1 Einleitung

Die Einführung des iPhones von Apple wird im Allgemeinen als disruptive Innovation bezeichnet (Christensen et al. 2015). Die technologische Innovation machte das iPhone den bestehenden Mobiltelefonen überlegen. Es war jedoch nicht das erste mobile Gerät mit einer Touchscreen-Benutzeroberfläche oder einem mobilen Internetzugang. Tatsächlich war nicht die Technologie bahnbrechend, sondern das zugrunde liegende Geschäftsmodell. Die damit verbundene digitale Plattform, der App Store, schuf einen völlig neuen Markt und beeinflusste viele andere (Christensen et al. 2015). Für Apple war das iPhone nicht nur ein neues Produkt, das neue Einnahmen durch Verkäufe ermöglichte, sondern auch eine wesentliche Innovation des Geschäftsmodells. Der Erfolg des Konzepts der App Stores oder der digitalen Plattformen im Allgemeinen, die wir heute in nahezu allen Industrien beobachten können, zeigt, welche Auswirkungen Geschäftsmodellinnovationen auf die Unternehmensleistung und ganze Branchen haben können (Böttcher und Weking 2020; Floetgen et al. 2021a; Hein et al. 2019c; Riasanow et al. 2020).

Natürlich gibt es Beispiele für technologische Innovationen, die Branchen von Grund auf verändern. Die digitale Fotografie ist zum Beispiel einer der am häufigsten zitierten Fälle (Lucas und Goh 2009). Wir sehen aber auch, dass viele Branchen durch Geschäftsmodellinnovationen, die sich bestehende Technologien zunutze machen, gestört oder aufgerüttelt werden (Johnson et al. 2008; Weking et al. 2020d; Hermes et al. 2020).

Im Falle der IT-Infrastruktur gilt der ehemalige Big Player IBM nur noch als Nischenanbieter im Cloud-Computing-Markt, und Hewlett-Packard wurde von Gartner (2018) nicht einmal in die Liste der relevanten Cloud-Anbieter aufgenommen. In der Zwischenzeit haben Marktneulinge wie Amazon und Google den Markt übernommen und dominieren diesen nun. Die Entscheidung von Amazon, sein bestehendes, erfolgreiches Geschäftsmodell zu erweitern und Amazon Web Services (AWS) einzuführen, machte das Unternehmen zum führenden Cloud-Service-Anbieter (Gartner 2018). Amazon konnte mit diesem neuen Geschäftsmodell seinen Nettoumsatz um 25,6 Mrd. US-$ steigern (Amazon.com 2019) und ist damit zu einem Paradebeispiel für erfolgreiche Geschäftsmodellinnovation geworden. Tatsächlich hat Amazon seine Geschäftsmodelle zuvor bereits mehrfach innoviert (Casadesus-Masanell et al. 2015), um sowohl den Umsatz als auch die Unternehmensbewertung zu steigern. Weitere prominente Beispiele für Geschäftsmodellinnovationen lassen sich in vielen Sektoren beobachten, etwa im Bereich der Mobilität, wo Unternehmen wie Uber, Lyft oder Google das traditionelle Geschäftsmodell der Autohersteller erfolgreich infrage stellen (Christensen et al. 2015; Teece 2018b), bei Ferienunterkünften, wo Airbnb Reisenden ein innovatives Wertangebot macht (Guttentag 2015), und aktuell im Lebensmittelhandel durch Lieferdienste wie Gorillas, Flink,oder Knuspr.

In der Forschung wird argumentiert, dass die digitale Transformation die Grundlage für weitere Formen der Innovation bildet (Yoo et al. 2012). In der Tat haben die genannten Beispiele für Geschäftsmodellinnovation alle eine Gemeinsamkeit: Sie wurden durch digitale Technologien ermöglicht. Die Innovation der Geschäftsmodelle stellt somit eine Möglichkeit dar, die digitale Transformation zu bewältigen, die wie zuvor beschrieben gravierende Auswirkungen auf die Industrielogik und die Wertschöpfung hat (Riasanow et al. 2020; Teece 2018a; Weking et al. 2020c).

2 Geschäftsmodelle

2.1 Definition

Eine Erkenntnis, die sich aus den allgemeinen Überlegungen zu den Auswirkungen der digitalen Transformation auf Unternehmen ergibt, ist die zentrale Rolle des Geschäftsmodells. Dies mag nicht überraschen, da der Ursprung des Konzepts eng mit der Verbreitung des Internets und dem Aufkommen des Online-Handels verbunden ist. Folglich hat sich das Konzept der Geschäftsmodelle in den letzten zwei Jahrzehnten rasch weiterentwickelt (Massa et al. 2017).

Das Geschäftsmodell eines Unternehmens konzentriert sich auf die Art und Weise, wie ein Unternehmen Werte schafft und erwirtschaftet (Amit und Zott 2010; Steininger 2019). Trotz des wachsenden Interesses sowohl in der Forschung als auch in der Praxis wurde noch kein Konsens darüber erzielt, was ein Geschäftsmodell eigentlich ist (Al-Debei und Avison 2010; Massa et al. 2017). Massa et al. (2017) haben drei Kategorien von Geschäftsmodell-Definitionen identifiziert. Eine Kategorie betrachtet das Geschäftsmodell als Attribut des Unternehmens, das sich auf den Geschäftsbetrieb auswirkt. Die zweite Kategorie untersucht „Geschäftsmodelle als Modelle“ (Baden-Fuller und Morgan 2010) und betrachtet das Geschäftsmodell als ein kognitives Schema. Die dritte Kategorie hingegen verwendet das Geschäftsmodell als ein Mittel zur formalisierten Beschreibung eines Unternehmens. Diese fehlende Übereinstimmung führt sowohl in der Praxis als auch in der Forschung zu Problemen, insbesondere im Kontext von Geschäftsmodellinnovationen (Foss und Saebi 2018; Gassmann et al. 2019; Teece 2010). Nichtsdestotrotz gibt es einen wachsenden Konsens über die dritte Kategorisierung, die sich auf das Wertversprechen, die Wertschöpfungskette, das Erlösmodell und die Kunden eines Unternehmens konzentriert (Foss und Saebi 2018). Diese vier Elemente werden von Gassmann et al. (2019) auch als magisches Dreieck bezeichnet wird, welches in Abb. 1 dargestellt ist.

Abb. 1
figure 1

Das magische Dreieck (Gassmann et al. 2020)

Konkret lässt sich das Geschäftsmodell daher wie folgt definieren: Das Geschäftsmodell beschreibt die Logik, die Daten und andere Nachweise, die ein Wertversprechen für den Kunden unterstützen, sowie eine tragfähige Struktur von Einnahmen und Kosten für das Unternehmen, das diesen Wert liefert, artikuliert. Es geht um den Nutzen, den das Unternehmen für die Kunden erbringen wird, wie es sich dafür organisiert und wie es einen Teil des von ihm erbrachten Wertes einnehmen wird (Teece 2010). Eine genauere Aufschlüsselung der Elemente nach Teece beinhaltet also das Wertversprechen, die Wertschöpfung, die Werterfassung, die Ressourcen und Kompetenzen des Unternehmens und seine Organisationsstruktur (Teece 2010; Zott und Amit 2010).

2.2 Elemente des Geschäftsmodells

Es gibt mehrere verschiedene Klassifizierungen dieser Elemente. Eine weithin bekannte Klassifizierung folgt dem Business Model Canvas (Abb. 2), der besagt, dass das Geschäftsmodell aus neun Komponenten besteht: Partner, Schlüsselaktivitäten, Schlüsselressourcen, Wertangebot, Kanäle, Kostenstruktur, Ertragsströme, Kundenbeziehungen und Kundensegmente (Osterwalder und Pigneur 2010).

Abb. 2
figure 2

Der Business Model Canvas (Osterwalder und Pigneur 2010)

Das Wertversprechen kann sowohl ein physisches also auch ein digitales Produkt oder ein Service sein, der vom Unternehmen angeboten wird. Es ist das Ergebnis der Wertschöpfung, die alle Aktivitäten zur Erstellung des Wertversprechens umfasst: die Ressourcen und Kompetenzen, über die ein Unternehmen verfügt, und die Art und Weise, wie diese im Geschäftsbetrieb eingesetzt werden. Die Kundenschnittstelle beschreibt, wie das Unternehmen mit seinen Kunden in Kontakt tritt, um Werte zu liefern oder auszutauschen, und wie die Vertriebskanäle zur Erzielung von Einnahmen aussehen. Hier ist es eine wichtige Voraussetzung, dass die Unternehmen ihre Kunden richtig identifizieren und analysieren. Die finanziellen Aspekte schließlich erklären, wie der Wert erfasst wird. Dazu gehören die Kostenstruktur sowie die Preis- und Ertragsmechanismen (Osterwalder und Pigneur 2010).

Bei der Frage, welche Aspekte als Hauptzweck in die Gestaltung eines Produkts oder einer Dienstleistung integriert werden sollten, um letztlich einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen, wurden drei verschiedene Wertschöpfungsmechanismen ermittelt: Neuheit, Effizienz oder Komplementarität (Hahn et al. 2018). Neuheit konzentriert sich auf die Weiterentwicklung der üblichen Vertriebs- oder Austauschkanäle, während es bei Effizienz darum geht, Prozesse und Produkte effizienter zu gestalten, indem man z. B. Plattformen für effizientere interorganisatorische Prozesse anbietet (Hein et al. 2018a) Komplementarität befasst sich mit der Verknüpfung von Ressourcen oder Vermögenswerten und der Nutzung ihrer Synergien (Feller et al. 2011; Hahn et al. 2018). Um eine erfolgreiche Aneignung von Werten zu ermöglichen, haben sich drei verschiedene Ansätze als wirksam erwiesen: Bündelung, Lock-in, Imitationsbarrieren, Plattform-Ressourcen und nachgelagerte Fähigkeiten (Hahn et al. 2018). Bei der Bündelung werden mehrere Ressourcen kombiniert, um den Wert im Gesamten zu erhöhen. Lock-in beschreibt, dass der Kunde in irgendeiner Weise an das Unternehmen bzw. dessen Angebot gebunden ist, z. B. wenn hohe Kosten beim Wechsel zu anderen Anbietern anfallen. Die Imitationsbarriere bezieht sich darauf, dass man sich mit einem einzigartigen Geschäftsmodell auf dem Markt behaupten kann, das für Wettbewerber schwer zu imitieren ist (Hahn et al. 2018; Rai und Tang 2014).

2.3 Theoretische Grundlagen

Das Geschäftsmodell ist eine integrierte Sichtweise verschiedener Theorien der Management- und Strategieforschung (Foss und Saebi 2018; Hedman und Kalling 2017). Um das Geschäftsmodell z. B. in Bezug auf Leistung, Wettbewerb oder Innovation zu verstehen, wurden bisher verschiedene Ansätze verfolgt: Dynamic Capabilities, Threat-Rigidity- und Prospect-Theorien, Entrepreneurship-Theorie, Transaktionskosten der Wirtschaftswissenschaften oder der Resource-Based-View (RBV) (Foss und Saebi 2018). Das letztgenannte Konzept der ressourcenbasierten Sichtweise hat sich als die am häuftigsten verwendete Theorie zur Untersuchung von Geschäftsmodellen und deren Auswirkungen erwiesen (Al-Debei und Avison 2010; Amit und Zott 2001; Foss und Saebi 2018; Hedman und Kalling 2017; Steininger 2019). Im Mittelpunkt stehen dabei die Ressourcen, die einem Unternehmen zur Verfügung stehen und die für den Erfolg des Unternehmens entscheidend sind (Barney 2016). Übertragen auf Geschäftsmodelle spiegelt es die strategische Bedeutung der Konfiguration von Ressourcen wider und bestimmt damit deren zielgerichtete Nutzung im Wertschöpfungsprozess (Al-Debei und Avison 2010; Hedman und Kalling 2017). Die Architektur des Geschäftsmodells auf Basis des RBV betont die strategische Bedeutung von unternehmerischen Ressourcen und Kompetenzen in Verbindung mit ihrer Integration für die Generierung des Werteversprechens an die Kund:innen und sichert dadurch einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.

Da der RBV ein inhaltsbasierter Ansatz zur Strategie ist, wurde die Beziehung zwischen dem Begriff des Geschäftsmodells und dem der Strategie untersucht. Geschäftsmodelle dienen dazu, die Lücke zwischen Strategie und Geschäftsprozessen zu schließen. Ein Geschäftsmodell bildet eine greifbare, taktische Ebene zwischen der stark aggregierten Unternehmensstrategie und den operationalen Geschäftsprozessen (Al-Debei und Avison 2010; Bock und Wiener 2017; Veit et al. 2014). Diese unterschiedliche, aber miteinander verknüpfte Beziehung stellt das Geschäftsmodell somit als mittlere Schicht dar (Abb. 3), die auch die zur Ausführung verwendeten Informationssysteme umfasst (Al-Debei und Avison 2010).

Abb. 3
figure 3

Das Geschäftsmodell als konzeptionelles Instrument der Anpassung (Al-Debei und Avison 2010)

3 Geschäftsmodell-Entwicklung

In der Praxis besteht die Entwicklung eines Geschäftsmodells nicht nur aus der Beschreibung der Elemente (Weking et al. 2020b). Nach der ersten Definition und der Beschreibung der gewünschten Elemente folgt nach einer ersten Erprobungsphase die Neubewertung. In dieser Phase sollten geeignete und ungeeignete Elemente identifiziert und angepasst werden in der anschließenden Geschäftsmodell-Entwicklungsphase (Ojala 2016).

Bei der Entwicklung erfolgreicher Geschäftsmodelle haben sich in der bisherigen Forschung vier verschiedene Muster herauskristallisiert: Neuheit, Lock-in, Komplementaritäten und Effizienz (Amit und Zott 2001). Neuheit konzentriert sich auf innovative Wege der Wertschöpfung. Lock-in bedeutet, den Kunden in seinem Geschäft zu halten, zum Beispiel durch Wechselkosten oder Netzwerkexternalitäten. Durch die Bündelung von Aktivitäten können Komplementaritäten die Wertschöpfung weiter vorantreiben. Effizienz konzentriert sich schließlich auf Kosteneinsparungen im Prozess der Wertschöpfung und -erbringung. Diese Muster sind relevant, wenn es darum geht herauszufinden, wie bzw. mit welchem Ziel die Geschäftsmodellelemente gestaltet werden sollen. Als Orientierungshilfe für Unternehmen sollten sie sich über mehrere Fakten im Klaren sein: die Ziele des Geschäftsmodells, welche neuen Aktivitäten für die Realisierung erforderlich sind, wie diese Aktivitäten miteinander verbunden sind, wer für die Ausführung welcher Aktivität verantwortlich ist, ob neue Governance-Regelungen erforderlich sind, wie der Wert tatsächlich generiert wird und schließlich, wie das Ertragsmodell aussehen könnte (Amit und Zott 2001).

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Kundenorientierung bei der Gestaltung des Geschäftsmodells (Steininger 2019). Das bedeutet, dass es so ausgerichtet werden muss, dass es den Kunden einen Wert liefert, der als genauso hoch oder höher empfunden wird wie der Geldbetrag, den sie dafür zu zahlen bereit sind (Steininger 2019). Die Präferenz eines Kunden für ein bestimmtes Geschäftsmodell gegenüber einem anderen kann durch verschiedene Faktoren wie Datenschutz, Wechselkosten, Aufwand oder Kontrolle über die eigenen Daten begründet sein (Baird und Raghu 2015).

3.1 Anwendung und Funktion des Geschäftsmodell-Konzepts

Das Geschäftsmodell wird häufig verwendet, um das Potenzial der Wertschöpfung und -erfassung in einem Unternehmen aufzuzeigen und zu spezifizieren (Al-Debei und Avison 2010; Steininger 2019). Dazu gehört auch die Monetarisierung neuartiger Technologien und Innovationen im Rahmen des Wertangebots eines Unternehmens (Al-Debei und Avison 2010; Chesbrough 2002, 2010). Es wird genutzt, um den (technologischen) Wandel oder das Ergreifen von Chancen besser zu verstehen und in der Praxis greifbarer zu machen (Steininger 2019). Auf diese Weise kann es helfen, Herausforderungen in einem von Änderungen und Unsicherheiten geprägten Umfeld zu bewältigen. Durch seine vermittelnde Rolle zwischen Unternehmensstrategie und Geschäftsprozessen hilft es, deren Kompatibilität sicherzustellen oder IT-Komponenten aufeinander abzustimmen (Al-Debei und Avison 2010; Steininger 2019).

Die Funktionen, die ein Geschäftsmodell erfüllen kann, lassen also sich in vier Bereiche unterteilen: Erklären, Unterstützen, Vermitteln/Verbinden und Ressourcen nutzen. Die Erklärungsfunktion bezieht sich auf Innovationsprozesse und die Geschäftslogik aus einer ganzheitlichen Perspektive (Al-Debei und Avison 2010; Wendler et al. 2017). Dazu gehören die interne Spezifizierung von Erlösmechanismen oder die Struktur der Wertschöpfungskette (Bock und Wiener 2017), aber auch nach außen gerichtete Perspektiven auf das Marktsegment, die Kundenprofile und die Positionierung des Unternehmens im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk zwischen Lieferanten und Kunden (Chesbrough 2010).

Das Geschäftsmodell kann auch eine unterstützende Wirkung haben. Unterstützung ist in dem Sinne gemeint, dass es hilft, mit einem dynamischen Umfeld umzugehen, und dass es ermöglicht, den Kundenfokus beizubehalten, auch wenn sich die Kundenbedürfnisse häufig ändern (Soluk und Kammerlander 2021; Wendler et al. 2017). Darüber hinaus erleichtert es die strategische Entscheidungsfindung und ermöglicht die Festlegung und Verfolgung einer Wettbewerbsstrategie (Al-Debei und Avison 2010; Chesbrough 2010).

Die Vermittlungsfunktion bringt IT-bezogene Aspekte näher an die wirtschaftlichen heran (Chesbrough 2002). Dies soll für die tatsächliche Realisierung wirtschaftlicher Vorteile und die Lieferung strategischer Ergebnisse genutzt werden (Al-Debei und Avison 2010).

Darüber hinaus kann das Geschäftsmodell bei der Ressourcennutzung die optimale Nutzung von Informationssystemen und Assets vorantreiben. Durch die Identifizierung ungenutzter Potenziale kann deren Zuweisung angepasst werden (Hedman und Kalling 2017; Schwarz et al. 2017).

3.2 Geschäftsmodell-Klassifizierungen

Die bestehende Geschäftsmodell-Literatur bietet eine Vielzahl von Rahmenwerken, die die Geschäftsmodelle eines Unternehmens charakterisieren und klassifizieren (El Sawy und Pereira 2013; Weking et al. 2020a). In der Forschung wird zwischen allgemeinen und spezifischen Geschäftsmodell-Rahmenwerken unterschieden. Allgemeine Geschäftsmodell-Rahmenwerke konzentrieren sich auf gemeinsame Elemente, um ein Geschäftsmodell zu beschreiben. El Sawy und Pereira (2013) zeigen zum Beispiel 26 allgemeine Geschäftsmodell-Ansätze auf. Gemeinsame Beispiele sind:

  • der Business Model Canvas mit neun Dimensionen (Osterwalder und Pigneur 2010),

  • das magische Dreieck mit vier Dimensionen (Gassmann et al. 2014),

  • der Geschäftsmodell-Rahmen nach Abdelkafi et al. (2013) mit fünf Hauptelementen,

  • das Unified Business Model Framework als konzeptioneller Geschäftsmodell-Rahmen (Al-Debei und Avison 2010) und

  • das STOF-Modell als dienstleistungsorientierter Geschäftsmodell-Rahmen (Bouwman et al. 2008; De Reuver et al. 2013).

Alle diese Modelle umfassen die folgenden Elemente zur Charakterisierung eines Geschäftsmodells: Wertangebot, Wertlieferung, Wertschöpfung und Werterfassung. Darüber hinaus gibt es Geschäftsmodell-Rahmenwerke, die nicht direkt auf wertbasierte Elemente, sondern auf spezifische Aspekte eingehen. Das Casual-Loop-Diagramm (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, 2011) als logisch orientiertes Geschäftsmodell-Rahmenwerk verwendet Entscheidungen und Konsequenzen, um Geschäftsmodelle zu beschreiben und ihre verstärkenden Zyklen hervorzuheben. Das matrixförmige Geschäftsmodell-Rahmenwerk nach Weill und Ross (2005) konzentriert sich auf vier Geschäftsmodell-Archetypen (Ersteller, Vertreiber, Vermieter und Makler) und die Art des eingesetzten Vermögens (d. h. finanziell, physisch, immateriell und menschlich) (Weill et al. 2011). Das Komponentengeschäftsmodell von IBM (Chesbrough 2010; Pohle und Chapman 2006) veranschaulicht die Kategorie der auf Spezialisierung ausgerichteten Geschäftsmodell-Rahmenwerke. Es umfasst eine Aktivitätsebene (d. h. direkt, Kontrolle und Ausführung) und deckt keine Dimension der direkten Wertschöpfung ab. Neben spezialisierten Geschäftsmodell-Rahmenwerken gibt es auch Geschäftsmodell-Rahmenwerke, die auf einen bestimmten Kontext zugeschnitten sind: digitale Geschäftsmodelle allgemein (Bock und Wiener 2017), Big Data (Baecker et al. 2021a), FinTechs (Eickhoff et al. 2017), Retail (Böttcher et al. 2021c), Carsharing (Remane et al. 2016), Blockchain (Weking et al. 2020c), Industrie 4.0 (Weking et al. 2020c), Plattformen (Täuscher und Laudien 2018), Künstliche Intelligenz (Weber et al. 2021), oder autonome Software (Weber et al. 2020). Die große Anzahl an Rahmenwerken sowie deren Unterschiede unterstreichen die universelle Relevanz und Einsetzbarkeit des Konstrukts.

3.3 Unternehmensfähigkeiten für erfolgreiche Geschäftsmodelle

Unternehmen müssen über gewisse Fähigkeiten verfügen, um erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen. Diese Fähigkeiten zielen größtenteils auf die Generierung von Werten und die Umsetzung des Geschäftsmodells ab. Die Fähigkeit, vorhandenes Wissen zu nutzen oder neues Wissen aufzubauen, ist dabei essenziell, um Markt- und Technologiewissen zu integrieren und das Potenzial disruptiver Innovationen zu erschließen (Kranz et al. 2016). Darüber hinaus erleichtert diese Fähigkeit bei Bedarf den Wechsel des Geschäftsmodells (Kranz et al. 2016). Im digitalen Kontext sind zudem die IT-Fähigkeiten von hoher Bedeutung. Für Unternehmen bedeutet dies, über das entsprechende technische Know-how, Forschungs- und Entwicklungs- sowie Marktanalysefähigkeiten zu verfügen, um Chancen und Innovationen für sich zu nutzen (Rai und Tang 2014). Dies ermöglicht auch eine praktische Umsetzung des Geschäftsmodells in der beabsichtigten Form (Clohessy et al. 2016).

Um die Digitalisierung des Geschäftsmodells oder des Unternehmens im Allgemeinen zu realisieren, sind dynamische Fähigkeiten (z. B. der Aufbau strategischer Partnerschaften und die Erweiterung des Unternehmensnetzwerks) die treibende Kraft (Amit und Zott 2001; Soluk und Kammerlander 2021). Etwas spezifischer ausgedrückt, ermöglichen die Fähigkeiten, den Kunden individuellere Dienstleistungen anzubieten, den Unternehmen eine schnellere Anpassung an dynamische Märkte und schwankende Anforderungen oder Erwartungen (Soluk und Kammerlander 2021).

Für die internen organisatorischen Abläufe in einem Unternehmen und sein Management bedeutet die Einführung neuer Geschäftsmodelle vor allem, Ambidexterität zu zeigen (Kranz et al. 2016). Ambidextrie bedeutet hier die Fähigkeit, Unternehmensziele zielgerichtet und effizient zu verfolgen, gleichzeitig, aber auch offen für Agilität, Innovation und Veränderung zu sein.

4 Digitale Geschäftsmodelle

4.1 Digitale Technologien und ihre Integration in Geschäftsmodelle

Die Einbeziehung digitaler Technologie in das Geschäftsmodell bedeutet, dass die Elemente des Tätigkeitssystems grundlegend durch den Einsatz digitaler Technologie verändert werden, sodass ein digitales Geschäftsmodell entsteht (Veit et al. 2014). In Ergänzung der vorherigen Geschäftsmodell-Definition kann ein digitales Geschäftsmodell daher in zwei anderen Dimensionen unterschieden werden: digitale Geschäftsmodelle in IT-Branchen und IT-Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle. In beiden Fällen ist digitale Technologie und ihre Integration in die unternehmerische Praxis der Schlüsselfaktor (Veit et al. 2014).

Digitale Technologie ist ein weit gefasster Begriff für eine Vielzahl von elektronischen Ressourcen, Methoden oder Systemen, die Daten erzeugen, speichern oder verbrauchen. Da es sich hierbei um ein sich ständig weiterentwickelndes IT-Forschungs- und Entwicklungsthema handelt, hat es in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte hinsichtlich des Anwendungspotenzials und damit der Bedeutung erfahren (Clohessy et al. 2016). Im Unternehmenskontext wird Technologie auf den unterschiedlichsten Ebenen eingesetzt. Auch wenn sich der Begriff des digitalen Geschäftsmodells erst später entwickelt hat, wurden Begriffe wie E-Business bereits früher verwendet, um ähnliche Konzepte zu beschreiben (Hedman und Kalling 2017). Um einige Beispiele zu nennen, geht es um die digitale Anreicherung physischer Produkte, wie das Internet der Dinge (IoT), Cloud Computing, Software as a Service (SaaS), künstliche Intelligenz, Big Data, Business Analytics, virtuelle und erweiterte Realität oder Distributed-Ledger-Technologie (Au et al. 2019; Bock und Wiener 2017, 2018; Clohessy et al. 2016; Kranz et al. 2016; Kühne und Böhmann 2019; Soluk und Kammerlander 2021; Eggers et al. 2021a b;  Weber et al. 2021) Die Rolle, die eine solche digitale Technologie in einem Unternehmen einnehmen kann, lässt sich in drei verschiedene Arten einteilen: 1) Komponenten, 2) Produkte oder 3) Infrastruktur (Ojala 2016).

Produkte und Komponenten bedeuten, dass das Angebot eines Unternehmens selbst eine digitale Technologie ist oder zumindest Teile des Angebots auf ihr basieren. Infrastruktur bezieht sich auf die zugrunde liegende IT-Infrastruktur, die in einem Unternehmen vorhanden ist, um alle Geschäftsprozesse zu ermöglichen. Um dies mit den Elementen eines Geschäftsmodells in Verbindung zu bringen, hat sich gezeigt, dass praktisch alle Unternehmen heute IT zumindest in ihrer grundlegenden Infrastruktur, z. B. durch ERP-Systeme, nutzen (Steininger 2019).

Um aus einer Technologie Wert zu schöpfen, kann man sie entweder in das bestehende Geschäft integrieren oder ein völlig neues Geschäft gründen, das sich auf die Nutzung dieser Technologie konzentriert und so Verbundvorteile schafft (Chesbrough 2010). Auf der Grundlage des Umfangs der IT-Nutzung in den Aspekten Produkt, Infrastruktur und Kundenschnittstelle für die Wertschöpfung und -bereitstellung können vier Muster unterschieden werden (Abb. 4): 1) IT als Facilitator, 2) IT als Mediator, 3) IT als Outcome oder 4) IT als Ubiquity (Steininger 2019). IT als Facilitator bezieht sich nur auf die Infrastruktur, die von der IT bestimmt wird und den Verkauf eines traditionellen Produkts oder einer Dienstleistung unterstützt. Als Mediator wird die IT eingesetzt, um ein Unternehmen mit seinen Kunden zu verbinden, z. B. über das Internet, um einen Mehrwert für seine Produkte zu schaffen. Wenn die Wertschöpfung durch eine Software oder Hardware als Verkaufsartikel erfolgt, kann die IT selbst als Ergebnis (Outcome) des Prozesses angesehen werden. In der höchsten Stufe der IT-Nutzung in allen drei Bereichen (Produkt, Infrastrukturmanagement und Kundenschnittstelle) ist die IT beim Verkauf digitaler Produkte, die vollständig online geliefert werden, allgegenwärtig (IT als Ubiquity) (Steininger 2019). Die Muster (3) und (4), IT als Ergebnis und als Ubiquity, wirken sich direkt auf das Produkt, also das Wertversprechen eines Unternehmens, aus. Dies kann durch die digitale Aufwertung von Produkten oder Dienstleistungen oder deren Neukonfiguration geschehen (Au et al. 2019; Bock und Wiener 2018; Gozman et al. 2018; Zolnowski et al. 2011). Wenn die Kundenschnittstelle involviert ist, Muster (2) und (4), stärkt dies den Kundenfokus. Dies geschieht durch die Möglichkeit, serviceorientiert zu sein, Kundenaktivitäten zu steuern oder einen direkten Kommunikationskanal bereitzustellen (Zolnowski et al. 2016, 2011). Um konkretere Anwendungsfälle zu nennen, können zum Beispiel Informationssysteme in ein Unternehmen einbezogen werden. Diese verändern die Ressourcenbasis eines Unternehmens und können somit alle Ebenen beeinflussen. Ein Informationssystem kann das Geschäftsmodell entweder unterstützen, ermöglichen oder befähigen (Hedman und Kalling 2017; Peters et al. 2015). Ein weiteres Beispiel ist der Aufbau eines Informationsflusses durch die IT einschließlich seiner Organisation, Einschränkung und Individualisierung (Al-Debei und Avison 2010; Gozman et al. 2018).

Abb. 4
figure 4

IT-Nutzung in digitalen Geschäftsmodellen (Steininger 2019, S. 377)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass digitale Technologien neue digitale Produktoptionen und Funktionalitäten ermöglichen und damit auch nachhaltige Verlässlichkeit bieten können. In Bezug auf Geschäftsmodelle hat die IT somit die ermöglichende Funktion, digitale Geschäftsmodelle auf neuartige Weise zu gestalten und traditionelle Geschäftsmodelle zu revolutionieren (Steininger 2019).

4.2 Auswirkungen digitaler Technologie

Um Technologien wirksam einsetzen und nutzen zu können, damit sie sich auf ein Unternehmen auswirken, ist eine entsprechende IT-Infrastruktur erforderlich. Diese geht mit dem entsprechenden technischen Wissen einher (Al-Debei und Avison 2010; Zolnowski et al. 2016). Der Einsatz neuer Technologien, einschließlich ganzer Informationssysteme, verändert die Quellenbasis und damit das Tätigkeitssystem eines Unternehmens (Hedman und Kalling 2017). Im folgenden Abschnitt geht es um die Auswirkungen, die eine Technologie insbesondere auf das Geschäftsmodell eines digitalen Unternehmens, seine vier Säulen und die damit verbundenen Faktoren hat.

Geschäftsmodell und Wettbewerbsvorteil

Auf einer höheren Ebene erleichtert die Einführung oder Entwicklung neuer Technologien die Realisierung und das allgemeine Auftreten verschiedener Arten von Geschäftsmodellen (Gozman et al. 2018). Darüber hinaus bewirken sie die Veränderung und Ausformung eines Geschäftsmodells (Bock und Wiener 2018; Clohessy et al. 2016; Gozman et al. 2018; Mütterlein und Hess 2017; Zolnowski et al. 2016). Grob formuliert, geschieht dies, weil sie in das Unternehmen integriert werden und damit, wie bereits erwähnt, die Ressourcenbasis eines Unternehmens verändern. Die Neukonfiguration und das Aufkommen neuer Geschäftsmodelle bedeuten auch, dass traditionelle Geschäftsmodelle, die diese Technologien nicht einbeziehen, möglicherweise nicht mehr bestehen (Bock und Wiener 2018; Loebbecke und Picot 2015). Insbesondere IT hat zur Entwicklung einer wachsenden Zahl von Dienstleistungsgeschäftsmodellen geführt, d. h. von Modellen, die eine Dienstleistung als Wertversprechen anbieten (Zolnowski et al. 2016). Insgesamt bieten digitale Technologien neuartige Möglichkeiten der Wertschöpfung und wirken sich somit auf den gesamten Prozess der Wertschöpfung und -erfassung aus (Peters et al. 2015). Zudem werden sie genutzt, um die Unsicherheiten in dynamischen digitalen Umgebungen zu bewältigen (Bock und Wiener 2018).

Betrachtet man das Wertangebot, so bieten digitale Technologien (teilweise als Anwendung in einem IT-System) neue Möglichkeiten für Produkte und Dienstleistungen (Bock und Wiener 2017). Dazu gehört die Schaffung völlig neuer, digitaler Wertversprechen oder die Ausstattung physischer Produkte mit innovativen technischen Merkmalen oder ergänzenden Produkten (Au et al. 2019; Bock und Wiener 2017; Kranz et al. 2016; Loebbecke und Picot 2015; Lucas und Goh 2009). Digitale Wertversprechen können in drei Kategorien unterteilt werden: 1) digitale Produkte, d. h. bestimmte Inhalte oder Software, 2) digitale Erlebnisse, die die Anpassung von Produkten oder den Aufbau von Gemeinschaften umfassen, und 3) digitale Dienstleistungen, die z. B. Plattformen oder die digitale Aufwertung eines Produkts umfassen (Bock und Wiener 2017; Floetgen et al. 2021b, c). Technologie kann auch eingesetzt werden, um reine Daten mit dem Wertversprechen eines Unternehmens zu verbinden und dadurch wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen (Baecker et al. 2021a; Kammler et al. 2019; Kühne und Böhmann 2019; Weber et al. 2021). Diese können für verschiedene Zwecke weiterverwendet werden, unter anderem zur Verbesserung der Produktqualität und zur Senkung der Produktionskosten (Hedman und Kalling 2017; Eggers und Hein 2020). Sie werden auch für die strategische Entscheidungsfindung genutzt (Al-Debei und Avison 2010).

Die eingeführten digitalen Technologien verändern die Säule Infrastruktur grundlegend, indem sie zu einer Schlüsselressource werden. Dies wiederum ermöglicht die Weiterentwicklung und Bereitstellung digitaler Produkte und Dienstleistungen aus der zugrunde liegenden Architektur (Clohessy et al. 2016; Kammler et al. 2019; Kühne und Böhmann 2019; Metzler und Muntermann 2020). Auch eine Entwicklung von der Produkt- zur Serviceorientierung konnte in der Folge beobachtet werden (Kühne und Böhmann 2019; Metzler und Muntermann 2020). Bei Netzwerken wird die IT genutzt, um das Netzwerk eines Unternehmens auf- oder auszubauen, indem man sich mit Kunden, Lieferanten oder anderen Dritten verbindet (Zolnowski et al. 2016). Insgesamt können die gesamten Aktivitäten der Wertschöpfungskette von digitalen Technologien betroffen sein, ausgelöst durch eine Veränderung auf der Ressourcenebene (Feller et al. 2011; Hedman und Kalling 2017; Zolnowski et al. 2016). Auf der Kundenseite beziehen sich die wichtigsten Veränderungen durch digitale Technologien auf den Informationsfluss und die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Unternehmen und Kunden (Al-Debei und Avison 2010; Peters et al. 2015; Veit et al. 2014). Im Allgemeinen kann die IT dazu beitragen, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, ein besseres Serviceerlebnis zu schaffen und so mehr Kunden anzuziehen und zu halten (Au et al. 2019; Gomber et al. 2018). Die aktive Einbindung des Kunden kann auch über digitale Netzwerke oder Plattformen erfolgen (Bock und Wiener 2017; Zolnowski et al. 2016).

Effekte wie reduzierte Kosten im Wertschöpfungsprozess durch den Einsatz von Technologie beziehen sich auf die finanziellen Elemente des Geschäftsmodells (Metzler und Muntermann 2020). In diesem Zusammenhang können neue Kostenstrukturen (z. B. Rationalisierung durch Automatisierung (Hedman und Kalling 2017)) und Ertragsströme entstehen und realisiert werden, die zur Unterstützung der Einführung von Produktmerkmalen eingerichtet werden sollten (Clohessy et al. 2016).

Erweitert man den Blickwinkel auf den Wettbewerb auf dem Markt, kann die IT dazu beitragen, die Eintrittsbarrieren für neue Akteure zu senken (Böttcher et al. 2021d; Drechsler et al. 2020). So können Unternehmen, die ein durch neuartige Dienstleistungen erweitertes Produkt anbieten, mit geringen Investitionen in die Infrastruktur in neue Märkte eintreten. In einem solchen Fall ist das Risiko für die Unternehmen letztlich geringer (Böttcher und Weking 2020). Einerseits erschwert ein erhöhtes Maß an Standardisierung, beispielsweise durch Big-Data-Technologien, die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen (Loebbecke und Picot 2015). Andererseits tragen die fortgeschrittenen Optionen für Wertangebote positiv zu einem solchen Vorteil bei, vorübergehend oder sogar langfristig (Hedman und Kalling 2017; Soluk und Kammerlander 2021). Voraussetzung dafür sind die Differenzierung vom Wettbewerb (bei Angeboten, externen Partnerschaften und Aktivitäten in der Wertschöpfungskette) sowie der Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen (Hedman und Kalling 2017).

Digitale Transformation

Ein Phänomen, das durch Technologie in einem Unternehmenskontext ermöglicht und ausgelöst wird, ist die digitale Transformation (Böttcher und Weking 2020; Drechsler et al. 2020; Metzler und Muntermann 2020). Nach einer möglichen Definition beschreibt die digitale Transformation die Veränderungen, die Technologien (Informations-, Computer-, Kommunikations- und Konnektivitätstechnologien) im Geschäftsmodell eines Unternehmens bewirken, indem sie neue Angebote, Betriebsstrukturen, Prozesse oder Automatisierung schaffen (Hess et al. 2016; Vial 2019). In diesem Zusammenhang wird die digitale Transformation innerhalb eines Unternehmens von mehreren Faktoren angetrieben. Vor allem durch externe Kräfte im Umfeld wie Wettbewerbsdruck (insbesondere für etablierte Unternehmen), Verbraucherverhalten, Demokratisierung (d. h. eine dynamische Wettbewerbssituation) und eine neue, digitale Geschäftsgrundlage für Angebote (Böttcher und Weking 2020; Drechsler et al. 2020). Der Prozess, den ein Unternehmen in der digitalen Transformation durchläuft, besteht häufig aus drei Phasen. Zuerst werden die Prozesse digitalisiert, dann die Produkte und Dienstleistungen und im letzten Schritt das Geschäftsmodell (Soluk und Kammerlander 2021). Die Digitalisierung des Geschäftsmodells bedeutet dann, dass integrierte, digitale Landschaften geschaffen werden und die Digitalisierung schließlich in der gesamten Organisation verbreitet wird (Soluk und Kammerlander 2021). Die oben genannten Effekte, die Technologie auf ein Geschäftsmodell generieren kann (wie z. B. Veränderung der Geschäftsmodell-Elemente, neue Kundenbeziehungen, digitale Angebote usw.), werden also durch den Prozess der digitalen Transformation begleitet oder erreicht (Böttcher und Weking 2020; Metzler und Muntermann 2020). Durch die digitale Transformation werden digitale Technologien als Kernobjekt in ein Geschäftsmodell eingebunden, das dann ein digitales Geschäftsmodell darstellt.

4.3 Auswirkungen von digitalen Geschäftsmodellen

Indem ein digitales Geschäftsmodell innovative Technologien in die Umsetzung der Geschäftsstrategie und -prozesse integriert, nutzt es sie zur Wertschöpfung. Die oben erwähnten Auswirkungen, die eine digitale Technologie bieten kann, werden somit durch das Geschäftsmodell operationalisiert. Es ist ein Werkzeug für den systematischen Einsatz, das Management und die Kommerzialisierung dieser Technologien, um ihren Wert freizusetzen (Al-Debei und Avison 2010).

Damit ein digitales Geschäftsmodell eine signifikante Auswirkung auf den Unternehmenskontext hat, erfordert es eine einzigartige Konfiguration von Ressourcen und Aktivitäten im gesamten Wertschöpfungsprozess (Al-Debei und Avison 2010; Hedman und Kalling 2017). Damit kann ein digitales Geschäftsmodell, obwohl Innovation eine Quelle für neue Geschäftsmodelle ist, seinerseits ein Ursprung für Innovation sein (Böttcher und Weking 2020; Metzler und Muntermann 2020).

Wertschöpfung und -erfassung

In der Geschäftsabwicklung eines Unternehmens wird das digitale Geschäftsmodell als eine Quelle überlegener Wertschöpfung und -erfassung angesehen (Amit und Zott 2001, 2010; Chesbrough 2002). Diese Beziehung ergibt sich aus der Tatsache, dass das Geschäftsmodell die Offenlegung von Kundenanforderungen und die Einführung von Technologien fördert. Auf diese Weise verbindet ein digitales Geschäftsmodell soziale mit technologischen Elementen, und es können spezifische, tatsächlich gewünschte Kundenanforderungen verfolgt werden (Chesbrough 2002). Erweiterungen wie Geschäftsmodellportfolios wurden ebenfalls zur Unterstützung der Kundenorientierung entwickelt. Sie kommen zum Einsatz, wenn mehrere unterschiedliche Geschäftsmodelle in einem Unternehmen gehandhabt werden (Schwarz et al. 2017). Das Geschäftsmodell-Konzept bietet auch Mechanismen, um den Wert einer Innovation durch Kommerzialisierung tatsächlich zu erfassen (Chesbrough 2002).

Wettbewerbsvorteil

Die Verfolgung eines speziellen digitalen Geschäftsmodells kann die Grundlage für einen Wettbewerbsvorteil zugunsten eines Unternehmens verändern (Gomber et al. 2018). Dies geschieht durch die überlegene Wertschöpfung und -erfassung, zum Beispiel durch das revolutionierte Kundenerlebnis und damit die Zufriedenheit, wenn dies durch das Geschäftsmodell gezielt herbeigeführt wird. Die Anwendung eines Geschäftsmodells hat sich in einer Reihe von Fällen als Vorteil gegenüber der Konkurrenz erwiesen: z. B. bei der Nutzung und Kommerzialisierung von IKT in ihren Entstehungsphasen oder bei der Durchdringung von Nischenmärkten mit einzigartigen Gütern (Al-Debei und Avison 2010; Chesbrough 2002, 2010). Während die in das Geschäftsmodell eingebettete Technologie in das Geschäftsmodell eingebunden ist, ist es möglich, sich von anderen Unternehmen abzuheben und die Loyalität der (potenziellen) Kunden zu erhöhen (Clohessy et al. 2016; Soluk und Kammerlander 2021). Langfristig wird dadurch ein Wettbewerbsvorteil geschaffen, gestärkt und aufrechterhalten, der es einem Unternehmen ermöglicht, seine Marktposition auch unter den Bedingungen volatiler Märkte zu behaupten (Hedman und Kalling 2017).

Unternehmensleistung

Die Hauptmotivation eines jeden Unternehmens ist in der Regel das Erreichen von wirtschaftlichem Erfolg, der sich in der finanziellen Leistungsfähigkeit widerspiegelt. Bezieht man dies auf das Geschäftsmodell-Konstrukt, so kann der Erfolg eines Unternehmens als geeignetes Maß für den potenziellen Wert eines Geschäftsmodells angesehen werden (Chesbrough 2002). Es wurde festgestellt, dass insbesondere ein einzigartiges Wertangebot, die gezielte Ansprache von Wunschkunden und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen dazu beitragen (Wendler et al. 2017). Die oben genannten Auswirkungen, die eine in ein digitales Geschäftsmodell integrierte Technologie haben kann, fördern letztlich die Umsätze der Unternehmen. Dies bezieht sich auf die Nutzung und Kommerzialisierung von Technologien und Innovationen, die Gewinnung und Bindung von Kunden, die Ermöglichung von Wachstumschancen für Unternehmen und die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen. Letztendlich zeigt sich dies also direkt in der Unternehmensleistung. Ein digitales Geschäftsmodell kann auch als Instrument eingesetzt werden, das die Strategie eines Unternehmens und ihre Operationalisierung und Umsetzung in Geschäftsprozessen mit Unterstützung der IT verbindet (Bock und Wiener 2017; Clohessy et al. 2016). Wenn diese Ausrichtung gegeben ist, kann sie auch eine bessere Leistung fördern. Auch wenn die tatsächlichen Schlüsselfaktoren für den Erfolg eines Unternehmens von Fall zu Fall variieren, scheint es, dass der positive Einfluss eines Geschäftsmodells auf die Unternehmensleistung im Allgemeinen zu beobachten ist (Böhm et al. 2017; Böttcher et al. 2021b; Böttcher und Weking 2020; Haddad et al. 2020; Weking et al. 2019; Wendler et al. 2017). Bei digitalen Technologien, die in die Informationsgesellschaft integriert sind, sind eine effektive Implementierung und Harmonisierung mit anderen Unternehmensressourcen erforderlich, damit diese zur Leistung beitragen können (Hedman und Kalling 2017).

5 Geschäftsmodellinnovation

Da sich ein einzigartiges Geschäftsmodell als Quelle überlegener Wertschöpfung erwiesen hat (Morris et al. 2005) und das Geschäftsmodell oft von größerer Bedeutung für den Markterfolg ist als das Produkt selbst oder eine technologische Innovation (Chesbrough 2007a), ist das Geschäftsmodell zu einem wichtigen Fokus für Innovation geworden (Foss und Saebi 2016). Abb. 5 stellt dar, wie Geschäftsmodellinnovation zusätzliches Innovationspotenzial über Produkt- und Prozessinnovation hinaus schafft. Dabei kann es sich entweder um die Einführung eines innovativen Geschäftsmodells handeln, um technologische Innovationen zu vermarkten oder von ihnen zu profitieren, wie z. B. bei den durch das Internet ermöglichten Online-Shops in den späten 90er Jahren, oder um die Innovation des Geschäftsmodells selbst als eine Form der Innovation wie die Produkt- oder Prozessinnovation (Teece 2010; Weking et al. 2018).

Abb. 5
figure 5

Innovationspotenzial von Geschäftsmodellinnovation (Gassmann et al. 2019)

Die Bedeutung der Innovation für den Unternehmenserfolg und das Wirtschaftswachstum sowie die relative Neuartigkeit der Idee, das Geschäftsmodell zu innovieren, haben zu einem hohen Interesse in Forschung und Praxis geführt (Foss und Saebi 2016). Die meisten Definitionen stimmen in ihrer Kernaussage überein, dass Geschäftsmodellinnovation durch die Veränderung von Geschäftsmodell-Elementen oder deren Zusammenspiel entstehen, was zu einer neuartigen Konfiguration führt. Foss und Saebi (2016) definieren Geschäftsmodellinnovation als designte, neuartige, nicht-triviale Änderungen an den Schlüsselelementen des Geschäftsmodells eines Unternehmens und/oder der Architektur, die diese Elemente verbindet. Durch den Bezug auf die Schlüsselelemente eines Geschäftsmodells, des Wertangebots, der Wertlieferung, der Werterfassung, der Unternehmensressourcen und -kompetenzen sowie der Organisationsstruktur, bietet diese Definition die nötige Klarheit, um Geschäftsmodellinnovation zu identifizieren.

Obwohl sich herausgestellt hat, dass es sich bei Geschäftsmodellinnovation eher um eine Neukombination bestehender Geschäftsmodelle als um völlig neue Ideen handelt (Gassmann et al. 2014), tun sich Unternehmen immer noch schwer, ihre Geschäftsmodelle zu verändern (Teece 2010). In der Forschung gibt es mehrere Erklärungen für dieses Problem. Erstens muss das Unternehmen sein Geschäftsmodell verstehen, bevor es innovativ sein kann (Chesbrough 2007a). Zweitens erfordert eine Änderung des Geschäftsmodells eine Änderung der grundlegenden Geschäftslogik, ihrer Rollen und Verantwortlichkeiten (Sawhney et al. 2006). Die Innovation von Produkten oder Prozessen erfordert keine derartigen Änderungen und ist daher innerhalb der Organisation leichter umzusetzen (Sawhney et al. 2006). Der Fokus auf das bestehende Modell bedroht Unternehmen und bringt sie in Gefahr, ersetzt zu werden (Teece 2010).

Da das Geschäftsmodell eine Quelle für Wettbewerbsvorteile ist, ist die Geschäftsmodellinnovation offensichtlich ein Schöpfer dieses Vorteils (Teece 2010). Paradebeispiele wie Google oder Apple, die ihre Branchen umgestaltet haben, verdanken ihren Erfolg und Wettbewerbsvorteil ihrer Geschäftsmodellinnovation (Gambardella und McGahan 2010). Empirische Studien, die den Zusammenhang zwischen Geschäftsmodellinnovation und Wettbewerbsvorteil untersucht haben, fanden verschiedene Erklärungen und Moderatoren. Zott und Amit (2007) zeigten unabhängig vom Geschäftsumfeld, dass ein Unternehmen umso erfolgreicher war, je innovativer das Geschäftsmodell war. In ihrer Folgestudie zeigte sich, dass die Kombination innovativer Geschäftsmodelle mit unterschiedlichen Produktmarktstrategien positiv zusammenhängt (Zott und Amit 2008). In einer Längsschnittstudie stellen Weill et al. (2011) fest, dass geistiges Eigentum und Innovation zu erfolgreichen Geschäftsmodellen führen. Die Identifizierung und Umsetzung von Geschäftsmodellinnovation kann schwerwiegende Auswirkungen auf die Branchenstruktur haben, und die Herausforderungen bei der Umsetzung (wie im vorherigen Absatz erwähnt) erfordern besondere Fähigkeiten (Baecker et al. 2021b; Zott et al. 2011). Diese Innovationsfähigkeiten sowie die Strategie und das geistige Eigentum sind unternehmensspezifische Vermögenswerte, die von Konkurrenten nur schwer kopiert werden können und somit den genannten Wettbewerbsvorteil bringen (Gambardella und McGahan 2010; Teece 2010).

Die Gründe für Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle zu erneuern, sind gleichzeitig Bedrohungen und Chancen. Welche davon zutrifft, lässt sich nicht im Voraus sagen. Nach Teece (2010) ist es besser, die Geschäftsmodellinnovation selbst zu initiieren, bevor interne oder externe Faktoren diese Veränderungen erzwingen. Wie Beispiele wie Apple, AWS oder Maersk zeigen, ist es jedoch nicht notwendig, der erste Innovator zu sein. Dennoch: Kein großartiges Geschäftsmodell hält ewig (Chesbrough 2007b). Für einen nachhaltigen Geschäftserfolg müssen Geschäftsmodelle innoviert werden, um sich an die sich verändernden Ökosysteme anzupassen (Böttcher et al. 2021a; Foss und Saebi 2016; Teece, 2018a; s. auch Hein et al. 2020, 2019c), denn es gibt zahlreiche Beispiele für überlegene Unternehmen (in Bezug auf Produkte oder Prozesse), die aufgrund dieser fehlenden Anpassung scheitern (Gassmann et al. 2019; Lucas und Goh 2009). In vielen Fällen werden diese gescheiterten Geschäftsmodelle durch Neueinsteiger oder Nachahmer ersetzt, die eine noch erfolgreichere Geschäftsmodell-Konfiguration gefunden haben (Böttcher et al. 2021a; Foss und Saebi 2016). Digitale Technologien haben den Druck auf Manager erhöht, sich anzupassen, da traditionelle Branchen gestört werden (Teece 2018a).

Bei der Neugestaltung des Geschäftsmodells können die vier zuvor genannten Muster der Wertschöpfung (Neuheit, Lock-in, Komplementarität, Effizienz) angewandt werden (Amit und Zott 2001). Die Umstrukturierung umfasst nicht nur neue Ressourcen, sondern baut auch auf bestehenden auf. Dieser Prozess der Geschäftsmodellinnovation beinhaltet das Experimentieren mit den Konfigurationen und schafft so Lernmöglichkeiten, die auch auf andere Bereiche des Unternehmens oder durch Kooperationen auf andere Unternehmen übertragen werden können (Böttcher et al. 2021d; Chesbrough 2002).

Das Konzept der Geschäftsmodellportfolios wird vorgeschlagen, um die Organisation in die Lage zu versetzen, den laufenden Wandel zu bewältigen (Schwarz et al. 2017). Portfolios können dazu beitragen, Geschäftsmodelle zu identifizieren, die in der Praxis nicht wie erwartet funktionieren, und so die Umsetzung der Gesamtstrategie unterstützen. Das Ergebnis einer erfolgreichen digitalen Geschäftsmodellinnovation sind neuartige, einzigartige Ressourcen- und Aktivitätskonfigurationen eines Unternehmens (Al-Debei und Avison 2010; Hedman und Kalling 2017). Dies trägt schließlich dazu bei, ganze Branchen durch neue Geschäftslogiken und Marktanteile zu verändern (Böttcher und Weking 2020). Außerdem können Unternehmenswachstum, ein Wettbewerbsvorteil und eine verbesserte Position in der Wertschöpfungskette erzielt werden, was schlussendlich zu einer besseren finanziellen Leistung beiträgt (Böttcher und Weking 2020).