1 Kommunen als Hauptverantwortliche in der pflegerischen Versorgung vor Ort

In Japan ist die staatliche Unterstützung älterer Menschen bei Pflegebedürftigkeit durch die gesetzliche Pflegeversicherung (GPV) geregelt. Für die operative Umsetzung der GPV sind die kommunalen Gebietskörperschaften, also die Städte und Gemeinden, zuständig, wobei die Leistungen selbst aber nicht von den Kommunen, sondern von zertifizierten Pflegedienstleistern erbracht werden. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die Geschichte der Altenhilfe in Japan, die Ausgestaltung der GPV sowie aktuelle Herausforderungen. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Rolle der Kommunen.

Versicherer der GPV sind die lokalen Gebietskörperschaften (Chihô jichitai), d. h. Städte und Gemeinden bzw. im Falle Tokyos die Sonderbezirke (Tokubetsu ku). Die regionalen Verwaltungsebenen in Japan lassen sich wie folgt kategorisieren:

Präfekturen (Todôfuken) In Japan gibt es 47 Präfekturen, die jedoch über keine eigenständigen bzw. starken legislativen und/oder exekutiven Befugnisse wie etwa die Bundesstaaten in den USA verfügen. Im Pflegeversicherungssystem treten die Präfekturen nicht als Versicherungsträger auf. Vielmehr sind sie per Gesetz dazu verpflichtet, beratend und unterstützend dafür Sorge zu tragen, dass „eine ungehinderte und reibungslose operative Umsetzung der Pflegeversicherung möglich ist“. Entsprechend beteiligen sich die Präfekturen in erster Linie finanziell an der Pflegeversicherung und übernehmen darüber hinaus koordinierende Funktionen. Konkrete und unmittelbare Aufgaben wie die Bedarfsplanung, der Aufbau einer pflegerischen Infrastruktur oder die Feststellung der Pflegebedürftigkeit obliegen hingegen den kommunalen Gebietskörperschaften als den eigentlichen Versicherern (s. u. Pkt. 3.3).

Städte und Gemeinden (Shikuchôson) Unterhalb der Ebene der Präfekturen unterscheidet man vier Typen von kommunalen Gebietskörperschaften: shi (größere Städte, cities), ku (die 23 Sonderbezirke Tokyos), chô (kleinere Städte, towns) und son (Dörfer), wobei das wesentliche Unterscheidungskriterium die Einwohnerzahl ist. Ende 2020 gab es in Japan 1741 kommunale Gebietskörperschaften, davon 792 shi, 23 ku, 743 chô und 183 son:

  • Shi: Gebietskörperschaften ab einer Einwohnerzahl von 50.000,

  • Ku: 23 Sonderbezirke Tokyos,

  • Chô: Gebietskörperschaften, die den Kriterien der jeweiligen Präfekturverordnungen entsprechend gewisse Anforderungen erfüllen, beispielsweise mindestens 5000 Einwohner haben, über einen Ortskern verfügen und einen Beschäftigtenanteil in Industrie- und Dienstleistungssektor aufweisen, der einen bestimmten Schwellenwert übersteigt,

  • Son: alle übrigen, in der Regel kleineren, Gebietskörperschaften.

Die Städte, Gemeinden und die 23 Sonderbezirke Tokyos – im allgemeinen Sprachgebrauch zusammenfassend als Kommunen bezeichnet – sind Träger der GPV und übernehmen als Versicherer dabei eine zentrale Rolle im japanischen Pflegeversicherungssystem. Zur Erfüllung der ihnen von der GPV zugewiesenen Aufgaben haben sich einige Gebietskörperschaften zu regionalen Zweckverbänden, sog. Kôiki rengô oder Ichibu jimu kumiai, zusammengeschlossen. Daher gibt es aktuell zwar 1741 Kommunen, aber nur 1571 Versicherungsträger.

Während die Präfekturen als regionale Gebietskörperschaft an der Finanzierung der Pflegeleistungen beteiligt sind, sind allein die Kommunen mit der operativen pflegerischen Versorgung betraut. Auf der staatlichen Ebene ist das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt (MHLW) mit der Pflegeversicherungspolitik befasst. Ihm obliegt auch die Aufsicht über die praktische Umsetzung vor Ort. Die grundlegenden Kriterien dafür sind landesweit einheitlich im Pflegeversicherungsgesetz vorgegeben. Das im MHWL angesiedelte „Büro für Wohlfahrt und Gesundheit von Senior:innen“ (Rôkenkyoku) organisiert zudem regelmäßig Konferenzen mit Leiter:innen der kommunalen Pflegeversicherungsabteilungen. Die eigentliche pflegerische Versorgung wird allerdings von den Kommunen und nicht von den Präfekturen bzw. der Zentralregierung geregelt.

Grundsätzlich sind alle Bürger:innen nach dem Prinzip der allgemeinen Versicherungspflicht sozialversichert. Im japanischen Pflegeversicherungssystem werden grundsätzlich zwei Versichertengruppen unterschieden:

  • Versicherte der Kategorie I: Hierzu zählen alle Personen über 65 Jahre. Ihre Zahl belief sich Ende Oktober 2020 auf ca. 35,7 Mio. Einen Anspruch auf Versicherungsleistungen haben aber nur Personen, die offiziell als pflege- oder hilfebedürftig anerkannt wurden.

  • Versicherte der Kategorie II: Hierzu zählen alle Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zwischen 40 und 64 Jahren. Leistungsberechtigt sind aber ausschließlich nur Personen, deren Hilfe- oder Pflegebedürftigkeit eindeutig aus einer altersbedingten Krankheit resultiert.

Bei Personen unter 40 Jahren, die in Folge einer Krankheit oder eines Unfalls pflegebedürftig werden, greift nicht die Pflegeversicherung, sondern das Fürsorgesystem für Menschen mit Behinderung (Shôgaisha fukushi seido).

2 Rechtliche Grundlagen der Pflegeversicherung

2.1 Situation vor Einführung der Pflegeversicherung

Vor der Einführung der Gesetzlichen Pflegeversicherung in Japan im April 2000 konnten ältere Menschen mit Pflegebedarf auf das Altenfürsorgesystem (Rôjin fukushi seido) zurückgreifen, dessen Einführung in den 1960er Jahren den Beginn einer eigenständigen Sozialpolitik für ältere Menschen markiert hatte. Bereits damals wurden ambulante und stationäre Pflegeleistungen – ähnlich den heutigen Leistungen der GPV – angeboten. Als Hauptträger fungierten ebenfalls die Kommunen.

Es gibt heute allerdings einen ganz gravierenden Unterschied zum früheren Altenfürsorgesystem: Da keine klaren Kriterien dafür vorlagen, unter welchen Voraussetzungen ältere Menschen pflegerische Leistungen erhalten konnten, entschieden die Kommunen eigenständig darüber. Bei diesem sogenannten „Maßnahmensystem“ (Sochi seido) lag die Entscheidungsbefugnis in den Händen, d. h. im Ermessen, der Kommunalverwaltungen. Eine Auswahlmöglichkeit aus verschiedenen Angeboten hatten die Empfänger:innen der Hilfeleistungen dabei nicht. Mit der GPV wurden nun Regelungen geschaffen, mit denen landeseinheitliche Kriterien zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit zur Anwendung kommen. Zudem müssen die Versicherten seither Beiträge zur GPV abführen, was ihnen einen gewissen Anspruch auf Pflegeleistungen verschafft. Außerdem können sie aus verschiedenen Dienstleistungen auswählen. Insofern stehen im neuen System die Leistungsempfänger:innen im Mittelpunkt.

Im Vorgängersystem bestand zudem das Problem, dass sich die Selbstbeteiligung bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen mit steigendem Einkommen erhöhte. Versicherte der mittleren und oberen Einkommensklassen wurden daher finanziell stärker belastet. Mit der GPV können nun Pflegedienstleistungen grundsätzlich mit einem Eigenanteil von 10 % in Anspruch genommen werden.

Mit der PVG wurde auch die Zahl der Pflegeanbieter erweitert. Konnten unter der vormaligen Altenfürsorge ausschließlich Kommunen oder öffentliche Verbände, sog. soziale Wohlfahrtskommissionen (Shakai fukushi kyôgikai), als Erbringer von Pflegeleistungen auftreten, sind seither diverse Anbietergruppen zugelassen; darunter auch private Wirtschaftsunternehmen, landwirtschaftliche Genossenschaften, Verbrauchergenossenschaften oder gemeinnützige Organisationen. Es hat sich somit – wie in Deutschland – ein „Markt für Pflege- und Sozialdienste“ etabliert.

2.2 Gründe für die Einführung der Pflegeversicherung

Der wichtigste Grund für die Einführung der Gesetzlichen Pflegeversicherung in Japan waren die pflegerelevanten Auswirkungen des raschen demografischen Wandels. Bei Einführung des Altenfürsorgegesetzes lag der Anteil der über 65-jährigen in Japan noch unter 7 %. Bereits in den 1970er Jahren übertraf der Anteil die 7 % Marke. Die Präfektur Tokyo führte bereits 1969 eine kostenlose medizinische Versorgung für alle älteren Menschen ab 70 Jahren ein. 1973 wurde das Altenfürsorgegesetz novelliert und diese Regelung auf ganz Japan ausgeweitet. Dies führte gleichzeitig zu einem Anstieg der Gesundheitsausgaben für Senior:innen. Zudem kam es in den 1980er Jahren zu einer Zunahme der sogenannten „sozialen Hospitalisierungen“ (Shakaiteki nyûin). So bezeichnet man in Japan Fälle, in denen alte Menschen zwar keine medizinische Behandlung im engeren Sinne benötigten, aber dennoch – im Grunde „systemwidrig“, weil von der gesetzlichen Krankenkasse finanziert – in Krankenhäusern versorgt werden, da eine häusliche Pflege durch Angehörige nicht möglich ist. Auch nahm die Anzahl dauerhaft bettlägeriger alter Menschen zu.

Bereits in den 1990er Jahren stieg der Anteil der Menschen über 65 Jahren auf über 14 % an. Mit der rapide voranschreitenden Alterung Japans wuchs auch die Anzahl pflegebedürftiger Senior:innen. Damit einhergehend stiegen die Gesundheitsausgaben. Gleichzeitig nahmen die Belastungen für jene Familien zu, die sich um alte Angehörige kümmern mussten. 1990 übertrug die Regierung die Zuständigkeit für sämtliche Sozialleistungen für Senior:innen auf die Kommunen und erließ 1994 einen „New Gold Plan“ zur Lösung der „Altenpflegeproblematik“. Gleichzeitig wurden pflegebedürftige Senior:innen, die bislang im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung versorgt worden waren, Anspruchsberechtigte im Pflegeversicherungssystem. Damit konnten ein eigener Etat für die Absicherung des „engeren“ Pflegebedürftigkeitsrisikos bereitgestellt und die GKV entlastet werden. 1997 wurde dann das Pflegeversicherungsgesetz (PVG) verabschiedet, das im Frühjahr 2000 in Kraft trat. Zu diesem Zeitpunkt war der Anteil der über 65-jährigen in Japan bereits auf 17,3 % angestiegen (vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Quelle: Basierend auf Daten von IPSS 2021 (Eigene Darstellung)

Entwicklung der Bevölkerungsstruktur in Japan. Anmerkung: Daten ab 2020 basieren auf Schätzungen.

3 Aufbau, Finanzierung und Funktion der Pflegeversicherung

Im System der sozialen Sicherung für Senior:innen in Japan obliegt die Hauptzuständigkeit für die operationale pflegerische Versorgung den Kommunen. Die medizinische Versorgung der über 75-Jährigen wird in den jeweiligen Präfekturen von sog. „Zweckverbänden zur medizinischen Versorgung Hochaltriger“ (Kôki kôreisha iryô kôiki rengô) gewährleistet, denen sämtliche Gebietskörperschaften, also Städte und Gemeinden, angehören. Für die Einkommenssicherung im Alter ist staatlicherseits hauptsächlich die japanische Rentenversicherung zuständig. Träger ist der Japan Pension Service (Nihon nenkin kikô). Unter der Aufsicht des MHLW sorgt er für eine landesweit einheitliche Ausgestaltung der Rentenberechnung und -zahlung (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Quelle: Eigene Darstellung

Schematische Darstellung der staatlichen Pflegeversicherung.

Finanziert wird die Gesetzliche Pflegeversicherung de facto nach einem Umlageverfahren, bei dem die Versicherungsbeiträge für drei Jahre die Pflegeversicherungsausgaben für den gleichen Zeitraum decken. Die Mittel stammen zu 50 % aus direkten Beitragszahlungen der Versicherten. Davon entfällt zurzeit etwa die Hälfte (22 %) auf die über 65-Jährigen (Versicherte der Kategorie I). 90 % dieser Beiträge werden von den laufenden Rentenzahlungen abgezogen. Die verbleibenden 28 % sind Beitragszahlungen der Versicherten der Kategorie II, die nicht von den Kommunen, sondern von der Gesetzlichen Krankenversicherung erhoben bzw. verwaltet werden. Die Beitragssätze zur Pflegeversicherung werden alle drei Jahre angepasst (§ 129 PVG). Die restlichen 50 % der Gelder für die Gesetzliche Pflegeversicherung, die nicht durch Versicherungsbeiträge abgedeckt sind, werden aus Steuern und sonstigen öffentlichen Mitteln finanziert. Der Finanzierungsanteil der öffentlichen Hand wird zu 50 % von der Zentralregierung, zu 25 % von der Präfektur und zu 25 % von der Kommune getragen. Angesichts der demografischen Entwicklung und der steigenden Empfängerzahlen gibt es zunehmend Bedenken zur künftigen Stabilität der Finanzlage der GPV.

Bevor die Versicherten Pflegedienstleistungen in Anspruch nehmen können, muss ihre Pflegebedürftigkeit in einem Einstufungsverfahren festgestellt werden. Es gibt insgesamt sieben Pflegestufen, die jeweils vorgeben, welche Art von Dienstleistungen die Betroffenen maximal in Anspruch nehmen dürfen. Im Anschluss an die Einstufung wird ein Pflegeplan erstellt, nach dem dann die bewilligten Pflege- bzw. Präventionsleistungen bezogen werden können.

Nach Antrag der Versicherten bei der kommunalen Pflegeversicherungsabteilung oder dem lokalen integrierten Unterstützungszentrum (Chiiki hôkatsu shien sentaa) prüft die Kommune in der Regel innerhalb von ein bis zwei Wochen die Pflegebedürftigkeit und legt gegebenenfalls die Pflegestufe fest. Dies erfolgt auf Basis eines Hausbesuches durch eine:n Gutachter:in. Diese:r erfasst mittels eines Fragebogens den geistigen und körperlichen Zustand der Person, für die Pflege beantrag wird, und nimmt eine erste computergestützte Beurteilung nach landesweit einheitlichen Kriterien vor. In einem zweiten Schritt überprüft der Gutachterausschuss zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Kaigo nintei shinsakai) unter Hinzuziehung einer hausärztlichen Stellungnahme das Ergebnis. Der Ausschuss setzt sich aus etwa fünf Fachleuten aus den Bereichen Gesundheit, Medizin und Wohlfahrt zusammen und wird von den Kommunen einberufen. Im Anschluss daran wird über den Antrag entschieden bzw. die Zuordnung zu einer der bestehenden sieben Pflegestufen vorgenommen: Hilfebedürftigkeit der Stufen 1–2 oder Pflegebedürftigkeit der Stufen 1–5 (vgl. Übersicht 3). Gegen das Ergebnis kann Einspruch beim Gutachterausschuss zur Pflegeversicherung (Kaigohoken shinsakai) auf Ebene der Präfektur erhoben werden. Über die Pflegebedürftigkeit wird grundsätzlich für sechs Monate befunden. Danach erfolgt eine erneute Beurteilung, nach der die Einstufung bei Bedarf entsprechend angepasst wird.

Die Pflegeversicherung in Japan gewährt grundsätzlich nur Sachleistungen. Häusliche Pflege durch Familienangehörige oder anderweitige pflegerische Versorgung ohne Inanspruchnahme von anerkannten Dienstleistern wird hingegen nicht übernommen. Übersteigen die Kosten für bestimmte Pflegedienstleistungen die Gesetzliche Leistungsobergrenze für die ermittelte Pflegestufe, müssen die überschüssigen Beträge vollständig von den Leistungsbezieher:innen übernommen werden, selbst wenn die Leistungen inhaltlich zu den Angeboten der Pflegeversicherung zählen. Leistungen der japanischen Pflegeversicherung umfassen im Übrigen nicht nur Dienstleistungen, sondern auch Zuschüsse für den Kauf geeigneter Pflegehilfsmittel oder bedarfsgerechte häusliche Umbaumaßnahmen.

Die Kommunen erstatten den Leistungserbringern 90 % der Kosten für die von den Versicherten in Anspruch genommenen Pflegeleistungen. Auch die Anschaffungskosten für Geräte der häuslichen Pflege werden zu 90 % als Ausgaben in der Kategorie „Erwerb von Hilfsmitteln für die häusliche Pflege“ von den Kommunen übernommen. Zum gleichen Anteil werden auch Kosten für bedarfsgerechte Umbaumaßnahmen im Wohnumfeld der Betroffenen erstattet, sofern sie vom MHLW als erstattungsfähig definiert wurden, wie etwa das Anbringen von Geländern (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Quelle: Eigene Darstellung

Organisation, Ablauf und Leistungen der japanischen Pflegeversicherung.

Die Obergrenze für monatliche Leistungen bemisst sich nach der entsprechenden Einstufung durch den Gutachterausschuss. Bei häuslicher Pflege liegt sie bei etwa 50.000 Yen für die niedrigste Stufe der „Hilfebedürftigkeit 1“ und bei maximal 360.000 Yen für die höchste Stufe der „Pflegebedürftigkeit 5“ (vgl. Tab. 1).

Tab. 1 Monatliche Leistungsobergrenzen für die häusliche Versorgung

Zur eigentlichen Inanspruchnahme von Pflegedienstleistungen wenden sich die Hilfesuchenden an eine:n Care-Manager:in eines ambulanten Pflegedienstes bzw. einer entsprechenden Einrichtung. Diese:r erstellt dann einen Pflegeplan (Care Plan). Wurden die Antragstellenden als hilfebedürftig eingestuft, erstellen die lokalen integrierten Unterstützungszentren Pläne zur Pflegeprävention.

Wurden nach der Feststellung der Pflegebedürftigkeit ein Care-Plan erstellt und Leistungen von gesetzlich zugelassenen Anbietern in Anspruch genommen, müssen die Leistungsbezieher:innen grundsätzlich 10 % des Leistungsbetrags innerhalb der vorgegebenen Leistungsobergrenze selbst tragen. Die restlichen 90 % werden von der Gesetzlichen Pflegeversicherung als Pflegevergütung an den Dienstleister ausgezahlt (vgl. Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Quelle: MHLW, https://www.mhlw.go.jp/topics/kaigo/housyu/housyu.html

Leistungs- und Zahlungsfluss der Pflegevergütung.

4 Zu den Aufgaben der Kommunen in der Pflegeversicherung

Ein Teil der folgenden Ausführungen beruht auf Health, Welfare and Labour Statistics Association [Tôsei tôkei kyôkai] (2020).

Den Kommunen obliegt als Träger der Gesetzlichen Pflegeversicherung die Hauptverantwortung für deren operative Umsetzung. Sie handeln dabei auf Grundlage staatlicher Grundsätze und mit finanzieller Unterstützung der Präfekturen und des Staates. Dank dieser zentralen Rolle der Kommunen ist eine Pflege und Versorgung möglich, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Senior:innen vor Ort entspricht. Die Kommunen sind verpflichtet, ein Sonderbudget zu führen, in dem die pflegeversicherungsbezogenen Einnahmen und Ausgaben getrennt vom allgemeinen Kommunalhaushalt verwaltet werden (§ 3 Abs. 2 PVG).

Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Leistungsbestimmung Wie erwähnt führen die Kommunen auf Antrag der Versicherten eine „Pflegebedürftigkeitsprüfung und -einstufung“ und die späteren Neueinstufungen durch. Die entsprechenden Ergebnisse werden in den Versichertenausweis eingetragen. Darin wird auch notiert, welche Art von Pflegedienstleistung (häusliche Pflege, wohnortnahe Versorgungs- und Betreuungsangebote, stationäre Dienstleistungen, Pflegepräventionsangebote oder wohnortnahe Pflegepräventionsangebote) in Anspruch genommen werden kann.

Aufgabenübertragung Auch wenn die Kommunen die Hauptverantwortung für die pflegerische Versorgung vor Ort innehaben, bedeutet dies nicht, dass sie diese Dienste auch unmittelbar selbst erbringen. Vielmehr können sie einen Teil davon an von den jeweiligen Präfekturen „anerkannte Körperschaften zur Durchführung kommunaler Aufgaben“ (Shitei shichôson jimu itaku hôjin) delegieren. Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anerkennung werden per Ministerialverordnung durch das MHLW bestimmt.

Pläne zur Unterstützung der Pflegeversicherung (Kaigo hoken jigyô shien keikaku) Basierend auf den gemäß § 116 PVG vom Staat zu erlassenen Grundsätzen haben die Kommunen einen Plan zur operativen Umsetzung der Pflegeversicherung zu erstellen (§ 117 PVG). Die Präfekturen sind wiederum zur Ausarbeitung eines Plans zur Unterstützung der operativen Umsetzung der Pflegeversicherung verpflichtet (§ 118 PVG). Diese Pläne dienen zum einen der Bereitstellung einer Pflegeinfrastruktur durch die Kommunen und Präfekturen, bilden zum anderen aber auch die Grundlage zur Festlegung des Versicherungsbeitrags der Kategorie I. Die Pläne werden entsprechend dem Gültigkeitszeitraum der Beitragssätze zur GPV für jeweils drei Jahre erstellt. Der aktuell 8. Planungszeitraum umfasst die drei Jahre ab 2021.

Lokale integrierte Unterstützungszentren (Chiiki hôkatsu shien sentâ) Als Ergänzung zur kommunal verantworteten Pflegeversicherung sieht das PVG die Errichtung von unabhängigen „lokalen integrierten Unterstützungszentren“ vor (§ 115 Nr. 46 Abs. 1 PGV). Für die Errichtung und den Betrieb dieser Zentren sind die Kommunen oder von den Kommunen mit umfassenden regionalen Unterstützungsdiensten beauftragte juristische Personen zuständig. In der Regel erstreckt sich der Wirkungsbereich der Unterstützungszentren auf die jeweilige Kommune. Kleine Gemeinden können sich jedoch auch zur Einrichtung eines gemeinsamen Zentrums zusammenschließen.

In den Unterstützungszentren werden pro 3000–6000 Versicherte der Kategorie I jeweils eine Fachkraft aus den Bereichen Krankenpflege, Sozialarbeit und Pflegemanagement angestellt. Hauptaufgaben der Zentren sind u. a.

  • die Unterstützung bei der Einrichtung eines umfassenden und kontinuierlichen Pflegemanagement-Systems, Pflegepräventionsmanagement und allgemeine Beratung,

  • Schutz der Rechte der Leistungsbezieher:innen sowie

  • die Einberufung von lokalen Pflegekonferenzen (s. u.).

Bei der Errichtung und dem Betrieb der Zentren wird ein Verwaltungsrat miteinbezogen, der sich u. a. aus Vertretern der Kommunen, regionalen Dienstleistern sowie Versichertenvertreter:innen zusammensetzt. Dadurch soll Neutralität gewahrt und bei der Deckung des Personalbedarfs geholfen werden.

Um die umfassenden Unterstützungsaufgaben effektiv durchzuführen, halten die Kommunen bzw. lokalen integrierten Unterstützungszentren lokale Pflegekonferenzen (Chiiki kea kaigi) ab. An diesen Konferenzen nehmen zuständige Mitarbeiter:innen der Kommunen, Care-Manage`:innen, Pflegedienstleister, Sozialfürsorger:innen und medizinisches Fachpersonal teil. Dies dient dem Aufbau eines regionalen Unterstützungsnetzwerks und fördert eine Form des Care-Managements, das den Fokus auf die Autonomie älterer Menschen legt. Zudem hilft es dabei, einen besseren Überblick über bestehende lokale Bedarfskonstellationen und daraus resultierende Herausforderungen zu bekommen.

Im April 2018 gab es in Japan 5079 regionale Unterstützungszentren, 1849 zusätzliche Zweigstellen und 328 Subzentren. 22,7 % der Einrichtungen wurden direkt von den Kommunen betrieben. Die restlichen 77,3 % werden in deren Auftrag durch soziale Wohlfahrtskörperschaften geführt (MHLW, 2019b).

5 Aktuelle Strukturprobleme des Gesetzlichen Pflegeversicherungssystems

Die bisherigen Ausführungen sollen abschließend ergänzt werden durch einige Informationen zu aktuell diskutierten Strukturproblemen im System der japanischen Pflegeversicherung.

5.1 Reichen die Pflegeversicherungsbeiträge aus?

Die Beitragssätze für die japanische Pflegeversicherung werden aktuell so berechnet, dass der öffentliche Pflegehaushalt über drei Jahre hinweg ausgeglichen werden kann. Die japanische Gesetzliche Pflegeversicherung wird somit de facto nach einem Umlageverfahren finanziert, bei dem die Versicherungsbeiträge für drei Jahre die Pflegeversicherungsausgaben für den gleichen Zeitraum decken. Entscheidend für die Höhe der jährlichen Pflegeversicherungsbeiträge ist daher die demografische Struktur in der Kommune, d. h. der jeweilige Anteil der Leistungsbezieher:innen, der Versicherten der Kategorie II und der Erwerbstätigen. Letztere tragen mit ihren Steuern zur Finanzierung der Pflegeversicherung bei. Da die Alterung der Bevölkerung regional immer unterschiedlicher ausfällt, wächst auch die Diskrepanz der Versicherungsbeiträge zwischen den Kommunen. Außerdem wird befürchtet, dass die Ungleichheit der finanziellen Belastung zwischen den Generationen zunehmen wird und die künftige Erwerbsgeneration hohe Pflegeversicherungsbeiträge wird leisten müssen. Tab. 2 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Pflegeversicherungsbeiträge für die Versicherten der Kategorie I seit Einführung der GPV im Jahr 2000. Im Laufe der Jahre steigen mit zunehmender Alterung der Bevölkerung auch die Versicherungsbeiträge für die jeweiligen Planungszeiträume.

Tab. 2 Entwicklung der Pflegeversicherungsbeiträge der Versicherten der Kategorie I

Die nachfolgende Abb. 5 veranschaulicht die Streuung der Versicherungsbeiträge der Versicherten der Kategorie I vom ersten bis zum siebten Planungszeitraum. Ein Blick auf den Variationskoeffizienten zeigt, dass die Differenz der Beitragshöhe zwischen den Kommunen im zweiten Planungszeitraum am höchsten war. Seither werden die Unterschiede geringer, wobei sie sich vom fünften bis zum siebten Zeitraum nur geringfügig änderten. Im Plan werden auch Prognosen über die Versicherungsbeiträge bis zum Jahr 2025 aufgestellt. Für diesen letzten Planungsabschnitt wird mit einem leichten Anstieg der Beitragsdifferenz gerechnet (MHLW, 2019a).

Abb. 5
figure 5

Quelle: MHLW, 2019a, S. 43

Streuung der Pflegeversicherungsbeiträge in den Planungszeiträumen 1–7.

Die Pflegeversicherungsbeiträge für die Versicherten der Kategorie I im siebten Planungszeitraum lagen im landesweiten Durchschnitt bei monatlich 5869 Yen, wobei es große Unterschiede zwischen den Versicherern gab. Die Beiträge variierten zwischen 3000 Yen und 9800 Yen pro Monat.

Zur Stabilisierung der kommunalen Pflegeversicherungshaushalte wurde in den jeweils betroffenen Präfekturen ein Haushaltsstabilisierungsfonds eingerichtet, den der Staat, die Präfekturen und die Kommunen zu jeweils einem Drittel bedienen. Daraus werden zum vorübergehenden Ausgleich von Defiziten im Pflegeversicherungshaushalt Darlehen bzw. Subventionen finanziert. Zudem werden fünf Prozent der staatlichen Zuschüsse für die GPV dem Finanzausgleich zwischen den Kommunen zugeführt. Die Maßnahmen greifen jedoch nur partiell und temporär. Entsprechend bedarf es eines langfristigen und landesweit einheitlichen Systems zur Umverteilung und Stabilisierung der Finanzierung.

5.2 Auswirkungen auf die Finanzlage der Kommunen

Vor Einführung der Gesetzlichen Pflegeversicherung erfolgte die pflegerische Versorgung der Bevölkerung entweder im Rahmen der kommunalen Altenhilfe oder im Fall der sozialen Hospitalisierung als Leistung der von den Kommunen mitverantworteten Gesetzlichen Krankenversicherung. Daher wirkte sich ein Anstieg der Altenpflegekosten nicht unwesentlich auf den allgemeinen kommunalen Haushalt aus. Mit der Etablierung des Gesetzlichen Pflegeversicherungssystems wurde die Finanzierung der pflegerischen Versorgung vom allgemeinen Verwaltungshaushalt getrennt und die Belastung des allgemeinen kommunalen Haushalts auf das gesetzlich vorgeschriebene Maß beschränkt. Dennoch sind die Risiken möglicher Auswirkungen der Pflegeausgaben auf den allgemeinen Haushalt nicht vollständig eingedämmt.

Wie im vorherigen Kapitel gezeigt, sind die Versicherungsbeiträge mit zunehmender Alterung der Bevölkerung über die Planungszeiträume hinweg gestiegen. Das Finanzierungsschema der Gesetzlichen Pflegeversicherung sieht nun aber vor, dass 50 % der für die Leistungsausgaben notwendigen Mittel durch Versicherungsbeiträge gedeckt werden. Die restlichen 50 % werden von der öffentlichen Hand finanziert, darunter den Kommunen. Steigende Versicherungsbeiträge bedeuten im Umkehrschluss höhere Kosten der Pflegeversicherung, die wiederum Mehrausgaben der öffentlichen Hand nach sich ziehen. Dank des Haushaltsstabilisierungsfonds beschränken sich die kommunalen Beiträge zum Sonderhaushalt für die Pflegeversicherung zwar auf die gesetzlich vorgesehenen 12,5 %, nichtsdestotrotz müssen diese Beträge aber jährlich aus den allgemeinen kommunalen Etats bestritten werden. Zudem ist mit der landesweit einheitlichen Ausgestaltung der Altenpflege durch die Gesetzliche Pflegeversicherung der Ermessensspielraum der einzelnen Kommunen geringer geworden. Bei zumeist demografisch bedingt steigenden Ausgaben nehmen auch die zusätzlichen Zuführungen aus dem allgemeinen Haushalt entsprechend zu, selbst wenn die Pflegeversicherungsleistungen eigentlich nicht unmittelbar mit dem allgemeinen kommunalen Haushalt verknüpft sind.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Zuführungen aus dem allgemeinen Haushalt aller Gemeinden für das Fiskaljahr 2000, dem Einführungsjahr der Gesetzlichen Pflegeversicherung, betrugen etwa 417 Mrd. Yen. Gemessen an der Summe aller kommunalen Haushaltsausgaben in Höhe von rund 51 Bio. Yen waren dies 0,82 %. Im Jahre 2010, 10 Jahre nach Einführung der GPV, war der Anteil der Zuführungen zum Pflegesonderhaushalt der Kommunen gemessen an den Gesamtausgaben der Kommunen bereits auf 1,87 % gestiegen. Die neuesten Bilanzdaten für das Fiskaljahr 2018 zeigen einen weiteren Anstieg des Anteils der Zuführungen zum Sonderhaushalt aus dem allgemeinen Haushalt auf über zwei Prozent. Dies bedeutet einen Anstieg gegenüber dem Fiskaljahr 2000 um den Faktor 2,5 (vgl. Tab. 3).

Tab. 3 Entwicklung der Zuführungen aus den allgemeinen kommunalen Haushalten zum Pflegeversicherungssonderhaushalt

5.3 Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von Pflegedienstleistungen

Von Kritiker:innen wird die Gesetzliche Pflegeversicherung gelegentlich auch als „Versicherung ohne Pflegeleistung“ bezeichnet. Im Gesetzlichen Pflegeversicherungssystem sind gemäß der allgemeinen Versicherungspflicht alle Bürger:innen ab 40 Jahren beitragspflichtig. Allerdings fehlt es an Personal, um den tatsächlichen Pflegebedarf zu decken. In dem 2018 veröffentlichten Pflegeversicherungsplan für den siebten Planungszeitraum wurde der Bedarf an Fachkräften auf 2,16 Mio. beziffert, was einer Erhöhung um 260.000 im Vergleich zu den 1,9 Mio. Pflegekräften im Jahr 2016 darstellt. Bis zum Ende des Fiskaljahres 2025 wird ein Bedarfsanstieg um 550.000 auf insgesamt etwa 2,45 Mio. Pflegekräfte prognostiziert. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, muss das Pflegepersonal um jährlich 60.000 Personen aufgestockt werden. Dafür hat die Regierung ein Maßnahmenpaket in Höhe von insgesamt 200 Mrd. Yen – davon die Hälfte aus öffentlicher Hand – geschnürt, das die Bedingungen für Pflegefachkräfte verbessern, ein Ausscheiden aus dem Beruf vermeiden und Anreize zum Einstieg in Pflegeberufe bieten soll. Dennoch hält der Personalmangel in der Pflege und damit auch die Sorge um ausreichende pflegerische Versorgung nach wie vor an.

Der Fachkräftemangel hat auch weitreichende Auswirkungen auf den Bereich der häuslichen Pflege durch Angehörige. Jedes Jahr sehen sich rund 100.000 Arbeitnehmer:innen aufgrund der Betreuung oder Pflege eines Familienmitglieds gezwungen, ihren Arbeitgeber zu wechseln oder zu verlassen. Rund 80 % davon sind Frauen. Da die aktuelle japanische Pflegeversicherung keine Geldleistungen für häusliche Pflege durch Familienangehörige vorsieht, sind pflegende Angehörige mit nicht unerheblichen körperlichen und finanziellen Belastungen konfrontiert (vgl. auch die Beiträge von Reichert, Masuda und Fujita in diesem Band).

6 Zusammenfassung und Ausblick

Das Gesetzliche Pflegeversicherungssystem wurde u. a. angesichts eines rapiden Anstiegs der Lebenserwartung und der damit einhergehenden Alterung der Bevölkerung eingeführt. Auch die zuvor durch individuelle kommunale Maßnahmen überforderte bisherige Altenfürsorge und die im Grundsatz systemwidrige Fehlfinanzierung der „sozialen Hospitalisierung“ durch die Gesetzliche Krankenversicherung haben die Einführung eines flächendeckenden einheitlichen Pflegesystems unabdingbar gemacht, das transparent umgesetzt und stabil finanziert werden kann. Seit der Einführung der GPV im Jahr 2000 sind mehr als 20 Jahre vergangen. Die GPV hat zwar allgemein einen guten Ruf, sie wird positiv bewertet, bleibt jedoch nicht vor weiteren Herausforderungen verschont. Der demografische Wandel schreitet voran und wird sowohl die kommunalen Haushalte als auch die Versicherten in Anbetracht des aktuellen Finanzierungsmodells weiterhin belasten.

Der Fokus des vorliegenden Beitrags zum japanische Pflegeversicherungssystem lag auf den Aufgaben der Kommunen, die in ihrer Funktion als Versicherer die Hauptverantwortung für die Umsetzung tragen. In Japan legt das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt auf staatlicher Ebene sowohl die Grundsätze als auch diverse Regeln für die Umsetzung der pflegerischen Versorgung im Rahmen der Pflegeversicherung fest. Bei den regionalen Gebietskörperschaften spielen die Präfekturen eine eher untergeordnete Rolle. Sie bieten finanzielle Unterstützung und greifen bei Problemen, die die Kommunen allein nur schwer lösen können, koordinierend ein. Die operationale Umsetzung der PGV obliegt den Kommunen. Insofern wird das japanische Pflegeversicherungssystem unter einheitlichen Regeln dezentral umgesetzt. Die Kommunen sind auch unmittelbar für die Versicherungsbeiträge und die Entwicklung der Kosten bei den Leistungsausgaben verantwortlich. Um Leistungen der Gesetzlichen Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, müssen die Bürger:innen vorab ihre Pflegebedürftigkeit feststellen und einen Pflegeplan erstellen lassen. Häufig beauftragen die Kommunen dafür von ihnen anerkannte Fachkräfte bzw. Einrichtungen. Die tatsächliche pflegerische Versorgung wird nicht von den Kommunen selbst, sondern von zugelassenen Pflegedienstleistern erbracht.

Für eine reibungslose Umsetzung der Pflegeversicherung in den Regionen wurden unter Wahrung von Gleichheits- und Neutralitätsaspekten regionale integrierte Unterstützungszentren errichtet. Diese Einrichtungen dienen dem Aufbau einer umfassenden und dauerhaften Care-Managementstruktur, bieten allgemeine Beratungsleistungen und pflegepräventives Care-Management an, setzen sich für die Rechte der Betroffenen ein und veranstalten lokale Pflegekonferenzen. Finanziert wird die kommunal umgesetzte GPV durch Beiträge der Versicherten und öffentliche Mittel vom Staat, den Präfekturen und von den Kommunen selbst. Zusätzlich greift der Haushaltsstabilisierungsfond zum Ausgleich von Überschüssen bzw. Defiziten. Mit stark steigenden Zahlen an pflegebedürftigen Senior:innen nimmt die Nachfrage nach Pflegedienstleistungen zu. Allerdings mangelt es an Fachpersonal. Es müssen daher Lösungen gefunden werden, damit künftig nicht mehr so viele Arbeitnehmer:innen – darunter vor allem Frauen – wegen der Versorgung und Pflege von Angehörigen ihre Arbeitsplätze wechseln oder gar aufgeben müssen.