleschrift gewertet werden.

  4. (4)

    Prädiktoren für die Braille Leseflüssigkeit. Zu unterschiedlichen Ergebnissen kam es bei der Bewertung der Prädiktoren für eine hohe Leseflüssigkeit in der Brailleschrift. Aus einem multiplen linearen Regressionsmodell ging unter anderem die Braillenutzungsdauer in Jahren als Prädiktor hervor (vgl. hierzu Tabelle 4.8). In den Fallstudien ließ sich jedoch auf Basis der Braillenutzungsdauer keine zuverlässige Vorhersage über die Braille Leseflüssigkeit der Schüler treffen. Teilnehmende mit langer Nutzungsdauer hatten nicht automatisch höhere Lesekompetenzen. Eine mögliche Ursache für diese Differenz zwischen beiden Erhebungsteilen wird darin gesehen, dass insbesondere die Fallstudienteilnehmer mit langer Nutzungsdauer nur wenig Brailleschriftkontakt im Unterricht hatten und folglich ihre Leseflüssigkeit im Untersuchungszeitraum nicht steigern konnten. Es wird deshalb vermutet, dass neben der Braillenutzungsdauer weitere Variablen den Kompetenzerwerb entscheidend beeinflussen (z. B. die Lese- und Schreibzeiten im Unterricht, der Umfang der Einzelförderung, die Konstanz der Brailleförderung etc.). Diese sollten in der zukünftigen Forschung unbedingt berücksichtigt werden. Dementgegen konnte der zweite Prädiktor aus der Kompetenzerhebung, das Alter beim Start des Brailleschriftspracherwerbs, bestätigt werden. Übereinstimmend zeigte sich in beiden Erhebungsteilen, dass die Erfolgschancen, d. h. die Wahrscheinlichkeit ein hohes Kompetenzniveau in der Brailleschrift und Schwarzschrift zu erreichen, bei einem möglichst frühen Erwerb am höchsten sind.

  5. (5)

    Vergleich Rechtschreibung. Aufgrund der Ergebnisse aus beiden Untersuchungsteilen ist es unwahrscheinlich, dass sich ein dualer Schriftzugang nachteilig auf die Rechtschreibung auswirkt. Befürchtungen ein dualer Schriftzugang könnte sich negativ auf die Rechtschreibung auswirken, erscheinen deshalb zweifelhaft (Lusk & Corn, 2006b, S. 654), wobei in diesem Bereich noch weitere Forschung notwendig ist. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass Schwierigkeiten, die vor dem Erwerb des Zweitmediums bestanden, durch den Erwerb eines weiteren Schriftmediums weiterbestehen. Das gilt insbesondere für Rechtschreibprobleme. Folglich sollte das Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler im Erstmedium vor der Einführung eines Zweitmediums förderdiagnostisch abgeklärt werden.

  6. (6)

    Leseverstehen (LVG) und Hörverstehen (HVG). In beiden Erhebungen zeigte sich gleichermaßen, dass Lesen besser für das Textverstehen der Lernenden ist als Hören. Hinsichtlich der Geschwindigkeit ergab sich ein umgekehrtes Bild, wonach der auditive Zugang deutliche Geschwindigkeitsvorteile gegenüber dem Lesen mit sich bringt. Erweitert werden können diese Erkenntnisse mit Einsichten aus den Fallstudien. Demnach war zwei Teilnehmern nicht bewusst, dass sie lesend deutlich mehr verstehen. Dazu zeigte sich, dass eine starke Nutzung auditiver Technologien wie der Sprachausgabe nicht automatisch mit einem verbesserten Hörverstehen einhergeht. Voraussetzung für eine kompetente, anforderungsspezifische Nutzung der Sprachausgabe scheinen hohe Bedienkompetenzen im Screenreader ebenso wie elaborierte Hörkompetenzen zu sein (z. B. selektives Hören, Steuerung der Aufmerksamkeit beim Hören), die nicht einfach vorausgesetzt werden können, sondern eine spezielle Förderung erfordern (Hofer, 2020, S. 25; Koenig & Holbrook, 2000, S. 690). Im schulischen Kontext sollten deshalb sowohl Hör- als auch Lesekompetenzen gefördert werden. Beide stellen für dual Schriftnutzende wichtige Textzugänge dar.

  7. (7)

    Lernreihenfolge (parallel und nicht-parallel). Die meisten dual Schriftnutzenden lernen Brailleschrift und Schwarzschrift nicht-parallel. D. h., die Mehrheit lernt zuerst die Schwarzschrift und dann die Brailleschrift. Das zeigt sich in beiden Studienteilen und geht gleichfalls aus einer Untersuchung von Rogers (2007, S. 123–124) hervor. In der gleichen Studie berichten viele Blinden- und Sehbehindertenpädagoginnen und -pädagogen, dass sich die Brailleschrift auf Basis vorhandener Schwarzschriftkompetenzen leichter erwerben ließe (Rogers, 2007, S. 127). Dazu waren fast die Hälfte der befragten Blinden- und Sehbehindertenpädagoginnen und -pädagogen in einer Studie von Jennings (1999, S. 14) davon überzeugt, dass ein paralleler Erwerb mit Nachteilen für das Kind einhergehen kann. Beide Hypothesen fanden keine Bestätigung in den Fallstudien. Das Gegenteil war der Fall. Im qualitativen Untersuchungsteil wurden Vorteile eines parallelen Erwerbs in den Fallstudien von Luca und Ismael ersichtlich. Etwaige Befürchtungen, ein dualer Schriftzugang verwirre die Kinder oder überfordere sie, können mit den Daten aus den Fallstudien entkräftet werden (Koenig & Holbrook, 2000, S. 689). Gleichwohl ist noch weitere Forschung notwendig, um positive Effekte für eine größere Zahl an Lernenden nachzuweisen. Ein paralleler Lernweg ab der ersten Klasse scheint jedoch mit vielen positiven Effekten einherzugehen.

    Nichtsdestotrotz können auch Schülerinnen und Schüler, die im Verlauf der Schulzeit die Punktschrift nicht-parallel erwerben, hohe Braillekompetenzen erreichen. Die Voraussetzungen dafür zu schaffen, gerade bei Lernenden mit wenig intrinsischer Motivation, scheint jedoch ungleich schwerer zu sein.

  8. (8)

    Förderort dual Schriftnutzender. Übereinstimmend zeigt sich in beiden Erhebungen, dass dual Schriftnutzende häufiger die Schule wechseln und öfter an einer ehemaligen Blindenschule (heute Bildungs- und Beratungszentrum oder Förderzentrum Sehen) unterrichtet werden. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Jennings (1999, S. 13) für dual Schriftnutzende in Großbritannien. Diesbezüglich erweitern die Fallstudien die Ergebnisse der Kompetenzerhebung, weil aus ihnen deutlich ersichtlich wird, dass es sich dabei nicht um einen Zufall handelt, sondern dass viele dual Schriftnutzende die Schule wechseln (teilweise sogar innerhalb des Förderschwerpunkt Sehens), um die Brailleschrift zu erwerben. Folglich scheinen dual Schriftnutzende weniger Chancen auf eine Förderung im inklusiven Unterricht an einer allgemeinen Schule zu haben.

  9. (9)

    Vielfalt der deutschen Brailleschrift. Unterschiede in den Datensätzen zeigen sich bei der Nutzung der Brailleschriftsysteme. Während die dual Schriftnutzenden in der Kompetenzerhebung mehrheitlich zwei oder sogar drei Systeme lernten, waren es in den Fallstudien nur zwei von fünf Teilnehmern, die ein weiteres System gelernt hatten, jedoch nicht nutzten. Eine mögliche Erklärung für die Unterschiede kann das Erstschriftsystem sein. Die dual Schriftnutzenden aus der Kompetenzerhebung starteten mehrheitlich mit der Vollschrift, wobei sie auf der Braillezeile wiederum größtenteils mit Computerbraille arbeiteten. Dadurch ergab sich für viele im Alltag eine Nutzung von mehreren Systemen. Dementgegen begannen alle dual Schriftnutzenden in den Fallstudien mit Computerbraille und nutzten dieses System auf Ausdrucken und der Braillezeile. Überdies waren die Fallstudienteilnehmer teilweise deutlich jünger und hatten dadurch weniger Möglichkeit, ein weiteres System zu erwerben.

    In den beiden Fällen, in denen Teilnehmer ein weiteres Brailleschriftsystem gelernt hatten, zeigte sich zudem, dass der Erwerb eine zusätzliche Herausforderung darstellen kann. In diesem Zusammenhang erscheint es wichtig, dass ein neues Punktschriftsystem erst eingeführt werden sollte, wenn die Kompetenzen im Erstsystem gefestigt sind. Dazu muss den dual Schriftnutzenden ausreichend Zeit zum Erwerb der unterschiedlichen Punktschriftsysteme eingeräumt werden.

  10. (10)

    Erstschriftsystem im Brailleschriftspracherwerb. Wie bereits im letzten Abschnitt erwähnt, lernten die dual Schriftnutzenden der Kompetenzerhebung mehrheitlich zuerst die Vollschrift, während die Fallstudienteilnehmenden alle mit Computerbraille den Schriftspracherwerb starteten (vgl. hierzu Tabelle 4.10 und Anhang C im elektronischen Zusatzmaterial). Aus den geführten Interviews in den Fallstudien geht hervor, dass der Förderort, die geplante Einführung von weiteren Hilfsmitteln und die Tradition der Einrichtung die Wahl des Schriftsystems entscheidend beeinflussten. Dazu darf nicht unerwähnt bleiben, dass es große regionale Unterschiede bei der Wahl des Erstschriftsystems (Computerbraille oder Vollschrift) zwischen den Bildungsinstitutionen innerhalb des Förderschwerpunkts Sehen gibt. Diese sind eine plausible Erklärung für die Unterschiede der Erstschriftsysteme in der Kompetenzerhebung und den Fallstudien.

  11. (11)

    Täglicher Brailleschriftkontakt. Übereinstimmend zeigt sich in beiden Untersuchungsteilen, dass viele dual Schriftnutzende keinen täglichen Brailleschriftkontakt haben. Das ist problematisch, weil nur Teilnehmer mit täglichem Kontakt positive Fortschritte in der Braille-Lesegeschwindigkeit zeigten. Dazu gingen hohe Lese- und Schreibzeiten in der Punktschrift bei den Fallstudienteilnehmern mit hohen Kompetenzen in der Braille Leseflüssigkeit einher. Die Fallstudien rechtfertigen somit die Forderung vieler Expertinnen und Experten, die einen täglichen Brailleschriftkontakt für dual Schriftnutzende fordern (Koenig & Holbrook, 2000, S. 689; Rogers, 2007, S. 129; Swenson, 2016, S. 178).

  12. (12)

    Nutzung auditiver Technologien. In beiden Untersuchungsteilen ergab sich ein heterogenes Bild bei der Nutzung auditiver Technologien. D. h., es gab Personen, die nie oder nur selten mit der Sprachausgabe arbeiteten, während andere Teilnehmende diese stark nutzten. Aus den Fallstudien geht zudem hervor, dass mit steigendem Alter und Klassenstufe die Notwendigkeit einer anforderungsbezogenen Sprachausgabennutzung zunimmt. Gleichzeitig steigt dadurch das Risiko, dass viele dual Schriftnutzende keine funktionalen Lesekompetenzen aufbauen (Koenig & Holbrook, 2000, S. 690) und auditive Technologien den Unterricht der Schülerinnen und Schüler dominieren. Das zeigte sich in den Fallstudien vor allem bei Lesenden, die sowohl in der Braille- ebenso wie in der Schwarzschrift Schwierigkeiten hatten (vgl. hierzu Abschnitt 5.2.3 und 5.2.5). Eine verstärkte Nutzung auditiver Technologien im Unterricht sollte jedoch nicht dazu führen, dass Angebote zur Brailleförderung eingestellt oder unterlassen werden. Die Untersuchungen hinsichtlich der Hör- und Lesekompetenzen verdeutlichen, dass sowohl Lesen als auch Hören die Zugangsmöglichkeiten der Lernenden erweitern, weshalb beide Kompetenzen bedeutsam sind und im Unterricht gefördert werden sollten.

Abschließend lässt sich festhalten, dass durch die Verbindung beider Untersuchungsteile viele Ergebnisse aus dem quantitativen Teil bestätigt werden konnten. Diese können als besonders robust betrachtet werden, weil sie sich in beiden Untersuchungsteilen gleichermaßen zeigten. Zudem lieferten die Fallstudien viele Einsichten und Erklärungen für die Ergebnisse der Kompetenzerhebung. An jenen Stellen, an denen es keine Übereinstimmung zwischen den beiden Erhebungsteilen gab, wird wiederum ersichtlich, dass es noch weiterführende Forschung in diesem Bereich braucht.