Schlüsselwörter

1 Einleitung

Lebensweltliche Problemstellungen werden stetig komplexer. Die Wissenschaft gerät dabei vermehrt in die Rolle, „Antworten auf die „großen Herausforderungen“ zu liefern“ (Rogga et al. 2014, S. 7). Trotzdem bewegt sie sich dabei vorzugsweise innerhalb ihrer Disziplinen, sodass ihre Interessen im Vordergrund stehen und die gesellschaftlichen Probleme oftmals nachrangige Ziele darstellen (Bergmann et al. 2005, S. 5). Aber: „Konkrete gesellschaftliche Problemlagen erfordern Lösungsprozesse (und Lösungen), die die Ordnung der Disziplinen überschreiten und über rein innerwissenschaftliche Forschungsprozesse und -ansätze hinausgehen.“ (Bergmann et al. 2005, S. 5).

Gesellschaftliche Probleme, wie soziale und gesundheitliche Ungleichheit, der Klimawandel oder die Corona-Pandemie, verweisen auf die zunehmende Verflochtenheit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Vorhandene Grenzen werden durchlässiger, da die Bearbeitung und Lösung komplexer gesellschaftliche Probleme zunehmend transdisziplinär orientierte Forschungs- und Bearbeitungsansätze erfordern. Diese beruht auf der Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlichen Partner*innen und anderen gesellschaftlichen Akteur*innen (vgl. Warsewa et al. 2020). In der Vergangenheit galt die reine Bereitstellung von Wissen und die Übertragung von Forschungsergebnissen durch die Wissenschaft als ausreichend. Der wissenschaftsgetriebene Ansatz geht davon aus, dass gelieferte Informationspakete bei den Interessent*innen ein entsprechendes Handeln auslösen (Rogga et al. 2014, S. 19 ff.). Dieser sogenannte „Loading-Dock-Ansatz“ ist jedoch nicht mit einem erfolgreichen Transfer gleichzusetzen, da Forschungsaktivitäten durch dieses Verfahren zu selten eine tatsächliche Anwendung finden (Hees et al. 2010, S. 13). Als Erweiterung dieses Ansatzes versucht der transdisziplinäre Forschungsansatz, Probleme mit der Gesellschaft gemeinsam zu identifizieren, zu bearbeiten und zu kommunizieren. Er verfolgt das Ziel, einen gemeinsamen Forschungsgegenstand zu wählen, von dem beide Parteien durch Innovation profitieren können (Bergmann 2021, S. 785). Transdisziplinarität ist geprägt durch Integration und Partizipation und beabsichtigt mit den entwickelten Maßnahmen und gewonnen Erkenntnissen, eine hohe Wirksamkeit zu erreichen. Diese „[…] anwendungsorientierte Forschung [ist] bedarfsorientiert, berücksichtigt die reale Komplexität und stellt gezielt Wissen und Entscheidungshilfen für die Lösung praktischer und gesellschaftlicher Probleme zur Verfügung“ (Walter et al. 2011, S. 1488). So kann der gesellschaftliche Wandel nicht nur besser gefördert, sondern auch besser verstanden werden (Bergmann et al. 2021, S. 546 ff.). Ein besonderer Wert wird dabei auf die Unterstützung der Wissensproduktion in Zusammenarbeit mit dem nicht-akademischen Bereich – den Praxisakteur*innen – gelegt, sodass die gelieferten Lösungen auch Wirkung zeigen können (Bergmann 2021, S. 782 ff.; Rogga et al. 2014, S. 6 ff.).

Aufgrund der hohen Relevanz von Forschungsergebnissen und deren Transfer für die Lösungen komplexer gesellschaftlicher Herausforderungen beschäftigt sich dieser Beitrag, der aus der Perspektive von Transferpartner*innen verfasst ist, mit folgender Forschungsfrage:

„Worin liegen die Erfolgsfaktoren und Barrieren des regionalen Transfers von gesundheitsförderlichen Interventionskonzepten im Rahmen des Verbundforschungsprojekts „Flexible Dienstleistungsarbeit gesundheitsförderlich gestalten“?“

Hierfür wird zunächst die Notwendigkeit des Transfers von Forschungsergebnissen sowie dessen Herausforderungen und Erfolgsfaktoren beschrieben. Daran anschließend stellen die Autor*innen ihre Erfahrungen mit dem regionalen Wissenstransfer im Projekt „Flexible Dienstleistungsarbeit gesundheitsförderlich gestalten“ (im Folgenden FlexiGesA genannt) dar, um diese abschließend in den bestehenden wissenschaftlichen Kontext einzuordnen.

2 Notwendigkeit des Transfers

Die frühzeitige Entwicklung einer Praxistransferstrategie im Zuge von Forschungsprojekten ist ein oft vernachlässigter Teilaspekt der Forschungsarbeit (Hees et al. 2010, S. 8 ff.). Um die Akzeptanz der Wissenschaft für einen Forschungsansatz, der den Praxistransfer von Beginn an berücksichtigt, zu erhöhen und eine Implementierung dauerhaft zu verankern, gilt es, die Notwendigkeit des Transfers hervorzuheben. Die transdisziplinäre Forschung bietet hierfür Konzepte und Erfahrungen. So wird durch eine hohe Partizipation und Integration der Praxisakteur*innen eine spätere Anwendung der gewonnen Erkenntnisse wahrscheinlicher, da Praxisakteur*innen von Anfang an beteiligt sind und sie Inhalte und Wissen beisteuern. Dies ermöglicht eine stärkere Motivation zur Umsetzung des Vorhabens. Wissenschaftler*innen erhalten dadurch die Möglichkeit, im gesellschaftlichen Kontext zu agieren, indem Sie die dort herrschenden Probleme aufgreifen und diese gemeinsam mit der Gesellschaft bzw. sozialen Akteur*innen erarbeiten (Blättel-Mink et al. 2003, S. 12). Damit Anwendungen praxisnaher gestaltet werden, wird der Aspekt der Transdisziplinarität und somit des Transfers durch viele Fördergeber verlangt. Für die Forschenden ist der Transfer jedoch oftmals nicht das vorrangige Ziel. Ein Forscher berichtet dazu folgendes: „Die Motivation ist die Finanzierung der Forschung, weil wir sonst nicht forschen können. […] Also, ich bin dann zufrieden, wenn ich das Geld bekommen habe und ich publizieren kann. Was jetzt eine Firma aus den Ergebnissen macht, das ist eine Frage der Firma. Das interessiert mich natürlich, wenn die sagen, das war eine phantastische Idee – wir sind ihr gefolgt und wir haben auf diese Art und Weise uns den Weltmarkt zurückerobert. Das höre ich natürlich mit tobender Begeisterung, aber das ist nicht meine Absicht, wenn ich in diese Richtung gehe.“ (Meier und Krücken 2007, S. 104 ff.).

Darüber hinaus nehmen die gesellschaftlichen Erwartungen an die „unterstützende Funktion der Wissenschaft“ zu (Bergmann et al. 2005, S. 9). Forschung gewinnt dann an Akzeptanz, wenn gesellschaftliche Probleme unter Einbezug der betroffenen Akteur*innen angegangen werden. Das bisher in der Forschung generierte Wissen ist allerdings in der Regel zu wenig auf die Bedürfnisse und Problemlagen der Praxis zugeschnitten (Rogga et al. 2014, S. 27). Die Wissenschaft behandelt unter anderem Probleme, die in der Praxis in diesem Moment möglicherweise keine große Rolle spielen. Andersherum kann die Wissenschaft keine Probleme der Praxis lösen, wenn diese nicht durch einen Austausch kommuniziert werden. Der Transfer wird somit von Anfang an benötigt, um das durch aktive Zusammenarbeit generierte Wissen umsetzen und vermitteln zu können. Er sollte deshalb „als Kernprozess eines Projektes angesehen werden; als Aufgabe, die jede[*]r Projektmitarbeiter[*in] in seinem Arbeitsprozess in jeder Projektphase verfolgt.“ (Henning et al. 2009, S. 9). Um den Transfer problemlösungsorientiert zu gestalten, ist ein durchgehender Austausch mit den Akteur*innen der Praxis demzufolge essenziell. Problemstellungen werden dabei gemeinsam erfasst, beschrieben und im besten Fall gelöst, sodass der Forschungsverlauf und die Implementierung der Ergebnisse deutlich positiv beeinflusst werden (Bergmann et al. 2010, S. 111 ff.; Bergmann 2021, S. 783). Durch die größere Anzahl von Akteur*innen im Forschungsprozess kann es einerseits mehr Reibungspunkte geben, andererseits gibt es durch unterschiedliche Perspektiven auf das Problem und das Ziel auch mehr einzubeziehendes Wissen und damit auch höhere Chancen auf eine bessere Umsetzung (Jahn 2008, S. 30; Bergmann 2021, S. 784). „Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine Wissenschaft, die Lösungen für gesellschaftliche Probleme anbietet, diese in angemessener Weise mit der Gesellschaft erarbeiten und auch kommunizieren muss, wenn die Lösungen auch Anwendung finden sollen.“ (Rogga et al. 2014, S. 16).

3 Herausforderungen des Transfers

Zu den großen Herausforderungen dieses Forschungsansatzes zählt die Integration der unterschiedlichen Akteur*innen und die damit verbundene Umsetzung. Neu auftretende Probleme erfordern spezielle Forschungs-Settings, da kein Problem dem anderen gleicht. Hinzu kommt, dass unterschiedliche Akteur*innen unterschiedliche Ziele verfolgen und somit verschiedene Lösungsansätze und Methoden einbringen (Bergmann et al. 2005, S. 9). Unterschiedliche Denk- und Einstellungsmuster, Werteorientierung, Interpretations- und Verhaltensweisen zwischen Forscher*innen und Praktiker*innen sowie sprachlich-mediale Probleme, die Kommunikationsschwierigkeiten hervorrufen können, erschweren den Forschungsprozess zusätzlich (Rogga et al. 2014, S. 25). Oft verlangt die Forschungsförderung bei Antragsabgabe nicht nur das zu behandelnde gesellschaftliche Problem, sondern auch die daraus resultierende Forschungsfrage. Diese Phase der Projektantragstellung wird oftmals von Wissenschaftler*innen ohne den Bezug zu den Praxisakteur*innen konzipiert und erarbeitet. Zu Beginn der Projektkonzeption gibt es deshalb häufig nur eine einseitige Ausrichtung der Wissenschaft ohne Einbindung von Praxisperspektiven, sodass hier ein deutlicher Interessenkonflikt entstehen kann (Bergmann 2021, S. 781 ff.). Teilweise werden Anwender*innen der neu entwickelten Ergebnisse während des Forschungsprozesses gar nicht berücksichtigt, sodass sie erst zum oder nach Ende beteiligt werden. Sie gelten somit lediglich als Wissenskonsument*innen und nicht als Mitforschende (Hees et al. 2010, S. 18). Zusätzlich liefert das primär disziplinär orientierte wissenschaftliche Anreiz- und Reputationssystem kaum Gründe dafür, transdisziplinärer Forschung und dem daran orientierten Wissenstransfer mehr Bedeutung zuzuschreiben. Die knappen Ressourcen Zeit und Finanzierung werden in der Regel anderweitig, zum Beispiel in die Qualitätssicherung akademischer Outputs, investiert. Den langfristigen Wirkungszusammenhängen zwischen Transfer und Forschung kann deshalb oftmals nicht nachgegangen werden, da sie meist über den Projektbewilligungszeitraum hinaus andauern und damit unklar bleiben (Rogga et al. 2014, S. 25). Der Einfluss von Wissenschaftler*innen auf die Implementierung der errungenen Erkenntnis nach Projektende ist somit klar begrenzt bzw. steht oft nicht im Fokus wissenschaftlicher Arbeit. So schildert ein Wissenschaftler, der in einem Forschungsprojekt involviert war, seine Erfahrungen folgendermaßen: „Das sind Jahre dazwischen und eine erhebliche Zusatzanstrengung und das ist nicht der Job der Universitäten – das ist die Aufgabe der Firmen. Es können hier nur Grundlagenuntersuchungen gemacht werden, ob ein Weg machbar ist und ob bestimmte Spezifikationen überhaupt erfüllbar sind. Und dann müssen die alleine gucken“ (Meier und Krücken 2007, S. 105).

4 Erfolgsfaktoren des Transfers

Festzuhalten ist, dass es keinen „richtigen“ Weg der transdisziplinären Forschung gibt. Durch unterschiedliche Forschungsfragen und gefundene Lösungswege sind Methoden nicht vorbestimmt (Blättel-Mink et al. 2003, S. 14). Dennoch haben sich förderliche Faktoren für diesen Forschungsansatz herauskristallisiert. Für Reallabore – eine Form der transdisziplinären Forschung – wurden durch Bergmann et al. (2021, S. 546 ff.) folgende Erfolgsfaktoren beschrieben, die einen erfolgreichen Prozess zwischen Wissenschaft und Praxis fördern: Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist das Finden der richtigen Balance zwischen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Zielen. Hierbei ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass involvierte Praxisakteur*innen oftmals möglichst schnell spürbare Verbesserungen umsetzen wollen. Dies kann zu Druck aufseiten der Wissenschaft führen, die in der Regel eine sorgfältige eher bedachte Herangehensweise vorziehen, um den Forschungsprozess methodisch sauber durchzuführen, Effekte zu ermitteln und daraus Publikationen zu generieren. Tendenziell, so die Autor*innen, komme es in diesen Situationen dazu, dass dem wissenschaftlichen Anspruch Vorrang gewährt wird. Um beide Seiten zufrieden zu stellen, gilt es, den richtigen Mittelweg zu finden. Des Weiteren wird beschrieben, dass die realen Bedürfnisse, Interessen und Grenzen der Praktiker*innen berücksichtigt werden müssen, um die Unterstützung von gesellschaftlichen Akteur*innen zu gewinnen und zu erhalten. Hierbei ist es besonders hilfreich, wenn die Praxisakteur*innen bereits an den Themen arbeiten, die die Forschung betrachten möchte und mit ihrer Unterstützung kurzfristige positive Effekte erzielt werden können. Wertvoll sei zudem, sogenannte „Experimentierkonzepte“ zu verwenden. Sie ermöglichen eine direkte und flexible Möglichkeit der Erprobung von entwickelten Maßnahmen, mit deren Hilfe Rückschlüsse auf die Übertragbarkeit in andere Kontexte gezogen werden können. Als Erfolgsgrundlage zudem eine aktive, regelmäßige und transparente Kommunikation, weshalb auf Kommunikationskompetenzen und Konfliktbewältigungsstrategien bei den Beteiligten großen Wert gelegt wird. Die Wichtigkeit einer Kultur der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis wird von Bergmann et al. als zentral beschrieben. Sie heben hierbei vor allem das gemeinsame Entwickeln von Projektanträgen hervor, das u. a. das gegenseitige Verständnis, Partizipation und Akzeptanz des Vorhabens fördert. Lohnend sei es zudem, konkrete physische Anlaufpunkte zu etablieren. Dies schaffe Vertrauen, Sichtbarkeit, dauerhafte Möglichkeiten zur Ansprache und biete den Raum für Meetings. Ein weiterer zentraler Punkt ist die dauerhafte Wirkung und Übertragbarkeit. Für den Erfolg der transdisziplinären Forschung ist es besonders wichtig, gewonnene Erkenntnisse zu verstetigen und sie auf andere Kontexte anwenden zu können. Ausreichend Zeit und Geld sicherstellen zählt zu den Kernpunkten zur erfolgreichen Umsetzung von Reallaboren. Zeitliche und finanzielle Ressourcen sollten gesichert und eine finanzielle Förderung zur Unterstützung der Praxisakteur*innen generiert werden, sodass Erkenntnisse erprobt und angewandt werden können. Nützlich sei es zudem, auf Anpassungen vorbereitet zu sein, um rechtzeitig reagieren zu können, falls unvorhergesehene Unwägbarkeiten auftreten. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit können in diesen Situationen von großem Wert sein, um die Kooperationen trotz veränderter Bedingungen fortsetzen zu können. Dies gelte allerdings nicht nur für die Wissenschaftler*innen, sondern auch für die Fördergeber*innen, die trotz Anpassungen die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen müssen. Die Beteiligung regionaler bzw. branchenbezogener Institutionen und Organisationen als Multiplikator*innen in regionalen, gesundheitsbezogenen Netzwerkstrukturen wird durch Reindl (2008, S. 42 ff.) als wichtiger Erfolgsfaktor für den Wissenstransfer ergänzt. Sie bieten günstige Strukturen für wechselseitige Lern- und Innovationsprozesse.

5 Transferdesign im Projekt „Flexible Dienstleistungsarbeit gesundheitsförderlich gestalten“

Bezugnehmend auf den dargestellten Kenntnisstand zur erfolgreichen Umsetzung des Forschungstransfers, wurde im Projekt FlexiGesA unter der Beteiligung der Interventionsbetriebe und externen Transferpartner*innen ein Transfer-Design entwickelt, das diese Vorkenntnisse in weiten Teilen berücksichtigt.

Zunächst wurde bereits in der Entwicklung des Projektantrags in zwei grobe Stoßrichtungen des Transfers unterschieden (nach North 2002). Der Breitentransfer startete mit Beginn des Projektes und richtet sich grundsätzlich an alle Betriebe aus den Zielbranchen der IT-Dienstleistung und der ambulanten sozialen Dienste. Um sie zum Thema „gesundheitsförderliche Gestaltung flexibler Dienstleistungsarbeit“ zu sensibilisieren und praxisbezogen zu informieren, wurden kostenfreie öffentliche Formate entwickelt, mithilfe derer zugleich die Vernetzung mit dem Forschungsverbund gefördert wurde. Um eine möglichst breite Streuung des Projektthemas in die untersuchten Branchen zu gewährleisten, wurden sowohl die Interventionsbetriebe als auch branchenspezifische Interessensverbände und weitere Multiplikator*innen einbezogen. Zu den Instrumenten des Breitentransfers zählten öffentliche Informationsveranstaltungen, kostenfreie Handlungsleitfäden sowie ein Selbstbewertungsinstrument für Unternehmen, das ihnen Handlungsbedarfe zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen aufzeigt.

Der Tiefentransfer wurde in den letzten sechs Monaten des Projekts umgesetzt. Er richtet sich konkret an einzelne Betriebe, die bereits in der Frühphase der Projektentwicklung ihr grundsätzliches Interesse daran signalisiert hatten, ein Interventionskonzept umzusetzen. Um die Ergebnisse des Projekts nicht nur in der Breite zu streuen, sondern auch in der Tiefe zu verankern, wurden bereits vor Beginn des Projekts interessierte Betriebe (im Folgenden „Referenzbetriebe“ genannt) gewonnen, in denen die im Projekt entwickelten Instrumente mindestens initiiert, bestenfalls sogar konkret umgesetzt werden sollten. In diesen Betrieben wurde im Zuge des Tiefentransfers ein individuell angepasstes Interventionskonzept initiiert, das sich an den im Rahmen des Projekts entwickelten und erprobten Instrumenten orientierte.

Der Tiefentransfer in den Referenzbetrieben basierte auf zwei Grundlagen: den gesundheitswissenschaftlichen Befragungsergebnissen und den im Projekt entwickelten Handlungsleitfäden.

Bereits im Rahmen des Breitentransfers wurden zwei digitale Handlungsleitfäden zur Realisierung der psychischen Gefährdungsbeurteilung in Unternehmen der IT-Dienstleistung und der ambulanten sozialen Dienste erstellt (vgl. Becke et al. 2021a; b). Diese Handlungsleitfäden umfassten in der Zusammenarbeit mit den FlexiGesA-Interventionsbetrieben entwickelte, erprobte sowie quantitativ wie qualitativ evaluierte Instrumente und Maßnahmen gesundheitsförderlicher Arbeitsgestaltung Diese Instrumente und Maßnahmen wurden so aufbereitet, dass sie von am Projekt unbeteiligten Unternehmen umgesetzt werden können. Diese Leitfäden unterstützten den Tiefentransfer, da sie den Referenzbetrieben die Möglichkeit boten, aus einer Sammlung von Maßnahmen zu wählen, die auf Grundlage der Bestandsaufnahmen zu den Bedarfen des jeweiligen Unternehmens passten.

Das Forschungsdesign des Projekts sah für die Referenzbetriebe zwei Befragungszeitpunkte vor (vgl. Gerdau-Heitmann et al. in diesem Band). Die Ergebnisse der beiden gesundheitswissenschaftlichen Befragungen bildeten die Grundlage der Arbeit im Tiefentransfer. Für die Befragungen wurde der Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) verwendet (vgl. Nübling et al. 2011). Dieser ermöglicht den Vergleich der Ergebnisse der teilnehmenden Betriebe mit branchenspezifischen Referenzdaten, die in einer Datenbank gesammelt und zur Verfügung gestellt werden. Dies vereinfachte die Interpretation und die Ableitung von Maßnahmen aus den Ergebnissen.

Nach der zweiten Befragung und deren Auswertung wurden die Ergebnisse sowohl im Vergleich zur ersten Befragung aufgearbeitet als auch mit den Referenzdaten der jeweiligen Branchen verglichen und den Referenzbetrieben vorgestellt. Im Anschluss begann die Begleitung der Betriebe durch den Transferpartner. Hierzu wurden zunächst Arbeitsgruppen in den Unternehmen gebildet, die als Gremium für die Umsetzung des Tiefentransfers zur Verfügung standen. Mit ihnen wurden die zeitliche Perspektive erörtert sowie die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit besprochen. Mit Blick auf die betriebsbezogenen Befragungsergebnisse wurden im Rahmen der Arbeitsgruppen mögliche Maßnahmen zur Umsetzung im Tiefentransfer erörtert. Dabei dienten die für den Breitentransfer entwickelten Handlungsleitfäden zur Darstellung möglicher Instrumente bzw. Maßnahmen. Im Verlaufe des Tiefentransfers zeigte sich, dass sich die Handlungsleitfäden lediglich als Inspirationsquelle bzw. Diskussionsgrundlage für die Entwicklung und Realisierung von Maßnahmen aufseiten der Referenzbetriebe erwiesen.

In den beiden folgenden Abschnitten teilen die Autor*innen dieses Beitrags ihre Erfahrungen im Tiefentransfer und gliedern diese in Erfolgsfaktoren und Barrieren.

6 Erfolgsfaktoren des regionalen Tiefentransfers gesundheitsförderlicher Interventionskonzepte

Förderlich für die Zusammenarbeit im Tiefentransfer im Projekt FlexiGesA waren bereits vor Projektbeginn bestehende Ansprechpersonen sowie Arbeits- bzw. Steuerungsgruppen zum Thema Gesundheit in den beteiligten Referenzunternehmen. Ihr Vorhandensein zeugt von einem Problembewusstsein des Unternehmens in Bezug auf die Gesundheit ihrer Belegschaft. Oftmals ist durch vorangegangene innerbetriebliche Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsverantwortlichen und den Beschäftigten bzw. der Geschäftsführung ein Vertrauensverhältnis aufgebaut worden, das die Arbeit im Transfer erleichtert und beschleunigt hat. Ist diese gewachsene Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht vorhanden, müssten externe Transferpartner*innen dieses Vertrauen nicht nur zunächst zwischen ihnen und den Unternehmen schaffen, sondern zusätzlich zwischen den innerbetrieblichen Parteien (z. B. Geschäftsführung, Betriebsrat, Beschäftigte) aufbauen, was ein hohes zeitliches Engagement voraussetzt und mit sehr ungewissen Erfolgsaussichten verbunden ist. Bestehende Arbeits- bzw. Steuerungsgruppen können zudem auf Erfahrungen zurückgreifen, welche methodischen Vorgehen sich in der Vergangenheit bewährt haben oder welche Beschäftigten(-gruppen) es besonders zu berücksichtigen gilt – sei es z. B. wegen einer besonderen Aufgeschlossenheit gegenüber dem Transferthema oder weil sie als Meinungsführer*in Einfluss auf andere Beschäftigte haben.

Dass zwischen dem Transferpartner und den Unternehmen bereits eine frühere gelungene Kooperation bestanden hat, hatte ebenfalls einen positiven Effekt auf die Zusammenarbeit. So konnten sich die Ansprechpersonen im Unternehmen sicher sein, dass das Transfervorgehen und dessen Maßnahmen fundiert sind. Dies ist auch und insbesondere in der Rekrutierung von Unternehmen für den Transfer ein relevanter Aspekt.

Eine Besonderheit des Projekts FlexiGesA lag darin, dass der Tiefentransfer im Anschluss an eine Bestandsaufnahme vorgesehen war. Diese wurde durch einen Wissenschaftspartner unter hohen Qualitätsansprüchen durchgeführt. Sie bot damit eine ideale Plattform zur erfolgreichen Durchführung des Transfers, weil die Ist-Situation mit Beginn des Transfers sehr gut eingeordnet werden konnte. Die Auswahl der Transferinstrumente war somit deutlich erleichtert. Herausfordernd dabei war eine saubere und transparente Kommunikation gegenüber den Unternehmen, welcher Projektpartner zu welcher Zeit und zu welchen Themen ansprechbar war. Auch die Koordination zwischen den Projektpartnern musste vorausschauend durchgeführt werden, um die Übergänge reibungslos zu gestalten. Dies ist im Projekt sehr gut gelungen, sodass für die Unternehmen jederzeit klar war, welche Schritte nun folgten und wer dafür zuständig war.

Einen positiven Beitrag zum Transfer leistete zudem eine regelmäßige und relativ eng-maschige Kommunikation mit den Unternehmen in Form von Projektbesprechungen. Ein Rhythmus von circa vier bis sechs Wochen hat sich hier als besonders förderlich erwiesen, wobei es je nach Absprachebedarf auch engere Taktungen gegeben hat. Diese Treffen erhielten die Aufmerksamkeit für das Projektthema in den Referenzbetrieben und ermöglichten somit kontinuierlichen Fortschritt in den Transfer-Aktivitäten.

Im Verlaufe des Tiefentransfer stellte es sich als bedeutsam heraus, dass die Transferpartner eine gewisse Flexibilität gegenüber den im Handlungsleitfaden beschriebenen Instrumenten gewahrt haben. So wurde kein Instrument aus den Leitfäden 1:1 auf ein anderes Unternehmen übertragen. Ohne die Anpassungen der Instrumente an die Rahmenbedingungen der Referenzbetriebe wäre es kaum möglich gewesen Maßnahmen umzusetzen.

Hilfreich für das Engagement der Unternehmen, sich am Tiefentransfer zu beteiligen, war das Bewusstsein, dass ein bestehender Handlungsbedarf aufgedeckt (durch Befragungsergebnisse), dieser durch das Unternehmen wahrgenommen und als problematisch bewertet wurde. So zeigten Referenzbetriebe besonderes Interesse an der gemeinsamen Gestaltung des Transfers, wenn nicht nur die Ergebnisse der Befragungen eine Belastungssituation aufdeckten, sondern dies durch die Wahrnehmung der Unternehmensleitungen bzw. deren Beschäftigten bestätigt wurde.

Als wichtig zeigte sich zudem, dass nicht nur die Geschäftsführungen von der Sinnhaftigkeit der Transfer-Aktivitäten überzeugt sind. Die Überzeugung der Beschäftigten spielte insbesondere in beteiligungsorientierten Methoden eine sehr große Rolle. Da diese Form von Interventionen für das Projekt besonders relevant war, kam diesem Faktor eine große Bedeutung zu. Zeigten sich die Beschäftigten nicht überzeugt von der Beteiligung am Tiefentransfers, war die Umsetzung von Transferaktivität deutlich erschwert. Hierbei war insbesondere die aktuelle Situation des Tagesgeschäfts und damit die Auslastung der Mitarbeiter*innen ein wichtiger Faktor. Waren zeitliche Kapazitäten begrenzt, hatte das Tagesgeschäft Priorität. Zu vermuten ist ebenfalls, dass Vorerfahrungen mit früheren erfolglosen oder abgebrochenen Interventionen zur Gesundheitsförderung die Motivation der Beschäftigten verringert haben.

Daran anknüpfend spielte die transparente Kommunikation der Absichten der Teilnahme am Projekt, der erhobenen Ergebnisse und der vorgesehenen Verfahrensweise seitens des Unternehmens an die Beschäftigten eine wichtige Rolle. Waren sie über den Projektverlauf und -absichten im Bilde, förderte es die Bereitschaft zur Teilnahme an den beteiligungsorientierten Transferaktivitäten.

Zusammenfassend bildeten insbesondere gewachsene Strukturen und Kooperationen (z. B. zwischen Transferpartner*innen und Referenzunternehmen oder betriebliche Steuerungskreise zum Thema Gesundheit) erhebliche Erleichterungen zur Durchführung des Tiefentransfers. Auch spielte das Thema Kommunikation eine gewichtige Rolle. Hier erwies sich die unternehmensinterne Kommunikation in Bezug auf die Projektziele, das -thema und -vorgehen als besonders wichtig. Außerdem war das Projektdesign, das den Transfer von Beginn an mitgedacht hatte, ein wichtiger Erfolgsfaktor, denn die Bausteine Bestandsaufnahme, Handlungsleitfäden und Tiefentransfer konnten nur so ideal ineinandergreifen.

7 Barrieren des regionalen Tiefentransfers gesundheitsförderlicher Interventionskonzepte

Im Rahmen der Beschreibung der hinderlichen Faktoren des Tiefentransfers ist es unmöglich, die Corona-Pandemie nicht als ein wesentliches Hindernis zu nennen. An dieser Stelle werden wir allerdings nicht im Detail auf pandemiebedingte Barrieren eingehen, weil dies bereits an anderer Stelle ausführlicher beschrieben wurde (vgl. Becke und Koppelin in diesem Band).

Herausforderungen im Tiefentransfer ergaben sich im Laufe der Projektlaufzeit in verschiedenerlei Hinsicht. In Bezug auf das Forschungs- und Transferdesign stellte es sich als schwierig dar, dass die Referenzbetriebe erst mehr als ein Jahr nach dem Projektstart aktiv in das Projekt eingebunden wurden. Dies stellte einen starken Kontrast zur intensiven Projektantragsphase dar, als viele Gespräche zur Abstimmung geführt werden mussten, um die Vorteile der Teilnahme am Projekt zu unterstreichen und die Unternehmen für die Teilnahme zu gewinnen. Im Anschluss daran flachten die Projektaktivitäten, in die die Referenzbetriebe eingebunden waren, massiv ab. Dies erschwerte es, den Kontakt zu den Unternehmen aufrecht zu halten, um das Engagement für und die Verbundenheit zum Projekt für spätere Transferaktivitäten zu bewahren. Zu vermuten ist, dass u. a. auch deshalb im Laufe des Projekts zwei Referenzbetriebe aus dem Projekt ausschieden. Die Suche nach geeignetem Ersatz hat dabei merklichen Zusatzaufwand für viele Projektpartner*innen bedeutet.

Projektverbundenheit und Engagement der Referenzbetriebe wurden zusätzlich erschwert, weil das Forschungsdesign klar zwischen Interventions- und Kontrollgruppe unterschied. Hierbei sollte eine „Kontamination“ der Kontrollgruppe (Referenzbetriebe) mit den Erkenntnissen des Projekts (Interventionen) vermieden werden, um spätere Effektanalysen zwischen den beiden Gruppen nicht zu verfälschen. Diese Abschirmung der späteren Anwender*innen war aus Sicht des quantitativen Forschungsdesigns sinnvoll und richtig. Für den Transfer war es dagegen hinderlich, da sie den kontinuierlichen Einbezug der Transferunternehmen verhindert hat.

Aber auch das Transferdesign des Projektes selbst hat den Tiefentransfer erschwert. So waren lediglich die letzten sechs der insgesamt 48 Projektmonate für den Tiefentransfer vorgesehen. Logisch ist, dass zunächst eine Zeit für die Produktion von Ergebnissen vergehen muss, um überhaupt Inhalte für den Transfer zu generieren. Ein früherer Beginn oder die Verlängerung des Zeitraums des Tiefentransfers über die ursprünglichen 48 Projektmonate hinaus hätten zu einer Entzerrung des Transfers beigetragen. Dies ist in mehrerlei Hinsicht zuträglich: Erstens können Verzögerungen im Projektverlauf, die sich zwangsläufig in beinahe jedem Projekt ergeben, so besser abgefedert werden. Denn je kleiner der Transferzeitraum, desto stärker fällt jede vorangegangene Verzögerung ins Gewicht, da es den ohnehin kurzen Zeitraum weiter verkleinert.

Zweitens schränkt eine kurze Transferphase die Auswahl der Transfer-Instrumente ein. Mit dem Wissen, dass im Projekt FlexiGesA lediglich sechs Monate für den Transfer zur Verfügung standen, waren Transferaktivitäten mit großem Vorlauf bzw. Laufzeit (z. B. Führungskräfte-Schulungen) von Beginn an ausgeschlossen. Auch die Verzahnung bereits seitens der Unternehmen geplanter Aktivitäten, die unabhängig vom Projekt entstanden, mit dem Tiefentransfer wurde damit erschwert, obwohl sie sich mit den Ergebnissen der Bestandsaufnahme und den Transfer-Instrumenten deckten. Auch die Nachhaltigkeit der über die Projektlaufzeit hinausgehenden Aktivitäten und Strukturen wird durch eine kurze Transferphase erschwert.

Ein weiterer Grund für eine längere Transferphase ist, dass hierdurch mit unvorhergesehenen Ereignissen in den Referenzbetrieben, wie z. B. der Abgang von Personal in Schlüsselpositionen (z. B. Geschäftsführer*in, Gesundheitsbeauftragte*r) oder hohe Auslastung durch das Tagesgeschäft, besser umgegangen werden kann. Diese führen in der Regel dazu, dass das Transferaktivitäten in der Priorität nach hinten rücken und somit verzögert werden. Auch hierbei hilft ein längerer Transferzeitraum, um in der Transferphase Unwägbarkeiten aushalten bzw. auffangen zu können, ohne den Transfer komplett einzustellen oder massiv einzuschränken.

Es ist zudem wichtig zu beachten, dass ein*e Transferpartner*in lediglich über eine beratende Funktion verfügt und somit eine Einflussnahme auf bestehende Organisations- und Kommunikationsstrukturen in den Referenzbetrieben begrenzt ist. Dies zeigte sich zum Beispiel bei der Kommunikation über die Absichten, die Ergebnisse und die Verfahrensschritte des Transfers vonseiten der Führungsebene in Richtung der Beschäftigten. Diese spielt bekanntermaßen im Rahmen von Veränderungsprozessen eine essenzielle Rolle, um die Akzeptanz und das Engagement von Beschäftigten zu fördern Hierbei ist eine transparente und regelmäßige Kommunikation, die zudem das Engagement der Geschäftsleitung (Vorbildfunktion) unterstreicht, von großer Bedeutung. Diese Kommunikationsstandards wurden allerdings nicht in allen Referenzbetrieben gleichermaßen beachtet und umgesetzt. Unternehmenskulturelle Gepflogenheiten und Praktiken, die außerhalb der Handhabe der Transferpartner*innen liegen, haben sich als eine Herausforderung für die Transferaktivitäten des Projektes FlexiGesA herausgestellt.

Insgesamt ist vor allem der eingeschränkte Zeitraum eine Herausforderung für einen nachhaltigen Tiefentransfer, da im Falle von Verzögerungen weniger Spielraum für inhaltliche und zeitliche Anpassungen bleibt. Auch das Forschungs- und Transferdesign erzeugte in Teilen Herausforderungen, da es die Referenzbetriebe erst spät eng in das Projekt einbezogen hat.

8 Schlussbetrachtung

Mit Blick auf die Barrieren des regionalen Transfers gesundheitsförderlicher Interventionskonzepte im Projekt FlexiGesA zeigt sich, dass der begrenzte Zeitraum für den Transfer und das zum Teil nicht am Transfer orientierte Forschungsdesign als zentrale Barrieren wahrgenommen wurden. Gleichzeitig wurde das im Projektdesign vorgesehene Ineinandergreifen unterschiedlicher Projektbausteine (Bestandsaufnahme, Handlungsleitfäden, Tiefentransfer) als förderlicher Faktor betrachtet – genauso wie die Bereiche Kommunikation und schon vor Projektbeginn bestehende Strukturen und Kooperationen.

Die Erfahrungen der Autor*innen dieses Beitrags decken sich in Teilen mit den in der Literatur beschriebenen Begrenzungen und Potenzialen. So sehen auch Bergmann und Kolleg*innen (2021) die knappen Ressourcen Zeit und Finanzierung als eine häufige Barriere für den Transfer von Forschungsergebnissen. Diese müssten umfangreich und sicher auch für Praxisakteur*innen zur Verfügung stehen. Vor allem die zeitlichen Ressourcen waren auch im Projekt FlexiGesA eine Herausforderung für den Transfer. Insbesondere mit Blick auf die Verstetigung der durch das Projekt initiierten Aktivitäten in den Referenzbetrieben ist der Faktor Zeit sehr relevant. Im Falle des FlexiGesA-Projekts konnte die zeitliche Problematik des Tiefentransfers dadurch entschärft werden, dass der für das Vorhaben zuständige Projektträger des Förderers aufgrund der Corona-Pandemie eine Verlängerung des Verbundprojekts um sechs Monate ermöglichte.

Herausforderungen im Projekt FlexiGesA haben sich zudem in Bezug auf das Transfer-Design ergeben, u. a. weil die Referenzbetriebe erst zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt aktiv in das Projekt einbezogen wurden. Hierzu weisen Bergmann und Kolleg*innen (2021) auf die Wichtigkeit der gemeinsamen Entwicklung des Forschungs- bzw. Transferdesign hin, um unter Einbindung der Unternehmen eine für Wissenschaft und Praxis zufriedenstellende Lösung zu erreichen. Hierbei können unterschiedliche Denk- und Einstellungsmuster und Zielvorstellungen miteinander abgeglichen werden und zu gleichen Teilen in das Design einfließen. Dies traf im Rahmen des FlexiGesA-Verbundprojekts nur auf die beiden Interventionsbetriebe zu, die von Anfang an in die Entwicklung des Projektantrags und des Forschungs- und Entwicklungsdesigns eingebunden waren.

Auch die in der Fachliteratur hervorgehobenen Erfolgsfaktoren ließen sich im FlexiGesA-Projekt bestätigen. Der Themenbereich Kommunikation im Forschungstransfer ist dabei von besonderer Bedeutung. Rogga et al. (2014) sehen hierin einen wichtigen Erfolgsfaktor, um die Interessensunterschiede zwischen Wissenschaft und Praxis moderieren zu können. Auf die Wichtigkeit einer aktiven, regelmäßigen und transparenten Kommunikation weisen auch Bergmann und Kolleg*innen (2021) hin.

Während des Transfers im Projekt FlexiGesA wurde zudem deutlich, dass das Engagement der Referenzbetriebe besonders hoch war, wenn die Bestandsaufnahmen einen Handlungsbedarf identifiziert haben, der auch durch das Unternehmen wahrgenommen und als problematisch bewertet wurde. Diese Erkenntnis findet sich auch in der Fachliteratur. Dies berichten sowohl Rogga (2014) als auch Bergmann (2021) und jeweilige Kolleg*innen. Es sei laut letzterer besonders hilfreich, wenn die Praxisakteur*innen sogar schon an den Themen arbeiteten, die im Forschungstransfer adressiert werden sollen.

Als nützlich für den Transfer wird in der Literatur zudem beschrieben, auf Anpassungen der Vorgehensweise vorbereitet zu sein, um rechtzeitig auf Unwägbarkeiten reagieren zu können. Auf diese Weise könnten Kooperationen trotz veränderter Bedingungen fortgeführt werden. Dies deckt sich mit den Erfahrungen der Autor*innen dieses Beitrags. Ohne die Anpassungen der Instrumente an die Rahmenbedingungen der Referenzbetriebe wäre die Umsetzung von Maßnahmen nur schwer möglich gewesen. Dies verdeutlicht, wie wichtig eine reflexive und lernorientierte Gestaltung des Tiefentransfers ist.

Insgesamt konnten durch den Tiefentransfer im Projekt FlexiGesA sowohl förderliche als auch hemmenden Faktoren für die Gestaltung des Forschungstransfer in Projekt identifiziert werden, die sich in Teilen auch in der Fachliteratur wiederfinden. Gleichzeitig ist vieles, das für den Transfer wichtig ist, in der Projektkonzeptionsphase schwierig abzuschätzen – z. B. Beschäftigten-Motivation, unvorhergesehene Ereignisse (Pandemie, Gesetzesänderungen, Ausstieg Führungskraft) oder Ausstieg eines Referenzbetriebe. Dies schränkt die Vorhersage trotz beschriebener Erfolgsfaktoren ein. Für die Zukunft ist es aus der Sicht der Autor*innen essenziell, mehr Zeit für den Transfer einzuplanen und dem Transfer- und Forschungsdesign einem gleichwertigen Stellenwert in der Antragskonzeption beizumessen.