8.1 Einleitung

Aktuell werden in Literatur und Praxis Konzepte und deren Auswirkungen, wie beispielsweise „Arbeit der Zukunft“ oder „New Work“, diskutiert. Mit dem Thema „Arbeit der Zukunft“ sind aktuell noch viele (offene) Fragen verbunden. Eine der wichtigsten Fragen ist, welche Zukunft unsere heutige Arbeitsweise haben wird, wie wir sie heute kennen und im Arbeitsalltag realisieren. Zu sehen und zu spüren ist, dass die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert und weiter verändern wird. Dies gilt nicht nur für die Fertigungsindustrie mit „klassischen“, physischen Robotern, sondern auch für den Officebereich und die Arbeit mit Softwarerobotern (Bots), wie beispielsweise etwa Chat Bots oder der Bereich der „Robotic-Process-Automation“ (siehe zu Robotic-Process-Automation beispielsweise Graf et al., 2021). Mit den Chancen und Möglichkeiten, welche die digitale Zukunft bietet, sind jedoch umfassende Herausforderungen auf unterschiedlichen Ebenen verbunden. Dies gilt sowohl im Bereich des Wissens als auch in Bezug auf technische Fertigkeiten und Fähigkeiten. Zudem stellen Ängste vor einem Jobverlust und Konkurrenzdruck seitens der Arbeitnehmenden weitere Hürden dar. Ein wichtiger Faktor, um diese Hürden erfolgreich zu überwinden, sind resiliente Unternehmensprozesse und ein agiles Mindset (Hoffmann, 2017, S. 2; Unkrig, 2020, S. 110). Denn resiliente Unternehmen passen ihre Prozesse und Strukturen laufend an und sind dadurch besser auf Herausforderungen vorbereitet. Im Kontext dieser kontinuierlichen Verbesserung ist das Konzept bzw. die Denkhaltung des Kaizen von besonderer Bedeutung. Ausgehend von den Ursprüngen in Japan hat sich Kaizen als etablierte Lebensphilosophie in den letzten Jahrzehnten auch in Europa weit verbreitet (Kaizen Institute, 2020). In diesem Zusammenhang beeinflusst Kaizen die organisatorische Resilienz, indem Mitarbeitende befähigt werden, Verschwendungen in Prozessen zu identifizieren und konkrete Handlungsmaßnahmen daraus abzuleiten. Eine rein theoretische Konzeption einer organisationalen Resilienz, ohne Berücksichtigung einer handlungstheoretischen Perspektive, ist dabei ein unwirksamer Ansatz (Hoffmann, 2017, S. 76).

In resilienten Unternehmensstrukturen sind Mensch und Maschine keine Konkurrenz zueinander, sondern sie ergänzen sich gegenseitig. Dadurch können auch im digitalen Zeitalter neue Arbeitsplätze, innovative, neue Geschäftsmodelle sowie damit verbundene Effizienzgewinne und mehr Wohlstand generiert werden. Ziel ist die Generierung einer „intelligenten“ sowie kollaborativen Partnerschaft zwischen Mensch und Maschine – eine Kooperation, in der beide Seiten ihre Stärken auf effiziente Weise vernetzen und kombinieren (Schneider, 2018). Von besonderem Interesse sind diese Entwicklungen in der Kaizen-Beratung im Officebereich (beispielsweise Administration, Verwaltung und Dienstleistung; also im Bereich außerhalb der Produktion, in der Kaizen seinen Ursprung hat), wo der Anspruch besteht, dass der Mensch trotz fortschreitender Digitalisierung stets im Mittelpunkt stehen soll. Denn aus Sicht der Kaizen-Beratung steht der Mensch im Mittelpunkt (ob in der Produktion oder im Officebereich). Die (historische) Ursprungsidee von Kaizen war, dass Mitarbeitende ihre Arbeit nicht verlieren (durch schlankere Prozesse und mehr Technik), sondern hochwertigere Arbeit verrichten.

Im vorliegenden Kapitel und der zugrunde liegenden explorativen empirischen Untersuchung werden die Auswirkungen der Digitalisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen auf die Kaizen-Beratung mit Fokus auf den Officebereich untersucht. Als Grundlage dienen Experteninterviews aus den Bereichen Kaizen, Lean Management und Qualitätsmanagement. Das Ziel ist es, (erste) richtungsweisende Tendenzen zu erkennen und verschiedene Lösungsansätze zum Umgang hiermit ableiten zu können. Zusätzlich fließen praktische Erkenntnisse, die im Rahmen von Workshops gewonnen wurden, in die Analyse und Aufarbeitung mit ein.

8.2 Theorie

Nach Horne (1997) ist Resilienz eine fundamentale Eigenschaft von Einzelpersonen, Gruppen und Systemen, mit Veränderungen nicht nur umzugehen, sondern in positiver Art und Weise darauf zu reagieren. Horne versteht Resilienz demnach nicht nur als Robustheit und Widerstandskraft, sondern im Zusammenhang mit Gestaltungspotenzialen (Hoffmann, 2017, S. 77). Diesen Ansatz der aktiven Mitgestaltung verfolgt auch die Kaizen-Philosophie. Dabei sollen alle involvierten Personen jeden Tag kleine Verbesserungen anbringen und ihren Arbeitsalltag sowie die Prozesse mitgestalten (Miller et al., 2014, S. 129 f.). Insbesondere im Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung gewinnen Ansätze, die Resilienz von Unternehmensorganisationen fördern, an Bedeutung. Denn nur wer seine Prozesse laufend den technologischen Entwicklungen anpasst, wird langfristig am Markt konkurrenzfähig bleiben. Durch die fortschreitende Digitalisierung wird der Mensch „gezwungen“, sich anzupassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier setzt die Kaizen-Beratung (zukünftig vermehrt) an. Die „Optimierung“ des Faktors Mensch mit Einbezug von technologischen Hilfsmitteln. 

8.2.1 Resilienz durch Organisation und Kultur

Hollnagel et al. (2006) sehen Hornes Positionierung als gedanklichen Vorläufer des heute als „resilience engineering“ bekannten Ansatzes. Dabei wird Resilienz nicht nur als bestimmte Fähigkeit gesehen, sondern stark „performanceorientiert“ (Hoffmann, 2017, S. 77). Um diese resiliente Performance zu ermöglichen, nennt Hollnagel (2010) vier Grundpotenziale (Hoffmann, 2017, S. 77–78):

Antwortpotenzial („potential to respond“)

Das Antwortpotenzial umfasst die Fähigkeit, zu reagieren, zu wissen, was zu tun ist, oder in der Lage zu sein, auf regelmäßige und unregelmäßige Veränderungen, Störungen und Gelegenheiten zu reagieren, indem auf vorbereitete Maßnahmen zurückgegriffen oder die aktuelle Funktionsweise der Situation anpasst wird.

Beobachtungspotenzial („potential to monitor“)

Das Beobachtungspotenzial beschreibt die „Überwachungskompetenz“. Dabei gilt es, zu wissen, worauf zu achten ist, und in der Lage zu sein, zu erkennen, was die Leistung des Systems in naher Zukunft ernsthaft positiv oder negativ beeinträchtigen wird oder könnte. Die Überwachung bezieht sich sowohl auf die Systemleistung als auch auf die Umgebung.

Lernpotenzial („potential to learn“)

Als Lernpotenzial wird die Fähigkeit verstanden, aus der Erfahrung zu lernen und die richtigen Lehren aus der richtigen Erfahrung zu ziehen.

Antizipationspotenzial („potential to anticipate“)

Um in der Lage zu sein, zukünftige Entwicklungen, wie z. B. potenzielle Störungen, neue Anforderungen, Einschränkungen, veränderte Betriebsbedingungen oder neue Möglichkeiten zu erkennen und darauf zu reagieren, ist ein hohes Antizipationspotenzial nötig.

Die vier Grundpotenziale stehen in gegenseitiger Wechselwirkung und bewirken eine spezifische Leistungsfähigkeit von Organisationen. Das Lernpotenzial wird im Kontext des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) als wichtige Eigenschaft erachtet. Kaizen fokussiert sich auf kleine, kontinuierliche Veränderungen und kann als eine „Ausprägung“ des KVP betrachtet werden (obwohl der Anspruch und die Methodik unterschiedlich sind). Kaizen als Philosophie der stetigen Veränderung und Verbesserung in kleinen Schritten unterstützt diese resilienten Organisationsstrukturen (siehe beispielsweise zu den Konzepten im Allgemeinen als Überblick: Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, 2016, sowie zum KVP im Speziellen: Marks, 2016). Die unterschiedlichen Ausprägungen der einzelnen Potenziale nach Hollnagel et al. (2006) spiegeln sich in unterschiedlichen Typen von Organisationen wider. Das Zusammenwirken der Prinzipien der Beantwortung resp. Reaktion und Beobachtung bewirken passive Veränderungen innerhalb von Organisationen. Bereits die alleinige Reaktion auf Veränderungen kann eine Form der Organisationsanpassung sein. Organisationen, die einen ausgereifteren „Resilience-Engineering-Ansatz“ verfolgen, reagieren nicht nur passiv, sondern leiten aus ihren Erfahrungen konkrete Lösungsansätze ab. Ein kontinuierlicher und konsequenter Lernprozess ist Voraussetzung, um die Qualität der Beobachtung und die Anpassungsreaktionen zu verbessern. Daneben ist der Zeitpunkt der gesetzten Maßnahmen von Bedeutung. Ein und dieselbe Maßnahme hat unterschiedliche Wirkungen. Wird diese zu früh, zu spät, zu kurz oder zu lang gesetzt, kann dies unerwünschte Folgen nach sich ziehen. Somit ist das „Timing“ auch von besonderer Bedeutung. Organisationale Resilienz beruht auf der Überzeugung einer positiven Zukunft, auf dem Bewusstsein für vorhandene Potenziale und Ressourcen, auf der Umsetzungskraft der konkreten Schritte, auf der Fähigkeit, auch Unveränderbares anzuerkennen und der Bereitschaft, aus den eigenen Erfahrungen zu lernen (Hoffmann, 2017, S. 144).

Daher ist das Lernen speziell im dynamischen Organisationsumfeld von großer Bedeutung, um eine resiliente Unternehmenskultur zu schaffen (Hoffmann, 2017, S. 78). Um zukünftige organisatorische und kulturelle Herausforderungen besser bewältigen zu können, verfolgt auch Kaizen als ganzheitliche Philosophie den Ansatz des täglichen Lernens und Optimierens in kleinen Schritten (Miller et al., 2014, S. 130 f.)

8.2.2 Kaizen als Unternehmensphilosophie

Kaizen ist ein zusammengesetzter Begriff aus den beiden japanischen Worten „Kai“ und „Zen“. Der Wortbestandteil „Kai“ bedeutet übersetzt „Veränderung“, mit „Zen“ ist so viel wie „zum Besseren“ gemeint. Kaizen steht somit für die „Veränderung zum Besseren“ und ist auch als „der japanische Schlüssel zum Erfolg“ bekannt. Der Kaizen-Weg beruht auf dem Prinzip der kleinen Schritte. Es gilt, stets kleine Faktoren respektive Momente zu beobachten und in Form von Veränderungen wahrzunehmen, um schlussendlich zum großen Erfolg zu gelangen (Brunner, 2017, S. 11).

Den internationalen Durchbruch erlangte der Kaizen-Ansatz durch das Buch Kaizen: The Key to Japan's Competitive Success, verfasst vom Organisationstheoretiker und Gründer des Kaizen Institute Masaaki Imai (Kaizen Institute, 2020). Seit Anfang der 1990er-Jahre wird Kaizen im europäischen Raum vor allem unter dem Begriff „kontinuierlicher Verbesserungsprozess“ (KVP) angewandt. Der Kaizen-Ansatz spielt eine bedeutende Rolle in der sogenannten schlanken Produktion und trug speziell in der japanischen Automobilindustrie (Beispiel: Toyota) zu großen Erfolgen bei (Gründerszene, 2020).

Erwähnenswert ist, dass der Terminus „Kaizen“ lediglich eine Verbesserung impliziert, jedoch keinen konkreten Hinweis auf deren Kontinuität gibt. Es war Masaaki Imai, der den Aspekt der Kontinuität als Notwendigkeit betonte, wodurch er auch als „Vater der kontinuierlichen Verbesserung“ bekannt ist. Zudem soll sich diese stattfindende Verbesserung nicht nur auf das Arbeitsleben, sondern auf alle Lebensbereiche beziehen. Des Weiteren sollen bei der Implementierung von Kaizen im Unternehmen alle Beteiligten miteinbezogen werden – Manager genauso wie jeder einzelne Angestellte (Kaizen Institute, 2020). Kaizen ist demnach keine reine Arbeitsphilosophie, sondern eine eigene Lebensphilosophie, die neben der kontinuierlichen Verbesserung von Arbeitspraktiken auch die persönliche Effizienz umfasst.

Brunner (2017, S. 11) beschreibt Kaizen als „permanente Reise in PDCA-Zyklen“. Diese systematische Anwendung von Verbesserungsprogrammen geht auf eine ursprüngliche Idee von W. E. Deming zurück, dem Gründervater des „PDSA-Zyklus“ (Plan, Do, Study, Act). Der Verbesserungsprozess wird dabei als dynamisches Rad mit vier Grundaktivitäten dargestellt. Weithin bekannt ist der sogenannte „PDCA-Zyklus“ (Plan, Do, Check, Act) oder auch „Deming-Zyklus“, wie in Abb. 8.1 dargestellt, welcher jedes Mal von Neuem beginnt, wenn die Umsetzung nicht den gewünschten Erfolg bringt oder weitere Verbesserungsmöglichkeiten erkannt werden (Brunner, 2017, S. 7).

Abb. 8.1
figure 1

PDCA- bzw. Deming-Zyklus (in Anlehnung an Brunner, 2017, S. 7)

Das bekannteste Beispiel für eine erfolgreiche Implementierung von Kaizen innerhalb eines Unternehmens ist Toyota. In den 1950er-Jahren geriet der Konzern in eine Krise und musste aufgrund des gesetzlichen Verbotes von Massenentlassungen andere innovative Wege finden, weiterhin erfolgreich wirtschaften zu können. Toyota offerierte den Mitarbeitenden umfangreiche Weiterbildungen, um ihnen neue Möglichkeiten aufzuzeigen, Autos effizienter und günstiger zu produzieren (Hässig, 2007). Durch Toyotas gesamtes System von Techniken für das Produktionsmanagement, das sogenannte TPS (Toyota Production System), konnte sich das Unternehmen kontinuierlich verbessern und entwickelte erfolgreiche Managementsysteme, die zum Ziel haben, Verbesserungen in endlosen Zyklen zu generieren, zu erfassen und zu überprüfen (Liker, 2004, S. 3–9). Eines der Grundprinzipien, auf denen das TPS basiert, ist Kaizen resp. die kontinuierliche Verbesserung (Liker, 2004, S. 24). Der Erfolg war durchschlagend, sodass die Methode der kontinuierlichen Verbesserung unter dem Namen „Kaizen“ zum Kernelement bei Toyota wurde (Hässig, 2007). Jedes Kaizen-Tool und jede Kaizen-Verhaltensweise basiert auf fünf fundamentalen Prinzipien des Kaizen, die auch als „Core of Kaizen“ bezeichnet werden und den Kern der Philosophie bilden (Kaizen Institute, 2020):

  1. 1.

    Know your Customer

    Das Schaffen eines Mehrwertes für den Kunden ist essenziell. Dazu müssen deren individuelle Bedürfnisse identifiziert werden, um ein Kundenerlebnis zu kreieren.

  2. 2.

    Let it flow

    Das Ziel dieses Prinzips ist es, einen „Fluss“ im Prozess herzustellen und jegliche Art von Verschwendung bestmöglich zu vermeiden. Verschwendung bezieht sich hierbei auf die (grundlegenden) „7V der Verschwendung“: Überproduktion, (Lager-)Bestände, Transport, Wartezeiten, Herstellungsprozess, Bewegungen (im Arbeitsprozess), Fehler/Reparaturen (Conrad, 2016, S. 8).

  3. 3.

    Go to Gemba

    Das Prinzip besagt, dass am „Ort des Geschehens“ mit der Optimierung begonnen werden soll, beispielsweise in der Leistungserstellung, an der Produktionslinie oder im Officebereich. Damit ist gemeint, dass die kontinuierliche Verbesserung an der Prozessstufe mit der größten Wertschöpfung ansetzt und anschließend schrittweise zu Prozessstufen mit geringerer Wertschöpfung übergegangen wird.

  4. 4.

    Empower People

    Organisierte Teams sind grundlegende Voraussetzung für die kontinuierliche Verbesserung. Alle an einem Prozess beteiligten Teams sollen das gleiche, klar definierte Ziel verfolgen und nicht gegenteilig agieren. Dem Austausch der Teams untereinander kommt dabei ein besonders hoher Stellenwert zu. Um diesen Austausch erfolgreich zu gestalten, sind entsprechende Instrumente (Tools) und Systeme bereitzustellen.

  5. 5.

    Be transparent

    Transparenz von Prozessen und Daten ist für Kaizen zentral. Nur wenn die Daten für alle Prozessmitarbeitenden bzw. Prozessbeteiligten einsehbar sind, können Verbesserungen stattfinden und messbar gemacht werden.

Die erfolgreiche Umsetzung dieser fünf Prinzipien in jeder Organisation ist grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, die einen Wendepunkt im Fortschritt von Qualitäts-, Produktivitäts- und Arbeitsmanagementbeziehungen markiert (Kaizen Institute, 2020). In Abb. 8.2 ist eine schematische Übersicht über die fünf Kernwerte von Kaizen skizziert.

Abb. 8.2
figure 2

Die fünf Kernwerte von Kaizen (in Anlehnung an Kaizen Institute, 2020)

Kaizen wird vielfach mit „Lean Management“ in einem Atemzug genannt. Im Gegensatz zu Kaizen ist das oberste Ziel des Lean Managements die konsequente Kostensenkung bei stärkerer Kundenorientierung. Die Grundprinzipien sind dabei die Dezentralisierung und Simultanität. Dieses sogenannte „schlanke Management“ erstreckt sich sowohl auf unternehmensinterne als auch auf unternehmensübergreifende Strukturen (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018). Das bedeutet, dass nicht-wertschöpfende Funktionen ausgedünnt werden. Dazu muss sich das Unternehmen von einer rein funktionsorientierten Organisation lösen und eine Prozessorganisation einführen. In dieser werden wertschöpfende Prozesse und Prozesseigentümer genau definiert und die Prozesse zu Prozessketten mit internen Kunden-Lieferanten-Verhältnissen verbunden (Brunner, 2017, S. 62).

Auch bei KVP steht das Verschlanken und Vereinfachen von Prozessen im Mittelpunkt, um die Wertschöpfung zu verbessern. Im Gegensatz zu Lean Management basiert KVP auf den Fundamenten von Kaizen und dem PDCA-Zyklus nach Deming. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse stellen vielfach eine Weiterentwicklung von Kaizen durch westliche Industrien bzw. Unternehmen und Denkweisen dar. Insbesondere Industrieunternehmen in Deutschland haben KVP nach eigenen Ideen und Strategien gestaltet und erfolgreich eingeführt. Es kann durchaus von einer westlichen KVP-Strategie gesprochen werden, die ihre eigene Dynamik entwickelt hat (Brunner, 2017, S. 39).

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass sowohl bei Kaizen als auch bei KVP und Lean Management die Verbesserung der Wertschöpfung angestrebt wird. Herangehensweise und konkrete Umsetzung sind jedoch unterschiedlich.

8.2.3 Digitalisierung, digitale Transformation und Prozessmanagement

Im Folgenden werden Digitalisierung, digitale Transformation und Prozessmanagement betrachtet. Zudem werden die Termini „Machine Learning“, „Robotic Process Automation“ und „Artificial Intelligence“ kurz beschrieben bzw. in den Kontext eingeordnet.

Die Begriffe Digitalisierung und digitale Transformation sind bereits seit geraumer Zeit vielfach genutzte Schlagworte und Konzepte – nicht nur in Unternehmen und der Wirtschaft, sondern auch in der Gesellschaft. Die Digitalisierung schreitet in Europa und weltweit rasant voran. Dies ermöglicht Unternehmen, neuartige Prozesse zu designen und diese technisch zu optimieren. Hierbei spielt das Prozessmanagement eine entscheidende Rolle. Der Fokus verlagert sich von manuellen menschlichen Tätigkeiten zu automatisierten maschinellen Prozessen, welche die Prozesslandschaft nachhaltig verändern können (economiesuisse, 2017).

Der Beginn des digitalen Zeitalters wird von Fritz und Schulze (2015) auf das Jahr 2002 datiert. Grund dafür ist, dass im Jahr 2002 erstmals mehr digitale als analoge Informationen gespeichert wurden (Fritz & Schulze, 2015, S. 11). Digitalisierung im informatischen, naturwissenschaftlichen und technischen Sinn bezeichnet in unterschiedlichen Quellen die Überführung analoger in digitale Werte zu dem Zweck, diese elektronisch zu übertragen, zu speichern und zu verarbeiten (Mertens et al., 2017, S. 35). Die Digitalisierung wird als großer Megatrend des 21. Jahrhunderts angesehen und als Paradigmenwechsel im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklung betrachtet (Grünert & Sejdić, 2017, S. 30). Sie hat jedoch nicht nur Einfluss auf Informationsgewinnung. Gemäß Wörwag und Cloots (2020, S. 33 ff.) ist festzustellen, dass 86,7 % der 21- bis 25-Jährigen aber auch 88,9 % der über 65-Jährigen annehmen, dass ihr Alltag und/oder Beruf von der Digitalisierung betroffen sein wird. Bei den 15- bis 20-Jährigen stimmen 71,9 % der Befragten dieser Aussage zu, bei der Gruppe der 31- bis 35-Jährigen 76,4 % (Wörwag & Cloots, 2020, S. 32–36).

Für Unternehmen ändern sich mit neuen Technologien vor allem Wege der Wertschöpfungserzeugung. Richtig eingesetzt, können immer günstiger und besser einsetzbare Technologien, wie Robotik, Robotic Process Automation, Big Data oder künstliche Intelligenzen, zu völlig neuen Produkten und Anwendungen führen (Raveling, 2019). Der rasche technologische Fortschritt verändert nicht nur das Verhalten von Unternehmen, Konsumenten und Arbeitnehmenden, sondern ganze Geschäftszweige und Arbeitsplatzprofile wandeln sich (economiesuisse, 2017). Nach dem Grundsatz „Automatisiert wird, was automatisiert werden kann“ wandelt die fortschreitende Digitalisierung auch die Arbeitswelt zunehmend. Durch die neuen Technologien werden nicht nur Produktionsarbeitsplätze automatisiert, was schon seit Jahrhunderten geschieht, sondern zunehmend auch „geistige“ bzw. „denkende“ Tätigkeiten, die lange Zeit dem Menschen „vorbehalten“ waren (Raveling, 2019).

Der Einfluss auf die Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten ist enorm und ermöglicht den Unternehmen neue Kreationen von Produkten und Dienstleistungen (Porter & Heppelmann, 2015, S. 58). In diesem Kontext ist die digitale Transformation zu sehen, bei der auf Basis neuer Technologien neue (radikale) Geschäftsmodelle entwickelt werden (Tokarski et al., 2021). Dabei kann die digitale Transformation auf Basis von vier Säulen betrachtet werden: digitale Daten, Automatisierung, digitaler Kundenzugang und Vernetzung. Die digitale Transformation der Geschäftsprozesse verfolgt neben der Umsatzsteigerung u. a. eine starke Kostenreduktion, wie eine Studie unter 300 deutschen Topmanagern gezeigt hat (Roland Berger Strategy Consultants, 2015). In dieser Entwicklung der digitalen Transformation ist die Nähe des „Gipfels“ vermutlich noch lange nicht erreicht. Die Digitalisierung und digitale Transformation haben gerade erst begonnen und werden noch lange Zeit anhalten (Raveling, 2019). Umso wichtiger ist es, dass sich Organisationen jetzt verstärkt mit ihren Unternehmensprozessen und dem damit verbundenen Prozessmanagement auseinandersetzen, um Prozesse sowie das Prozessmanagement resilient und zukunftsfähig zu gestalten.

Prozessmanagement bezeichnet die Planung, Organisation, Steuerung und Kontrolle der Wertschöpfungskette eines Unternehmens im Hinblick auf die Unternehmensziele (Wirtschaftslexikon, 2020). In den Unternehmenszielen ist oft beschrieben, Prozesse hinsichtlich Geschwindigkeit, Kosten und Qualität besser zu gestalten (Jochem & Knothe, 2014). Zur Realisierung dieser Ziele werden im digitalen Zeitalter bzw. im Kontext der digitalen Transformation vermehrt Technologien eingesetzt, welche zu Veränderungen in der Prozesslandschaft führen. Ein Beispiel hierfür ist Robotic Process Automation (RPA). Darunter wird die Automatisierung wiederkehrender Routineaufgaben mittels Softwarerobotern (Bots) verstanden, die schneller und weniger fehleranfällig als Menschen repetitive Aufgaben erledigen können. Das spart Zeit und beschleunigt Reaktionszeiten. RPA erlebt derzeit einen regelrechten Boom. Gründe für den rasant ansteigenden Einsatz dieser Technologie sind das Wachsen der zu verarbeitenden Datenmengen und der Druck des Marktes, der nach immer effizienteren Prozessen verlangt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass RPA der am stärksten wachsende Bereich von Business-Software ist. Dabei ist zu betonen, dass RPA einzelne Arbeitsschritte automatisiert und nicht mit „Business Process Optimization/Automation“ (BPO/BPA) zu verwechseln ist. BPO/BPA zielt nämlich darauf ab, ganze Prozesse automatisiert abzuwickeln. Demnach wird RPA in den meisten Fällen eingesetzt, um einen bestehenden manuellen Prozess zu beschleunigen, ohne dessen bestehenden Ablauf zu verändern (Heer, 2019; siehe für ein Anwendungsbeispiel in der Praxis Graf et al., 2021).

Der Einsatz von Bots ist eine junge Methode der Prozessautomatisierung, die Anwenderrollen übernimmt und mit anderen Softwaresystemen über Systemgrenzen hinaus interagiert. Der Vorteil dabei ist, dass Roboter im Vergleich zu Menschen in der Regel um 50 Prozent schneller arbeiten und zudem nicht an zeitliche Barrieren gebunden sind. Die Idee von RPA ist jedoch nicht, Arbeitsplätze wegzurationalisieren. Vielmehr sollen Tätigkeiten zwischen Mitarbeitenden und (teil-)autonomen Systemen sinnvoll aufgeteilt werden, sodass sich die Mitarbeitenden anspruchsvolleren, komplexeren Aufgaben widmen können (Wertschöpfungssteigerung). RPA soll demnach einen Mehrwert für Unternehmen und Mitarbeitende darstellen (Thole & Woelke, 2020). Die Nutzung von RPA resp. Bots ist vor allem bei Prozessen sinnvoll, bei denen regelmäßig große Datenmengen manuell erfasst oder mutiert werden müssen. Die Einsatzmöglichkeiten von RPA gehen jedoch über die reine Datenverarbeitung hinaus. Kombiniert mit Modellen der künstlichen Intelligenz können Softwareroboter auch manuelle Entscheidungsprozesse automatisieren, beispielsweise die Verarbeitung von Störungsmeldungen. Menschliche Ressourcen kommen erst dann zum Einsatz, wenn manuelle Eingriffe erforderlich sind (Heer, 2019).

Den Anwendungsbereichen für die Automatisierung zeitintensiver Geschäftsprozesse sind kaum Grenzen gesetzt, da die Roboter lernfähig sind. Diese Lernfähigkeit der Roboter wird als „Machine Learning“ oder maschinelles Lernen bezeichnet (Thole & Woelke, 2020). Dies beschreibt unterschiedliche Formen des Selbstlernens bei Systemen der künstlichen Intelligenz (KI) und der Robotik nach menschlichem Vorbild. Dazu zählt das Erkennen von Regel- und Gesetzmäßigkeiten in den Daten und das Ableiten von Konklusionen und Aktionen daraus (Gabler Wirtschaftslexikon, 2019). Dieses „Machine Learning“ ermöglicht den Einsatz von Bots beispielsweise in Finance- und Accountingabteilungen, im Human Resources Management sowie im Marketing. Auch Controlling, Kundenservice und Risikomanagement sind weitere typische Anwendungsgebiete (Thole & Woelke, 2020). RPA ist die Vorstufe der KI, welche die höchste und komplexeste Ebene (auch im Bereich der Prozessautomatisierung) darstellt. Demzufolge findet die RPA ihre Grenzen bei komplexen Programmabläufen, die viele Ausnahmen und unstrukturierte Eingabedaten umfassen. Auch Ermessensentscheidungen sowie neue, noch nicht aufgezeichnete Prozesse übersteigen die Einsatzmöglichkeiten von Bots (Thole & Woelke, 2020). Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass vor allem die Weiterentwicklung jener Fähigkeiten, die den Menschen gegenüber KI auszeichnen, wie etwa Kreativität, Empathie oder strategisches Denken, zukünftig an Bedeutung gewinnen werden.

8.3 Empirische Studie

8.3.1 Methodik

Um weiterführende Erkenntnisse zu gewinnen, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine in den nächsten Jahren verändern wird, wurde ein qualitatives Forschungsdesign gewählt, dass sich in zwei Teile gliedert. In einem ersten Schritt wurden sechs Experteninterviews in staatsnahen Großunternehmen der Schweiz durchgeführt:

  • Interviewpartner 1 (2020): Head of Services & Quality Management,

  • Interviewpartner 2 (2020): Qualitäts- und Ideenmanager,

  • Interviewpartner 3 (2020): Lean Management Expert,

  • Interviewpartner 4 (2020): Lean Management Expert,

  • Interviewpartner 5 (2020): Kaizen Headcoach,

  • Interviewpartner 6 (2020): Prozessmanager & Kaizen Coach.

Das Experteninterview ist eine Erhebungsmethode in der empirischen Sozialforschung, bei der das Wissen von Expertinnen und Experten erfragt wird und anschließend eine systematische Auswertung der Inhalte folgt (Gläser & Laudel, 2009). In diesem Zusammenhang sind Expertinnen und Experten als Angehörige einer „Funktionselite“ (Meuser & Nagel, 1994, S. 181) zu verstehen. Damit sind jene Menschen gemeint, die durch die Funktion, die sie ausüben, auf besonderes Wissen in ihrem jeweiligen Bereich zurückgreifen können.

Dabei lag der Untersuchungsfokus auf dem Gegenstand der Kaizen-Beratung im Officebereich. Ziel der Experteninterviews war es, Erfahrungswerte aus der Praxis zu gewinnen, da dieses Thema nicht durch reine Literaturrecherche bearbeitet werden kann. Die Interviews wurden als Leitfadeninterviews via Skype geführt und die Gespräche als Tonmitschnitt aufgezeichnet. Der Interviewleitfaden bestand aus drei Fragenfeldern mit insgesamt 15 Fragen. Nach der Durchführung der Interviews folgten deren Transkription sowie die Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Untenstehend wird der Forschungsablauf nach Gläser und Laudel (Abb. 8.3) schematisch dargestellt.

Abb. 8.3
figure 3

Forschungsablauf Experteninterview (in Anlehnung an Gläser & Laudel, 2009, S. 38)

Im zweiten Teil folgte die Durchführung eines virtuellen Kaizen-Workshops (KWS), um zusätzliche Erkenntnisse aus der Praxis zu gewinnen und etwaige Limitierungen der digitalen Kaizen-Beratung zu eruieren. Im Workshop sollten erste Lösungsansätze erarbeitet werden, wie die Kaizen-Beratung in einem digitalen und automatisierten Arbeitsumfeld einen Mehrwert generieren kann. Zur Durchführung des Workshops wurden zwei operative Ist-Prozesse (Teilprozesse) analysiert, welche bereits teilautomatisierte Elemente (Bots) beinhalten. Die Analyse erfolgt unter Berücksichtigung des aktuellen und zukünftigen technologischen Fortschrittes, um mögliche Lösungsansätze und Arbeitsmethoden auszuarbeiten.

8.3.2 Ergebnisse der Untersuchung

In den folgenden Abschnitten werden die im Rahmen der durchgeführten Experteninterviews und des Kaizen-Workshops gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst. Diese sollen dazu dienen, erste Ansätze abzuleiten, welche Vorgehensweisen und Methoden für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine erfolgversprechend sein könnten. Des Weiteren sollen die Ergebnisse Kaizen-Beratenden dabei helfen, teil- und voll automatisierte Arbeitsprozesse erfolgreich zu optimieren. Vor diesem Hintergrund ergeben sich drei Untersuchungsbereiche mit zugehörigen übergeordneten Forschungsfragen, die im Rahmen der Untersuchung näher betrachtet und differenziert wurden:

  • Bereich 1: Relevanz und Veränderung:

    Wie wird sich die Kaizen-Beratung im Officebereich in den nächsten Jahren verändern?

  • Bereich 2: Tools und Methoden:

    Welche Tools und Methoden in der Kaizen-Beratung bieten zukünftig, bei steigendem prozessualem Automatisierungsgrad, einen Mehrwert für den Auftraggeber resp. die Kaizen-Beratung?

  • Bereich 3: Zusammenarbeit Mensch und Maschine:

    Wie verändert sich die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine in den nächsten fünf Jahren? Worauf liegt der Schwerpunkt?

8.3.2.1 Experteninterviews

Nachfolgend sind die obigen Untersuchungsbereiche und Forschungsfragen nach thematischen Bereichen in aggregierter Form über die Antworten der Interviewpartner 1–6 dargestellt. Die Ergebnisse sind explorativ zu betrachten und dienen als mögliche Anknüpfungspunkte für eine weitergehende, tiefere Betrachtung.

Bereich 1: Relevanz und Veränderung

Wie wird sich die Kaizen-Beratung im Officebereich in den nächsten Jahren verändern?

Bedeutung und Fokus

Die sich verändernden Aspekte beziehen sich vor allem auf den Officebereich. Die Relevanz von Daten wird in Zukunft zunehmen, da Kaizen im Bereich der Ideenentwicklung mehr leisten kann, wenn mehr Informationen für das System vorhanden sind. Ein Aspekt, der in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird, ist die Agilität im Sinne von agilen Teams und agilen Settings. Daneben gewinnen Flusseffizienz, Flussoptimierung und Flusssteuerung sowie Wertstromanalysen und die Ressourceneffizienz an Bedeutung. Der Kundenbezug ist ein weiterer Aspekt, der in Zukunft noch stärker an Bedeutung gewinnen wird. Auch Tätigkeitsstrukturanalysen wird zukünftig eine höhere Bedeutung zukommen. Kleinere Methoden, wie z. B. 5S, das Kaizen-Board oder „Waste-Walks“, werden zukünftig an Bedeutung verlieren.

Treiber der Veränderung

Ein wesentlicher Treiber ist die gesamte Wirtschaftsproblematik und der damit verbundene Kostendruck. Mit dem Kostendruck steigt auch der Druck seitens der Geschäftsleitung, was zu höheren Erwartungen der Auftraggeber führt und es notwendig macht, dass die Kosten der Kaizen-Beratung transparent ausgewiesen werden müssen. Dass in der Produktion bereits überall optimiert wurde und dennoch das Gefühl herrscht, dass noch mehr optimiert werden kann, stellt einen weiteren Treiber dar. Die Umweltthematik und damit verbundene Tools wie Skype oder Homeoffice allgemein werden als weitere Treiber, jedoch nicht als die Haupttreiber, angesehen. Neue Vorgaben, wie etwa Umweltauflagen, werden sich in den Prozessen niederschlagen, was zur Folge hat, dass diese Prozesse dann wieder angepasst werden müssen. Ein weiterer großer Treiber wird der Zeitfaktor und die damit verbundene Anforderung sein, Verbesserungen zeit- und ortsunabhängig voranzutreiben. Die Experten betonen die Digitalisierung als wichtigen Treiber sowie damit verbundene technologische Aspekte wie etwa Bots oder Sprachassistenten. Die Innovation treibt den Fortschritt voran. Von Bedeutung sind neben der Technologie die gesellschaftlichen Veränderungen und die Kultur

Einfluss technologischer Entwicklungen auf die Kaizen-Beratung

Speziell die Robotik und Automatisierung, insbesondere Machine Learning, könnten die Kaizen-Beratung verändern. War Kaizen immer auf kleine Schritte fokussiert, stellen Digitalisierung und Automatisierung nun potenzielle Türöffner für weitergehende Veränderungen dar. Technologische Tools, wie z. B. Apps, ermöglichen es, ortsunabhängig sowie team- und bereichsübergreifend Ideenflüsse oder Ähnliches zu steuern. Des Weiteren sehen einzelne Befragte ebenso den starken Fokus auf den Onlinebereich und „nicht mehr physisch vor Ort zu sein“ als Veränderung, die sich auf die Kaizen-Beratung auswirken könnte. Zudem wird die reine Wissensvermittlung wegfallen, da das Wissen, wie man etwa eine ABC-Analyse durchführt, auch durch ein kurzes YouTube-Video vermittelt wird. Der Fokus wird dann eher auf Tipps und Tricks in der Anwendungliegen und von der reinen Wissensvermittlung abweichen.

Auswirkungen von Umwelteinflüssen und Trends auf die Kaizen-Beratung

Allen voran stehen hier politische und ökologische Bereiche im Vordergrund. Speziell hinsichtlich der Ökologie sind neue Rechtsgrundlagen zu erwarten, die Einfluss ausüben werden. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft diesbezüglich immer mehr sensibilisiert ist und jede Dienstleistung und jeder Service hinterfragt wird, z. B. ob der Außendienst resp. der/die Beratende CO2-neutral anreist. Dazu gesellt sich das steigende unternehmerische Bedürfnis nach Transparenz. Weiteren Einfluss übt die Globalisierung und der daraus resultierende Kostendruck aus. Dies birgt die Gefahr, dass Kaizen aus Sicht des Auftraggebers vorwiegend zur Realisierung von Sparmaßnahmen dienen soll. Es werden auch die Digitalisierung und Automatisierung als wesentliche Veränderungsfaktoren betont.

Erwartungshaltung künftiger Auftraggeber an die Kaizen-Beratung

Die zukünftige Erwartungshaltung wird sich dahingehend verändern, dass Kaizen-Beratende selbst aktiv mitwirken und anpacken müssen. Dies gilt sowohl für die aktive Kundenakquise als auch für das selbstständige Anpacken im Bereich der Projektleitung. Gleichzeitig steigen mit dem erhöhten Kostendruck seitens der Auftraggeber die Erwartungen an den Output.

Die Befragten sehen Kaizen-Beratende auch in Zukunft im Hintergrund agieren und dass die Umsetzung von anderen Spezialisten übernommen wird. Der Auftraggeber möchte handfeste Resultate in kurzer und knapper Form sehen. In Summe bedeutet das, dass der Auftraggeber mehr Leistung zu geringeren Auftragskosten erwartet. Folglich erwartet der Auftraggeber, dass Kaizen-Beratende konkret auf die Problemstellung eingehen, sich intensiv mit dem Unternehmen, dem Produkt und den Mitarbeitenden auseinandersetzen und aktiv als Problemlöser agieren. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber mit noch mehr Commitment und höherer Loyalität von Kaizen-Beratenden gegenüber der beauftragenden Firma rechnet. Kaizen-Beratende werden vielmehr als Dienstleister verstanden, wodurch umfassendes Wissen in verschiedenen Bereichen vom Auftraggeber vorausgesetzt wird.

Die Aufraggeber werden von Kaizen-Beratenden in Zukunft erwarten, dass sie den Spagat zwischen inkrementellen, kontinuierlichen, stetigen, kleinen Schritten und ganzen Geschäftsmodellen in dieser schnelllebigen Zeit schaffen. Demnach wird eine gewisse Weitsicht von Kaizen-Beratenden verlangt, die auch Trends bezüglich neuartiger Methoden und Tools innerhalb der Kaizen-Beratung auf dem Radar haben sollen.

Kompetenzprofile von Kaizen-Berater*innen

Soft Skills, wie etwa Empathie oder Überzeugungskraft, werden von Kaizen-Beratenden der Zukunft benötigt. Ebenso wird eine ausgeprägte Akquisefähigkeit, um aktiv Aufträge an Land zu ziehen, von großer Bedeutung sein. Zudem müssen Kaizen-Beratende ambitioniert sein und mit Komplexitäten und Unsicherheit gut umgehen können. Außerdem müssen sie sich spezifisch auf den/die Kund*in einlassen. Die Funktion, Coach bzw. Trainer und nicht nur Beratende/r zu sein, gewinnt zunehmend an Bedeutung und ist damit verbunden, Dinge kritisch zu hinterfragen und aktiv anzusprechen.

Neben einer guten Ausbildung ist die Erfahrung sehr wichtig. Es benötigt zukünftig „Senior“-Kaizen-Beratende, um ganzheitliches Verständnis aufbringen zu können und die Bedürfnisse und Ziele des Auftraggebers zu kennen und zu verstehen. Umfassendes Wissen in den Bereichen Digitalisierung und Automatisierung (z. B. Bots, Office Automation etc.) wird in Zukunft nötig sein, um Methoden und Tools spezifisch adaptieren zu können. Es gilt, den Nutzen bereits vorhandener Tools und Methoden anzupassen. Des Weiteren wird dies als Faktor, der zukünftig „matchentscheidend“ sein wird, gesehen. Dazu müssen Kaizen-Beratende zukunftsorientierte Geschäftsmodelle auf dem Radar haben und in Richtung „Design Thinking“ gehen (siehe zum Design Thinking beispielsweise Plattner et al., 2009).

Zudem sind gewisse Kenntnisse im Bereich Digitalisierung, Automatisierung und Robotik notwendig. Es ist denkbar, dass sich ein „Kaizen-Coach der Zukunft“ vom Beratenden bzw. Coach/Trainer*in zum Intrapreneur entwickelt.

Bereich 2: Tools und Methoden:

Welche Tools und Methoden in der Kaizen-Beratung bieten zukünftig, bei steigendem prozessualem Automatisierungsgrad, einen Mehrwert für den Auftraggeber resp. die Kaizen-Beratung?

Veränderungen eingesetzter Tools und Methoden in der Kaizen-Beratung

Bei dieser Frage gehen die Expertenmeinungen auseinander. Ein Interviewpartner meint, dass sich die Tools und Methoden von ihrer jetzigen analogen Form zu digitalen Versionen entwickeln werden. Die Methoden werden sich in Zukunft auch agiler gestalten müssen. Methoden, wie beispielsweise Gemba und Gembutsu, könnten sich in Zukunft in Richtung digitale Simulation entwickeln. Auch ein weiterer Interviewpartner sieht eine Entwicklung der klassischen Tools zu einer digitalen Form, in der Brown Paper und Post-its der Vergangenheit angehören. Er betont jedoch, dass die gleichen Tools in Verwendung sein werden, sich die Inhalte jedoch verändern werden.

Daneben kann sich der Fokus von Prozessmapping und Wertstromanalysen zur Analyse der „Customer Journey“ und der entsprechenden Emotionskurve verschieben. Plattformen und Netzwerke, die den Austausch untereinander und das gleichzeitige Arbeiten erlauben, könnten eine bedeutende Rolle für zukünftige Methoden spielen. Weiters wird gesehen, dass zukünftig keine Veränderungen in den Methoden vorgenommen werden, es wird aber deren Durchführung in digitaler Form betont. Der Kaizen-Workshop wird auch in Zukunft ein zentrales Element sein, ohne das Kaizen nicht durchgeführt werden kann. Retros und Reviews, die heutzutage aufgrund von Zeitdruck vielfach abgesagt werden, werden zukünftig zunehmen, um Verschwendung sichtbar zu machen und Ideen zu tracken.

Es ist denkbar, dass der jetzige Kaizen-Methodenkoffer mit anderen Methoden, wie etwa aus dem Lean Management, ergänzt wird. Agile Methoden sind insbesondere dann essenziell, wenn die auftraggebenden Unternehmen ebenso agil arbeiten und bereits stark digitalisiert sind. Teilweise wird die Eignung der heutigen Tools nicht als zukunftsfit gesehen. Es wird in Einzelstimmen bei den Befragten aber angenommen, dass keine weitere Einbindung digitaler Methoden bzw. Tools notwendig sein wird. Zusätzlich werden sich die von Kaizen angewendeten methodischen Hilfsmittel und Tools nicht verändern. 

Integration von technologischen Hilfsmitteln in den Werkzeugkasten der Kaizen-Beratung

Backlogs und Do-its können zur Realisierung eines digitalen Kaizen-Boards dienen. Die Verwendung von Mobile Devices bzw. Apps anstatt Post-its und Stift ist ein weiteres Beispiel dafür, wie technologische Hilfsmittel in den Kaizen-Werkzeugkasten integriert werden können, speziell wenn dezentral gearbeitet wird. Dies bietet den Vorteil, dass Ideen direkt digital verarbeitet und bis zu deren Realisierung getrackt werden können. Auch der Einsatz von Touchscreens oder anderen Bildschirmen sowie digitaler Whiteboards für z. B. Wertstromanalysen ist durchaus denkbar. Der Einsatz von Kameras im Rahmen von Gemba-Prozessen stellt ein mögliches Zukunftsszenario dar. Dass die Durchführung von Wertstromanalysen oder Value-Stream-Mapping-Prozessen auf Onlinekanäle verlagert wird, kann eine mögliche Integration technologischer Hilfsmittel darstellen.

Rolle des Kaizen-Coachs

Ein wichtiger Punkt für die Befragten ist, dass Prozesse optimiert bzw. verschlankt werden müssen, bevor diese digitalisiert werden können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Prozesse, die erst digitalisiert wurden, im Nachhinein einer Optimierung bedürfen und somit der gesamte Optimierungsprozess von vorne begonnen werden muss. Der Mehrwert von Kaizen-Beratenden liegt in Zukunft bei der Entwicklung des Prozessdesigns. Mit einem umfangreichen Wissen über Datenmanagement, Big Data und digitale Tools treiben Kaizen-Beratende zukünftig eine schnellere Automatisierung voran und liefern einen Weitblick. Das Verständnis für die digitalen Tools bietet für den Auftraggeber eine große Marktchance, wobei der menschliche Faktor generell nicht zu unterschätzen sein wird. Ergänzend dazu wird der Mehrwert der objektiven Sicht von außen in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Mehrwertgenerierung von Mensch und Maschine im Verbesserungsmanagementumfeld

Der Mehrwert der zukünftigen Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine im Verbesserungsmanagementumfeld liegt darin, dass der Mensch Daten resp. Ideen eingibt und die Maschine Rückmeldung gibt, welche davon bereits existieren. Der Mensch programmiert also, und die Maschine lernt. Umgekehrt lernt der Mensch wiederum von den Erfahrungswerten, welche die Maschine liefert, und kann dieses Wissen bei der Eingabe neuer Daten nutzen. Dieses Machine Learning kann vor allem für den Bereich der Strategieentwicklung einen Mehrwert generieren. Zu betonen ist, dass die Maschine komplexe Prozesse schneller lösen kann, der Mensch aber die Daten liefern muss. Nicht außer Acht zu lassen ist dabei der Kostenfaktor.

Bereich 3: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

Wie verändert sich die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine in den nächsten fünf Jahren? Worauf liegt der Schwerpunkt?

Gründe der Veränderung der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

Die Veränderung der Zusammenarbeit ist vor allem durch das verändernde Business selbst und Innovationen getrieben. Die Zeitersparnis, die durch den Einsatz von Maschinen im weitesten Sinne erreicht werden kann, z. B. durch Reduktion von Geschäftsreisen und Verzicht auf Vor-Ort-Meetings, ist ein weiterer Grund für die sich verändernde Zusammenarbeit. Der Technologieanteil wird vor allem in Bereichen, in denen er heute schon hoch ist, weiter ansteigen.

Es kommt zu einer Allokation menschlicher Ressourcen, wobei der Mensch eine andere Rolle einnehmen wird, seine Skills verändern und seinen Haupttätigkeitsbereich im Strategischen haben wird. Alle Tätigkeiten, bei denen die Maschine den Menschen entlasten kann, werden zukünftig von dieser übernommen werden. Dies bezieht sich auf die Produktion genauso wie auf andere Bereiche. Zudem wird das Wissen über die Steuerung von Maschinen keine Kernkompetenz des Menschen mehr sein, nachdem die Maschinen in Zukunft via einfacher Sprachbefehle gesteuert werden können.

Obwohl mit dem Einsatz von Maschinen viele Arbeitsplätze verloren gehen, entstehen gleichzeitig ganz neue Berufsfelder und Jobs, und der Mensch kann sich wieder vermehrt den zwischenmenschlichen Aspekten widmen und präziser auf Kundenbedürfnisse etc. eingehen. Darüber hinaus ist die Effizienzsteigerung ein Grund dafür, dass gewisse Arbeiten, die nicht wertschöpfend sind, von einer Maschine anstatt vom Menschen durchgeführt werden. Repetitive Aufgaben resp. Tätigkeiten, die nicht wertschöpfend sind und trotzdem zu erledigen sind, sollen und können durch Maschinen effektiver und effizienter erledigt werden.

Einer der Hauptgründe ist vor allem, dass Innovation stark mit Technologie, Digitalisierung und Automatisierung in Verbindung steht. All die technischen Hilfsmittel, die daraus hervorgehen, bieten für einen Großteil der Befragten einen Mehrwert im Sinne einer Vereinfachung der Arbeitsprozesse. Innovation und Technologie üben somit direkten Einfluss auf die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine aus. Zudem führt Innovation dazu, dass nicht nur Prozessveränderungen im Sinne einer Adaption stattfinden, sondern Prozesse ganzheitlich hinterfragt und teilweise obsolet gemacht werden.

Arbeitsprozesse, Ressourceneinsatz und Interaktionen zwischen Mensch und Maschine

Generell werden zukünftig in vielen Sektoren Bots statt Menschen zum Einsatz kommen. Etwa wird der Kundendienst vermehrt auf Bots ausgelagert werden, sodass diese Funktion nahezu „robotermäßig“ ablaufen wird. Auch im Bereich des Datentransfers werden zukünftig Maschinen statt Menschen eingesetzt. Es ist denkbar, dass auch im Überwachungsbereich KI zum Einsatz kommt und bestimmte Mimiken und Gestiken nicht mehr vom Menschen interpretiert werden müssen.

Bei den gesamten Prozesssteuerungen sind ähnliche Entwicklungen zu erwarten. Der Einsatz von Interfaces wird in Zukunft ansteigen und das Benutzen von Tastaturen überflüssig machen. All dies ist mit Auswirkungen auf die Arbeitstätigkeit der Menschen und die Anzahl involvierter Personen verbunden und beeinflusst die „Freiheitsgrade“ der Menschen stark, welche die Tätigkeiten zunehmend monoton und fließbandartig durchführen werden.

Grenzen der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

Die Grenzen liegen für einige Befragte unter anderem im Ethischen und im Rechtlichen. Eine ethische Grenze sind z. B. Chips, die den Menschen eingepflanzt werden könnten. Wenn es um ethische Bedenken bzw. Grenzen geht, spielt der Datenschutz eine wesentliche Rolle, wodurch nicht das volle Potenzial der Technologie ausgeschöpft werden kann. Umgekehrt besteht die Gefahr, dass der Mensch ohne diese Richtlinien die Kontrolle über die Daten verliert.

Einen weiteren Punkt stellen halbautomatisierte Prozesse dar, bei welchen der Mensch die Vorgehensweise der Maschine nicht mehr nachvollziehen kann. Dadurch kommen Zweifel beim Menschen auf, ob die Maschine tatsächlich besser bzw. schneller arbeitet. Dieses Zweifeln führt zu geringerem Vertrauen in die Maschine, wodurch sich beim Menschen eine gewisse Unzufriedenheit ausbreitet. Die Unzufriedenheit wird auch dadurch gefördert, dass die Kreativität des Menschen und seine eigenständige Denkweise durch den Einsatz von Technologie bzw. Maschinen zunehmend eingeschränkt werden. Umgekehrt werden alle Bereiche, in denen Kreativität gefragt ist, wie etwa bei Design oder Musik, Maschinen den Menschen vermutlich nicht ersetzen können. Die Maschine ersetzt die dahinterstehenden menschlichen Denkprozesse nicht. Diese menschlichen Denkprozesse sind auch der Grund dafür, weshalb der Mensch der Maschine die Ausgangslage und ein definiertes Ziel vorgeben kann und die Maschine zwar einen entsprechenden „Flow“ liefern kann, aber dies allein kann das menschliche Denken nicht ersetzen. Es wird in Zukunft immer noch der Mensch sein, der die Verbesserungspotenziale aufzeigt und an die Maschine weitergibt.

Daneben liegt eine Grenze der Zusammenarbeit immer dort, wo Sicherheits- oder Qualitätsaspekte unter dem fehlenden Einfluss des Menschen leiden. Zudem werden die Einsatzmöglichkeiten von Technologie wesentlich durch die Akzeptanz der Menschen limitiert. Solange die Maschine den Menschen aktiv unterstützt, ist die Akzeptanz durchaus gegeben, allerdings nicht, wenn es darum geht, dass die Maschine den Menschen vollständig ersetzen soll.

Eine weitere Grenze kann das Unternehmen oder die Unternehmensbranche selbst darstellen. Im Baugewerbe werden beispielsweise menschliche Ressourcen immer notwendig sein, um tatsächlich ein ganzes Haus bauen zu können. Es obliegt immer noch dem Unternehmen, ob und wie viel Technologie oder Maschinen im Betrieb eingesetzt werden sollen und ob es überhaupt im Sinne der Unternehmensstrategie ist, den Menschen aus dem Geschäftsmodell zu drängen.

Gesellschaftliche Akzeptanz beim Zusammenspiel von Mensch und Maschine

Es ist naheliegend, dass die Akzeptanz gegenüber neuen Technologien etc. bei den jüngeren Generationen, die bereits damit aufwachsen, im Vergleich zu den Älteren wesentlich höher ist. Die mit der Technologie verbundenen Vorteile, wie z. B. Homeoffice inkl. Onlinemeetings, können die Akzeptanz neuer Technologien in Zukunft weiter erhöhen, insbesondere bei Personen mit Kindern.

Die Gewährleistung der Datensicherheit spielt bei der gesellschaftlichen Akzeptanz eine wichtige Rolle, um das Vertrauen in die Technik zu erhöhen. Die allgemein herrschende Angst vor dem Arbeitsplatzverlust durch Technik kann die gesellschaftliche Akzeptanz herabsetzten. Denkbar ist jedoch, dass bei staatsnahen Betrieben der erhöhte Technikeinsatz trotz damit verbundenem Arbeitsplatzverlust vor dem Hintergrund der Kostenersparnis für die Allgemeinheit gesellschaftlich akzeptiert wird. Es stellt sich die Frage, inwieweit der Verlust von Arbeitsplätzen von den Unternehmen akzeptiert wird. Im Endeffekt ist es der Mensch, der selbst entscheidet, wie weit Technik vorangetrieben wird. Eine kritische Haltung gegenüber dieser Thematik bedeutet, dass der technologische Fortschritt beeinträchtigt wird und die Maschinen den Menschen nicht bestmöglich unterstützen können.

Einzeln wird vermutet, dass das Volk global gesehen kein Mitspracherecht mehr haben wird. Es liegt dann an den Menschen bzw. an den Unternehmen selbst zu entscheiden, ob und wie viel der vorhandenen Technologie eingesetzt werden soll.

8.3.2.2 Kaizen-Workshop

Um praxisrelevante Einblicke zu erhalten, die zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage „Welche Tools und Methoden in der Kaizen-Beratung bieten zukünftig, bei steigendem prozessualem Automatisierungsgrad, einen Mehrwert für den Auftraggeber resp. die Kaizen-Beratung?“ beitragen, wurde ein Kaizen-Workshop bei Prozessen mit maschinellen Tätigkeitsschritten innerhalb eines staatsnahen Großunternehmens durchgeführt. Bislang beschränkte sich der Einsatz von Kaizen-Workshops ausschließlich auf Geschäftsprozesse, die nur menschliche Ressourcen beinhalten. Eine neue Herausforderung für die Kaizen-Beratung zur Prozessoptimierung ergibt sich, wenn Mensch und Maschine beispielsweise in Form von Bots, RPA etc. zusammenarbeiten. Da der Kaizen-Workshop die am häufigsten eingesetzte Methode darstellt, ist die Untersuchung anhand dieser Methode besonders relevant.

Als Ergebnis konnte festgestellt werden, dass der Kaizen-Workshop bei maschinellen Arbeitstätigkeiten momentan nur eingeschränkte Methoden zur Hand hat, um mit diesem Aspekt umzugehen. Eine mögliche Optimierung bzw. Verschlankung eines Ist-Prozesses scheitert aktuell an der Komplexität der Bots und am entsprechend benötigten Know-how. Die Mitarbeitenden im Ist-Prozess können nur begrenzt Informationen liefern, da ihnen die Funktionsweise des Bots häufig nur rudimentär bekannt ist. Eine Aufteilung der Stakeholder in einzelne Fachgruppen, beispielsweise Prozessmitarbeitende und IT-Spezialisten, führt wiederum zu einer eingeschränkten Sicht aufgrund der homogenen Gruppenzusammensetzung. Es bedarf daher zukünftig bei halb- oder vollautomatisierten Prozessen der Einbeziehung von Workshopteilnehmenden mit entsprechendem Hintergrundwissen. Optimalerweise sollten diejenigen, welche die Bots programmiert resp. auf die Arbeitstätigkeit adaptiert haben, eingebunden werden. Diese verfügen über das nötige Verständnis für die maschinellen Tätigkeiten und Funktionsweisen. Die Notwendigkeit, technische Spezialisten in die Kaizen-Workshops miteinzubeziehen, ist bis dato beim Auftraggeber sowie Kaizen-Coach zu wenig präsent. Ohne Einbeziehung solcher Spezialisten läuft der Kaizen-Workshop Gefahr, seine Wirkung zu verlieren, da automatisierte Tätigkeiten als „Black Box“ betrachtet werden und somit in der Gesamtoptimierung des Prozesses überhaupt nicht berücksichtigt werden können. Im Umkehrschluss könnte dies bedeuten, dass menschliche Arbeitsschritte den automatisierten Tätigkeiten angeglichen werden, um eine langwierige und kostspiele Anpassung der maschinellen Tätigkeiten zu vermeiden. Demnach lässt sich festhalten, dass der zukünftige Kaizen-Workshop die Einbindung relevanter Aspekte im menschlichen sowie maschinellen Umfeld braucht, um Verschwendung zu identifizieren und den Gesamtprozess aus End-to-End-Sicht zu optimieren.

8.4 Diskussion und Reflexion

Der prozessuale Digitalisierungs- und Automatisierungsfortschritt ist in der Praxis noch nicht so weit fortgeschritten, wie dies in der Literatur dargestellt wird. Viele Firmen befinden sich in puncto Digitalisierung noch in den „Kinderschuhen“, verglichen mit dem aktuell möglichen Digitalisierungspotenzial. Die Kaizen-Beratung, die als Optimierungsprogramm in einem Unternehmen verankert ist, muss sich zwangsläufig dem internen Prozessniveau anpassen. Als Berater*in und Coach ist es daher unabdingbar, sich auf Augenhöhe mit dem Auftraggeber auszutauschen. Der Automatisierungsgrad der Geschäftsprozesse hängt stark von der jeweiligen Branche und der Unternehmensphilosophie selbst ab. Die Kaizen-Philosophie ist in ihren Grundprinzipien noch genau gleich wie in ihren Anfängen, da sich die Methoden in der Praxis bis dato bewährt haben.

8.4.1 Veränderungen von Kaizen „im System“ und „am System“ der Kaizen-Beratung

Die Veränderungen, welche die Kaizen-Beratung in Zukunft vor Herausforderungen stellen könnte, sind vielfältig. Nicht nur, dass die Auftraggeber schnellere, sofort umsetzbare Lösungen erwarten, welche nach der Kaizen-Philosophie von den Auftraggebern selbst kommen, sondern auch Zielkonflikte in der Ressourcenallokation (zeitliche und finanzielle) sind vorhersehbar. Der Kostendruck wird in Zukunft voraussichtlich weiter zunehmen, und firmeninterne Optimierungsprogramme werden unabhängig von KVP, Lean Management oder Kaizen unter Leistungs- und Finanzdruck geraten. Je nach Branche fallen diese Aspekte unterschiedlich stark ins Gewicht. Es kann davon ausgegangen werden, dass es zwangsläufig zu Veränderungen in der Kaizen-Beratung kommen wird.

Es ist möglich, dass die Kaizen-Beratung in Zukunft nicht nur Berater*innen resp. Coaches einsetzen wird, sondern Persönlichkeiten erfordert, welche die angedachte Prozessoptimierung aktiv begleiten und mitgestalten. Dies würde mit einem Bruch der klassischen Kaizen-Methodik einhergehen, wo die methodische Vorgehensweise in der Obhut von Kaizen liegt und die fachlichen Inputs vom Auftraggeber kommen und somit beide Bereiche klar getrennt sind. Der zukünftige Aufraggeber ist anspruchsvoll und verlangt eine Gesamtansicht resp. eine End-to-End-Betrachtung seiner Prozesse. Diese Aufgabe wird an Komplexität gewinnen, da Prozesse automatisiert werden und immer mehr Technik zum Einsatz kommt. Das fachliche Verständnis für die Prozesse und deren Funktionalität wird zweifelsfrei ein kritischer Erfolgsfaktor bleiben. Soft Skills wie etwa Verhandlungsgeschick, Einfühlvermögen oder das Verständnis für Kundenbedürfnisse werden immer wichtiger. Die reine Methodenkompetenz bleibt im Kern erhalten, verliert jedoch an Relevanz.

Veränderungen im Kaizen-System sind erforderlich, um den Mehrwert für die Auftraggeber aufrechtzuerhalten. Den Fokus auf den zwischenmenschlichen Bereich zu verstärken sowie der Aufbau notwendiger Fachkompetenz im technischen Bereich sind zwei entscheidende Elemente. Dass ein/e Kaizen-Berater*in zukünftig auch als „Projektleiter*in light“ agieren könnte, ist mit der gegenwärtigen Kaizen-Philosophie nicht gänzlich vereinbar. Aus der Praxis heraus lässt sich aktuell dennoch eine Tendenz in diese Richtung erkennen. Marktveränderungen, die beispielsweise eine stärkere Einbindung von Kaizen-Beratenden in den Umsetzungsprozess verlangen, können für die Kaizen-Beratung eine Chance sein, den Mehrwert für den Auftraggeber nochmals zu steigern. Aus der Position des Dienstleisters heraus ist die Kenntnis über Kundenbedürfnisse zentral und für die Akquise besonders dienlich.

Schwieriger gestalten sich Veränderungen am System. Die Kaizen-Beratung wird häufig seitens der Aufraggeber angefragt, d. h. eine aktive Kundenakquise findet selten statt. Es ist möglich, dass speziell die Prozesseigner größerer Konzerne die Kaizen-Beratung nicht wahrnehmen und dadurch Beratungsmandate verloren gehen. In der Praxis kann beobachtet werden, dass der Mehrwert von Kaizen vielfach erst nach einer Workshop-Teilnahme klar wird. Der aktive Auftritt als Dienstleister mit klar kommunizierten Vorteilen für den Auftraggeber wird ins Zentrum der Kaizen-Beratung rücken. Zusätzlich sind organisatorische Veränderungen in der Kaizen-Beratung wahrscheinlich, da die Unternehmen sich weiterentwickeln und Organisationsformen einem ständigen Wandel unterliegen. Auch die Zusammenarbeit zwischen Kaizen-Beratenden und internen Prozessmanager*innen sowie Prozesseigner*innen könnte an Relevanz zunehmen.

8.4.2 Grenzen der Kaizen-Beratung

Die möglichen Grenzen innerhalb der Kaizen-Beratung werden in der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung der Arbeitsprozesse gesehen. Kaizen als Philosophie, mit dem Menschen im Mittelpunkt, könnte mit sich selbst in Konflikt geraten, wenn Prozesse zu automatisiert sind oder verbleibende menschliche Ressourcen durch weitere Automatisierung gefährdet werden. Fakt ist, dass durch die zunehmende Automatisierung der Arbeitsprozesse differenzierte Perspektiven erforderlich sein werden, um Prozesse ganzheitlich zu optimieren. Es werden vermehrt Spezialist*innen, wie etwa Prozessdesigner*innen oder IT-Programmier*innen, erforderlich sein und nicht nur Mitarbeitende, die im zu optimierenden Prozess eingebunden sind. Je nach Situation ist es erforderlich, als Kaizen-Berater*in tiefer ins Fachliche einzutauchen, um Optimierungen treffend aufeinander abzustimmen. Die Fähigkeit, zwischen den Ebenen zu wechseln, etwa von der Metaebene zur spezifischen Tätigkeit, kann dabei helfen, den Prozess ganzheitlich zu erfassen und zu optimieren. Mit allen relevanten Stakeholdern auf Augenhöhe zu kommunizieren und zu arbeiten wird die zentrale Herausforderung der Kaizen-Beratung sein.

8.4.3 Veränderungen bei Tools und Methoden

Die klassischen Tools und Methoden könnten zukünftig einer veränderten Anwendungsweise unterliegen, da in einem hochdigitalisierten Zeitalter analoge Tools und Methoden an Bedeutung verlieren. Ein mögliches Risiko dabei könnte die eingeschränkte Kreativität sein. Die Arbeit mit analogen Tools kann je nach Bedarf individuell, sofort und meist mit wenigen Handgriffen optimiert werden. Auf der anderen Seite kann das Arbeiten mit digitalen Tools weiteren Zusatzaufwand auslösen, beispielsweise wenn während eines Kaizen-Workshops nicht genug Zeit bleibt, diesen digital abzubilden.

Neue Plattformen und digitale Hilfsmittel drängen auf den Markt, worüber sich die Kaizen-Beratung im Klaren sein muss. Die heutigen und zukünftigen Auftraggeber sind preissensitiv und haben erhöhte Erwartungen an Kaizen Coaches in Bezug auf das Optimierungspotenzial ihrer Prozesse. Das Wissen und die Fähigkeiten zu besitzen, mit neuartigen technologischen Hilfsmitteln Prozessoptimierung zu betreiben, kann einen gewichtigen Wettbewerbsvorteil bringen. Die Veränderung der Tools und Methoden hängt stark von der jeweiligen Unternehmensbranche und -philosophie ab. Die Frage, ob eine halb- oder voll automatisierte Prozesslandschaft überhaupt möglich ist und gewünscht wird, fällt sehr unterschiedlich aus. Klar ist, sollten Prozesse weiterhin in großem Stil analog von Menschen durchgeführt werden, sind die aktuell eingesetzten Tools und Methoden ausreichend. Sofern die Automatisierung zunimmt, ist auch eine Veränderung der Tools und Methoden hin zum Digitalen notwendig. Die Nutzung verschiedener Plattformen könnte eine Möglichkeit darstellen, vielseitige und kreative Lösungen anzubieten.

Weiter ist anzunehmen, dass die aktuell eingesetzten analogen Methoden, wie beispielsweise A3, Kanban oder Gemba-Walk, je nach Automatisierungsgrad komplett verschwinden könnten. Einzelne Bestandteile eines Kaizen-Workshops, wie etwa Wertstromanalysen, könnten in eine digitale Form überführt werden. Auch virtuell durchgeführte Kaizen-Workshops stellen eine Möglichkeit dar, sofern geeignete digitale Tools zur Verfügung stehen. Durch den Einsatz dieser digitalen Komponenten soll die vom Auftraggeber erwartete Zeit- und Kostenersparnis erzielt werden. Die Methode der Wertstromanalyse scheint unabhängig vom Automatisierungsgrad relevant zu bleiben und gegebenenfalls häufiger zur Anwendung zu kommen, da Prozesse laufend an Bedeutung gewinnen. Der persönliche Austausch vor Ort mit den relevanten Stakeholdern bleibt jedoch weiterhin das zentrale Element in der Kaizen-Beratung, da viele Optimierungen auch zwischenmenschliche Aspekte beinhalten und somit die Vertrauensbasis eine wichtige Rolle spielt.

8.5 Fazit und Ausblick

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die Relevanz von Daten sowie Ressourceneffizienz, Wertstrom- und Tätigkeitsstrukturanalysen an Bedeutung gewinnen werden. Als großer Treiber der Veränderung innerhalb der Kaizen-Beratung lässt sich der immer weiter steigende Kostendruck definieren. Es ist denkbar, dass dies zu einem Wegfall der rein methodischen Wissensvermittlung in der Kaizen-Beratung führt und die Kompetenzen der Kaizen-Berater*innen resp. Coaches im Bereich der praktischen Anwendung liegen wird. Ob der Kaizen Coach zukünftig weiterhin im Hintergrund agieren wird oder selbst eine aktive Rolle übernimmt, wird sich erst in Zukunft zeigen. Vermutlich hängt dies stark vom jeweiligen Auftraggeber und dessen Erwartungshaltung ab.

Dass die Kaizen-Beratenden der Zukunft über umfassendes Wissen im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung verfügen müssen, ist unumstritten. Dieses Know-how ist Voraussetzung dafür, Methoden und Tools zeitgemäß modifizieren zu können. Spätestens im Zusammenhang mit der immer präsenteren Umweltthematik wird Wert auf digitale, „ressourcenschonende“ Methoden gelegt werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden gilt es, vom analogen Brown Paper und Post-its abzukommen und digitale Tools anzuwenden, die zeit- und ortsunabhängig eingesetzt werden können. Die Experten sind sich einig, dass der Kaizen-Workshop jedoch das zentrale Element der Kaizen-Methodik bleiben wird, ohne welches Kaizen nicht existieren kann. Umso wichtiger ist es, hierfür digitale Anwendungsmöglichkeiten zu finden, die zukunftsfit sind.

Speziell die mit der Corona-Krise verbundenen Umstände haben gezeigt, dass auf viele Meetings vor Ort verzichtet werden kann. Es ist denkbar, dass diese Umstände zu einem sprunghaften Fortschritt der Digitalisierung beigetragen haben. Mitarbeitende konnten feststellen, dass viele Tätigkeiten ortsunabhängig durchgeführt werden können, Unternehmen haben große Summen in technisches Equipment für die Mitarbeitenden investiert. Anzunehmen ist, dass dies zu einem Umdenken geführt hat, an das sich die Kaizen-Beratung über kurz oder lang anpassen muss. Folglich wird der Anspruch gelten, die neu angeschaffte Hard- und Software in möglichst viele Prozesse zu integrieren, damit die Anschaffungen nicht als einmalige Investition gelten, sondern als langfristige Assets eingebunden werden. Umso wichtiger ist es, spätestens zum jetzigen Zeitpunkt die bewährten Kaizen-Methoden mittels digitaler Tools zu adaptieren. „Design Thinking“ könnte demnach eine große Rolle im Aufgabengebiet von Kaizen-Beratenden spielen.

Dass das Verständnis des Menschen für die detaillierten maschinellen Abläufe Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine ist, konnte im Workshop gezeigt werden. Eine mögliche Optimierung bzw. Verschlankung eines Ist-Prozesses scheitert nämlich vielfach an der Komplexität der Technik hinter der Automatisierung und am entsprechend benötigten Know-how der zuständigen Mitarbeitenden. Es ist daher zukünftig unerlässlich, technische Spezialist*innen in die Kaizen-Workshops miteinzubeziehen. Werden automatisierte Tätigkeiten oder Prozesse im Kaizen-Workshop nicht beachtet, erfüllt dieser nicht mehr seine vollumfängliche Wirkung. Bei virtuell durchgeführten Kaizen-Workshops gilt es, diese möglichst interaktiv zu gestalten, damit der persönliche Austausch nicht unter der räumlichen Distanz leidet. Hierfür geeignete Tools zu finden wird in Zukunft ein wichtiger Bestandteil des Aufgabenbereiches der Kaizen-Beauftragten sein.

Eine Organisation, welche resiliente Strukturen aufweist, ist ein komplexes und flexibles System mit verschiedensten voneinander abhängigen Faktoren. Diese Faktoren üben Einfluss auf das Verhalten und Handeln von Mitarbeitenden sowie auf das Gesamtergebnis aus. Hier kann der große Mehrwert von Kaizen der Grundsatz sein, dass Prozesse erst verschlankt werden müssen, bevor sie digitalisiert werden. Anderenfalls wird das gewünschte Ergebnis nicht realisiert werden können, womit der ganze „Verbesserungsprozess“ wieder von Neuem beginnt. Die organisationale Resilienz und die damit verbundene Organisationskultur stellen deshalb wichtige Kernressourcen jedweder Organisationen dar (Hoffmann, 2017, S. 144).

Ob Kaizen zukünftig dazu dienen sollte, Prozesse weiter zu optimieren und schlussendlich auch zu automatisieren, womit wohlmöglich eine Reduktion von Arbeitsplätzen einhergeht, ist eine Diskussion, die weiterer Untersuchungen bedarf. An dieser Stelle ist jedoch zu erwähnen, dass sich Kaizen nicht nur auf die Prozessoptimierung allein beschränkt, sondern auf die Optimierung der gesamten Organisation samt deren Systemen, Methoden und Unternehmenskultur. Da Verbesserungsvorhaben sowohl von Unternehmen als auch von deren Mitarbeitenden Veränderungen fordern, ist es unerlässlich, diese im Veränderungsprozess miteinzubeziehen. Die besondere Herausforderung wird darin liegen, den erfolgreichen Spagat zwischen kleinen Schritten und ganzen Prozessen zu schaffen. Nur dadurch ist es möglich, Krisen innerhalb der Organisation präventiv zu begegnen.