2.1 Einführung und Kapitelinhalte

An der Bewältigung von Krisen, die potentiell oder tatsächlich zu humanitären Notlagen werden, sind in der Regel eine Vielzahl unterschiedlicher Organisationen beteiligt.Footnote 1 Präsente Beispiele hierfür sind die im Jahr 2020 in Deutschland ausgebrochene Covid-19-Pandemie und die sogenannte „Flüchtlingskrise“ in den Jahren 2015 und 2016 (s. Abschn. 1.2). Geprägt sind diese Einsatzlagen meist durch mediale Berichterstattungen, die sich lediglich auf den Auslöser sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen Folgen fokussieren und weniger auf die Bedeutung für die an der Bewältigung beteiligten Akteure (s. Abschn. 1.4.2). Umso deutlicher wird dadurch die Relevanz eine Einordnung des Krisenbegriffs und seiner durchaus vielfältigen Bedeutung für involvierte Organisationen vorzunehmen. Die Ergebnisse einer im Rahmen des Forschungsprojekts SiKoMi durchgeführten Interviewstudie illustrieren eine Vielzahl von Überforderungs- und Überlastungsmomenten der Organisationen während der Flüchtlingssituation 2015/16; unter anderem hinsichtlich der Informationsgewinnung, Personalressourcen, (technischer) Ausstattung, neuer Aufgabenfelder sowie Arbeitsweisen (s. Abschn. 1.4.1).

Auf dieser Basis werden im Folgenden zunächst eine Einordnung des Begriffs Krise vorgenommen und anschließend in Abschn. 2.3 die organisationale Wahrnehmung und grundsätzliche Strategien zentraler Krisenmanagementakteure der Flüchtlingssituation 2015/16 dargestellt. Welche Lernpotentiale daraus gezogen werden können und welche möglichen Ansätze zur Vorbereitung krisenresistenterer Organisationen beachtet und umgesetzt werden sollten, wird in Abschn. 2.4 behandelt. Des Weiteren werden in Abschn. 2.5 Strategien für einen erfolgreichen Kommunikations- und Netzwerkaufbau aufgezeigt, beispielsweise zur Generierung lagerelevanter Informationen. Ein Anliegen zur Stärkung von Organisationen für zukünftige ähnliche Einsatzlagen ist es, Strategien und Maßnahmen möglichst schnell in geordnete Strukturen zu überführen. Hierbei gilt es die sogenannte Chaosphase zu verkürzen, indem bereits gemachte Erfahrungen in die zu treffenden Entscheidungen miteinfließen. Daher werden abschließend auf Grundlage der Erfahrungen aus der Flüchtlingssituation 2015/16 zentrale Themenfelder aufgeführt, die im Rahmen der Ereignisbewältigung Beachtung finden sollten. Im Vorfeld wird eine Übersicht über die Kapitelinhalte und Erkenntnisse gegeben, die Organisationen für die Einsatzpraxis gewinnen können.

Die Inhalte dieses Kapitels ergeben sich aus gängigen Krisenmanagementansätzen sowie dem gewonnenen Wissen aus der Flüchtlingslage 2015/16. Die dazugehörigen Themen werden im Folgenden behandelt, um zukünftig vermeidbare Schwierigkeiten zu reduzieren. Zu den einzelnen Inhalten dieses Kapitels können Sie individuell die für Sie relevanten Aspekte sowie wichtigen Erkenntnisse in Tab. 2.1 festhalten und abgleichen, um diese auf einen Blick verfügbar zu machen.

Tab. 2.1 Kapitelinhalte „Organisation im Krisenmodus“

2.2 Krise – ein großes Wort

Der Begriff Krise wird im allgemeinen Sprachgebrauch eher ungenau und inflationär für eine Vielzahl von Einsatzlagen verwendet [35]. Wichtige Abgrenzungsfelder stellen aus Perspektive des Bevölkerungsschutzes deshalb die Begriffe Notfall und Katastrophe dar:

  • Ein Notfall kann laut des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als eine Situation definiert werden, die die Allgemeinheit betrifft und neben individuellen Selbsthilfemaßnahmen aus der Bevölkerung auch staatlich organisierte Hilfeleistungen erfordert [29].

  • Eine Katastrophe ist bundesländerspezifisch definiert und beschreibt meist ein größeres Schadensereignis, das sich typischerweise durch eine Schädigung bestimmter Schutzgüter oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in der Intensität äußert, dass eine staatlich organisierte, einheitliche Einsatzleitung und die Verstärkung und/oder Heranziehung zusätzlicher Ressourcen zwingend erforderlich sind [30]. Eine formale Veränderung der Kompetenzverteilung zur Erhöhung der für die Lagebewältigung zur Verfügung stehenden Kapazitäten kann situationsspezifisch durch die formale Feststellung des Katastrophenfalls erfolgen [29].

  • Bei einer Krise handelt es sich im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Begriffen, um eine Situation, für deren Bewältigung bzw. Überwindung besondere Strukturen (z. B. Besondere Aufbauorganisation (BAO)) und unter Umständen darüber hinaus neue Maßnahmen, Organisationsstrukturen und Handlungsmuster erforderlich sind. Somit kann eine Krise teilweise oder sogar in Gänze dazu führen, dass zunächst Vorstellungen darüber fehlen, mit welchen Ansätzen und Mitteln darauf reagiert werden muss [29].

Die Bezeichnung Krise (die zum Teil auch die Ausrufung des Katastrophenfalls beinhaltet) betrifft im Folgenden vor allem die Bewältigung von Großeinsätzen, wie der Flüchtlingssituation 2015/16 oder die Covid-19-Pandemie, die sich durch mindestens eines dieser nachfolgenden Kriterien kennzeichnen [24, 34]:

  • hohe Anzahl an Personen ist direkt oder indirekt betroffen;

  • hohe Erforderlichkeit von Personal und Materialien;

  • regionale Ressourcen sind zur Lagebewältigung nicht ausreichend;

  • hoher Koordinationsbedarf;

  • Einsatzlage und Bedingungen an das Umfeld bringen besondere Anforderungen mit sich.

Abhängig von gesellschaftlichen und persönlichen Perspektiven oder auch Fokussierung können Krisen in ihrer Gesamtheit höchst unterschiedlich bewertet und verschiedene Zuschreibungen auf sie als zutreffend erachtet werden [33]. Ein Beispiel hierfür stellt der in den Jahren 2015/16 medial etablierte Begriff der Flüchtlingskrise dar, dem eigentlich eine Krise durch die strukturelle Überforderung der beteiligten Behörden und Organisationen zugrunde liegt (siehe Kap. 1). So waren die beteiligten und weitestgehend unvorbereiteten Akteure gefordert, für die Vielzahl der an sie gestellten Herausforderungen schnell Maßnahmen und Lösungsansätze im laufenden Lagegeschehen zu entwickeln, um Sicherheit und humanitäre Hilfeleistung gewährleisten zu können [41].

Übung: Wie sehe ich Krise?

Die beiden Begriffe Krise und kritisch haben im Griechischen denselben Wortursprung und bedeuten „sich neigen“. Insbesondere im deutschen Sprachgebrauch werden diese Wörter negativ aufgefasst, dabei haben Krisen und Kritik durchaus Potentiale sowohl negative als auch positive Neigung zu entwickeln [13]. Vor diesem Hintergrund können zur eigenen Reflexion hier zunächst die von Ihnen mit dem Wort Krise assoziierten Begriffe angekreuzt werden (Tab. 2.2).

Tab. 2.2 Assoziationen mit dem Begriff Krise

Krisen bieten neben ihren negativen Auswirkungen gleichzeitig erhebliche Chancen für Lernpotentiale. So kann es durch Krisen beispielsweise zu weitreichenden und sogar möglicherweise längst überfälligen Veränderungen kommen, die als integraler Bestandteil gesellschaftlicher Entwicklung betrachtet werden [29]. Ein Beispiel hierfür ist der durch die Covid-19-Pandemie bedingte erhebliche Digitalisierungsschub in weiten Teilen der Gesellschaft, beispielsweise auch in deutschen Verwaltungsbehörden [4]. Erhebliche Potentiale liegen dadurch in der umfassenden Aufarbeitung der Lagebewältigung, mit dem Ziel, die Krisenhaftigkeit zukünftiger Lagen durch eine bessere Vorbereitung nach Möglichkeit zu vermeiden oder zumindest stark zu reduzieren [14].

Wie Krisen bewertet werden und wie mit ihren Lernpotentialen umgegangen wird, hat somit auch Einfluss auf die Bewältigung zukünftiger Einsatzlagen. Die strategischen, operativen und kommunikativen Elemente, die zur Bewältigung einer Krise, mit dem Ziel möglichst schnell einen geordneten Zustand herzustellen, unternommen werden, lassen sich unter dem Begriff Krisenmanagement zusammenfassen. Der Begriff umfasst darüber hinaus auch Maßnahmen und Mittel, die zur Vorbereitung, Erkennung und Nachbereitung von Krisen dienen können. Ausgehend von einem (krisenhaften) Ereignis umfasst ein idealtypisches Krisenmanagement die vier Phasen Bewältigung, Nachbereitung, Prävention und Vorbereitung (siehe Abb. 2.1):

Abb. 2.1
figure 1

Krisenmanagementzyklus in Anlehnung an Le Cozannet et al. 2020 [2]

  • Während der operativen Bewältigung gilt es, die Auswirkungen der Lage zu minimieren und Menschenleben zu schützen, hierzu gehört es u. a. ein Lagebild zu erstellen, die Bevölkerung zu informieren und eine Krisenkommunikation sowie Stabsarbeit einzurichten.

  • Im Anschluss an die Lagebewältigung sollte idealerweise eine Nachbereitung durch Reflexion und Speicherung der neuen Wissensbestände und gemachten Erfahrungen erfolgen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Evaluation von Strategien, Maßnahmen sowie Zusammenarbeits- und Kommunikationsformen. Das Nachbereiten gemeinsam mit den (in der Lage entstandenen) Netzwerken bzw. Partnerorganisationen ermöglicht dabei eine umfassende Sammlung und Auswertung von Wissen sowie Ableitung von Erkenntnissen für zukünftige Ereignisse.

  • Präventiv können in Nichtkrisenzeiten Netzwerke gepflegt und neue Kontakte hergestellt werden, die eine frühzeitige Einschätzung hinsichtlich zukünftiger Ereignisse und Risikokommunikation ermöglichen, um entsprechende Maßnahmen einzurichten.

  • Um auf zukünftige Ereignisse bestmöglich vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, die Notfallplanung, die Prozesse sowie Ausbildungsinhalte der involvierten Personen fortwährend zu aktualisieren und anzupassen sowie die für eine Lagebewältigung notwendigen Ressourcen bereitzustellen bzw. abrufbar zu machen [1, 9, 28].

Auf die Möglichkeiten eines konstruktiven Umgangs mit Krisen im Kontext organisationsübergreifender Zusammenarbeit wird in Abschn. 3.3 und 3.4 näher eingegangen.

2.3 Organisationale Perspektiven in der Flüchtlingslage 2015/16

„Wir haben manchmal gesagt, man sollte vielleicht [den] Katastrophenalarm (…) ausrufen. Da ginge manches leichter. Also gerade solche Belegungsgeschichten [, die] immer mit ewigen Debatten und Baugenehmigungen und [was] weiß ich was einherging[en], wo wir uns [das] manchmal (…) gewünscht hatten.“ [95]

Dieses Zitat einer interviewten Person aus der Verwaltung illustriert die strukturelle Überforderung zu Beginn der Flüchtlingssituation 2015. Die beteiligten Organisationen waren während der Lagebewältigung gefordert, an sie gestellte Anforderungen zu bewältigen, die weit über den Regelbetrieb hinausgingen und die sie in dieser Form bis dato noch nicht erlebt hatten. So stellte diese Einsatzlage nicht nur für Verwaltungsbehörden, sondern auch für Akteure, die schon häufig mit größeren und schwierigen Einsatzlagen konfrontiert waren – wie etwa Hilfsorganisationen, Polizeien, Bundeswehr sowie private Sicherheitsfirmen – eine Ausnahmesituation dar [43, 59]:

  • Dies betraf die Behörden und Organisationen ganz unmittelbarer in erster Linie aufgrund der notwendigen Errichtung von Infrastrukturen zur Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen sowie den dadurch entstandenen personellen und materiellen Engpässen. Gleichzeitig führten das andauernde und äußerst hohe Arbeitspensum sowie die psychisch belastende Einsatzsituation – vielfach geprägt durch die jeweiligen Schicksale der Schutz suchenden Menschen – bei Mitarbeiter*innen beteiligter Organisationen sowie Ehrenamtlichen zu erheblichen Be- und Überlastungen [44, 45, 57, 63, 72, 73, 76, 81, 89, 91,92,93,94,95, 98, 99].

  • Ebenso bestand für die Organisationen hinsichtlich der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren die Herausforderung, Kommunikationswege und -formen herzustellen (siehe dazu Kap. 3). Dies betraf zunächst die Identifikation von Ansprechpersonen, da durch die Art der Lage plötzlich Akteure gefordert waren zusammenzuarbeiten, die vorher kaum bis keine Berührungspunkte hatten. Vielerorts kam es zwischen den Akteuren zusätzlich zu Unklarheiten hinsichtlich Zuständigkeiten, Kompetenzen und Hierarchieebenen oder rechtliche Sachverhalte [57].

  • Darüber hinaus galt es – neben der Bewältigung interkultureller Herausforderungen im Umgang mit Geflüchteten, u. a. aufgrund von Sprachbarrieren [48, 49, 56, 62, 71, 73, 75, 78] – die Belange und Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung zu berücksichtigen und einzubeziehen. Einerseits war an den SiKoMi Untersuchungsstandorten unter den Bürger*innen eine in großen Teilen friedliche und akzeptierende Stimmung festzustellen, die sich unter anderem durch eine große Hilfsbereitschaft und ehrenamtliches Engagement zeigte. Diese Unterstützungsleistungen mussten zielführend koordiniert und betreut werden, was gleichzeitig organisationale Kapazitäten band. Andererseits waren teilweise ebenso Verunsicherungen bis hin zu Ablehnung in der Bevölkerung festzustellen [42, 45, 51, 52, 54, 55, 76, 78, 97,98,99,100,101]. So mussten die beteiligten Organisationen und Akteure vor Ort zusätzlich Schlagzeilen der Medienberichterstattung in Relation setzen und behördliches Handeln sowie politische Entscheidungen gegenüber der Bevölkerung erklären.

Die Akteure reagierten insgesamt mit der Anwendung einer Kombination aus vorgeplanten, strategiebasierten und ungeplanten bzw. improvisierten Handlungsansätzen [72, 73, 97]. Auf planerischer und strategischer Ebene galt es, eine zielführende Entlastung für operative Kräfte zu schaffen und die Behördenstrukturen an die Lage anzupassen, zum Beispiel durch besondere Aufbauorganisationen (BAO), Stabsarbeit sowie durch den Austausch zwischen den beteiligten Akteuren [44, 55, 57, 58, 68, 75, 77, 89, 93]. Insbesondere zu Anfang erforderte die Lagebewältigung zudem ein hohes Maß an Ad-hoc-Reaktion und Improvisation von den einzelnen Organisationen und Behörden [44, 48, 56, 61, 92]. Eine zielführende Strategie stellte dabei unter anderem die Anwendung und Anpassung bereits bestehender Werkzeuge und Konzepte dar. So wurden zum Beispiel Pläne zur Versorgung und Betreuung aus anderen Einsatzlagen auf die Flüchtlingssituation übertragen [42, 45, 47, 92].

Wie unterschiedliche (Krisenmanagement-)Akteure mit diversen an sie gestellten Aufgaben und Herausforderungen während der Flüchtlingssituation 2015/16 umgingen, zeigen die folgenden drei Beispiele aus Verwaltung, Polizei und DRK. Diese bilden zwar lediglich einen kleinen Ausschnitt ab, verdeutlichen jedoch beispielhaft die Wahrnehmung sowie Strategien zur Einsatzbewältigung.

Beispiel: Krisenorganisation in der Verwaltung [40]

Die Flüchtlingslage 2015/16 stellte auch Verwaltungen vor große Herausforderungen. Um zu verstehen, welche Wahrnehmung und Rollen die Verwaltungen in der Lage übernommen haben, sei zunächst angemerkt, dass die Zuständigkeit für die (Erst-)Aufnahmeeinrichtungen und damit auch ganz konkret für die Aufnahme, Registrierung, Unterbringung, Erstversorgung und -untersuchung auf Ebene der Landesverwaltungen lag. Anders als klassische Krisenlagen wie Hochwasser oder Erdbeben, bei denen Einsatzorganisationen wie beispielsweise das THW in der Hauptsache tätig werden, erfolgte eine Koordinierung hier auf Ebene der Landesverwaltungen. Eine besondere Rolle nahmen in diesem Zuge aber auch Kommunalverwaltungen ein. Die große Anzahl an Personen, die in den Aufnahmeeinrichtungen verzeichnet wurde, gepaart mit der medialen Aufmerksamkeit über die Zustände in einigen Einrichtungen, führte bei der Bevölkerung u. a. zu den Bedürfnissen weitere Informationen zu erhalten und Hilfe bzw. Spenden anzubieten. Diese Anfragen wurden dann an die Kommunalverwaltung gerichtet, die durch die Bürger*innen als zuständige Behörde wahrgenommen wurde. In diesen kurzen Beispielen wird deutlich, welch vielfältigen Aufgaben die verschiedenen Verwaltungsebenen in der Krisenlage zu bewältigen hatten.

In den im Projekt SiKoMi geführten Interviews zeigte sich in Bezug auf das eigene Rollenverständnis der Verwaltungen, dass diese sich selbst nicht als Krisenmanagementakteur wahrgenommen haben, wenngleich sie zentrale Aufgaben übernommen haben. Mitarbeiter*innen der Aufnahmeeinrichtungen gaben bei der im Projekt durchgeführten Fragebogenerhebung an, nicht auf Krisen vorbereitet gewesen zu sein. Krisenmanagementstrukturen seien zu spät eingesetzt worden. Gleichzeitig zeichnete sich auch eine Überlastung der Verwaltungen ab, da auch der Normalbetrieb aufrechterhalten werden musste. Akteure aus Einsatzorganisationen bestätigen diesen Eindruck. Die Verwaltungsstrukturen wurden als träge, für das Krisenmanagement ungeeignet und teilweise sogar als hinderlich für das eigene Lagemanagement beschrieben. Konkret wurden hier die Brauchbarkeit und Prozesse bürokratischer Strukturen in der Krise infrage gestellt. Klassische Prinzipien wie Aktenmäßigkeit, Regelgebundenheit aber auch einzuhaltende Dienstwege und Hierarchien erschwerten kurzfristiges Entscheiden und Handeln. Die Selbstwahrnehmung der Verwaltungen als Krisenmanagementakteur, gerade in Lagen wie der Flüchtlingssituation, aber auch der Covid-19-Pandemie, erscheint grundlegend, um entsprechende Krisenmanagementstrukturen in Verwaltungen auszubauen, Personal auszubilden und Prozesse langfristig zu etablieren.

Beispiel: Krisenorganisation bei der Polizei – Aufgaben abseits des Alltagsgeschäfts

Während der Lagebewältigung 2015/16 sind auch Polizeiorganisationen gefordert gewesen, viele neu entstandene Aufgabenfelder und -bereiche wahrzunehmen, was zu einer hohen Arbeitsbelastung der Alltagsorganisation führte. So galt es hinsichtlich einer Vielzahl unterschiedlicher Belange zu improvisieren und erforderliches Wissen ad-hoc zu erarbeiten [64, 65].

Dies betraf unter anderem Herausforderungen bei der Verständigung und Kommunikation mit Geflüchteten, die beispielsweise durch spontanes Übersetzen von Mitarbeiter*innen der Partnerorganisationen, z. B. privater Sicherheitsdienste oder das Anbringen von zusätzlichen allgemein verständlichen Verkehrs- und Hinweisschildern kompensiert wurden [60, 73, 75, 76]. Ein planvolles und strategisches Vorgehen war dadurch oftmals erst im Verlauf der Lage möglich, da im Vorfeld keine Konzepte und Erfahrung mit einer solchen Einsatzlage bestanden [66, 77]. So mussten die Polizeien zum Teil sehr schnell neue personelle Kapazitäten und Organisationstrukturen schaffen sowie Ansprechpartner identifizieren und einen regelmäßigen Austausch mit diesen herstellen [75,76,77]. Insgesamt kam es zu zahlreichen Konflikten in den extrem ausgelasteten Erstaufnahmeeinrichtungen, weshalb ein häufiges Eingreifen der Polizei zur Beruhigung der Situation sowie die Beratung von Unterkunftsbetreibern und anderer Organisationen hinsichtlich Konfliktprävention und Crowd Management notwendig war [60]. Überdies unterstützten abgeordnete Polizeibeamt*innen im Rahmen von Amtshilfe gegenüber Kommunalverwaltungen das Registrierungsvorgehen personell und teilweise beratend mit polizeilichen Konzepten aus anderen Lagen [70]. Hinzu kamen Aufgaben wie das Akquirieren neuer Unterkunftsliegenschaften oder auch die Organisation von Materialien, zur Versorgung der ankommenden Menschen, z. B. Betten und Hygieneanlagen. Dies erfolgte aufgrund der humanitären Notlage unter erheblichem Zeitdruck und deshalb teilweise außerhalb der regulär festgeschriebenen Dienstwege [62, 63, 65, 66].

Ebenso war die Polizei gefordert, gemeinsam mit anderen beteiligten Akteuren Sachverhalte im Rahmen von Informationsveranstaltungen für Bürger*innen transparent und objektiv darzulegen sowie Fragen zu beantworten und Verunsicherungen aufzufangen [60, 61, 70, 72, 73]. Als Sicherheitsakteur musste sie immer die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl sowohl der untergebrachten Flüchtlinge als auch der lokalen Bevölkerung berücksichtigen [73].

Beispiel: Krisenorganisation beim DRK – Anpassung und Strukturierung von Abläufen

Eine Vielzahl an Herausforderungen während des Flüchtlingseinsatzes 2015/16 ergab sich ebenso für die daran beteiligten DRK-Gliederungen. Diese waren gefordert ihre bestehenden Abläufe und Strukturen zu erweitern und anzupassen, um angemessen und schnell auf die Umstände reagieren zu können.

Der DRK-Kreisverband Fallingbostel e. V. (KV Fallingbostel), der seit 2015 eine Notunterkunft für Geflüchtete auf einem ehemaligen militärischen Gelände nahe der Stadt Bad Fallingbostel betrieb, berichtete zum Beispiel über verschiedene Strategien im Umgang mit der Situation. Neben der Instandsetzung und Einrichtung der zuvor leerstehenden Gebäude, der Kinderbetreuung, der Koordination von Spenden und Familienzusammenführungen, war der KV Fallingbostel vor allem mit der Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Geflüchteten betraut [44, 45].

Die Lage vor Ort war insbesondere in der Anfangsphase 2015 sehr unübersichtlich und dynamisch, sodass der Einsatz häufig durch mangelnde Vorbereitungszeit und ad-hoc Entscheidungen bestimmt war. Dies führte auch zu Herausforderungen in der Organisation der Gesundheitsversorgung, da im Vorfeld keine Informationen über den gesundheitlichen Zustand und die genaue Ankunftszeit der Geflüchteten bekannt waren [48]. Daher war es notwendig, ein Screening zu etablieren, bei dem der Gesundheitszustand der ankommenden Personen beurteilt wurde. Zur strukturierten Durchführung des Screenings wurde in der Unterkunft ein Anamnesebogen erarbeitet, anhand dessen nach Ankunft und Registrierung der Geflüchteten der allgemeine Gesundheitszustand überprüft wurde. Mittels Anamnesebogen erfolgte eine Einteilung in die vier Kategorien „Kein auffälliger Befund“, „Abklärungsbedürftige Erkenntnisse“, „Offenkundige Erkrankung“ und „Medizinische Notfallbehandlung“. Ziel dieser Maßnahmen war es, den gesundheitlichen Zustand schnell zu erfassen, z. B. Infektionskrankheiten unmittelbar zu erkennen und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Je nach Befund erfolgte die Weiterbehandlung entweder in der vor Ort eingerichteten Sanitätsstation oder wurde in einem Krankenhaus oder einer fachärztlichen Praxis durchgeführt [8]. Anhand dieses Beispiels aus der medizinischen Versorgung zeigt sich daher exemplarisch, wie neue Abläufe und Strukturen für eine geordnete Situationsbewältigung geschaffen wurden.

Der Rückblick auf die organisationalen Perspektiven in der Flüchtlingssituation 2015/16 verdeutlicht diverse durch die Einsatzlage entstandene Herausforderungen und Handlungsbedarfe. Diese führten einerseits zu einer strukturellen Überforderung beteiligter Akteure, ermöglichten anderseits jedoch Anpassungen bereits bestehender Konzepte und Strukturen. Die im Umgang mit der Einsatzlage ad-hoc entwickelten Strategien und Maßnahmen sowie die gemachten Erfahrungen ermöglichen Lernpotentiale, vor allem hinsichtlich zukünftig ähnlicher Einsatzsituationen. Dies verdeutlicht die in Abschn. 2.2 beschriebenen Aspekte einer Krise, die nicht nur negativ, sondern auch positiv zur Organisationsentwicklung beitragen können.

2.4 Vor einer Krise – Wege zu einer krisenresistenten Organisation

„The best way to manage a crisis is to prevent a crisis“ [5, S. 33].

Krisen vollständig zu vermeiden ist zwar nicht möglich, dennoch gibt es Wege, Organisationen krisenresistent(er) zu machen. Im Folgenden liegt der Fokus darauf, welche Vorbereitungen unternommen werden können, um krisenhafte Einsatzlagen wie die Flüchtlingssituation 2015/16 oder die Covid-19-Pandemie zu bewältigen und vor allem wie beteiligte Akteure sich bestmöglich dafür wappnen können. Bedingt durch organisationale Schwachstellen aufgrund mangelnder Vorbereitung können Herausforderungen und Risiken nämlich eher zu Krisen werden. Gelingt es Organisationen, diese Schwachstellen vor einer Lage zu erkennen und darauf zu reagieren, besteht die Chance, dass bestimmte Ereignisse aus organisationaler Perspektive zukünftig weniger als Krisen wahrgenommen und als solche behandelt werden müssen. Allerdings sollte hierbei nicht außer Acht gelassen werden, dass die zu bewältigenden Herausforderungen und Risiken ebenso wie organisationale Schwachstellen sich nicht zuletzt aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen in stetigem Wandel befinden [5]. Abschließend wird das Ausbildungssystem im Katastrophenschutz skizziert, da dieses hinsichtlich der Krisenvorbereitung und Weitergabe bestehender Erfahrungswerte für viele Akteure im Bevölkerungsschutz ein zentrales Instrument darstellt.

2.4.1 Bedeutung der Einsatzvorbereitung – Rückschlüsse aus 2015/16

Während der Lagebewältigung 2015/16 konnten die beteiligten Organisationen kaum auf vorhandene Erfahrungen und Hilfsmaterialien zurückgreifen [91]. Erfahrungen aus vergangenen großen Flüchtlingsbewegungen in die Bundesrepublik, wie beispielsweise Anfang der 1990er Jahre, standen nur an wenigen Standorten zur Verfügung [14]. Dadurch konnten die beteiligten Organisationen auch meist nur auf wenige bis keine vorgefertigten Checklisten, Leitfäden und Handlungsempfehlungen für die zu bewältigende Einsatzlage zurückgreifen [51]. Gleichzeitig wurden Handlungsleitlinien von Interviewpersonen des SiKoMi-Projekts als entscheidend erachtet, um wichtige Aspekte in einer solch komplexen Lage im Blick zu behalten [44, 45, 72]. Allerdings geben die Interviewpersonen auch an, dass die wenigen Materialen, die zur Verfügung standen, nur bedingt auf die Flüchtlingslage und Situationen vor Ort übertragbar und deshalb auch nur wenig hilfreich waren [44, 48, 57]. Informations- und Handlungsdokumente, z. B. in Form von Broschüren und Leitfäden, mussten die Organisationen demnach zumeist parallel für die anhaltende Einsatzlage erstellen [45, 50, 51, 57]. Nähere Informationen zum Umgang mit Erfahrungswerten und Hilfsmaterialien werden in Kap. 4 erläutert.

Verfügbare Informationen und Wissen lagen 2015 in erster Linie personengebunden vor [71, 84, 85, 87, 90]. Entscheidend war es daher oftmals sich zunächst zu informieren, wer was weiß, sprich: in Krisen Köpfe zu kennen [88]. Zum Teil waren die Zuständigkeitsbereiche und das Aufgabenspektrum etablierter Organisationen während der Flüchtlingssituation 2015 bekannt [48, 49], jedoch gab es auch Fälle in denen diese erst noch vor Ort und im direkten Austausch in Erfahrung gebracht werden mussten [75]. So bestanden beispielsweise hinsichtlich der Kenntnisse über das Aufgabenspektrum privater Sicherheitsdienste und deren Zuständigkeiten erhebliche Wissensbedarfe [82]. Wichtig ist es deshalb, gemachte Erfahrungen in die Aus- und Fortbildung einfließen zu lassen [46] und andere Organisationsmitglieder daran teilhaben zu lassen [86]. Interviewpersonen gaben an, dass dies in effizienter Weise durch Einsatzübungen und Nachbereitungen zur Vorbereitung auf zukünftige Einsätze erfolgen sollte [58, 73], was allerdings oftmals aufgrund fehlender zeitlicher Ressourcen zu selten passiert [59, 67].

2.4.2 Vorbereitung und Stärkung der Organisation

Während einer Lagebewältigung sind Krisenmanagement-Akteure immer gefordert, schnelle Entscheidungen zu treffen. Dies geschieht während der Lage zum einen intuitiv, basierend auf Erfahrungen der Entscheider*innen und zum anderen regelgeleitet anhand festgelegter Vorgaben, beispielsweise in Form von Checklisten. Beide Entscheidungsformen können sich gegenseitig gut ergänzen und sind darauf ausgelegt, schnelle Entscheidungen zu ermöglichen, wenn auch nicht unbedingt die optimalen. Eine dritte Form, das analytische Entscheiden, wird meist in Trainings angewandt. Dabei lernen bzw. üben die Teilnehmenden anhand von Identifizierung und Evaluierung ihrer Handlungsmöglichkeiten den zur Entscheidungsfindung notwendigen Prozess. Aufgrund seines Zeitaufwands ist dieser Ansatz zwar nicht für laufende Lagebewältigungen geeignet, jedoch stellt er einen wertvollen Ansatz dar, um Krisenteams zu bestimmen und diese bereits im Vorfeld für eine Lagebewältigung einsatzfähig zu machen. Die Befähigung von Teams geschieht demnach in geeigneter Weise durch gezielte Einsatzübungen und der Identifikation geeigneter Mitglieder aus den für die Lage relevanten Fachbereichen. Durch diese Art der Vorbereitung kann bereits ein erheblicher Stressfaktor während des Einsatzes vermieden werden [5]. Dies betrifft insbesondere auch die Vorbereitung und Übung von Konzepten, Zuständigkeiten und Kompetenzen zur Einrichtung von Stabsarbeit [102], wie folgendes Zitat einer polizeilichen Interviewperson zur Lagebewältigung 2015 verdeutlicht:

„Und was an Informationen eintrifft, das muss ja auch gebündelt werden, wir müssen ein Lagebild erstellen zu dem Thema. Das wüssten wir ja auch gerne, das heißt, am Anfang, und das ist leider, leider suboptimal gelaufen, am Anfang zu schauen, wen setze ich überhaupt alles an einen Tisch. Jeder Bereich hat für sich allein was gemacht. Und das wäre, wenn das Problem nochmal auftaucht in dieser Konzentration, es wäre für mich das Allerwichtigste, die richtigen Akteure schnell an den Tisch zu holen, weg von der AAO rein in eine BAO. Dass die Fachkompetenzen langfristig gebündelt werden. Das würde ich für mich mitnehmen.“ [64]

Geeignete Lernpotentiale hierfür bieten besonders die „heißen Phasen“ vergangener Einsätze. Um möglichst gewinnbringende Lerneffekte aus den gemachten Erfahrungen zu ziehen, sollten diese im Rahmen von Einsatzübungen zusätzlich um neue und unvorhergesehene Szenarien erweitert werden [10]. Die Einbeziehung aktueller Technologie ermöglicht zudem einen vertrauten Umgang damit und erhöht somit die Chance, dass diese im Einsatz angewandt wird. Effektives Training erfordert des Weiteren sowohl die Integration individueller Fähigkeiten und individuellen Wissens als auch der Fähigkeiten und des Wissens der Gruppe [5].

In Hinblick auf die organisationale Resilienz sind dabei neben der Mobilisierung von Ressourcen und Infrastruktur sowie der Prozess- und Handlungsfähigkeit vor allem auch die sogenannten weichen Faktoren (u. a. Führung, Werte, Wissen) nicht außer Acht zu lassen. Sowohl die Herstellung als auch der Erhalt organisationaler Resilienz stellen dabei eine stetige kulturelle Aktivität und keine einmalige Angelegenheit dar [37]. Welche Erfahrungswerte und Lernpotentiale vergangene Einsatzlagen bieten, wird im Folgenden am Beispiel der Polizei Trier erläutert.

Beispiel: Lernen aus der Vergangenheit bei der Polizei Trier

Die Polizeiorganisation in Trier veränderte sich nach Angaben einer Interviewperson durch die Situation 2015/2016 vergleichsweise geringfügig, da bereits im Vorfeld Erfahrungswissen zu Flüchtlingslagen in der Organisation existierte. Bereits zu Beginn der Flüchtlingssituation 2015 bestanden in Trier demnach polizeiliche Strukturen und Erfahrung im Bereich der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA). Diese stammen vor allem aus der Zeit der Flüchtlingssituation in Deutschland Anfang der 1990er Jahre [60, 61].

Das bestehende Wissen und hinzugewonnene Erfahrungen wurden über die Jahre stetig aktualisiert und die Organisationsstruktur entsprechend angepasst, beispielsweise wurde die Anzahl des eingesetzten Personals je nach Zahl der Asylsuchenden entweder reduziert oder erhöht. Des Weiteren gibt es in der Aus- und Fortbildung der Polizei Rheinland-Pfalz seit Anfang der 1990er bestehende Seminarkonzepte zum Themenbereich Interkulturalität. Diese wurden 2015 wieder eingerichtet und gemeinsam mit der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz und der Polizeiseelsorge aktualisiert, um die Beamt*innen bestmöglich auf die Situation vorzubereiten. In den Seminaren wird u.a. über unterschiedliche Herkunftsländer geflüchteter Personen sowie spezifische kulturelle und religiöse Gegebenheiten informiert. Ein zentrales Thema ist dabei ebenfalls die Darstellung und Vermittlung der Rolle der Polizei als zuständige staatliche Organisation sowohl für die Sicherheit der Menschen als auch die Durchsetzung der Rechtsordnung [60, 61]. Hinsichtlich der 2015/16 gemachten Erfahrungen und deren Anwendung für zukünftige Lagen am Standort Trier äußerte sich eine Interviewperson wie folgt:

„Das war eine Erfahrung, die man gemacht hat. Die ist in dem täglichen […] Berufsleben mit eingeflossen. Gleichwohl muss ich ja dann auch feststellen, dass es sich bei uns wieder wesentlich beruhigt hat, also auf das Niveau wieder zurückgegangen ist, wie es vorher war. Ich wage mal zu behaupten, wenn denn jetzt nochmal so eine Lage kommt, […] wird man sich wieder an die, denke ich, an die Dinge erinnern, die man da mitmachte. Sowohl die positiven als auch die negativen. Und behaupte auch mal, dass wir dann der Flüchtlingswelle, wenn sie dann nochmal […] in der Heftigkeit kommt, dann eher gewachsen sind, weil es ja dann von dem Erfahrungswissen lebt“ [61]

Von Vorteil war zudem, dass die interorganisationale Zusammenarbeit von der Polizei Trier als ein zentrales Aufgabenfeld verstanden und in der Praxis als vernetzter Ansatz seit Jahren umgesetzt wird. Die Vernetzung der Akteure in Trier ist einer Interviewperson zufolge unter anderem deswegen so erfolgreich gewesen, weil das Netzwerk bereits über die Jahre hinweg wachsen konnte und persönliche Kontakte durch die stetige Präsenz im Alltagsgeschäft der AfA gefestigt waren [61].

2.4.3 Das Ausbildungssystem im Katastrophenschutz

Ein zentraler Baustein der resilienten Sicherheitsarchitektur und wichtiger Aspekt einer nachhaltigen Krisenvorsorge ist das Ausbildungssystem des deutschen Katastrophenschutzes, in welchem die Einsatzkräfte und Führungskräfte der Hilfsorganisationen ausgebildet werden. Die größte Herausforderung des Ausbildungssystems liegt in der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland und der Trennung von Zivilschutz auf Bundesebene und Katastrophenschutz auf Länderebene. Da die Hoheit über den Katastrophenschutz auf Länderebene angesiedelt ist, ergeben sich 16 Brand- und Katastrophenschutzgesetze. Diese Brand- und Katastrophenschutzgesetze und die darin skizzierten Ausbildungsinhalte sind qua föderalem Rechtspositivismus nicht zwingend aufeinander abgestimmt, was bei überregionalen Lagen zu Herausforderungen im Einsatz führen kann. Die Umsetzung der Ausbildungsinhalte obliegt den Hilfsorganisationen, die Leitfäden erarbeiten, um die erforderlichen Kompetenzen an ihre Einsatzkräfte zu vermitteln. Für Hilfsorganisationen bedeutet dies, dass die Einsatzkräfte unterschiedlich ausgebildet sind, was auch den Wechsel der zumeist ehrenamtlich Helfenden zwischen den Organisationen erschwert.

Im Rahmen des WAKE-Projektes wurden von der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland Interviews mit Einsatzkräften geführt und ein Workshop zur Ausbildung im Bevölkerungsschutz abgehalten. Auf Basis dieser Interviews und der interorganisationalen Zusammenkunft können zwei wichtige Erkenntnisse gezogen werden. Erstens plädieren die Einsatzkräfte der BOS für eine stärkere HarmonisierungFootnote 2 der Ausbildungsinhalte zwischen und innerhalb der Organisationen, um die Vernetzung zu stärken und Barrieren im Einsatz abzubauen. Zweitens lässt sich trotz der erstgenannten Herausforderung eine bis dato gute fachdienstliche Ausbildung konstatieren, die einen reibungslosen technischen, medizinischen und logistischen Ablauf garantiert. Diese Ausbildung in den Fachdiensten der Hilfsorganisationen steht jedoch gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen, wie dem demografischen Wandel und heterogener werdenden Zielgruppen [32] gegenüber. Dennoch hat die Flüchtlingssituation 2015/16 gezeigt, dass der Fokus in der Ausbildung neben den fachdienstlichen Aspekten vermehrt in der Vermittlung von sozialen und interkulturellen Kompetenzen liegen muss. Diese Kompetenzen sind wichtig, um den Bevölkerungsschutz und dessen Ausbildungssystem auf mögliche migrationsbezogene Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.

In diesem Unterkapitel wurde aufgezeigt, dass Organisationen durch die gezielte Vorbereitung in Nichtkrisenzeiten ihre Resilienz und somit ihre Handlungsfähigkeit während einer Lage stärken können. Der Einsatznachbereitung und dem Lernen aus vergangenen Lagebewältigungen kommen hierbei eine entscheidende Rolle zu. Hierfür können u. a. gesammelte Erfahrungen aufgearbeitet, mögliche Krisenteams für zukünftige Einsätze bestimmt und Wissen in die Aus- und Weiterbildung einbezogen werden.

2.5 Aufbau von Kommunikationswegen und Organisationsstrukturen

Eine zentrale Herausforderung bestand für die in die Bewältigung der Flüchtlingssituation 2015/16 involvierten Organisationen darin, ihre Informationsbedarfe soweit möglich selbst einzuholen. Insbesondere zu Anfang bestanden hierfür nur wenige bis keine geeigneten Strukturen oder übergreifende Plattformen. Das Einholen relevanter Informationen erfolgte zum einen in erster Linie durch persönlichen Austausch mit Geflüchteten, Bevölkerung sowie Partnerorganisationen vor Ort [54, 62, 63, 67, 92, 96, 97], zum anderen durch das Hinzuziehen von aktuellen Nachrichtenmeldungen u. a. aus Presse, Radio, Fernsehen und Internet [72, 78, 84].

Beispielsweise berichteten Interviewpersonen der Polizei von erheblichen Informationsdefiziten hinsichtlich personenbezogener Daten asylsuchender Personen. Dies betraf u. a. die Daten vulnerabler Gruppen, wie unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, die im Falle eines Verschwindens ohne diese personenbezogenen Daten nur schwer aufzufinden bzw. zu identifizieren waren. Ebenso galt dies für soziokulturelle Daten, was die Vorausplanung hinsichtlich einer adäquaten und bedürfnisorientierten Unterbringung zusätzlich erschwerte, da nicht bekannt war, welches Geschlecht, Alter oder nationale Zugehörigkeit die Menschen besaßen. In Hinblick darauf wäre retrospektiv ein umfassenderer Austausch mit anderen Behörden und Organisationen wünschenswert gewesen [60, 64, 78]. Für einen solchen Austausch und das gezielte Einholen von Informationen mussten teilweise erst organisationale bzw. personelle Strukturen geschaffen werden, beispielsweise in Form von Organisationseinheiten oder der Einrichtung von Stabsarbeit [59, 64, 75, 76, 87]. Später etablierten sich zusätzlich andere Formen der Informationsweitergabe- und Gewinnung, zum Beispiel über eingerichtete Webseiten und die Veröffentlichung bzw. Versendung von regelmäßigen Newslettern [55, 101]. Des Weiteren wurden Vertreter*innen der Organisationen in interorganisationale Krisenstäbe und Besprechungsrunden entsandt, wodurch ein vereinfachter Informationsaustausch erfolgte [58, 59, 63]. Welche Möglichkeiten zum Netzwerkaufbau bestehen und nähere Erläuterungen zur Stabarbeit werden im Folgenden ausgeführt.

2.5.1 Kommunikation und Netzwerkaufbau

Bei der Gewinnung von Informationen während einer Lagebewältigung, wie der Flüchtlingssituation 2015/16, kommt vor allem den Netzwerken involvierter Akteure eine bedeutende Rolle zu. Eine gute Vernetzung der Organisationen untereinander führt dazu, dass Informationen leichter eingeholt und Problemstellungen besser verstanden werden können. Hierzu müssen Organisationen entsprechende Verbindungen aufbauen, um die für die Lagebewältigung relevanten Daten und Informationen zu gewinnen. Dies betrifft sowohl ihre internen als auch externen Netzwerke:

  • Interne Netzwerke bestehen aus Personen, die der eigenen Organisation angehören. Dabei werden die Kontakte und das Netzwerk einzelner Organisationsmitglieder zu einer Teamressource, beispielsweise indem diese anhand von Kontaktlisten mit Erreichbarkeiten dokumentiert und so anderen Teammitgliedern zugänglich gemacht werden.

  • Externe Netzwerke beziehen sich auf alle für die Lagebewältigung relevanten Personen außerhalb der eigenen Organisation, z. B. in den Partnerorganisationen, der Politik oder den Ministerien, der betroffenen Gruppe oder der Bevölkerung. Zielführend ist dabei, für die unterschiedlichen Akteure jeweils Ansprechpersonen zu identifizieren oder diese gemeinsam festzulegen, um einen einfacheren und qualitativ hochwertigen Informationsfluss zwischen ihnen zu ermöglichen [5].

  • Informationen einzelner Personen oder auch Organisationen können nur genutzt werden, wenn diese auch kommuniziert werden. Allerdings entsteht durch Kommunikation gleichzeitig eine erhöhte Komplexität: Zum einen durch die Sachebene der Informationen und zum anderen durch die soziale Interaktion der Gruppe, die durch Meinungen, Werte und Ziele der beteiligten Personen gekennzeichnet ist. Für ein effizientes Erarbeiten von Problemlösungen und Ableiten von Handlungsmöglichkeiten ist es deshalb wichtig, dass der Kommunikationsaufwand den Nutzen für die Sachebene aufwiegt [36]. Hierzu benötigt es funktionierende Teams – sie sind essentiell, um Krisen zu bewältigen. Die beteiligten Personen sind gefordert zu kooperieren und teaminterne Konflikte – die meist zwangsläufig aufkommen – zu lösen. Konflikte entstehen, wenn die Beteiligten in ihrem Handeln voneinander abhängig sind, jedoch unterschiedliche Ziele verfolgen. Eine weitere Konfliktquelle besteht in der Organisationskultur, beispielsweise dann, wenn der etablierte Kommunikationsstil dazu tendiert, so wenig Informationen wie möglich zu teilen, jedoch Zusammenarbeit und Transparenz gefordert sind [5]. Für die Ermöglichung eines sicheren Organisationshandelns ist es notwendig, Informationen sowohl über potenzielle als auch tatsächliche Sachlagen und Bedingungen zu sammeln und für die weitere Nutzung auszuwerten. Hierfür benötigt es eine Organisationskultur, die ihre Mitglieder dazu motiviert Informationen, wie beispielsweise Beobachtungen oder eigene Fehlhandlungen, zu kommunizieren. Dies kann dadurch erleichtert werden, dass Organisationsmitglieder über eine klare Vorstellung verfügen, mit welchen Konsequenzen ein Teilen von Informationen verbunden ist [12]. Schließlich treffen Einsatzkräfte ihre Entscheidungen auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen. Nur durch eine funktionierende Kommunikation können die benötigten Informationsbedarfe ständig aktualisiert und angepasst werden. Somit ist vor allem die Organisationsführung gefordert, getroffene Entscheidungen und beschlossene Maßnahmen mitzuteilen, da das Handeln jedes Organisationsmitglieds Auswirkungen auf die Lageentwicklung haben kann [26]. Welche Strukturen sich zur Informationsgewinnung und zum Netzwerkaufbau für Polizeiorganisationen während der Flüchtlingssituation 2015/16 bewährt haben und zum Teil langfristig etablierten, wird in nachfolgendem Beispiel dargestellt.

Beispiel: Anpassung von hierarchischen Strukturen

Für die Polizeiorganisationen waren der Aufbau sowie die Nutzung bestehender Netzwerke während der Lagebewältigung 2015/16 ein zentraler Aspekt zur Gewinnung tagesaktueller, relevanter Informationen [60,61,62, 65, 67, 69, 71, 73, 75, 76, 78]. So sind durch verschiedene Gelegenheiten neue persönliche Kontakte mit Mitarbeiter*innen von Partnerorganisationen entstanden, die zum gegenseitigen Nutzen hinsichtlich des Treffens von Entscheidungen und Maßnahmen zur Lagebewältigung beitrugen. Dabei wurden im direkten und informellen Austausch zum Teil polizeiliche Hierarchien und übliche Dienstwege außer Acht gelassen, um dringende Probleme und notwendige Bedarfe schnell und möglichst unbürokratisch lösen zu können. Ein anderes Vorgehen hätte nach Einschätzung einer Interviewperson in manchen Situationen aufgrund von Verzögerungen andernfalls zu deren Verschlimmerung beigetragen. Demnach war ein positiver Aspekt der Zusammenarbeit während der Lagebewältigung 2015/16, dass die inner- und überbehördlichen Hierarchien durch die Ausnahmesituation zum Teil abgeflacht wurden. Auf diese Weise war eine direkte Kommunikation und Absprache unabhängig von Organisationszugehörigkeiten oder Dienstgraden möglich, was angesichts der Lage zu einem effizienten bzw. zeitsparenden Arbeiten beitrug [62, 72, 76].

„Und das war in dieser, ich sage jetzt mal Notsituation, ja war […] eine menschliche Notsituation, die wir hier hatten. Wirklich faszinierend, und war wirklich schön zu sehen, dass es auch mal unbürokratisch und schnell und unkompliziert geht, selbst wenn es um Gelder geht, wenn es um Personal geht, oder um eine schnelle Entscheidung […]“ [62]

Um die Zusammenarbeit aufgrund feststehender hierarchischer Strukturen bzw. Meldewege nicht zu behindern, ist es demnach hinsichtlich des Austausches zwischen Behörden notwendig, mehr Freiheiten für Polizeibeamt*innen zu schaffen, um angemessene Absprachen treffen zu können [62, 72, 76]. Als zielführend hat sich an einem Standort aus diesem Grund eine an die Lage angepasste Delegation von Verantwortungs- und Kompetenzübertragung innerhalb eines klar abgestimmten Zuständigkeitsbereichs bewährt. Dadurch wussten die Beamt*innen innerhalb ihrer Dienstfunktion, was zu tun ist und konnten im jeweiligen Aufgabenbereich entsprechend ihrer Vorgaben frei agieren. In der Lage 2015/16 erwies sich deshalb unter anderem auch die Einrichtung eines polizeilichen Koordinierungsstabs als geeignet, um zusätzliche Hierarchiegliederungen zu schaffen bzw. auf bereits bestehende Ebenen aufzubauen und diese zu erweitern. Dieses Vorgehen schaffte Sicherheit und Vertrauen in die Organisationsstruktur bei den Beamt*innen, wodurch die Arbeitsfähigkeit und -leistung während der Lagebewältigung gewährleistet blieb.Footnote 3

2.5.2 Stabsarbeit

Die Einrichtung eines Stabs gilt als bewährtes Mittel bei der Bewältigung krisenhafter Einsatzlagen [16, 18, 23, 38]. Eine temporäre Unterstützung in Form von Stabsarbeit erweist sich als sinnvoll, wenn ein erhöhter Bedarf an Koordination und einheitlicher Führung vorhanden ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine hohe Anzahl eingesetzten Personals und Technik involviert sind, wenn Grenzen der Zuständigkeit überschritten werden, wenn ein sehr hohes Informationsaufkommen herrscht, wenn ein schnelles Zusammentragen von Spezialwissen gefordert ist sowie wenn Ressourcen auf lokaler Ebene nicht ausreichen und übergreifend mobilisiert und organisiert werden müssen. Stabsarbeit stellt somit eine Erweiterung an Stärke und Unterstützung dar, die eine Einzelperson nicht leisten könnte. Ein Stab hat die Aufgabe zu beobachten und adäquate Vorbereitungen für die Zukunft zu treffen. Dabei steht vor allem die beratende Komponente durch Organisationseinheiten im Vordergrund, die entweder ständig oder anlassbezogen unterstützen. Des Weiteren kann ein Stab die Koordination sowie Kooperation und den Informationsaustausch mit angrenzenden Stäben und Partnerorganisationen ermöglichen [23].

„Es sitzt dann ja für jeden Zuständigkeitsbereich, also ärztlicher Leiter, der Personal-, Nachschubbeschaffung, sitzt also jeweils ein fester Ansprechpartner in diesem Führungsstab. Und es finden also zwei Mal täglich Lagebesprechungen statt. Wir hatten die morgens um neun und nachmittags um 15 Uhr. Da wurden also alle wesentlichen Themen erörtert. Sodass also eigentlich das gesamte Führungspersonal wirklich auch auf dem neusten Informationsstand war. Das gehört auch einfach dazu für einen geordneten Ablauf in einer solchen Lage.“ [59]

Krisenstäbe werden sowohl auf lokaler, regionaler als auch nationaler Ebene berufen und für viele Arten von Situationen eingesetzt, auch für jene, die eher den Bereichen der Katastrophe oder des Notfalls zuzuordnen wären. Dabei weist jede Behörde und Organisation mit Sicherheitsaufgaben (BOS) ihre eigenen Besonderheiten auf. Ferner bestehen für die unterschiedlichen Stäbe unterschiedlichste Rahmenbedingungen. Trainiert wird Stabsarbeit zum Beispiel an der zentralen Aus- und Fortbildungseinrichtung Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) oder der strategisch und politisch-administrativen Länder- und Ressortübergreifenden Krisenmanagementübung (LÜKEX). Hierfür existieren entsprechend auf allen Ebenen hauptamtliche Expert*innen [16, 23]. Darüber hinaus wird durch sogenannte Stabsrahmenübungen ein Bewusstsein für den Leistungskatalog der verschiedenen Organisationen geschaffen, um in Einsatzlagen vorbereitet zu sein [35].

In diesem Unterkapitel wurden Strukturen und Kommunikationswege, mit Fokus auf Netzwerken und Stabsarbeit, beleuchtet. Dabei zeigte sich u. a., dass im Rahmen des Flüchtlingseinsatzes Informationsdefizite bestanden, diesen jedoch durch das Hinzuziehen verschiedenster Quellen teilweise entgegnet werden konnte. Zudem wurde deutlich, dass es in einer Krise hilfreich sein kann, gewohnte oder geregelte Wege der Kommunikation anzupassen, um bspw. über den kurzen Dienstweg Anliegen zu klären und Informationen zu beschaffen.

„Die folgende Übung verschafft durch verschiedene Reflexionsfragen einen Eindruck darüber, wie Ihre Organisation Informationen beschafft und mit diesen umgeht.“

Übung: Beschaffung und Umgang meiner Organisation mit Informationen

Stellen Sie sich vor, ihre Organisation ist gefordert für einen Einsatz, ähnlich der Flüchtlingssituation in den Jahren 2015/16, ein Lagebild zur erstellen und zielgerichtete Maßnahmen abzuleiten (Tab. 2.3

Tab. 2.3 Reflexionsfragen zum organisationalen Umgang mit Informationen

):

2.6 Die Krise frühzeitig überblicken

Zu Anfang einer jeden Einsatzlage gilt es die sogenannte Chaosphase möglichst frühzeitig zu überwinden. Das bedeutet dafür zu sorgen, dass alle beteiligten Akteure ein gemeinsames Verständnis über Zielsetzung, eigene sowie gemeinsame Aufgaben und Prozesse gewinnen [31]. Ebenso wie Spontanlagen (z. B. Amokläufe, Schadenslagen) sind Großereignisse, wie die Flüchtlingssituation 2015/16, durch eine hohe Komplexität, Dynamik und unzureichende Informationslage charakterisiert [25] – allerdings aufgrund des Umfangs in einer zeitlich erheblich ausgedehnteren Dimension. So benötigte es 2015/16 vielerorts mehrere Wochen bis die Einsatzlage geordnete Strukturen annahm [44,45,46,47,48, 51,52,53, 56, 58, 59, 61, 73, 74, 80, 81, 91, 92, 95, 97,98,99]. Zunächst wurde größtenteils ad-hoc entschieden und auf diese Weise auf die chaotische und unübersichtliche Situation reagiert, wobei die damit verbundenen Folgen für den weiteren Lageverlauf teilweise kaum einzuschätzen waren. In der ersten Akutphase zielten Entscheidungen und Handlungen jedoch in erster Linie darauf ab, schnellstmöglich menschenwürdige Verhältnisse zu schaffen, indem z. B. zusätzliche Zelte auf Unterkunftsgeländen errichtet wurden (Devise: „Einfach machen“, um Dinge schnell in Gang zu setzen) [53, 75, 83, 86, 91, 94].

„Erschwerende Rahmenbedingungen während des Einsatzes sind die oft unklare Lage und der meist hohe Zeit-, Entscheidungs- und Handlungsdruck. Die handelnden Personen haben innerhalb kurzer Zeit viele und komplexe Entscheidungen zu treffen, wobei diese und die aus ihnen resultierenden Handlungen wiederum die Einsatzsituation und damit den Einsatz selbst beeinflussen.“ [26, S. 20].

Komplexe Problemstellungen, wie sie sich insbesondere zu Anfang einer Krise ergeben, erfordern auf psychologischer Ebene von den beteiligten Akteuren zunächst einmal eine Vereinfachung und Reduktion einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren der Lage auf das für sie Wesentliche. Dies ist besonders herausfordernd, da sich die Komplexität zusätzlich durch folgende Merkmale von einfachen Problemstellungen abhebt [15, 21]:

  • Zusätzlich zur Vielzahl an Faktoren, sind diese nicht nur jeweils einzeln miteinander verbunden, sondern regelrecht miteinander vernetzt und beeinflussen sich somit wechselseitig.

  • Die Situation zeichnet sich durch eine Dynamik, d. h. durch Lageveränderungen über die Zeit hinweg, aus. Diese zwingen die problemlösenden Beteiligten einerseits zu Entscheidungen und anderseits werden durch getroffene Maßnahmen neue Prozesse in Gang gesetzt.

  • Oftmals besteht in komplexen Situationen ein Informationsmangel bei den problemlösenden Beteiligten, da nicht alle Faktoren bekannt sind. Dies erfordert eine stetige Informationsbeschaffung und das Treffen von Entscheidungen trotz Informationsdefizit.

  • Während des Einsatzes gibt es eine Vielzahl an Zielsetzungen, die es zur gleichen Zeit zu verfolgen gilt.

Neben einer humanitären Krise für die geflüchteten Menschen kam es aufgrund der Flüchtlingssituation 2015/16 in Deutschland zu einer Überforderung der öffentlichen Verwaltung, Organisationen und Infrastrukturen (siehe auch Kap. 1). Als Gründe sind u. a. ein erheblicher Mangel an Personal in den Behörden und Organisationen sowie an räumlichen Unterbringungsmöglichkeiten für Asylsuchende zu nennen [22]. Hinzu kommen bei Großereignissen, wie der Flüchtlingslage 2015/16 oder der Covid-19-Pandemie, erhöhte Anforderungen an den Einsatz, da sie aufgrund hoher Gesamtanforderungen zunächst durch eine äußerst eingeschränkte Handlungsfähigkeit sowie einen hohen personellen Bedarf und Flexibilität gekennzeichnet sind. Aus diesem Grund benötigt diese Art von krisenhaften Einsätzen eine spezielle Organisationsstruktur [24]. Einsatzorganisationen, wie Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienste, basieren prinzipiell auf zwei unterschiedlichen formalen Strukturen der Aufbauorganisation: einer bürokratischen Bereitschaftsstruktur sowie einer flexiblen Einsatzstruktur. Zu Routinezeiten bzw. im Tagesgeschäft greift somit eine Allgemeine Aufbauorganisation (AAO) und bei Sonderlagen eine Besondere Aufbauorganisation (BAO). Grundsätzlich wechselt die Organisationsform aber nicht vollständig, sondern nur teilweise. Dadurch bleibt die Struktur je nach Einsatz skalierbar und kann sich bzgl. ihrer Führungsorganisation an die Anforderungen der Lage anpassen [26].

Gerade bei längerfristigen und komplexen Lagen, die mit einer ausgeprägten Verwaltungsstruktur einhergehen, besteht die Herausforderung darin, dass Einsatz- und Verwaltungsstruktur sich nicht gegenseitig behindern, da sie grundsätzlich andere Zielsetzungen verfolgen. Dies verlangt den Akteuren eine Integrationsleistung im Spannungsfeld des Einsatz- und Verwaltungshandelns ab. In diesem Spannungsfeld müssen Organisationen strukturell entsprechende Voraussetzungen schaffen, um schnell ein geordnetes Einsatzhandeln zu ermöglichen und gleichzeitig Raum für situatives und flexibles Vorgehen zu schaffen. Darüber hinaus umfassen die Einsatzstrukturen derart komplexer Einsätze die Beteiligung und Zusammenarbeit mehrerer Behörden, Organisationen und Akteure, die berücksichtigt werden müssen. Aus diesem Grund kommt der Koordination eine hohe Bedeutung zu, um Kooperationen an Schnittstellen zu identifizieren und Aufgaben arbeitsteilig und zielgerichtet zu bewältigen. Hierbei ist zusätzlich der Abruf spezifischer Fähigkeitspotentiale der beteiligten Akteure unerlässlich, um die Lage erfolgreich bewältigen zu können (siehe Abb. 2.2) [26].

Abb. 2.2
figure 2

Handlungsfelder für Einsatzorganisationen nach Kern et al. (2020) [27, S. 432]

2.6.1 Zentrale Themenfelder am Beispiel der Flüchtlingssituation 2015/16

Die Flüchtlingssituation 2015/16 hat gezeigt, dass es bei der Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten eine Vielzahl an Faktoren und Rahmenbedingungen zu beachten gilt. Diesen musste zum Teil ad-hoc während der Lage begegnet werden. Eine damit verbundene Überforderung und Überlastung der beteiligten Akteure drückt sich vielfach in dem Begriff der sogenannten Chaosphase aus, die insbesondere zu Anfang das Lagegeschehen bestimmte. Um einen solchen Zustand zukünftig zu verkürzen ist es essentiell, die für den Einsatz notwendigen Maßnahmen von Anfang an zu beachten und ebenso passende Lösungsansätze zu finden [41].

Tatsächlich handelt es sich bei Flüchtlingsunterkünften um besonders vulnerable Einrichtungen, in denen viele Menschen unterschiedlichster Herkunftsländer mit diversen Bedürfnissen und zum Teil schweren Traumata auf engstem Raum untergebracht sind [6]. Neben der Errichtung und Einrichtung geeigneter Unterkünfte war es notwendig, diese insbesondere in den Jahren 2015/16 vielfach durch Angriffe von außen zu schützen [104]. Zugleich erschwerten unzureichende Registrierungs- und Identitätsfeststellungen zu Anfang der Situation die Aufklärung von Straftaten durch Geflüchtete [76]. Hinzu kam ein erheblicher Mangel an professionellen Sprachmittler*innen, um zwischen Mitarbeiter*innen beteiligter Akteure und Geflüchteten zu vermitteln [48, 49, 60, 71, 73]. Des Weiteren mussten zusätzliche Aspekte, wie Krisenkommunikation durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, von beteiligten Organisationen vorbereitet und umgesetzt werden [6]. Diverse zentrale Aspekte und Themenfelder werden im Anschluss an eine Übung zu eigenen Vorüberlegungen im Folgenden ausgeführt und mit Beispielen aus den Erfahrungen der Flüchtlingssituation 2015/16 erläutert. Sie greifen im Sinne einer grundsätzlichen Checkliste zentrale Themenbereiche einer Situation mit hohem Flüchtlingsaufkommen (ähnlich der Situation 2015/16) auf, die individuell ergänzt werden sollten. Diese erheben allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dienen lediglich dem ausschnitthaften Überblick und lassen sich in Teilen auch auf andere Lageszenarien übertragen.

Übung: Meine Organisation in der „Chaosphase“

Eine frühzeitige Einrichtung geeigneter Strukturen und die Durchführung geeigneter Maßnahmen kann zukünftige Chaosphasen verkürzen und eine Überforderung der beteiligten Organisationen und Behörden reduzieren, damit eine zielgerichtete humanitäre Hilfe schnell gewährleistet werden kann. Stellen Sie sich vor, Sie müssten geeignete Strukturen für die Unterbringung und Versorgung aufgrund großer Fluchtbewegungen gewährleisten, woran muss Ihre Organisation von Anfang an denken bzw. was gilt es frühzeitig zu beachten? (Tab. 2.4

Tab. 2.4 Reflexion geeigneter Strukturen und Maßnahmen

)

Personal

Neben einer hohen Anforderung hinsichtlich der Führung und dem Wechsel in Stabs- und BAO-Strukturen aufgrund der Lagekomplexität ist für die Mitarbeiter*innen diverser Organisationen insbesondere auch der Wechsel von einem Regelbetrieb in einen Sonderbetrieb herausfordernd (siehe auch Abschn. 3.3). Oftmals ist das Arbeiten im Sonderbetrieb mit deutlich erhöhtem Zeit- und Arbeitsaufwand für Einsatzkräfte verbunden. Dies erfordert meist einen deutlich höheren Personalbedarf, auch hinsichtlich Fachkenntnissen, sowie das Zurückstellen persönlicher Interessen der Mitarbeiter*innen. Darüber hinaus zeigt sich dahingehend ein erheblicher Unterschied zwischen Sicherheitsbehörden und zivilen Akteuren, dass Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) überwiegend mit festangestellten Mitarbeiter*innen arbeiten, wohingegen zivile Einsatzorganisationen größtenteils auf ehrenamtliche Mitarbeiter*innen angewiesen sind. Um diesen Anforderungen zu begegnen, müssen Einsatzkräfte durch fortwährende Schulungen und Übungen auf Einsätze und Tätigkeiten, wie die Stabsarbeit, vorbereitet und möglichst früh hinzugezogen werden [24]. Um die Anforderungen im Sonderbetrieb und die Herausforderungen für die Mitarbeitenden zu verdeutlichen, folgen zwei Beispiele, zum einen aus der privaten Sicherheit, zum anderen aus der Verwaltung.

Beispiel: Private Sicherheit als eine Art (gewerbliche) Amtshilfe

In der Flüchtlingssituation 2015/2016 waren gewerbliche Sicherheits- und Ordnungsdienstleister an vielen Stellen gefordert und eingesetzt: Ob beim Objektschutz und der Bewachung des Geländes bspw. vor Ämtern wie dem LAGeSo, vor AE, bei der Personenlenkung vor Gebäuden oder in Einrichtungen und Unterkünften zu deren Schutz. Private Sicherheitskräfte übernahmen viele Aufgaben, welche die behördlicherseits gelenkten Prozesse des integrierten Flüchtlingsmanagements flankierten. Da sich auch für die privaten Kräfte an vielen Stellen aufgrund der teils chaotischen Lage ad hoc Aufgaben entwickelten, besonnen sich einige auf Vorgehensweisen des Improvisierens, um mit spontanen Behördenanfragen umzugehen und womöglich eine Art „(gewerbliche) Amtshilfe“ zu leisten. Ein Interviewpartner aus einer Liegenschaft in Niedersachsen spricht es an:

„Improvisieren gehört ja faktisch zu unserem Tagesgeschäft, also gerade bei diesen Lagen. (…), wo man sagen kann, dass wir improvisieren mussten (…), wir haben ja in den Nachtstunden, wenn von den öffentlichen Stellen keiner da war, die Erstaufnahme im Prinzip selbst abgewickelt. Das heißt, wir haben die Erfassungen gemacht der ankommenden Flüchtlinge, wir haben denen eine Erstausstattung gegeben (…).“ [82]

Neben den formal beauftragten Aufgabenstellungen (s. o.) verweist der Interviewpartner außerdem darauf, dass sie eine Vielzahl von Dienstleistungen auch im Laufe der Lageentwicklung noch übernahmen, für die andere Organisationen in der Lage keine Kapazitäten hatten:

„Als es sich dann ein bisschen beruhigt hatte, wir waren zwischendurch auch und wir sind dann auch nach wie vor in anderen Regionen Deutschlands tägig gewesen, kamen dann bestimmte Servicedienstleistungen dazu, weil z.B. die Flüchtlinge einfach schlicht nicht wussten, wie man eine Waschmaschine bedient, (…). Und das führte zu einigen technischen Problemen, daraufhin hat man gesagt: Also jetzt waschen die Sicherheits-/Serviceleute dann entsprechend die Klamotten, die Kleider der Flüchtlinge. (…) Dann gab es weitere Serviceaufgaben, dass wir also den Shuttledienst übernommen haben, (…) Bustransferleistungen gemacht haben, dass wir teilweise dadurch, dass wir im Bewachungsgewerbe eine sehr, sehr hohe Anzahl selbst an Mitarbeitern mit Migrationshintergrund haben, auch sehr, sehr viel übersetzt haben. Wir haben dann, also alles Mögliche, was sich an Hilfeleistungen drum herum anbot, mitgemacht. Wir haben nicht gemacht Sachen, wo man eine qualifizierte Ausbildung für brauchte (…). (…), was wir da gemacht haben bei Bedarf, wenn kein Dolmetscher da war und wir zufällig jemanden hatten, der die Landessprachen kann, der dann beim Übersetzen unterstützend eingegriffen hat. Das waren so die Kernaufgaben, die wir hatten. Aber die oberste Kernaufgabe oder die zentrale Aufgabe war eben Absicherung der Liegenschaften.“ [82]

Hier zahlte sich somit aus, dass sich private Sicherheitsdienstleister durch eine enorme Flexibilität auszeichnen und dazu in der Lage sind, sich schnell und angemessen auf neue Situationserfordernisse einzustellen. Das oben dargestellte Beispiel aus Niedersachsen steht vermutlich exemplarisch für viele Sicherheitsdienstleister, die 2015/16 an vielen Stellen das auffingen, wozu andere Organisationen keine Kapazitäten und Ressourcen mehr hatten.

Beispiel: Personalmanagement in der Verwaltung Trier

Die Allgemeine Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) ist eine zentrale Verwaltungsbehörde des Landes Rheinland-Pfalz mit Sitz in Trier. Sie hat die Aufgabe, als Verantwortliche für die Trägerschaft der Aufnahmeeinrichtungen in Rheinland-Pfalz diese Aufnahmeeinrichtungen bereitzustellen und zu betreiben. Dies umfasst alle Aufgaben in vertraglicher und betrieblicher Hinsicht. Anfangs ist die ADD mit dem Personal, das in den Aufnahmeeinrichtungen für die Aufgabenwahrnehmung fachlich qualifiziert gewesen sei, auch die Steuerungsgruppe für den Neuaufbau von Strukturen gewesen – eine erhebliche Mehrfachbelastung für das wenige Personal. Diese Aufgabe ist, als dies auf ADD-Ebene nicht mehr alleine zu bewältigen war, durch Einbindung anderer Verwaltungen und Organisationseinheiten in einen größeren Rahmen überführt worden [87]. Wie andere Institutionen auch, hat die Lage die Behörde vor Aufgaben gestellt, die personell schlicht überwältigend waren:

„Die [anderen Organisationen] waren dann vollkommen frustriert, weil sie sagen, ‚man kriegt bei euch ja niemanden‘. Weil die Leute waren die ganze Zeit unterwegs, Tag und Nacht, sieben Tage die Woche.“ [87]

Zwar sei durch Abordnungen anderer ADD-Organisationseinheiten Personal hinzugekommen, dieses habe allerdings erst angelernt werden müssen, was ebenfalls die Zeit der wenigen qualifizierten Kräfte in Anspruch nahm [86]:

„Dann hat sich der Apparat langsam aufgebaut. Und jeder wollte unser Wissen, deswegen mussten wir auch überall hin. Wer kann, wer weiß, wie eine Flüchtlingsunterkunft …, überhaupt, was braucht man denn für eine Flüchtlingsunterkunft? Und das wussten im Prinzip nur ich und der [Verwaltung1]. (…) Selbst wie die Strukturen dann verbessert wurden, aufgebaut wurden, mit Stabstelle et cetera. Aber was soll ich eine Stabstelle einrichten, die noch nie was mit Asyl zu tun hatte. Ich mein‘, klar, man kann sich da einarbeiten, aber das erste war natürlich: ‚[Verwaltung 4], [Verwaltung1] bitte kommen Sie vorbei.‘“ [86]

Mit großem persönlichem Einsatz über dem eigentlichen Arbeitspensum seien die Aufgaben „irgendwie geschafft“ worden [90]. In der Flüchtlingslage, als die Zielvorgaben der Politik und auch die der Humanität den normalen gesetzlichen und auch den arbeitsorganisatorischen Rahmen sprengten, diktierten die Umstände das Arbeitstempo, denn Fragen der Unterbringung duldeten keinen Aufschub. Da allerdings die personelle Aufstockung auf sich warten ließ, arbeiteten die Kräfte der ADD über dem eigentlichen Limit und Aufgabenspektrum. Die in großen Teilen improvisierten Arbeitsprozesse seien aber im Wesentlichen als Bereicherung im Kontrast zur alltäglichen Arbeit sowie als Motivation wahrgenommen worden [84].

„Der normale Dienstbetrieb war für uns außer Kraft gesetzt. Wir wussten auch nicht, wann kommen wir jetzt abends hier raus, es gab immer was Neues. Man hat sich aufgeschrieben, weil so viel zu tun war, was möchte man am nächsten Tag abarbeiten, das konnte man wirklich dann über den Haufen werfen am nächsten Tag, weil so viele Anfragen und Aufgaben da waren, die man dann zunächst machen musste, weil sie einfach wichtiger waren. Die Liste wurde immer länger und man hat es aber irgendwie geschafft.“ [90]

Ein weiteres personelles Problem wurde mit dem öffentlichen Ende der Krise wahrgenommen: Der Personalkörper, der mit Verzögerung habe anwachsen können, sei schnell wieder reduziert worden – verbunden mit dem Zwang, schnell aus den Kosten zu kommen, die vorher eine Zeit lang gar keine Rolle gespielt hätten.

„Da schlug dann direkt wieder der beamtenrechtliche Alltag zu: ‚So, also bis Weihnachten habt ihr ja die Überstunden, macht doch einfach mal Freitag frei‘ – Es war, und zwar von den gleichen Leuten, die in der Krise dabei waren, als wenn die das nicht erlebt hätten.“ [87]

Die Erfahrungen aus Trier zeigen: Zur organisationalen Notfallvorbereitung gehören Pläne zum Auf- und Abbau eines unterstützenden Personalkörpers, damit dieser nicht verspätet eintrifft und verfrüht wieder abgezogen wird.

Öffentlichkeitsarbeit

Insbesondere in krisenhaften Situationen reagiert die öffentliche Presse- und Medienlandschaft sehr schnell. Selbst die in die Situation involvierten Organisationen und Akteure erhalten zu Anfang einer Lage eine Vielzahl relevanter Informationen durch diese. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass Informationslücken entstehen oder diese, insbesondere in Zeiten des Web 2.0, sogar mit falschen Inhalten gefüllt werden. Dies trägt wiederum zu einer Kettenreaktion und der Gefahr von Desinformation von Bürger*innen und Betroffenen, in diesem Fall Geflüchtete, bei. Ein Kommunikationsstil des Schweigens oder der Nichtäußerung beteiligter Behörden und Organisationen vermittelt dabei der Öffentlichkeit den Eindruck, dass diese die Lage und die Gesamtsituation nicht unter Kontrolle haben, was zu einem Vertrauensverlust führen kann [5]. Um Konflikte und Spannungen in der lokalen Bevölkerung zu vermeiden sowie Akzeptanz hinsichtlich der Unterbringung von Geflüchteten zu schaffen, ist die Einbindung und Aufklärung der Bevölkerung durch Öffentlichkeitsarbeit unerlässlich. Dies hilft dabei, Ängste und Unsicherheiten von Bürger*innen abzubauen und eine spätere Integration Schutzsuchender zu fördern [3].

Beispiel: Informationsveranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei

Hinsichtlich einer geeigneten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Anwohner*innen und die lokale Bevölkerung, um Ängsten und Sorgen zu begegnen, haben sich während der Flüchtlingssituation 2015/16 im Zusammenhang mit dem Aufbau neuer Unterkünfte Informationsveranstaltungen bewährt. An diesen nahmen Vertreter*innen unterschiedlicher Organisationen (z. B. Polizei, Kommune, Hilfsorganisationen) teil. Dabei wurden Fragen beantwortet und realitätsnah über Unterbringung, Vorbehalte und die Sicherheitslage informiert und aufgeklärt. Hierbei hat es sich bewährt, dass die Polizei als Sicherheitsakteur beispielsweise anonymisiert Kriminalstatistiken offenlegte und in Relation zur Gesamtbevölkerung setzte. Ebenso führte auch die Reflektion und Offenlegung durchgeführter Präventionsmaßnahmen zu Vertrauen in der Bevölkerung [60, 61, 69, 70, 75, 78, 79].

Zusätzlich war ein transparenter und offener Umgang gegenüber den Medien und der Politik zielführend, um eine objektive Informationsvermittlung zu gewährleisten und Gerüchten sowie dadurch entstandenen Ängsten in der Bevölkerung entgegenzuwirken. Dabei sollten auch strukturelle Vorrausetzungen geschaffen werden, z.B. durch Fachpersonal, das hinsichtlich getroffener Entscheidungen und Sachverhalte sowohl bei parlamentarischen als auch bei Presseanfragen einen einheitlichen Sprachgebrauch verwendet [64, 67, 78].

Kommunikationsformen mit Geflüchteten

Oftmals lassen sich Konflikte u. a. auf Probleme hinsichtlich der Kommunikation und Verständigung zurückführen, insbesondere dann, wenn sich Barrieren aufgrund unterschiedlich gesprochener Sprachen ergeben. Aus diesem Grund ist das Hinzuziehen professioneller und für alle Personengruppen geeigneter Dolmetscher*innen für eine gute Verständigung und zielführende Arbeit der beteiligten Akteure unerlässlich. Zur Vermeidung einer fachfremden Beauftragung mit Sprachmittlung, z. B. der Beauftragung des Sicherheitspersonals, sollte darauf geachtet werden, dass frühestmöglich professionelle Dolmetscher*innen Verfügung stehen [3].

„Und ganz, ganz groß der Punkt der Kommunikation. Das wäre sicherlich was, wo ich sagen würde, da könnte man ansetzen, da könnte man relativ schnell probieren auch zu sagen: ‚Ich schaffe noch einen Unterabschnitt Kommunikation. Seht doch mal bitte zu, ich brauche Dolmetscher für den und den Bereich, die auch 24/7 die Woche dort vor Ort sind‘ […] Weil ich glaube, das würde auch die Situation erleichtern, weil wenn derjenige, von dem ich was will, versteht, was ich von ihm will und ich brauch nicht nur Hände und Füße, dann macht das in gewisse Weise die Situation einfacher.“ [73]

Des Weiteren kann sich beispielsweise auch der Einsatz geeigneter Piktogramme an Stelle von schriftlichen Informationen bewähren, um Sprachbarrieren zu umgehen [11]. Die folgenden zwei Beispiele illustrieren die Herausforderungen in der Kommunikation bei Sprachbarrieren und zeigen gleichzeitig, wie diese gelingend funktionieren kann.

Beispiel: Die Bedeutung von Kommunikation und Sprachmittlung

Interviewpersonen des DRK LV Berlin berichteten von Herausforderungen während des Betriebs, die sich insbesondere auf die Kommunikation mit den Bewohner*innen der Unterkunft beziehen. Es konnten zwar einzelne Sprachmittler*innen über die bestehenden Kontakte hinzugezogen werden, insgesamt waren diese jedoch nicht ausreichend für die Anzahl an untergebrachten Personen in der Notunterkunft. Insbesondere komplexere Zusammenhänge zum Ablauf des Asylverfahrens oder Behördengängen waren deshalb zunächst schwierig zu übersetzen und zu vermitteln. Eine Interviewperson resümiert, dass die Mitarbeitenden vor Ort trotz dieser Herausforderungen gute Arbeit leisteten:

„Versuchen Sie das mal nur mit Händen und Füßen zu erklären. Also da wurde vor Ort unheimlich gute Improvisationsarbeit geleistet, und ich ziehe bis heute meinen Hut vor den ersten Sozialbetreuern, die da waren (…)“ [48]

Erschwert wurde die Situation zusätzlich dadurch, dass bspw. Behörden und Krankenhäuser ebenso nicht genügend Sprachmittler*innen bereitstellen konnten. Die sprachkundigen Mitarbeitenden der Notunterkunft konnten jedoch nicht immer alle Bewohner*innen zu Auswärtsterminen begleiten, da sie auch in der Unterkunft gebraucht wurden. Insbesondere für diese Termine konnten mit der Zeit schließlich weitere Sprachmittler*innen aus der Bevölkerung akquiriert werden, die bei Bedarf Übersetzungstätigkeiten übernahmen [48, 49].

Beispiel: Kommunikation mit Geflüchteten in Bad Fallingbostel

Im Jahr 2015 wurde nahe der Kreisstadt Bad Fallingbostel eine Flüchtlingsunterkunft auf einem ehemaligen Militärgelände errichtet. Dabei zeigte sich, dass aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen eine interkulturelle Sensibilität bei der Vermittlung von Sachverhalten erforderlich war. Polizeiliche Interviewpersonen geben an, dass ihnen zu Anfang keine Informationsmaterialien für Geflüchtete, z. B. in Form von Infobroschüren in unterschiedlichen Sprachen sowie nicht genügend Sprachmittler*innen zur Verfügung standen. Daher galt es immer wieder spontan auf unterschiedliche Situationen zu reagieren und Verständnis aufzubringen [77, 78].

Schwierigkeiten ergaben sich beispielsweise hinsichtlich der Verkehrswege und der Fortbewegung Geflüchteter, da eine Autobahn zwischen dem Unterkunftsgelände und der Innenstadt liegt. Aufgrund von Unwissenheit und mangelnder Kenntnisse gängiger Verkehrsregeln in Deutschland kam es deshalb vor, dass Geflüchtete beispielsweise mit dem Fahrrad auf die Autobahn fuhren. Da viele der neu angekommenen Geflüchteten kein Deutsch verstanden, bewährte es sich, gut sichtbare Straßenschilder anzubringen, auf denen allgemein verständliche Piktogramme abgebildet waren und zum Beispiel auf Gefahrensituationen hinwiesen. Ziel war es, dadurch sowohl die Sicherheit Geflüchteter als auch die der Bevölkerung zu gewährleisten. Zusätzlich wurden Aufklärungsflyer zu örtlichen Gegebenheiten und Verhaltensregeln in unterschiedlichen Sprachen ausgegeben, um kulturellen Missverständnissen mit Bürger*innen der Kreisstadt entgegenzuwirken und die anfängliche Orientierung zu erleichtern [75].

Bauliche Schutzmaßnahmen in Unterkünften

Die Mindeststandards der baulichen Schutzmaßnahmen für Unterkünfte sollte zwingend eingehalten und garantiert werden, damit die Sicherheit aller Bewohner*innen, vor allem auch besonders schutzbedürftiger Personengruppen, gewährleistet werden kann. Dies betrifft die Einrichtung und die Ausgestaltung des gesamten Wohnumfeldes, z. B. der Beleuchtung, der Gewährleistung von Hygienestandards, der gesonderten Wohnbereiche für vulnerable Personengruppen und der Anbringung von Notknöpfen. Räumlich beengte Verhältnisse fördern das Aufkommen gewalttätiger Konflikte und Übergriffe, deshalb sollte die Einrichtung von Unterkünften unbedingt darauf ausgerichtet sein, ein ausreichendes Maß an Selbstbestimmung, Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre zu ermöglichen. Bei der Belegung sind zudem geschlechtliche, gesundheitliche, herkunftsbedingte sowie religiöse Hintergründe und familiäre Bedürfnisse zu beachten. Ebenso stärken kinderfreundliche Orte und Angebote das psychosoziale Wohlbefinden [3].

„Schutzsuchende haben ein Recht auf menschenwürdige Unterbringung. Unter den Geflüchteten befinden sich oftmals besonders vulnerable Personengruppen, hierzu zählen beispielsweise „Kinder, Jugendliche, Frauen, LSBTI*, Menschen mit Behinderung, religiöse Minderheiten, Betroffene des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Menschen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexualisierter Gewalt erlitten haben.“ [3]

Beispiel: Herausforderungen mit baulichen Gegebenheiten

Mitarbeitende des DRK LV Berlin nahmen insbesondere die Hochphase des DRK-Flüchtlingseinsatzes im Herbst 2015 als sehr herausfordernd war und sprachen in diesem Zusammenhang teilweise von „Chaosphasen“. Diese Chaosphasen bezogen sich jedoch nicht zwangsläufig auf zeitliche Abfolgen von Ereignissen, sondern viel mehr auf bestimmte Zustände. In diesem Zusammenhang berichteten zwei interviewte Personen über Herausforderungen in einer Notunterkunft in Berlin. Das Gebäude der Unterkunft war ursprünglich ein Bürokomplex und stand vorher viele Jahre leer. Daher eignete sich das Gebäude in dem damaligen Zustand nicht für eine langfristige Wohnunterbringung von Personen. So waren beispielsweise nicht ausreichend Sanitäranlagen vorhanden und das Abwassersystem versiegelt. Um das Gebäude als Notunterkunft für Geflüchtete herzurichten, waren daher sowohl im Vorfeld als auch während des Betriebs diverse Umbaumaßnahmen notwendig [48, 49].

Umgang mit belastenden Einsatzsituationen

Ebenso wie bei Betroffenen können sich bei Einsatzkräften erhebliche seelische und psychische Belastungen aufgrund des Einsatzgeschehens ergeben, die bis hin zu posttraumatischen Belastungsstörungen reichen können. Seelische Belastungen ergeben sich als Folge fordernder Einsatzsituationen, beispielsweise aufgrund von belastenden bis hin zu traumatisierenden Eindrücken, hinzu kommen oftmals erschwerte Rahmenbedingungen und Arbeitsumgebungen. Sofern möglich, sollten deshalb frühzeitig psychosoziale Unterstützungsangebote für Einsatzkräfte geschaffen werden [7].

Insgesamt können die Folgen unterschiedlich stark ausgeprägt sein und zu kurzfristigen psychischen Beeinträchtigungen bis hin zu lebenslangen Einschränkungen führen. Diese beziehen sich unter anderem auf das Misstrauen gegenüber bestimmten Personengruppen aufgrund negativer Erfahrungen oder auch aufgrund dramatischer Eindrücke und Gefahrensituationen auf wiederkehrende Gedanken und Bilder, Ängste und Depressionen [17]. Die Erlebnisse können sich jedoch nicht nur auf die individuelle Verfassung von Organisationsmitgliedern, sondern auch erheblich auf den Einsatzverlauf auswirken [26].

Beispiel: 2015/16 – eine belastende Einsatzsituation

Neben einer hohen Arbeitsbelastung und der Notwendigkeit von Improvisation in vielen Bereichen, ergaben sich immer wieder auch belastende Einsatzsituationen und Erlebnisse für Polizeibeamt*innen aufgrund persönlicher Schicksale, der prekären Zustände für die Menschen zu Anfang der Lage sowie durch gewalttätige Konflikte, die es aufzulösen galt [64, 65]. Als hilfreich wurde daher eine polizeiinterne psychosoziale Supervision für Beamt*innen erachtet, zum Beispiel über regionale Beratungsstellen und insbesondere dann, wenn es bedingt durch Einsatzsituationen akut zu Ängsten oder Verunsicherungen kam. Hierbei wurde bei Bedarf mit Polizeikräften über Erlebtes gesprochen und für den Umgang mit Geflüchteten sensibilisiert [78].

Crowd Management und Umgang mit Konflikten

Die Bezeichnung Crowd Management umfasst die systematische Organisation und Durchführung von Maßnahmen zur Lenkung bei großen Menschenansammlungen. Ist dieses nicht gegeben, kann es zu sicherheitskritischen und konflikthaften Situationen, wie Paniken oder Eskalationen, kommen. Auf Grundlage von Erkenntnissen aus dem Bereich der Großveranstaltungen sind Faktoren wie örtliche Lage und Gegebenheiten der Versammlungsfläche(n), Personenanzahl, Fluchtmöglichkeiten sowie Personenverhalten und Bewegungsmuster planerisch möglichst zu berücksichtigen. Ziel sollte es sein, eine hohe Personendichte und Engstellen zu vermeiden bzw. zu entzerren, die ansonsten zu Drucksituationen führen und erhöhte Verletzungsgefahren beinhalten können. Ebenso sollten spezifische Bedürfnisse von Personen, wie körperliche Einschränkungen, berücksichtigt werden [20].

Um Menschenmengen friedlich anzuleiten und gegebenenfalls aufkommenden Konflikten zu begegnen, gilt es während eines Einsatzes angemessen und nach Art der Situation in Kontakt mit den Personen zu treten. Je nach Art der Situation erfolgt das in Form von Dialog, Deeskalation und nötigenfalls Durchgreifen [39]. Darüber hinaus ist die Informationsweitergabe an Personen beeinflusst durch Kommunikationsart bzw. -stil, Kommunikationsmittel bzw. -wege sowie Beschilderung und Erkennbarkeit von Einsatzkräften. Einzubeziehen sind dabei das umfassende Lagebild, eindeutige Absprachen mit anderen Akteuren, die Bereitstellung von ausgebildetem Personal sowie ggf. Anpassungen an die Wetterlage [103].

Beispiel: Konfliktpotentiale durch Menschenansammlungen

Aufgrund der zu Anfang der Flüchtlingssituation 2015/16 nur langsam vorangegangenen Registrierung von Geflüchteten, kam es in Berlin vor den Gebäuden der Registrierungsstellen zu teils dramatischen Szenen und Tumulten. Auf dem Gelände einer Registrierungsstelle befanden sich in der Hochphase teilweise 1.500 bis 2.000 Personen vor den Gebäuden, um sich registrieren zu lassen. Die langen Wartezeiten hatten zur Folge, dass Geflüchtete auch auf dem Gelände campierten, woraufhin Zelte auf dem Gelände aufgebaut und entsprechende Absperrungen errichtet wurden. Um die immer wieder aufkommende Konflikte und Auseinandersetzungen aufzulösen, mussten zum Teil dauerhaft Polizeibeamt*innen und Sicherheitskräfte vor Ort präsent sein [62, 63, 65, 68].

Polizeiliche Interviewpersonen aus Bad Fallingbostel, Trier und Osnabrück berichten zudem von Konflikten in Flüchtlingsunterkünften, die unter anderem durch die räumliche Enge beispielsweise während der Essensausgabe auftraten [60, 73, 75, 77]. Bewährt hat sich daraufhin für die Polizei in Trier, andere Organisationen in Bezug auf ihre Kenntnisse zu Crowd Management und Konfliktprävention zu sensibilisieren und zu beraten, um sicherheitskritische Situationen möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen [60].

2.7 Fazit

Die Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Krisen für beteiligte Organisationen zeigt, dass diese neben Entbehrungen und extrem fordernden Einsatzsituation ebenso Chancen für zukünftige Lagen beinhalten. Bedingung hierfür ist, dass gemachte Erfahrungen als Lernpotentiale angesehen und genutzt werden. Grundlage für diese Lernpotentiale bilden unter anderem erprobte Ad-hoc-Maßnahmen und positive als auch negative Erkenntnisse aus vergangenen und zukünftigen Krisen. Zentrale Bausteine krisenresistenter Organisationen bilden dabei nicht nur das theoretische Wissen, sondern vor allem die Einsatzvor- und -nachbereitung in Form von praktischen Übungen sowie ein geeignetes Ausbildungssystem des Katastrophenschutzes insgesamt. Dies bietet nicht nur die Chance, dass Mitarbeiter*innen praktische Erfahrungen sammeln, sondern auch die Möglichkeit, den organisationsspezifischen Leistungskatalog gegebenenfalls zu erweitern und gleichzeitig Grenzen zu identifizieren (siehe auch Kap. 3 und 4).

Darüber hinaus wird anhand der im Projekt SiKoMi gewonnenen Erkenntnisse deutlich, dass den sogenannten weichen Faktoren wie Kommunikation, Netzwerken und Organisationskultur bei der Bewältigung von Krisen eine bedeutende Rolle zukommt. Diese sind nicht einfach festgeschrieben, sondern befinden sich durch die gesellschaftlichen Anforderungen an Organisationen in einem ständigen Wandel und bedürfen somit einer fortwährenden Aktualisierung, Anpassung und Pflege. Dies betrifft allerdings nicht nur die eigene Organisation, sondern auch die Schnittstellen und die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren sowie den Umgang mit erlangtem Wissen. Eine eingehende Betrachtung dieser Bereiche erfolgt in den Kap. 3 „Krisenbewältigung und interorganisationale Zusammenarbeit“ und Kap. 4 „Wissen in Krisen und Katastrophenlagen: Umgang mit Erfahrungen aus der Praxis“.